Wiedersehen macht Freu(n)de
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Markt-Forschung: Lateinamerika wird – wie hier auf dem Foto rechts Guatemala – auch dank des Cayenne zu einer immer wichtigeren Region für Porsche Historie Wiedersehen macht Freu(n)de Porsches berühmtester 550 Spyder hatte einen großen Auftritt bei der Einweihung des neuen PorscheZentrums in Mexiko-Stadt. Es war nicht sein erstes Gastspiel in Mexiko. Vor knapp 50 Jahren fuhr genau dieser Wagen den bis dahin größten Rennsporterfolg für die Marke ein: Platz drei bei der Carrera Panamericana. Die Mittelamerika-Tour der historischen Modelle ging weiter nach Guatemala. Von Michael Sönke Latin lovers: Die blühenden Farben und die reiche Tradition Guatemalas (links und rechts) bildeten den Rahmen für die historische Tournee eñor Oscar Uribe ist ein feiner, sympathischer und hoch angesehener Mann, dem in Mexiko viel Achtung entgegengebracht wird. Eine Größe im Automobilhandel des Landes. Der Name Uribe steht auch hinter dem neuen Porsche-Zentrum in Mexikos Hauptstadt. Für Oscar Uribe ist bei der Einweihungsfeier der beste Platz reserviert, auf ihn richtet sich die Aufmerksamkeit, er soll Mittelpunkt von 550 Premierengästen in Porsches neuem Glaspalast in Mexiko Stadt sein. Doch zunächst kommt alles anders als erwartet: Oscar Uribe bleibt im Dunkeln. Noch dazu draußen auf einem Parkplatz, während der Regen den gedeckten Seidenanzug durchdringt. Eine knappe Handbewegung macht deutlich, dass Uribe dieses Missgeschick in diesem Moment nicht berührt. Er richtet seine Aufmerksamkeit auf einen kleinen Porsche mit rot lackierten Heckflossen und mancher Sponsorenaufschrift. „Señor Uribe, bitte nehmen Sie Platz“ – Klaus Bischof, Leiter des Porsche-Museums, deutet aufs offene Cockpit des Porsche 550 Spyder. Eine Hand an die Windschutzscheibe, dann zunächst das eine, dann das andere Bein über die Aluhaut hinweg, bis der reife Herr auf den roten Ledersitzen steht. Oscar Uribe gleitet langsam hinein in den Porsche. Und Klaus Bischof lässt den Wagen an. Ziemlich durchnässt fährt das Team Bischof/Uribe, begleitet von kräftigem Auspufflärm, in den Showroom ein. Die meisten Gäste, darunter auch Porsches Vertriebs-Vorstand Hans Riedel, werten diese kurze Fahrt als Höhepunkt der gesamten Festveranstaltung. S Manch einer spricht mit leuchtenden Augen von einer „Heimkehr“ des Porsche. Und ein Teil des Beifalls gilt auch Oscar Uribe, dafür, dass er sich spontan zu solch einer Spritztour bereit erklärt hat. Mexiko ist für den Spyder fast so etwas wie heimischer Boden. Der spätere Le MansSieger Hans Herrmann und Jaroslav Juhan aus Guatemala belegten hinter zwei viel stärkeren Werks-Ferrari den dritten und vierten Platz im Gesamtklassement der Carrera Panamericana. Es ist Porsches erster Erfolg bei einem großen Straßenrennen. Rennleiter Huschke Rück-Kehr an die Stätte alter Erfolge: Treffen von 550 Spyder und 911 RSR 58 Christophorus 300 300 Christophorus 59 Einfahrt freihalten: Klaus Bischof (am Steuer) mit Oscar Uribe Uribes Sohn Auch Legenden brauchen einen Parkplatz: 911 Carrera RSR (links von der Treppe) in Mexiko-Stadt von Hanstein hatte für diesen Einsatz eine Pioniertat vollbracht: Er finanzierte den Transport nach Mittelamerika und den Einsatz über zahlreiche Sponsoren. Die Schriftzüge „Fletcher-Aviation“ oder „Telefunken-Radio“ auf der Außenhaut stechen neben der Startnummer 55 ins Auge. Mit dieser bunten Zier präsentiert sich der kleine Porsche noch heute, obwohl er eine gründliche Restauration hinter sich hat. Als Klaus Bischof knapp fünf Jahrzehnte nach der Siegesfahrt die für den historischen Rennsport üblichen Wagenpapiere beim Automobilweltverband FIA beantragte, wurden diese zunächst verweigert. Argumentation: Ein historischer Wagen habe original zu sein, und Sponsorennamen wären erst Ende der sechziger Jahre großflächig auf Rennwagen zu sehen gewesen. Bischof klärte die Kommissare über Hansteins frühen Finanzierungstrick auf. Der Erfolg bei der Carrera Panamericana von 1954 hatte Folgen für Porsche. Schon sportliche 356-Modelle erhielten ob des Ergebnisses den Zusatz „Carrera“. Seit dem 911 Carrera RS von 1973 ziert dieser klangvolle Name auch zahlreiche Elfer-Modelle. Passend dazu hatte Bischof noch einen ganz speziellen 911 nach Mexico Stadt mitgebracht: den 911 Carrera RSR im MartiniLook, mit dem Gijs van Lennep und Herbert Müller im Jahr 1973 das letzte große Straßenrennen gewannen – die Targa Florio auf Sizilien. Auch diese Veranstaltung geht auch jenen leicht über die Lippen, denen der Motorsport eher fern ist: dass Porsche Targas baut, gehört wohl zur Allgemeinbildung. Zwischen 1954 und heute hat sich noch ein weiterer Name eingeprägt, der Porsche mit Mexiko auf Dauer verbindet: Rodríguez. Die Brüder Ricardo und Pedro Rodríguez galten Einpacken und ausgepackt: Aktuelle Modelle und Zeitzeugen wie das ausgestellte 356 Coupé von Manfredo Lippmann (re.) 60 Christophorus 300 Die gemeinsame Sprache heißt Porsche: Bilder von den Feierlichkeiten in Mexiko-Stadt. Vertriebsvorstand Hans Riedel und Oscar Uribe (4. und 5. von links) vor 40 Jahren als ganz große Talente im Rennsport. 1942 geboren, endete Ricardos hoffnungsvolle Karriere früh mit einem tödlichen Unfall beim Heim-Grand-Prix in Mexiko im November 1962. Pedro Rodríguez, Jahrgang 1940, gewann 1967 und 1970 zwei Große Preise für CooperMaserati und BRM. Wie damals üblich, fuhren dieGrand Prix-Stars auch Sportwagen-Rennen. 1968 siegte Pedro Rodríguez mit Lucien Bianchi auf Ford GT40 in Le Mans – noch gegen Porsche. Doch 1970 und 1971 war Pedro Rodríguez Mitglied des inoffiziellen Porsche-Werksteams von John Wyer. Diese beiden Jahre gehören zu den besten in der Geschichte der Markenweltmeisterschaft. Gefahren wurde mit bis zu 400 km/h schnellen Fünf-Liter-Rennsportwagen. Steve McQueens Film „Le Mans“ lieferte auch dem breiten Publikum einen Eindruck jener Ära. Geprägt wurde sie vom Duell Porsche gegen Ferrari und vom Zweikampf der Porsche-Werksfahrer: Pedro Rodríguez gegen den Schweizer Jo Siffert. Diese großen Rennfahrer lieferten sich Duelle im letzten Winkel des Grenzbereichs, in Spa-Francorchamps beispielsweise berührten sich die beiden Porsche-Sportwagen bei Tempo 300 mehrfach. Wer war der bessere der beiden großen Piloten? Darüber streiten Zeitzeugen bis heute. „Rodríguez“, sagt Klaus Bischof. Nicht alle Mitglieder des früheren Porsche-Werksteams teilen seine Meinung. Tragisch, dass beide das Jahr 1971 nicht überlebten, sie verunglückten bei vergleichsweise unbedeutenden Rennen. Siffert im BRM bei einem nicht zur Weltmeisterschaft zählenden Formel-1-Lauf, Rodríguez in einem privaten Ferrari 512 M auf dem Nürnberger Norisring. Sportlicher Entdecker: Der 911 GT1 von 1998 schnuppert Höhenluft in Guatemala 300 Christophorus 61 Guadalajara Colima Yu c a t á n León Mexiko-Stadt Veracruz Morelia Cuernavaca Oaxaca Acapulco Golf von Mexiko Kuba Grafik: RWS G U AT E M A L A HONDURAS Guatemala Dom. Republik Puerto Rico EL SALVADOR San Salvador Haiti Jamaika Guatemala Honduras El Salvador Nicaragua Costa Rica Panama Vergessen sind diese Rennfahrerlegenden nicht. Jetzt, in Porsches neuem Domizil in Mexiko-Stadt stehen Klaus Bischof und Señor Oscar Uribe nebeneinander, sehen sich gemeinsam einen Film über Pedro Rodríguez an. Carrera, Rodríguez, 550 Spyder – Porsche hat in Mexiko ein Heimspiel. Ganz aktuell wurde noch ein Name aus Lateinamerika mit Porsche verbunden: Das Stichwort lautet Cayenne, schließlich stammt dieses Gewürz aus Französisch-Guayana! BELIZE Tuxtla Gutiérrez Vorbild-Charakter: Starterfeld für den Slalom in Guatemala – und Hobbypiloten mit dem Le-Mans-Siegerauto PA Z I F I K Venezuela Kolumbien 0 Es ist, formuliert man es ohne große Emotionen, ein Geben und Nehmen zwischen Zuffenhausen und dieser Region in der Mitte des amerikanischen Kontinents. In Guatemala, weitab von in Europa bekannten Rennstrecken, gründeten 35 Enthusiasten einen Porsche-Club. Sie sammelten sich im Rahmen einer ganzen „Porsche Week“ um Guillermo und Sven Brobeil, die dem Auto zugetane Familie kümmert sich bereits seit 27 Jahren um den guten Ruf von Porsche in 400 km Guatemala. Weit verbreitet im Nachbarland von Mexiko ist der aktuelle Porsche Turbo. Für Klaus Bischof, der sein rollendes Museum auch hier an den Start bringt, ein Hinweis auf technische Kenntnisse. „Weite Teile Guatemalas liegen über 2000 Meter hoch“, erklärt Bischof, „und ein Turbomotor verliert hier weniger an Leistung als die üblichen Triebwerke.“ Bischof selbst machte die Probe aufs Exempel, er fuhr jenen 911 GT1, der 1998 die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat. Man- gels Rennstrecke wurde auf dem ausgedehnten Parkplatz des vornehmen Country Clubs „Hacienda Nueva“ ein Slalomkurs abgesteckt. Kleiner Schönheitsfehler: Es regnete auch hier. Sven Brobeil hatte zwar ein Zelt aufstellen lassen, doch während der Demorunden des GT1 hielt es niemand unter der Plane, alle wollten den Rennwagen sehen, hören und riechen. Feuchte Kleider somit bei Señor Uribe und ebensolche bei der Porsche-Gemeinde Guatemalas. Gestört hat das niemanden. Forsche Forscher: Auf den Straßen Lateinamerikas machte der Name Carrera Karriere Fotos: Langenbacher/Oberrauter Viva Mexico: Der Boxster S in einem Straßenbild mit gelegentlich sehr eigener Dynamik Belize Belize City Coatzacoalcos G ol f v on Te hua nt e p e c USA Mexiko Campeche Puebla MEXIKO Länder, Menschen, Abenteuer: Zwölf Millionen Nachkommen der Mayas leben auf 109 000 Quadratkilometern in Guatemala G ol f v on Ca mp e c he 62 Christophorus 300 300 Christophorus 63