Friedrich Glasl wird 70! - Trigon Entwicklungsberatung

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Friedrich Glasl wird 70! - Trigon Entwicklungsberatung
Friedrich Glasl wird 70!
Am 23. Mai 2011 wird Friedrich Glasl 70 Jahre alt. Wir Trigon Beraterinnen und Berater gratulieren an dieser Stelle von ganzem Herzen und wünschen unserem Kollegen und Trigon
Mit-Begründer für die weiteren Jahre viele interessante Entwicklungsfelder und gleichzeitig
genügend Zeit, Muße und gute Gesundheit. Beeindruckt sind wir von seiner unermüdlichen
Energie weiter zu forschen und zu lernen und wir sind dankbar an seinem reichen Erfahrungsschatz teilhaben zu können. Der nachfolgende Text soll es den Leserinnen und Lesern
ermöglichen an diese unsere Gefühle und Wünsche anzuschließen:
Organisationsentwicklung und Konfliktmanagement sowie deren wissenschaftliche und methodische Weiterentwicklung sind eng mit dem Namen Friedrich Glasl verknüpft. Er gehört zu
den Pionieren und einflussreichsten Forschern und Beratern auf beiden Gebieten. Sein
ganzheitliches Denken und Handeln sowie sein systemtheoretisch-evolutionäres Verständnis
ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Konzepte. In einer Zeit, in der die meisten Organisationen freiwillig oder gezwungenermaßen auf Schnelligkeit und kurzfristige Erfolge setzen, verdeutlichen seine Vorgehensweisen und Methoden, dass Tempo wichtig und notwendig sein kann, es gleichzeitig jedoch der Schaffung von Raum und Zeit für Entwicklungsprozesse in Menschen und Organisationen bedarf. Bekannt geworden sind u.a. die Entwicklungsphasen von Organisationen (gemeinsam mit Prof. B. Lievegoed) und die Untersuchungen zur Konflikteskalation (9 Eskalationsstufen), die nicht nur für das Verständnis von Organisationskonflikten wichtig sind, sondern auch in der internationalen Konflikt- und Friedensforschung zitiert und diskutiert werden.
Friedrich Glasl wurde 1941 in Wien geboren. Vor allem frühkindliche Erlebnisse im Zweiten
Weltkrieg, in der Schule und die Zeit der Berufslehre zum Schriftsetzer haben sein Leben
und Werk maßgeblich geprägt. Er erzählt dazu1:
Schule der Demokratie…
Als ich meine Berufslehre als Schriftsetzer absolvierte, stellte ich fest, dass unter anderem
eine pädagogische Zeitschrift mit dem Namen «Erziehung und Unterricht» in der Druckerei
hergestellt wurde. Herausgegeben wurde diese Zeitschrift vom österreichischen Unterrichtsministerium. In dieser Zeitschrift wurden zum Beispiel Schulexperimente beschrieben:
Und erst da habe ich gelesen, dass unsere Schule eine Experimentierschule war. Das wusste ich damals nicht, als ich zur Schule ging. Es war die erste Schule in Wien nach dem Krieg,
die die Koedukation eingeführt hatte, also Buben und Mädchen zusammen. Und das war für
die damalige Zeit bereits eine Besonderheit. Und das Zweite war die Erziehung zur Demokratie mittels des Schulparlaments. Es war so, dass Stunden für das Schulparlament in den
1
Hier und im Folgenden finden sich Auszüge aus dem umfangreichen Interview von Marlies W. Fröse mit Friedrich Glasl: „Organisationsentwicklung
und Konfliktmanagement – Biografische Meilensteine im Leben von Friedrich Glasl, in: Ballreich, R./Fröse, M.W./Piber, H.: Organisationsentwicklung
und Konfliktmanagement. Innovative Konzepte und Methoden. Bern 2007, S. 493ff. Mit freundlicher Genehmigung des Haupt-Verlags.
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regulären Stundenplan eingebaut waren. In diesen Stunden haben wir in der Klasse Vorkommnisse aufgegriffen oder, wenn es Streit gegeben hat, diesen thematisiert. Wir versuchten, diese Konflikte auf der Ebene der gesamten Schule zu lösen. Es war ja eine Hauptschule. Wir, die Zehn- bis Vierzehnjährigen, beschäftigten uns im Schulparlament mit der Frage,
worüber können Schülerinnen und Schüler mitentscheiden, oder wo es nur «so tun als ob»
ist, ja. Wir waren auf der Suche nach echten Mitsprachemöglichkeiten, das war die Schule
der Demokratie.
Heiße Debatten in der Klosterdruckerei…
In der Klosterdruckerei des Augustinerchorherrenstiftes Klosterneuburg arbeitete er mit Menschen zusammen, die intensiv über Politik diskutierten: „Jeder las eine andere Tageszeitung,
die eine andere Couleur aufwies. Der Kommunist las die «Volksstimme». Der Sozialist las
die «Arbeiterzeitung». Der Pfarrer las das «Kleine Volksblatt». Und der Mann, der sich als
17-Jähriger an die Front gemeldet hatte, las die «Stimme der Unabhängigen», also eine Zeitung für Ex-Nazis. Zum Tagesgeschehen, zur Tagespolitik und auch zu vielen Grundsatzfragen liefen ganz heiße, wirklich erregte Debatten. Diskussionen konnte man dies nicht nennen, da sie auch einander anschrien. Alle waren so voll von Engagement für die Überzeugung. In der ersten Zeit hatte ich nur zugehört. Und mir die Frage gestellt, wer hat jetzt eigentlich recht? Dann wurde «Das Kapital» von Karl Marx erwähnt. Also, was habe ich gemacht? Ich habe mir in der Bibliothek «Das Kapital» ausgeliehen, und ich habe dies als 16Jähriger gelesen. Bei anderen Büchern war es schwieriger. «Mein Kampf», den konnte man
nicht mehr kriegen, aber ich kannte jemanden, der hat mir das Buch damals geliehen. So
habe ich dann auch «Mein Kampf» gelesen. Und dann habe ich noch die Austromarxisten
(Otto Bauer, Max Adler, Rudolf Hilferding und Karl Renner) gelesen. Sie hatten die Grundlagen für die österreichische Sozialistische Partei geschaffen“.
Wehrdienstverweigerung…
Die alltäglichen Debatten trugen dazu bei, dass er sich schon früh mit Friedenspolitik beschäftigte und damals schon keine Rechtfertigung für einen Krieg sah. Diese Auseinandersetzungen waren ihm auch nützlich, als er sich als Wehrdienstverweigerer einer Gewissensprüfungskommission erfolgreich stellte. Friedrich Glasl war der zweite Wehrdienstverweigerer in Österreich: „Das muss ich erzählen, eine witzige Geschichte. Den Antrag auf Befreiung
vom Wehrdienst mit der Waffe muss man während der Musterung direkt überreichen. Und
Musterung heißt, dass die jungen Männer im Adamskostüm erscheinen mussten. Wir mussten bei den Offizieren vorbeigehen – nackt. Die Offiziere saßen da zu fünft und gratulierten
jeweils mit den Worten: „Sie sind tauglich zum Dienst mit der Waffe. Gratuliere, auch Sie
sind tauglich“, oder eben nicht tauglich, wenn jemand auffällige Gebrechen hatte. Vorher
mussten wir uns ärztlichen Untersuchungen unterziehen. Jedenfalls der Abschluss war, dass
wir da alle nackt an der Kommission dieser fünf Offiziere vorbei mussten. Und ich – ich hatte
meinen Brief mit dem Antrag auf Befreiung vom Dienst mit der Waffe dabei und musste diesen dann überreichen.
Für die Offiziere der Kommission war Friedrich Glasl der erste Fall eines Kriegsdienstverweigerers. Trotzdem war seitens der Offiziere eine Offenheit vorhanden. Sie lasen den Antrag,
reichten ihn weiter und begannen sofort, mit ihm zu diskutieren. Derweilen waren die anderen jungen Männer schon wieder angezogen. Nur Friedrich Glasl stand immer noch nackt
und bloß da. Die Diskussion ging weiter. Argumente und Gegenargumente wurden vorgetra-
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gen: Und ich hab mich da richtig ins Zeug gelegt. Und dann sagte der Vorsitzende der Kommission: «Meine Herren, wir sollten ihm doch wenigstens erlauben, sich wieder anzuziehen.»
Gut, dann durfte ich mich anziehen und wurde wieder reingeholt. Im Anschluss daran durfte
Friedrich Glasl sich sogar setzen, die Kommission saß ihm gegenüber. Die Diskussion über
das Für und Wider des Dienstes an der Waffe wurde fortgesetzt. Im Nachhinein rechnete er
den Offizieren diese Offenheit hoch an.
Nach einer geraumen Zeit wurde das Gespräch von dem Vorsitzenden der Kommission,
Hauptmann Buddenbrook, dessen Namen Friedrich Glasl nie vergessen hat, da er sich damals schon viel mit Literatur beschäftigt hatte, mit den Worten abgebrochen: Wir können hier
nicht entscheiden, aber ich glaube, ich darf im Namen meiner Mitoffiziere sprechen, wir haben Respekt vor Ihrer Haltung und wünschen Ihnen alles Gute, aber ... Und nun schmunzelt
Friedrich Glasl bei dem nächsten Gedankengang: Aber, so sagte der Hauptmann Buddenbrook, wir können es nicht entscheiden. Dafür müssen Sie zu Major Kafka, der entscheidet,
wie das jetzt weitergeht. Dann wurde er zum Major Kafka gebracht. Doch dieser hatte einen
ganz anderen Kommunikationsstil: Der hat angefangen, mich zusammenzuschreien.
Hauptmann Buddenbrook und Major Kafka – waren dies wirklich die richtigen Namen? Irritation in unserem Interview. Deutlich wird: Dies war eben ein Teil seiner Geschichte, der eine
fast komische Komponente angesichts der Ernsthaftigkeit dieser Thematik aufweist: Es waren wirklich die richtigen Namen – drum fand ich es ja so witzig, Hauptmann Buddenbrook
und Major Kafka. Major Kafka wollte ihn andauernd einschüchtern, aber Friedrich Glasl verwies beharrlich auf den Paragrafen 25 des damals geltenden Gesetzes. Die erforderliche
Rechtsinformation hatte er sich bei einer Friedensorganisation (IFOR) geholt, auf die er im
Rahmen seiner Vorbereitung gestoßen war.
Friedrich Glasl wollte Zusammenhänge besser verstehen und dies bewog ihn, Politikwissenschaften mit den Nebenfächern Psychologie und Philosophie zu studieren. Zuerst musste er
jedoch das Abitur nachholen. Als Werksstudent arbeitete er von sieben bis zwölf Uhr in der
Druckerei, ging am Nachmittag in die Schule und widmete sich am Abend dem Lernen.
Beim Internationalen Versöhnungsbund (IFOR) und als Vorstandsmitglied der Zeitschrift
„Der Christ in der Welt“ traf er vorbildhafte Leute – u.a. Widerstandskämpfer und prominente
Theologen. Sein IFOR-Engagement führte ihn nach Ungarn, Polen, die Sowjetunion,
Deutschland, Belgien, England, Finnland und Holland. Über IFOR ergab sich eine Verbindung zum Internationalen Zivildienst, der unter dem Schutz der UNESCO stand. Friedrich
Glasl beteiligte sich in der Zeit des Kalten Krieges beim Aufbau von freiwilligen „Workcamps“
im Osten und im Westen Europas.
Wie lässt sich Gewalt vermeiden?
In der folgenden Aussage skizziert Glasl sein Grundverständnis, Momente seines Lebens,
die dann folgerichtig Konsequenzen auf sein gesamtes Denken, Handeln und Wollen hatten
und nach wie vor haben: Ja, das, was am meisten eine Rolle in meinem Leben spielt, ist die
Beschäftigung mit der Thematik Krieg und Frieden und meine Wehrdienstverweigerung damals und danach das Interesse für die Friedensbewegung als Möglichkeit, nicht nur «nein»
zu sagen, sondern etwas Konstruktives zu tun, das war für mich wichtig. Und in dieser Friedensbewegung habe ich intensiv die Philosophie, Haltung und Methode der Gewaltfreiheit
oder Gewaltlosigkeit, Non-Violence-Aktionen kennengelernt nach Gandhi, und anderen
Topleuten, die in der Zeit des Hitlerregimes auch im Widerstand waren oder die gegen die
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Invasion oder Besetzung der sowjetischen Truppen in Prag agiert haben und Ähnliches. Für
Friedrich Glasl stand die Frage der gewaltfreien Konfliktbewältigung im Mittelpunkt: Das hat
mich überhaupt zu meiner Motivation geführt. Das begann mit der Wehrdienstverweigerung
aus Gewissensgründen. Von Beginn seiner Lehre an stand die Thematik der gewaltfreien
Konfliktbewältigung im Vordergrund. Dabei beschäftigten ihn folgende Fragestellungen: Wie
kann ich Gewalt und Konflikte verstehen? Wie lassen sich Konflikte und Gewalt verhüten und
vermeiden? Und wenn Gewalt im Gange ist, wie lässt sich das wieder in konstruktive Bahnen lenken?
Das NPI und Bernard Lievegoed…
Nach seiner Promotion zum Dr.rer.pol. an der Universität Wien begann Friedrich Glasl sein zweites Arbeitsleben in der Stadtverwaltung von Linz a.d. Donau. In diese
Zeit fiel auch die Heirat mit Hannelie ten Siethoff in Den
Haag.
Er blieb acht Monate in Linz, dann entschloss er sich,
nach Holland zum NPI-Instituut voor Organisatieontwikkeling zu gehen. Das NPI ist wie das Tavistock-Institut in
London 1954 gegründet worden. Es gehört somit zu den
ältesten Instituten in Europa, die Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis erforscht haben.
Am NPI haben ihn vor allem zwei Begegnungen geprägt: die
mit Bernhard Lievegoed, dem Begründer des NPI und mit
Hans von Sassen, der später einer der Mitbegründer der
Trigon Entwicklungsberatung in Österreich wurde. Mit Lievegoed publizierte er 1993 die „Dynamische Unternehmensentwicklung“. In diesem Buch wird aufgezeigt, wie sich PioHochzeit 1966
nierbetriebe und Bürokratien zu Schlanken Unternehmen entwickeln können. Das Buch befasst sich mit Führungs- und
Organisationskonzepten im Kontext von Entwicklungsphasen der Unternehmen. Es legt aber
auch die Grundlagen für ein umfassendes Verständnis von Entwicklung.
Über eine Episode aus seiner Zeit mit Lievegoed erzählt Friedrich
Glasl: Von den meisten Kollegen wurde Bernard Lievegoed, der
Gründer des NPI, auf einen hohen Sockel gehoben, so dass um ihn
herum doch auch eine Art Personenkult entstanden ist. Ich habe
Personenkult immer bewusst verabscheut! Ich kann wirklich sagen,
dagegen war ich immer immun bzw. gefeit. Desto mehr hat mich Lievegoed geschätzt. Mit einem Beispiel aus der Gründungszeit der
ersten Freien Hochschule in den Niederlanden soll dies erläutert
werden. Die erste Studentengeneration, eine kleine Gruppe von
zwanzig jungen Menschen, nahm Drogen – es gab somit Drogenprobleme an der Hochschule. Bernard Lievegoed war zu dieser Zeit
Rektor, während Friedrich Glasl als Dozent tätig war. Die enge Verbindung zwischen den beiden war bekannt. Friedrich Glasl hatte eiFriedrich Glasl 1984
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nen sehr guten Draht zu den Studierenden, da er selbst kaum älter war. Als es mit einem
Studenten enorme Drogenprobleme gab, warf Bernard Lievegoed diesen Studenten aus der
Hochschule. Anschließend folgte ein zweitägiger Aufstand der übrigen Studierenden an dieser recht jungen Hochschule, und es drohte eine massive Eskalation: Dann habe ich die
Entscheidung von Bernard Lievegoed durchkreuzt. Ich habe mit dem Studenten sowie mit
den anderen Studierenden gesprochen, schon damals war mein Fach Konfliktmanagement.
Eine Verständigung wurde gefunden. Das Ergebnis war, der drogensüchtige Student, der mit
LSD experimentiert hatte, wurde nicht rausgeworfen. Stattdessen wohnte er vorübergehend
bei mir zu Hause im Gästezimmer. Ich begleitete ihn intensiv. Mit den anderen Studierenden
arbeitete ich an der Thematik, wie man mit solchen Fragen umgeht. Friedrich Glasl informierte Bernard Lievegoed über diesen Prozess direkt, und als Antwort erhielt er: Fritz, ich vertraue dir. Wenn du das so siehst und so angehen willst, dann stehe ich dazu und nehme die
Entscheidung zurück.
Die Pionierzeit der Organisationsentwicklung…
Friedrich Glasl begann im Jahr 1967 seine Berufstätigkeit beim NPI-Institut für Organisationsentwicklung, eine Zeit, in der viele unterschiedliche Projekte und Erkenntnisse aus dem
Bereich der Organisationsentwicklung Einfluss auf die Beratung von Wirtschaftsunternehmen, aber auch von sozialen Organisationen nahmen. Gerade der Entwicklungsgedanke,
u.a. auch der Anthroposophie entnommen, spielte dabei eine wichtige Rolle. Bernard Lievegoed und andere aus dieser ersten Gründergeneration haben das Entwicklungsverständnis in die Projekte der Organisationsentwicklung aufgenommen. Neugierig und offen haben
sie sich gefragt, wie sich soziale Systeme entwickeln können und wie sich diese unterstützend begleiten lassen. Und diese Herangehensweise
an das Verständnis von Organisationen war es, so
Friedrich Glasl, was ihn bei den Themen Organisationsentwicklung, Teamentwicklung und auch Personalentwicklung überhaupt angesprochen habe. Das
NPI und das Tavistock-Institut gehörten zu den Pionieren für das gesamte Feld der Organisationsentwicklung. Erst zu einer späteren Zeit begegnete Friedrich
Glasl den sogenannten amerikanischen Urvätern der
Organisationsentwicklung, wie etwa Ronald Lippitt.
Dieser hatte sehr eng mit Kurt Lewin zusammengearbeitet und veröffentlichte in den fünfziger Jahren mit J.
Watson und B. Westley eine Publikation zum Planned Change (1958), wobei Organisationsentwicklung
Kongress 1974: Zusammenarbeit
mit Robert Jungk
eher zur Psychologie als zur Betriebswirtschaftslehre
gehören würde.
Auch Karsten Trebesch beschäftigte sich seit Mitte der 1970er Jahre mit der Organisationsentwicklung in Deutschland. Begegnet sind sich Friedrich Glasl und Karsten Trebesch bei
der Vorbereitung zum ersten Europäischen Kongress zur Organisationsentwicklung.
Trebesch war damals Assistent von Wolfgang Staehle (Professur für Management) an der
TU in Darmstadt gewesen. Staehle wechselte später nach Berlin, verstarb jedoch sehr jung.
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Bekannt wurde er durch sein mittlerweile berühmtes Standardwerk zum Management. Wolfgang Staehle wie auch Karsten Trebesch haben in ihren jeweiligen Publikationen Inhalte von
Friedrich Glasl aufgenommen. Sie ergriffen auch die Initiative für den ersten Europäischen
Kongress über Organisationsentwicklung in Aachen, den Friedrich Glasl mit organisierte.
1980 erschien Friedrich Glasls Habilitationsschrift „Konfliktmanagement“, ein maßgebliches
Standardwerk zur Konfliktbearbeitung in Organisationen, das dieses Jahr in 10. Auflage erscheint. Seine Publikationen zur Konfliktthematik und Mediation sowie seine Mitarbeit in
Kongressen und Ausbildungsgängen ermöglichten und ermöglichen es vielen BeraterInnen
und Führungskräften sich seine Konzepte und Methoden zu eigen zu machen.
Zurück in Österreich und hinaus in die Welt…
1985 zog er nach Österreich zurück und gründete zusammen mit Kollegen die Trigon Entwicklungsberatung, die inzwischen neben den Büros in Österreich auch in Deutschland und
der Schweiz vertreten ist. Die langjährige
Lehrtätigkeit an der Universität Salzburg wurde 2005 mit der Emeritierung beendet, um die
Freiheit zu haben, als Gastprofessor in Tbilissi
(Georgien) und an der Deutschen Universität
in Armenien Aufbauarbeit zu leisten. 2006
gründete er zusammen mit Rudi Ballreich den
Verlag Concadora, der Bücher und Filme zum
Thema Mediation produziert. Im Vordergrund
der Beratungsarbeit stehen inzwischen Projekte der Konfliktbearbeitung in internationalen
Zusammenhängen sowie Publikationen zur
Weiterentwicklung von Mediation und Konfliktmanagement. Friedrich Glasl ist weiterhin
in hohem Maße produktiv. Wir sind alle gespannt, was wir diesbezüglich in den nächsten
Jahren noch erfahren werden.
2011 in Armenien, mit Mitarbeitern
des Civil Society Institute, Yerevan
Anlässlich seines 70. Geburtstages wird Friedrich Glasl gefragt:
Was waren Deine Motive zur Gründung Trigons?
1975 erschien mein Buch „Organisationsentwicklung in der Praxis“ (zusammen mit Leo de la
Houssaye) und in der Folge erhielt ich immer mehr Einladungen Einführungsseminare in
Organisationsentwicklung zu geben. Daraus ergaben sich Beratungsaufträge und Vorträge
bei Fachtagungen: in Österreich (Raiffeisenbanken und Familienunternehmen), in der
Schweiz (Swissair, Banken, Sulzer etc.) und in Süddeutschland (BMW). 1983 wurde an der
Universität Klagenfurt ein Lehrstuhl für Organisationsentwicklung geschaffen, für den ich auf
Platz 2 der Berufungsliste stand, letztlich aber nicht berufen wurde (was sich für mich im
Nachhinein als bessere Lösung erwiesen hat). Durch all dies reifte der Entschluss, meinen
Arbeitsschwerpunkt wieder nach Österreich zu verlegen. Durch meine Arbeit hatte ich kom-
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petente Trainer und Berater kennengelernt, die 1984 zu den Mitgründern von Trigon zählten.
Mir war es wichtig, dass in diesem Beratungsunternehmen Vertreter unterschiedlicher Fachdisziplinen und Richtungen (Anthroposophie, Gestalt, Katholizismus, Transaktionsanalyse
usw.) einander inspirieren sollten, so dass sich daraus eine intensive Entwicklung ergeben
konnte. Auch die Organisationsform sollte anders sein als beim NPI, bei dem ich vorher angestellt war: Jeder sollte selbst unternehmerisch verantwortlich sein. Diese Vorstellungen
haben wir umgesetzt, nachdem ich im Sommer 1985 nach Salzburg zog.
Wie hat sich Trigon aus Deiner Sicht entwickelt?
Im Laufe der Jahre ist es uns gelungen, durch moderne Konzepte und Methoden vor allem
aus der Betriebswirtschaft und Nationalökonomie, aus Erwachsenenbildung, Psychologie,
Soziologie und aus der darstellenden Kunst, die ursprünglichen NPI-Modelle zu stimmigen,
ganzheitlichen und umfassenderen Grundlagen der Trigon Beratungsarbeit weiter zu entwickeln. Nach 1990 machten wir in Zusammenarbeit mit Prof. Daniel Jones der Cardiff University, dem Hauptautor des „Lean-Enterprise“-Modells, das Konzept „Schlankes Unternehmen“
im deutschsprachigen Raum bekannt. Zur Unternehmensentwicklung kam auf organische
Weise auch die Regionalentwicklung, wodurch Trigon zum Pionier der Cluster-Entwicklung in
Österreich wurde. Wir setzen dies alles erfolgreich in Beratung und Training um und publizierten unsere Erfahrungen. Themenführerschaft darf Trigon auch für Personalentwicklung,
Coaching und Konfliktmanagement bzw. Mediation zugesprochen werden. Eines unserer
Erfolgsgeheimnisse liegt sicher darin, dass wir nur kontrolliert wachsen wollten, um durch
eigene Forschungsarbeiten und intensiven Erfahrungsaustausch zu garantieren, dass überall
Trigon drin ist, wo Trigon drauf steht. Von den 5 Standorten in Österreich, Deutschland und
der Schweiz arbeiten wir heute weit über die Grenzen dieser Länder hinaus, sehr viel auch in
den Reformländern Osteuropas. Ein zweites Erfolgsgeheimnis ist, dass wir eine Organisationsform gewählt haben, die den einzelnen Firmen an den Standorten größte strategische
Freiheit gewährt – jedoch mit der Herausforderung, die gemeinsame konzeptuelle und ethische Ausrichtung immer wieder neu zu hinterfragen und weiter zu entwickeln.
Wie sieht Deine weitere Lebensplanung aus?
In den nächsten Jahren möchte ich – gute Gesundheit vorausgesetzt – weiterhin in Georgien
und Armenien Aufbauarbeit leisten, sowohl in der Lehre als auch in der praktischen Beratung
– vor allem bei der Bewältigung der innenpolitischen Herausforderungen dieser Länder.
Ganz wichtig ist mir, dass sich eine originäre und starke Zivilgesellschaft entwickelt, weil diese das Korrektiv zur institutionalisierten Demokratie ist, die sich nur mühsam zu wirksamen
Formen entwickelt. – Auch die Arbeit im Verlag Concadora möchte ich weiter betreiben und
in Filmen wie auch in Publikationen meine Erfahrungen weiter geben. Ein wichtiges Anliegen
ist mir noch ein Buch, in dem ich die Entwicklungspsychologie des erwachsenen Menschen
mit Ergebnissen meiner Biografie-Forschung berühmter Malerinnen und Maler verbinde. –
Meiner Frau habe ich versprochen, mein Reiseprogramm mehr und mehr zu reduzieren, um
mehr Zeit für unser gemeinsames Hobby – das Marionettenspiel – zu gewinnen. Und als
Großvater möchte ich auch an der Entwicklung unserer Enkelkinder in Mainz und in Hamburg Anteil nehmen. Es gibt also auch für die nächsten 30 Jahre viel zu tun.
Also noch einmal von Herzen: Alles Gute zum Geburtstag, lieber Fritz!
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