Fassbinder DVDs Dresden Dreharbeiten
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• letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 1 Ausgabe 4 – Juli 2005 Der Brancheninformationsdienst der Filmstiftung NRW Special Schwerpunkt Setbericht Fassbinder DVDs Dresden Dreharbeiten 1 • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 2 7>iö -VÌ>`¶ ,7t ÜÜܰV>ÌÀܰ`i /<7, , -// ,7 >V i LÀ}ÌÌi°}i`Õ`}J>°>>V i°`i iivi` vJLiivi`>ÀiÌ}°`i iÛiÀÕÃi À>ÌÌiJÜyiÛiÀÕÃi°`iÆ V>Õðv>>JÕÌÕÀÃÌ>`ÌiÛ°`i V Õ ÃV ÌâJLV Õ°`i Øi Ài `°ÕÀiÀ°äÓJÕii°`i À>« >i°JL°`iÆ >Ì>°vÀiV iJL°`i V i}>`L>V ÊV>Ì}JÜv}°`i ÀÌÕ` ` iâiJÃÌ>`Ì`°`i ØÃÌiÀÊÉÊØÃÌiÀ>` wÃiÀÛViJÃÌ>`ÌÕiÃÌiÀ°`i ØÃÃi`Àv ʳ{ä®Ó££nxxä£ , iÀiÃÊ iÕÃà ii°ÀiÃÃJÀ iÀiÃiÕÃð`i ÕÃLÕÀ} wÀivJ}vÜ`ÕÃLÕÀ}°`iÆ "LiÀ >ÕÃi iÕ̰>Ü J̰LiÀ >ÕÃi°`iÆ «ÀiÃÃi>ÌJÃÌ>`Ì`ÕÃLÕÀ}°`i `iÌ>À°ÜvJ̰LiÀ >ÕÃi°`i , iÀvÌÀià LiJÜv}À iiÀv̰`i ,iià Õ`}iÀ°LiÌiÀ>JÃÌ>`ÌÀiið`i ÃÃi LÀJi}°iÃÃi°`i ÀiÃÊ-i}i7ÌÌ}iÃÌi À`iLiÀ} °vViJvÀi`iLiÀ}°`i vÚ«Àvi`JÃi}iÜÌÌ}iÃÌi°`i > >«iÌiÀJÃÌ>`̰ >°`i 6iÀÃi ÃÌ>`Ì>ÀiÌ}JÛiÀÃi°`i iÀi ÕÌÌ>°`>iJ iÀi°`i 7i Õ°L>ÃÌ>JÜi °`i ØÀÌ V`iÀ}ÃJ ÕiÀÌ °`i 7Õ««iÀÌ>Ê> ÀJÜLiviÜÕ««iÀÌ>°`iÆ i`iJÃÌ>`Ìi°`i ÀÃi>Ài°ÃÌiÞiÀJÃÌ>`̰ÜÕ««iÀÌ>°`i ÃÌvÌÕ}Ê À`À i7iÃÌv>i Ê ÃÃÊ ,7 /i°\ ³ { ä® Ó ££ Î äx ää `Ài>Ê>>i >Ý\ ³ { ä® Ó ££ Î äx äx >ÃÌÀ>~i £{ÊU {äÓÓ£ ØÃÃi`Àv >`Ài>L>>iJvÃÌvÌÕ}°`i • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 3 Inhalt 4 Meldungen Branche, Aus- und Weiterbildung, Festivals, Preise, Kinos Schwerpunkt: DVD 9 MEDIA 10 „Ich habe noch viel zu erzählen“ Heiko R. Blum über Rainer Werner Fassbinder Die Welt auf einer Scheibe 12 Location 13 Wird alles gut? Stand der GATS-Verhandlungen 14 Ein europäischer Film Michael André über Micheal Hanekes „Caché“ Schwerpunkt: DVD 16 Vom Dienstleister zum Koproduzenten Interview mit Werner Wirsing 16 K aum war der letzte Newsletter mit seinem Schwerpunkt „TV-Movie“ im Druck, da meldete sich aus München Thilo Kleine zu Wort und kündigte an, mit der Bavaria schon bald Movie-Schnäppchen zum Pauschalpreis von nur noch 995.000 Euro anbieten zu wollen. Natürlich hat das Sonderangebot namens „Projekt 995“ für die Sender einen Haken: Der Produzent möchte für den Vorzugspreis u.a. die DVD-Rechte behalten. Eleganter ist der Übergang vom letzten zum aktuellen Schwerpunkt kaum zu schaffen. Die DVD ist zu einem Massenmarkt geworden. Wie schon beim Sprung von der Platte zur CD ist auch der Boom der DVD zum Teil der Erneuerung von privaten Filmarchiven geschuldet. Was man schon als Video besaß, wird jetzt auf DVD gekauft. Die fallenden Preise der klassischen Filmwerke machen es einfach. Doch der Boom mit 30-prozentigen Wachstumsraten wird bald verebbt sein, und so schätzt e-m-s new media Chef Werner Wirsing im Interview (Seite 16), dass der DVD-Markt der Zukunft weniger aus Filmen, denn aus Special-Interest-Angeboten bestehen wird. Wie bei jedem Boom gibt es Gewinner und Verlierer: Profitiert hat der Kölner Verleih Rapid Eye Movies, dessen Ausdauer im Geschäft mit asiatischer Filmware nun mit Chartplätzen seiner Bollywood-Streifen beim DVD-Verkauf belohnt wird. Zu den Verlierern könnten die Filmtheater gehören. Noch schützt sie das Kinofenster vor der unbequemen Konkurrenz. Aber schon hat Steven Soderbergh angekündigt, seinen neuen Film in den USA zeitgleich im Kino, auf PayTV und auf DVD herauszubringen. Für den Verbraucher soll Soderberghs Angebot ein Plus an Souveränität bedeuten: Er kann selbst entscheiden, in welcher Form und welchem Umfeld er den Film sehen möchte. Was man in der Diskussion – und das galt auch schon für die Debatten um die Raubkopien – vermisst, ist eine Kampagne für das Gemeinschaftsgefühl Kino. Allein oder zu zweit vor dem Fernseher oder dem Laptop zu sitzen, kann niemals das Erlebnis eines vollbesetzten Kinosaales ersetzen. Von dem winzigen Bildschirm ganz zu schweigen. Das mag fast schon nostalgisch klingen, gilt aber trotz des Paradigmenwechsels in der Rezep- tionskultur, die Fred Kogel in seinem Interview (Seite 16) prophezeit. Einen Vorteil hat die DVD dennoch: Mit ihren Bonustracks, in denen Regisseure, Kameraleute und Schauspieler über ihre Arbeit reden, könnten aus Zuschauern kompetentere Zuschauer werden – die DVD als Filmschule der Nation. Um Bonustracks geht es im vorliegenden Sperrzeiten verkürzen Interview mit Fred Kogel 18 Fred Fußbroich auf der Silberscheibe Die Sender freuen sich über steigende DVD-Verkäufe 19 Das Recht des Stärkeren? Wem die Rechte an der DVD gehören 19 Der Herr der Scheiben Top Ten der DVD-Verkäufe 2004 20 250 Millionen aus Alsdorf DVD-Produzenten in NRW 20 Mehr Demokratie in der Verwertungskette? Day-and-Date Starts 21 Zwei Platten Polycarbonat Welche DVD-Technik setzt sich durch? 21 „Allein“, Foto: Lichtblick Heft allerdings weniger. Der Newsletter versucht vielmehr, die wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Hintergründe zu betrachten und einen Blick auf die DVD-Produzenten in NRW zu werfen. Wie gehabt bietet das Heft darüber hinaus die bewährten Informationen aus der und über die Branche in NRW. In einem Making of zeichnen wir die Entstehung von Thomas Durchschlags Debütfilm „Allein“ nach (Kinostart: 28. Juli), und aus Cannes berichtet WDR-Redakteur Michael André über „Caché“, für den Michael Haneke an der Croisette den Regiepreis erhielt. Außerdem werfen wir einen Blick auf die derzeit sehr zu Unrecht kaum beachteten GATSVerhandlungen, in denen es auch um den Film geht. Wir besuchen das flammende Set von „Dresden“ in Troisdorf und stellen im Kinoporträt das Souterrain in Düsseldorf-Oberkassel vor – eines der wenigen Kinos, in denen man noch rauchen darf. Viel Spaß beim Lesen wünscht Rüdiger Bertram Chefredakteur Editorial – [email protected] Selber vermarkten Interview mit Herbert Schwering, Icon Film 22 Bollywood macht süchtig! Interview mit Antoinette Köster, REM 22 Feuersturm auf Knopfdruck Am Set von „Dresden“ in Troisdorf 24 Dreharbeiten in NRW 27 Kalles Kino Das Souterrain in Düsseldorf 28 Das Potenzial erkennen Making of: Thomas Durchschlags „Allein“ 29 Mit besten Empfehlungen Kinostarts: Das Lächeln der Tiefseefische, Europa, Bin Jip, Weltverbesserungsmaßnahmen, Sabádo, Die Daltons vs. Lucky Luke 29 Impressum Sonderheft Internationaler Filmkongress Der nächste Newsletter erscheint als Sonderausgabe Mitte August und widmet sich ausschließlich den Diskussionen und den Filmen des Internationalen Filmkongresses der Filmstiftung – zur Vertiefung der Themen für die, die da waren, und zum Nachlesen für die, die den Kongress verpasst haben. Ab dem 3. August ist das Heft bereits online unter www.filmstiftung.de zu finden. 3 • letter_juli_01-13 27.06.2005 Barbara Thielen zu RTL Am 15. August wechselt in der Fiction-Abteilung von RTL die Leitung: Nach knapp 15 Jahren, in denen Annette Wirbatz und Peter Weckert den Bereich dort mit aufVon teamworx zu RTL: Barbara Thielen, gebaut und nachFoto: teamworx haltig geprägt haben, werden sie nun in der Bereichsleitung von Barbara Thielen abgelöst. Die studierte Biologin ist bei RTL keine Unbekannte: Von 1991 bis 1998 betreute sie dort als Redakteurin u.a. „Balko“, „Die Cleveren“ und „Und Tschüs“. Im Anschluss wirkte sie bei Westdeutsche Universum Film als Producerin und entwickelte bei der pro GmbH u.a. die Serie „Der Elefant“. Für ihre neue Position als Bereichsleiterin Fiction bei RTL verlässt sie die Serienentwicklung bei teamworx Television & Film GmbH in Köln. Rabatte bei ProCine Von Juli bis September lockt die Neusser ProCine Filmtechnik mit Rabatten von bis zu 50 Prozent (ausgenommen Materialkosten). Willi Jansen, neuer Vertriebsbeauftragter der ProCine für NRW, freut sich auf die Sommeraktion: „Mit den Sunshine Wochen bedanken wir uns bei langjährigen Kunden für ihre Treue. Neukunden bieten wir dadurch die Möglichkeit, sich zu einmaligen Konditionen von der Leistungsfähigkeit der ProCine zu überzeugen.“ Die Rabatte gelten für Filmabtastung, Keycode-DatenVerwaltung, Aaton-Daten-Verwaltung, ArriCode-Daten-Verwaltung, Noisereduction, Tape to Tape Colorgrading, 4k Laser Film-Ausbelichtung, Filmentwicklung (35mm und 16mm), Kopierung (35mm und 16mm/S 16mm), DirectBlow-Up Kopien und Negativschnitt. ProCine Filmtechnik GmbH, Tel. (02131) 59990; [email protected] Tonkünstler Dieter Hebben In Zusammenarbeit mit der Kölner Soundvision hat sich Geräuschemacher Dieter Hebben in der Kölner Südstadt ein neues Geräuschestudio eingerichtet. Die Foleystage bietet alle Möglichkeiten der Geräuschvertonung und des Sounddesigns. Bereits bewährt hat sich das Studio bei den Projekten „Generation X“, „Saratan“ und „Molly die kleine Monsterin“, dem Luxemburger Beitrag für die Kunstbiennale in Venedig „Mondo Veneziano“ und dem Spielfilm „Kontakt“. Hebben steht außerdem regelmäßig bei der Kult-Show „Fang den Mörder“ auf der Bühne des Kölner Gloria, wo er live Krimiratestücke vertont. Dieter Hebben, Tel. (0221) 133050; www.synchrongeraeusch.de 4 14:48 Uhr Seite 4 Neu: Wuppertaler Film Briefe Verfilmt: Rolltreppe abwärts Kurze nach Münster Mit ihren neuen „Wuppertaler Film Briefen“ will sich die Stadt Wuppertal in Zukunft vier Mal im Jahr als lebendige und aktive Filmstadt präsentieren. Die druckfrische erste Ausgabe informiert über die Wuppertaler Filminitiative 35W, eine Locationtour durch die bergische Metropole, Dreharbeiten in der Stadt und die junge Wuppertaler Firma DVDesign. Ein Kommentar der femme totale-Leiterin Silke Johanna Räbiger, Meldungen und ein Location-Tipp runden das Heft ab. Zu beziehen ist der Wuppertaler Film Brief über das Ressort Stadtmarketing und Wirtschaftskommunikation. Wuppertaler Film Brief, Tel. (0202) 5634432; [email protected] In den Schulen gehört Hans-Georg Noacks „Rolltreppe abwärts“ fast schon zur Pflichtlektüre. Mitte Juni feierte die Verfilmung des Jugendbuchs in Bonn Premiere. Realisiert wurde der 70-minütige Spielfilm von der jungen Bonner Produktionsfirma Scene Missing. Die Produzenten Christoph Zwickler (20) und Dustin Loose (18) konnten dabei auf viele Sponsoren (Bavaria, Licht und Ton, Kodak, CinePostproduction/Geyer Köln) und rund 60 Jugendliche aus dem Bonner Raum bauen, die den Film an elf Drehtagen an 30 verschiedenen Motiven in Szene setzten. Die Hauptrolle spielt der Schüler Timo Rüggeberg, Regie führte Dustin Loose. Derzeit bemüht sich Produzent Zwickler, einen Verleih für die Produktion zu gewinnen und den Film optimal zu vermarkten. Zwickler: „Unser großer Bonus ist, dass fast jeder das Buch aus dem Unterricht kennt.“ Scene Missing, Tel. (0228) 96699755; [email protected] Der Kurzfilmwettbewerb für Produktionen aller Genres und Formate aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der Klassiker des Filmfestivals Münster (19.-23.10.). Wegen des großen Interesses sind die Einreichfristen bis zum 15. Juli verlängert worden. Teilnahmebedingungen und Formulare gibt es unter www.filmfestival.muenster.de. Filmfestival Münster, (0251) 2303621; [email protected] Spuren in Chile 1973 wird Carlos Berger Guralnik mit 70 anderen politischen Oppositionellen von Pinochets „caravana de la muerte“ in der chilenischen Atacamawüste ums Leben gebracht. Die Leichen sind bis heute verschwunden. 30 Jahre später macht sich Germán Berger Hertz, der einzige Sohn von Carlos, auf die Suche nach seinem Vater. Die Entwicklung der persönlichen Spurensuche zu einem Film wird in diesem Jahr von der Discovery Campus Masterschool 2005 begleitet. Die Kölner Gebrüder Beetz Filmproduktion produziert den Film „Mein Leben mit Carlos“, in dem Hertz auch die turbulente Geschichte Chiles bis heute spiegeln will. Gebrüder Beetz Filmproduktion, Tel. (0221) 3979696; [email protected] Neue Referentin in der Filmstiftung Christa Kosmala ist die neue persönliche Referentin von Filmstiftungs-Geschäftsführer Michael Schmid-Ospach. Bereits im Juni startete sie in ihren neuen Job in der Düsseldorfer Kaistraße. Nach ihrem Studium (Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Philosophie) in Köln arbeitete Christa Kosmala als freie Journalistin für Printmedien und Christa Kosmala Hörfunk. 1997 schloss sie ihre Drehbuch-Weiterbildung an der Schreibschule Köln (heute: internationale filmschule köln) ab und schrieb und entwickelte seitdem als Autorin für verschiedene Produktionsfirmen. Christa Kosmala ist Nachfolgerin von Katharina Blum, die in der Filmstiftung NRW den Bereich Kongresse und internationale Kontakte übernimmt. Filmstiftung NRW, Tel. (0211) 930500; [email protected] Festival für Wuppertal 2007 will die Wuppertaler Filminitiative 35W mit einem neuen Festival für internationale Debütfilme starten. „Wir glauben, dass es in der deutschen Festivallandschaft noch Platz für ein größeres Festival gibt“, erklärte der 35W-Vorsitzende Thomas Egenberger, der derzeit für das Projekt an einem Marketingkonzept arbeitet und um Sponsoren wirbt. 35 W, Tel. (0202) 5143120; [email protected] Tarifeinigung: Zeitkonten für alle Nach mehrmonatigen Verhandlungen und intensiven innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen haben sich die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Film- und Fernsehproduzenten auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Mit dem rückwirkend am 1. Juni in Kraft tretenden Vertrag werden erstmals die durch Hartz IV entstandenen Härten tarifvertraglich aufgefangen. „Film- und Fernsehschaffende brauchen nicht länger zu fürchten, dass ihre ungewöhnlichen Arbeitszeiten sie zu Arbeitslosengeld II-Empfängern machen“, sagte ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel. Möglich wird dies durch Zeitkonten, in die die in der Branche übliche Mehrarbeit verbucht wird. Die damit verbundene Verlängerung der Beschäftigungszeit hilft den Anspruch auf das Arbeitslosengeld I zu sichern. Dafür müssen mindestens 360 Arbeitstage in den letzten zwei Jahren nachgewiesen werden, was nach den alten Regelungen schwierig geworden wäre. Im Gegenzug steigen die Gagen ab Januar 2007 und 2008 lediglich jeweils um 1,5 Prozent, die Zuschläge für Mehrarbeit fallen zugleich von 35 auf 25 Prozent bzw. von 70 auf 50 Prozent. Für tägliche Mehrarbeit von mehr als 14 Stunden wird jedoch ein Zuschlag von 100 Prozent eingeführt. ver.di NRW Fachbereich Medien, Tel. (0211) 61824337; [email protected] [email protected] – Meldungen Gründerzentrum ab 2006 Anfang 2006 sollen die ersten Mieter ihre Räume im Audiovisuellen Gründerzentrum in Köln-Mülheim beziehen. Im Mai hat sich dazu die Betreibergesellschaft konstituiert, an der neben der Filmstiftung NRW (25,1%) und der Stadt Köln (25,1%) das ecmc-Europäisches Zentrum für Medienkompetenz (25,1%), die MMC- Medien-Service und Dienstleistungsgesellschaft (22,7%) und die IHK Köln (2%) beteiligt sind. Die erste Gesellschafterversammlung wird am 19. Juli stattfinden Das Gründerzentrum, das von der Stadt Köln angeschoben wurde und vom Land mitfinanziert werden soll, richtet sich vor allem an Absolventen der Film- und Medienhochschulen und soll ihnen mit günstigen Mieten und enger Branchen-Anbindung den Start erleichtern. Bewerbungen um die Büroplätze nimmt bereits jetzt Josefine Woithe in der Stabstelle Medien im Amt des Oberbürgermeisters entgegen. „Mit der breit angelegten Initiative des AVGründerzentrums erhält der Nachwuchs in NRW eine große Chance, den schwierigen Sprung in die Existenzgründung zu schaffen“, so Filmstiftungschef Michael SchmidOspach, der das Entstehen des Zentrums als Gründungsgeschäftsführer begleitet. AV Gründerzentrum, Tel. (0221) 22124571; [email protected] Filmservice RheinRuhr Aufnahmeleiterin Ricarda Goray und Kameramann Jörn Pott haben in Duisburg den FilmserviceRheinRuhr gegründet. Ziel ist es, im Ruhrgebiet, am Niederrhein und im Ballungsraum Köln eine kompetente Filmserviceagentur zu etablieren, die für auswärtige Produktionsfirmen effektiv und kostengünstig Projekte realisiert. Das Angebot reicht von der Vorbereitung und Abwicklung der Motive, über Genehmigungen, Komparserie, Aufenthaltsbusse, Catering, Beschaffung von Fahrzeugen oder Helikoptern bis hin zu Personalvorschlägen. „In der Agentur trifft sich die organisatorische Hand der Aufnahmeleiterin mit dem Auge des Kameramanns, pragmatische und künstlerische Kompetenzen zur optimalen Betreuung der Kunden“, versprechen die Firmengründer. FilmserviceRheinRuhr, Tel. (0203) 4407595; www.filmservicerheinruhr.de • letter_juli_01-13 27.06.2005 NRW sucht Dramaturgen Autoren wünschen sich bei der Entwicklung ihrer Drehbücher zunehmend die professionelle Betreuung durch Dramaturgen oder Script Consultants, und auch Produzenten setzen verstärkt auf deren Kompetenzen. Um einen aktuellen und umfassenden Überblick darüber zu erhalten, wer diese Dienstleistung in Nordrhein-Westfalen anbietet, starten die Filmstiftung NRW und der Verband deutscher Film- und Fernsehdramaturgen (VeDRA) einen gemeinsamen Aufruf an alle diejenigen in NRW ansässigen Personen, die in den letzten Jahren die Entwicklung von Drehbüchern professionell dramaturgisch betreut haben. In die neu einzurichtende Datenbank sollen nachweislich hauptberufliche Dramaturgen, Lektoren, Developer/Stoff-Producer oder anderweitig im Bereich Drehbuch/Projektentwicklung Tätige aufgenommen werden. „Wir wollen mit unserer Datenbank vor allem interessierten Autoren und Produzenten die Möglichkeit geben, sich bei uns oder bei der Filmstiftung aktuell über qualifizierte Dramaturgen und Script Consultants in NordrheinWestfalen zu informieren“, begründet Rüdiger Hillmer, 2. Vorsitzender von VeDRA, die Aktion. Meldungen bitte an: Rüdiger Hillmer, Tel. (05231) 34123; [email protected] 14:48 Uhr Seite 5 Neues aus der ifs Die ifs internationale filmschule köln begrüßt zwei neue Mitarbeiterinnen: Als Herstellungsleiterin unterstützt zukünftig Claudia Schurian das Team. Zuvor hat sie u.a. als freie Produktionsleiterin für die Winkelmann Filmproduktion und Rhein Film gewirkt. Als Assistentin im Bereich Filmregie wechselt außerdem Jattina von Puttkamer von der Agentur very.tv an die ifs. Unterdessen läuft noch bis zum 4. Juli die Bewerbungsphase für die zweijährige Postgraduierten-Ausbildung „Sound Design/Film“. Die Teilnehmer lernen, die gesamte Tonebene eines Films zu gestalten: von der O-Ton-Aufnahme bis zur Endmischung. Am 26. September wird die Ausbildung an der ifs beginnen. Eine günstige Gelegenheit, sechs Arbeitszeugnisse aktueller Studenten der ifs zu sehen, bietet bis zum 6. Juli die Reihe „Spectrum Junger Film“, die von der Filmstiftung NRW zusammen mit der Cologne Conference während des Internationalen Filmkongresses in Köln veranstaltet wird. Jeweils als Vorfilm laufen Tina von Trabens „Kurfrieden“, die Kurzdoku „Transfamily“ von Sabine Bernardi, Clemente Fernandez-Gils Experimentalfilm „Big Bang“, Stephan Schiffers’ Kurzfiction „Am Kanal“, „Dienstschluss“ von Christian Gillmann und Sabine Bernardis Kurzfilm „Greta“. ifs, Tel. (0221) 9201880; [email protected] „man.road.river“ gewann den Großen Preis der Stadt Oberhausen. Foto: Kurzfilmtage Oberhausen Oberhausen digital „53 der 134 Filme in unseren Wettbewerben wurden dieses Jahr digital eingereicht oder produziert“, benannte Festivalleiter Lars Henrik Gass eine Tendenz bei den 51. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen, die sich auch im restlichen Programm spiegelte. Begünstigt wurde diese Tendenz u.a. durch das Reelport-Projekt, das Filmeinreichungen für das Festival erstmals online erlaubt, aber auch durch Aktionen im Begleitprogramm wie der BMW Kurzfilm Award, der drei Filmstudenten ermöglicht, innerhalb von vier Wochen digitale Filme zu drehen, oder auch ein von Nokia ausgeschriebener Wettbewerb für Handyfilme. Auch die Zukunft des Werbefilms ist digital, wie die Vorträge auf dem 4. Produzententag des Festivals zeigten. Flashfilme, Mobisodes, M-Pod: Stichwörter für die Eroberung aktueller DigitalTechnologien durch die Werbung, die auch im Kino einer gänzlich neuen Zukunft entgegen blikkt, sobald das Gros der Leinwände digital bespielt werden wird. Den mit 7.500 Euro dotierten Großen Preis der Stadt Oberhausen gewann der brasilianische Beitrag „man.road.river“ von Marcellus L., während den Hauptpreis der deutschen Reihe „Remake“ von Hangover Ltd. einstrich. Der dritte Preis für das beste deutsche Musikvideo ging übrigens nach Köln: Ausgezeichnet wurde das Video „Rocker“ von der KHM-Studentin Corine Stübi. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, Tel. (0208) 8252652; [email protected] Meldungen – [email protected] Den Bachelor of Arts in der Tasche: Klaus Wolfertstetter, Elmar Wigand, Nicole Kalscheuer, Florian Stranz, Ben Braeunlich, Christoph Mathieu, Michael Heinze, Christian Brauckmann, Andreas Gäßler, Jens Baumeister und Karin Kaci (v.l.o.), Foto: Claudia Ast Bachelor of Arts: „Es gibt nur einen Weg“ Anfang Juni verabschiedete die ifs internationale filmschule köln ihre ersten Bachelors of arts im Bereich Drehbuch. Die zehn Autoren hatten mit ihren Tutoren (Ruth Toma, Georg Heinzen, Dieter Bongartz und Peter Henning) Abschlussbücher entwickelt, die sie im Kölner Bauturm Theater der Branche präsentierten und damit ihre dreijährige Ausbildung beendeten. Der Newsletter sprach mit Absolvent Ben Braeunlich, der für sein ifs-Abschlussbuch „Grenzland“ auf dem Potsdamer Festival „Sehsüchte“ bereits den Drehbuchpreis gewann, über seine Arbeit und die letzten drei Jahre. Sie haben zuerst Schiffbau studiert, sich dann aber doch für das Schreiben entschieden. Warum? Ich segle für mein Leben gerne, und eine Atlantiküberquerung ist einer meiner Kinderträume, doch Schiffe werden auf dem Land gebaut und im Computer entworfen. Und nach einem Jahr Studium haben mich die vernünftigen Argumente vom geregelten Leben und dem abgesicherten Einkommen einfach nicht mehr überzeugt – oder besser, ich war einfach nicht glücklich damit und gestand es mir ein. Und so wurde ich ehrlich zu mir selbst, wurde kompromisslos – und Autor. Die Hauptfigur in Ihrem Buch ist ein gealterter Kommissar aus dem Osten. Sie sind ein 26-jähriger Autor aus dem Westen. Was interessiert Sie an Ihrem Helden? Einmal sein Zustand der Isolation und Ohnmacht. Die Welt um Herbst verändert sich, doch trotz allem hält er an seinem alten Leben fest und ist gleichzeitig unfähig, sich anzupassen. So nimmt er es hin, dass seine Frau ihn nach 20 Jahren Ehe verlässt und sein Sohn nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Stattdessen hegt er sein marodes Ostauto, sorgt sich liebevoll um seine Kaninchenzucht und ertränkt seine Probleme im Alkohol. Man wünscht ihm, dass er seine Sprachlosigkeit überwindet und sein Leben in den Griff bekommt. Dramatischer ist der Kriminalfall, in den er unweigerlich verwickelt wird – und der alle Erinnerungen an frühere Tage ans Licht spült. Ein Sommergewitter legt eine Moorleiche im Müritz Nationalpark frei, die hier zu Wendezeiten verborgen wurde, und Herbst bringt seinen Sohn mit der Tat in Verbindung. Er muss sich entscheiden: Soll er ihn der Justiz ausliefern oder den Mord vertuschen? Was Herbst erst zur tragischen Figur macht, und damit für mich spannend, ist die Konsequenz seiner Entscheidung. Wir verstehen ihn doch, wenn er seine neue Partnerin belügen, mobben und ausnutzen muss – und wir sehen aber auch, dass dies dem alten Kommissar schwer fällt. Er leidet, weil er sein eigenes Handeln verurteilt. Genau das hat mich immer für Herbst eingenommen. Gab es an der ifs Druck, auch an die Marktverträglichkeit der Stoffe zu denken? Nein. Jeder von uns hat die Geschichte erzählt, die er oder sie erzählen wollte oder musste. Das Ziel des Studiums war ja auch, ein marktreifer Autor zu werden, der gute Drehbücher schreiben und Figuren entwickeln kann. Und nicht der Stoff selbst. Nach drei Jahren Ausbildung, was war für Sie die wichtigste Erfahrung aus dieser Zeit? Die letzten drei Jahre haben mich nur darin bestärkt, wie richtig meine Entscheidung und mein Mut war, Autor zu werden. Nicht auf die tausend faulen Kompromisse einzugehen und geradlinig den Weg zu gehen, den ich immer gehen wollte. Die Geschichten zu erzählen, die ich als Autor erzählen muss, und keine Angst davor zu haben, daran zu scheitern. Denn es gibt immer einen Weg. Man muss ihn nur gehen. Angst bringt einen nirgendwohin. 5 • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 6 Schamoni und Max Ernst Am 1. September wird in Brühl das Max Ernst Museum eröffnet, für das Peter Schamoni im Ausstellungssaal eine Multimedia-Schau vorbereitet. Das Original-Filmmaterial stammt aus verschiedenen Dokumentarfilmen, die Peter Schamoni noch zu Lebzeiten mit Max Ernst realisieren konnte. Einer ihrer gemeinsamen, preisgekrönten Filme war „Die widerrechtliche Ausübung der Astronomie“ über den Astronomen E.W.L. Tempel. Die Europäische Weltraumbehörde ESA hat den Film nun für die weltweite TV-Liveausstrahlung am 4. Juli angefordert. Dann will die NASA zu Forschungszwecken den Kometen Tempel beschießen, der nach dem sächsischen Sternenforscher benannt worden ist. „Wahrheit oder Pflicht“, Foto: KHM Neues aus der KHM Die Studenten der Fächergruppe Film/Fernsehen an der Kölner Kunsthochschule für Medien sind mächtig produktiv und sorgen mit ihren Filmen Jahr für Jahr nachdrücklich für Aufmerksamkeit. Über 50 Nominierungen und Auszeichnungen heimsten die KHM-Produktionen alleine in den vergangenen zwölf Monaten ein, und weitere Ehren stehen bereits in Aussicht. So ist Jonathan Greenfields Abschlussfilm „Chaim“ für den Short Tiger 2005 nominiert, was ihm bereits 15.000 Euro Preisgeld für das nächste Projekt beschert. Am 27. Juni werden am Rande des Filmfestes München die Hauptpreise dieser von der FFA initiierten Nachwuchsförderung vergeben – verbunden mit weiteren 10.000 Euro. Zwei weitere Abschlussfilme von der KHM sind für den Besten Absolventenfilm aller deutschen Hochschulen beim Babelsberger Medienpreis 2005 nominiert. Jan Martin Scharf („Wahrheit oder Pflicht“) und Susanne Jäger („Vater und Feind“) freuen sich auf die Verleihung am 24. Juni. „Wahrheit oder Pflicht“ und „Chaim“ laufen übrigens auch in der Nachwuchsreihe „Spectrum Junger Film“, die gemeinsam von Cologne Conference und Filmstiftung NRW zum Medienforum im Kölner Filmhaus organisiert wird. Weitere KHM-Produktionen im „Spectrum Junger Film“ sind Claudia Indenhocks Diplomfilm „Wir leben im 21. Jahrhundert“ und die Kurzfilme „Traumjob“ von Jür- gen Brügger, „Der Coach“ von André Erkau und Cristiano Civitillos „Natura Morta“. Unterdes wird auch die Reihe „Best of KHM“ im Kölner OFF Broadway noch mit zwei Veranstaltungen fortgesetzt. Am 6. Juli präsentieren sich die KHM-Absolventen Jörn Hintzer und Jakob Hüfner um 19 Uhr mit ihrem Film „Weltverbesserungsmaßnahmen“ und eine Woche später Regisseurin Bettina Braun mit ihrer Doku „Was lebst Du?“. Um den Überblick über die KHM-Aktivitäten zu vervollständigen, gibt es vom 20. bis zum 23. Juli die „Altitude 05“, die Tage der offenen Türe. Jeweils zwischen 14 und 18 Uhr geben verschiedene Ausstellungen Einblicke in das Schaffen des vergangenen Jahres, gefolgt um 19 Uhr von einem Filmprogramm. Zentrale Anlaufstelle für Besucher ist der Filzengraben 2 in der Kölner Altstadt – dort befindet sich der Neubau, der erstmals auch für die Öffentlichkeit zu besichtigen ist. Nachdem die Standortkarte auf der Website der Schule seit jeher 11 verschiedene Gebäude rund um den Peter-Welter-Platz aufwies, bündelt der frisch eingeweihte Neubau nun Sound- und Schnittplätze, Studios, eine Cafeteria und Aula unter ein Dach. Damit hat sich nun auch die Umzugsdiskussion nach 16 Jahren mit einem guten Dutzend an Standort-Vorschlägen für die KHM endgültig erledigt. Kontakt: KHM, Tel. (0221) 201890; [email protected] Neue Leitung im Kölner Filmhaus Anne Gerrienne ist die neue kommissarische Geschäftsführerin im Kölner Filmhaus. Zuvor war die Rechtsanwältin stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Kölner Filmhaus e.V.. Gerrienne löst den bisherigen kommissarischen Geschäftsführer Jochen Bentz ab, der sich auf eigenen Wunsch wieder schwerpunktmäßig auf seine Funktion als Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung konzentrieren will. Mit Peter Klas, Rolf-Rüdiger Hamacher, Stephan Bartschat, Volker Noack und Wolfram Grötzner wählte sich der Verein auch einen neuen Vorstand. Außerdem wechselt Michael Claus, seit fünf Jahren Öffentlichkeitsarbeiter des Filmhauses, die Branche. Neue Pressereferentin wird zum 1. August die studierte Film- und Fernsehwissenschaftlerin und PR-Fachfrau Ulrike Meier. Verlängert hat das Kölner Filmhaus den Bewerbungsschluss für den Vorbereitungslehrgang zur Prüfung „Aufnahmeleiter/in IHK“ und „Produktionsleiter/in IHK“ bis zum 15. August. Die Lehrgänge beginnen am 1. Oktober bzw. 10. September. Ein Infoblatt und das Bewerbungsformular gibt es unter www.koelner-filmhaus.de. Das neue Programm „Seminare & Workshops 2. Halbjahr“ vom Kölner Filmhaus erscheint im August. Kölner Filmhaus, Tel. (0221) 2227100; [email protected] 6 Heiligenhaus, Bundesstraße 227: Schauplatz für die „West Side Story“, Fotos: Stadtmarketing Heiligenhaus, Alamode Film Filmschauplätze: Kino auf der B 227 Schlösser, Bergehalden, Zechengelände, Klöster, eine alte Schnapsbrennerei und sogar eine Bundesstraße verwandeln sich im Juli und August jeweils für einen Abend in Filmschauplätze. Im Rahmen der von der Filmstiftung NRW organisierten Reihe gibt es vom 8. bis 17. Juli und vom 2. bis 19. August insgesamt 15 Filmnächte, bei denen auf diese Orte abgestimmte cineastische Leckerbissen gezeigt werden. Die Filmschauplätze starten am 8. Juli in Geldern im Schloss Haag, das schon zum achten Mal dabei ist. Gezeigt wird der amerikanische Kultfilm „Der Club der toten Dichter“. Schlossherrin Katja Gräfin von und zu Hoensbroech rechnet mit rund 500 Zuschauern. „Im Vorprogramm wird es passend zum Film einen Gedichte-Wettbewerb geben, bei dem nur fünf Worte vorgegeben werden“, kündigte die Gräfin an. Auch kulinarisch soll in Anlehnung an den Streifen mit Robin Williams aufgetischt werden. „Wir wollen mit unserer Teilnahme an den Filmschauplätzen etwas für den Ort tun und hoffen, dass möglichst viele Großstädter nach Geldern kommen, um sich vom Film und der Kulisse einfangen zu lassen“, so die Gräfin, die wegen der zahlreichen Fledermäuse im Schloss auch schon mal den Klassiker „Tanz der Vampire“ im Programm hatte. Laut Filmstiftungschef Michael SchmidOspach werden mit den Filmschauplätzen „gerade auch Nicht-Cineasten an interessante Örtlichkeiten gelockt“. So könne „mehr Lust auf Kino als attraktive Freizeitgestaltung“ geweckt werden, meint Anna Fantl, die die Filmnächte organisiert. Höchster Filmschauplatz in diesem Jahr wird eine 110 Meter hohe Bergehalde bei Neukirchen-Vlyn sein. Im Amphitheater in luftiger Höhe, wo sonst Gleit- und Drachensegler abheben, starten die Zuschauer am 9. Juli mit dem Einbruch der Dunkelheit zur deutsch-englischen Filmreise „In 80 Tagen um die Welt“ [email protected] – Meldungen nach Jules Vernes Abenteuerklassiker. Die kurioseste Filmkulisse in diesem Jahr ist sicherlich die Bundesstraße B 227 in der Innenstadt von Heiligenhaus, die am 17. Juli für den Autoverkehr gesperrt und mit einigen Tonnen Sand beschaufelt wird. Mit dem Sand, einem Gottesdienst und Tanz-Darbietungen schaffen die Veranstalter die richtige Kino-Atmosphäre für den Kultfilm „West Side Story“ über Teenager-Straßenbanden im New York der 50er Jahre. Eine ehemalige Schnapsbrennerei in Gütersloh dient dann am 7. August als Filmschauplatz für das Alkoholiker-Drama „Leaving Las Vegas“, für das Nicolas Cage als sich zu Tode Saufender mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Im Kloster Kamp in Kamp-Lintfort gibt’s am 5. August „Luther“ mit grandiosen Schauspielern wie Peter Ustinov und Bruno Ganz, und am 2. August ist das Sportbootszentrum von Bergkamen Filmschauplatz für den neuseeländischen Streifen „Whale Rider“. Ganz stilecht läuft am 10. August am Preußen-Museum in Minden der Klassiker „Der Hauptmann von Köpenick“ mit Heinz Rühmann in der Rolle des Schusters Wilhelm Voigt. Wenn das Wetter mitspielt, rechnen die Veranstalter für die nach wie vor kostenlosen Filmnächte mit regem Zulauf. 2003 kamen im Jahrhundertsommer insgesamt 12.500 Cineasten, und selbst im verregneten Vorjahr strömten immerhin noch 11.500 zu den Filmschauplätzen. Die lokalen Partner vor Ort sorgen für das passende Rahmenprogramm mit Unterhaltung, Spiel, Essen und Trinken. Zudem wird das Filmprogramm an jedem Abend mit einem Überraschungskurzfilm aus NRW eröffnet. Das gesamte Programm der Filmschauplätze mit Aufführungsorten, Terminen und Filmtiteln gibt es unter www.filmstiftung.de und unter www.filmschauplaetze.de. • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 7 Lernort Kino in NRW Vom 6. bis 10. Juni fand in NRW die Schulfilmwoche „Lernort Kino“ statt, die u.a. von der Filmstiftung NRW gefördert und vom Institut für Kino und Filmkultur organisiert wurde. In dieser Woche tauschten über 50.000 Schüler in NRW das Klassenzimmer gegen den Kinosaal eines der rund 130 beteiligten Filmtheater. Der Newsletter sprach mit Birgit Wittgen, Lehrerin an der Bettine von Arnim Gesamtschule in Langenfeld, über ihre Erfahrungen mit „Lernort Kino“ im Rex Filmtheater in Langenfeld. Welche Filme haben Sie sich mit ihren Klassen angesehen? Mit zwei siebten Klassen waren wir in „Raus aus Amal“. Die offene Diskussion über das Thema lesbische Liebe war in dem Alter im Anschluss an den Film schwierig, aber in einer schriftlichen Nachbereitung konnte man er- kennen, dass die Kinder den Film und die Aussage, dass non-konformistisches Verhalten gegenüber Drogen, Alkohol und Sex „echtes“ Selbstbewusstsein erfordert und stark für neue Lebensentwürfe macht, verstanden haben. Die Schüler haben nachher zwar nicht gesagt, das war ein toller Film, aber man hat doch gespürt, dass er nachhaltig gewirkt hat. Mit drei zehnten Klasse haben Sie „Alles auf Zucker gesehen“. Wie war dort die Resonanz? Eindeutig positiv, weil in dem Film das Wissen über jüdische Rituale so geschickt und humorvoll verpackt wurde, dass die Schüler Dinge quasi nebenbei lernen konnten, die man sonst nur sehr schwer vermitteln kann. Beeindruckend war aber vor allem „Rhythm is it“, den wir mit der Jahrgangsstufe elf gesehen haben. Ein toller Film zum Thema Disziplin und Engagement beim Arbeiten. Cool ist, wer seine Arbeit wirklich gut machen will. Diese Botschaft ist für heutige Schüler vielleicht das Wich- tigste überhaupt: Unsere Schüler haben geklatscht! Die anfängliche Distanz gegenüber Dokumentarfilm und klassischer Musik ist im Laufe des Films umgedreht in Faszination. Am Schluss hat das sogar zu einer Reflektion der eigenen Lernsituation geführt, bis hin zu der Aussage: Manche Lehrer treten uns nicht genug. Ihr Resümee der Schulfilmwoche? Jugendliche nutzen das Kino nur sehr einseitig und sehen sich dort vor allem Action- und Klamaukstreifen an. Dabei bietet sich das kommunale Kino hervorragend als alternativer Lernort an. Mit Film als Leitmedium der Medienkultur kann man dort sehr viel vermitteln. Solche Angebote sollten ausgebaut werden. Wir werden im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder teilnehmen und für Lernort Kino auch unter Kollegen und Schülern werben. Lernort Kino, Tel. (0251) 5914514; [email protected] Optimierung der Filmkultur Das Netzwerk Filmkultur NRW, ein loser Zusammenschluss aus 16 Filmfestivals, Filmwerkstätten und Institutionen hat mit Unterstützung des NRW-Ministeriums für Städtebau, Wohnen, Kultur und Sport eine jüngst erschienene Studie in Auftrag gegeben. Unter dem Titel „Studie zur Ermittlung und Evaluierung von Potenzialen zur Einnahme- und Kostenoptimierung von Betrieben der Filmkultur in NRW“ hat Ulrike Erbslöh die Daten ausgewertet. Danach erreichen die 16 Institutionen mit einem Gesamtetat von 4,5 Millionen Euro jährlich 120.000 Besucher und organisieren mit 18 Vollzeitkräften 69 Festivaltage im Jahr nebst durchgehendem Programmkinobetrieb in vier NRW-Städten. Mögliche Kostenoptimierungen durch engeres organisatorisches Zusammen- rücken der Mitglieder untersucht die Studie in den Bereichen „Personal“, „Druck- und Technikvergaben“ sowie „Marketing und Sponsoring“. Dabei weise allein der Bereich des Sponsorings, der Anzeigen und des Marketings in Übereinstimmung aller Mitglieder Potenziale auf, die jedoch wegen dünner Personallage und damit zusammen hängender Zeit- und Kostendefizite schwerlich auszuschöpfen seien, so die Studie. Geprüft und diskutiert wird im Netzwerk deshalb Sinn und Machbarkeit eines Vermarktungsbundes, der die Vorzüge der Mitglieder für Sponsoren in ein breit gefasstes und lukratives filmkulturelles Paket bündeln könnte. Netzwerk Filmkultur NRW, c/o Petra Schmitz (dfi), Tel. (0208) 471934; [email protected] Stummfilmklassiker in Bonn: „Der General“, Foto: Mk2 Ein gut gelaunter Konstantin Faigle in „Die große Depression“, Foto: M. Erbacher Erfolgreiche Ruge-Stipendiaten Beim Festival Cinéma du Réel in Paris konnten Tamara Trampe und Johann Feindt für ihren Film „Weiße Raben – Alptraum Tschetschenien“ den Prix des Bibliothèques in Empfang nehmen. Ihre Dokumentation über russische Soldaten in Tschetschenien entstand mit Hilfe des GerdRuge-Stipendiums, das die Filmstiftung seit 2002 an herausragende Dokumentarfilmer vergibt. Die Produktion der zero film mit dem ZDF und arte ist am 3. Juli auch auf der Cologne Conference in der NonFiction-Reihe zu sehen. Bereits Ende Juni feierte Ruge-Stipendiat Konstantin Faigle („Out of Edeka“) auf dem Filmfest in München Premiere mit seinem Film „Die große Depression“. In der Produktion von unafilm mit dem ZDF begibt er sich auf eine Reise durch Deutschland auf der Suche nach den Gründen, warum das Land so kollektiv depressiv verstimmt erscheint. Faigles Tipp: „Mehr Selbstironie, statt mehr Selbstkritik!“ Die Jury-Sitzung für das Gerd-Ruge-Stipendium 2005 ist für Ende August geplant. Meldungen – [email protected] Bonner Sommerkino Vom 21. bis 31. Juli zeigt der Förderverein Filmkultur Bonn im barocken Arkadenhof der Bonner Universität wieder Stummfilmklassiker mit Live-Musikbegleitung bei freiem Eintritt. Eröffnet wird das 21. Bonner Sommerkino – Internationale Stummfilmtage mit der Deutschlandpremiere der restaurierten Originalfassung der Stummfilmkomödie „Der General“ (USA 1926) von und mit Buster Keaton. Schlagzeugsolist Christian Roderburg und Stummfilmpianist Joachim Bärenz werden in einer eigens für diese Aufführung einstudierten Begleitmusik den Film wie zur Stummfilmzeit live vertonen. Im Verlauf der zehn Tage begleiten international renommierte Musiker wie Neil Brand, Günter Buchwald, Stephen Horne, Aljoscha und Sabrina Zimmermann als Solisten oder als Duo am Flügel, Schlagwerk und an der Violine mit ihren Kompositionen und Improvisationen die Stummfilmschätze. Mit einem besonderen Begleitprogramm wird außerdem die im letzten Jahr begonnene Kooperation mit dem Rheinischen LandesMuseum Bonn fortgeführt. Das komplette Programm mit allen Filmen steht unter www.film-ist-kultur.de bereit. Bonner Sommerkino, Tel. (0228) 478568; [email protected] 7 • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 8 Am 6. Juni erhielt Stefan Weigl (Mitte) den renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden/Preis für Radiokunst für sein Stück „Stripped“ (siehe Newsletter April 05). Norbert Blüm, Monika Piel (WDR), Dieter Renelt (Vorsitzende des Bundes der Kriegsblinden) und Filmstiftungschef Michael Schmid-Ospach (v.r.) gratulierten bei der Verleihung auf dem Petersberg in Bonn/Königswinter. Foto: K. Engels Filmmuseum mit neuem Foyer Formatt-Studie: NRW vorn Mit einem neuen aktualisierten und erweiterten Museumsführer hilft das Filmmuseum Düsseldorf seinen Besuchern beim Gang durch die Ausstellung. Auf fast 100 Seiten führt der in der Edition Virgines erschienene Band durch die vier Etagen des Hauses und vermittelt darüber hinaus Wissenswertes zur Vorgeschichte des Kinos und zur Filmgeschichte. Ebenfalls neu ist das umgebaute Foyer des Filmmuseums in der Schulstraße, das Architekt Klaus Dieter Bastian konzipiert hat. Dem Kino Black Box steht nun ein kleiner Raum hinter der Kasse zur Verfügung, der ein mobiles Mini-Café zu den Kinozeiten möglich macht. Die Kino-Kasse selbst stammt aus dem ehemaligen Gloria-Kino in Neuss. Filmmuseum Düsseldorf, Tel. (0211) 8993788; www.duesseldorf.de/kultur/filmmuseum Im Jahr 2004 wurde ein Drittel aller Fernseh-Auftragsproduktionen in Deutschland (Informationssendungen nicht mitgerechnet) in NRW hergestellt. Zu diesem Ergebnis kommt das Dortmunder Formatt-Institut, das ein weiteres Mal eine Vollerhebung sämtlicher deutscher Fernseh-Auftragsproduktionen durchgeführt hat. Nach der Studie erreichte NRW mit insgesamt 152.000 Sendeminuten erneut den bundesweiten Spitzenwert. Der Fernsehstandort Bayern erreicht mit 15,5 Prozent nur die Hälfte des NRW-Volumens, gefolgt von Berlin (9,8) und Hamburg (7,9) Auch im vergleichsweise hochpreisigen Fictionbereich (TV-Movies, Serien und Comedy) liegt der Produktionsstandort NRW mit 44 Prozent (78.418 Minuten) vor Bayern, das lediglich auf 19 Prozent (33.209 Minuten) kommt. NRW ist auch als Kinofilmstandort fest etabliert. Hier liegt NRW in 2004 mit 9,9 Prozent (1.182 Minuten) vor Bayern (9,3). Die Pole-Position hält hier allerdings Berlin mit 18,5 Prozent besetzt. Trotz anhaltender Werbeflaute blieb das Volumen der Fernsehproduktionen in Deutschland in den Jahren 2003 und 2004 gegenüber den Vorjahren weitgehend konstant. Die vollständige Untersuchung wird im Sommer 2005 veröffentlicht. Formatt-Institut, Tel. (0231) 756157; [email protected] Junges Deutsches Kino in Köln ... heißt die Reihe, die die Kölner Filmpalette in Kooperation mit dem Büro Schmitt & Teigler präsentiert. Im Juli steht dabei als echte Kinopremiere „Nordstadt“ von Michael Kupzyck auf dem Programm. Unterstützt wird die Reihe, die jeden Monat junge deutsche Kinofilme vorstellt, von der Geißendörfer Filmund Fernsehproduktion, Colonia Media, Ziegler Film Köln, der internationalen filmschule köln und Jeanine Meerapfel. Außerdem zeigt die Filmpalette – anknüpfend an das Fassbinder Special des WDR, der Cologne Conference und der Filmstiftung NRW – im Juli vier frühe Filme von Rainer Werner Fassbinder: „Liebe ist kälter als der Tod“ (8.-10.7.), „Katzelmacher“ (11.-13.7.), „Pioniere in Ingolstadt“ (17.-19.7.) und „Whity“ (24.26.7.). Filmpalette, Tel. (0221) 4694238; [email protected] 8 Hafenmelodie NRW in Mannheim Gegen 22 Uhr beginnen die Filmvorführungen der Hafenlichtspiele 2005 (29.07.-05.08.), zu denen die Filmwerkstatt Düsseldorf auf den Ueckerplatz einlädt. Zusätzlich präsentieren die Düsseldorfer Filmmusik-Experten Udo Heimansberg und Tobias van de Locht vom 29. Juli bis zum 4. August ein jeweils einstündiges musikalisches Vorprogramm. Als Sitzgelegenheiten dienen die vorhandenen Steinbänke. Es werden Sitzkissen ausgegeben sowie Klapp- und Liegestühle bereitgestellt. Das Programm der Hafenlichtspiele, die u.a. von der Filmstiftung NRW gefördert werden, gibt es unter www.filmwerkd.de. Filmwerkstatt, Tel. (0211) 4080701; [email protected] Das neu ins Leben gerufene Festival des deutschen Films in Mannheim hat den mit 50.000 Euro dotierten Filmkunstpreis 2005 für den besten deutschen Film des Jahres ausgeschrieben. Nominiert sind 19 deutsche Langfilme. In der Jury sitzen Nina Hoger, Peter W. Jansen, Peter Lilienthal, Leslie Malton und Ralph Schwingel. Auf der in Ludwigshafen am 10. Juli stattfindenden Preisverleihung bangen auch die Kreativen von fünf NRW-Produktionen. Nominiert sind die Lichtblick-Produktion „Allein“ von Thomas Durchschlag, Till Franzens „Die blaue Grenze“ (Discofilm), Alexandra Sells „Durchfahrtsland“ (2Pilots), „Edelweißpiraten“ von Niko von Glasow (Palladio Film) und „Falscher Bekenner“ von Christoph Hochhäusler (Heimatfilm). Festival des deutschen Films, Tel. (0621) 102943; [email protected] Grafik und Film Als Rahmenprogramm zur Ausstellung „Got the Look – Graphik der Popmusik“, die ab 15. Juli im Kölner Museum für Angewandte Kunst zu sehen ist, zeigt das Filmhaus Open Air (16.07.-20.08.) eine Filmreihe, die einen Querschnitt durch die Geschichte der Popmusik und deren Abbildung in Grafik und Film zeigt. Auf dem Programm stehen mit „A Night at the Filmore“ und „End of the Century – The Story of the Ramones“ auch zwei Filme von Richard T. Heffron. Das ausführliche Programm mit allen Wiederaufführungen, Reihen und Previews unter www.koelner-filmhaus.de. Kölner Filmhaus, Tel. (0221) 2227100; [email protected] Auf dem Festival Alice in the City wurde Thomas Springers Film „Mein Bruder ist ein Hund“ in Rom als bester Kinderfilm ausgezeichnet. Die Produktion der Kölner Tradewind Pictures wird in diesem Jahr nach Einladungen zum Internationalen Transsilvanischen Festival in Rumänien außerdem noch in Leipzig und Hongkong zu sehen sein. In diesem Jahr findet das Internationale Kurzfilmfestival Short Cuts Cologne No.8 vom 30. November bis zum 4. Dezember statt. Einreichungen sind bis zum 30. Juli willkommen. Download und weitere Infos unter www.short-cuts-cologne.de. Kölner Filmhaus, Tel. (0221) 222710-0; [email protected] Medien Parcours beim Ringfest Rund 200 Bands mit 250 Auftritten aus den internationalen und nationalen Szenen spielen auf dem Kölner Ringfest (26.-28.08.). Dort kann das vornehmlich jugendliche Publikum jetzt auch spielerisch erproben, wie Medien entstehen. Dafür sorgt „Generation M CreActive“ mit einem „Parcours der Medienkompetenz“. Zur Beantwortung von Qualifizierungs- und Laufbahn-Fragen gibt es die „Lange Nacht der Beratung“. Generation M CreActive ist eine Veranstaltung der Projektagentur AIM Publik GmbH, Köln. Näheres unter www.generation-m.de. AIM Publik. Tel. (0221) 65 008-700; [email protected] Direkter Zugriff Mein Bruder ist ein Hund Short Cuts: Jetzt anmelden Der Kölner Onlinedienst für Kommunikation, Kultur und Medien www.comcologne.de baut sein Informationsangebot aus. Eine neue Suchmaschine ermöglicht den direkten Zugriff auf das umfangreiche Archiv des Dienstes, das inzwischen mehrere tausend Artikel zur Medienregion Köln umfasst. Im Aufbau befindet sich ein Newsletter für Multiplikatoren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, der mehrmals im Monat versandt wird. comcologne.de informiert seit 1996 über die Medien- und Kulturregion Köln. Redaktion comcologne, Tel. (0221) 545048, [email protected] [email protected] – Meldungen Reinold Dohmann, Foto: Stefanie Hadding Trauer um Reinold Dohmann Reinold Dohmann ist tot. Der engagierte Betreiber des Central-Kino im ostwestfälischen Borgentreich (siehe Porträt im Newsletter März 2005) verstarb im Alter von 72 Jahren. Im Jahr 2003 hatte die Filmstiftung NRW Dohmann, der neben dem modernen Drei-Säle-Kino noch eine Gastwirtschaft mit Hotel und eine Rinderzucht führte, im Rahmen der Jahresfilmprogramm-Prämien für sein herausragendes Engagement mit einer Sonderehrung ausgezeichnet. Seit 2000 präsentierte Reinold Dohmann jährlich besondere Programmreihen mit Filmkunst, Originalfassungen und Kinderfilmen. Dohmanns Sohn Rolf führt den Betrieb weiter. • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 9 Internationales Koproduktionstreffen zum Filmkongress MADE IN NRW A m 5. Juli treffen sich in Köln 200 Teilnehmer aus zehn Ländern, um auf dem Koproduktionstreffen MADE IN NRW Partner für neue Projekte zu finden. Das Treffen findet im Rahmen des Internationalen Filmkongresses der Filmstiftung NRW statt und wird in Kooperation mit der MEDIA Antenne Düsseldorf und mit Unterstützung des MEDIA Desk Österreich und der schweizerischen Euroinfo organisiert. Die Schweiz und Österreich sind in diesem Jahr Schwerpunktländer des Koproduktionstreffens, zu dem nicht nur Produzenten, sondern auch Finanziers nach Köln reisen. Aus Österreich werden das Österreichische Filminstitut (Roland Teichmann), der Filmfonds Wien (Claudia Fischer), die rtr-Fernsehfilmförderung (Dr. Alfred Grinschgl), Cine Tirol (Sabine Aigner) und der ORF (Barbara Fränzen & Johanna Hanslmayr-Chorherr) erwartet. Für die Schweiz kommen die Filmstiftung Zürich (Daniel Waser) und der TV-Sender SRG/SSR IdéeSuisse (Alberto Chollet). Aus Deutschland nehmen u.a. der WDR (Jutta Krug, Filmredaktion/Dokumentarfilm), WDR/arte (Sabine Rollberg), ZDF/Das Kleine Fernsehspiel (Lucas Schmidt), ZDF dokukanal (Petra Erschfeld), sowie die Bavaria Film International (Thorsten Schaumann), Celluloid Dreams (Roman Paul) und der Pandora Film Verleih teil. Aus Großbritannien ist der Film Council (Himesh Kar) vertreten. Für das Treffen wurden im Vorfeld aus den über 70 Einreichungen 27 Firmen aus acht Ländern ausgewählt. Nordrhein-Westfalen und Österreich sind mit acht Projekten vertreten, die Schweiz mit sechs. Außerdem nehmen Produktionsfirmen aus Spanien, Großbritannien, Polen, Belgien und Israel teil. Vorgestellt werden vor allem Spielfilme und dokumentarische Kinostoffe, die in den meisten Fällen schon weit entwickelt sind und in deutscher oder englischer Sprache gedreht werden sollen. Unter den eingereichten Stoffen ließ sich ein Trend zu Filmen für Kinder und Jugendliche, zu politischen Themen, skurrilen Geschichten und Produktionen über den Nationalsozialismus erkennen. nen Kinofilm entwickelt. Erzählt wird die Geschichte des Teufelsmädchens Sissy, das überraschend auf der Erde landet und mit unfreiwillig dreist-komischen Einlagen Chaos stiftet und Bewunderung hervorruft. Auch „Humpelstilzchen“ der Firma RheinFilm, eine Adaption des gleichnamigen Jugendbuchs von Dieter Bongartz, richtet sich an ein breites Publikum. In dem Buch geht es um die gehbehinderte Juliane Thevissen, Sonja und die Konflikte mit RheinFilm, Köln ihrer Mutter, die die Tochter nach eigenen Vorstellungen formen möchte und die Behinderung nicht akzeptieren kann. Rosebud Films möchte das Koproduktionstreffen nutzen, um weitere Partner für ihre internationale Produktion „Canada“ zu finden. Richard Humbers schwarzhumorige Komödie erSonja Ewers, Rosebud zählt die Geschichte eines Films GmbH, Köln Bestattungsunternehmens auf dem Land, das ruiniert ist, sollte nicht endlich jemand sterben. Gedreht werden soll der Film im Februar nächsten Jahres. Gerhard Schmidt und Tim Rostock, Gemini Film GmbH & Co. KG, Köln Elke Ried und Thorsten Flassnöcker, Zieglerfilm Köln GmbH Auf der Suche nach Koproduzenten und weiterer Kofinanzierung ist auch die Kölner Gemini Film, die die Verfilmung des internationalen Bestsellers „Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen“ der iranisch-deutschen Autorin und Filmemacherin Siba Shakib im Frühjahr 2006 in Afghanistan realisieren will. Der Film soll die bewegende Geschichte der Afghanin Shirin-Gol schildern, deren Leben 22 Jahre Krieg und Zerstörung geprägt haben. Zur Zeit arbeitet Shakib an der Endfassung des Drehbuchs. Gedreht wird in englischer Sprache. Zieglerfilm Köln präsentiert den Kinderfilm „Sissy – Das Teufelsmädchen“ von der Autorin Usch Luhn, die gemeinsam mit der Kölner Firma aus ihrer sechsteiligen Kinderbuchreihe ei- „Die Zone“ der Dubini Filmproduktion spielt im Jahre 2018. Unerklärliche Phänomene bei einem Tunnelbau in den Alpen, wie et- Die Projekte: Eine Auswahl MEDIA – [email protected] Donatello und Fosco Dubini, Dubini Filmproduktion, Köln wa das plötzliche Verschwinden der Ingenieure, sollen durch eine Psychologin aufgeklärt werden. Fosco Dubinis Science Fiction Film, der sich an ein Arthaus-Publikum richtet, soll im Gotthard-Tunnel in der Schweiz gedreht werden. Frei nach Schillers „Die Räuber“ stellt Produzent Samir von der Züricher Produktionsfirma Dschoint Ventschr Carla Lia Montis „Räuberinnen“ vor: Erzählt wird die groteske GeSamir, Dschoint schichte der eigenwilligen Ventschr, Schweiz Lisa, die sich auf der Flucht vor einem sinneslustigen Bischof mit einigen emanzipierten Huren anfreundet und im Wald eine Räuberinnenbande gründet. Die Endfassung des Drehbuchs wird zurzeit erstellt. Gedreht werden soll Ende 2005. Simon Hesse und Valentin Greutert, HesseGreutert Film AG, Schweiz Der Nerven aufreibende Roadmovie „Im Sog der Nacht“ von der HesseGreutert Film AG aus Zürich handelt von drei jungen Menschen, deren Traum vom besseren Leben in einer Spirale der Gewalt endet. Als Cast sind August Diehl, Dominique Jann und Lale Yavas vorgesehen. Die Endfassung des Drehbuchs ist bereits fertig gestellt, und der Kinofilm soll im Februar nächsten Jahres produziert werden. „Sympathie für den Teufel“ der Novotny & Novotny Filmproduktion schildert den Aufstieg und Fall des Schauspielers Ferdinand Marian, der mit Unterstützung von Joseph Franz Novotny, Goebbels in dem NS-ProNovotny&Novotny pagandafilm „Jud Süß“ Filmproduktion GmbH, Österreich zum Weltstar wird und schließlich an seiner Rolle des Juden Süß Oppenheimer zerbricht. Joseph Beuys erfreute sich großer internationaler Anerkennung, in Deutschland weckte er oft Kontroverse oder gar Abneigung. „Beuys“ lautet nun der Titel der Künstlerbiografie, die die Warschauer Produktionsfirma Apple Film Production über den Bildhauer, Maler, Philo- sophen und politischen Aktivisten Joseph Beuys realisiert, geschrieben (Ko-Autor Thomas Knauf) und inszeniert von dem polnischen Theaterund Filmregisseur Lech Majewski (Wojaczek). Der Dreh ist für Frühjahr 2006 geplant. Willem Dafoe soll Joseph Beuys spielen. Violetta Kaminska, Apple Film Production, Polen Aner Preminger und Motti Lerner, Poreh Productions Ltd., Israel Die letzten fünf Jahre der deutsch-jüdischen Schriftstellerin Else Lasker-Schüler in der Zeit von 1939 bis 45 stehen im Mittelpunkt von „Exile in Jerusalem“. Das poetisch-psychologische Drama wird von der israelischen Produktionsfirma Poreh Productions realisiert und bei MADE IN NRW von Autor Motti Lerner und dem Regisseur und Produzenten Aner Preminger vorgestellt. Das Projekt erhielt eine Entwicklungsförderung der Filmstiftung, und die Endfassung des Drehbuchs wird bereits erstellt. Eine deutsch-israelische Koproduktion ist in jedem Fall anvisiert. Der Cast soll hauptsächlich deutsch sein und auch das Projekt vorwiegend in deutscher Sprache gedreht werden. Weitere MADE IN NRW-Teilnehmer sind die Firmen elsani film, Mediopolis Film- und Fernsehproduktion NL Köln, Tradewind Pictures, Wildart Film, Neue Sentimental Film Entertainment, Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion, Bonus Film, Prisma Film- und Fernsehproduktion, Petrus van der Let Filmproduktion und Wega Film aus Österreich, topic features, C-Films, Cobra Film und Fama Film aus der Schweiz, Boca Boca Producciones aus Spanien, Tall Stories aus Großbritannien und A Private View aus Belgien. Weitere Informationen zu dem Koproduktionstreffen MADE IN NRW erhalten Sie von der MEDIA Antenne Düsseldorf, Tel. (0211) 9305014; [email protected] MEDIA NEWS Informationen über Fördermaßnahmen und Einreichtermine erhalten Sie bei der MEDIA Antenne Düsseldorf, Tel. (0211) 9305014; [email protected] und auf der MEDIA-Website www.mediadesk.de. 9 • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 10 Anlässlich des Geburtstages von Rainer Werner Fassbinder veranstalten die Filmstiftung NRW, der WDR und die Cologne Conference Anfang Juli ein Fassbinder Special. Die Düsseldorfer Filmförderer haben überdies eine Festschrift herausgegeben. Den Anfang mit einem Text von Heiko R. Blum lesen Sie hier. Gespräche mit Rainer Werner Fassbinder „Ich habe noch viel zu er z VON HEIKO R. BLUM F assbinder, ‘Tin Drum – Die Blechtrommel’ (von Volker Schlöndorff), ‘Das Boot’ (von Wolfgang Petersen) – das bekam man schon vor zwanzig Jahren als Antwort, wenn man amerikanische Filmleute nach dem deutschen Kino fragte. In den dreizehn Jahren seines Filmschaffens hat Rainer Werner Fassbinder mehr als 40 Kinofilme gedreht, in einer Zeit, in der der junge deutsche Film eine erste, kurzlebige Weltgeltung erreicht hatte. „Denn mehr als seine Kollegen Alexander Kluge, Wim Wenders, Werner Herzog, Volker Schlöndorff und Werner Schroeter – die alle vor ihm Festivalpreise als internationale Anerkennung errungen hatten – war RWF das Markenzeichen für ‘Made in Germany’ im Bereich des Kinos. Gerade im Ausland wurde er mehr geschätzt und geliebt als zu Hause, wo die BILD-Zeitung noch eine große Kampagne gegen den ‘Schmuddelsex’ seines ‘Berlin Alexanderplatz’ initiiert hatte.“ (Wolfram Schütte, FR vom 10.6.1992) Nach dem Oscar für „Die Blechtrommel“ wurde Volker Schlöndorff mehrfach mit amerikanischen Projekten betraut, Wolfgang Petersen erhielt nach seinem Erfolg mit dem fürs Fernsehen gedrehten „Das Boot“ eine Einladung nach Hollywood, beide stiegen dort in die erste Riege auf. Viele Deutsche folgten: Schauspieler wie Armin Müller-Stahl, Jürgen Prochnow und der Kameramann Michael Ballhaus sind seit langem im amerikanischen Film zu Hause. Auch Rainer Werner Fassbinder hätte spätestens nachdem in New York sein 15-stündiger Film „Berlin Alexanderplatz“ ein Riesenerfolg war, in den USA drehen können – er lehnte es stets ab. „Meine Ideen, meine Geschichten, die Figuren in meinen Filmen gehören in deutsche Städte und Landschaften.“ Fassbinder, der gerade 60 Jahre alt geworden wäre, könnte heute an der Spitze der erfolgreichsten deutschen Filmemacher stehen. Zu Lebzeiten wurde er für manchen seiner Filme gescholten, er war mit vielem seiner Zeit voraus. Als „Berlin Alexanderplatz“ bei uns im Fernsehen gezeigt wurde, schimpfte man über die dunklen Bilder, über die schroffe Sexualität, heute weiß man, dass RWF noch immer eines der größten Nachkriegstalente im deutschen Kino 10 ist. Vielfach erfährt man von Filmstudenten aus aller Welt, dass sie von seiner Arbeit begeistert sind und der deutsche Regisseur zu ihren Vorbildern gehört. Kollegen lassen sich noch heute inspirieren, so ist es bezeichnend, dass einer der besten Filme von François Ozon, „Tropfen auf heiße Steine“, auf einer Vorlage von Rainer Werner Fassbinder beruht. Für den jungen deutschen Film ein schweres Erbe? RWF hat mit seiner Radikalität und einer unbändigen Lust am Filmemachen Wege für den deutschen Film vorbereitet, die bis dato undenkbar waren, seine Gesellschaftskritik, sein politisches Selbstverständnis wurden aus einer geistespolitischen Umbruchzeit geboren, – mit dem Ergebnis sich auseinanderzusetzen kann den aktuellen Film nur inspirieren. Ich kann dir viel erzählen Viele Gespräche habe ich mit Fassbinder geführt, etwa bei den Dreharbeiten zu „Niclashauser Fart“ oder zu „Acht Stunden ist kein Tag“, „In einem Jahr mit 13 Monden“, „Die dritte Generation“ und „Lola“. Es waren keine klassischen Interviews, eher Auseinandersetzungen mit Fassbinders Ideen, seinem Verständnis von unterschiedlichen Kunstformen wie Film oder Theater und über die Ideen der Zeit. Aber es gab auch Momente, da kam man nicht an ihn heran, da war er ganz verbissen in seine Arbeit, da drehte er und drehte, kannte nur die Schauspieler, seine Geschichte, die Kamera, den Ton, hatte keinen Gedanken frei, um sich mit Dritten auseinanderzusetzen. Von diesen Ausnahmen abgesehen war es damals jedoch einfacher, mit Regisseuren und Schauspielern am Set zu sprechen, einen Gedankenaustausch über die künstlerische Arbeit zu führen. Manches Interview entstand unmittelbar während der Filmarbeit zwischen Regieanweisungen und Dreh, oder auch abends bei der Sichtung des Materials und danach in der Kneipe. Als ich mit Rainer Werner Fassbinder das letzte längere Gespräch in Berlin bei den Dreharbeiten zu „Lola“ führte, war er – wie immer – schwer beschäftigt. „Ruf mich in ein paar Tagen mal an, ich kann dir viel erzählen.“ Zu diesem Erzählen ist es nicht mehr gekommen. Ein paar Tage später war er schon wieder am Drehen, dann sollte geschnitten werden, zwischendurch musste ein neues Projekt vorbereitet werden. „Ich habe noch viel zu tun. Ich schau mir diese Kölner Theatersache an“, sagte er und meinte das Theatertreffen von 1981. Das Interesse für das Theater war immer da. „Da gibt es soviel Neues, vielleicht kann ich da mal an meine frühere Arbeit anschließen.“ Rainer führte ein rastloses Leben. Immer war er auf Achse, immer am Arbeiten. Ruhe kannte er nicht. Wir haben uns danach beim Theatertreffen in Köln und bei den Dreharbeiten zu „Alexanderplatz“ noch ein paar Mal getroffen, doch Zeit für ein ausführliches Gespräch war nicht mehr vorhanden. Das Theaterfest in Köln 1981 hätte er nie durchgehalten, wenn er nicht einen festen Auftrag vom ZDF für eine Dokumentation gehabt hätte. Er musste ja immer jede Neigung, jedes Privatinteresse mit Arbeit verbinden. Und er schaffte das jedes Mal wieder ausgezeichnet. Doch es schaffte auch ihn. Mit 36 Jahren war er verbraucht von der Arbeit, vom Drogenkonsum, von seinem rastlosen, nur aus Arbeit und ein bisschen Schlaf bestehenden Leben. Es war abzusehen, dass das nicht so weitergehen würde, er selbst wusste das. „Irgendwann muss ich das mal ändern, doch ich weiß nicht, ob es geht“ – er hat es nicht mehr geschafft. Mit RWF verlor das Kino hierzulande damals seinen unbequemsten, unerbittlichsten, stärksten Regisseur. Und seinen fleißigsten: Zwischen „Liebe ist kälter als der Tod“ von 1969 und „Querele“ von 1982 lagen 40 Filme, das waren im Schnitt drei Filme im Jahr. Dazwischen zahlreiche Theaterarbeiten, darunter unvergessliche Inszenierungen, wie Marie Luise Fleißers „Pioniere in Ingolstadt“ und sein eigenes Stück „Bremer Freiheit“ – die beide in Bremen gespielt wurden. Er hat dem modernen Theater in den Jahren 1967 und 1968 mit dem action-theater und dem späteren antiteater (wo eigene Stücke über Gegenwartsthemen entstanden) einen Gegenpol gesetzt, und er wollte eine neue Theaterform entwik- [email protected] – Fassbinder-Special keln, die das Publikum mehr in das Theaterereignis mit einbeziehen könnte. Fassbinder war für mich damals mehr als nur irgendein bemerkenswerter Regisseur, er war bei aller Distanz so etwas wie ein Vertrauter, weil die Themen vertraut waren, weil sie ein Stück der eigenen Wirklichkeit aufgriffen. Für viele von uns stand die Auseinandersetzung mit der Aktualität im Vordergrund der Arbeit, bei Fassbinder fand man diese Herangehensweise wieder. Sein Debüt-Film „Liebe ist kälter als der Tod“ dann „Katzelmacher“, „Warnung vor der heiligen Nutte“, „Die Ehe der Maria Braun“ und vor allem „In einem Jahr mit 13 Monden“ waren für mich die wichtigsten Fassbinder-Filme. Es sind Filme, die das breite Spektrum seines Schaffens auch heute verständlich machen. Statt einer Abhandlung wähle ich im Folgenden einzelne Filme, Szenen, Momente, die Einblick geben in seine Arbeit und Selbstverständnis als Regisseur. Jemand der so unerbittlich gearbeitet hat, den lernt man kennen, wenn man sich mit der Arbeit auseinandersetzt. Wobei eines anzumerken bleibt: RWF war nicht nur ein ausgezeichneter Regisseur, ein schneller und dennoch präziser Schreiber, ein sicherer Schauspieler, er war auch ein brillanter Kameramann, wie „In einem Jahr mit 13 Monden“ und „Die dritte Generation“ beweisen, die einzigen Filme, in denen Fassbinder sein eigener und einziger Kameramann war. RWF ist tot, sein Theater, seine Filme sind teilweise heute noch von erschreckender Aktualität, die Filme sind Dokumente der damaligen Zeit, ein Stückchen Deutschland und ein wichtiger Bestandteil deutscher Kinogeschichte. Mehr Texte von Heiko R. Blum zu den Filmen von Rainer Werner Fassbinder sowie Beiträge von Sebastian Feldmann und Joachim von Mengershausen in der Festschrift: „Ich habe noch viel zu erzählen“, herausgegeben von der Filmstiftung NRW. Rainer Werner Fassbinder und Rosel Zech: „Die Sehnsucht der Veronika Voss“, Foto: Privates Archiv für Filmkunde • letter_juli_01-13 27.06.2005 r zählen“ 14:48 Uhr Seite 11 • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 12 House of Extras Locationmanagement Tel.: (0221) 3686312; houseofextras @aol.com Intime Blicke … hinter die Wohnungstür gestattet der Newsletter in seiner Juli-Ausgabe. Für die LocationSeite haben Location-Scouts aus NRW eine Auswahl von Privatwohnungen zusammengestellt, ohne die kaum ein Film auskommt. Die vorgestellten Bilder und viele mehr präsentiert die Filmcommission NRW auf den Seiten ihrer Motivdatenbank www.locationnrw.de. Nicque Derenbach Locationscout Tel.: 0172-2909584 [email protected] ZeitRaumRechercheLocation Tel. (0221) 132527; [email protected] LocoMotiv Tel. (0221) 1207821; [email protected] 12 most wanted Tel. (0700) 75747372; [email protected] [email protected] – Location • letter_juli_01-13 27.06.2005 14:48 Uhr Seite 13 Im Oktober wird die Generalkonferenz der UNESCO in Paris zusammentreten, um abschließend über einen Vertrag „zum Schutz kultureller Vielfalt“ zu beraten. In Zeiten der Globalisierung steht auf der Agenda unter anderem die Zukunft der staatlichen Kulturförderung im Allgemeinen und der Filmförderung und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Besonderen. Derzeit macht sich leise Hoffnung breit, dass sie erhalten bleiben. Bei den aktuellen GATS-Verhandlungen geht es auch um den Film Wird alles gut? VON WOLFGANG HIPPE A ls „überraschend konstruktiv“ lobte Roland Bernecker, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission, die Ergebnisse der eben beendeten Überarbeitung des Vertragsentwurfs zum Schutz kultureller Vielfalt. Die jetzt vorliegende Fassung, auf deren Grundlage die Generalkonferenz debattieren wird, stärkt nicht nur die „Legitimität der öffentlichen Kulturförderung“, sondern schützt auch den Bestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Teil einer „berechtigten nationalen Kulturpolitik“. Ein Ergebnis, auf das seit mehr als zwei Jahren eine „Koalition zur kulturellen Vielfalt“ in Deutschland und anderswo hinarbeitet, in der sich alle einschlägigen Verbände und Interessensvertretungen zusammengeschlossen haben. Ihr Ziel: über die UNESCO Einfluss auf die etwa zeitgleich stattfindenden Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO zu nehmen, die sich im Rahmen ihrer aktuellen Verhandlungsrunde mit einem Handelsabkommen über Dienstleistungen, kurz GATS, befasst. Kulturelle Angebote wie Film, Fernsehen oder Musik gelten als Dienstleistungen und der Dienstleistungssektor insgesamt als entscheidender Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft. Mit GATS soll auch Deutschland „international wettbewerbsfähiger werden und im Ausland stärker Produkte und Dienstleistungen absetzen, um hierzulande Arbeitsplätze zu sichern“, so Walter Werner, Referatsleiter der Abteilung Dienstleistungen und geistiges Eigentum beim Bundeswirtschaftsministerium. Im Bereich der Kultur liegt der Teufel allerdings im Detail. Kulturelle Dienstleistungen und Güter gelten nicht nur als Angebote am Markt, sondern auch als immaterielle Werte, die Identität und Kultur einer Gemeinschaft oder eines Staates mitprägen und deshalb besonders gefördert werden (können). Dieser Doppelcharakter ist international seit langem unstrittig und macht das Handling von „Kunst“ und „Kultur“ kompliziert. Dabei geht es noch nicht einmal um die Zulässigkeit kultureller Förderung überhaupt, wie Pascal Albrechtskirchinger, Leiter des Brüsseler Europa-Büros des ZDF, auf einer Fachtagung Anfang des Jahres herausstrich. Auch in den USA werde das gefördert, „was der Markt nicht hergibt oder was nicht rentabel ist, also Opernhäuser oder Kunstsammlungen“. Dabei setze man auf „steuerrechtliche Spitzfindigkeiten“ und „Mäzenatentum“, was GATS-konform sei. Das Pech der Europäer sei, „dass die audiovisuelle Kulturindustrie in den USA nicht unter die High Culture fällt, weil sie sich selber trägt.“ Der Umkehrschluss ist einfach: Weil hierzulande – auch wegen der Marktmacht von Hollywood – eine eigenständige audiovisuelle Produktion nicht immer kostendeckend erfolgen kann, ist ihre Förderung zulässig. Die Wahl der Mittel kann dabei sowohl steuerliche Vergünstigungen (wie in den USA) umfassen wie auch staatliche Zuwendungen oder Beihilfen (wie traditionell in Europa üblich). Was für die Kulturförderung im Allgemeinen gilt, trifft auch auf die Medienordnungen zu. Albrechtskirchinger: „Der bisherige GATS- Text ist zugeschnitten auf ein amerikanisches Verständnis von Medienregulierung, und Medien waren in den USA immer anders reguliert als in Europa.“ Entsprechend spielt dort der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine vergleichsweise geringe Rolle, in Europa ist das bekanntlich anders. Der inner-europäische Streit dreht sich denn auch weniger um das Für und Wider von Rundfunkgebühren überhaupt, sondern um den Umfang des öffentlich-rechtlichen Programmangebots. Hans-Henning Arnold, bei RTL zuständig für Medienrecht, sieht in GATS vor allem die „Chance, sich auf dem Weltmarkt zu etablieren“ und fordert, der „audiovisuelle Bereich (solle) nicht aufgrund einer protektionistischen Kulturpolitik“ um diese Perspektive gebracht werden. Er vertraut dabei auch auf die mediale Kompetenz deutscher Medienunternehmen: „Wenn die in stärkerem Maße auf dem US-amerikanischen Markt tätig sein dürften, würde sich die Frage der einseitigen Beeinflussung der deutschen Kultur ohnehin nicht stellen.“ Ob diese Gewichtung ausreicht, erscheint Christine M. Merkel allerdings zweifelhaft. Sie ist bei der Deutschen UNESCO-Kommission für die Verhandlungen zur „kulturellen Vielfalt“ zuständig, und aus ihrer Sicht geht es auch um die „Nicht-Markt-Voraussetzungen“, die man braucht, „um tragfähige regionale Kulturmärkte zu entwickeln“. Schließlich vermisse man „nur die Vielfalt, die man auch kennen gelernt“ habe. Selbst der immer wieder kritisierte Standort-Effekt der Filmförderung lässt sich so kulturpolitisch begründen. Nicht nur, dass man die Filmindustrie nicht „in eine, die Mainstream macht, und eine andere, die Arthouse macht“, zerlegen könne, so Michael Schmid-Ospach, der Geschäftsführer der Filmstiftung NRW. Aus seiner Sicht werde die Standortfrage allzu leichfertig und schnell nur negativ belegt: „Wenn ich einem Regisseur anbiete, an der Deutschen Oper am Rhein seinen Lieblingstraum zu verwirklichen und das Stück X zu inszenieren, gebe ich ihm das Geld nicht dafür, dass er dasselbe in Berlin macht.“ Die Doppelnatur künstlerischer Dienstleistungen positioniert sie auf Dauer mitten zwischen die Stühle der Wirtschafts- und der Kulturpolitik – einfache Lösungen sind deshalb ausgeschlossen. Die europäische Position scheint jedenfalls gefestigter denn je. Die 25 EUMitgliedsstaaten haben bereits bei den UNESCO-Verhandlungen gemeinsam agiert – das erhöht auch die Chancen demnächst im Rahmen der WTO. So sind wir Europäer schließlich doch „für Beides“, wie Walter Werner vom Bundeswirtschaftsministerium formulierte: „für die öffentliche Kulturförderung und für den freien Handel.“ Gut zu wissen WTO = World Trade Organisation. Die Welthandelsorganisation mit Sitz in Genf wurde 1995 gegründet und wird derzeit von 148 Staaten getragen. Ihre Beschlüsse werden nach dem Konsensprinzip gefasst. Die WTO verwaltet und überwacht die in ihrem Kontext beschlossenen Handelsabkommen wie GATS, GATT und TRIPS und ist damit die „oberste Globalisierungsbehörde“ der Welt. Sie verfügt über ein eigenes Gerichtswesen, das auf der Basis der WTO-Verträge entscheidet und dessen letztinstanzliche Urteile völkerrechtlich verbindlich sind. Ziel der WTO ist eine Liberalisierung des Welthandels und die Beseitigung nationaler, auch innerstaatlicher Bestimmungen, die dem entgegenstehen. GATS = General Agreement on Trade in Services. Allgemeines internationales Abkommen für den Handel mit Dienstleistungen. GATS findet auch bei innerstaatlichen Maßnahmen der Mitgliedsstaaten Anwendung. Anders als GATT enthält GATS bisher keine spezielle Regelung über die Zulässigkeit von Subventionen und keine Bestimmungen über die innerstaatliche Kulturförderung. Die Verhandlungen darüber laufen derzeit: Kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen (Film, Musik, Fotografie, Literatur, Bildende Kunst usw.) gelten als eines der größten Wachstumspotenziale der Weltwirtschaft. Dabei ist ihr Doppelcharakter als Handels- und Wirtschaftsgut einerseits und Teil der Kultur (eines Landes) andererseits seit langem anerkannt. GATT = General Agreement on Tariffs and Trade. Das 1947 abgeschlossene internationale Abkommen regelt den weltweiten grenzüberschreitenden Warenhandel und seine eventuellen Einschränkungen, bzw. deren stufenweiser Abbau. Es sieht Ausnahmen zugunsten der innerstaatlichen Kulturförderung vor. TRIPS = Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights. Ein Abkommen über die Durchset- GATS-Verhandlungen – [email protected] zung des geistigen Eigentums unter Handelsbedingungen. UNESCO = United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation. Die Organisation der Vereinigen Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation wird von 191 Mitgliedsstaaten getragen, die überwiegend auch Mitglieder der WTO sind. Als Forum zur globalen intellektuellen Zusammenarbeit tritt die UNESCO u.a. für die Wahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt ein. Ihre Konventionen zum Thema geben den Mitgliedsstaaten allgemeine Leitlinien vor, deren Umsetzung aber in ihre Autonomie fällt. Verbote oder Sanktionen sind grundsätzlich nicht vorgesehen. UNESCO-Übereinkommen können in Streitfällen zur Interpretation der WTO-Verträge, etwa von GATS herangezogen werden. Deshalb wird der zur Entscheidung anstehende Vertrag „zum Schutz und zur Förderung kultureller Vielfalt“ auch mit Blick auf WTO und GATS verhandelt. 13 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 14 Als Redakteur beim WDR-Fernsehfilm hat Michael André für WDR/arte den Film „Caché“ betreut. Für den Newsletter erzählt er von Michael Hanekes neuem Film, für den der Österreicher in Cannes den Regiepreis erhielt. Regiepreis für Michael Haneke in Cannes Ein europäischer Film VON MICHAEL ANDRÉ D er rote Teppich vor dem monumentalen Betonklotz des Festival du Palais in Cannes ist dem Österreicher Michael Haneke mittlerweile wohlbekannt. Seit seinem Kinodebüt mit „Der siebte Kontinent“ (1989) ist Haneke immer wieder in den Wettbewerb des wohl wichtigsten Filmfestivals der Welt an die Côte d’Azur eingeladen worden. Als sein jüngstes Werk, der wunderbar-spröde Thriller „Caché“, am Pfingstsamstag uraufgeführt wurde, war es für den Regisseur der immerhin achte Auftritt in Cannes. Auch wenn Haneke den Gang über die Freitreppe zum Festivalkino mit der ihm eigenen Distanziertheit lakonisch absolviert hat, so lag über der Cannes-Premiere 2005 doch ein besonderer Erwartungsdruck. Nach der ungnädigen bis verständnislosen Reaktion, die sein apokalyptisches Drama „Wolfszeit“ vor zwei Jahren in Cannes ausgelöst hatte, ging es für den 63-jährigen Haneke auch um ein Stück persönlicher Rehabilitierung. Dass diese WiederAnerkennung gelungen ist, daran bestand seit Veröffentlichung der ersten Festival-Kritiken wenig Zweifel. In der Hitparade der internationalen Filmzeitschrift „Screen“ übernahm „Caché“ die Führung mit einem eindrucksvollen Durchschnittswert von 3.3 und verlor diese Spitzenposition bis zum Finale auch nicht mehr. Nun darf man diese Kritiker-Umfragen nicht überbewerten. Wahrscheinlich hat noch kein einziger Favorit von „Screen“ die Goldene Palme in Cannes gewonnen. Dazu kam, dass an der Spitze der Jury dieses Jahr der Serbe Emir Kusturica stand. Auch wenn der zweifache Palmen-Sieger als Devise für die 58. Filmfestspiele an der Croisette sybillinisch ausgegeben hatte, man sei auf der Suche nach „filmischer Ästhetik“, so ist doch kein größerer Gegensatz denkbar zwischen dem barock-anarchischem Ausstattungskino des Serben und dem filmischen Purismus und moralischen Rigorismus des Michael Haneke. Nun war im gesamten Wettbewerb von Cannes in diesem Jahr beim besten Willen kein Film zu entdecken, der dem Credo Kusturicas vorbehaltlos entsprochen haben 14 wird. So triumphierten die wallonischen Brüder Dardenne mit ihrem Film „L’Enfant“, einer den Zuschauer aufwühlenden, dabei aber leidenschaftslos inszenierten Geschichte um einen jungen Mann, der mit großer Selbstverständlichkeit sogar sein Kind verkauft. Und Haneke? Der ging nicht leer aus. Der bekam für „Caché“ den Regie-Preis und quasi als Trostpreis obendrauf den Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI. Alles in allem eine triumphale Ouvertüre für die Herausbringung eines Films, den Haneke schon im Kopf hatte, als er 2003 in Cannes mit „Wolfszeit“ gastierte. „Caché“ schien mühelos finanzierbar und rückte zwischenzeitlich doch in weite Ferne, als das Kino-Musterland Frankreich im Gefolge des Kollaps des Vivendi-Konzerns eine kleine filmökonomische Götterdämmerung erlebte und ein Pariser Produzent sich sang- und klanglos aus dem Projekt verabschiedete. Es war Margaret Menegoz, geschäftsführende Direktorin bei Films du Losange, die die lose hängenden Fäden wieder aufnahm und alte Allianzen für dieses neue Projekt wiederherstellte. Sie rekonstruierte den alten Dreierbund zwischen Frankreich, Österreich und Deutschland, brachte ihre renommierte Pariser Autorenfilmer-Adresse zusammen mit Michael Katz bei der Wiener Wega Film und Michael Weber bei Bavaria International. Margaret Menegoz stellte aber auch den Kontakt zum Kulturkanal arte her, zu seinen Entscheidungsgremien, zu seinen Redaktionen diesseits und jenseits des Rheins. So kam auch die Filmstiftung NRW an Bord, so erfüllt der Film die Kriterien des deutsch-französischen Koproduktionsabkommens. „Caché“ ist ein schönes Beispiel für den modernen europäischen Autorenfilm: Auf der einen Seite haben wir einen Drehbuchautoren und Regisseur, der zwar nicht im Besitz der Produktionsmittel ist, keine eigene Firma mehr hat, weder in der Vorbereitung noch in der Realisierung eines Films die entscheidenden Schritte allein und aus eigener Kraft gehen kann. Dafür hat Haneke aber eine Produzentin, die ihm den Rücken freihält, die ihm finanzielle wie zeitliche Freiräume schafft und die – wichtig – an den Autor wie dessen Projekt glaubt und aufgrund ihrer Produzenten-Biografie dazu auch hinlänglich legitimiert ist. So konnte Haneke zusammen mit seinem Kameramann Christian Berger vor Drehbeginn wochenlang alle gängigen Videoformate erproben. Die beiden testeten diverse Kameras und Objektivsätze, bevor feststand, dass die HD-Kameras von Sony am ehesten den gewünschten einheitlichen Look herstellten. Es versteht sich, dass die Szenen zwischenzeitlich auf 35mm-Film umgespielt wurden, um die beste Kino-Tauglichkeit zu erfahren. Dieses skrupulöse Vorgehen, noch längst bevor die erste Klappe gefallen ist, gehört zur Arbeitsmethode Hanekes. Und sie macht umso mehr Sinn bei einem Film, der auf der einen Seite mit den verschiedenen Inszenierungsebenen arbeitet, auf der anderen Seite aber penibel bemüht ist, die Spuren zwischen den einzelnen Elementen zu verwischen: In „Caché“ fließen Bilder aus Video-Überwachungskameras, Traumsequenzen, Fernseh-Ausschnitten sowie „realen“ Film-Aufnahmen zusammen, ohne dass sich der Bildcharakter in Bezug auf Farbe, Körnigkeit, Kontrast erkennbar unterscheiden würde. Hier ist ein Surrealismus moderner Prägung am Werk, der auf den ersten Blick als ununterscheidbare Einheit daherkommt, der bei näherem Hinsehen sich im Kopf des Zuschauers aber zerlegt in viele irritierende Eindrücke und Erlebnisse. Und hier sind wir auch schon beim Kern des Hanekeschen Ki- [email protected] – „Caché“ in Cannes • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 15 nos: Wahrheit als Ganzes gibt es nicht, stärker als die Lust an der Illusion ist der Hang zur Desillusionierung. Was bleibt, ist Zweifel, ist Destabilisierung des Zuschauers, der nicht einmal darauf vertrauen kann, dass die Bilder ordentlich vorwärts laufen. Wenn sich Fernsehmoderator Georges (Daniel Auteuil) zusammen mit seiner Frau (Juliette Binoche) ein scheinbar nichtssagendes Video auf der Suche nach der (nicht vorhandenen) Wahrheit anschaut, dann stehen die Zeichen plötzlich auf Rewind. Die Bilder geben natür- lich auch im Rückwärtslauf nicht mehr preis, als wir ohnehin schon gesehen haben: Bilder eines Hauses in einer stillen Pariser Seitenstraße. Und doch sind es diese dürftigen Aufnahmen, die einen unaufhaltsamen Erosionsprozess in Gang setzen: Sie fördern erst Wut, dann verdruckste Ahnung, schließlich immer konkretere, frühkindlich verortbare Schuld beim TV-Literaturkritiker hervor. Wir erleben die tiefgreifende Destabilisierung eines Mannes, ohne dass es am Ende einen Freispruch von dieser Schuld geben würde. Das Trauma geht weiter – und bleibt ebenso ungelöst wie ein nationales Trauma Frankreichs. Denn ausgerechnet der in München geborene, in Österreich lebende, in Frankreich mittlerweile verwurzelte Michael Haneke nähert sich einem besonders schmutzigen Kapitel der späten Kolonialgeschichte des Nachbarlands. Eine Großdemonstration in Frankreich lebender Algerier in Paris endete am 17. Oktober 1961 mit einem Blutbad, und in der Seine trieben anschließend Hunderte von Leichen. Es spricht für die Diskretion des Michael Haneke gegenüber seinem Gastland Frankreich, wenn er „Caché“ nicht zu einer Generalabrechnung mit dem Rassismus der Grande Nation nutzt, sondern es bei einer individuellen Schicksals-Verknüpfung zwischen einem reichen französischen Jungen und einem algerischen Waisenkind belässt. Haneke: „Es ist ein Film über einen Mann, der die Augen verschließt, um seine persönliche Schuld vergessen zu können.“ Gerade diese Abstraktion von zuviel Konkretheit lässt österreichischen wie deutschen Zuschauern die Chance, sich mit ihren eigenen nationalen Traumata wieder zu erkennen. Und nicht zuletzt das macht die Qualität von „Caché“ als europäischen Film aus. „Caché“, Foto: Les Films du Losange; Foto Michael André: WDR/Herby Sachs „Caché“ in Cannes – [email protected] 15 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 16 Als Gründer und Vorstandsvorsitzender der Dortmunder e-m-s new media AG ist Werner Wirsing ein deutscher Pionier auf dem Gebiet der DVD. Aus seinem Hause kam mit „Knight Moves“ nicht nur die erste deutsche DVD auf den Markt, er hat auch den klassischen Filmvertrieb quasi von Interview mit Werner Wirsing, e-m-s new media AG Vom Dienstleister zum Koproduzenten hinten aufgezäumt. Im Gespräch mit Oliver Baumgarten erzählt er, wie eine geplante Dienstleistung zum Medienunternehmen Sie haben 1997 die heutige e-m-s sales GmbH gegründet mit dem Ziel, DVDs zu vertreiben. Was hat Sie damals so sicher gemacht, dass dies ein Zukunftsmarkt sein würde? Ganz einfach die überlegene Qualität der DVD auf der Ebene von Bild und Ton. Als ich zum ersten Mal eine DVD gesehen habe, konnte ich gar nicht mehr nachvollziehen, dass man sich bisher ohne zu murren VHS-Kassetten angeschaut hat. Die Entwicklung der Firma lief aber ein wenig anders ab. Noch vor der e-m-s sales GmbH, die im Herbst ´97 gegründet wurde, gab es bereits im Frühjahr mit der damaligen Hecker Digital das Authoring Studio. Damit hat unsere Konzentration auf das DVDGeschäft überhaupt erst begonnen. Wir wollten ursprünglich ausschließlich mit unserem Authoring Studio den Lizenzrechteinhabern Dienstleistungen anbieten. Mitte 1997 waren wir die erste deutsche Firma, die mit „Knight Moves“ einen Spielfilm auf DVD produziert hat. Und nachdem wir diese DVD auf der Internationalen Funkausstellung 1997 gemeinsam mit Grundig vorgestellt hatten, hatten wir erwartet, dass die Lizenzinhaber, sprich die Videofirmen, bei uns die Umwandlung ihrer Filme in Auftrag geben würden. wachsen musste. Werner Wirsing, Foto: e-m-s new media Seit 2003 ist Fred Kogel Das Geschäft mit DVDs und Videokassetten ist inzwischen der umsatzstärkste Teil der Filmauswertung in Deutschland. Welche Rolle spielt die DVD in der Kalkulation der Constantin Film? Sehen Sie sich unseren Bericht des erstes Quartals 2005 an: Wir sind sehr glücklich über unsere DVD-Umsätze, denn wir hatten ein nicht so starkes erstes Kinoquartal. In solchen schwächeren Phasen stützen die DVD-Umsätze immer wieder die Kinoumsätze. Ganz generell könnte es in den nächsten Jahren zur leichten Umschichtung der Kinoerlöse Richtung DVD kommen Vorstandschef der börsennotierten Constantin Film AG. In seine Zeit fällt der Einstieg ins DVD- und Videogeschäft. Peter Hanemann und Wolfgang Hippe sprachen mit ihm über die Zukunft des Filmsehens Interview mit Fred Kogel, Constantin Film AG Sperrfristen verkürzen Welche Wachstumspotenziale sehen Sie bei der DVD? Auf den ersten Blick wächst der DVDMarkt kontinuierlich weiter. Aber der Preisverfall der DVD in allen Segmenten ist nicht ungefährlich. Mit der Preispolitik mancher Vertriebsfirmen könnte schon das Ende des Booms eingeläutet sein. Wir versuchen jedenfalls, die Preise einigermaßen stabil und oben zu halten. Ich denke, dass das schnelle Wachstum in den nächsten ein bis zwei Jahren alleine schon deshalb an seine Grenzen stoßen wird. – zwischen Kino und Home Entertainment. Fred Kogel, Foto: Jürgen Olczyk 16 [email protected] Sie wollten als Dienstleister loslegen, fanden aber keine Kunden? Richtig. Ich komme ja aus einer anderen Branche und wollte ein kleines Studio nebenbei betreiben, das für die Videofirmen das Authoring ihrer Filme übernimmt. Nach der Messe stellte ich aber fest, dass die Leute entweder das Geld nicht hatten für diese Umwand- – Schwerpunkt: DVD Ihr Vorstands-Kollege Thomas Peter Friedl hat kürzlich vorgeschlagen, das Zeitfenster zwischen Kinostart und DVDVerwertung zu verringern. Was spricht dafür? • letter_juli_14-32 27.06.2005 lungen oder schlicht nicht an die DVD glaubten. Eine der wenigen Ausnahmen war die Eurovideo in München. Der heute ja nicht unbekannte Produzent Christian Becker von Westside zum Beispiel hat noch 1999 an der Hochschule in München seine Diplomarbeit über das Thema „VHS versus DVD“ geschrieben mit dem Resultat: Die DVD wird sich nicht durchsetzen. Als ich nun festgestellt hatte, dass wir für unser Authoring Studio nicht genügend Aufträge bekommen würden, musste ich halt selbst eine Firma gründen, um Rechte einkaufen, um die DVDs vertreiben zu können. Das war im Oktober 1997 die e-m-s GmbH, die nach Gründung der e-m-s new media AG in 1999 in e-m-s sales GmbH umbenannt wurde. Eines Ihrer Kerngeschäfte war von Beginn an das „Edutainment“. Was sind das für Filme, und an wen richten sie sich? Das ist ein Special Interest-Bereich. Das Wort setzt sich zusammen aus Education und Entertainment. Themen aus dem Wissensbereich eignen sich meines Erachtens nach besonders gut für die DVD. Warum das? Weil sie dort bestimmte Themen gezielt ansteuern können und so bequem auf Lerninhalte zurück greifen können. Ich glaube, dass der Bereich Special Interest bei den DVDs noch stark zulegen wird. In den nächsten ein bis zwei Jahren werden wir zu einer Marktsättigung bei den Spielfilmen kommen, während der Musik- und der Special Interest-Bereich zunehmen werden. Zunächst: Es geht keinesfalls darum, den Kinos zu schaden. Man muss aber sehen, dass ein großer Kinohit spätestens nach drei Monaten Laufzeit von der Kinoleinwand genommen wird. Andere Filme, die nicht so gut laufen, haben sich oft schon nach ein bis zwei Wochen erledigt. Vor diesem Hintergrund sollten auch geförderte Filme nicht erst nach sechs, sondern schon nach drei Monaten Sperrfrist auf DVD erscheinen können. Das entspricht dem Bedürfnis des Kinokunden, möglichst früh eine DVD in Händen zu halten. Ihr Kollege Friedl hat auch vorgeschlagen, nur noch „außergewöhnliche“ Filme ins Kino zu bringen, sowohl Blockbuster wie Arthouse-Filme. Der Rest soll sofort als DVD/Video vermarktet werden. Nun ist im Kinogeschäft nicht jeder Blockbuster ein Kassenschlager, nicht jeder Autorenfilm gutes Kino… Mein Kollege hat sich vor dem Hintergrund geäußert, dass mit 400 Filmen einfach zu viele Filme ins deutsche Kino kommen. Letztlich muss natürlich jeder Filmverleiher seine eigene Auswahl treffen. Auch wir überlegen uns genau, welchen Film wir überhaupt ins Kino bringen. Wir merken ja, dass die Kinobesucher selektiver auswählen als noch vor fünf oder zehn Jahren. Man sieht eben das, was man für außergewöhnlich hält. Von den 35 Millionen Kino- 14:52 Uhr Seite 17 Nachdem Sie sich bei den DVDs im deutschen Independent Markt in der Spitzengruppe etabliert haben, erwerben Sie nun die kompletten deutschen Rechte an Filmen und haben mit 3L einen Filmverleih gegründet, um die Filme auch im Kino auswerten zu können. Wenn Sie einen Film vom Produzenten aus dem Ausland kaufen möchten, dann ist es kaum möglich, ausschließlich die Homevideo-Rechte zu erwerben. Es begann mit „Monster“, den wir mit den kompletten Rechten gekauft hatten und für den wir einen Abnehmer der Kinorechte unter den deutschen Verleihern suchten. Die großen Verleiher kamen für mich nicht in Frage, weil ich da das Gefühl hatte, die würden sich um meinen Film nicht entsprechend kümmern. Bei den Kleinen hingegen war es so, dass die von mir erwarteten, praktisch alle Kosten vor zu finanzieren. Im Erfolgsfalle profitiert da also jemand anderes, und im Misserfolgsfalle habe allein ich die Kosten am Hals. Und wenn ich schon alles bezahlen muss, dann kann ich das gesamte Geschäft auch gleich in meinem Namen abwickeln. leih nicht so gerne. Hier gilt es für mich dann einfach klar zu stellen, dass wir diese Verwertungsrechte eben mitnehmen müssen, um das DVD-Geschäft überhaupt machen zu können. Es geht also gar nicht so sehr darum, dass die Tatsache der Kinoverwertung dem DVD-Geschäft dient, sondern vorderrangig, dass ich die alleinigen Homemovie-Rechte guter Filme eben nicht bekomme. Darüber hinaus gilt aber trotzdem, dass ein Film, der vorher im Kino war, auf DVD besser zu vermarkten ist, weil er durch den Kinorelease bereits einen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Daraus darf man aber eben nicht den Umkehrschluss ziehen und sagen, wir starten die Filme nur im Kino, damit wir sie besser auf DVD vermarkten können. Obwohl wir das Betriebswirtschaftliche nicht aus den Augen verlieren, sind wir auch Cineasten, denen es Spaß macht, Filme ins Kino zu bringen. Viele Filme gehören einfach auch ins Kino. „Oldboy“ zum Beispiel, der in Cannes den Großen Preis der Jury gewonnen hat, fanden wir so toll, dass wir ihn ins Kino bringen mussten, obwohl klar war, dass er die 100.000 Zuschauer-Marke nur schwerlich würde erreichen können. In einem Interview stand zu lesen, all’ das täten Sie nur, um das DVD-Geschäft zu verbessern. Wie ist das zu verstehen? Ich weiß nicht, ob ich das jemals so gesagt habe, aber ich muss immer in zwei Richtungen argumentieren – da ist die Branche, und da sind meine Aktionäre. Letztere sehen unseren sicherlich risikoreichen Ausflug in den Filmver- Der konsequente nächste Schritt Ihres Unternehmens wäre ja jetzt die Produktion... Richtig, wir werden uns im bescheidenen Maße ab diesem Jahr in Deutschland als Koproduzenten betätigen. Erstes Projekt ist da „Eingelocht“ von Peter Thorwarth. Die Beteiligungen als Koproduzent zielen sicherlich auch darauf, uns zu einem frühen Zeitpunkt die Vertriebsrechte sichern zu können. besuchern, die 2004 deutsche Filme gesehen haben, haben sich fast zwei Drittel auf die drei Filme „Traumschiff“, „Der Untergang“ und „Die sieben Zwerge“ konzentriert. Das ist fast schon eine Ohrfeige für die anderen deutschen Produktionen. auf DVD immer noch auf amerikanische Serien wie „Startrek“, „Sex and the City“ oder „CSI“ fokussieren, sehe ich hier noch Potenzial für deutsche TV-Event-Movies oder auch deutsche Serien. Gibt es denn „objektive“ Kriterien für die besondere Kinotauglichkeit? Filme, die man den Zuschauern nicht groß erklären und bei denen man deshalb nicht große Transferleistungen zwischen Konzept und Marketing erledigen muss, verkaufen sich natürlich besser als kleinste Arthouse-Themen. Aber auch im Arthouse-Bereich haben wir Themen, die ein breites Potenzial haben. Unsere Filme „Lost in Translation“, „Motorcycle Diaries“, „Die Passion Christi“ oder „Die Kinder des Monsieur Matthieu“ gehören natürlich auf jeden Fall ins Kino. Gibt es im Gegenzug typische „DVD“-Filme ? Früher gab es durchaus typische Video-Titel. Dabei bezog man sich bei Ausklammerung von Pornofilmen auf die Genres Horror, Thriller und Action. Das ist im gewissen Maße noch gültig, denn die Genres gehen auch gut als DVD. Durch ihre qualitative Positionierung als DVD wurde der Käuferkreis erweitert. Auch Arthouse-Filme laufen als DVD besser als früher auf VHS. Und obwohl sich Fernseh-Produktionen Welche Funktion bleibt dem Kino? Die Umsatzeinbrüche an den Kinokassen im ersten Halbjahr 2005 liegen nicht am Wetter. Es geht um längerfristige Entwicklungen. So gibt die 10 bis 19 Jahre alte herkömmliche Kernklientel des Kinos ihr Geld vor allem für mobile Kommunikation, Konzertbesuche und Mode aus – auf Kosten des Kinobesuchs. Bei älteren Zielgruppen stößt dann die DVD auf erhebliches Interesse. Da fragt sich mancher: Warum soll ich noch ins Kino gehen, da warte ich lieber auf die DVD. Eine gute Heimanlage habe ich auch. Was empfehlen Sie den Kinobetreibern? Jeder Kinostandort hat seine Eigenheiten. Man muss sich auf die jeweiligen lokalen Gegebenheiten einstellen. Generell meine ich aber, dass sich das Kino der Zukunft weg von der reinen Abspielstätte einer Filmrolle hin zum EventCenter entwickeln wird. Natürlich müssen auch die Bedürfnisse der Kinobesucher, die sich einen schönen Abend machen wollen, berücksichtigt werden. Sie wollen mehr und neue Angebote bekommen, nicht nur einfach ins Kino gehen. Schwerpunkt: DVD – [email protected] Sie haben auch ein Büro in Los Angeles eingerichtet, um engere Kontakte zu den Independent Studios zu knüpfen. Reiner Pragmatismus? Na ja, von den Majors bekommen Sie ja die Filme nicht, die vermarkten ihre Filme selbst weltweit. Innerhalb von sieben Jahren ist Ihr Unternehmen zu einem kleinen Medienkonzern gewachsen. Wie weit ist denn der DVD-Markt noch ausbaufähig? Von der Organisation unserer Gruppe her gibt es kaum ein vergleichbares Unternehmen in Deutschland. Wir haben das Authoring Studio, die AG als Rechteverwerter, wir haben die Vertriebsfirma e-m-s sales, mit 3L einen eigenen Filmverleih, eine Filmproduktion und eine Musikcompany, die sich um Musik-DVDs und -CDs kümmert. So breit aufgestellt ist kaum eine andere Firma in Deutschland. Allerdings muss ich zugeben: Manches davon ist noch in den Kinderschuhen. Aber der Absatz der DVDs wird sich in naher Zukunft stabilisieren. Wachstumsraten von 30 Prozent im Jahr werden schnell der Vergangenheit angehören. Das Wachstum unserer Firma werden wir zum einen dadurch erreichen, dass wir künftig teurere Filme kaufen, die mehr Exemplare pro Titel absetzen lassen. Mehr Umsatz also ohne Erhöhung der Titelanzahl. Außerdem werden wir über den Kinoverleih weiteren Umsatz generieren und schließlich auch mit den Erlösen aus dem Verkauf von Fernsehlizenzen. Etwa Übertragungen von WM-Spielen? Unter anderem. Wenn Sie bedenken, welchen Zulauf derzeit Pop- und Rock-Konzerte haben, sehen Sie bei Jung und Alt das Bedürfnis nach Events. Diesem Trend muss das Kino nachkommen. Kürzlich waren acht U2-Konzerte – ohne Zusatzkonzerte – in zwei Stunden ausverkauft. Ich könnte mir gut vor vorstellen, dass sich mit der Live-Übertragung solcher Konzerte in einigen Großstädten die Kinos füllen lassen. Die digitale Kinopräsentation bietet hier ganz neue Möglichkeiten. Wie wird sich die Kino- und Filmlandschaft in zehn Jahren darstellen ? Es findet ein Paradigmenwechsel der Mediennutzung statt. Jüngere Zielgruppen gehen längst zur mobilen Nutzung von Inhalten über. Ich glaube deshalb, dass es in zehn Jahren keine 4000 oder 5000 Kinosäle mehr gibt, sondern dass sich das Geschäft von der Kinokasse weg und hin zum digitalen Speichermedium entwickelt. Das häusliche Filmsehen per DVD und legales Video-on-Demand via Kabel, Satellit oder Internet wird sehr an Akzeptanz gewinnen. Wie dramatisch diese Verlagerung ausfallen wird, weiß ich nicht. Das hängt vom Geschick der Kinobetreiber ab, sich den neuen Gegebenheiten und den Wünschen des Kinopublikums anzupassen. 17 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 18 Langsam aber sicher verschieben sich die Gewichte zwischen Kino, DVD, Video und Fernsehen. Während die Kinobranche in den USA und Deutschland seit Monaten Einbußen verschmerzen muss, steigt der DVD-Absatz weiter an. Und während der Verkaufsboom von Kinofilmen auf Silberscheiben allmählich abflacht, klettern die Absatzzahlen von TV-Formaten auf DVD rapide. Auch die Fernsehsender freuen sich über steigende DVD-Verkäufe Fred Fußbroich auf der Silberscheibe VON REINHARD KLEBER DVDVerkaufsschlager: „Hinter Gittern“, Foto: RTL D ie Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Allein Hollywood verdient durch den DVD-Verkauf inzwischen zwei bis drei Mal so viel wie an den Kinokassen. Der Umsatz mit DVDs kletterte 2004 in den USA auf 15,5 Milliarden Dollar, fünfmal so viel wie vor fünf Jahren. Weltweit wuchsen die Erlöse im DVDGeschäft von 19,9 Milliarden Dollar im Jahr 2003 auf 21 Milliarden Dollar im Jahr darauf. Im laufenden Jahr sank dagegen die Zahl der Kinobesucher in den USA um acht Prozent, in Deutschland sogar um elf Prozent. Ein Ende des Vormarsches der DVD ist in Deutschland nicht in Sicht: Im Vorjahr erreichte der Umsatz mit den Silberscheiben mit 1,32 Milliarden Euro einen Rekordwert. 18 Während sich in den USA das Wachstum des gesamten DVD-Marktes verlangsamt, zählen TV-Inhalte zu den Wachstumstreibern. Erhebliche Veränderungen zeichnen sich bei den Genres ab: Von den 3.727 neuen DVD-Titeln, die in den ersten 18 Wochen 2005 in den USA erschienen, waren 179 Kinoneuheiten, etwa so viel wie im Vorjahr. Dafür wurden 184 TV-Serien-Boxsets veröffentlicht – ein Anstieg von 53 Prozent. Auch hierzulande boomen TV-Vermarktungen auf DVD. Sie profitieren nach Angaben des Bundesverbands Audiovisuelle Medien von der „Möglichkeit, eine Vielzahl von Episoden auf mehreren DVDs unterzubringen und von der zusätzlichen Ausstattung der TV-Serien mit originaler Sprachfassung und Hintergrundberichten“. Dazu kommt die Werbefreiheit der Discs. Ver- kauften sich TV-Editionen im Jahr 2003 zwei Millionen Mal, so waren es 2004 schon 4,7 Millionen – ein Plus von 135 Prozent. Während der Durchschnittspreis von 40,42 Euro auf 31,53 Euro im Jahr 2004 zurückging, verdoppelte sich der DVD-Umsatz der TV-Formate fast – binnen Jahresfrist von 82 Millionen auf 149 Millionen. Damit trägt die Auswertung der TV-Produktionen zu 11,3 Prozent des gesamten DVDVerkaufsumsatzes in Höhe von 1,32 Milliarden Euro bei. Eine wachsende Nachfrage nach TVHighlights auf Silberscheibe hat auch der Kölner Sender RTL registriert. „Vor allem die Veröffentlichung von DVDs zu TV-Serien haben wir in den vergangenen beiden Jahren signifikant gesteigert“, berichtet Holger Strecker, der Geschäftsführer von RTL Enterprises. Derzeit gibt es etwa 25 DVDs zu RTL-Formaten im Handel. Strecker: „Von einem Boom zu reden, wäre zu weit gegriffen. Wir planen jedoch, das Segment deutlich zu entwickeln.“ Bei den RTL-Veröffentlichungen kann man derzeit zwischen Event-Themen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Ich bin ein Star...“ und Longsellern wie „Hinter Gittern“ oder „Alarm für Cobra 11“ unterscheiden. Zudem sind Comedy-Formate wie „OLM!“ und TV-Movies wie „Quest“, „Held der Gladiatoren“ oder auch „Crazy Race“ sehr erfolgreich. „Seit Mitte April haben wir auch den Bereich Sachthemen weiter entwickelt und erste DVDs zu unserer neuen RatgeberReihe mit der Real-People-Serie ‚Super Nanny’ und den RTL Doku-Soaps ‚Einsatz in 4 Wänden’ und ‚Mein Garten’ veröffentlicht“, so Strecker. Sehr erfreulich laufe auch die DVD zur Vox-Kult-Kochshow „Schmeckt nicht gibt’s nicht“ mit Tim Mälzer. Der größte DVD-Hit von RTL ist die DVD zu „Deutschland sucht den Superstar“ mit mehr als 250.000 Einheiten. „Aber auch ‚Dinotopia’, ‚Children of Dune’ und ‚Crazy Race’ haben sich exzellent verkauft“, erläutert der Geschäftsführer. Derzeit denkt man bei [email protected] – Schwerpunkt: DVD RTL darüber nach, auch „stimmige Produktkonzepte“ zu Dauerbrennern wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ anzubieten. Generell wolle der Kölner Sender angesichts der wachsenden Rolle der DVD in Zukunft, so es die Inhalte tragen, weiter DVDs zu TV-Formaten mit Mehrwert für die Zuschauer anbieten. „Der Ansatz besteht dabei aber nicht darin, wahllos zu forcieren und zu möglichst jedem TV-Format auch eine DVD auf den Markt zu bringen“, so Strecker. Interessant für die Zweitauswertung seien vor allem Programme, die im Fernsehen Top-Quoten erzielen oder eine große regelmäßige Fangemeinde haben. Über eine kontinuierliche Zunahme des DVD-Absatzes kann sich auch die WDR mediagroup freuen. Als Rechteinhaberin hält die WDR mediagroup licensing GmbH auch die Lizenzrechte an beliebten Kindercharakteren wie Maus, Elefant und Ente aus der „Sendung mit der Maus“ sowie das Ensemble um Käpt’n Blaubär und Hein Blöd. Auf DVD verkauft sich denn auch mit dem kleinen tschechischen „Maulwurf“ ein rund 30 Jahre alter Kinderfernsehklassiker am besten. „Auch bei der ‘Maus’ haben wir einen guten Abverkauf“, berichtet Alexa Gref, die Geschäftsführerin der WDR media group licensing. Beim Trägermaterial verdrängt die DVD die Videokassette vom Markt. Derzeit liege das Verkaufsverhältnis bei rund 70 Prozent zu 30 Prozent. Auf längere Sicht sei die VHS-Kassette „vom Aussterben“ bedroht. Parallel zu den sinkenden Preisen für DVDs laufen beim Westdeutschen Rundfunk laut Gref verstärkt Anfragen nach alten Sendereihen wie „Klimbim“, „Schmidteinander“ und Konrad Beikircher-Programmen, aber auch nach Dokumentationen wie „Trümmerjahre an Rhein, Ruhr und Weser“ ein. Allerdings müsse in solchen Fällen erst die Rechtefrage geklärt werden. Nicht zuletzt gebe es eine große Nachfrage nach Kultserien wie etwa „Tatort“, „Fahnder“ und „Die Fußbroichs“ und nach regionalen Themen, ergänzt Verene Eberle, Leiterin des WDR Produktmarketings. • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 19 Während noch vor zehn Jahren die Rechte an der Videovermarktung von Filmen eine eher marginale Rolle spielten, könnten sich die Erlöse aus der DVD-Lizenzvergabe für Produzenten peu à peu zu einer Größe entwickeln, die nicht unbedeutend auch ins Produktionsbudget einfließen könnte. Wer das Ringen um die DVDRechte mehrheitlich für sich entscheidet, Verleiher oder Produzent, steht noch nicht fest. Wem die Rechte an der DVD gehören Das Recht des Stärkeren? VON OLIVER BAUMGARTEN D ie Finanzierung eines deutschen Kinofilms (im Gegensatz zu einer reinen TV-Auftragsproduktion) setzt sich durchaus komplex aus verschiedenen Komponenten zusammen. Diverse Förderungen, Sponsoring, Senderbeteiligungen, Fond- und Privat-Beteiligungen, Beistellungen, Eigenanteil und vorab veräußerte Lizenzen generieren das Budget, mit dem ein Produzent die Abwicklung der Produktion finanzieren kann. Die Kino-, DVD- oder TV-Lizenzen liegen zunächst beim Urheber, in diesem Fall pauschalisiert gesagt: dem Produzenten (im Gegensatz zur reinen TV-Auftragsproduktion, wo sie mehrheitlich bei den Sendern liegen). Die Fernsehrechte des Films wandern für gewöhnlich im Vorfeld zu jenem Sender, der sich an der Produktion beteiligen will – das ist nahe liegend. Mit der so genannten Verleihgarantie wiederum kann sich ein Verleiher noch in der Produktionsphase die Verwertungsrechte fürs Kino sichern und damit gleichsam das Produktionsbudget stabilisieren – eine gängige Praxis seit Jahrzehnten. Wer aber hat die Rechte an der DVD? In Zeiten vor der DVD spielten die Homevideo-Rechte für einen Produzenten kaum eine nennenswerte Rolle im Produktionsprozess. Ihre Erlöse bildeten eine hübsche finanzielle Draufgabe, waren von der Kalkulation aber weitestgehend Keine neue Nutzungsart: „Der Zauberberg“ auf DVD. Foto: Kinowelt ausgeschlossen. Mit dem boomartigen Ein anderes Streitfeld zwischen UrDVD auf längere Sicht die herkömmliche Einschlag der DVD hat sich das Homeheber und Lizenznehmer hingegen hat Videokassette ersetzen wird. Durch die movie-Segment jedoch grundlegend gesich jüngst per Gerichtsentscheid geklärt. DVD wird daher kein neuer Markt erändert. Absatzzahlen und Margen maDurch das Urteil vom 19. Mai 2005 hat schlossen; vielmehr tritt sie an die Stelle chen die Digital Versatile Disc zum poder Bundesgerichtshof entschieden, dass einer herkömmlichen Verwendungsform.“ tenten Zusatzgeschäft. Engagiert sich ein es sich bei der DVD im Vergleich zur ViAls „überraschend verwerterfreundliche Kinovertrieb mittels einer Verleihgarantie deokassette um keine neue Nutzungsart Ergänzung der bisherigen Rechtsprebei einer Filmproduktion, so übernimmt handele. Streitgegenstand war die Frage chung zur Frage neuer Nutzungsarer in der Regel gleichsam die DVD-Recheines Filmarchitekten, ob dem Rechteinten“, bezeichnet Rafaela Wilde von te im Paket dazu. Verleiher wie Constanhaber (eine Filmverwertungsgesellschaft) der Kölner Kanzlei Wilde Beuger & tin, X-Verleih oder Kinowelt verfügen über des Films „Der Zauberberg“ (1981) auch Ellmer das Urteil. In einem Artikel eigene Vertriebsstrukturen für die DVD, der Vertrieb von DVDs erlaubt sei, obwohl der Branchen-Site www.comcowas zahlreiche Vorteile etwa im Bereich diesem nur das Recht zur Verwertung des logne.de betont sie, dass im Verdes Marketings aufweist, während anFilms auf Videokassetten eingeräumt worgleich zwischen CD und Schallplatte dere, vornehmlich kleinere Verleiher ihden war. Die DVD war 1981 noch unbegänzlich anders entschieden worden rerseits einen spezialisierten DVD-Vertrieb kannt. „Bloße technische Neuerungen“, ist. So aber werden alle DVD-Vertriefür die Herausbringung beauftragen müsheißt es aus der Pressestelle des Bundesbe älterer Filmwerke vor eventuellen sen. Bei vielen deutschen Produzenten hat gerichtshofes, „die eine neue VerwenNachzahlungen bewahrt, Produzenten älsich in letzter Zeit ob des umwerfenden dungsform kennzeichnen, reichen [...] für terer Filmwerke vor Nachlizenzierung und Erfolgs des neuen Datenträgers, der in den sich genommen nicht aus, um eine neue Urheber älterer Filmwerke vor lukrativen USA dazu geführt hat, dass dessen LiNutzungsart anzunehmen.“ Weiter heißt Nachzahlungen. zenzen schon vor Produktionsbeginn bees: „Es ist abzuseträchtliche Summen im Verkauf generiehen, dass ren, die Vermutung geregt, dass eine Abdie spaltung der DVD-Rechte aus dem Verleiher-Paket womöglich bessere Ergebnisse erzielen lässt. Von „immensen Preisen“ wird gar im Hause e-m-s new media AG gesprochen, wenn es darum geht, DVD-Lizenzen eines Films erwerben zu wollen, nachdem dieser erfolgreich im Kino gelaufen ist. Da Rang Titel Genre Anbieter liegt es für Produzenten nah, über neue Risiken 1 D. Herr d. Ringe – D. Rückkehr d. K. Fantasy Warner Home Video nachzudenken und in 2 Harry Potter und d. Gefangene v. A. Fantasy Warner Home Video den Verhandlungen 3 Findet Nemo Trickfilm Buena Vista mit den Verleihfirmen 4 Last Samurai Action Warner Home Video darauf zu bestehen, 5 Fluch der Karibik – 2er DVD Abenteuer Buena Vista die DVD-Rechte zu be6 Harry Potter und d. Kammer d. Sch. Fantasy Warner Home Video halten und separat zu 7 Fluch der Karibik Abenteuer Buena Vista vermarkten. Die aller8 D. Herr d. Ringe III – Special E. E. Fantasy Warner Home Video dings werden das 9 Matrix Revolutions Science Fiction Warner Home Video Pfund der DVD-Lizenzen 10 D. Herr d. Ringe – Die zwei Türme Fantasy Warner Home Video voraussichtlich nur ungern aus der Hand geben wollen. Da wird es dann Quelle: GfK Panel Services Deutschland von Fall zu Fall auf die Stärke 19 deutsche Koproduktionen finden sich unter den Top 100 der DVD-Bestseller. Nach 2003 ist der der jeweiligen VerhandlungsSuper-Erfolg „Good Bye, Lenin“ auf Platz 11 auch in 2004 als bestplatzierter deutscher Titel unter den Top 100 der meistverkauften DVDs zu finden. Mit „Der Schuh des Manitu“ position ankommen. Produzenauf Platz 13, „Der Wixxer“ (Platz 18), „Das Wunder von Bern“ (Platz 24), „Luther“ ten kleinerer Arthouse-Filme, für die (Platz 43), „Lauras Stern“ (Platz 48), „Der kleine Eisbär“ (Platz 54), „Werner gekotzt wird später“ (Platz 73) und „Bibi Blocksberg“ (Platz 89) der Kinovertrieb zur Zeit schwer genug setzen die deutschen Kinoerfolge der letzten Jahre zu erreichen ist, dürften da mehrheitlich ihren Siegeszug auch als DVD fort. schlechte Karten haben. DVD-Kaufmarkt 2004 Der Herr der Scheiben Schwerpunkt: DVD – [email protected] 19 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 20 Um ihren Liebsten heiraten zu können, muss „Die syrische Braut“ im Film physische und emotionale Grenzen überwinden. Jetzt überwindet sie auch technische Grenzen, denn Koproduzent Eran Rikles will den internationalen Festival-Erfolg für den israelischen Markt per DVD verlängern – inklusive eines hebräischen „Making of Syrische Braut“ als Bonusmaterial. DVD-Produzenten in NRW D ie Silberscheibe ist kein israelischer Einzelfall. Für den deutschsprachigen Raum plant auch Time Bandits als Verleih und Rechteinhaber eine DVD von „Die syrische Braut“. Ob und wie das hebräische Material übernommen werden kann, wird nach Angaben von Koproduzentin Bettina Brokemper, Leiterin der Kölner Niederlassung der Neue Impuls Film, noch diskutiert. Jedenfalls hat die Neusser ProCine Filmtechnik GmbH, die den Film postproduziert und alle Kinokopien für Deutschland und Frankreich gefertigt hat, die entsprechenden Menüs vorliegen. DVD-Produktion gehört – technisch gesehen – zum laufenden Geschäft der Postproduzenten. Damit sich Regisseure und Produzenten ihr Material ansehen können, werden Video- und Audio-Inhalte auf Sichtungsdatenträgern gespeichert, die dann für DVD-Formate encodiert werden können. Je nach Ausrüstung und Auftrag übernehmen die Firmen das Authoring, bei dem alle Elemente des DVD-Video-Titels inklusive Audio-, Grafik- und TextAssets zusammengefügt werden. Abschließend wird dann ein Produktions-Masterband (DLT) erstellt. Von der grafischen Gestaltung bis zum Mastering versprechen auch die Cine Postproduction GmbH & Co KG Geyer, die Act Videoproduktions GmbH (beide Köln) oder die Pictorion – Das Werk GmbH „alle Leistungen rund um die DVD“. 250 Millionen aus Alsdorf VON PETER HANEMANN Bei den meisten Postproduzenten bleibt es in Sachen DVD bei Kleinserien. Die Hürther NOB etwa produziert nach Angaben ihres Postproduktionsleiters Thomas Rosenau DVDs auf Anfrage. So gab es kürzlich den Auftrag, eine Ausgabe von Günther Jauchs „Wer wird Millionär“ auf DVD zu bringen. Rosenau: „Unser Part war die Videoproduktion.“ Auf größere Aufträge ist die Bavaria Production Services GmbH vorbereitet. Horst Jaquet, in der Kölner Niederlassung Leiter der Postproduktion: „Im Dienstleistungsnetz der Bavaria können wir alles anbieten.“ Zum Verbund gehören auch die Eurotape Media Services, die DVDs replizieren und verpacken. Für größere Serien sorgt da eher die e-ms new media AG. Mit ihrer e-m-s Studio GmbH hat die Dortmunder DVD-Company die Produktionsmittel bis hin zum Mastering im eigenen Haus. Die Vervielfältigung geschieht dann bei der CDA Datenträger Albrechts GmbH in Albrechts in Mecklenburg-Vorpommern oder bei der kdg Meditech im österreichischen Elbingenalb. Ein noch größerer Auftraggeber ist das Kölner Medienhaus Splendid Medien AG, das sich seit 1974 auf Lizenz- und Filmhandel spezialisiert und den Film entlang der gesamten Wertschöpfungskette vermarktet. Im Verbund ihrer Tochterfirmen enteractive, Hamburg, und Splendid Synchron, Köln, verfügt auch Splen- did über einen eigenen DVD-Produktionsstrang inklusive Mastering. Seit die Kölner eng mit der edel music AG kooperieren, lassen sie bei der edel-Tochter optimal media production in Röbel an der Müritz pressen. Zahlen über den dortigen Splendid-Ausstoß liegen in Köln offiziell nicht vor. Bis vor einigen Jahren brachte Splendid seine DLT-Bänder ins nahe Alsdorf bei Aachen. Hier produziert die kanadische Cinram GmbH für die Hauptkunden Warner Home Video (WHV), 20th Century Fox und Warner Music die Kassenschlager. Für WHV sind es u.a. „Harry Potter“ und „Herr der Ringe“, für Fox „Star Wars“ und für Warner Music vier Musikvideos mit den Rolling Stones. Sales Diretor Cappi Frenger ist stolz, dass WHV alle drei „Ringe“-Filme komplett in Alsdorf fertigen ließ – vom Premastering über den hauseigenen Druck bis zur kompletten Distribution. Frenger: „Wir sind einer der wenigen Major-Player, die alles machen.“ In Europa (inklusive Naher Osten) gehört Cinram mit in diesem Jahr rund 250 Millionen produzierten DVDs und 100 Millionen CDs zu den Top 4. Die drei anderen Euro-Player sind Technicolor mit einer Niederlassung unter anderem in Schifflange im nahen Luxemburg, Sony DADC in Salzburg und sonopress in Gütersloh. Auch in Ostwestfalen hat sich ein einstiges Presswerk für Vinyl-Schallplatten zum Vervielfältiger von Daten und Informationsträgern entwickelt – wie in Alsdorf die Warner Music Factory Europe als cinram-Vorgängerin. Bei den DVDs verfügt sonopress allein in Gütersloh über eine Tageskapazität von 750.000 Stück. Daher rechnet die Tochter der zu Bertelsmann zählenden arvato AG, die am Standort etwa 1000 Mitarbeiter beschäftigt, in diesem Jahr mit einer Produktionsmenge von 140 Millionen. Auftraggeber sind u.a. BMG, Columbia Tristar, TF 1, MGM, Disney/BuenaVista, Concorde Home Entertainment und Gruner & Jahr. Als am Markt zu den erfolgreichsten gehörende Produktionen benennt Uwe Geisenhanslüke, bei sonoporess Marketing Manager Europe, „Der Schuh des Manitu“, das „(T)Raumschiff Surprise“ und „Der Untergang“. Day-and-Date Starts Demokratie in der Verwertungskette? F rüher war alles simpler. Da kam ein Film zunächst ins Kino, ein halbes Jahr später wurde das Werk als Leih- und kurze Zeit später als Kaufkassette auf VHS veröffentlicht, ehe er dann beim Pay- und schließlich im Free-TV gesendet wurde. So kam jeder Lizenzinhaber scheinbar klar zu seinem Recht, und Kreative wie Produzenten freuten sich über die mindestens ein Jahr währende Präsenz mit nur einem Film. Mit Minimum zehn neuen Filmen, die in Deutschland wöchentlich in die Kinos starten, hat das Kinogeschäft heute eine Schnellebigkeit erreicht, die äußerst umsichtiges Marketing erfordert: um das Publikum entweder innerhalb der ersten zwei Wochen ins Kino zu treiben oder es nachhaltig an den Film zu erinnern und so dann einen ebenso großen Marketingaufwand in der nächsten Stufe der Kette zu vermeiden. Neben diesem Überangebot erlebt die Verwertungskette aber auch noch einen Angriff aus anderer Richtung: Seit sich die DVD durchgesetzt hat, blüht zunehmend der Schwarzmarkt mit Raubkopien 20 und illegalen Internet-Downloads, die der Filmindustrie jährlich hohe Schäden zufügen. Da wird man findig. Einen Testlauf etwa erlebte die Flexplay Technology mit Chazz Palminteris Film „Noel“ im Oktober 2004 in den USA. Kurz vor Kinostart war die DVD für 4,99 Dollar zu kaufen – und zerstörte sich 48 Stunden nach Öffnung der Verpackung selbst. Eine Art freiwillige Selbstkontrolle durch den Zuschauer, ob der Film den Kinogang lohnt? Das wäre im Fernsehen günstiger. Steven Soderbergh und Todd Wagner von 2929 Entertainment unterdes beschreiten einen anderen Weg, um „unseren Content unters Volk zu bringen und die Umsätze zu verbessern“: Sie wollen künftig zunächst sechs digital produzierte Filme gleichzeitig im Kino, auf DVD und im Pay-TV starten. „Wenn ich einen Song im Radio höre“, lässt Wagner die L.A. Times weiterhin wissen, „will ich nicht drei Monate warten, bis ich die CD kaufen kann“. Doch diese Demokratisierung der Ver- [email protected] wertungskette durch die Day-and-Date-Strategie, indem jeder selbst entscheiden kann, auf welche Weise er sich einen Film anschaut, stößt gerade bei den Kinomachern auf Argwohn. Regal Entertainment, die größte Kinokette der USA, hat bereits angekündigt, Soderberghs Film „Bubble“ nicht mieten zu wollen, da es gegen ihre Regel verstoße, einen Film zu zeigen, der anderweitig erhältlich sei. Doch nicht zuletzt wegen der erheblichen Einsparungen beim Marketing und der Eindämmung des Schwarzmarktes, könnte sich der Day-and-Date-Start als praktikables Modell erweisen. Der könnte den Kinos übrigens auch eine weitere Einnahmequelle bescheren: den Verkauf der DVD nach dem Kinobesuch als Erinnerung an einen schönen Abend. Ein Tabubruch, der eine Überlegung wert ist, denn das Kinoerlebnis eines hochwertigen Films – das weiß jeder Schwarzbrenner – ist auch durch die DVD nicht zu ersetzen. – Schwerpunkt: DVD • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 21 Interview mit Herbert Schwering, Icon Film Selber vermarkten Mit „Fickende Fische“ hatte Herbert Schwering, Produzent der Kölner Icon Film, einen veritablen DVD-Hit. Doch was brachte ihm das? Der Newsletter sprach mit ihm über die Bedeutung der DVD-Rechte für die freie Produktionsszene. Wer heute einen DVDRekorder kaufen will, muss die Unterschiede zwischen DVD-RW und DVD+RW Wie verfahren Sie gewöhnlich mit der Vergabe von DVD-Lizenzen Ihrer Filme? Grundsätzlich liegt mein Interesse darin, die DVD-Rechte selbst zu vermarkten. Mittlerweile ist es aber fast Standard, dass die Verleihfirmen zusammen mit den Kinolizenzen eben auch die DVD-Rechte erwerben wollen. Das macht für einen Produzenten aber nur Sinn, wenn dafür dann auch der Garantieanteil erhöht wird, was jedoch zur Zeit kaum realistisch erscheint. Für „Fickende Fische“ habe ich die Rechte an den Verleih abgetreten. Die DVD lief mit einer zweimaligen 5.000er Auflage für einen deutschen Film dieser Art sehr zufriedenstellend. Aber außer, dass man so mit dem Film für eine gewisse Zeit präsent ist, gibt das für den Produzenten, zum Beispiel finanziell, keinen Effekt. Wie sieht der andere Weg aus? Auch wenn die Verleiher zur Zeit scheinbar am längeren Hebel sitzen, weil ich als Produzent natürlich zunächst froh bin, jemanden für den Kinovertrieb gefunden zu haben, wird man sich da zukünftig durchsetzen müssen. Für den Kompilationsfilm „Lost & Found“ etwa habe ich die DVD-Rechte behalten. Der Markt für DVDs ist ein sehr eigener, und es erscheint mir als Produzent sinnvoll, auch mit einem DVD-Vertrieb zu arbeiten anstatt mit einem Kinoverleiher alleine. Sobald der nämlich seinerseits mit einem DVD-Verlag an der Herausgabe des Films arbeitet, bin ich als Produzent in diesem Bereich der Auswertung von der Verantwortung komplett ausgeschlossen. Das ist nicht einzusehen. Wie wäre dieses Problem zu lösen? Ich muss mir als Produzent vorher sehr genau anschauen, mit wem ich da zusammen arbeite und notfalls die Auswertungskette selbst in die Hand nehmen. Zusammen mit anderen freien Produzenten aus Köln stellen wir seit einiger Zeit Überlegungen in diese Richtung an, den Verleih, den DVD- und den Weltvertrieb unserer Filme mit einer eigenen Auswertungsstrategie selbst zu organisieren. Gerade im Bereich der DVD könnten wir diese Vorstellung relativ schnell umsetzen. DVD: Welche Technik setzt sich durch? Zwei Platten Polycarbonat VON GÜNTER H. JEKUBZIK kennen, und die liegen im Millimeterbereich. A lles ist unklar und trotzdem starten die Big Player der Medienindustrie den DVD-Nachfolger wieder mit zwei konkurrierenden Formaten: Blue-Ray und HD-DVD. Mediengeschichte verläuft nicht geradlinig und noch weniger logisch. Das Musterbeispiel vom Sieg der mediokren VHS-Kassette über das Qualitätssystem Betamax von Sony ist Historie. Nun brauchen wir angeblich ein neues DVD-Format, damit etwa HDTV-Filme auf eine Scheibe passen. Der Einsatz neuer Laser und damit auch Lese-Geräte (DVD-Player) erlaubt, die Bits in der einen langen Daten-Spur dichter zu packen. Mit blauem statt rotem Licht lässt es sich genauer zielen. Das wusste übrigens auch Obi-Wan Kenobi, der blaue Lichtschwerter gegen die roten der Sith einsetzte! So weit so gut. Nur gibt es mindestens fünf Ansichten, wie denn die DVD der Zukunft aussehen soll. Die zwei mit den größten Chancen werden von Fraktionen der großen HardwareHersteller propagiert: Im Februar 2002 schloss sich die Blue-ray Group um Matsushita, Pioneer, Philips, Sony, Thomson, LG Electronics, Hitachi, Sharp und Samsung zusammen. Später kamen Dell, Hewlett-Packard und der innovative Computerhersteller Apple hinzu. Im konkurrierenden DVD-Forum mit ihrem DVD-Nachfolgerformat HD-DVD sitzen Toshiba, NEC, Intel, IBM und Warner. DVDs sind ganz simpel erst einmal zwei aneinander geklebte Platten aus Polycarbonat. In den Frühzeiten der gleich großen CD gab es schon mal Probleme mit den Materialien und den Klebern. Aber nun halten die Silberscheiben mit immer noch dem gleichen Durchmesser von 12 cm einige Jahrzehnte – theoretisch und in einer Welt ohne Kratzer. Der Lesevorgang erfolgt ohne Abnutzung: Der Laser tastet in den bis zu vier Schichten liegenden Daten auf einer Spur von innen nach außen Bit für Bit ab. Auf Deutsch: Punkt für Punkt schaut er nach, ob das Licht reflektiert wird oder nicht. Aus den resultierenden Einsern oder Nullen werden dann Bilder, Programme, Töne und Filme errechnet. Die DVD hieß einst „digital video disc“, weil sie aber mehr kann als Filme zu speichern, setzte sich der Begriff „digital versatile disc“ (vielsei- tige digitale Scheibe) durch. Hier enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Der Hauptunterschied zwischen Blue-Ray und HD-DVD beträgt gerade einmal 0,5 mm. Denn HD-DVD behält bei der Datenschicht die Norm der „alten“ DVD von 0,6 mm Dicke bei. Blue-Ray reduziert diese Lage auf 0,1 mm. Damit ergibt sich ein entscheidendes Argument bei der Produktion der Scheiben, denn eine HD-DVD kann in den bestehenden Maschinen hergestellt werden, wie Toshiba kürzlich bekannt gab. Für Blue-Ray müssen neue Anlagen her. Das ist auch eine entscheidende Frage für Europas zweitgrößten CD- und DVD-Hersteller, Cinram in Alsdorf bei Aachen. Das kanadische Unternehmen übernahm das Werk im Jahre 2003 mit einem Großteil des DVD- und CD-Geschäfts von AOL Time Warner für rund 1,05 Milliarden und stellt in Alsdorf mit circa 1000 Fest- und Teilzeitkräften unter anderem für Fox und Warner her. Trotz hoher Gewinne des Konzerns machte er in den letzten Monaten vor allem mit Massenentlassungen von sich reden. In der For- Schwerpunkt: DVD – [email protected] matfrage überraschte Cinram im Januar mit einer wendigen Hybrid-Lösung: Auf der einen Seite eine klassische DVD, auf der anderen eine HD-DVD. Übrigens ist dies nur das erste Problem, denn es gilt noch, den Unterschied zwischen dem Gegenstand DVD und Anwendung sowie Kodierung zu beachten: Physikalisch fasst die HD-DVD pro Schicht circa 15 GB Daten. Das reicht für einen Film in hoher (HDTV-)Qualität mit der Codierung MPEG-2 und für ganz viel Film in MPEG-1. Dann ist die Qualität allerdings nicht viel besser als von den Videokassetten gewohnt. Blue-Ray bringt gleich 25 GB auf einer Schicht unter, maximal wären auf vier Schichten dann 100 GB unterzubringen! Dem Benutzer kann dies Gerangel um eine neue Norm egal sein – er braucht auf jeden Fall neue Player und Rekorder, wenn sie denn Ende des Jahres tatsächlich auf dem Markt erscheinen sollten. Sie werden wenigstens abwärts kompatibel sein: Alte DVDs und CDs können auch sie abspielen, wenn der Hersteller die entsprechenden Laser zusätzlich einbaut. 21 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 22 Interview mit Antoinette Köster, REM Noch herrscht Frieden im verschlafenen Troisdorf. Die Vögel zwitschern, Bollywood macht süchtig! Menschen in altmodischer Kleidung stehen in Grüppchen zusammen, trinken Kaffee, schwatzen. Hier geht es nicht um ein gemütliches Stelldichein – die Gruppe wartet auf den Feuersturm. M it „Ich bin immer für dich da – Main Hoon Na” hat der Kölner Verleih Rapid Eye Movies derzeit einen Titel unter den Top 10 der deutschen DVDCharts. Zwei weitere Bollywood-Filme von REM finden sich unter den Top 50. Über die Bedeutung der DVD für ihre Firma sprach der Newsletter mit Antoinette Köster, die gemeinsam mit Stephan Holl die Geschäfte des Verleihs und der Rapid Eye Movies Home Entertainment führt. Warum laufen Ihre Titel oft so viel besser auf DVD als im Kino? Die beiden Bereiche sind einfach nicht vergleichbar. Dass Bollywood-Filme auf DVD so gut laufen, hängt zunächst mit der RTL 2-Ausstrahlung zusammen, dank der wir ein Mainstream-Publikum ansprechen konnten. Ungewöhnlich ist, dass einer erfolgreichen DVD-Auswertung, die vorangegangene ebenso erfolgreiche TV-Ausstrahlung überhaupt nicht im Wege steht. Dies liegt sicherlich unter anderem an der besonderen emotionalen Intensität, die diese Filme beim Zuschauer auslösen. Bollywood macht süchtig! Dagegen trifft die Herausbringung dreieinhalbstündiger Bollywood-Filme in Originalfassung mit Untertiteln mit meist unter zehn Kopien in deutschen Programmkinos vorwiegend auf ein cinephiles Nischenpublikum. Unter den derzeitigen Bedingungen am Markt müssen größere Starts gut überlegt sein. 22 Wie ist das Verhältnis der Einnahmen zwischen REM zu REM HE? Finanzieren die DVD-Gewinne die riskanteren Kinostarts? Der DVD-Erfolg ermöglicht uns, einen Strategiewechsel im Kino vorzunehmen. Wir werden von nun an mit weniger, aber potenziell stärkeren Filmen an den Start gehen. So haben wir in Cannes unter anderem „Rize”, einen Film von David LAChapelle, sowie „Mongolian Ping Pong” erwerben können. Beide Filme versprechen außerordentliches Potenzial, besonders „Rize” stellt für uns eine neue Herausforderung dar. Die Kinostarts sind im Herbst und Winter diesen Jahres mit jeweils mehr als 20 Kopien geplant D Ist in Asien die Konkurrenz um die Filme, die REM dort einkauft, durch den Erfolg größer geworden? Die Konkurrenz ist deutlich spürbar. Nicht nur deshalb ist es uns wichtig, uns von Mitbewerbern deutlich abzusetzen. Rapid Eye Movies HE funktioniert wie auch im Kino immer merklicher als ein Label, das für Innovation und Qualität steht. Unserer Philosophie entsprechend ist ein Film kein Produkt, sondern ein filmisches Kunstwerk, dem ein individuelles Marketing zusteht. Sie haben früher die Verleih-, Fernseh- und DVD-Reche im Paket gekauft. Wird das angesichts der Erfolge schwieriger? Wir werden weiterhin wie bisher alle Rechte erwerben, denn wir sind in der glücklichen Lage, ein überaus vertrauensvolles Verhältnis zu Produzenten und Weltvertrieben zu haben und natürlich auch wettbewerbsfähig zu sein. DVD-Motive aus „Sometimes happy, Sometimes sad“, Fotos: Rapid Eye Movies [email protected] er Feuersturm kommt in Köln Troisdorf per Knopfdruck, und das auch erst, wenn es dunkel ist. Auf dem Gelände der ehemaligen belgischen Kaserne Camp Spich am Ende eines Industriegebiets entstehen entscheidende Teile von „Dresden“, der mit zehn Millionen Euro teuersten deutschen Fernsehproduktion aller Zeiten über den Luftangriff auf Dresden am 13. Februar 1945. Der Feuersturm zerstörte die historische Innenstadt der Elb-Metropole und tötete 35.000 Menschen. Merkwürdig sehen die Komparsen aus in ihren Pluderhosen und Uniformen, mit Schlägermützen oder Kopftüchern, wie aus alten Schwarz-Weiß-Aufnahmen direkt in die Gegenwart gebeamt. Staub meliert ihre Haare. Ein Mann hat eine dicke, blutende Platzwunde am Kopf, das Gesicht eines Mädchens ist aufgeschürft. Doch bedrükkt sehen sie nicht aus. Lachend gruppieren sie sich für ein Foto, und selbst Sascha Schwingel, neben Nico Hoffmann Produzent des Zweiteilers von ZDF, Eos und teamworx, bietet sich höflich lächelnd als Fotograf an. Erst wenn die Nacht hereinbricht und die Motten im Scheinwerferlicht tanzen, wird es unruhig am Set in Troisdorf. Hier hat Szenenbildner Thomas Stammer Teile einer Dresdner Straße zwischen den der Abrissbirne geweihten Kasernengebäuden nachgebaut. Überall Staub und Ziegelsteine, Metallteile liegen am Boden herum, Laternen sind umgestürzt, Häuserfassaden aufgerissen. In den Zimmern haben gerade noch Menschen zu Abend gegessen, das Bild über dem Sofa hängt schief, ein Bett droht, aus dem ersten Stock zu kippen. Gespenstisch. Die Bewohner haben sich in den Kellern versteckt. Erst nach dem ersten Angriff kommen sie heraus gerannt und versuchen, noch etwas von ihrem Hab und Gut zu retten. Diese Szenen sollen heute Nacht entstehen. Regisseur Roland Suso Richter („Der Tunnel“) fährt mit einem kleinen Klapprad – Schwerpunkt: DVD / Setbericht noch mal schnell zum Hauptgebäude, um das sich die Wohnwagen des Teams drapieren. Letzte Lagebesprechung, bevor der Dreh losgeht. Alles muss klappen, denn allein diese fünf von insgesamt 66 Drehtagen kosten 300.000 Euro. Auch die Filmstiftung NRW hat dieses außergewöhnliche Fernsehprojekt unterstützt, mit 1,1 Millionen Euro. „Solche anspruchsvollen Drehs sind gut für die künstlerische Produktionskraft in NRW“, sagt Geschäftsführer Michael Schmid-Ospach. Außerdem hat sich die Filmstiftung mit dem Wunsch nach einer Kinofassung von „Dresden“ für den internationalen Markt durchgesetzt. • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 23 Am Set von „Dresden“ in Troisdorf Feuersturm auf Knopfdruck VO N A N N A KO S KO DA Drama in „Dresden“: Der Engländer John Light spielt den abgeschossenen Bomber-Piloten Robert Newman, der sich in die Krankenschwester Anna Mauth (Felicitas Woll) verliebt. Foto: ZDF/Conny Klein; teamworx. Um 22 Uhr ist es endlich dunkel, Nervosität breitet sich aus, die Anweisungen werden knapper, jetzt muss jede Aktion sitzen. Das Filmteam hat sich bereits mit Atemschutzmasken und Ohrstöpseln gegen das drohende Inferno ausgestattet. Den Schauspielern bleibt allerdings nichts erspart. Sie müssen durch die brennende Szenerie laufen, teilweise Temperaturen von bis zu 60 Grad aushalten. Der herumfliegende Staub rötet ihre Augen. Für Felicitas Woll und Benjamin Sadler, die ein junges Paar spielen, sind die historischen Ereignisse von „Dresden“ durch den Dreh „erschreckend nachvollziehbar geworden“, erzählen sie später. Der Vater (Heiner Lauterbach) der jungen Frau, die sich in einen englischen Fliegerpiloten verliebt, verliert in dieser Bombennacht die Beine. Über seine Beine werden blaue Tücher gebreitet und die blutenden Stümpfe später digital aufkopiert. Die Häuserfassaden, hier nur zweistöckig, bekommen zwei zusätzliche Geschosse aus dem Computer. Auch die britischen Bomber am Himmel über Dresden entstehen erst nachträglich. Höchstmögliche Authentizität lautet die Aufgabe, die sich Regisseur und Produzenten gestellt haben. „Wir versuchen, diesem Teil deutscher Geschichte historisch und moralisch gerecht zu werden. Ich fühle mich den vielen Toten verpflichtet“, sagt auch Drehbuchautor Stefan Kolditz. Setbericht – [email protected] Kurz nach 22 Uhr geht es endlich los. „Effekte ab“, ruft der Aufnahmeleiter durchs Megaphon. Erste Flammen lodern durch die Fenster der zerbombten Häuser. 15.000 Liter Gas stehen zur Verfügung, jedes der 40 Fenster kann damit einzeln angesteuert werden. Die feuerfesten Materialien der Rahmen sorgen dafür, dass man die Szene mehrmals wiederholen könnte. Doch das wahre Inferno bricht erst mit den vier Windmaschinen los: Sie produzieren einen Lärm, der direkt aus der Hölle zu kommen scheint. Glühende Papierfetzen fliegen mit dem Staub durch die Luft, schon nach Sekunden knirscht es zwischen den Zähnen. Schauspieler und Komparsen schlagen sich wacker. Sie müssen, teils schwer bepackt, um ihr Leben laufen. Felicitas Woll steht als Anna mit wehenden Haaren fassungslos inmitten des Chaos. Einige der älteren Statisten brechen später in Tränen aus, so sehr hat sie die Erinnerung an den Krieg eingeholt. Nach kurzen Minuten ist der Feuersturm vorbei. Hier lässt er sich – Gott sei Dank – kontrollieren und wieder abstellen. Nur hinter den Fassaden haben sich kleine Flammen selbstständig gemacht: Nun kommt die echte Feuerwehr mit modernstem Gerät zum Einsatz. Manchmal trennt Fiktion und Wahrheit eben nur eine Mauer. Der Krieg ist für heute vorbei. Es herrscht wieder Frieden in Troisdorf. 23 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 24 4006 Neandertal Dragnet Zwei gegen Zwei Der 17-jährige Guido leidet seit seiner Kindheit an Neurodermitis. Als er nach einem schweren Schub ins Krankenhaus eingeliefert werden muss, beginnt er, sein Umfeld zu hinterfragen und begibt sich damit auf eine emotionale Odyssee, an deren Ende Guido eine gesunde Balance zwischen Egoismus und Solidarität finden muss. Noch bis zum 15. Juli entsteht diese Coming-of-Age-Geschichte der Peter Rommel Productions in Köln, Düsseldorf, Mettmann, Erkrath und im Titel gebenden Neandertal. Regie führt Ingo Haeb nach seinem eigenen Drehbuch. Als Darsteller haben Produzent Peter Rommel und die Koroduzenten David Groenewold/German Film Productions in Zusammenarbeit mit dem ZDF – Das kleine Fernsehspiel (Redaktion: Lucas Schmidt) und arte (Anne Even, Georg Steinert) die Darsteller Jakob Matschenz, Andreas Schmidt, Johanna Gastdorf, Falk Rockstroh, Fabian Hinrichs und Jens Münchow unter Vertraggenommen. Für die Bilder dieser 980.000 Euro teuren Kinoproduktion sorgt Kameramann Ralf Mendle. Peter Rommel Productions, Tel. (0221) 9646088; [email protected] Die „Providence“, ein schottisches Fischerboot kurz vor dem Konkurs, läuft in einen europäischen Hafen ein. Wieder reicht der magere Fang nicht aus, um die vielen offenen Rechnungen zu bezahlen. In dieser aussichtslosen Lage beschließt der Maat Sean, 20 illegale chinesische Immigranten nach Schottland zu schmuggeln. Den Fischer Riley weiht er ein, seinem Vater aber, dem Kapitän, wagt er es zunächst nicht zu erzählen. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellt, als einer der Chinesen tot im Fischernetz hängt. Regisseur Steve Hudson dreht voraussichtlich ab Oktober an der Nordsee und ab November in Köln den Kinofilm „Dragnet“. Produzentinnen dieser 3,9 Millionen Euro teuren Produktion von Rosebud Films in Zusammenarbeit mit ZDF und arte sind Sonja Ewers und Benjamina Mirnik. Sie stehen in Verhandlungen mit den Darstellern Kevin McKidd, James McAvoy, James Cosmo und Vadim Glowna. Die Kamera soll Mike Eley führen. Rosebud Films, Tel. (02233) 7934244; [email protected] Mit viel Beachtung ist Lars Jessens Debüt-Film „Am Tag als Bobby Ewing starb“ im Juni im Kino gestartet. Momentan dreht der KHMAbsolvent eine Familienkomödie in Köln und Umgebung. Seit dem 21. Juni und noch bis 22. Juli entsteht „Zwei gegen Zwei“ (AT) von Müller & Seelig (Produzentin: Jutta Müller) für das ZDF (Redaktion: Martin Neumann). Das Buch stammt von Annemarie Schoenle, die mit der aus dem Leben gegriffenen Geschichte wieder einen liebevollen Blick auf die Unterschiede zwischen Männern und Frauen wirft. Es geht um zwei Architekten, Verena und Tom. Verena (Clelia Sarto) ist alleinerziehende Mutter einer zehnjährigen Tochter und bangt um die Verlängerung ihres Arbeitsvertrages. Tom (Kai Wiesinger), ebenfalls Architekt und Vater eines zehnjährigen Jungen, führt ein offenbar geregeltes Familienleben und wird deshalb zu Verenas Konkurrenten. Erst als Verena einen Blick hinter die so sorgfältig aufgebaute Fassade wirft, merkt sie, wie sehr Tom in seiner Vergangenheit gefangen ist. Vor der Kamera von Michael Tötter stehen außerdem noch Dietrich Hollinderbäumer, Waldemar Kobus, Ann-Kathrin Sudhoff und Rieke Schmid. Für das Casting sind Die Besetzer (Erwachsene) und Maria Schwarz (Kinder) zuständig. Müller & Seelig, Tel. (0221) 942150; [email protected] Tote haben keine Lobby Jeder zweite Mord in Deutschland bleibt unentdeckt. Das ist die These des Sachbuchs „Tote haben keine Lobby“ von Sabine Rükkert, das nun als Grundlage der gleichnamigen Dokumentation des WDR (Redaktion: Ulrike Schweitzer, Matthias Kremin) dient. Anhand von zwei Fällen werden die Fehlerquellen bei den Todesermittlungen aufgezeigt. Wo haben die professionellen Ermittler versagt? Wo haben Ärzte falsche Diagnosen gestellt und Spuren eines Mordes übersehen? Unter der Regie von Manfred Uhlig, der auch das Drehbuch verfasst hat, beendet smeatonentertainment mit Michael Smeaton als Produzent seinen Dreh, der bereits im Frühjahr begonnen hat, vom 13. bis 21. Juli in Köln und Hannover. An der Kamera steht Christian Girardet. smeatonentertainment, Tel. (0221) 569660; [email protected] Abu Ghraip Running Bear Movies planen ein TV-Drama, das sich mit den Ereignissen im Gefängnis Abu Ghraip während des Irak-Kriegs befasst. Regie führen soll Zeynel Abidin Cal nach einem Drehbuch von Dean Baykan und ihm selbst. Der Regisseur steht selbst hinter der Kamera. Gedreht werden soll dieser Antikriegsfilm voraussichtlich Oktober bis Dezember dieses Jahres mit einem Budget von zwei Millionen Euro in Köln und Umgebung. Für das Casting sorgt Actors & Arts Int. Als Darsteller sind bereits Dean Baykan und Abed Ottmann unter Vertrag. Running Bear Movies, Tel. (0172) 2039989; [email protected] 24 Vollgas So hatte sich Ben Klinger (Jan Sosniok) seinen neuen Job als Werksfahrer nicht vorgestellt: Mit der Frau seines Chefs (Valerie Niehaus) an Bord verwandelt sich der brandneue Dienstwagen zur Todesfalle mit teuflischen Tricks ausgestattet: eine Sprengladung im Airbag und Lichtschranken in den Sitzen. Ben wird zum Entführer wider Willen. Action, Stunts und Spannung stehen im Am Set von „Vollgas“, Foto: ProSieben Mittelpunkt der Action-Komödie „Vollgas“, die bis zum 1. Juni in Düsseldorf, Köln und Bonn unter der Regie von Lars Montag gedreht wurde. Das Buch hat er mit Thorsten Dewi und Marc Hillefeld gemeinsam geschrieben. In weiteren Rollen sind Harald Krassnitzer, Chiem van Houweninge und Jan Hendrik Stahlberg zu sehen. Die Westside Filmproduktion zeichnet verantwortlich für dieses 2,45 Millionen Euro teure Event-Movie der Produzenten Christian Becker und Anita Schneider sowie Koroduzent David Gronewald. ProSieben (Redaktion: Wolfgang Oppenrieder) wird den Film voraussichtlich im Herbst dieses Jahres ausstrahlen. Westside, Tel. (02151) 6266620; [email protected] Die Insel der verlorenen Seelen Geister, lebende Tote und Besessene: Ganz schön gruselig geht es zu auf der „Insel der verlorenen Seelen“. Die 13-jährige Lulu, die Protagonistin des Kinderfilms, merkt, dass das Leben auf dem Land ganz schön aufregend sein kann. Der Kinderfilm „Kletter-Ida“ war ein großer Erfolg, an den Pain Unlimited und Zentropa (Dänemark) nun mit ihrem neuen Kinofilm anknüpfen wollen. Denn von dem dänischen Regisseur Nikolaj Arcel, der auch das Drehbuch zu „Kletter-Ida“ geschrieben hat, stammt auch das Drehbuch zu „Die Insel der verlorenen Seelen“, das er mit Rasmus Heisterberg nach einem gemeinsamen Konzept von ihnen und von Peter Amelung verfasst hat. Die Dreharbeiten haben am 15. Juni in Dänemark und Schweden begonnen, ab September wird der Film, der ein Budget von 5,2 Millionen Euro vorsieht, von Produzentin Bettina Brokemper in NRW abgeschlossen. Für das Kindercasting wurde Jette Termann (Dänemark) beauftragt: Sara Langebaek spielt Lulu, Lasse Borg Oliver, und Lucas Munk Billing ist als Sylvester zu sehen. SoloFilm will den Kinderabenteuerfilm ins Kino bringen. Pain Unlimited, Tel. (0221) 9777990; [email protected] Die wilden Hühner Cornelia Funkes Erfolgskinderbuch „Die wilden Hühner“ verfilmt die Bavaria in diesem Sommer (12. Juli bis 14. September) komplett in NRW – in Köln und Umgebung sowie in Xanten. Regie bei dem Kinofilm in Koproduktion mit dem ZDF (Redaktion: Susanne van Lessen) führt Vivian Naefe nach einem Drehbuch von Güzin Kar und Uschi Reich. Jacqueline Rietz hat die Darsteller gecastet. Die Erwachsenenrollen wurden mit Veronica Ferres, Jessica Schwarz, Axel Prahl und Doris Schade hochkarätig besetzt. „Die wilden Hühner“, das sind fünf dicke Freundinnen aus der fünften Klasse, die die Jungs ihrer Schule hassen. Doch als die Oma eines Mädchens ihre heiß geliebten Maskottchen, die Hühner, schlachten will, sind sie auf die Hilfe der Jungen angewiesen. Natürlich helfen die nicht umsonst. Sie verzichten großzügig auf „Kochen und Küsse“, wollen aber einen Gutschein darüber, dass sie selbst einmal die Hilfe der Mädchen in Anspruch nehmen können, wenn sie sie brauchen. Für die Bilder haben Produzentin Uschi Reich und Koproduzent Peter Zenk Kameramann Peter Dötting unter Vertrag. Constantin will den Film in die Kinos bringen. Bavaria, Tel. (089) 64990; [email protected] [email protected] – Dreharbeiten GG 19 – Alles wird gut Eine interessante Aufgabe hat sich die movie members Filmproduktion gestellt. Sie will in „GG 19“ alle 19 Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verfilmen. Die 19 Kurzfilme (Gesamt-Budget: 1,9 Millionen Euro) setzen sich künstlerisch mit den Inhalten der Grundrechte auseinander und wollen eine Diskussion um Anspruch und Wirklichkeit des Grundgesetzes eröffnen. Im Rahmen des Episodenfilms von Produzent Harald Siebler und der Koproduzenten Hartmut Rabe und cinegate gibt Schauspielerin Marion Kracht ihr Regie-Debüt. „Alles wird gut“ wird vom 30. Juni bis 3. Juli in Langenfeld nach einem Buch von Kathi Liers gedreht, das auf Artikel 6 des GG basiert: „…Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvorderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ Eine junge Familie muss mit einer zerstörerischen Situation fertig werden: Ehemann Bernd (32) wird des Kindesmissbrauchs verdächtigt und daraufhin von Behörden und Psychologen aus der Familie gerissen. Erst nach einem halben Jahr kann der Verdacht ausgeräumt werden. Die Darsteller Nicholas Bodeux, Lars Gärtner, Traute Hoess, Luzie Kurt, Heike Schober und Rainer Sellien wurden von Anja Dihrberg gecastet. Die Kamera führt Gerd Breiter. NFP will „GG 19“, der noch bis Oktober entsteht, in die Kinos bringen. movie members, Tel. (030) 23620050; [email protected] • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 25 Neger, Neger, Schornsteinfeger … so riefen die anderen Kinder immer dem jungen Hans-Jürgen Massaquoi hinterher. Er wuchs als schwarzer Junge im Hamburg der Nazi-Zeit auf und hat darüber ein Buch geschrieben, das sich schnell zum Bestseller entwickelte. Nun verfilmen Produzent Markus Trebitsch, Koproduzent Malte Grunert und Aspekt Telefilm das Erfolgsbuch für das ZDF (Redaktion: Heike Hempel, Günther van Endert), allerdings nicht nur in Hamburg, sondern bis Ende Juli auch in Köln und Düren. Regie führt Jörg Grünler nach einem Drehbuch von Beate Langmaack. Drei junge Darsteller verkörpern Hans-Jürgen in drei verschiedenen Altersstufen, die Mutter spielt Veronica Ferres. In weiteren Rollen stehen Tim Wilde, Petra Kelling, Jürgen Tarrach, Götz Schubert, Lea Fassbender, Charly Hübner und Helmut Zhuber vor der Kamera von Hans Grimmelmann. Eine Ausstrahlung des Zweiteilers ist für 2006 geplant. Aspekt Telefilm, (040) 66885455; [email protected] Mr. Average Phantome Von einer professionellen Taschendiebin und dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Tochter erzählt der neue Kinofilm „Phantome“ (AT), den Cameo in Kooperation mit dem ZDF/Das kleine Fernsehspiel (Redaktion: Jörg Schneider) ab Ende Juli hauptsächlich in Essen (mit ein paar Drehtagen in Berlin) realisiert. Die 15-jährige Kati wächst bei ihrer Oma auf. Als diese stirbt, muss Kati zu ihrer Mutter, die sie kaum kennt und die durch merkwürdige Methoden ihr Geld „verdient“. Die langsame Annäherung der beiden wird einer harten Belastungsprobe ausgesetzt, als Kati erfährt, wovon ihre Mutter lebt. Anne Ratte-Polle musste für die Rolle der Iris absagen. Jetzt muss sich Produzentin Annette Pisacane mit Casterin Simone Bär um eine neue Besetzung kümmern. Maren-Kea Freese führt Regie (Budget: rund 850.000 Euro), das Drehbuch dazu hat sie gemeinsam mit Thomas Jonigk verfasst. Für die Bilder sorgt Kameramann Michael Wiesweg. Cameo Film- & Fernsehproduktion, Tel. (0221) 9128120; [email protected] Abgedreht: Jalil (Khalid Maadour) und Showmaster Jean-Michel (Francois Vincentelli) in „Mr. Average“, Foto: Tradewind Pictures Im Mai fiel die letzte Klappe für die europäische Koproduktion „Mr. Average“, die die Kölner Tradewind Pictures mit den Produzenten Diana Elbaum von Entre Chien et Loup, Helmut G. Weber und Thomas Springer in Frankreich, Luxemburg und NRW realisiert hat. Die letzten Aufnahmen entstanden in einem Monheimer Studio. Regisseur Pierre-Raul Renders erzählt in dem Kinofilm die Geschichte eines jungen Pariser Vorschullehrers, der den Geschmack der Massen exakt einschätzen kann. Vor der Kamera von Virginie Saint-Martin standen Suzan Anbeh, Kharlid Maadour, Thierry Lhermitte und Caroline Dhavernas. Fortissimo Film will die 4,9 Millionen Euro teure Produktion in die Kinos bringen. Tradewind Pictures, (0221) 9125610; [email protected] Liebesleben Arnies Welt Maria Schraders erste Regiearbeit basiert auf einem Bestseller. Mit ihrem Roman „Liebesleben“ gelang der israelischen Autorin Zeruya Shalev ein Welterfolg. In ihm schildert sie die Liebe einer jungen Frau zu einem 30 Jahre älteren Freund ihres Vaters, die sich zunehmend zum Abhängigkeitsverhältnis entwickelt. Die Dreharbeiten finden von Oktober bis Dezember statt. Die Schauspielerin dreht in Israel und Köln und Umgebung nach einem Buch von ihr selbst und Leila Stieler. Die Produktion von X-Filme und der Produzenten Stefan Arndt und Andro Steinborn und des Koproduzenten Marek Rozenbaum entsteht in Kooperation mit dem BR (Bettina Reiz) und arte (Andreas Schreitmüller) und verfügt über ein Budget von 3,6 Millionen Euro. Esther Klink (Israel) und Avy Kaufman (Los Angeles, New York) kümmern sich um das Casting. Als Kameramann steht Benedict Neuenfels unter Vertrag. X-Filme, Tel. (0221) 1792980; [email protected] Die Dreharbeiten zu dem TV-Drama „Arnies Welt“, das Little Shark Entertainment und die Produzenten Tom Spieß und Sönke Wortmann gemeinsam mit dem WDR (Redaktion: Dr. Barbara Buhl) in der Eifel und Köln realisierten, sind abgeschlossen. Nach dem Roman von Maeve Carels wird die Geschichte von Arnie erzählt, der in einer Kleinstadt in der Eifel Zeuge einer schrecklichen Tat wird. Die Polizei geht von einem Unfall aus, doch Arnie hat mehr mit dem Fall zu tun, als jeder annimmt. Nur Hannah, die Frau des strafversetzten Kommissars Bäumer, erkennt die Gefahr. Regie führte Isabel Kleefeld nach ihrem eigenen Drehbuch. Vor der Kamera von Rainer Klausmann standen Caroline Peters, Jörg Schüttauf, Enno Hesse, Ernst Alisch, Matthias Brandt, Friederike Frerichs, Bruno Schubert, Martin Lindow, Barbara Philipp, Waldemar Kobus und Hinnerk Schönemann. Little Shark Entertainment, Tel. (0221) 336110; [email protected] Dreharbeiten – [email protected] Schwein gehabt: In „Emmas Glück“ trifft Max (Jürgen Vogel) die Züchterin Emma (Jördis Triebel), Foto: Wüste Film / Kerstin Stelter Emmas Glück …liegt in Gimborn. Den gleichnamigen Kinofilm dreht Wüste Film West in Zusammenarbeit mit dem SWR (Redaktion: Sabine Holtgreve) bis zum 7. Juli in Gummersbach und Umgebung. Jürgen Vogel spielt darin Max, einen totkranken Mann, der eigentlich nach Mexiko flüchten will. Jördis Triebel ist als einsame Schweinezüchterin zu sehen, die auf den richtigen Mann wartet. Der kommt direkt auf ihren Hof, denn Max verunglückt dort eines Tages mit seinem Sportwagen. Regie bei diesem Melodram führt Sven Taddicken nach einem Buch von Ruth Toma und Claudia Schreiber, die sich am Drehort nahe Gummersbach begeistert über die Location zeigten: Genauso müsse Emmas Hof aussehen, waren sie sich einig. Als weitere Darsteller haben die Produzenten Hejo Emons, Stefan Schubert und Ralph Schwingel auch Hinnerk Schönemann und Martin Feifel unter Vertrag. Die Kamera führte Daniela Knapp. Wann timebandits den Film ins Kino bringt, steht noch nicht fest. Wüste Film West; Tel. (0221) 5105067; [email protected] 25 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 26 August Im Mittelpunkt der Coming-of-Age-Story „August“ steht die 15-jährige Stevie, die sich mit den Unstetigkeiten ihrer ruhelosen Hippie-Eltern auseinandersetzen muss. Als sich die Familie im geerbten Haus der Mutter in einer Kleinstadt bei Köln niederlässt, hofft Stevie, die Stabilität zu finden, die sie schon so lange gesucht hat. Von Mitte August an bis Mitte September realisieren Pandora und die Produzenten Christoph Friedel und Claudia Steffen in Zusammenarbeit mit dem WDR (Redaktion: Andrea Hanke) und dem SWR (Sabine Holtgreve) diesen Film in der Umgebung von Köln. Das Buch stammt von Horst Markgraf und Pia Marais, die auch selbst Regie führt. Birol Ünel und Cici Chuh stehen vor der Kamera von Michael Englert. Géraldine Bajard kümmert sich um das Casting dieser Kinoproduktion, die über ein Budget von einer Million Euro verfügt. Pandora Film, Tel. (0221) 973320; [email protected] porno!melo!drama! Heesook Sohn hat ihren Debütfilm „porno!melo!drama!“ am 30. Mai in Köln abgedreht. Nach einem Buch von ihr selbst und Dagmar Gabler erzählt die rasante Komödie von drei unterschiedlichen Frauen: Nico (31), einer Assistenzärztin im Schlaflabor, der türkischen Polizistin Ayse (30) und der Koreanerin Minju (29), die von einer Krise in die nächste taumeln. Ein Patient gesteht Nico, die gern alles unter Kontrolle hat, seine Liebe; Ayse kämpft gegen die von Männern geprägten Traditionen ihrer türkischen Herkunft und verliebt sich ausgerechnet in den schwächlichen Bruder eines notorischen Machos; Minju will einen Film drehen, Setbesuch: Felix Zackor, Stefan Raiser, Stephan Ditner, Andrea Hanke, Heesook Sohn, Jale Arikan, Young Mi Park, Franziska Petri, Michael SchmidOspach (von hinten links). Foto: Dreamtool um ihre Depressionen zu bekämpfen, dabei hilft ihr ein junger, dunkelhäutiger Stripper. Die Hauptrollen sind mit Franziska Petri, Jale Arikan und Young Mi Park besetzt. Daneben agieren noch Matthias Koeberlin und Erdal Yildiz vor der Kamera von Stefan Ditner. Die Produktion von Dreamtool Entertainment und der Produzenten Felix Zakkor und Stefan Raiser im Auftrag des WDR (Redaktion: Andrea Hanke) soll voraussichtlich 2006 ins Kino kommen. Ein Verleih steht noch nicht fest. Dreamtool, Tel. (089) 64981424; [email protected] Colonia Media Noch bis zum 7. Juli dreht die Colonia Media den Fernsehfilm „Elefanten im Schnee“ („Später Sommer“ AT) in Duisburg und Umgebung. Der mit Götz George, Dagmar Manzel, Christian Redl und Gudrun Ritter hochkarätig besetzte Film, der im Auftrag des WDR (Redaktion: Wolf-Dietrich Brückner) entsteht, erzählt die Geschichte einer Dreiecksbeziehung. Anne und Matthias führen eine ereignislose Ehe in Werlrode, wo Matthias in einem Steinkohlebergwerk arbeitet. Als das Werk geschlossen werden soll, kommt Gewerkschaftler Dr. Robert Stubenrauch in die Kleinstadt, um Verhandlungen zu führen. Robert verliebt sich in Anne, und diese muss sich entscheiden, ob sie mit diesem Mann ein völlig neues Leben beginnen will. Regie bei dem TV-Drama führt Andreas Kleinert nach einem Buch von Hans-Werner Honert und ihm selbst. Die Kamera führt Johann Feindt. Für die Besetzung hat Produzentin Sonja Goslicki Casterin Anja Dihrberg verpflichtet. Der Film soll Anfang nächsten Jahres ausgestrahlt werden. Abgedreht sind mittlerweile zwei neue „Tatort“-Folgen. „Diamanten“ (AT) heißt der neue Köln-Tatort von Produzentin Anke Scheib im Auftrag des WDR (Redaktion: Kat- 26 ja De Bock), der bis zum 4. Mai entstand. Diesmal müssen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) den Mord an einem Globalisierungsgegner aufklären. Die Ermittlungen führen die beiden Kommissare bis nach Antwerpen. Auch Tessa Mittelstaedt, Joe Bausch, Florian Panzner, Isabella Parkinson, Andreas Windhuis und Charly Hübner standen vor der Kamera von Martin Kukula. Regie führte Martin Eigler. Gleichzeitig wurde in Münster, Köln und Umgebung der neue Münster-Tatort „Der doppelte Lott“ (AT) von Produzentin Sonja Goslicki im Auftrag des WDR (Redaktion: Helga Poche) gedreht. Regie führte Manfred Stelzer. Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) ermitteln in einem verwirrenden Mordfall: Ein Kabarettist wurde umgebracht, der für seine Auftritte in die Rolle des „Lott“ schlüpft, eines bekannten Lokalpolitikers. Wem hat nun eigentlich die Tat gegolten? Dem echten oder dem falschen Lott? Friederike Kempter, Christine Urspruch und Mechthild Grossmann standen vor der Kamera von Egon Werdin. Colonia Media, Tel. (0221) 9514040; [email protected] [email protected] Die Familienanwältin Noch bis in den November steht Mariele Millowitsch in Köln für die neue RTL-Serie „Die Familienanwältin“ vor der Kamera. Die Sony Pictures Film und Fernseh Produktion realisiert acht Folgen der 45-minütigen Dramaserie über eine erfolgreiche Anwältin und Mutter zweier Kinder, die – von ihrem Mann wegen einer Jüngeren verlassen – sich eine eigene Familienrechts-Kanzlei aufbauen muss. Neben Mariele Millowitsch sind in den Hauptrollen August Schmölzer, Marie-Luise Schramm, Jana Thies und Niki von Tempelhoff zu sehen. In Szene gesetzt werden die Folgen, für die Frank Speelmanns als Headwriter verantwortlich zeichnet, von den Regisseuren Richard Huber, Christoph Schnee und Olaf Kreinsen. Producer ist Sven Petersen. Sony Pictures, Tel. (02233) 518100; [email protected] Kalif Storch Das Märchen „Kalif Storch“ von Wilhelm Hauff kennt fast jeder. Jetzt wagt sich Regisseur Uwe Janson an eine Realverfilmung der Erzählung des 1827 im Alter von nur 24 Jahren verstorbenen Dichters. Gabriel Genschows G.G.-Film realisiert den 3,3 Millionen Euro teuren Film zusammen mit den Koproduzenten MMC Independent, Gereon Sommerhäuser und Bastie Griese in diesem Sommer in den MMC Studios/Coloneum in Köln. Das Drehbuch stammt von Christoph Martin Grosser und Guido Medert und erzählt die Geschichte des Prinzen Chasid, der sich durch das Pulver der bösen Zauberin Kaschua in einen Storch verwandelt. Für die Bilder des Films soll Kameramann Hagen Bogdanski sorgen. Als Darsteller sind Matthias Schweighöfer, Dirk Bach und Minh-Khai Phan-Thi vorgesehen. Universal Pictures will die Fantasy-Komödie in die Kinos bringen. G.G.-Film, Tel. (030) 76706683; [email protected] – Dreharbeiten / Post aus der Postproduktion Post aus der Postproduktion ProCine „Kontakt“ (Kino) Regie: Sergej Stanojkovski Prod.: Busse&Halberschmidt, Düsseldorf „Mr. Average“ (Kino) Regie: Pierre-Paul Renders Prod.: Tradewind Pictures, Köln ProCine, Tel. (02131) 5999-0; [email protected] SoundVision „Shooting Dogs“ (Kino) Regie: Michael Caton-Jones Prod.: Egoli Tossell „I for India“ (Kino) Regie: Sandhya Suri Prod.: Zero West „Mondo Veneziano“ (Kino) Regie: Antoine Prum Prod.: Maciste Film „Delivery“ (Kino) Regie: Till Nowack Prod.: frameboX digital design „Hermines Liste“ (TV) Regie: Uli Veith Prod.: Taglicht Media „Marias kleiner Esel – Flucht nach Ägypten“ (TV) Regie: Matthias Bruhn Prod.: Trickstudio Lutterbeck „Kalter Krieg im Äther – Fernsehen im geteilten Deutschland“ (TV) Regie: Alessandro Nasini / Angelika Wagner Prod.: Wellenreiter TV / WDR „Nacktmulle“ (TV) Regie: Herbert Ostwald Prod.: Taglicht Media „Sinti + Roma“ (TV) Regie: Besime Atasever Prod.: Besime Atasever SoundVision GmbH, (0221) 311071; [email protected] Senden Sie Ihre Post aus der Postproduktion bitte bis zum 10. August an [email protected] • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 27 Kneipen- oder Kellerkino, das hätte wohl zu plump geklungen. Und so nennt Kalle Somnitz sein kleines Kino im feinen Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel ganz edel: „Souterrain“. Das Souterrain in Düsseldorf Kalles Kino VON TATJANA KIMMEL E ine steile Treppe führt vom Café Muggel in den schmalen, nur etwa vier Meter breiten Saal. Das Besondere sticht sofort ins Auge: eine Bar mit Hockern, 50 in Reihen gestellte Stühle, kleine Tische. Hier geht es gemütlich zu. Die Besucher nehmen das Glas Wein mit zum Platz, halten einen kleinen Plausch und manch einer steckt sich eine Zigarette an. Deshalb gibt es zwar immer wieder Streit mit den Nichtrauchern. Aber es bleibt trotzdem erlaubt. Verbote sind Kinobetreiber Kallle Somnitz ein Graus. 1993 hat er das Souterrain vor dem Untergang gerettet – und das Kino ihn vor der Arbeitslosigkeit. Der studierte Chemiker fand keinen Job in seiner Branche, und da er sowieso mehr Zeit im studentischen Filmclub als im Labor verbrachte, wurde er zum Besitzer des kleinsten Kinos in Düsseldorf. Helmut Kettler hatte 1977 das Souterrain als erstes Düsseldorfer Programmkino gegründet. Zunächst zeigte er Filme aus der Kunsthochschule, dann fand der neue deutsche Film hier eine Bühne. Der Raum war damals noch kleiner, die Sessel stammten vom Sperrmüll und eine Lüftung gab es auch nicht. Anfang der 90er Jahre wurde das Kino geschlossen und mit Gerümpel voll gestellt. Bevor Somnitz es übernehmen konnte, hatte der Hausbesitzer es gründlich renoviert. Somnitz hat die Entscheidung nie bereut. „Ich komme immer gerne hierher“, sagt der 44-Jährige, „weil ich mich hier nur selten ärgere“. Gemeinsam mit Udo Heimansberg, seinem Freund aus Filmclubtagen, gründete Somnitz 1998 die Düsseldorfer Film- kunstkino GmbH. Ihr Ziel: das Filmkunstangebot der Landeshauptstadt zu bündeln. Zunächst bestand die Firma nur aus einem Kino, dem Metropol. Im gleichen Jahr kam das kommunale Kino „Black Box“ dazu, einige Monate später übernahmen sie das Cinema von der UFA. Schließlich kauften sie 2000 das Bambi aus der Konkursmasse der Münchner Firma Kinowelt. Das Souterrain profitiert von der Filmkunstkino GmbH, etwa bei den Verleihkosten, obwohl es rechtlich nicht dazu gehört. Das Souterrain ist und bleibt Kalles Kino. In Oberkassel bezahlt er im Vergleich zu den anderen Häusern den höchsten Mietpreis. Werbeeinnahmen hat er kaum. Aber das Kino rechnet sich trotzdem, mit täglich mindestens zwei Vorstellungen. Zum einen erhält es immer wieder Förderungen und zum anderen hat es ein treues und konsumierfreudiges Publikum. Ein Kinoabend bei Bier oder Wein im Keller, das gehört für seine Stammkunden zum Wochenende. Oft ist Somnitz erstaunt über seine Gäste: „Da war mal eine etwa 75 Jahre alte Dame, die mich an meine Mutter erinnerte. Sie hat sich ‚Der bewegte Mann’ im übervollen Kino auf einem Barhocker sitzend angeschaut und sich dann mit ‚Das ist super hier’ verabschiedet.“ Somnitz unterhält sich gerne mit dem Publikum. Er freut sich, wenn es seine Begeisterung für das Kino teilt. Seit elf Jahren ist er nicht mehr in Urlaub gefahren. Seine Reiseziele sind Leipzig, Berlin und Hof. Auf den Festivals wählt er Filme aus. In Kalles Kino läuft, was ihm gefällt. Klein und gemütlich: Das Souterrain Fotos: Souterrain Kinoporträt – [email protected] Die Düsseldorfer Kino-Landschaft hat sich zu Beginn dieses Jahres stark verändert. In der Lichtburg auf der Königsallee gingen die Lichter aus. Um die Lücke auszugleichen, spielen jetzt alle Häuser der Filmkunstkino GmbH Erstaufführungen. Damit ist das Souterrain das einzige reine Repertoirekino in Düsseldorf. Die Folge: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kamen 2005 doppelt so viele Besucher. Zu den 50 Stühlen und 12 Barhockern müssen immer öfter Klappstühle gestellt werden. Somnitz sieht das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Er findet es schade, dass die Lichtburg aufgegeben wurde. Jetzt muss er eine Balance finden zwischen dem Druck, neue Filme zu zeigen und seinem Konzept. Er gibt den Filmen gerne Zeit. So saßen bei „Taxi Lisboa“ in den ersten Aufführungen nur zwei Zuschauer. Dann schrieb die Presse darüber und der Film war zwei Wochen lang ausverkauft. „Alles auf Zucker“ lief über zwei Monate im Souterrain, mit über 4000 Besuchern. „Langsam wurden einige Stammkunden schon ungeduldig“, sagt Kalle Somnitz, „ich versuche, die Filme aber so lange zu zeigen, wie sich ein Publikum dafür interessiert.“ Um mehr Filme zeigen zu können, gibt es im Souterrain-Kino seit ein paar Wochen auch sonntags Vorführungen um 14.30 Uhr. Vorher läuft am Sonntag ein Kinderprogramm. Während die Eltern oben in Ruhe frühstücken, zeigt Somnitz unten Klassiker. „Kinderkino hat es nicht leicht“, resümiert Somnitz, „aber die alten Filme fesseln die Kleinen doch immer wieder“. Und dann erzählt er von einem Jungen, der sich lautstark über „das kleine Furzkino“ und den schwarz-weiß Film beschwerte, dann doch von „Das fliegende Klassenzimmer“ in den Bann gezogen wurde und am Ende begeistert war. Was wünscht sich Kalle Somnitz für sein Souterrain? Die Antwort ist gleichermaßen bescheiden und ehrgeizig: „Ich wünsche mir, dass es so weitergeht wie bisher.“ 27 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 28 Von Zeit zu Zeit erlaubt sich der Produzent Joachim Ortmanns, einer der Geschäftsführer der Kölner Lichtblick Film, ein kleines Spiel. Er pickt sich einen Film heraus, der ihm gefällt und der erfolgreich ist, etwa Sofia Coppolas „Lost in Translation“, und fragt sich: Wie mag dieser Stoff ausgesehen haben, bevor diverse talentierte Menschen Hand daran gelegt haben? Wie hat der auf fünf oder zehn oder 20 Seiten eines Treatments funktioniert? Und wie viel vom Zauber des Films steckte wohl schon in den ganz frühen Drehbuchfassungen? Und dann stellt Ortmanns die eine, für einen Filmproduzenten so entscheidende Frage: Hätte ich das Potenzial erkannt? Making of: „Allein“ von Thomas Durchschlag Das Potenzial erkennen VON CHRISTIAN SEEBAUM A ls Thomas Durchschlag im Herbst 2002 beim Stoffe-Pitching von Absolventen der Kölner Kunsthochschule für Medien die Idee für seinen ersten Langfilm vorstellte, die Geschichte einer jungen Frau mit Borderline-Störung, war Lichtblick-Produzent Joachim Ortmanns beeindruckt: „Ich hatte das Gefühl, da steckt eine große Energie dahinter.“ Dennoch war der Weg bis zum fertigen Film lang: Am 4. August kommt er unter dem Titel „Allein“ in die Kinos. Gut anderthalb Jahre vergingen, bis im Mai 2004 in Essen mit den Dreharbeiten begonnen werden konnte. Ein Jahr davon diente der Stoffentwicklung, dem Schmirgeln und Feilen an der Geschichte. In dieser Zeit sieht Ortmanns seine Rolle als die des ersten Zuschauers: „Man versucht dann, die Sache stimmiger, emotionaler zu machen, auch dramaturgisch pakkender.“ Generell hält er die Entwicklungsphase für die wichtigste Phase einer Filmproduktion und sieht sie in Deutschland sträflich unterbewertet. Ortmanns wünscht sich, dass mehr professionelle Unterstützung in Gestalt von Dramaturgen oder auch Dialogautoren verfügbar wäre, und dass auch die Fördereinrichtungen ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickeln, dass „Projektentwicklung mehr ist als Drehbuchförderung“. „Allein“ handelt von Maria (Lavinia Wilson), einer jungen Studentin, die in der Uni-Bibliothek arbeitet, die gern ausgeht und trinkt, eine Affäre mit einem älteren Mann (Richy Müller) hat 28 und auch sonst das schnelle sexuelle Abenteuer sucht. Zunächst sind es nur ein Ausdruck in ihrem Gesicht und ihr immer wieder etwas zu sprunghaftes Verhalten, die ahnen lassen, dass etwas nicht stimmt. Bald wird klar, dass ihre Eskapaden weit weniger mit Lust zu tun zu haben als mit dem verzweifelten Versuch, überhaupt Kontakt zu den eigenen Gefühlen zu bekommen. So wie auch der Schmerz, wenn sie ihre Unterarme mit der Rasierklinge schneidet. Sie bewegt sich an der Grenze, borderline, ständig in Gefahr, dass ihr das Leben ganz entgleitet. Sie lernt Jan (Maximilian Brückner) kennen, der Tiermedizin studiert. Er ist nett und bodenständig und verliebt sich in sie ohne Bedingungen. Er könnte für Maria eine Chance sein, aber wie weit kann sie ihm vertrauen, ohne ihn zu verlieren? Finanziert wurde „Allein“ im Rahmen der „Six Pack“-Reihe für NRW-Nachwuchsfilme, für die der WDR und die Filmstiftung NRW zu gleichen Teilen ein Gesamtbudget von 800.000 Euro zur Verfügung stellen. Das reicht für einen Erstling, wenn die Geschichte konzentriert genug ist, Personen und Schauplätze überschaubar sind und wenn die Darsteller, wie etwa Richy Müller, Abstriche an ihren üblichen Gagen in Kauf nehmen. Gerade bei einem Debüt, meint Ortmanns, sei es gut, wenn man für die Finanzierung nicht tingeln gehen müsse, weil sonst der Zeitraum der Produktionsvorbereitung noch weiter in die Länge gezogen würde. Außerdem schätzt er am „Six Pack“ die grundsätzliche „Option auf Kino“, die in diesem Fall von Werner Fuchs’ Zorro Filmverleih eingelöst wurde, der „Allein“ bei den Filmtagen in Hof entdeckte. Was bestimmt aber, ob ein Film im Kino oder im Fernsehen besser aufgehoben ist? „Für mich ist der Unterschied, ob es eine Geschichte ist, die einen emotional sehr, sehr stark bindet. Also, wo ich weiß, es geht um etwas sehr Existenzielles“, sagt Joachim Ortmanns. „Das muss jetzt nicht Leben und Tod sein, dass es da wirklich auf Messers Schneide steht – das gibt es ja bei Actionfilmen möglicherweise auch – aber es ist das Emotionale, was den Unterschied beim Kino macht, die Geschichte hinter der Geschichte.“ Zugleich stellt er fest, dass es sehr hochwertige, sorgfältig produzierte TV-Filme gebe, auf die diese Kriterien zutreffen, etwa von Christian Petzold. Die Unterscheidung zwischen Kino und TV verschwimme zunehmend, „im Guten wie im Schlechten“. Ein Beispiel sei „Der Grenzer und das Mädchen“ (Regie: Hartmut Schoen) mit Axel Prahl und Margerita Breitkreiz: „Das ist ein so guter Film, da würden die Franzosen sicher für ins Kino gehen. Wir haben ein dermaßen gutes deutsches Fernsehen, auch bei diesen Einzelstücken, das macht es zum Teil dem Kino noch schwerer, gerade für Filme wie ‚Allein’, die jetzt nicht vordergründig mit den ganz großen Versprechungen kommen, den ganz großen Szenen, den ganz großen Stars.“ [email protected] – Making of • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 29 Dabei hat „Allein“ sehr wohl einen „Star“, auch wenn viele ihn vielleicht noch nicht kennen: Lavinia Wilson. Sie ganz allein trägt die geradlinige Geschichte, findet genau den richtigen Ton, die richtigen Blicke, um die Brüchigkeit und Zerbrechlichkeit ihrer Figur überzeugend auf die Leinwand zu bringen. Beim Saarbrücker Max-Ophüls-Festival hat ihr das den Preis als beste Nachwuchsdarstellerin eingebracht. Das aufwändige Casting (Anja Dihrberg), bei dem die Kandidaten nicht nur einzeln, sondern in der für den Film so zentralen Paarkonstellation vorspielten, hat sich offenbar gelohnt. Auch der nächste Film von Thomas Durchschlag wird von Lichtblick produziert werden, womit Ortmanns, quasi als Nebeneffekt, auch dem Trend entgegen wirken will, dass so viele junge Kreative – Hans Weingartner, Daniel Brühl oder Drehbuchautor Bernd Lichtenberg sind nur drei Beispiele – nach Berlin abwandern. Er freut sich über die fruchtbare Arbeit der Kölner Filmschulen ifs und KHM mit ihren unterschiedlichen Ansätzen, sieht im Kinobereich in NRW aber ein noch ungenutztes Vakuum. „Ein gut funktionierendes Fernsehklima haben wir auf jeden Fall, aber dieses cineastische Klima, da müssen wir noch etwas für tun.“ BUbububububub, Foto: XXXXXX Lavinia Wilson in „Allein“ Foto: Lichtblick Making of – [email protected] 29 • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 30 Geförderte Kinofilme der Filmstiftung NRW Mit besten Empfehlungen Impressum Herausgeber: Michael Schmid-Ospach Chefredakteur: Rüdiger Bertram CvD: Stefanie Hadding Redaktion: Oliver Baumgarten, Katharina Blum Tanja Güß, Peter Hanemann (A.R.T.) Wolfgang Hippe (A.R.T.) Mitarbeiter dieser Ausgabe: Heike Meyer-Döring (MEDIA), Michael Dlugosch, Anna Koskoda, Uwe Mies, Günter Jekubzik, Reinhard Kleber, Tatjana Kimmel, Michael André, Christian Seebaum und Andreas Rehnolt Redaktionsassistenz: Sonja Steinberg Gestaltung/Layout: inrhein, düsseldorf, alfred friese Titelfoto: „Allein“ Foto: Lichtblick Redaktionsschluss: 20. Juni 2005 Anzeigenbetreuung: Sonja Steinberg Tel. (0211) 9305024 Anzeigenschluss für die nächste Ausgabe: 15. Juli 2005 Der newsletter ist kostenlos und kann bei der Filmstiftung NRW abonniert werden. Danke an alle Produzenten, Sender & Verleiher für ihre Unterstützung und die Bilder zu ihren Filmen. Das Lächeln der Tiefseefische Kinostart: 7. Juli Verleih: Central Film M alte (Jakob Matschenz) steht kurz vor seiner Volljährigkeit. Sein Ziel: Führerscheinprüfung bestehen und dann nichts wie weg aus Ahlbeck, einem Seebad auf Usedom. Weg von dem alkoholabhängigen Vater, der sich selbst aufgegeben hat. Weg von dem baufälligen Haus, in dem beide leben. Weg in den Westen, genauso wie es vor Jahren seine Schwester Hannah gemacht hat. Doch die steht mit Sohn Lukas überraschend wieder vor der Tür. Und Malte lernt durch Urlauberin Annika (Alice Dwyer) die Liebe kennen. Plötzlich ändert sich alles für Malte, und er beginnt, Verantwortung zu übernehmen. „Das Lächeln der Tiefseefische“ ist für den 1976 in Hamburg geborenen Till Endemann der zweite Langfilm nach „Mondlandung“ (2003). Trotz aller tragischen Aspekte möchte er seinen neuen Film als Komödie verstanden wissen und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Dafür stehen symbolisch die Tiefseefische, für die sich der kleine Neffe Lukas so brennend interessiert. Die nämlich können in der Tiefe des Ozeans leuchten: „Egal, wie dunkel es ist, man kann sich immer Licht machen.“ Jakob Matschenz erhielt beim Filmfestival Max-Ophüls-Preis die Auszeichnung als Bester Nachwuchsdarsteller. Deutschland 2005, Regie: Till Endemann, Drehbuch: Till Endemann, Darsteller: Jakob Matschenz, Alice Dwyer, Adrian Topol, Peter Kurth, Victoria Mayer, Benjamin Mayer, Produktion: Ziegler Film Köln, WDR/arte www.zieglerfilmkoeln.de Europa Bin Jip Kinostart: 21. Juli Verleih: Real Fiction Filmverleih M an schreibt das Jahr eins nach dem Zweiten Weltkrieg. Der junge Amerikaner Leopold findet die Heimat seiner Vorfahren als zerbombtes Chaos vor. Unter der strengen Obhut seines Onkels tritt Leopold seinen neuen Dienst an: als Schlafwagenschaffner im ersten Luxuswaggon eines neuen Zeitalters. Hier trifft er die attraktive wie geheimnisvolle Katharina, die Direktorentochter des Eisenbahnunternehmens. Leopold verliebt sich und muss erkennen, dass er seit seiner Ankunft in Europa Spielball aller möglichen Interessen gewesen ist. Die Freude am verfremdenden Spiel mit den Erzählregeln des Genrefilms trieb Lars von Trier 1991 mit dem Abschluss seiner Europa-Trilogie (nach „The Element of Crime“ und „Epidemic“) in faszinierende Gefilde surrealer Überhöhung und nordischer Schwermut. Sein Europa ist ein in artifiziellem Schwarzweiß verfremdeter Kosmos, wo sich die Perspektiven verzerren, die Fluchtlinien im Unendlichen verlieren und die Farbe Rot groteske Akzente setzt. Mit seinem Film gewann von Trier zahlreiche skandinavische Filmpreise und konnte auch in Cannes Erfolge feiern. „Europa“ erntete drei Auszeichnungen: die Großen Preise der Jury und der Technik sowie den Preis für den herausragenden künstlerischen Beitrag. Dänemark/Schweden/Deutschland/Frankreich 1990, Regie: Lars von Trier, Buch: Lars von Trier, Niels Vorsel, Darsteller: Jean-Marc Barr, Barbara Sukowa, Udo Kier, Ernst-Hugo Järegard, Eddie Constantine, Produktion: Gunnar Obel Prod., Nordisk Film TV, Gerard Mital Prod., PCC, WMG, Schwedisches Filminstitut, Dänisches Filminstitut, Eurimages www.realfictionfilme.de Tel.: (0211) 93 05 00 Fax: (0211) 93 05 085 Kaistraße 14 D – 40221 Düsseldorf [email protected] Allein Kinostart: 28. Juli Verleih: Zorro siehe Making of Seite 28 30 [email protected] – Kinovorschau Kinostart: 11. August Verleih: Pandora Film Verleih T ae-suk heftet Werbezettel an Haustüren. Bleibt der Zettel unangetastet, weil der Eigentümer verreist ist, kehrt Tae-suk zurück, bricht ein und bleibt, solange er dort ungestört ist. Als Dankeschön hält er die Wohnung in Ordnung und nimmt auch schon mal kleinere Reparaturen vor. Eines Tages aber versagt das scheinbar sichere System. Tae-suk dringt in eine Villa ein und findet sich am folgenden Morgen mit einer jungen Frau konfrontiert. Sunhwa, ein ehemaliges Model, lebt hier in völliger Isolation, misshandelt von einem gewalttätigen Ehemann. Es sind die traurigen Blicke der Frau, die Tae-suk nach überstürzter Flucht zurück ins Haus führen. Binnen weniger Jahre hat sich der Koreaner Kim Ki-duk als einer der fleißigsten und künstlerisch fruchtbarsten Filmautoren im europäischen Festivalzirkel etabliert. Nach dem Berlinale-Regiepreis für „Samaria“ wurde er auf den letzten Filmfestspielen von Venedig auch für „Bin-Jip“ ausgezeichnet. Die surreal anmutende Liebesgeschichte um ein Pärchen im Niemandsland zwischen Traum und Wirklichkeit vermischt sanfte Melancholie und unbeschwerte Situationskomik zu einem hypnotischen Kinokosmos von irritierender Entrücktheit und verzückender Schönheit. Ein ruhiges Werk eines rastlosen Total Filmmaker, das nicht zuletzt deshalb in seinen Bann zieht, weil es die ureigenste Qualität des Kinos beherzigt – das Erzählen in bewegten, bewegenden Bildern. Süd-Korea/Japan 2004, Regie: Kim Ki-duk, Buch: Kim Ki-duk, Darsteller: Lee Seung-yeon, Jae Hee, Kwon Hyuk-ho, Cho Cho Jin-mo, Choi Jeong-ho, Produktion: Kim Ki-duk Film in Ko-Produktion mit CineclickAsia www.pandorafilm.com • letter_juli_14-32 27.06.2005 14:52 Uhr Seite 31 Weltverbesserungsmaßnahmen Kinostart: 11. August Verleih: Concorde Filmverleih W ir brauchen mehr Spinner, die sich trauen, einer fixen Idee zu folgen, selbst wenn sie völlig unsinnig erscheint.“ Mit diesem hintersinnigen, aberwitzigen Credo spannte das Filmautoren-Duo Jörn Hintzer und Jakob Hüfner einen gedanklichen Rahmen für sein erstes gemeinsames Spielfilmprojekt. Und man ließ den Planspielen Taten folgen mit einem Episodenfilm aus dem Strudel der Befindlichkeiten und Bedürfnisse des ganz normalen Alltagswahnsinns der deutschen Gegenwart. Da gibt es die Selbsthilfegruppe Ampel e.V., die rücksichtsvolles Fahrverhalten zum Ziel hat und dabei manchem Teilnehmer interessante Einblicke in die eigene Psyche ermöglicht. Oder wie wäre es mit der Initiative „Mehr Ästhetik für alle“? Da werden Autos auf Parkplätzen der Farbe nach zu den Stellplätzen gewiesen. Das Leihgeschwisterprogramm wiederum vermittelt Arbeitslose als Ersatzgeschwister an Einzelkinder, während „Alle auf Augenhöhe“ mit einem speziellen Schuh die Förderung des Gleichheitsprinzips vorantreiben soll. Insgesamt sieben Anregungen für ein pro- Sábado – Das Hochzeitstape Kinostart: 18. August Verleih: flax film K ameramann und Produzent Gabriel Díaz wird in diesem filmischen Experiment gleichzeitig zu einem der Hauptdarsteller, denn der chilenische Film „Sábado – Das Hochzeitstape“ besteht aus einer einzigen, 65-minütigen Einstellung. Es ist ein schöner Samstagmorgen. Für diesen Tag ist eine Hochzeit geplant. Daraus wird nichts. Eine Frau namens Antonia (Antonia Zegers) schnappt sich ihren Nachbarn Gabriel (Gabriel Díaz), denn er hat eine Digitalkamera, und nimmt ihn mit. Er soll protokollieren, was passieren wird. Antonia sucht eine Frau namens Blanca auf. Noch glaubt Blanca, dass sie an dem Tag heiraten wird. Schon im Brautkleid erfährt Blanca (Blanca Lewin) von Antonia, dass ihr Verlobter Victor ein Draufgänger ist. Antonia wur- Die Daltons vs. Lucky Luke Kinostart: 25. August Verleih: Falcom Media Group M a Dalton hat die Nase voll. Gerade mal 20 Dollar Kopfgeld haben ihre vier Söhne als Räuberbande auf sich vereinen können. So viel Schande verträgt keine Gaunerfamilie, also werden die Jungs an die Luft gesetzt. Nach solcher Demütigung will die Dalton-Gang sich natürlich beweisen und sucht sich für ihren nächsten Coup die sicherste Bank im Wilden Westen aus – die Bank in Gulch City. Zunächst muss noch ein magischer Sombrero beschafft werden. Außerdem braut man sich einen Zaubertrank und alles könnte gut sein. Doch die Daltons haben die Rechnung mal wieder ohne Lucky Luke gemacht. Kinovorschau – [email protected] duktiveres, sorgenfreieres Miteinander bilden das erzählerische Gerüst der „Weltverbesserungsmaßnahmen“. Der auf HighDefinition-Material gedrehte Film erlebte seine Uraufführung im Rahmen der Programmreihe „Perspektive Deutsches Kino“ auf der diesjährigen Berlinale und wurde vom US-Fachblatt Variety in die Critic’s Choice-Reihe „Europe Now“ des Karlovy Vary International Film Festival aufgenommen. Deutschland 2005, Regie: Jakob Hüfner, Jörn Hintzer, Buch: Jakob Hüfner, Jörn Hintzer, Darsteller: Andreas Nickl, Peer Martiny, Katja Rosin, Patrick Güldenberg, Christoph Bach, Jan Schütte, Jakob Hüfner, Vera Teltz, Cornelius Schwalm, Ulrike Molsen, Produktion: Datenstrudel www.weltverbesserungsmassnahmen.de de von Victor (Víctor Montero) geschwängert, und sogar die letzte Nacht haben sie zusammen verbracht. Die Nacht vor der Hochzeit! Entrüstet sucht Blanca ihren Noch-Bräutigam auf. Nicht, ohne Kameramann Gabriel auch dorthin mitzunehmen. Aus purer wirtschaftlicher Not heraus versucht das lateinamerikanische Kino, sparsame Produktionsmethoden auszuprobieren. Der 26jährige Regisseur Matías Bize machte daraus „eine Tugend der digitalen Unabhängigkeit“ und drehte „Sábado“ in einstündiger Echtzeit. Für „seine Frische, seinen Erfindergeist und seine filmische Energie“ zeichnete ihn die Jury des 52. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg 2003 mit dem Rainer-Werner-Fassbinder-Preis aus. Chile 2003, Regie: Matías Bize, Drehbuch: Paula del Fierro, Julia Rojas, Darsteller: Blanca Lewin, Antonia Zegers, Gabriel Díaz, Diego Muñoz, Víctor Montero, Produktion: Matías Bize, Gabriel Díaz, Angel Films, Spanisch mit deutschen Untertiteln www.flaxfilm.de Til Schweiger spielt den gleichmütigen Cowboy mit Jeans und weißem Hut. Als Gegenspieler wurden die französischen Comedy-Stars Eric Judor und Ramzy Bedia als Joe und Averall Dalton verpflichtet. Im Gegensatz zur ersten „Lucky Luke“-Verfilmung von 1990, in der Terence Hill eine Rückkehr zum Spaß-Western der 70er Jahre versuchte, zielte Regisseur Philippe Haim für seine Real-Version auf präzise Umsetzung der gezeichneten Vorbilder und nutzte dafür ausgiebig die verbesserten Möglichkeiten der modernen Digital-Tricktechnik. Der Westernheld, der schneller den Colt ziehen kann als sein Schatten, ist endlich Kinowirklichkeit geworden. Frankreich/Deutschland/Spanien 2005, Regie: Philippe Haim, Buch: Michel Hazanavicius, Eric Judor; Darsteller: Til Schweiger, Eric Judor, Ramzy Bedia, Marthe Villalonga, Javivi, Said Serrari, Romain Berger, Produktion: Integral Film (D), UGC Images (F), Sogedasa (E) www.daltonsgegenluckyluke.de 31 • letter_juli_14-32 27.06.2005 B A I 14:52 Uhr L I N G Seite 32 M I R I A M Y E U N G Dumplings Delikate Versuchung 3L FILMVERLEIH präsentiert eine APPLAUSE PICTURES Produktion Ein FRUIT CHAN Film “DUMPLINGS – DELIKATE VERSUCHUNG” Mit MIRIAM YEUNG BAI LING und TONY KA-FAI LEUNG Original Soundtrack CHAN KWONG-WING@CLICKMJUSIC Schnitt FRUIT CHAN und CHAN KI-HOP Art Director PATER WONG Kostüme DORA NG Production Design YEE CHUNG-MAN Kamera CHRISTOPHER DOYLE (HKSC) Mischung MEDIA BUSINESS SERVICES LTD. Technische Bearbeitung SHAW BROTHERS (HK) LTD. Drehbuch LILIAN LEE Produzent PETER HO-SUN CHAN Regie FRUIT CHAN Ab 4. August im Kino ©2004 Applause Pictures Limited. All Rights Reserved. Wieweit würdest Du gehen, um Deinen Hunger nach Schönheit "Nach CHUNGKING EXPRESS und IN THE MOOD FOR LOVE der neue Leckerbissen aus Hongkong." zu stillen? www.dumplings-delikate-versuchung.de