Factsheet: São Luiz do Tapajós

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Factsheet: São Luiz do Tapajós
Factsheet: São Luiz do Tapajós
Hintergrund zum São Luiz do Tapajós Megastaudamm
Der São Luiz do Tapajós ist der erste und größte von insgesamt fünf Staudämmen, die am
Tapajós-Fluss und seinem Nebenfluss Jamanxim im Amazonas-Regenwald geplant sind. Mit
einer 7,6 Kilometer breiten Staumauer soll der Megastaudamm mit einer maximalen
Nennleistung von 8.040 Megawatt betrieben werden. Die Durchschnittsleistung soll bei 4.012
Megawatt liegen. Zu erwarten ist, dass knapp 400 Quadratkilometer Regenwald für das
Projekt überschwemmt werden1. Weitere 2.200 Quadratkilometer würden durch indirekte
Waldzerstörung - für den Bau von Straßen und anderer Bauarbeiten - verloren gehen2. Die
Inbetriebnahme der ersten Turbine soll fünf Jahre nach dem Baubeginn des Projekts erfolgen,
die Letzte nach sieben Jahren3.
In Zukunft plant die brasilianische Regierung im gesamten Tapajós-Einzugsgebiet die
Errichtung von mehr als 40 Staudämmen4. Der brasilianische Staat ist von internationalen
Konzernen abhängig, die wesentliche Bestandteile für Staudämme liefern. Eine der wenigen
in Frage kommenden Unternehmen weltweit ist dafür die österreichische Andritz AG, die für
Staudammprojekte Turbinen und Generatoren liefert5. Obwohl ein Ausschreibungsverfahren
für den São Luiz do Tapajós bislang noch nicht stattgefunden hat, zeigt die Andritz AG bereits
Interesse an diesem Projekt6.
Kosten des São Luiz do Tapajós7
Derzeit wird davon ausgegangen, dass die Baukosten des São Luiz do Tapajós rund acht
Milliarden Euro betragen werden8. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Kosten für
Megastaudämme üblicherweise höher ausfallen als geplant (teilweise durch Verzögerungen
bei den Bauarbeiten). Im Falle des Belo Monte Megastaudamms in Brasilien erhöhten sich die
ursprünglichen Kosten von etwa vier Milliarden Euro bereits im frühen Stadium des
Ausschreibungsverfahrens auf rund fünf Milliarden Euro. Derzeit schätzt man die Kosten für
Belo Monte bereits auf knapp neun Milliarden Euro9. Greenpeace geht somit davon aus, dass
das São Luiz do Tapajós Projekt fast doppelt so viel kosten könnte wie derzeit prognostiziert.
Die Kosten könnten auf 15 Milliarden Euro steigen.
Ökologische Folgen des Megastaudammes
Megastaudämme können weitreichende Folgen für die Ökosysteme des Amazonas und seiner
Nebenflüsse haben, da sie die Wasserkreisläufe verändern. Dies hat wiederum Auswirkungen
auf Flora und Fauna. Die Landvegetation wird vernichtet und in den Gewässern kommt es zu
einem Biodiversitätsverlust. Auch der São Luiz do Tapajós hätte weitreichende Folgen auf den
1
CNEC & Worley Parsons (2014), EIA - Estudo de Impacto Ambiental AHE São Luiz do Tapajós, Volumes 1-3:
http://licenciamento.ibama.gov.br/Hidreletricas/S%C3%A3o%20Luiz%20do%20Tapajos/EIA_RIMA/Volume%2012_13_14%20e%20
15%20-%20Cap%20_7.4.2/Volume_13_Cap_7.4.2_Tomo_I.pdf
2
Barreto, P. et al (2014), O risco de desmatamento associado a doze hidrelétrica na Amazônia. In: Souza Júnior, W. C. Tapajós
Hidrelétricas, Infraestrutura e Caos
3
MME - Ministério de Minas e Energia (2015), Programa de Investimento em Energia Elétrica (PIEE) 2015-2018:
http://www.mme.gov.br/documents/10584/3013891/Programa+de+Investimento+em+Energia+El%C3%A9trica+-+PIEE/f5822def3b51-4231-982f-f667b754fe5b?version=1.1
4
Alencar, A. et al (2015): Deforestation scenarios in the area of influence of the Tapajós Hydropower Complex, in State of the
Amazon: Freshwater Connectivity and Ecosystem Health
5
Andritz, Website Hydro: http://www.andritz.com/de/index/hydro.htm
6
Andritz, Andritz Group - Capital Market Day 2015, Vienna: https://www.andritz.com/gr-cmd2015-wolfgang-leitner_en.pdf
7
Folgende Kosten sind auf bzw. abgerundete Währungsumrechnungen
8
CNEC & Worley Parsons (2014), Estudo de Viabilidade do AHE São Luiz do Tapajós Relatório Final – Volume 1
9
Perreira, R. (2013), Orçado em R$ 16 bilhões, custo da Usina de Belo Monte já supera os R$ 30 bilhões. O Estado do S. Paulo, 11
May 2013: http://economia.estadao.com.br/noticias/geral,orcado-em-r-16-bilhoes-custo-da-usina-de-belo-monte-ja-supera-os-r-30bilhoes,153398e
Tapajós-Fluss, seine Nebenflüsse und die umliegenden Flächen. Denn das TapajósFlussgebiet gilt als Paradies der Artenvielfalt: 1.378 verschiedene Pflanzenarten beheimaten
diese Region. Außerdem leben rund 600 Vogel-, 352 Fisch-, 109 Amphibien-, 95 Säugetierund 75 Reptilienarten in der Nähe des geplanten Megastaudammes. Viele dieser Arten sind
nur in dieser Region heimisch und vom Aussterben bedroht, wie beispielsweise die vor Ort am
meisten vorkommende Schildkrötenart, die Terekay-Schienenschildkröte10. Weitere Tiere, die
diese Region beheimaten sind Flussdelfine, Kaimane und Fischotter11.
Megastaudämme werden gegenwärtig gerne als Motor für erneuerbare Energien bezeichnet.
Doch der Schein trügt. Megastaudämme in sensiblen Regionen wie dem AmazonasRegenwald heizen den Klimawandel weiter an, da die Staudammbecken große Mengen an
Methan, ein Treibhausgas, 23 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid, freisetzen12.
Soziale Folgen des Megastaudammes
Der Tapajós-Fluss ist die Lebensader der Munduruku, eines 12.000 Menschen zählenden
Indigenen-Volkes. Ein Großteil des Staudammkomplexes wird nach Fertigstellung in ihrem
Territorium liegen. Der Damm selbst wird etwa sieben Prozent ihres Landes fluten. Zwei
zusätzlich geplante Dämme flussaufwärts würden weitere große Teile der MundurukuTerritorien überschwemmen13. Neben den Flutungen werden die Dämme negative
Auswirkungen auf die Lebensform der Munduruku haben. Durch die veränderten
Wasserkreisläufe und die Auswirkungen auf die umliegenden Landschaften gefährdet das
Projekt die Wasserversorgung und Nahrungsquellen der Munduruku. Seit dem Jahr 2011
versuchen die Indigenen ihr Recht durchzusetzen und ihr Land durch die brasilianische
Regierung anerkennen zu lassen. Obwohl die Nationale Indigenen Behörde FUNAI im Jahr
2013 zu dem Urteil kam, dass das Territorium alle gesetzlichen Bestimmungen für eine
Anerkennung erfüllt, wurde der Prozess zur Anerkennung angehalten. Das brasilianische
Ministerium für Bergbau und Energie befürchtete, dass die Anerkennung das
Megastaudammprojekt behindern könnte14.
Aktuelle Lage
Derzeit wird das Umweltverträglichkeitsgutachten für den São Luiz do Tapajós, das bereits
gravierende Mängel aufweist, geprüft. Eines der Hauptprobleme der Studie ist, dass sie keine
Rücksicht auf die weiteren geplanten Staudämme nimmt, die am Tapajós-Flussgebiet geplant
sind. Gemeinsam werden die Staudämme das Landschaftsbild eines der artenreichsten
Regionen der Welt komplett verändern15.
10
Naka, L.N. et al (2015), Barragens do rio Tapajós: uma avaliação crítica do estudo e relatório de impacto ambiental (EIA/RIMA) do
aproveitamento hidrelétrico São Luiz do Tapajós, Greenpeace: http://greenpeace.org.br/tapajos/docs/analise-eia-rima.pdf
11
CNEC & Worley Parsons (2014), EIA - Estudo de Impacto Ambiental AHE São Luiz do Tapajós, Volume 13 part I – II:
http://licenciamento.ibama.gov.br/Hidreletricas/S%C3%A3o%20Luiz%20do%20Tapajos/EIA_RIMA/Volume%2012_13_14%20e%20
15%20-%20Cap%20_7.4.2/Volume_13_Cap_7.4.2_Tomo_I.pdf
12
Fearnside, P.M. (2016) Greenhouse gas emissions from Brazil’s Amazonian hydroelectric dams. Environmental Research
Letters 11: 011002/10.1088/1748-9326/11/1/011002
13
France Libertés – Fondation Danielle Mitterrand, International Rivers, Amazon Watch, Interamerican Association for
Environmental Defense, Bianca Jagger Human Rights Foundation (2015): Large dams and violations of indigenous peoples’ rights in
the Brazilian Amazon: The case of the Tapajós basin
14
FUNAI (2013), Relatório Circunstanciado de Identificação e Delimitação da Terra Indígena Sawré Muyby:
http://www.cimi.org.br/File/RCIDSawreMuybu(Pimental)2013_2.pdf
15
Naka, L.N. et al (2015), Barragens do rio Tapajós: uma avaliação crítica do estudo e relatório de impacto ambiental (EIA/RIMA) do
aproveitamento hidrelétrico São Luiz do Tapajós, Greenpeace: http://greenpeace.org.br/tapajos/docs/analise-eia-rima.pdf
Greenpeace fordert von der Andritz AG:

Eine Distanzierung vom Megastaudammprojekt São Luiz do Tapajós

Die ausnahmslose Beteiligung an Projekten, die die Rechte indigener Völker nicht
bedroht und die ILO Konvention 169 und das Recht auf freie, vorherige und
informierte Zustimmung der indigenen Völker einhalten

Keine Involvierung in weitere ökologisch
Staudammprojekte in sensiblen Ökosystemen
und
sozial
zerstörerische