Fixateur interne mit Pins und Polymethylmethacrylat zur Fixation

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Fixateur interne mit Pins und Polymethylmethacrylat zur Fixation
Aus der Chirurgischen Veterinärklinik -Kleintierchirurgie- (Prof. Dr. E. Schimke)
der Justus-Liebig-Universität Gießen
Fixateur interne mit Pins und Polymethylmethacrylat zur
Fixation einer Instabilität des 5. und 6. Halswirbels nach Ventral
Slot-Operation bei einem Rottweilerrüden
O. LAUTERSACK und M. KRAMER
Zusammenfassung
In der Chirurgischen Veterinärklinik (Kleintierchirurgie) der Justus-Liebig-Universität Gießen
wurde ein 3 ½ jähriger Rottweilerrüde mit progressiver Tetraparese vorgestellt. Aus der
Anamnese war bekannt, dass der Hund 8 Wochen zuvor wegen chronisch degenerativer
Diskopathie zwischen dem 5. und 6. Halswirbel operiert worden war. Wegen rezidivierender
Symptomatik wurde er 4 Wochen später nachoperiert und der Zugang zum Rückenmark
erweitert.
Die klinisch-neurologische und röntgenologische Untersuchung zeigte Instabilität der
kaudalen Halswirbelsäule mit dynamischer Kompression von ventral durch noch
vorhandenes, vorgefallenes Bandscheibenmaterial im operierten Intervertebralspalt. Der
Druck auf das Rückenmark in diesem Bereich hatte zu kaudaler zervikaler
Spondylomyelopathie geführt.
Die Therapie durch operative Erweiterung des Slot mit Entfernung der Bandscheibenreste und
anschließender Stabilisation mit Steinmannnägeln und Polymethylmethacrylat (Fixateur
interne) werden beschrieben.
Summary
A 3 ½ year old male Rottweiler dog with progressive tetraparesis was presented at the
veterinary teaching hospital for small animal surgery of the Justus-Liebig-University Gießen.
The owner told us that the dog had been operated by the local veterinarian between the 5th and
6th cervical vertebra because of chronic discopathy 8 weeks before. Because of recurrence of
signs the slot was enlarged in a second operation by the veterinarian.
The neurological examination and the X-ray showed instability of the 5th and 6th cervical
vertebra with dynamic compression by remaining disc material in the spinal canal. The
chronic pressure on the cervical spine lead to the symptoms of caudal cervical
spondylomyelopathy.
The operative enlargement of the ventral slot with excision of remaining disc material and the
stabilisation with pins and polymethylmethacrylate (Fixateur interne) are described.
Einleitung
Degenerative Bandscheibenerkrankungen der Halswirbelsäule kommen bei allen Rassen vor,
wobei meist chondrodystrophe Hunde betroffen sind. Dabei tritt die Diskopathie besonders an
den Übergängen von beweglichen zu starren Wirbelsäulenabschnitten auf. Verschiedene
Zugänge zum Wirbelkanal im Halsbereich sind für die operative Dekompression beschrieben.
1
Die übliche Methode ist der Ventral Slot, während die dorsale Laminektomie und der laterale
Zugang selten angewandt werden.
Die Größe des Ventral Slot richtet sich nach den betroffenen Wirbeln und sollte 25 % der
Länge des kranialen und kaudalen Wirbelkörpers, sowie 50 % der Breite des
Intervertebralspalts nicht überschreiten (Prata und Stoll, 1973). Wird der Zugang größer
angelegt, besteht die Gefahr, dass die entsprechenden Wirbelkörper gegeneinander instabil
werden. Die Beeinträchtigung der funktionellen Integrität der Bandscheibe führt jedoch
immer zu vermehrter Beweglichkeit zwischen den betroffenen Wirbeln (Macy et al., 1999),
die aber bei Einhaltung der Richtlinien klinisch nicht von Bedeutung ist.
Bei dem Rottweiler wurde mit den Operationen des Haustierarztes (HTA) und der
Erweiterung des Ventral Slot in der Chirurgischen Veterinärklinik der Universität Gießen zur
vollständigen Dekompression eine pathologische Instabilität verursacht, die mit
entsprechenden Veränderungen bei der kaudalen zervikalen Spondylomyelopathie („WobblerSyndrom“) vergleichbar ist, wie sie häufig beim Dobermann beschrieben wird (Seim und
Withrow, 1982; Lewis, 1989).
Die Stabilisation des betroffenen 5. und 6. Halswirbels erfolgte mit Pins und Zement nach
Modifikation der von Bruecker et al. (1989) beschriebenen Methode.
Fallbeschreibung
Anamnese
An der Chirurgischen Veterinärklinik (Kleintierchirurgie) der Justus-Liebig-Universität
Gießen wurde ein 3 ½ jähriger, männlicher Rottweiler wegen eines rezidivierenden
Halswirbelsäulensyndroms (HWS-Syndrom) vorgestellt. 8 Wochen zuvor war der Hund
erstmals vom HTA wegen Diskopathie zwischen dem 5. und 6. Halswirbel (C 5/6) mit einem
„Ventral Slot“ operiert worden. Danach trat eine kurzfristige Besserung von etwa 1 ½
Wochen mit anschließend deutlicher Verschlechterung der klinischen Symptomatik ein. 4
Wochen nach der ersten Operation wurde der Slot vom HTA erweitert, um im Wirbelkanal
verbliebenes Bandscheibenmaterial zu entfernen. Auch mit dieser Operation gelang keine
vollständige Dekompression des Rückenmarks, so dass sich der neurologische Status nach
etwa 2 Wochen erneut deutlich verschlechterte. 4 Wochen nach der zweiten Operation wurde
der Hund in unserer Klinik vorgestellt.
Klinische und klinisch-neurologische Untersuchung
Der Hund war an den Vordergliedmaßen gut bemuskelt und hatte ein Körpergewicht von 47
kg. Die Hintergliedmaßen wiesen beiderseits symmetrische, gering- bis mittelgradige
Muskelatrophie auf. Kopf und Hals wurden steif in kranio-ventraler Richtung gehalten. Dabei
war die passive Bewegung dieses Bereiches für den Patienten in jeder Richtung schmerzhaft.
Im Schritt fiel an den Vorder- und Hintergliedmaßen Hypermetrie auf, die in der Nachhand
deutlicher sichtbar war. Die Schwungphase der Hinterbeine wurde beiderseits mit
ausgeprägtem Ausschlagen nach kaudal begonnen. Im Trab verstärkten sich die Symptome.
Der Hund zeigte Zehenschleifen, das an den Hintergliedmaßen deutlicher zu sehen war, und
ausgeprägte Schwäche in der Nachhand, die besonders beim Treppensteigen auffällig war.
Die Haltungs- und Stellreaktionen waren an beiden Hintergliedmaßen verzögert. An der
linken und rechten Hintergliedmaße fiel der gesteigerte Patellar- und Flexorreflex auf.
Die orthopädische Untersuchung war ohne besonderen Befund.
2
Röntgenuntersuchung
Auf den Leeraufnahmen der Halswirbelsäule war der verengte Zwischenwirbelspalt C 5/6 und
in ventro-dorsaler Projektion der große und asymmetrisch links angelegte Ventral Slot der
zuvor durchgeführten Operationen auffällig.
Die okzipital durchgeführte Myelographie zeigte deutliche Vorwölbung des
Kontrastmittelstreifens von ventral am Übergang C 5/6, wobei die Einengung für
Kontrastmittel mit geringer Verzögerung passierbar war. Unter Zug am Kopf erweiterte sich
der verengte Zwischenwirbelspalt C 5/6 bis auf physiologischen Durchmesser. Die vorsichtig
nach ventral gebeugte Stressaufnahme verminderte die Kompression, während die
Dorsoflexion die Einengung verdeutlichte. Diese Befunde sprachen für das Vorliegen einer
Diskopathie mit Instabilität an der beschriebenen Stelle.
Abb. 1:
Kontrastdarstellung
des
Rückenmarks in latero-lateraler Projektion von
C 4/5 bis C 6/7 unter geringer Ventroflexion
Abb. 2:
Kontrastdarstellung des Rückenmarks in
latero-lateraler Projektion von C 4/5 bis C 6/7 unter
geringer Dorsoflexion
Liquoruntersuchung
Die Liquoruntersuchung ergab 4 Leukozyten/3 μl mit lymphozytär-monozytärem Zellbild.
Der Proteingehalt (156,0 mg/l) und der Glukosegehalt (5,3 mmol/l) lagen im physiologischen
Bereich.
Diagnose
Auf Grund des Vorberichts, der klinisch-neurologischen und röntgenologischen
Untersuchungen wurde die Diagnose „kaudale zervikale Spondylomyelopathie durch
chronische Diskopathie im Intervertebralspalt C 5/6“ gestellt. Das in den Wirbelkanal
vorgefallene Bandscheibenmaterial und die sekundäre Instabilität nach Ventral Slot-Operation
hatte zu der klinischen Symptomatik geführt. Da der Rottweiler weiterhin deutliche und
progressive Ausfälle zeigte, wurde nach Absprache mit den Besitzern die weitere chirurgische
Dekompression mit anschließender Stabilisation der Wirbel C 5/6 durchgeführt.
Operative Dekompression und Stabilisation mit Fixateur interne
Der Zugang zur Wirbelsäule erfolgte von ventral in üblicher Weise (Piermattei, 1993). An der
ventralen Fläche des 5. und 6. Halswirbels wurde der Ventral Slot sichtbar, der sich links der
Medianen befand. Um das noch im Wirbelkanal vorhandene, zum Teil fest an der Dura mater
anhaftende Bandscheibenmaterial zu entfernen, wurde der Slot um etwa 3 mm nach rechts
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erweitert. Der Ventral Slot ragte nach der Vergrößerung des Zugangs etwa 75 % nach kranial
in den 5. und 20 % nach kaudal in den 6. Halswirbel und umfasste ungefähr 60 % der Breite
des 5. und 45 % der Breite des 6. Wirbels.
Abb. 3: Ventral Slot nach Erweiterung
Die Instabilität zwischen C 5/6 bestätigte sich intraoperativ, wobei die Erweiterung des Slot
die Beweglichkeit noch erhöhte.
Die Stabilisation erfolgte durch Einbringen von je 2 Steinmannnägeln (Ø 2,7 mm) mit
Gewinde in den 5. und 6. Halswirbel. Dabei wurde der erste Pin von dorso-lateral wenige
Millimeter links der Medianen etwa im 30° Winkel zur Senkrechten nach rechts ventral
eingebohrt, der zweite entsprechend auf die andere Seite.
Abb. 4: Ventral Slot mit Steinmannnägeln
Abb. 5: Zustand nach Kürzen der Steinmannnägel
Nachdem alle Pins in den Wirbelkörpern verankert waren und in beiden Kortikales Halt
gefunden hatten, wurden sie auf eine überstehende Länge von etwa 4 cm gekürzt. Der Zement
wurde angerührt und um die Nägel modelliert. Dabei wurde das Polymethylmethacrylat1 in
einem Ring von etwa 2,5 cm Breite um den Ventral Slot gelegt, um eine Abflussmöglichkeit
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für entstehende Wundflüssigkeit und einen Zugang zum Rückenmark zu belassen. Während
der Aushärtung des PMM wurde die entstehende Wärme durch Spülung mit kalter NaClLösung abgeleitet.
Abb. 6: Ringförmig angelegter Knochenzement mit zentraler Aussparung
Der abschließende Wundverschluss erfolgte in üblicher Weise. Lediglich der paarige
Musculus longus colli wurde seitlich des Implantats belassen.
Durch die postoperative Röntgenkontrolle wurde der korrekte Sitz der Steinmannnägel und
des Zements dokumentiert. Im Institut für Veterinärpathologie der Justus-Liebig-Universität
Gießen wurde das vorgefallene und entfernte Bandscheibenmaterial histologisch untersucht.
Bei dem Gewebe handelte es sich um faserreiches Bindegewebe mit chondroider Metaplasie
und Verdacht auf herdförmige Verkalkungen2.
Postoperative Phase
In den ersten 8 Tagen erhielt der Hund Ampicillin (2 x tgl. 50 mg/kg KM) und Carprofen (2 x
tgl. 2 mg/kg KM). Nach der Aufwachphase bewegte der Patient den Halsbereich bereits ohne
erkennbare Bewegungseinschränkung. Während des ersten postoperativen Tages konnte der
Hund mit leichter Unterstützung der Nachhand laufen. Am zweiten Tag bewegte sich der
Patient ohne fremde Hilfe, wobei das anfangs vorhandene Zehenschleifen an beiden
Vorderbeinen bis zum 7. Tag fast vollständig verschwunden war. Die Gliedmassen wurden
während des stationären Aufenthaltes schwingend mit erhöhter Steifigkeit vorgeführt. Zu
keinem Zeitpunkt waren Schmerzen bei Bewegung der Halswirbelsäule erkennbar. Am 8. Tag
nach der Operation wurde der Hund nach Hause entlassen.
4 Wochen nach der Operation erfolgte die erste Kontrolle. Der Patient bewegte beide
Hintergliedmaßen mit undeutlich ausgeprägter Hypermetrie, die ursprüngliche Steifheit war
jedoch nicht mehr erkennbar. Die Haltungs- und Stellreaktionen wurden normal ausgeführt
und an allen Gliedmaßen zeigte sich Normoreflexie. Der oberflächliche Tiefenschmerz war
vollständig erhalten.
Durch die Röntgenkontrolle wurde der reaktionslose Sitz der Implantate im Knochen
bestätigt.
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Die zweite Kontrolle wurde nach 7 Monaten durchgeführt. Der Hund lief zu dieser Zeit hinten
beiderseits geringgradig steif und führte die Hinterbeine etwas zu weit unter den Körper. Der
Gang war sicher, zum Urinabsatz konnte er auf 3 Beinen stehen, ohne zu schwanken.
Haltungs- und Stellreaktionen waren unauffällig, hinten rechts zeigte er geringgradige
Hyperreflexie. Die übrige neurologische Untersuchung war ohne besonderen Befund.
Zwischen dem 5. und 6. Halswirbelkörper zeigte sich radiologisch ein ventral beginnender
Durchbau. Um die Steinmannnägel war kein Knochenabbau erkennbar.
Abb. 7: Beginnender ventraler Durchbau zwischen C5/6, keine Reaktion um die Steinmannnägel
Diskussion
Beim Rottweiler kann die Diskopathie im mittlerem Alter nach fibrinoider Degeneration der
Bandscheibe auftreten (Hansen, 1952; Bray et al., 1998). Die Therapie kann je nach
klinischem Schweregrad und Dauer konservativ oder operativ erfolgen. Im Fall einer
Operation an der HWS wird in der Regel der ventrale Zugang zum Wirbelkanal gewählt, da er
bei den meisten Tieren ausreichend Raum zur Entfernung vorgefallenen
Bandscheibenmaterials bietet und mit geringem Risiko iatrogener Schädigung des
Rückenmarks verbunden ist. Der Slot sollte dabei nicht mehr als 25 % in den kranialen und
kaudalen Wirbel ragen, sowie 50 % der Breite des Intervertebralspalts umfassen (Prata und
Stoll, 1973).
Der Ventral Slot des in unserer Klinik behandelten Rottweilers lag geringgradig paramedian
auf der linken Seite. Da der vorgefallene Diskus bei nicht-chondrodystrophen Rassen meist
fest und faserartig und damit häufig schwer zu entfernen ist, konnte während der ersten und
zweiten Operation über diesen Zugang das Bandscheibenmaterial nicht vollständig entfernt
werden.
Die Ventral Slot-Operation trug in diesem Fall in zweierlei Hinsicht zur Entstehung der
Instabilität bei. Erstens wurde durch den Eingriff die funktionelle Integrität der Bandscheibe
beeinträchtigt. Macy et al. (1999) konnten zeigen, dass bereits die Fenestration von
Bandscheiben zwischen dem 5. und 6. Halswirbel zu einem signifikanten Anstieg der
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Beweglichkeit führt. Daneben trug der erhebliche, durch die dritte Operation nochmals
deutlich erhöhte Substanzverlust der Wirbelkörper zur Instabilität bei.
In der Literatur wurden zahlreiche Methoden zur Stabilisation von pathologisch
gegeneinander beweglichen Wirbelkörpern bei chronisch degenerativer Diskopathie
beschrieben (Gage und Hall, 1972; Ellison et al., 1988; Bruecker et al., 1989; McKee et al.,
1989, 1990; Dixon et al., 1996; Queen et al., 1998). Dabei herrscht bis heute eine kontroverse
Diskussion über die am besten geeignete Operationstechnik, obwohl viele Autoren nach
Auswertung ihrer Methode von Erfolgsquoten zwischen 67 % (Huvrov, 1979) und 92 %
berichten (Ellison et al., 1988: 80 %; Queen et al., 1998: 81 %; McKee et al., 1990: 85 %;
Rusbridge et al., 1998: 85 % {„screw and washer technique“}, 92% {„ventral slot“}). In
gewissem Widerspruch zu diesen guten Ergebnissen stehen die Untersuchungen einiger
Autoren, die nach Stabilisation von Intervertebralspalten in Abhängigkeit zur postoperativen
Beobachtungsdauer alleine in bis zu 25 % der Fälle das Auftreten des „Domino-Effekts“
beobachteten (Bruecker, Seim und Withrow, 1987; Bruecker, Seim und Blass, 1989;
Bruecker, Seim und Withrow, 1989; Wilson et al., 1994).
Welche Methode mehr Erfolg verspricht, kann nur schwer beurteilt werden. Die
Beobachtungszeiträume schwanken zwischen, aber auch innerhalb der einzelnen Studien
erheblich, was den statistischen Vergleich der unterschiedlichen Techniken verbietet.
Wir führten in dem beschriebenen Fall eine modifizierte Technik der von Bruecker et al.
(1989) veröffentlichten Methode zur Stabilisation mit Pins und PMM durch. Die Autoren
bewerteten bei 78 % der nach dieser Technik operierten Hunde der Eingriff als erfolgreich.
Auch andere Autoren haben diese Operation bereits mit Erfolg angewandt (Seim III, 1997;
LeCouteur, 1999).
Unabhängig von den Vorteilen erschien uns in diesem Fall die Fixation durch Pins und
Zement die beste Möglichkeit der Stabilisation. Durch die Entfernung von übermäßig viel
Knochensubstanz war die stabile Fixation der Wirbelkörper mit anderen Methoden nicht mehr
sinnvoll.
Da die Steinmannnägel zwei Kortikales durchbohren, kann davon ausgegangen werden, dass
ihre Fixation belastbarer ist als die von Ellison et al. (1988) verwendeten Schrauben, die
lediglich in der äußeren Kortikalis Halt finden. Die Divergenz der Nägel gibt dem PMM
ausreichend Halt, um ein Wandern zu verhindern.
Bruecker et al. (1989) konnten bei keinem Patienten eine Wirbelkörperfraktur feststellen. Das
Einbohren von Implantaten in transversaler Ebene scheint für den Erhalt der Stabilität des
Wirbelkörpers damit nicht weniger geeignet als bei longitudinaler Ausrichtung (Rusbridge et
al., 1998). Ebenso traten keine vergleichbaren Probleme wie nach ventraler Verplattung
instabiler Wirbel auf (Swaim, 1975).
Die Methode „Pins und Zement“ besitzt sofort nach dem Aushärten des Kunststoffs ein hohes
Maß an Stabilität, die auch durch die feste Verankerung der Steinmannnägel im Knochen mit
getragen wird. Dies ist nach unserer Ansicht ein großer Vorteil gegenüber Methoden, die ihre
Festigkeit erst mit der Fusion der Wirbelkörper erhalten und dadurch über einen längeren
Zeitraum den entstehenden Kräften nur wenig entgegenwirken können (Goring et al., 1991;
Dixon et al., 1996; Rusbridge et al., 1998).
Das Entstehen des „Domino-Effekts“ ist bei Stabilisation mit Pins und Zement eine
Komplikation, die Bruecker et al. (1989) bei 3 von 37 Patienten (8,1 %) feststellen mussten.
Andere Autoren konnten diese Sekundärläsion trotz fester Fixation der instabilen Wirbelpaare
nicht beobachten (Huvrov, 1979; Ellison et al., 1988; McKee et al., 1990; Queen et al., 1998).
Möglicherweise ist dieser Unterschied auf eine abweichende Patientenselektion, einen
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kürzeren Beobachtungszeitraum oder zu geringe Patientenzahlen zurückzuführen. Der
Rottweiler gilt allerdings nicht als Rasse, die zur Entwicklung von Instabilität der HWS neigt.
Somit scheint unserer Ansicht nach das Risiko von „Domino-lesions“ unabhängig von der
angewandten Operation in diesem Fall deutlich geringer zu sein als bei prädisponierten
Rassen wie Dobermann oder Dogge.
Der Erfolg der Therapie des Rottweilerrüden kann noch nicht abschließend bewertet werden.
Bereits 10 Wochen nach der Operation war deutliche Besserung des allgemeinen und
klinisch-neurologischen Zustandes zu sehen, der sich 7 Monate nach dem Eingriff weiter
stabilisiert und gebessert hat. Die Fixation instabiler Intervertebtalspalten durch
Steinmannnägel und Polymethylmethacrylat scheint daher auch bei schweren Hunderassen
mit kräftiger Halsmuskulatur wie dem Rottweiler gute Stabilität zu verleihen.
1
2
Palacos®, Fa. Merck Biomaterial GmbH, 64271 Darmstadt
wir danken dem Institut für Veterinärpathologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (Prof. Dr. M.
Reinacher) für die pathologisch-histologische Untersuchung der Gewebeprobe
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Anschrift des Verfassers:
Oliver Lautersack
Tierärztliche Klinik für Kleintiere, Ettlingen
Hertzstr. 25
76275 Ettlingen
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