Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine

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Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine
Verkehrstelematik – der Mensch
und die Maschine
Überblick über Verkehrstelematiksysteme
und psychologische und sozialwissenschaftliche
Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik
Karin Ausserer
Ralf Risser
Christine Turetschek
Viktoria Reiss-Enz
Feber 2006
Verkehrstelematik – der Mensch
und die Maschine
Überblick über Verkehrstelematiksysteme,
psychologische und sozialwissenschaftliche
Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik
Auftragnehmerin:
FACTUM Chaloupka & Risser OHG, Verkehrs- und Sozialanalysen
A-1040 Wien, Danhausergasse 6/4
Kontakt: Mag.a Karin Ausserer, Univ. Prof. Dr. Ralf Risser
Tel.: 43 1 504 15 46 Fax: 43 1 504 15 48
e-mail: [email protected]
www.factum.at
Auftraggeber:
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit)
Sektion II
A-1011 Wien, Stubenring 1
Kontakt: DI Viktoria Reiss-Enz, MAS
Tel.: 43 1 711 00 55 27
e-mail: [email protected]
Vorwort
Wenn man in die europäische und auch in die nationalen Forschungslandschaften
in Europa schaut, fallen einem unweigerlich alle Ausschreibungen, Projekte,
Workshops usw. auf, die sich mit Telematik befassen. Besonders intensiv behandelt man dieses Thema im Verkehrsbereich. Neue elektronische Systeme und
Ausrüstungstypen erregen aus unterschiedlichsten Gründen die Interessen vieler
Menschen. Sie haben spontan betrachtet das Potential, Aufgaben einfacher und
sicherer zu machen und sind gleichzeitig mit dem Flair des Spielerischen und Erstaunlichen verbunden. Eher selten stoßen sie auf Ablehnung, häufig auf interessierte Zustimmung bei den VerkehrsteilnehmerInnen. Aus kaufmännischer Sicht
ist es daher naheliegend für Auto bzw. Fahrzeughersteller, Infrastruktur
bereitstellende Institutionen und Firmen, Zulieferindustrie usw. usf., sich mit
Verkehrstelematik zu befassen und ständig neue Lösungen zu lancieren und auf
den Markt zu bringen. Dazu komplementär sehen manche WissenschafterInnenund ForscherInnengruppen in der Telematik die Möglichkeit zur Lösung vieler mit
Transport und Verkehr verbundener Probleme, quasi analog zu den
VerkehrsteilnehmerInnen, aber in differenzierterer und wissenschaftlichsystematischerer Form. Sicherheit, Umweltschutz, Lebensqualität, Komfort usw.
könn(t)en diesen Gruppen zufolge mit Hilfe der Verkehrstelematik verbessert
bzw. erhöht werden. Auch jene WissenschafterInnen und ForscherInnen, die der
Telematik skeptisch gegenüberstehen, finden in ihr ein Betätigungsfeld insofern,
als das Thema "unerwünschte Nebeneffekte" ja ebenfalls behandelt werden
muss: Es steht heute außer Streit, dass jeder Eingriff in komplexe Systeme – sei
es nun der menschliche Körper oder das sozio-technische System Verkehr –
Nebeneffekte haben kann, auch negative bzw. unerwünschte.
Aus diesen Überlegungen heraus ergab sich die Aufgabe, eine Skizze über den
Bereich Telematik anzufertigen – nämlich den vorliegenden Bericht. Er gibt einen
groben Überblick über am Markt befindliche und marktnahe System- und Ausrüstungstypen, stellt in Kürze ihre potentiellen und nachgewiesenen positiven
Wirkungen dar, diskutiert mögliche unerwünschte Wirkungen an. Nicht zuletzt
enthält der Bericht Überlegungen, wie man neue System- und Ausrüstungstypen
bzgl. ihrer Auswirkungen in der Praxis untersuchen kann: Das soll ja erfolgen,
ehe Probleme auftreten, Probleme sollen verhindert werden. Insbesondere im
Straßenverkehrsbereich besteht für eine solche prognostische Evaluation keine
Tradition. Einige Überlegungen bzw. Untersuchungen dazu liegen aber vor, und
auch über sie wird berichtet.
Zusammenfassung
Immer mehr Menschen und Waren sind rund um den Globus unterwegs.
Umweltschäden, Unfälle, Staus sind die negativen Konsequenzen dieser meist
„automobilen“ Lebensform. Viele VerkehrsplanerInnen, WissenschafterInnen und
PolitikerInnen erhoffen sich durch den Einsatz von Telematik im Verkehr eine
Lösung vieler mit Transport und Verkehr verbundener Probleme.
Unter Verkehrstelematik versteht man das Erfassen, Übermitteln, Verarbeiten
und Nutzen von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs. Durch Verkehrstelematik soll das gesamte
Verkehrssystem bestmöglich gestaltet werden, wobei der intermodalen Mobilität
eine Schlüsselrolle zukommt. Intelligente Verkehrssteuerungssysteme und intelligente Fahrzeuge bzw. Ausrüstung sollen dazu beitragen die Verkehrssicherheit
zu erhöhen, die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit zu optimieren, unnötigen Verkehr zu reduzieren und den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu
fördern. Der Einsatz von Telematik im Verkehrswesen hat dabei stets additiven
und integrativen Charakter. D.h. es ersetzt kein bestehendes System, sondern
soll
vielmehr
nur
unterstützend
bei
der
Umsetzung
nachhaltiger
Verkehrsstrategien wirken.
In der europäischen Verkehrspolitik ist Verkehrstelematik schon seit einigen Jahren ein fixer Bestandteil. An europäischen telematischen Netzwerken wird gearbeitet. Es gibt etliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischen Schwerpunkten. Betrachtet man sich die am Markt befindlichen telematischen Systeme, so erkennt man, dass es bereits ein Fülle von unterschiedlichen Systemen und Ausrüstungstypen für fast alle Verkehrsträger gibt.
Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive (Verkehrsbeeinflussungsanalgen, Parkleitsysteme, etc.) und individuelle Systeme gemanagt (Informations- und Assistenzsysteme, etc.) mit dem primären Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehrsfluss zu verbessern. Im öffentlichen
Verkehr dienen Systeme, die den Verkehrsablauf beschleunigen (z.B. Betriebsleitsysteme), Informationsdienste (z.B. Fahrplanauskunft) und Serviceleistungen
(z.B. elektronisches Ticketing) zur Attraktivierung dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Auch für den Fußgänger- und Radverkehr gibt es vereinzelt Systeme, die
Sicherheit und Komfort der Fußgänger und Radfahrer erhöhen können. Im Flotten- und Frachtenmanagement soll vor allem durch eine verbesserte Warenzustellung die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Verkehr reduziert
werden.
Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft sind,
werden aber wahrscheinlich nur zum Teil erfüllt werden. Verkehr ist ein komplexes dynamisches System und besteht aus einer Summe von Einzelhandlungen.
Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch bei telematischen Systemen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen davon abhängen, in welcher Art
und Weise der einzelne Verkehrsteilnehmer bzw. die einzelnen Verkehrsteilnehmerin sich das System zu Nutzen macht.
Aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht ergeben sich daher
folgende Handlungsschritte, die generell beim Einsatz neuer telematischer
Systeme berücksichtigt werden sollten (siehe auch anschließende Graphik 1):
•
Nutzenidee steht über der technologischen Innovationsidee
Unabhängig davon, für welchen Verkehrsträger ein neues System entwickelt
wird, ist es wichtig, dass die Nutzenidee stets über der technologischen
Innovationsidee steht. D.h. man sollte bei der Entwicklung stets vor Augen
haben, dass dem Endverbraucher bzw. der Endverbraucherin ein tatsächlicher
Vorteil durch die Verwendung eines Systems entsteht.
•
Glaubwürdigkeit und Sorgfalt
Glaubwürdigkeit und Sorgfalt der Anbieter ist eine der wichtigsten
Voraussetzungen der adäquaten Verwendung von Systemen durch die
VerkehrsteilnehmerInnen: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!“
Telematische Systeme müssen für den Nutzer bzw. die Nutzerin glaubwürdig
erlebt werden. Wenn das GPS-Navigationssystem jedes zweite Mal eine
falsche Route angibt, wenn das aktive Gaspedal auch in unkritischen
Situationen
die
Geschwindigkeit
zurücknimmt,
wenn
die
Geschwindigkeitsreduktion bei der Section Control jedes zweite Mal nicht
nachvollziehbar ist, etc. wird dem System kein Vertrauen entgegengebracht
werden. Dies hat negative Auswirkungen auf das Verhalten. D.h. Systeme,
die auf den Markt kommen, müssen technisch ausgereift sein, die Bedienung
der Systeme z.B., von Verkehrsbeeinflussungsanlagen muss nach klar
festgelegten Regeln erfolgen, die Wirkung muss fair und verlässlich sein.
•
Interdisziplinärer Ansatz
Bei der Entwicklung eines neuen Systems und bei der Erforschung der
Auswirkungen, ist ein interdisziplinärer Zugang unumgänglich. Nur wenn
ExpertInnen unterschiedlicher Fachbereiche an der Entwicklung beteiligt sind,
kann garantiert werden, dass nur jene Systeme auf den Markt kommen, die
auch tatsächlich eine Verbesserung des Verkehrssystems bedeuten.
•
Interdisziplinäre Methodik
Auswirkungen eines Systems müssen mit interdisziplinären Methoden
evaluiert werden. Aber auch innerhalb der Disziplinen ist es notwendig,
verschiedene Methoden in Kombination zu verwenden, um bei der Einführung
eines neuen Systems z.B. unerwünschte Verhaltensanpassungen antizipieren
zu können (z.B. Phänomen kurzfristiger Verhaltensänderung, dann wieder
Veränderung zurück zur Ursprungslage).
•
Durchführen von Langzeitstudien (Zeit = Sicherheit)
Derzeit werden in den wenigsten Fällen Langzeitstudien über die
Auswirkungen von Systemen z.B. auf das Fahr- und Interaktionsverhalten der
NutzerInnen durchgeführt. Viele Aspekte, z.B. der Verhaltensanpassung,
treten aber erst nach einer gewissen Zeit, wenn man mit dem System
vertraut geworden ist, zu Tage. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass
Systeme erst dann großflächig eingeführt werden, wenn auch tatsächlich
negative Langzeitwirkungen ausgeschlossen werden können.
•
Permanente Evaluation
Neue Systeme, auch wenn sie bereits in Verwendung sind, müssen einer
ständigen Evaluation durch den Nutzer bzw. der Nutzerin unterzogen werden.
Auf diese Weise wird gewährleistet, dass eine permanente Kommunikation
mit
dem
Nutzer
bzw.
der
Nutzerin
stattfindet,
und
negative
Verhaltensanpassungen rechtzeitig erkannt werden können Vor allem im
Bereich des motorisierten Individualverkehrs ist es wichtig, ständig zu
erforschen, inwieweit Systeme von den BenutzerInnen angenommen werden,
inwieweit sie Auswirkungen auf das generelle Fahrverhalten haben und
inwieweit sie die Interaktion mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen
beeinflussen. Auch bei den kollektiven Verkehrsbeeinflussungsanlagen ist es
notwendig, die Auswirkungen nicht nur partiell z.B. für den jeweiligen
Streckenabschnitt zu betrachten, sondern die Auswirkungen auf das generelle
Fahr- und Interaktionsverhalten zu untersuchen. Kapazitätssteigerungen und
Sicherheitsgewinn für einen gewissen Streckenabschnitt könnten längerfristig
z.B. durch Risikokompensation bzw. durch Problemmigration einen negativen
Sicherheitseffekt auf nicht-beeinflussten Strecken bedeuten.
Im Bereich des öffentlichen Verkehrs ist es ebenfalls wichtig, die
Kommunikation mit den KundInnen stets aufrecht zu erhalten und neue
Systeme immer wieder Evaluierungen zu unterziehen, damit auch tatsächlich
die Bedürfnisse unterschiedlicher BenutzerInnen berücksichtigt werden
können.
•
Telematik soll Chancengleichheit fördern
Bei den neuen Technolgien sollte besonders darauf geachtet werden, dass
schwächere
VerkehrsteilnehmerInnen
(ältere
Menschen,
behinderte
Menschen, Kinder) auch Nutzen daraus ziehen bzw. keinen Schaden davon
haben. Aus diesem Grund, ist es wichtig auch diese Zielgruppen in den
Evaluationsprozess mit einzubeziehen und die Auswirkungen von Systemen
auf sie zu bewerten.
Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken.
Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auch
tatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweit
die obigen Punkte berücksichtigt werden.
Graphik 1: Verkehrstelematik und
sozialwissenschaftliche Aspekte
Gesellschaftlicher Nutzen
Erhöhtes subjektives
Sicherheitsgefühl
Delegierung von
Verantwortung
Objektiver versus subjektiver Nutzen
Risikokompensation
Imitation
Unglaubwürdigkeit
des Systems
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Verhaltensgeneralisierung
Akzeptanzprobleme
Motorisierter Individualverkehr
Vernetzung der
Verkehrsträger
Verbesserung
der
Wirtschaftlichk
eit
Verkehrs
telematische
Systeme
Güterverkehr
Unerwünschte
Verhaltensanpassung
Umweltverbund
Beitrag zur
Umweltverträglichkeit
Weniger
Interaktion und
Kommunikation
Verbesserung der
Serviceleistungen
Chancengleichheit
Mehrdeutigkeit
von Signalen
Soziale Ausgrenzung
Barrierefreiheit
Physische, kognitive,
visuelle Ablenkung
Ausschluss bestimmter
Personengruppen von der
Verwendung des Systems
Elektronischer
Analphabethismus
Geringeres
Situationsbewusstsein
= Zielsetzungen
= sozialwissenschafltiche
Aspekte
Summary
More and more people and goods move/are moved from one place to an other
round the globe. This mobile way of living causes also some problems, not least
environmental damages, accidents and congestions. Traffic planners, scientists
and politicians expect to solve many problems in traffic with the help of telematics.
Telematics in traffic are means to collect, transmit, process and make use of data
relevant for traffic in order to organise and manage the traffic system in the
most efficient way. Intermodality has a key function in this context. By means of
intelligent traffic systems and intelligent vehicles viz. equipment, traffic safety
should be increased, the whole traffic system should be optimised with respect to
capacity, availability, usability reliability, etc., as well as car traffic should be reduced and the use of alternative modes should be promoted.
Telematics is already an essential element of the European traffic policy. Researchers all over Europe work on interoperable telematic networks within different
research programs. There are lots of various telematic systems for nearly all
transport modes already on the market or close to market implementation.
With respect to motor-vehicle transport telematic systems can be divided into
collective (Traffic management systems, Parking guidance system, etc.) and individual systems (In-Vehicle Information Systems, Advanced Driving Assistance
Systems, etc.). They mainly aim at an increase of traffic safety and at an improvement of the traffic flow. Traffic information systems (e.g. Electronic time
tables), Operation control systems, special services (e.g. Electronic ticketing) try
to make the use of public transport more attractive. There even exist some
telematic systems that make walking and cycling safer and more comfortable.
Improved delivery services in freight traffic will, among other things, help to reduce the burden for residents that are caused by through traffic.
These high expectations that are linked to the use of telematics in traffic are
likely not to be fulfilled completely. Traffic is a complex dynamic system. It consists of a large number of single actions. People’s actions are the core of the
traffic system and they are responsible for the character of and the climate in
traffic. The efficiency of telematic systems will mainly depend on the sum of behaviours of all single road users, viz. how they make use of the system.
From a psychological and socio-scientific point of view the following aspects have
to be considered, if you want to implement new telematic systems (see also
graphic 1 below):
•
The personal importance for the users has to be valued higher than the degree of innovation
Independently from the kind of transport mode a system is developed for, the
user needs are of great importance if one wants to achieve acceptance. This
means if a system is developed, one should always keep in mind that the user
should have an advantage when making use of the system.
•
Credibility and Accuracy
Credibility and Accuracy of the provider are main requirements in order to
guarantee that road users use telematic systems in an adequate way
Users have to experience telematic systems in a positive way. They will not
trust in telemactic systems, if for instance navigation systems do not work
every second time, if ISA-systems reduce speed in an uncontrolled way, if
speed limits displayed by section-control systems are not comprehensible.
Telematic systems that come on the market shall be functional and reliable
and the operation of telematic systems has to be according to fixed rules.
•
Interdisciplinary Approach
Technical features. acceptance and use of telematics are strongly interrelated.
It is therefore essential to have an interdisciplinary approach. Only if experts
of different disciplines are involved in different processes of development, it
can be guaranteed that only those systems are implemented, which actually
improve the traffic system.
•
Interdisciplinary Methodology
Effects of a new system have to be evaluated with interdisciplinary methods.
But also within the disciplines it is necessary to use different methods in combination in order to anticipate phenomena like, e.g., behaviour adaptation.
•
Long term studies (Time = Security)
There is little research done with regard to long term effects of different
telematic systems. Many effects, however, can be only anticipated after a
time, when people got used to the system (e.g. changes in communication).
For that reason it is very important to implement systems in a large area only
if negative long term effects can be excluded (make sure in pilot and demonstration projects).
•
Permanent Evaluation
Implemented systems have to be evaluated permanently, in order to anticipate, e.g., behavioural adaptation in time, and in order to guarantee that the
system can continuously be better adapted to different user-groups' needs.
For example effects of traffic influencing systems have to be evaluted not only
for a certain influenced section, but effects have to be seen in a broader context, e.g., what kind of effect does this system have on the general traffic behaviour. An increase in capacity and safety on a certain section might e.g.
lead to a negative safety impact on non-influenced sections.
Also, telematic systems in the public transport area have to be permanently
adapted to different user-groups`needs.
•
Equality of opportunities
Telematic systems should promote equal opportunities and should help to
prevent social exclusion. This means that the needs of various target groups
have to be considered and the effects on „weaker“ road user groups have to
be evaluated, too.
Transport telematics are an irrevocable part of our traffic system. Whether the
high expectations that are linked to the implementation of new systems and
equipment will be fulfilled will depend on the way in which the above mentioned
aspects are considered.
Graphic 1: Transport telematics and socioscientific aspects
Advantage for the society
Increase of people`s
personal feeling of safety
Delegation of
responsibility
Objective versus subjective advantage
Risk-compensation
Problems of
acceptance
Imitation
Not reliable system
Increase of traffic safety
Generalisation of
behaviour
Motorised individual car traffic
Intermodality
Increase of
efficiency
Transport
telematic systems
Commercial
traffic
Equality of
opportunities
Increase of service
Other
transport
modes
Behaviour
adaptation
Contribution
to a
sustainable
mobility
Less interaction
and
Communication
Ambiguity of
signals
Social exclusion
Accessibility
Physical, cognitive and
visual distraction
Social exclusion of certain
target groups
Electronic
illiteracy
Reduced situation
awareness
= aims
= socio-scientific aspects
Inhaltsverzeichnis
1
Ziele__________________________________________________________ 3
2
Allgemeine Einführung __________________________________________ 3
2.1 Was ist Verkehrstelematik? __________________________________________ 3
2.2 Definition _________________________________________________________ 4
2.3 Anwendungsmöglichkeiten __________________________________________ 4
2.4 Funktionsweise von Telematiksystemen _______________________________ 4
2.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr ___________________ 6
2.6 Zusammenfassung _________________________________________________ 7
3
Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-Ebene ____________________ 8
3.1 Forschungs- und Entwicklungsprogramme _____________________________ 8
3.2 Interessensverbände _______________________________________________ 9
3.3 Nationale politische Programme _____________________________________ 10
3.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 11
4
Überblick über Telematiksysteme im Verkehr_______________________ 12
4.1 Management des motorisierten Individualverkehrs ______________________ 13
4.1.1
4.1.2
4.1.3
Kollektive Verkehrsbeeinflussung __________________________________________ 13
Individuelle Verkehrsbeeinflussung _________________________________________ 17
Gebühreneinhebung ____________________________________________________ 25
4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer
VerkehrsteilnehmerInnen ______________________________________________ 26
4.2.1
4.2.2
Öffentlicher Verkehr_____________________________________________________ 26
Fußgänger- und Radverkehr ______________________________________________ 32
4.3 Flotten und Frachtenmanagement ___________________________________ 34
4.3.1
4.3.2
4.3.3
Verkehrslenkung _______________________________________________________ 34
Gebühreneinhebung - Lkw-Maut ___________________________________________ 34
Verkehrsinformation/Logistik ______________________________________________ 35
4.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 36
5
Verkehrstelematik aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher __ 38
5.1 Akzeptanz von Systemen ___________________________________________ 39
5.2 Der motorisierte Individualverkehr - Verhaltensanpassung _______________ 41
5.2.2
5.2.3
Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenzsysteme__________ 45
Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung______________________ 51
5.3 Öffentlicher Verkehr _______________________________________________ 56
5.3.1
5.3.2
Allgemeines ___________________________________________________________ 56
Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen im Verkehr _______ 56
5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die Evaluation______________________ 59
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.4.4
5.4.5
5.4.6
5.4.7
Literaturstudie _________________________________________________________
Checklisten ___________________________________________________________
Verhaltensbeobachtungen________________________________________________
Fokus Gruppen Interviews (FGI) ___________________________________________
Tiefeninterviews________________________________________________________
ExpertInnengespräche – Workshops _______________________________________
Standardisierte Interviews – Fragebogen ____________________________________
60
60
60
61
62
62
63
5.5 Zusammenfassung ________________________________________________ 63
1
6
Schlussfolgerungen ___________________________________________ 67
7
Literatur _____________________________________________________ 69
8
Anhang ______________________________________________________ 76
8.1 HUMANIST – Human centred design for Information Society Technologies __ 76
8.2 COST 352________________________________________________________ 78
2
1 Ziele
Die Studie beruht auf einer Literatur- und Internetrecherche, auf einer
Desktoparbeit und internen Expertenrunden, d.h. es wurden keine neuen
empirische Daten erhoben, sondern mit vorhandenem Material gearbeitet.
Folgende Ziele wurden bei der Datensammlung und –aufarbeitung verfolgt:
•
Schaffen eines Überblicks über bereits am Markt befindliche TelematikSysteme
Der Überblick bezieht sich hauptsächlich auf den Straßenverkehr und zwar
zum größten Teil auf den Pkw-Verkehr. Güterverkehr, öffentlicher Verkehr,
Rad- und Fußgängerverkehr werden nur kursorisch behandelt. Luftverkehr
und Schifffahrt werden nicht berücksichtigt.
•
Schaffen eines Einblicks in die psychologischen und sozialwissenschaftlichen
Aspekte der Verkehrstelematik
Der Einsatz von Telematikanwendungen im Verkehrswesen birgt nicht nur
Chancen für ein effizienteres sichereres und umweltfreundlicheres
Verkehrssystem, sondern auch Risiken. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist
vor allem die praktische Anwendung der verschiedenen Telematiksysteme von
Interesse: Menschen sind keine Roboter und man muss daher davon
ausgehen, dass sie technische Systeme nicht immer gemäß Instruktion
verwenden, sondern individuelle Verwendungs- und Interaktionsformen
entwickeln.
•
Überblick über sozialwissenschaftliche Methoden zur Evaluierung neuer
Systeme und Ausrüstungstypen.
Der Überblick bezieht sich auf Methoden, die begleitend bei der Entwicklung
eines Systems aber auch nach dessen Implementierung verwendet werden
können, um unerwünschten Nebeneffekten vorzubeugen.
2 Allgemeine Einführung
Verkehrstelematik ist bei FachexpertInnen ein gängiger Begriff. Trotzdem
erscheint es uns wesentlich an den Beginn dieser Studie eine allgemeine
Begriffserklärung zu stellen, kurz die Anwendungsmöglichkeiten und die
Funktionsweise von Telematiksystem zu erklären und die Zielsetzungen von
Telematikanwendungen im Verkehr zu erläutern. Dieses "back to the basics" mag
als trivial erscheinen. Für die Verknüpfung von mit der Verkehrstelematik
ursprünglich
verbundenen
Ideen
mit
einer
verhaltenstheoretischen
(psychologischen, soziologischen) Perspektive, aus welcher wir das Thema hier
betrachten, ist es aber sinnvoll und notwendig.
2.1 Was ist Verkehrstelematik?
Unter dem Begriff Verkehrstelematik subsumiert man eine Vielzahl verschiedener
technischer Systeme. Das Wort Telematik ist aus den Silben der Begriffe
Telekommunikation, Automation und Informatik zusammengesetzt und
beschreibt die Vernetzung der Informationsübertragungssysteme mit der
Informationsverarbeitungstechnologie, d.h. Verkehrstelematik macht die
Informationstechnologie für das Verkehrssystem nutzbar.
3
2.2 Definition
In dieser Studie wird Verkehrstelematik als „Sammelbegriff für die Erfassung,
Übermittlung, Verarbeitung und Nutzung von verkehrsbezogenen Daten mit dem
Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs“ verstanden (Brunauer et al. 2004)
2.3 Anwendungsmöglichkeiten
Die Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind heterogen und breit
gestreut.
Verkehrstelematik
hat
weniger
Einfluss
auf
das
äussere
Erscheinungsbild der Fahrzeuge und Verkehrsnetze als vielmehr auf das
eigentliche Verkehrsgeschehen. 2003).
Verkehrstelematik beschränkt sich dabei nicht nur auf den motorisierten
Individualverkehr sondern erstreckt sich auch auf den öffentlichen Verkehr,
Güter- Schienen- und Luftverkehr, auf die Schifffahrt und – wenn auch eher
marginal - auf den Fußgänger- und Radverkehr.
2.4 Funktionsweise von Telematiksystemen
Der Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen ist sehr komplex. Neue
Technologien
und
Systemkonzepte
regeln
und
koordinieren
den
Informationsaustausch zwischen verschiedenen Transportarten. Daten müssen
möglichst zeitnah erhoben und verbreitet werden.
Das Fahrzeug im Verkehrssystem dient dabei als wichtiger Knoten im
Informationsnetzwerk. Komplexe Datenverarbeitungsprozesse werden durch
Fahrzeuggeräte ausgeführt, wobei auch Daten von ausserhalb der Fahrzeuge
einbezogen und nach aussen übermittelt werden („intelligentes Fahrzeug“). Um
jedoch den Datenaustausch und die Datenabstimmung für eine jeweilig
spezifische Situation zu gewährleisten, muss mittels Fahrzeug-Navigation
festgestellt werden, wo sich das Fahrzeug im Verkehrsnetz befindet.1
Daten werden auf unterschiedlichen Ebenen gesammelt. Mikroskopische Daten
geben Aufschluss über individuelle Elemente des Verkehrssystems (z.B.
Geschwindigkeit
eines
Einzelfahrzeuges;
Floating
Car
Data).
Bei
makroskopischen Daten handelt es sich um Verkehrszustände, die sich aus dem
Zusammenwirken vieler Elemente ergeben (z.B. Verkehrsstärken, mittlere
Geschwindigkeiten mehrerer Fahrzeuge). Zusätzlich werden Daten gesammelt
über den/die Fahrzeugführer/in z.B. dessen physisch-psychischen Zustand,
Daten über das Fahrzeug, die Fahrwegbedingungen etc..
Gesammelte Rohdaten müssen so aufgearbeitet werden, dass sie ein möglichst
gutes Abbild der gemessenen Situation liefern, um entsprechende Eingriffe in das
1
Die Ortung der Fahrzeuge erfolgt mittels Satelliten. 1989 wurde in der USA das erste serienreife
GPS(Global Positioning System)-Naviagtionssystem für Autos vorgestellt. Die Satelliten werden
dabei als Bezugspunkt verwendet um einen gegebenen Standort im Raum genau zu bestimmen.
Das GPS-System der USA darf weltweit kostenlos benutzt werden. In Russland wird das GLONASSSystem eingesetzt. Beide Systeme werden bislang von militärischen Stellen finanziert und
verwaltet. Die Verfügbarkeit der Systeme und ihre Qualität bei der zivilen Nutzung hängen somit
vom Militär ab, das die Aussendung des Signals jederzeit einstellen oder die Genauigkeit
herabsetzen kann.
Die EU investierte daher in ein eigenes Navigationsystem namens GALILEO, welches militärisch
unabhängig ist und noch präzisere Daten als das GPS-System liefern soll.
4
Verkehrsgeschehen abzuleiten. Die Art der Intervention reicht von reiner
Information
und
Warnung
für
die
VerkehrsteilnehmerInnen
über
Handlungsempfehlungen und Anordnungen, bis hin zum selbständigen
automatischen Systemeingriff.
Abbildung 1 gibt einen Überblick über den Daten- und Informationsfluss bei
Telematiksystemen.
Abb. 1: Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen
Umgebung
BETRIEB
Akteure
Verkehrsmittel
Datenerhebung
Datenverarbeitung
Information
Empfehlung
Quelle: Zackor 2003
5
2.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr
Telematiksysteme
verfolgen
je
nach
Anwendung
in
den
einzelnen
Verkehrszweigen insbesondere folgende Zielsetzungen (siehe BSVI 1999):
• Erhöhung der Verkehrssicherheit
durch Einrichtungen in Fahrzeugen und am Fahrweg, durch
gezielte Verkehrsinformation etc.
• Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
Erhöhung der Produktivität und Kapazität durch bessere Nutzung
der vorhandenen Infrastruktur aller Verkehrsträger
• Vernetzung der Verkehrsträger
um die jeweiligen Systemvorteile entsprechend ausnutzen zu
können
• Beitrag zur Umweltverträglichkeit
durch Verkehrsvermeidung und –verminderung mittels moderner
Leittechnik etc.
• Verbesserung der Serviceleistungen für VerkehrsteilnehmerInnen
durch
z.B.
aktuelle
verkehrsträgerübergreifende
Informationsbereitstellung
Im Rahmenplan für den Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem (Pfliegl et al. 2004) wurden unter der Leitung von DI Reiss-Enz bereits im
Vorfeld vier Leitsätze formuliert (Pfliegl et al. 2001), die die oben erwähnten
allgemeinen Ziele von Verkehrstelematiksystemen widerspiegeln, wobei sich der
letzte Punkt „Nutzbarkeit“ eher auf notwendige Rahmenbedingungen beim
Einsatz von Telematiksystemen bezieht:
• Effizienz
Die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität,
Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, etc. soll mittels Verkehrstelematik
optimiert und die Effizienz gesteigert werden. Intermodale
Mobilität soll gefördert werden.
• Sicherheit
Die Sicherheit aller am Verkehr beteiligten Personen soll erhöht
und nachhaltig verbessert werden. Kritische Situationen sollen
frühzeitig erkannt werden. Die Systeme sollen bei der Bewältigung
von Aufgaben unterstützen.
• Qualität
Das Verkehrssystem soll mittels Telematik mit ökonomischen,
sozioökonomischen und ökologischen Zielen in Einklang gebracht
werden. Der Zugang zum Verkehrssystem soll verbessert,
komfortabler und benutzerfreundlicher und der Energieverbrauch
verringert werden.
• Nutzbarkeit
Um die Ziele Effizienz, Sicherheit und Qualität zu erreichen,
müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die
Kompatibilität, die Sytemoffenheit und den gemeinsamen Zugang
zu Telematikanwendungen im internationalen Zusammenspiel
sicherstellen.
6
Die Anforderungen an die Telematik sind, wie aus den Zielvorstellungen ersichtlich ist, sehr hoch. Inwieweit der Einsatz von verkehrstelematischen Einrichtungen tatsächlich zur Erreichung der einzelnen Ziele beitragen kann, wird in dieser
Studie nur am Rande diskutiert. Welche Probleme sich aus sozialwissenschaftlicher Sicht vor allem hinsichtlich Verkehrssicherheit ergeben (können),
wird jedoch aufgezeigt werden. Das Ziel ist, rechtzeitig gegensteuern zu können,
damit die Ziele gemäß BSVI und Pfliegl (siehe oben) auch nicht verfehlt werden.
2.6 Zusammenfassung
Die Verkehrstelematik befasst sich mit der Erfassung, Übermittlung, Aufbereitung
und Nutzbarmachung von verkehrsbezogenen Informationen, wobei, mit vielen
Zwischenstufen, sich ergebende Konsequenzen entweder vom System oder vom
Fahrer bzw. von der Fahrerin umgesetzt werden. Als Basis dienen moderne
Informations- und Kommunikationstechnologien, wobei der Daten- und
Informationsfluss bei Telematiksystemen sehr komplex ist. Verkehrstelematik
soll dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Nutzung des
Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zu
optimieren, unnötigen Verkehr zu reduzieren und den Einsatz von
umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu fördern.
7
3 Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-Ebene
Von Seiten der Europäischen Union laufen eine Vielzahl an Aktivitäten hinsichtlich
des Einsatzes von Telematiksystemen. In diesem Kapitel wird ein grober
Überblick über die Aktivitäten der EU gegeben.
Die Anwendung neuer Technologien im Bereich der Verkehrsleitsysteme ist auf
europäischer Ebene seit mehr als 15 Jahren aktuell. Etliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme wurden zur Entwicklung und Erprobung von Telematikanwendungen ausgeschrieben und gefördert.
3.1 Forschungs- und Entwicklungsprogramme
Im folgenden ein kurzer Überblick über Forschungs- und Entwicklungsprogramme
mit verkehrstelematischem Schwerpunkt (siehe Zackor 2003).
Im Jahre 1986 wurde im Rahmen von EUREKA2 das Programm PROMETHEUS
(PROgramME for a european Traffic with Highest Efficiency and Unprecedented
Safety) ins Leben gerufen. Es wurde ein integrativer und interdisziplinärer
Lösungsansatz gesucht, mit dem Ziel einer effizienteren Ausnutzung des
Verkehrssystems Straße und einer Reduzierung der negativen Wirkungen. Der
Schwerpunkt lag auf fahrzeugseitigen Systemen, es wurden aber auch andere
Systeme thematisiert.
Von 1988 –1991 lief das 2. EU-Rahmenprogramm Programm DRIVE (Dedicated
Road Infrastructure for Vehicle safety in Europe) mit dem Ziel, straßenseitige
Verkehrsleitsysteme zu entwerfen.
DRIVE II (1992-1994) beschäftigte sich mit der Umsetzung der entwickelten
Telematik-Techniken in Feldversuchen bzw. mit dem Testen von Prototypen.
Im TAP (Telematics Applications Programme; 1994-1998) waren wirtschaftliche
Aspekte von Interesse. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im
internationalen Vergleich sollte gestärkt und die Kosten von Telematiksystemen
gesenkt werden. Die Verkehrstelematikforschung wurde von der Straße und der
Schiene auf die Verkehrsträger Luft und Wasser ausgedehnt, wobei v.a. im
Flugbereich schon früher telematik-ähnliche Systeme im Einsatz waren, wenn
auch unter anderem Titel.
TRANSPORT (1994) war ein eigenes Programm mit Bezug zur Verkehrstelematik der Generaldirektion VII der EU, „Energie und Verkehr“, im 4. Rahmenprogramm. Das Ziel war, eine Effizienzsteigerung der einzelnen Verkehrsträger
zu erreichen und in ein europäisches Verkehrsnetz zu integrieren.
TEN-T (Trans-European Network for Transport; 1994) setzte sich zum Ziel, die
europäischen Vernetzung nationaler Verkehrsinformations- und Verkehrsleitsysteme zu unterstützen sowie die Interoperabilität von Verkehrsdiensten zu fördern. Ein grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement und grenzüberschreitende Verkehrsdienste sollten aufgebaut werden Es entstanden insgesamt fünf euroregionale Projekte: CENTRICO, SERTI, CORVETTE, ARTS, VIKING (siehe
www.cordis.lu).
2
Siehe auch S 9 Forschungsorganisation EUREKA
8
Das Programm TEMPO (2001; ergänzt durch das Projekt STREETWISE) verfolgt
eine Intensivierung der Koordination aller an Telematikvorhaben beteiligter Gruppen.
Im 5. Rahmenprogramm Programm IST (Information Society Technologies;
1998-2002) liegt der Schwerpunkt auf fortgeschrittenen intelligenten Systemen
im Verkehr, die für das Management aller Verkehrsträger sowie für damit verbundene Teledienste benötigt werden. Auch das Programm GROWTH beinhaltet
telematikrelevante Projekte.
Im 6.Rahmenprogramm (2003-2006) wurde der Bereich IST weitergeführt, und
auch im Bereich „Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderung und
Ökosysteme“ findet sich unter dem Unterpunkt „Nachhaltiger Land- und
Seeverkehr“ die Telematik wieder.3
Im Zusammenhang mit Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EU sind
noch zwei europäische Forschungsorganisationen anzuführen.
Bei der Forschungsorganisation EUREKA (www.eureka.be/home.do; siehe auch
weiter oben) handelt es sich um ein Netzwerk für marktwirtschaftlich orientierte
Forschung und Entwicklung. 1985 wurde EUREKA als interstaatliche Initiative gegründet, mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Unternehmen, Forschungsinstitute, Universitäten sollen bei der Entwicklung neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen unterstützt werden. Insgesamt gibt es 32
Vollmitglieder und 5 weitere in Projekte eingebundene Länder.
COST4 (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Research
www.cost.cordis.lu/src/home.cfm) ist eine 1971 gegründet Initiative zur
Forschungskooperation zwischen verschiedenen Institutionen und Einrichtungen.
COST TRANSPORT und COST TELECOMMUNICATION sind zwei technische Komitees, die Forschungsvorhaben im Bereich der Verkehrstelematik beaufsichtigen.
Insgesamt gib es 34 Mitgliedstaaten.
3.2 Interessensverbände
Neben Forschungsprogrammen und –organsiationen sind folgende Interessensverbände im Zusammenhang mit Verkehrstelematik von Interesse:
ERTICO (European Road Transport Telematics Implementation Co-ordination
Organisation; www.ertico.com/index.htm) wurde 1991 gegründet. Es handelt
sich dabei um eine europaweit agierende gemeinnützige Partnerschaft zwischen
der öffentlichen Hand und der Wirtschaft, mit dem Ziel, die Einführung von
intelligenten Verkehrssystemen in den Mitgliedstaaten zu unterstützen. ERTICO
finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Projektgründungen durch Dritte.
ERTICO ist Ko-ordinator des 1998 ins Leben gerufene TMC Forums (Traffic
Message Channel). Das TMC Forum ist ein Verein, der sich vorwiegend der
Verbreitung und Weiterentwicklung von RDS-TMC (Radio Data System – Traffic
Message Channel) widmet.
POLIS (Promoting Operational Links with Integrated Services; www.polisonline.org) wurde 1989 gegründet. POLIS ist eine Netzwerkinitiative, die unter
anderem internationalen Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen
führenden europäischen Städten und Regionen bezüglich der Einführung von
3
Siehe auch Anhang Kapitel 8.1“
4
Siehe auch Anhang Kapitel 8.2
9
intelligenten Verkehrssystemen lenken soll. Derzeit sind 70 Organisation (lokale
und regionale Behörden, Verkehrsbetriebe, Mobilitäts- und Informationsdienstleister) aus 18 verschiedenen Ländern Mitglieder.
PIARC (früher: Permanent International Association of Road Congresses; heute:
World Road Association; www.piarc.org/en) ist eine weltweite, gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Paris. PIARC tritt für die Förderung der internationalen Kooperation in allen Bereichen des Straßenwesens ein.
ASECAP (L’Association Europeene des Autoroutes à Péage, www.asecap.com/)
ist die einzige Interessenvereinigung für die Betreiberorganisation und –
konsortien gebührenpflichtiger Autobahnen, Brücken und Tunnel in 12
europäischen Ländern. ASECAP arbeitet an einem gemeinsamen, interoperablen
Gebührensystem Europas und besteht derzeit aus 121 Organisationen.
3.3 Nationale politische Programme
Im folgenden wird kurz beleuchtet, welche nationalen politischen Programme und
Interessensverbände es in den diversen Ländern gibt, ohne näher auf diese
Programme einzugehen.
In Deutschland wurde bereits 1995 auf Betreiben des Bundesministeriums für
das
„Wirtschaftsforum
Verkehrstelematik“
Verkehr
(BMV)5
(www.bmvbw.de/telematik.496.htm) gegründet. In diesem Forum sind hohe
VertreterInnen
von
öffentlichen
Verwaltungen,
öffentlichen
Verkehrsunternehmen, privaten AnbieterInnen von Informationsdiensten und der
Industrie vertreten, die einige Vereinbarungen über die Rollen- und
Aufgabenverteilung bei der Einführung von Telematikmaßnahmen getroffen
haben.
In Großbritannien wurde 1992 ITS United Kingdom ins Leben gerufen. ITS
United Kingdom fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Organisationen in
Großbritannien, die in irgendeiner Art und Weise mit Verkehrstelematik zu tun
haben. Die Mitglieder setzt sich aus 100 einzelnen Organisationen zusammen
(Systementwicklern, Verkehrsbetreibern, Dienstleistungsunternehmen, regionale
und staatliche Behörden, etc.). Ziel bis 2020 ist es, einen kontinuierlichen
Fortschritt
bei
der
internationalen
Verbreitung
von
intelligenten
Verkehrssystemen zu erreichen und dabei die führende Rolle Großbritanniens in
Europa auszubauen.
Die Ingenieursvereinigung ATEC (Association pour le développement des Techniques de transport, Environnement et de Circulation) existiert seit 1973 in Frankreich. Innerhalb der ATEC gibt es vier technisch-wissenschaftliche Komitees. Ein
Komitee davon ist ITS-France (www.atec-tec.net/fr/its_accueil_f7.asp) ,
welches sich im Frühjahr 2000 etabliert hat.
In Finnland schuf man 1998 mit dem nationalen Forschungs- und Entwicklungsprogramm TETRA die Rahmenbedingungen für weitere Aktivitäten in diesem
Bereich. Primäres Ziel von TETRA ist es, den Wandel von einer isolierten
projektbezogenen hin zu einer integrierten Entwicklung von Telematiksystemen
zu fördern.
Noch bis zum Jahr 2000 spielte Verkehrstelematik in Italien auf politischer Ebene
eine unbedeutende Rolle. Erst durch den vom Parlament im Jahre 2001 verab-
5
heute BMVBW = Bundesministerium für Verkehr Bau- und Wohnungswesen
10
schiedeten Generalverkehrsplan gewann Verkehrstelematik an Bedeutung. Im
Jahre 1999 wurde der nationale Interessenverband für Verkehrstelematik und
Sicherheit TTS (Telematica Trasporti Sicurezza; www.ttsitalia.it) ins Leben
gerufen, mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Verkehrsnetzes
in Italien zu erhöhen. Insgesamt gehören 30 Mitglieder (Organisationen) dem
Interessenverband an.
ITS Netherlands wurde 1996 in den Niederlanden gegründet, wobei sie seit
1999 mit CONNECT und zwei Verkehrsforschungsorganisationen zu einer großen
Gesellschaft fusioniert wurde (CONNECT-ITS Netherlands). Es handelt sich dabei um ein von der Regierung, der Wirtschaft und der Industrie unterstütztes
Kompetenzzentrum mit dem Ziel, das Verkehrssystem durch intelligente Systeme
im Bereich des Mobilitätsmanagements und der Verkehrssteuerung zu modernisieren. CONNECT ist sowohl in der Forschung tätig als auch bei der tatsächlichen
Implementierung von Maßnahmen beteiligt.
In Tschechien wird der Telematikeinsatz im Verkehrsbereich durch den gemeinnützigen von seinen Mitgliedern getragenen Verband ITS Czech Republic
forciert. Der Verband ist für alle in- und ausländischen Organisationen, die sich in
irgendeiner Weise mit intelligenten Verkehrssystemen beschäftigen, offen und
dient als eine Art Forum, um Erfahrungen und Ideen untereinander auszutauschen. Czech Transport Telematic Association (www.sdt.cz/ str1e/
whatistelem1.html) ist ein weiterer nationaler Interessenverband, der im Bereich
der Verkehrstelematik Kooperationen verbessern will, um Telematikmaßnahmen
schneller umsetzen zu können.
In Österreich erarbeitete die Verkehrstelematikinitiative ITS Austria (www.viadonau.org/index.php) auf Betreiben des Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie (bmvit) einen nationalen Rahmenplan für den
Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem (Projekt TTS-A
Transport Telematik Systeme Austria). Ziel des Telematikrahmenplans ist es,
durch Definition eines Maßnahmenkatalogs, der einen priorisierten Einsatz von
Telematik im Verkehr vorsieht, eine Verbesserung des Verkehrssystems in
Österreich zu bewirken (Pfliegl et al. 2004).
3.4 Zusammenfassung
Von Seiten der Europäischen Union laufen seit mehr als 15 Jahren eine Vielzahl
von Aktivitäten hinsichtlich des Einsatzes von Telematik im Verkehr. Es gab und
gibt mehrere Forschung- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischen
Schwerpunkten (PROMETHEUS; DRIVE, TAP, TRANSPORT, TEN-T, etc.). Neben
Forschungsprogrammen und –organisationen (EUREKA, COST, etc.) unterstützen
auch Interessensverbände (ERTICO, POLIS, PIARC, etc.) die Einführung von
intelligenten Verkehrssystemen in Europa. In den meisten europäischen Ländern
gibt es zusätzlich nationale politische Programme und Interessensverbände
(Wirtschaftsforum Telematik, ITS United Kingdom, etc.), die im eigenen Land
den vermehrten Einsatz von Telematik im Verkehr vorantreiben sollen.
11
4 Überblick über Telematiksysteme im Verkehr
Die Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind, wie bereits erwähnt,
sehr vielfältig und breit gestreut. Grundsätzlich ist der Einsatz von Telematik im
Verkehrswesen von additivem und integrativem Charakter. D.h. es ersetzt kein
bestehendes System, sondern soll vielmehr unterstützend bei der Umsetzung
nachhaltiger Verkehrsstrategien wirken. Hinsichtlich der Untergliederung von
Verkehrstelematiksystemen in diverse Anwendungsbereiche gibt es in der Literatur etliche Varianten. Mit dem Hintergrund, Telematiksysteme aus sozialwissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, erscheint uns folgende Einteilung als
sinnvoll:
Abb 2: Einteilung der Verkehrstelematiksysteme in Anwendungsbereiche
Integriertes
Verkehrsmanagement
Management des
motorisierten
Individualverkehrs
Kollektive
Verkehrsbeeinflussung
(Verkehrslenkung,
Automatische
Verkehrskontrollen etc.)
Management des
öffentlichen Verkehrs
und schwächerer
VerkehrsteilnehmerInnen
Verkehrslenkung
Betriebsleitsysteme
Gebühreneinhebung
Information /
Serviceleistungen
Individuelle
Verkehrsbeeinflussung
(Assistenzsysteme,
Informationssysteme)
Gebühreneinhebung
(Maut, Parkgebühr)
Flotten- und Frachtenmanagement
Gebühreneinhebung
Telematische
Einrichtungen für
FußgängerInnen
und
RadfahrerInnen
12
Verkehrsinformation
/ Logistik
4.1 Management des motorisierten Individualverkehrs
In dieser Studie wird, wie bereits in der Einleitung erwähnt, dem Management
des Individualverkehrs mittels telematischer Einrichtungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Überblick ist in diesem Bereich aber trotzdem lückenhaft
und unvollständig, da einfach zu viele Produkte am Markt sind, um sie im
Rahmen dieser Arbeit erfassen zu können.
4.1.1 Kollektive Verkehrsbeeinflussung
Verkehrsbeeinflussung generell basiert auf einem gesamtheitlichen Regelungsund Informationssystem, das den Verkehr in Abhängigkeit von aktuellen Verkehrsverhältnissen steuern und das Fahrverhalten in eine gewünschte Richtung
beeinflussen soll. Kollektive Leitsysteme im motorisierten Individualverkehr
(MIV) sind Systeme, die für alle VerkehrsteilnehmerInnen erkennbar und zum
Teil auch verbindlich sind. Verkehrszustände werden automatisch erfasst und
prognostiziert. Die Ergebnisse führen zu Empfehlungen, Warnungen,
Beschränkungen oder Anordnungen.
4.1.1.1 Verkehrsbeeinflussungsanlagen
Die Basis für eine effektive Verkehrsbeeinflussung stellt eine Verkehrsleitzentrale dar.
In Wien wird Verkehr bundesweit durch die erst neu errichtete
Verkehrsmanagement- und Informationszentrale (VMIZ) in Inzersdorf beeinflusst.
Von hier werden Verkehrsbeeinflussungsanlagen gesteuert und überwacht,
verkehrsrelevante Daten aus dem Gesamtnetz der österreichischen Autobahnen
und Schnellstraßen gesammelt, aufbereitet und dargestellt, und Verkehrsinformationen verbreitet.
Zur Verkehrslenkung, -leitung und steuerung selbst stehen – primär auf Autobahnen angewandt – Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) zur Verfügung.
Sie
dienen
ausschließlich
der
kollektiven
Beeinflussung
der
VerkehrsteilnehmerInnen. Sie haben primär die Funktion, die Leistungsfähigkeit
zu erhöhen (Harmonisierung des Verkehrsflusses durch Vereinheitlichung der
Geschwindigkeiten, Sortier- und Verflechtungshilfen durch fahrstreifen- oder
querschnittsbezogene Geschwindigkeitsanpassung, etc.), die Verkehrssicherheit
zu steigern (Vermeidung von Unfällen, Minimierung der Unfallschwere aufgrund
rechtzeitiger Geschwindigkeitsreduktion durch Warnung vor Gefahren wie Stau,
Unfall, Nebel, etc.) und die Umweltbelastung zu verringern (Verringerung von
Lärm und Abgasen infolge von geringeren Geschwindigkeiten und weniger
Stauungen). Gleichzeitig soll das Bewegen im Verkehr einfacher, angenehmer
und komfortabler werden.
Bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen werden folgende Systeme unterschieden
(BVBW 2003):
•
Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA)
•
Netzbeeinflussungsanlagen (NBA)
•
Knotenbeeinflussungsanlagen (KBA)
Streckenbeeinflussungsanlagen regeln die Geschwindigkeit im Autobahnnetz.
Über Dektoren werden laufend Verkehrsdaten sowie Witterungsdaten erfasst und
über eine Steuerungslogik werden die Geschwindigkeiten mit Wechselverkehrs13
zeichen angezeigt. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden somit an die jeweiligen Verkehrs- und Witterungssituation angepasst. Zusätzlich werden die gewonnen Daten für den Verkehrsfunk verwendet.
Bei Netzbeeinflussungsanlagen werden durch Wechselwegweisungen Verkehrsströme in einem räumlichen begrenzten Autobahnnetz umgeleitet. Hierbei
unterscheidet man zwischen additiven und substitutiven Wechselwegweisungen.
Bei additiven Wechselwegweisungen wird dem/der Verkehrsteilnehmer/in durch
einen Umlenkungspfeil lediglich empfohlen auf die Umleitungsstrecke
auszuweichen. Bei der substitutiven Wechselwegweisung werden die Ziele und
Pfeile der normalen Wegweisung ausgetauscht.
Mit Knotenbeeinflussungsanlagen können Verkehrsströme in Autobahnkreuzen oder –dreiecken verkehrsabhängig geregelt werden, indem z.B. der rechte
Fahrstreifen einer durchgehenden Fahrbahn kurzfristig gesperrt wird, um einem
starken einfahrenden Strom das Zufahren von den Einfahrtsrampen zu
erleichtern.
Eine Sonderform der Knotenbeeinflussungsanlagen sind Zuflussregelungsanlagen. Bei Zuflussregelungsanlagen werden in Verkehrsspitzenzeiten Autos durch
Ampeln an den Zufahrten nur „tröpfchenweise“ auf die Autobahn gelassen. Durch
diese Zufahrtsdosierung wird die Verkehrsstärke auf der Autobahn geregelt und
so unterhalb der Überlastungsgrenze gehalten.
Die Temporäre Seitenstreifennutzung wird derzeit nur in Deutschland angewandt aber auch in Österreich ist eine temporäre Seitenstreifenfreigabe
geplant. Aufgrund einer Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Jahre
2002 ist in Deutschland auf stark überlasteten Autobahnabschnitten die Möglichkeit vorhanden, durch besondere Wechselverkehrszeichen den Seitenstreifen
bzw. Pannenstreifen bei Bedarf für den fließenden Verkehr freizugeben.
4.1.1.2 Warnanlagen
Eine andere Form der Verkehrslenkung, welche vor allem die Erhöhung der Verkehrssicherheit im Auge hat, stellen Nebelwarnanlagen dar, die auch in den
Bereich des Notfallmanagements fallen.
Im oberösterreichischen Seengebiet wurde Mitte des Jahres 2004 die erste vollautomatische Nebelwarnanlage in Europa errichtet. Je Fahrtrichtung sind im
Abstand von 2 Kilometern 5 Anzeigequerschnitte errichtet die mit Wechselverkehrszeichen auf LED-Basis ausgestattet sind. Sensoren überwachen das Wetter
in diesem Abschnitt. Die Sichtweite entlang der Strecke wird mit speziellen Sichtweitemessgeräten bei 19 Querschnitten (alle 600 m) gemessen. Sobald die
Sichtweite ein bestimmtes Maß unterschreitet, wird automatisch eine Warnung
ausgelöst. Die AutofahrerInnen werden so rechtzeitig auf die Gefahr einer
möglichen Nebelbank hingewiesen. Zusätzlich können aber auch manuell
eingegebene Warnungen z.B. Baustellen, Unfälle, Staus oder auch
Servicearbeiten angezeigt werden.
Bei Nebel wird die Nebelwarn-Zentrale in der Autobahnmeisterei (ABM)
Seewalchen alarmiert. Über sechs Videoquerschnitte können sich die
MitarbeiterInnen der ABM einen Überblick verschaffen, die Funktion der Anlage
überprüfen, gegebenenfalls zusätzliche Informationen einblenden oder bei
Unfällen rasch die notwendigen Alarmierungen übernehmen. Zusätzlich zu den
Sichtweitesensoren werden auch über Wetter- und Umweltstationen ergänzende
Messdaten ins System übertragen (siehe www.asfinag.at).
14
4.1.1.3 Automatische Verkehrskontrollen
Zu den automatischen Verkehrskontrollen zählen primär ortsfeste und mobile
Radaranlagen. Eine besondere Form der Radaranlage stellt die Section Control
dar. Im Gegensatz zu ortsfesten Radaranlagen ist mittels Section Control die
Überwachung eines längeren Straßenabschnittes möglich.
Bei der Section Control wird von jedem Fahrzeug bei der Ein- und Ausfahrt der
Messstrecke ein digitales Bild mit Zeitstempel erstellt. Das Fahrzeug wird klassifiziert und das Kennzeichen ausgewertet. Gleiche Kennzeichen werden zugeordnet
und anhand der Durchfahrtszeit wird die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet.
Liegt eine Gesetzesübertretung vor, werden die Daten und Videobilder abgespeichert über Datenverbindungen der Behörde weitergeleitet. Nicht nur die
Geschwindigkeit, sondern auch gesperrte Fahrstreifen werden kontrolliert. Die
Section Control dient primär der Verkehrslenkung. Sie ist für besonders
gefährliche Straßenabschnitte gedacht. Durch Wechselverkehrszeichen kann die
Geschwindigkeit dort den jeweiligen Straßenverhältnissen angepaßt werden
(www.asfinag.at).
In Österreich gibt es derzeit drei Section Control Anlagen, weitere Anlagen sind
geplant. Die erste Section Control Anlage in Österreich wurde auf der A 22 im
Wiener Kaisermühlentunnel errichtet und am 12. August 2003 in Betrieb
genommen.
4.1.1.4 Parkleitsysteme
Parkleitsysteme dienen vorwiegend dazu, den Parksuchverkehr zu verringern, die
Parkräume optimal zu nutzen, um damit den Verkehrsfluss zu verbessern und
schädliche Emissionen zu reduzieren.
Generell lassen sich Parkleitsysteme in statische und dynamische Systeme unterteilen. Bei statischen Parkleitsystemen wird zwar der Weg zu vorhandenen
Parkmöglichkeiten angezeigt, durch das Fehlen einer dynamischen Anzeige kann
jedoch nicht verhindert werden, dass KraftfahrerInnen den Weg zu besetzten
Parkhäusern wählen.
Bei dynamischen Parkleitsystemen werden die zur Verfügung stehenden
Stellplätze der Parkbauten über eine Zentrale erfasst und dem Parksuchverkehr
wird die aktuelle Situation angezeigt. D.h. der/die Kraftfahrer/in wird mittels
einer Reststellplatz- oder einer "Frei/Besetzt/Geschlossen"-Anzeige über die
Parksituation informiert. Dynamische Parkleitsysteme werden nicht nur für
öffentliche Parkplätze verwendet, sondern auch Kaufparks, Shoppingcenter und
Großmärkte nutzen vermehrt dieses Instrument (Nilkes 2000).
Die Suche nach einem Parkplatz braucht aber nicht erst in der Stadt durch
Anzeigetafeln zu erfolgen. In vielen Städten (z.B. Zürich, Luzern, Münster,
Freiburg oder Wien) gibt es Information schon im Vorfeld über das Internet. In
manchen Städten (z.B. Bregenz, Dresden oder Luzern) besteht zusätzlich die
Möglichkeit, durch ein SMS Auskunft über die Parksituation in der Stadt zu
bekommen.
Der ADAC hat mit Parkinfo z.B. ein Informationssystem entworfen, welches auf
Mobiltelefon, im Internet und über das Navigationssystem in Deutschland in 36
Städten freie Parkplätze anzeigen kann. Neben der Frage, wo sich der Parkplatz
befindet, erhalten die FahrerInnen auch Hinweise zu Öffnungszeiten, Preisen und
dem aktuellen Belegungsgrad der Stellplatzanlage.
15
4.1.1.5 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur kollektiven
Verkehrsbeeinflussung
Tab. 1: Telematische Systeme im Überblick
System
Kurze Beschreibung
primäre Zielsetzung
Verkehrsleitzentrale
Steuerung und Überwachung
telematischer Verkehrsanlagen,
Sammeln, Aufbereitung und Darstellung
verkehrsrelevanter Daten
(Verkehrsinformation)
Erhöhung der Effizienz
und der
Verkehrssicherheit /
Verringerung der
Umweltbelastung
Streckenbeeinflus Erfassen von Verkehrs- und
sungsanlagen
Witterungsdaten, Anpassung von
Geschwindigkeitslimits an die jeweiligen
Verkehrs- und Witterungssituation durch
Wechselverkehrszeichen, Verwendung
der Daten für den Verkehrsfunk
Erhöhung der
Verkehrssicherheit /
Verbesserung des
Verkehrsflusses /
Effizienzsteigerung
Netzbeeinflussun
gsanlagen
Umleitung von Verkehrsströmen durch
Wechselwegweisungen (additive
Wechselwegweisung = Empfehlung und
substitutive
Wechselwegweisung=Anordnung)
Verbesserung des
Verkehrsflusses /
Effizienzsteigerung
Knotenbeeinfluss
ungsanlagen
Verkehrsabhängige Regelung von
Verkehrsströmen in Autobahnkreuzung
durch z.B. Sperrung eines Fahrstreifens
Verbesserung des
Verkehrsflusses /
Effizienzsteigerung
Zuflussregelungs- Zufahrtsdosierung in
anlagen
Verkehrsspitzenzeiten an den
Autobahnzufahrten durch Ampeln
Verbesserung des
Verkehrsflusses /
Effizienzsteigerung
Nebelwarnanlagen
Warnung an die AutofahrerInnen falls
Sichtweite ein bestimmtes Maß
unterschreitet
Erhöhung der
Verkehrssicherheit
Section Control
Telematische Radaranlage;
Überwachung eines längeren
Straßenabschnittes
Erhöhung der
Verkehrssicherheit
Parkleitsysteme
Verringerung des Parksuchverkehrs
durch dynamische Anzeigetafeln, oder
durch Auskünfte über verfügbare
Parkplätze via Internet oder Mobiltelefon
Verbesserung des
Verkehrsflusses /
Reduzierung schädlicher
Emissionen
16
4.1.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung
Telematische Anwendungen hinsichtlich individueller Verkehrbeeinflussung können in zwei große Gruppen eingeteilt werden und zwar in Informationssysteme und Assistenzsysteme (Floudas et al. 2004).6 Die Art der
Beeinflussung ist dabei unterschiedlicher Natur. Für gewöhnlich unterstützen
telematische Einrichtungen den/die Verkehrsteilnehmerin in folgender Hinsicht:
•
Information
Informationen über Geschwindigkeitslimits, über Staus und Unfälle,
über Wetterbedingungen etc.
•
Empfehlung
Empfehlungen über die beste Routenwahl, über die zu wählende
Geschwindigkeit, wenn man noch bei Grün in den Kreuzungsbereich
einfahren will, etc.
•
Warnung
Warnmeldungen bei Überschreiten von Geschwindigkeitslimits, wenn
ein Kollisionsrisiko besteht, wenn man sich einer Kurve zu schnell
nähert, etc.
•
Automatischer Eingriff
Automatischer Eingriff bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, zur
Vermeidung einer Kollision, bei zu geringen Sicherheitsabständen,
etc.
Je nach Interventionsgrad sind unterschiedliche Reaktionen und Auswirkungen
auf das Fahrverhalten zu erwarten.
4.1.2.1 Informationssysteme
Informationssysteme haben im Gegensatz zu Assistenzsystemen7 meist nur
einen empfehlenden bzw. warnenden Charakter. Sie greifen nicht (bzw. kaum)
direkt in den Verkehrsablauf ein.
Die Informationssysteme lassen sich in mehrere Kategorien unterteilen:
•
Navigationssysteme
•
Reise-und Verkehrsinformationsdienste
•
Komfort und Infotainmentdienste
Navigationssysteme (NS)
Ein Navigationssystem kann Orts- und Routenplanungen durchführen,
Verkehrsinformationen filtern (RDS-TMC – Radio Data System–Traffic Message
Channel) hinsichtlich Route und LenkerInnenprioritäten, und durch Vermeidung
von Unfallstellen z.B. die Vermeidung von Folgekollisionen unterstützen.
Fortgeschrittene Systeme berücksichtigen den aktuellen Verkehr bei der
optimalen Routenauswahl (sie sind sozusagen online). Ein Navigationsdisplay
6
Im Englischen wird für Informationssysteme der Begriff In-Vehicle Information System – IVIS verwendet und
für Assistenzsysteme Advanced Driver Assistance System – ADAS. In Fachkreisen verwendet man hauptsächlich
die englischen Termini.
7
Für die Kategorisierung und den Überblick über Informationssysteme und Assistenzsysteme siehe Floudas et
al. 2004
17
kann dem/der Fahrer/in auch beim Einparken helfen, indem mit einer Kamera
der hintere Fahrbahnausschnitt gefilmt wird .
Bei den Navigationssystemen werden unter anderem folgende Anwendungen
unterschieden:
ü
Integrierte Navigation
Dem/der Fahrer/in wird entweder eine Empfehlung oder Warnung
übermittelt, wenn z.B. das Geschwindigkeitslimit erreicht wird, wenn
man
sich
einem
Ort
nähert
mit
einer
geringeren
Geschwindigkeitsbeschränkung, wenn eine sichere Vorausfahrt
gefährdet ist oder wenn ein Kollisionsrisiko besteht.
ü
Route-guidance-system und Route-navigation-system
Sogenannte
Route-guidance
Systeme
ermöglichen
dem/der
Lenker/in, für einen Ort seiner Wahl die optimale Route auswählen zu
lassen. Das System gibt dem/der Fahrer/in spezifische Instruktionen
im Laufe der Reise.
Route-navigation Systeme zeigen dem/der Fahrer/in auf einer Karte
lediglich derzeitige Position und Destinationen, der/die Fahrer/in
muss jedoch selber Navigationsentscheidungen treffen.
ü
Kreuzungsmanagement
Ein Kreuzungsmanagementsystem gibt dem/der
Annäherung an eine ampelgeregelte Kreuzung
hinsichtlich der zu wählenden Geschwindigkeit, um
vermeiden aber auch, um z.B. noch bei Grün in
einfahren zu können.
Fahrer/in bei
Empfehlungen
Kollisionen zu
die Kreuzung
Reise- und Verkehrsinformationsdienste
Unter Reise- und Verkehrsinformationsdiensten werden alle jene Systeme
verstanden, bei denen mittels Technologie eine Vielzahl von Informationen dem
Reisenden zur Verfügung gestellt wird, der entweder mit dem privaten Pkw, mit
öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit beiden unterwegs ist. Die Information kann
sowohl vor dem Reiseantritt (z.B. via Internet) oder während der Fahrt eingeholt
werden.
Die Information, die vor der Fahrt eingeholt werden kann, bezieht sich auf:
ü
Informationen, die für alle wichtig sind (z.B. Straßensperren wegen
Veranstaltungen).
ü
Informationen über alternative Routen, die schneller, billiger, kürzer,
landschaftlich schöner, etc. sind.
ü
Reisekriterien (z.B. welches Verkehrsmittel bevorzugt wird) und auf
eigenen Fähigkeiten (z.B. Behinderungen, die zu berücksichtigen
sind).
ü
Die Möglichkeit, dass Reisende Fahrzeuge mit anderen für den ganzen
Weg oder nur Teile des Weges teilen.
Gerade bei der Verkehrs- und Reiseinformation wird es in Zukunft zwei Medien
geben, mit welchen Informationen übermittelt werden: die Rundfunktechnologie
und die Mobiltelefontechnologie. Früher wurden Verkehrsinformationen primär
über Radio empfangen. Aufgrund der Informationsüberflutung wird es aber
immer wichtiger werden, Informationen auf den/die Endverbraucher/in
zuzuschneiden und unnötige Informationen herauszufiltern.
18
Technisch gesehen gibt es bereits unterschiedliche Systeme: RDS-TMC, GSM
(Global System for Mobile Communication), DAB (Digital Audio Broadcasting)
DVB (Digital Video Broadcasting), IP (Internet Protocol).
RDS-TMC ermöglicht es, Nachrichten nach gewissen Kriterien (z.B. gewählte
Route) herauszufiltern und so werden nur die relevanten Verkehrsinformationen
übermittelt. Die Daten über verschiedene Verkehrsereignisse, die über RDS-TMC
vermittelt werden, werden in regionalen und nationalen Verkehrsinformationszentren gesammelt.
Eine Alternative zu RDS stellt das GSM Mobiltelefonsystem dar. Hierbei handelt
es sich um eine zweiseitige Kommunikation zwischen Informationszentren und
Informationssystemen im Auto. Vor allem ERTICO unterstützt die weltweite
Verfügbarkeit des GSM Mobiltelefonsystems.
Informationen können aber auch über Kommunikationssysteme zwischen dem
Fahrzeug und der Infrastruktur und zwischen zwei Fahrzeugen gesammelt werden. Die Information bezieht sich dann meist auf Wetterverhältnisse, Verkehrssituationen, Verfügbarkeit von Parkplätzen, etc.
Notrufdienste ermöglichen es, dass unmittelbar nach einem Unfall automatisch
ein Notruf an die verschiedenen Rettungsdienste ergeht. Notrufdienste basieren
auf einer mobilen Kommunikation, die den/die Fahrerin automatisch mit einer
Notruf- bzw. Verkehrsleitzentrale verbindet. Das Kommunikationssystem ist
relativ zuverlässig und vermittelt subjektive Sicherheit.
Primäres Ziel von Reise- und Verkehrsinformationsdiensten ist es, den Modal
Split hinsichtlich umweltfreundlicher Verkehrsmittel positiv zu beeinflussen und
auf diverse Ereignisse (z.B. Streiks, Sportveranstaltungen) verkehrslenkend
besser eingehen zu können (Franken & Lenz 2004).
Komfort und Infotainmentdienste
Einige telematische Anwendungen dienen vorwiegend dem/der Fahrer/in als
angenehme Zusatzdienste, zur Information, Unterhaltung und zum Komfort
(siehe auch www.bmwgroup.com).
ü
Telefondienste
Es gibt GPS in Kombination mit Telefonen, die bei Bedarf
Notrufdienste aktivieren. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dass bei
Diebstahl die Spur eines Autos verfolgt werden und das Auto
deaktiviert werden kann.
ü
Kommunikationsverknüpfungen
Es besteht die Möglichkeit, telematische Einrichtungen im Fahrzeug
mit externen Informationsquellen, z.B. Freisprechanlagen, Fax, AutoPC und anderen drahtlosen Verbindungen zu verknüpfen. Auf diese
Weise können E-mails im Fahrzeug geschrieben werden, kann zum
Web Zugang genommen werden, können Fahrkarten eingekauft werden, Terminkalender upgedated werden, etc.
ü
Freihandanlagen
Der/die Fahrerin soll, obwohl er verschiedene Dienste in Anspruch
nimmt, die Kontrolle über das Fahrzeug nicht verlieren. Dies soll
erleichtert werden, indem verschiedene Funktionen durch Sprechen
oder über eine taktile Oberfläche am Lenkrad aktiviert werden. So
können z.B. Radio, CD-Player oder das Navigationssystem durch die
Stimme des Fahrers bedient werden.
19
ü
Fahreridentifikation und automatische Cockpit-Konfiguration
Jede/r Fahrer/in hat seine eigenen physischen Charakteristiken, die
spezifische Anpassungen des Autos erfordern (Sitzstellung, Seitenund Rückspiegelausrichtung, Lufttemperatur, etc.). Autos in der
höheren Preisklasse bieten bereits die Möglichkeit an, seine eigenen
Wünsche, d.h. statische und dynamische Autocharakteristiken,
einzuprogrammieren und bei Knopfdruck, stellt sich das Auto auf die
fahrende Person ein.
4.1.2.2
Assistenzsysteme
Assistenzsysteme dienen vorwiegend der Sicherheit und der Entlastung des/der
Fahrers/in und des/der Beifahrers/in. Im Gegensatz zu Informationssystemen
kann der Interventionsgrad nicht nur informativer, empfehlender und warnender
Natur sein, sondern es wird auch automatisch in die Fahrhandlung eingegriffen.
Folgende Kategorien hinsichtlich Anwendung können unterschieden werden:
•
Lateral control (z.B. Überwachung des toten Winkels)
•
Longitudinal control (z.B. Distanzhaltende Fahrtregler,
Kollisionswarner und Systeme zur Kollisionsvermeidung)
•
Umkehr- und Einparkhilfen
•
Vision enhancement (Sichtverbesserung)
•
Fahrerüberwachung (z.B. Lidschlagsensor)
•
Pre-crash Systeme
Lateral control (Seitenkontrolle)
Diese Systeme assistieren dem Fahrer bzw. der Fahrerin bei Spurabweichungen
und bei Fahrhandlungen, die ein seitliches Ausscheren des Fahrzeuges notwendig
machen (z.B. Spurwechsel oder Überholmanöver).
ü
Spurenassistent und Warnung
Bei starker Spurabweichung lenkt das System entweder automatisch
das Fahrzeug in die Mitte der Spur zurück oder der/die Fahrer/in wird
nur gewarnt.
ü
Überwachung des Toten Winkels
Im Rückspiegel ist eine CCD (= Charge Coupled Device) Kamera
integriert, wodurch überholende Fahrzeuge erkannt werden können.
D.h. wenn ein überholendes Fahrzeug registriert wird, wird der/die
Fahrer/in durch ein Tonsignal gewarnt. Dasselbe gilt für den
Seitenspiegel. Auch dort wird gewarnt, falls der/die Fahrer/in die
Spur wechseln möchte trotz der Anwesenheit anderer Autos. Das
System der Überwachung des toten Winkels ist sehr effektiv in
Kombination mit dem Spurenassistent.
Longitudinal control (Längskontrolle)
Es gibt unter anderen die folgenden Systeme, die den/die Fahrer/in beim
„normalen“ Geradeausfahren unterstützen:
ü
Intelligent Speed Adaptation (ISA)
Bei ISA unterscheidet man drei Systemtypen:
− Information:
Es
wird
über
Geschwindigkeitslimits informiert.
20
die
bestehenden
Empfehlung, beratende Intervention: Es wird auf das
Übertreten eines Geschwindigkeitslimits aufmerksam gemacht.
− Automatisches
Eingreifen
=
aktives
Gaspedal:
Die
Geschwindigkeit
wird
automatisch
auf
das
Geschwindigkeitslimit reduziert. Sobald der/die Fahrer/in
versucht die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung zu überschreiten, wird ein Gegendruck im Gaspedal aktiviert. Durch
härteren Druck auf das Gaspedal kann das System außer Kraft
gesetzt werden (kick-down Funktion).
ISA funktioniert über einen GPS-Empfänger, der die Position
des Fahrzeugs identifiziert. Der Empfänger ist an einen
digitalen
Stadtplan
mit
exakt
eingetragenen
Geschwindigkeitslimits gekoppelt. Daher "weiß“ das System
welches Limit dort gilt, wo man sich gerade befindet (Kaufmann
& Risser 2003).
−
ü
Flexible Geschwindigkeits- und Abstandsregelung (ACC = Adaptive
Cruise Control)
Die Hauptaufgabe des Systems ist es, dem/der Fahrer/in bei der
Geschwindigkeitskontrolle und beim Einhalten von Sicherheitsabständen auf der Autobahn zu assistieren. Das System funktioniert
bei Geschwindigkeiten zwischen 30 km/h und 160 km/h. Es wird eine
gewünschte
Geschwindigkeit
eingegeben
und
das
System
beschleunigt selbständig. Falls man sich einem langsamer
vorausfahrenden Fahrzeug nähert, wird automatisch gebremst falls
der Sicherheitsabstand zu gering wird. Wenn der Abstand wieder
größer wird, beschleunigt das Fahrzeug automatisch. ACC-Systeme
haben keine Stop & Go Funktion. Im Gegensatz zum
Kollisionsvermeider sind sie nicht geeignet, um Notfallsituationen
abzuwickeln z.B. Notbremsungen, da die Kontrolle beim Fahrer bzw.
bei der Fahrerin bleibt. Das System kann manuell und automatisch
aktiviert und deaktiviert werden (Risser & Petica 1998) .
ü
Stop & Go
Die
Stop
&
Go
Funktion
ermöglicht
eine
automatische
Abstandskontrolle bei langsamen Geschwindigkeiten. Es ist eine
Ergänzung bzw. Erweiterung zum ACC – System bei langsamem bzw.
bei zähflüssigem Verkehr (z.B. im Stadtverkehr). Es gibt zwei
Varianten des Stop & Go Systems: vollautomatisch und
halbautomatisch. Bei der vollautomatischen Variante beschleunigt
und bremst das Auto automatisch ohne Intervention des Lenkers
bzw.der Lenkerin. Bei der halbautomatischen Variante, bremst das
Fahrzeug, der Fahrer muss jedoch selber wieder beschleunigen. Bei
fließendem Verkehr fährt das Auto konstant mit der eingestellten
Geschwindigkeit bis zur nächsten Lenkerintervention.
ü
Kurvenmanagement
Dabei handelt es sich um Systeme, welche automatisch die
Geschwindigkeit reduzieren (der Grad wird durch den/die Benutzer/in
bestimmt), falls man sich einer gefährlichen Kurve nähert. Es kann
als Ergänzung zum ACC-System angesehen werden.
ü
Kurvenwarnung
Im Rahmen des EU-Projektes In-Arte wurde eine Assistenzfunktion
entwickelt namens Curve Warning. Der/die Fahrer/in wird gewarnt,
21
falls er sich einer Kurve zu schnell annähert. Die Intervention besteht
nur aus dieser Warnung.
ü
Kollisionswarnungs- und -vermeidungssysteme
Das Risiko eines Unfalls durch ein Hindernis auf der Straße soll
verringert werden. Ein Sensor misst die Distanz, die Position und die
relative Geschwindigkeit des Hindernisses. Die Intervention erfolgt
entweder
automatisch
durch
Bremsen
oder
durch
eine
Kollisionswarnung.
ü
Kollisionsvermeidung in Kreuzungen
Das System meldet dem/der Fahrer/in falls eine mögliche Kollision im
Kreuzungsbereich bevorsteht. Die Warnung kann entweder durch
eine Stimme erfolgen oder wird auf einem Infoscreen angezeigt.
ü
Kollisionsvermeidung auf Bahnübergängen
Der/die Fahrer/in wird bei einem nicht geregelten Bahnübergang über
das Herannahen eines Zuges informiert, falls er sich im Kollisionskurs
befindet. Ursprünglich war diese Einrichtung vor allem für Busse und
Lkws mit gefährlichen Gütern vorgesehen.
ü
FußgängeInnen und Hinderniserkennung
Das System warnt den/die Fahrer/in, wenn ein/eine Fußgänger/in in
unmittelbarer Nähe die Fahrbahn betritt bzw. wenn sich ein Hindernis
in unmittelbar Nähe befindet.
Umkehr-/Einparkhilfen
Umkehr- und Einparkhilfen sind Geräte mit deren Hilfe Hindernisse bei niedrigen
Geschwindigkeiten erkannt werden können. Die Einparkhilfe wird durch den/die
Fahrer/in selbst oder durch Einlegen des Rückwärtsganges aktiviert. Die
Rückmeldung findet durch eine Display oder durch ein akustisches Outputsystem
statt.
Vision Enhancement
Das Ziel von Vision Enhancement Systemen besteht darin, die Sicht des Fahrers
bzw. der Fahrerin in bestimmten Situationen z.B. bei eingeschränkter Sicht durch
Nebel, Regen, Schnee oder Dunkelheit zu verbessern. Für gewöhnlich wird auf
einem Bildschirm das erweiterte Bild der Straße vor dem/der Fahrer/in projiziert .
Eine Untergruppe ist der elektronische Spiegel. Dieses Gerät ersetzt
herkömmliche Tür- und Innenspiegel durch ein elektronisches Sehgerät, welches
die Sicht nach hinten mittels eines Bildschirms anzeigt.
Fahrerüberwachung
Dazu zählen alle Geräte, die den physischen Zustand des Fahrers bzw. der
Fahrerin messen (z.B. Schläfrigkeit, Aufmerksamkeitsmangel, Grad der
Alkoholbeeinträchtigung, vermittelt etwa über Augenbewegungen, Herzfrequenz)
und das möglich Risiko bei abnormalem Status abschätzen. Falls eine sichere
Weiterfahrt aufgrund des physischen Zustandes des Fahrers bzw. der Fahrerin
nicht mehr gewährleistet werden kann, ertönt bspw. ein Warnzeichen; es wurden
aber auch schon Systeme diskutiert, die im Krisenfall eingreifen (Risser & Petica
1998).
22
Pre-crash System
Ein Pre-crash System erkennt, wenn ein Unfall unvermeidbar ist. Diese
Information wird dazu verwendet, um die Folgen des Unfalls zu verringern (z.B.
durch Festziehen des Sicherheitsgurtes, durch Auslösen des Airbags, etc.).
4.1.2.3 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur individuellen
Verkehrsbeeinflussung
Im folgenden werden die erwähnten Systeme tabellarisch kurz
zusammengefasst:
Tab2.: Telematische Systeme im Überblick
System
Kurze Beschreibung
Primäre Zielsetzung
INFORMATIONSSYSTEME
Nagivationssysteme:
Durchführung von Orts- und
Routenplanungen, Filtern
von Verkehrsinformationen
zur optimalen
Routenplanung
Erhöhung des
Verkehrsflusses
Integrierte Navigation
Anzeigen von
Geschwindigkeitslimits,
Warnung bei Kollisionsrisiko
Verbesserung der Verkehrssicherheit
Route-guidance oder
Route-nagvigations
System
Serviceleistung/Erhöhung
Auswahl der optimalsten
Route mit Instruktionen oder des Verkehrsflusses
ohne Instruktionen nur
durch Anzeigen auf dem
Bildschirm
Kreuzungsmanagement
Bei Annäherung an
Kreuzungen werden
Angaben zur optimalen
Geschwindigkeit gemacht
Verbesserung der Verkehrssicherheit
Reiseinformationsdienste Informationen werden dem
Serviceleistung/Komforter(RDS-TMC; GSM, DAB, DVB, Reisenden vor oder während höhung
IP)
der Fahrt zur Verfügung
gestellt. Sie werden nach
gewissen Kriterien auf den
Endverbraucher
zugeschnitten
Notrufdienste
Automatische Verständigung Verbesserung der Verkehrsder Rettungsdienste bei
sicherheit
einem Unfall
Komfort und
Infotainmentdienste
(Telefondienste,
Automatische CockpitKonfiguration, etc.)
Dienen dem Komfort und
der Unterhaltung des
Fahrers bzw. der Fahrerin
23
Serviceleistung/Komforterhöhung
System
Kurze Beschreibung
Primäre Zielsetzung
ASSISTENZSYSTEME
Lateral control:
Spurenassistent
Bei starker Spurabweichung
Warnung oder
automatischer Eingriff
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Rückspiegel mit integrierter
Kamera erkennt
überholende Fahrzeuge
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Drei Arten der Intervention:
Information, Empfehlung,
automatisches Eingreifen
sobald ein
Geschwindigkeitslimit
überschritten wird
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Adaptive Cruise Control
(ACC)
Assistiert dem/der Fahrer/in
bei der
Geschwindigkeitskontrolle
und beim Einhalten von
Sicherheitsabständen
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Kurvenmanagement/Kurven
warnung
Automatische
Geschwindigkeitsreduktion
bzw. Warnung bei
Annäherung an eine
gefährliche Kurve
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Kollisionswarnung und
Kollisionsvermeidungssystem (Sonderform: bei
Kreuzungen und Bahnübergängen)
Distanz, die Position und die Erhöhung der Verkehrsrelative Geschwindigkeit des sicherheit
Hindernisses wird gemessen
Stop & Go
Automatische Abstandskontrolle bei langsamen
Geschwindigkeiten
Erhöhung der Verkehrssicherheit
FußgängerInnen und
Hinderniserkennung
Erkennen von
FußgängeInnen und
Hindernissen am Weg
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Umkehr-/Einparkhilfen
Geräte zum Erkennen von
Hindernissen bei niedrigen
Geschwindigkeiten
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Vision Enhancement
Verbesserung der Sicht des
Fahrers bzw. der Fahrerin
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Fahrerüberwachung
Messen des physischen
Zustandes des Fahrers bzw.
der Fahrerin
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Pre-Crash System
Erkennen eines Unfalls und
Verringerung der Unfallfolgen
Erhöhung der Verkehrssicherheit
Überwachung des toten
Winkels
Longitudinal control:
ISA (Intelligent Speed
Adaptation)/Aktives
Gaspedal
24
4.1.3 Gebühreneinhebung
Die Gebühreneinhebung beim motorisierten Individualverkehr bezieht sich
einerseits auf Straßengebühren, andererseits auf zu bezahlende Parkgebühren.
In beiden Fällen gibt es bereits die Möglichkeit elektronischer Abrechnung. Das
primäre Ziel von elektronischen Abrechnungsystemen ist die Gebühreneinhebung
so schnell und reibungslos und gleichzeitig so komfortabel wie möglich für den
Nutzer zu gestalten.
4.1.3.1 Straßengebühren - Pkw-Maut
In vielen Ländern Europas8 wird auch für Pkws eine Autobahngebühr verlangt.
Diese Gebühr wird teils in Form einer streckenbezogenen Maut eingehoben, teils
in Form einer für eine bestimmte Zeit gültigen Vignette.
Der Kauf von Vignetten in Österreich erfolgt noch auf herkömmliche Art über
diverse Verkaufsstellen. Elektronische Abrechnungssysteme gibt es in Österreich
nicht.
In einigen Städten (Tokio, San Diego, New York, etc.) werden Abgaben für
Tunnels und Brücken im Stadtbereich bzw. in den Einfahrtsbereichen verlangt.
Ein interessantes Modell einer Pkw-Maut stellt die Citymaut - „Congestion
Charge“ in London dar. Der Bürgermeister von London Ken Livingstone führte
im März 2003 eine „Stauabgabe“ im Zentrum von London werktags von 7.00 bis
18.30 in Höhe von ca. acht Euro ein. Die Erfassung der Autos, die in die Zone
hineinfahren erfolgt elektronisch mittels Kamera. 688 Kameras registrieren die
Nummernschilder aller Wagen. Bei Nichtbezahlung der Gebühr wird ein Bußgeld
von 130 Euro fällig. Die Bezahlung der Gebühr kann online, bei einigen
ausgewählten Geschäften, Tankstellen und Parkplätzen per Post, über Telephon
oder durch eine SMS-Nachricht erfolgen (www.profil.at).
Die Citymaut in London löste viele Diskussionen in anderen Städten aus. In Graz
aber auch in Salzburg wurde ernsthaft überlegt eine Citymaut nach Londoner
Vorbild einzuführen. Stockholm hat für das Jahr 2006 eine Citymaut für alle
Autos im Stadtzentrum fixiert. Bereits seit Ende der achtziger Jahre ist die
Einfahrt in die Innenstadt in den skandinavische Städten wie Bergen und Oslo
kostenpflichtig. Auch in Singapur und Hongkong wird der Verkehr in der
Innenstadt durch eine Stadtmaut geregelt. In Singapur funktioniert das System
mittels einer aufladbaren Mautkarte. Auf eine Chipkarte kann Geld aufgeladen
werden, passiert man ein elektrisches Tor vor einer mautpflichtigen Zone wird
mittels Laser der bezahlende Betrag von der Karte abgebucht.
4.1.3.2 Parkgebühren
Als elektronisches System zur Abrechnung von Parkgebühren gibt es einerseits
die Möglichkeit, den Parkplatz über das Mobiltelefon zu bezahlen.
Eine andere Variante sind Geräte, die im Fahrzeug untergebracht werden. Ein
kleiner Kasten, in der Größe einer Fernbedienung mit einem Display wird
eingeschaltet und statt eines Parkscheins hinter die Windschutzscheibe gelegt.
Wenn der/die Fahrerin den Parkplatz verlässt, wird das Gerät ausgeschaltet. Die
angefallenen Gebühren werden von einem gespeicherten Guthaben im Gerät
8
In Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Kroatien, Ma-zedonien, Niederlande,
Norwegen, Österreich, Portugal, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Spanien, Tschechien, Türkei
und Ungarn werden Gebühren verlangt. In Deutschland wird derzeit über eine Pkw-Maut diskutiert (www.kfzauskunft.de/info/autobahngebuehr.html)
25
abgebucht. Die Geräte können von den VerkehrsteilnehmerInnen gekauft oder
gegen Kaution entliehen werden. Dieses System wird seit einigen Jahren in den
Niederlanden und in Skandinavien verwendet (Schäfer 2004).
In beiden Fällen können mit Handcomputer ausgestattete Kontrollorgane durch
Online-Verbindungen die Aktivierung des elektronischen Parkscheins kontrollieren.
Studien über die Benutzung eines eigenen Gerätes zur ParkgebührenAbrechnung zeigen, dass dieser Dienst vorwiegend von Firmen für ihre
MitarbeiterInnen und von berufstätigen VielparkerInnen genutzt wird. Wenn ein
Gerät vorhanden ist, wird es für fast alle Parkvorgänge eingesetzt. Die
Anschaffung des Geräts zahlt sich für Personen, die nur selten in
gebührenpflichtigen Zonen parken, nicht aus.
Als wesentliche Vorteile beider alternativer Systeme (Mobiltelefon bzw. Gerät)
werden minutengenaue Abrechnung und, dass die Parkdauer vorher nicht
abgeschätzt werden muss, genannt (Schäfer 2004).
In Wien gibt es die Möglichkeit des m-parking (=mittels Mobiltelefon) seit
Oktober 2003. Durch das Senden einer SMS-Nachricht kann das Parkkonto mit
Parkstunden aufgeladen werden. Die Bezahlung erfolgt entweder mit Kreditkarte,
paybox oder Mobilfunkrechnung. In Wien wurde noch keine Akzeptanzstudie
(Zufriedenheitsgrad, Bekanntheitsgrad, etc.) durchgeführt. Laut Magistratsabteilung 4 wird m-parking aber gut angenommen, wobei sich die bundesgesetzliche Regelung, eine Parkuhr im Fahrzeug anzubringen, dämpfend auf die
Zuwachsrate auswirkt (www.wien.gv.at/finanzen/abgaben/parhandy.htm).
4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer
VerkehrsteilnehmerInnen9
4.2.1 Öffentlicher Verkehr
Gerade im öffentlichen Verkehr sind viele telematische Einrichtungen nicht wirklich „sichtbar“ und als solche erkennbar. Sie werden durch den Fahrgast vielmehr
nur durch eine Verbesserung des Komforts (z.B. dichtere Intervalle, kürzere Wartezeiten) wahrgenommen. Im Gegensatz zu individuellen Telematikanwendungen
im motorisierten Individualverkehr, kommen die neuen Technologien im öffentlichen Verkehr im Prinzip allen VerkehrsteilnehmerInnen gleichermaßen zu Gute.
Im folgenden wird ein sehr grober Überblick über Betriebsleit-, Auskunfts- und
Gebühreneinhebungssysteme gegeben.
4.2.1.1 Betriebsleitsysteme
In Wien wurde 1995 von den Wiener Linien der Probebetrieb für ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL) mit zwei Straßenbahnlinien aufgenommen.
Im Jahr 2004 waren bereits 60 Straßenbahn und Autobuslinien erfasst (ca. 390
Autobusse und etwa 500 Straßenbahnen sind RBL tauglich). Ziel ist es, bis 2008
das System flächendeckend auszubauen. Beim RBL der Wiener Linien handelt es
sich um ein System, das eine zentrale Leitstelle und 50 weitere Betriebsstellen in
die Betriebssteuerung integriert.
9
Unter schwächere VerkehrsteilnehmerInnen werden in diesem Bericht FußgängerInnen und RadfahrerInnen
zusammengefasst.
26
Hauptziel des RBL ist es für regelmäßige Intervalle und Pünktlichkeit zu sorgen,
indem Störungen frühzeitig erkannt und Lösungsvorschläge vom System vorgeschlagen werden (Störungsmanagement). Das Störungsmanagement erlaubt,
bei Bedarf einen Linien- und Kursnummerwechsel vorzunehmen, an Wendestellen Linien kurz zu führen und die nächste Fahrt in Gegenrichtung zu beginnen,
zusätzliche Fahrten in den laufenden Betrieb einzuführen, Strecken bei Bedarf zu
sperren, etc.
Zusätzlich wird eine dynamische Anschlusssicherung und eine Verringerung der
Fahrzeiten durch eine bedarfsgesteuerte Verkehrslichtsignal (VLSA-) Beeinflussung ermöglicht.
Die einzige für den Fahrgast „sichtbare“ Auswirkung des RBL stellt die dynamische Fahrgastinformation in den Haltestellen dar, die entsprechend der jeweiligen Verkehrssituation aktualisiert wird (Echtzeitanzeige an den Haltestellen)10.
Derzeit gibt es rund 150 Anzeigen in Straßenbahn und Autobushaltestellen,
wobei geplant ist, insgesamt 500 Haltestellen mit derartigen Anzeigen auszustatten (www.wien.gv.at/verkehr/vema/rbl.htm).
Das RBL ist technisch komplett getrennt vom Betriebsleitsystem der U-Bahn.
Eine Vernetzung des RBL mit den übrigen Verkehrssystemen ist geplant.
Auch in Graz gibt es seit 2003 ein Betriebsleitsystem in Probebetrieb. Das
System beinhaltet eine dynamische Fahrgastinformation an derzeit ca. 100
Haltestellen (Straßenbahn und Bus). Die offizielle Inbetriebnahme erfolgt Ende
2005. Es ermöglicht eine Anschlusssicherung an Umsteigepunkten, Störungen
werden früher erkannt und es wird schneller darauf reagiert. Ziel ist es, den Verkehrsrechner der Stadt Graz mit dem Grazer Verkehrsverbund – Betriebsleitsystem zu vernetzen, um den Verkehrsfluss für den Öffentlichen Verkehr, sowie für
den Autoverkehr zu verbessern (integriertes Verkehrsmanagement). Fahrgäste
sollen durch kürzere Fahrzeiten davon profitieren (www.verkehr.steiermark.at).
In Zürich ist seit 2003 das Leitsystem ZVV (Zürcher Verkehrsverbund) in Probebetrieb. Es handelt sich um eine zentral gesteuerte, umfassende Vernetzung der
öffentlichen Verkehrsmittel (Bus, Tram und Bahn) im Kanton Zürich. Es umfasst
Informationssysteme wie Bildschirme in Fahrzeugen und computergesteuerte
Anzeigetafeln an ausgewählten Haltestellen. Das Leitsystem ist mit externen
Partnern verbunden. Es besteht z.B. eine Schnittstelle zum Kundeninformationsdienst der Schweizer Bundes Bahn. Die Kantonspolizei, die Stadtpolizei Zürich
und die Stadtpolizei Winterthur bringen Informationen zum Straßenverkehr ins
Leitsystem ein. Im Gegenzug dazu profitieren sie von aktuellen Betriebsinformationen des öffentlichen Verkehrs (Mobilissimo Nr. 3/2003).
In der Stadt Salzburg existiert ein Zentralrechner, der automatisch die „Fahrpläne“ der angeschlossenen Ampeln bestimmt (Automatische Ampelsteuerung).
Insgesamt gibt es 160 geregelte Ampelanlagen in Salzburg, die „Grüne Fahrt“ für
den Bus ermöglichen. Salzburg hat hinsichtlich der Ampelsteuerung das Zürcher
Modell als Vorbild genommen. Laut Landespressebüro funktioniert das System
sehr gut. Die Busse sind pünktlicher, die Kunden zufriedener und sogar der Autoverkehr kommt schneller ans Ziel (www.salzburg.gv.at).
Auch im Eisenbahnverkehr werden Leit- und Sicherheitstechniken verwendet. Bestehende nationale Zugsicherungs- und Zugbeeinflussungssystem sollen durch
ein Europäisches Zugbeeinflussungssystem abgelöst werden.
10
siehe auch Kapitel 4.2.1.2
27
1996 wurde der Grundstein zur Einführung des interoperablen European Train
Control Systems (ETCS) gelegt. ETCS bildet zusammen mit dem Mobilfunksystem
GSM-R und dem einheitlichen European Traffic Management System (ETMS) das
European Rail Traffic Management System (ERTMS).
4.2.1.2 Informationsdienste/Serviceleistungen
Information und Serviceleistungen im öffentlichen Verkehr beziehen sich vor allem auf Fahrplanauskünfte und Routenwahlen, d.h. mit welchen öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt man am schnellsten vom Quell- zum Zielort. Die Informationseinholung ist in vielen Fällen sowohl vor Fahrtantritt (pre-trip) als auch
während der Fahrt (on-trip) möglich.
Elektronische Fahrplanauskunftssysteme (Fahrtroute, Fahrzeiten und Fahrpreise) werden bereits an unterschiedlichen Stellen angeboten. In manchen
Fahrzeugen werden mittels Bildschirmdialogen z.B. die nächste Haltestelle, aber
auch diverse Umsteigemöglichkeiten angezeigt. An Haltestellen und Bahnhöfen
können an diversen Info-Säulen und dynamischen Ankunftsanzeigetafeln
(Countdownanzeigen) aktuelle Fahrpläne abgelesen werden. Zusätzlich gibt es
die Möglichkeit, zu Hause via Internet und in manchen Städten und Regionen
bereits via Mobiltelefon Fahrpläne abzurufen.
Elektronische Fahrplanauskünfte via Internet bieten eine individuelle, durch
die Angabe von Quell- und Zielhaltestellen oder Quell- und Ziel-Adressen beschriebene Fahrplanauskunft auf Basis der Fahrplan-Sollzeiten. Tarifinformationen sind häufig bereits in das System integriert, wobei Tarifauskünfte meist nur
innerhalb eines Verkehrsverbundes und nicht für Fahrten zwischen mehreren
Verkehrsverbünden erteilt werden. Auch genaue Angaben der Stationen
hinsichtlich barrierefreie Zugangsmöglichkeiten sind enthalten (z.B. die
Fahrplanauskunft der Wiener Linien gibt genau an, ob die jeweiligen Haltestellen
über einen Lift,. Rolltreppen und Stiegen sowohl auf- als auch abwärts
verfügen.). Verspätungsinformationen (Fahrplan-Istzeiten) werden in der Regel
noch selten weitergegeben.
Eine Fahrplanauskunft über Mobiltelefon ermöglicht es dem Nutzer bzw. der
Nutzerin nicht nur vor der Fahrt, sondern auch während der Fahrt Informationen
einzuholen.
In Frankfurt ist für die NutzerInnen von Bussen und der Bahn seit Dezember
2004 eine Mobiltelefonabfrage der Ist-Fahrzeiten möglich. D.h., Fahrgäste
können sich zu jeder Zeit und an jedem Ort darüber informieren, wann die Busse
und Bahnen an bestimmten Haltestellen in Echtzeiten, also unter
Berücksichtigungen möglicher Verspätungen sein werden. Davor war die
Fahrplanauskunft
nur
in
Sollzeiten
möglich.
Laut
dem
Frankfurter
Verkehrsverbund kommt dieses Service bei den KundInnen sehr gut an. Wurden
vor Umstellung auf die Ist-Fahrzeiten 400 bis 500 tägliche Zugriffe registriert,
sind es derzeit 1500 bis 1600 pro Tag (Presseaussendung TraffiQ & VGF 2005).
In Dresden gibt es bereits seit 2000 die Möglichkeit, für Verkehrsmittel der
Dresdner Verkehrsbetriebe Fahrplanauskünfte mittels SMS zu erhalten. Im Juni
2002 wurde die Mobiltelefon-Fahrplanauskunft auf den gesamten öffentlichen
Nahverkehr im Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) erweitert, und im Jahre 2004
wurde SMS-Fahrplanauskunft auf Echtzeit umgestellt. Auch VVO spricht von einer
großen und steigenden Akzeptanz des angebotenen Services. Die SMS-Auskunft
wurde über 30 000 Mal pro Monat genutzt (Presseinformation intermobil 2003).
28
Hinsichtlich
Dresden
ist
noch
zu
erwähnen,
dass
sich
der/die
Verkehrsteilnehmer/in über das Internetportal DORIS (www.intermobil.org) in
einem System Überblick zur Verkehrssituation sowohl für den ÖPNV als auch für
den Straßenverkehr verschaffen kann: Wann fährt die nächste Straßenbahn? Wo
muss ich umsteigen? Gibt es Stau? Wo sind momentan Baustellen, etc..
Generell ist geplant, das Fahrplanauskunftssystem durch die Integration von
Tarifauskünften und intermodalen Auskünften (z.B. Pkw-Routing zu vorhandenen
Park&Ride-Parkplätzen, dynamisches Routing von Zu- und Abgangswegen
hinsichtlich Fuß- und Radwegen) zu erweitern.
4.2.1.3 Gebühreneinhebung
Auch im Bereich des Fahrgeldmanagement gibt es unterschiedliche Lösungsansätze, um den Kunden den Erwerb eines Fahrscheines noch einfacher und den
Zugang zum öffentlichen Verkehrsmittel noch komfortabler zu machen.
Seit Herbst 2003 ist es in Wien bei den Wiener Linien möglich, eine digitale
Eintageskarte mittels SMS zu kaufen – SMS-Ticketing. Das Handy fungiert
dabei als Fahrausweis. Die Bezahlung erfolgt über eine elektronische Zahlungsplattform "paybox". Der Fahrgast muss vor Fahrantritt per SMS die
Fahrkarte erwerben. Seit 2004 wird auch ein Singleticket für 90 Minuten
angeboten.
Im Oktober 2004 hat auch Innsbruck das „Handyticket“ eingeführt, wobei
zwischen Single- und Dayticket unterschieden wird. Das Singleticket gilt für 45
min. Kurz vor Ablauf des Tickets erhält der Fahrgast ein Erinnerungs-SMS und
kann bei Bedarf das Single- auf ein Dayticket ändern (Mobilcom Austria 2004).
Die ÖBB bietet bereits seit 2002 die Möglichkeit an, eine Fahrkarte mit SMS zu
bestellen. Das „virtuelle Ticket“ ist ein 18-stelliger Code am Handy-Display, der
im Zug in Verbindung mit einem Lichtbildausweis dem/der Schaffner/in gezeigt
wird. Der Fahrpreis wird mit der nächsten Handyrechnung bezahlt.
In den Niederlanden soll bis 2007 landesweit eine Smartcard, eine elektronische Fahrkarte, eingeführt werden. Basierend auf der Funktechnologie RFID
(Radio Frequency Identification) wurde in Rotterdam das öffentliche
Verkehrssystem auf Smartcards mit Funkchip umgestellt. Die Smartcards werden
an Kassenautomaten aufgeladen und können berührungslos eingelesen werden.
Es wird dadurch möglich, mit einer Fahrkarte zwischen Zügen, Straßenbahnen,
U-Bahnen und Bussen in den Niederlanden zu wechseln (Der Standard 9.Jänner
2004).
Auch in Deutschland ist die elektronische Fahrkarte geplant bzw. in manchen
Städten bereits in Betrieb.
Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen VBN (Bremer Straßenbahn AG,
der BremerhavenBUS und die Verkehr und Wasser GmbH in Oldenburg) führte
2001 erstmals in Deutschland ein flächendeckendes integriertes elektronisches
Zahlungssystem auf Basis der GeldKarte ein. Dabei wird die Fahrkarte auf dem
Chip der Geldkarte abgespeichert. Alle 400 Fahrzeuge der Bremer Straßenbahn
AG (BSAG) sowie die privaten Vorverkaufsstellen wurden mit entsprechenden
Ticketterminals ausgestattet.
Anfang 2002 hatten die Kunden bereits 40.000 elektronische Fahrkarten gekauft.
Im Jahr 2003 wurde zusätzlich ein elektronisches Monatsticket eingeführt.
Derzeit werden rund 10% aller Fahrscheine im Fahrzeug über E-Ticketing gelöst.
Im Jahr 2005 wurden zusätzlich 165 Fahrzeuge mit neuen Hard- und
29
Softwarekomponenten ausgestattet, die es ermöglichen, dem Kunden bzw. der
Kundin den günstigsten Tagestarif (best price) anzubieten (www.geldkarte.de).
In Dresden wird ein drahtloses Ticket-System erprobt. Dabei erkennt das
Fahrzeug automatisch11 die Anwesenheit eines Fahrgastes mit E-Ticket, ohne
dass dieser eine Bedienungshandlung setzen muss. Die sogenannte ALLFAFahrkarte12 wird beim Betreten des Fahrzeuges aktiviert und beim Verlassen
deaktiviert (Be-in/Be-out = BIBO Prinzip), d.h. Einstiegsort, Fahrdauer, Kosten
und Ausstiegsort werden automatisch aufgezeichnet.13 Der Fahrgast kann via
Internet selbst abrufen, welche Wege er im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt
hat (Fuhs 2005).
4.2.1.4 Das Online-Ticket
Neben dem E-Ticketing besteht vorwiegend im europäischen Bahnverkehr die
Möglichkeit, ein Ticket via Internet, das online-Ticket, zu erwerben.
Das Online-Ticket der ÖBB wird gemäß dem im Internet vorgegebenen Ablauf
bestellt und mittels Kreditkarte, Vorteilscard mit Zahlungsfunktion oder paybox
bezahlt. Als Bestätigung gilt der Internet-Ausdruck in Verbindung mit einem
amtlichen Lichtbildausweis.
Das EventTicket14 der ÖBB wird z.B. nur im Internet vertrieben und kann nur
online gebucht werden.
Durch die Einführung des E-Ticketing erwarten sich Verkehrsunternehmen generell zufriedenere und zusätzliche KundInnen, sowie eine Senkung der
Betriebskosten durch die Reduzierung von Abwicklungs- und Unterhaltskosten
(für Fahrscheindruck, Bargeldhandling, Abrechnung und Logistik). Als
Nebeneffekt liefert ein elektronisches Ticketing-System eine ganze Reihe von
Daten, da automatisch Fahrgastzahlen mit Quelle und Ziel ermittelt werden (z.B.
an welcher Haltestelle wie viele Leute ein- und aussteigen). Diese Daten werden
derzeit noch in aufwendigen Fahrgastbefragungen erhoben.
4.2.1.5 Das Projekt TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für den Kunden
entwickeln im Öffentlichen Verkehr
In Österreich wurde vor allem im Rahmen des fünfjährigen Forschungsprojektes
„move- Mobilität und Verkehrstechnologie“ (1999-2003) ein Schwerpunkt auf
den öffentlichen Verkehr gelegt. „TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für den
Kunden entwickeln im Öffentlichen Verkehr“ hatte zum Ziel Informationsdienste
im öffentlichen Verkehr zur Erhöhung des Komforts der Fahrgäste zu entwickeln.
Folgende Themen wurden behandelt:
ASSIST – Austria Information Service for Travellers
Umfasst alle Produkte und Dienstleistungen, die dem Reisenden bzw. der
Reisenden auf mobilen oder festen Geräten in allen Phasen der Tür-zu-Tür
Reisekette elektronische Informationen über aktuelle Reiseumgebung, -verlauf
und –ziel zur Verfügung stellen.
11
In den umgerüsteten Straßenbahnen liegen dazu zwei Access-Antennen auf, die mit dem Ticket der
freiwilligen Teilnehmer kommunizieren
12
ALLFA steht für „einfach alles fahren“.
13
Aus Gründen des Datenschutz werden die Daten nicht personenbezogen abgespeichert.
14
Beim Event-Ticket handelt es sich um eine Kooperation zwischen einem Veranstalter (z.B. Konzerte,
Fußballmatches) und der ÖBB, wobei die Anreisermäßigung grundsätzlich 30% beträgt.
30
BSI – Betriebliche Systeme und intelligente Infrastruktur
Bestehende betriebliche Systeme (z.B. rechnergestützte Betriebsleitsystem) und
Telematik-Anwendungen zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen
Verkehrs wurden erweitert und ergänzt.
ÖVAS – Öffentlicher Verkehr Auskunfts-System
Aufbau eines österreichweiten, verkehrsträgerübergreifenden und einheitlichen
Auskunftssytems für den öffentlichen Verkehr. Daten sollen integriert und in
einem Call Center über eine einheitliche Servicenummer abgefragt werden.
ÖV-IV – Schnittstelle zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr
Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel soll durch unterschiedliche Informations- und Transaktionssysteme (Mobiltelefon, Internet) erleichtert werden.
Im Rahmen dieser Themen wurden unter anderem folgende Projekte vom bmvit
gefördert:
Con.takt Anschlusssicherung mit Bus und Bahn
Dem Fahrgast soll ein optimaler Anschluss mit Bus und Bahn ermöglicht werden.
Das Pilotprojekt wurde in Vorarlberg gestartet. Über moderne Kommunikationsmittel (Datenfunk/GSM=Global System of Mobile Communication) werden Anschlussicherungen automatisch durchgeführt. Über Fahrgastinformationsbildschirme wird der Fahrgast über etwaige Anschlüsse informiert. Fahrer werden
über Verspätungen von Zubringern informiert, mit dem Hinweis, ob er die Anschlusshaltestelle verlassen kann oder nicht (z.B. der Zubringer teilt mit, dass
keine Umsteiger im Fahrzeug sind).
Make.it – Informationstechnologie im regionalen Nahverkehr
Die optimale Kombination von Verkehrskonzept und Informationstechnologie soll
die Nutzung des öffentlichen Verkehrs attraktiver machen. Über ein bedarfsgesteuertes Zubringersystem soll dem Fahrgast eine nahtlose Verbindung von Tür
zu Tür ermöglicht werden.
Dadurch wird auch eine Flächenschließung bei geringer Nachfrage möglich. Die
ÖV-Nutzung soll dadurch so einfach und flexibel wie möglich gemacht werden.
Dem Fahrgast sollen alle mobilitätsbezogenen Informationen und Dienstleistungen über einen zentralen Ansprechpartner angeboten werden. Der Fahrgast gibt
via SMS, e-mail, Internet oder telefonisch einem Call Center Standort und Fahrtziel an. Make.it informiert über Abfahrts- und Ankunftszeit, Kosten, bucht die
Fahrkarte und organisiert Zubringertaxis. Bus- und Taxifahrerinnen werden auch
über Verspätungen informiert, um den Anschluss auch wirklich zu garantieren.
Ursprünglich wurde das System in drei Zentralen gegliedert (Mobilitätszentrale,
Verkehrskontrollzentrale und Vermittlungszentrale), wobei das System
mittlerweile strukturell geändert wurde. Das gesamte System ist jetzt Webbasiert, so dass die telefonische Buchung und Information von einem beliebigen
Call Center übernommen werden können. Die Disposition des Bedarfsverkehrs
erfolgt automatisiert. Eine physische Vermittlungszentrale ist daher nicht mehr
erforderlich.
Im Sommer 2005 wird das Projekt make.it, bevor es in den eigentlichen Probebetrieb geht, von geschulten BeamtInnen noch hinsichtlich seiner Benutzungsfreundlichkeit getestet.
BEHA – Bedarfshaltestellen im öffentlichen Kraftfahrlinienverkehr
Insbesondere im ländlichen Bereich ist der öffentliche Personenverkehr durch geringes Fahrgastaufkommen unregelmäßig, zeitlich schwer prognostizierbare
Nachfrageverteilung und einen hohen Leerfahrtsanteil gekennzeichnet. Durch das
Bedarfhaltestellensystem BEHA werden bestehende Bedienungsgebiete im
31
regionalen Kraftfahrlinienverkehr effizienter erschlossen bzw. neue Erschließungsgebiete unter geringeren zusätzlichen Reisezeiten integriert. Für die Abwicklung des laufenden Betriebes sind keine zusätzlichen Humanresourcen notwendig. 5-10 Minuten vor Abfahrt meldet man sich mittels einer Drucktaste an
der Haltestelle oder mittels Mobiltelefon oder Internet an. (Beim Anrufsammeltaxi (AST) muss man 45 Minuten vor Fahrbeginn den Abfahrtsort angeben.). Die
Nachricht wird an die Rechnerzentrale weitergeleitet, die wiederum automatisch
an den entsprechenden Buslenker eine Benachrichtigung auf einem Mobiltelefon
hinterläßt. Der/die Busfahrer/in bestätigt mittels Mobiltelephon die Ankunft an
der gewünschten Bedarfshaltestelle und etwaige Verspätungen. Diese Daten
werden dem Fahrgast weitergeleitet.
4.2.2 Fußgänger- und Radverkehr
Generell werden im Fußgänger- und Radverkehr wenig Forschungsgelder aufgebracht, um Telematik auch in diesen Bereichen großflächig anwenden zu können.
Im österreichischen Telematikrahmenplan scheinen FußgängerInnen und
RadfahrerInnen als Zielgruppe überhaupt nicht auf. Trotzdem gibt es auch bei
diesen Fortbewegunsarten einige telematische Anwendungen, die die Teilnahme
am Verkehr erleichtern und sicherer gestalten sollen.
4.2.2.1 FußgängerInnen
Die wenigen Telematikanwendungen für den Fußgängerverkehr kommen vor
allem Kindern, älteren Personen und behinderten Menschen zu Gute.
Fußgängerdetektoren sind bei Fußgängerverkehrslichtsignalanlagen während
der Grünphase für FußgängerInnen aktiv und erkennen, ob sich noch Personen
auf dem Übergang befinden. Ist dies der Fall, wird die Grünzeit für FußgängerInnen entsprechend verlängert. Dies trägt erheblich zur objektiven und
subjektiven Sicherheit von FußgängerInnen bei. In Österreich gibt es derzeit
noch keine Ampelanlagen, die mit Fußgängerdetektoren ausgestattet sind. In
einigen Gemeinden in Deutschland und Schweden sind sie bereits in Verwendung
(Altengruber et al. 2004).
Tonsignalgeber bei ampelgesteuerten Fußgängerübergängen ermöglichen sehbehinderten Menschen die Grünphase genau zu erkennen. Tonsignalgeber
können sich in der Lautstärke dem Umfeldgeräuschpegel anpassen.
Nicht der Sicherheit, sondern vorwiegend der Information und besseren Routenplanung dienen Mobiltelefon-Navigationslösungen. Mittels GPS auf Mobiltelephonen können FußgängerInnen durch Eingabe der Zieladresse an den gewünschten Ort geleitet werden. In die Routenberechnungen können auch
neueste Verkehrsinformationen einbezogen werden.
Seit 2004 gibt es in Österreich Mobiltelefone, die das Display vorlesen und damit
die wichtigen Nebenfunktionen, wie SMS, zugänglich machen.15 Zusätzlich wurde
von einer kanadischen Firma ein Gerät entwickelt, das geographische Daten
vorlesen kann. Der sogenannte „Trekker“ integriert Sprachausgabe in ein GPSNavigationssystem. Es wird um den Hals getragen und soll sehbehinderten
Menschen die Orientierung erleichtern (Bichler 2004). Mittels „Trekker“ wird die
Umgebung, in der man sich befindet, genau beschrieben (wo sich ein Restaurant,
ein Lebensmittelgeschäft, etc., befindet). Derzeit ist das Ziel jedoch nur auf 10m
15
Auch sehbehinderte Menschen können dadurch via SMS mit Freunden kommunizieren, Termine und
Telefonnummern aufrufen, etc.
32
Genauigkeit zu erreichen. D.h. für einen blinden Menschen stellt es nach wie vor
ein Problem dar, nur mittels GPS-System einen Eingang zu finden. Zusätzlich
funktioniert der Trekker nicht in geschlossenen Räumen. Laut Martin Mayerhofer,
einem sehbehinderten Computerspezialisten, der das Gerät getestet hat, ersetzt
der „Trekker“ daher weder einen Blindenstock noch einen Blindenhund. Es
ermöglicht einem blinden Menschen aber,
sein Umfeld
hinsichtlich
Infrastruktureinrichtungen besser kennen zu lernen (Mayerhofer 2005). Der
„Trekker von morgen“ soll in ein Smart Phone integriert sein, das die Umgebung
beschreiben kann, indem das Gerät noch zusätzlich mit einer Kamera
ausgestattet wird.
4.2.2.2 RadfahrerInnen
Auch im Bereich des Radverkehrs gibt es einige telematische Anwendungen, die
den Fahrkomfort und die Sicherheit erhöhen, oder Informationen zur Verfügung
stellen.
Bei Smover handelt es sich um ein Fahrrad mit integrierter elektronischer Steuerung. Je nach Tempo wählt die Elektronik den optimalen Gang. Aber nicht nur
die Gangschaltung, sondern auch die Federung ist automatisch gesteuert. Bei
schnelleren Fahrten wird die Federung automatisch „weicher“, damit Unebenheiten abgefangen werden können.
Auch für den/die Radfahrer/in werden sogenannte Routenplaner in manchen
Städten und Regionen via Internet angeboten. So gibt es für München den
der
es
Radlstadtplan
(dream.lrrl.arch.tu-muenchen.de/perl/radlstadtplan),
ermöglicht, die beste Route vor der Fahrt für unterschiedliche Radfahrtypen
(RadfahrerInnen, die den direkten Weg bevorzugen, RadfahrerInnen, die sich
sicherer am Radweg fühlen, etc.) zu erfragen. Bei der Routenerstellung kann
sogar die bevorzugte Durchschnittsgeschwindigkeit eingegeben werden.
Auch für Berlin gibt es einen Routenplaner (BBBike; www.radzeit.de): Wer in
ganz Deutschland mit dem Rad unterwegs sein will, dem steht ebenfalls ein Routenplaner zur Verfügung (rad-index.de).
In Wien besteht ebenfalls die Möglichkeit, seinen persönlichen Routenplan zu erstellen. Es wird dabei aber darauf hingewiesen, dass aus technischen Gründen
die Routensuche nicht vollständig ist (service.wien.gv.at/wien-grafik). Außerdem
kann die Suche nicht nach bestimmten Kriterien eingeschränkt werden (z.B. eher
Radwege erwünscht oder schnellste Verbindung bevorzugt).
Weiters gibt es noch die Möglichkeit einer Satellitennavigation mittels GPSEmpfänger im Mobiltelefon-Format. Dabei wird die Route am PC erstellt und auf
Display mit Kartenfunktion navigiert. Auf diese Weise ist es möglich, auch
während der Fahrt die Route mittels Mobiltelefon abzurufen. Bis jetzt gibt es
jedoch nur eine einzige Internetseite, die Routen zum Herunterlanden anbietet
(www.gps-world.net).
33
4.3 Flotten und Frachtenmanagement
Telematikanwendungen zum Management von Flotten und Frachten haben neben
einer Erhöhung der Verkehrssicherheit und einer Optimierung der Warenzustellung vor allem das Ziel, die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den
Transitverkehr zu reduzieren. Zwischen 1990 und 1999 betrug die Zunahme des
Verkehrs auf den europäischen Autobahnen 3,85% pro Jahr bei schweren
Nutzfahrzeugen. Gegenwärtig macht der internationale Güterverkehr in großen
Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien über 30% des Autobahnverkehrs aus, in kleineren Ländern sogar bis zu 60 % (Europäische Kommission 2000). Durch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene einerseits, und andererseits durch kürzere Wartezeiten für den Güterverkehr (z.B.
durch Dosierungssysteme in Tunnels, durch neue Mautabrechnungssysteme),
durch das Vermeiden von Verkehrszusammenbrüchen (z.B. durch gezielte
Verkehrsinformation und besserer Routenwahl), durch eine verbesserte Logistik
etc., soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden.
Telematiksysteme im Flotten und Frachtenmanagement werden im folgenden
hinsichtlich des Lkw-Verkehrs kurz besprochen.
4.3.1
Verkehrslenkung16
Die Verkehrslenkung im Güterverkehr ist vor allem an wichtigen Verkehrspunkten (z.B. Tunnel oder Mautstellen) von Bedeutung. Vor allem in der Schweiz
gibt es einige Dosiersysteme, die eine Staubildung in Tunnels vermeiden sollen.
Im Gotthardtunnel wurde ein „Tropfenzählersystem“ eingeführt, das eine Feindosierung der Lastwagen anordnet. Auf diese Weise werden lediglich 60 bis 150
Lkw/Stunde in Abhängigkeit der Pkw-Verkehrsmenge durch geschleusst.
Zusätzlich soll ein Reservationssystem eingerichtet werden (nach den gleichen
Prinzipien wie bei Fähren, Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszügen). Dieses
System soll dazu dienen, die Überlastung der Transitachsen durch wartende
Fahrzeuge abzubauen und den Transporteuren eine verlässlich planbare Fahrt zu
erlauben, indem eine Durchfahrt durch einen Tunnel für einen bestimmten Tag
und einen bestimmen Zeitabschnitt im voraus gebucht werden kann (Rapp
2003).
4.3.2 Gebühreneinhebung - Lkw-Maut
Mauterhebung gibt es in vielen europäischen Staaten. So wurde eine Lkw-Maut in
Deutschland im Jänner 2005 eingeführt und in der Schweiz ist bereits seit Anfang
2001 für LKW die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) fällig.
In Österreich wurde im Jänner 2004 die Gebührenpflicht für alle Kraftfahrzeuge,
deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, auf allen österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen eingeführt.17
4.3.2.1 Toll Collect
Seit Jänner 2005 ist, wie bereits erwähnt, in Deutschland nach einer langen Anlaufphase ein neuartiges Mautsystem in Betrieb. Das von Toll Collect18 entwickel-
16
Siehe auch Kapitel 4.1.1 und 4.1.2
17
Siehe Kapitel 4.3.2.2
34
te Mautsystem berechnet und erhebt die Gebühren nach der Nutzung von kilometergenauen Autobahnstreckenabschnitten. Das satellitengestützte FreeflowSystem soll ermöglichen, dass der Verkehrsfluss auf der Autobahn während der
Mauterhebung nicht behindert wird. Das Toll Collect System erfordert weder
Geschwindigkeitsbegrenzungen, noch ein Anhalten der Fahrzeuge oder eine
Bindung an vorgeschriebene Fahrstreifen.
Die Einbuchung kann automatisch – als Kombination von Mobilfunktechnologie
(GSM) und Satellitenortungssystem GPS -, manuell oder via Internet erfolgen.
Voraussetzung für die Teilnahme an der automatischen Einbuchung ist die Registrierung des Transportunternehmens und seiner mautpflichtigen Fahrzeuge bei
Toll Collect (siehe www.toll-collect.de).
Durch einfache Software-Updates ist es möglich, die Maut auf PKWs
auszuweiten. Solche Pläne sind von der EU bereits angedacht. Ab 2010/2012 ist
ein europaweites satellitengestütztes Mautsystem auf Basis des europäischen
GALILEO-Ortungssystems vorgesehen.
4.3.2.2 Go – Mautsystem für Lkw und Busse
In Österreich gibt es seit Jänner 2004 ein elektronisches Mautsystem für Fahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen
(Lkw, Autobusse und Wohnmobile).
Die österreichische Maut wird auf Basis eines Transponder-Systems abgerechnet.
Hinter die Windschutzscheibe jedes Lastwagens muss eine so genannte Go-Box
installiert werden. Diese kommuniziert mit entsprechenden Gegenstellen entlang
der Autobahnen. Die Go-Box kann bei verschiedenen Werkstätten und
Tankstellen (auch in Deutschland, Italien und Slowenien) eingebaut werden.
Während bei PKW für die Nutzung des hochrangigen Straßennetzes (Autobahnen
und Schnellstraßen) weiterhin Pauschalbeträge eingehoben werden, zahlen die
HalterInnen schwerer Fahrzeuge nun ab 13 Cent netto pro Kilometer. Ein
Ausdehnung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen wird derzeit in Österreich diskutiert (www.go-maut.at).19
4.3.3 Verkehrsinformation/Logistik
Im Güterverkehr können hinsichtlich der Navigation (Routenwahl) und der Verkehrsinformation ähnliche Dienste wie im Individualverkehr in Anspruch
genommen werden.
Als Serviceleistung für den Kunden bzw. die Kundin kann das Tracing and
Trackingsystem angesehen werden. Das System macht Sendungen von
Produkten durch die ganze Logistikkette transparent. Die Sendung kann anhand
verschiedener
Kriterien
verfolgt
werden
(z.B.
Rechnungsnummer,
Versenderreferenz, Empfängerreferenz, Bestellnummer etc.).
18
An dem deutschen Betreiberkonsortium sind neben der Deutschen
DaimlerChrysler Chart (45%) und die französische Cofiroute (10 %) beteiligt.
19
Telekom
Chart
(45%)
auch
Laut Arbeiterkammer Wien ist es durch die Einführung der streckenabhängigen Lkw-Maut in Österreich zwar
zu einem minimalen Anstieg der Verbraucherpreise gekommen, von einzelnen Unternehmen (z.B. Post,
Molkereien, Holzverarbeiter) sei die Einführung der Maut aber nur als willkommene Ausrede für „Preistreiberei“
benutzt worden (www.wien.arbeiterkammer.at).
35
Zusätzlich gibt es im Flottenmanagement verschiedene telematische Systeme,
die zur Überwachung der Fahrzeuge dienen. Eine Fahrzeugüberwachung des
Autos ermöglicht es, beim Auftreten von Schwierigkeiten Probleme zu orten. Man
unterscheidet zwei Untergruppen: Statusüberwachung des Fahrzeuges und
Fahrzeugdiagnostik.
Die Statusüberwachung des Fahrzeuges geschieht über einen Tachographen
(Datenschreibgerät), wobei folgende Daten überwacht werden:
ü
Fahreraktivitäten (z.B. macht der/die Fahrerin eine Pause oder
arbeitet er/sie)
ü
Fahrerstand (EinzelfahrerIn oder mit BeifahrerIn)
ü
Erfassen von Orten, an denen die täglichen Arbeitsperioden beginnen
oder enden (Land und Gebiet)
ü
Absperrmöglichkeit von firmenrelevanten Daten
Die Fahrzeugdiagnostik wird durch viele sicherheitsrelevante Funktionen ergänzt.
Sowohl Diagnosedaten zu Motor, Getriebe und Bremssystem als auch Daten für
Spezialaufbauten
(z.B.
Ölverbrauch,
Hydraulikanlage)
können
erfasst,
weitergeleitet und überwacht werden. Die Auslastung und der Wartungszustand
aller Flottenfahrzeuge können so weltweit überprüft werden.
4.4 Zusammenfassung
Es gibt ein Fülle von Telematiksystemen im Verkehr. In dieser Arbeit wurden drei
große Anwendungsgebiet unterschieden: Management des motorisierten
Individualverkehrs, Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer
VerkehrsteilnehmerInnen und Flotten- und Frachtenmanagement.
Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive und
individuelle Systeme gemanagt. Kollektive Verkehrsbeeinflussungssysteme
haben
nicht nur informativen, empfehlenden oder warnenden Charakter,
sondern
sind
oft
verbindlicher
Natur.
Systeme
wie
Verkehrsbeeinflussungsanlagen,
Warnanlagen,
etc.
sollen
primär
den
Verkehrsfluss erhalten und dadurch auch die Sicherheit gewährleisten.
Individuelle Verkehrsbeeinflussungssysteme werden in Informations- und
Assistenzsysteme eingeteilt. Sie sind nicht verbindlich. Die Nutzung beruht auf
freiwilliger Inanspruchnahme. Diese Systeme sollen generell das Risiko von
Unfällen minimieren, den Fahrer bzw. die Fahrerin entlasten und ihm dabei
helfen das Fahrzeug optimal zu lenken. Informationssysteme greifen im
Gegensatz zu Assistenzsystemen kaum direkt in den Verkehrsablauf ein. Bei den
Informationssystemen
gibt
es
Navigationssysteme,
Reiseund
Verkehrsinformationsdienste
und
Komfortund
Infotainmentsysteme.
Assistenzsysteme werden eingeteilt in lateral control, longitudinal control,
Umkehr- und Einparkhilfe, Vision enhancement, Fahrerüberwachung und Precrash Systeme. Sowohl bei den Informationssystemen als auch bei den
Assistenzsystemen werden ständig neue Produkte entwickelt.
Auch zur Abwicklung von Gebühreneinhebung (Maut, Parkgebühren, etc.) gibt es
eine Reihe von telematischen Systemen, die den Zahlungsvorgang schnell,
reibungslos und so einfach wie möglich gestalten sollen.
Im öffentlichen Verkehr dienen telematische Einrichtungen primär zur
Attraktivierung dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Es gibt eine große Anzahl von
Systemen, die den Verkehrsablauf (Betriebsleitsysteme,
Automatische
36
Ampelsteuerungen, Störungsmanagement, etc.) beschleunigen und so eine
höhere Intervalldichte, zuverlässigere Abfahrtszeiten, etc. ermöglichen. Etliche
Dienste (z.B. elektronische Fahrplanauskunft, elektronisches Ticketing, etc.)
bieten die Gelegenheit, auf einfache Art zu Informationen zu gelangen und
Fahrkarten einzukaufen (via Internet, via Mobiltelefon, etc.).
Telematik im Fußgänger und Radverkehr spielt derzeit noch eine
untergeordnetet Rolle. Aber auch hier gibt es bereits Systeme, die Sicherheit und
Komfort der FußgängerInnen und RadfahrerInnen erhöhen können (z.B.
Fußgängerdektoren, Tonsignalgeber oder Routenplaner).
Im Flotten- und Frachtenmanagement wird Telematik vorwiegend zur
schnelleren,
übersichtlicheren,
kundenfreundlicheren
Abwicklung
der
Warenzustellung verwendet (z.B. Tracing and Tracking). Hierbei soll vor allem
die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Transitverkehr reduziert
werden.
37
5 Verkehrstelematik
aus
psychologischer
sozialwissenschaftlicher Sicht
und
Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Telematik im Verkehr geknüpft
sind
(Erhöhung der
Verkehrssicherheit,
ökologische
Entlastung
oder
Effizienzsteigerung des Verkehrssystems durch bessere Ausnutzung vorhandener
Infrastruktur), sind aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht
differenzierter zu betrachten.
Verkehr ist ein komplexes dynamisches System, das durch den Einsatz von Telematik unter Umständen noch komplexer und für den einzelnen Menschen immer
weniger durchschaubar werden wird. Es ist ein sozio-technisches System, das
aus einer Summe von menschlichen Einzelentscheidungen und Einzelhandlungen
unter gegebenen raum-zeitlichen Voraussetzungen entsteht.
Das sozio-technische Verkehrssystem besteht aus:
•
einer Vielzahl von Individuen,
die sich durch Einstellungen, Werte (z.B. wie geht man mit
anderen
VerkehrsteilnehmerInnen
um,
Rücksichtnahme),
physische Merkmale (z.B. Alter, Geschlecht), ihre körperliche oder
seelische Verfassung (Behinderungen, Gefühl der Trauer,
Fröhlichkeit, etc.) und vieles mehr unterscheiden
•
Begegnungen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen,
mit denen man kommuniziert und interagiert, Konflikte austrägt,
etc. (Verkehrsklima)
•
vorhandenen Strukturen in der Gesellschaft
aus Gesetzen, Regeln und Normen (z.B. wie wird Geschwindigkeit
in der Gesellschaft bewertet; welchen Stellenwert haben
unterschiedliche Fortbewegungsarten in der Gesellschaft, etc.)
•
Infrastruktur
für die unterschiedlichen Verkehrsträger
•
den unterschiedlichen Verkehrsmitteln
Fahrrad, Auto, Bus, Straßenbahn, U-Bahn,
Eigenschaften
etc.,
und
deren
All diese Faktoren stehen in Wechselbeziehung zueinander und beeinflussen das
Verhalten im Verkehr. Abbildung 3 veranschaulicht diese Wechselbeziehung.
38
Abb. 3: Das Verkehrssystem
Individuum
Kommunikation
/ Interaktionen
Verkehrsmittel
Gesellschaft/
Strukturen
Infrastruktur
Quelle: Risser 2004
Der vermehrte Einsatz von telematischen Einrichtungen im Verkehr wird das
Verkehrssystem bzw. das Verhalten der einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen
wesentlich beeinflussen. In welche Richtung sich das menschliche Verhalten
verändern wird, ist jedoch nur bedingt vorhersehbar. Der Mensch agiert nicht wie
ein Roboter, der aufgrund eines Reizes xy (z.B. Warnung, dass man zu schnell
fährt) nur die Handlung z (z.B. man muss langsamer fahren) setzt. Bei einem
Menschen kann ein und derselbe Reiz in unterschiedlichen Situationen xbeliebige Reaktionen zur Folge haben (z.B. manchmal wird man die Warnung
beachten, dann hat man es wieder eilig und fährt trotzdem schneller, oder man
kann keinen Grund für die Wahl einer niedrigen Geschwindigkeit ausmachen,
etc.). Es ist jedoch schwer, dieses Phänomen empirisch ausreichend vor der
Implementierung eines neuen Systems zu analysieren. Sogar nach der
Implementierung dauert es oft Jahre, bis bestimmte Effekte eines neuen
Systems spürbar sind.
5.1 Akzeptanz von Systemen
Voraussetzung und Grundlage der Nutzung einer Innovation ist Akzeptanz.
Akzeptanz kann im Hinblick auf telematische Einrichtungen definiert werden, als
ein Maß, welches angibt, inwieweit potentielle NutzerInnen bereit sind, ein neues
System auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die Akzeptanz eines Systems
wird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteil durch die
Verwendung eines Systems entsteht. Der Nutzen eines Systems wird durch den
Verkehrsteilnehmer bzw. die Verkehrsteilnehmerin subjektiv bewertet. Die
technischen Möglichkeiten dürfen daher nicht losgelöst von den relevanten
zukünftigen Nutzergruppen gesehen werden, im Gegenteil: die „Nutzenidee“
muss über der technologischen Innovationsidee stehen. Denn hohe Erwartungen,
die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft werden, werden sich nur
39
dann erfüllen, wenn eine Mindestanzahl von VerkehrsteilnehmerInnen einen
Nutzen in einem neuen System erkennen kann.
Bezogen auf das Individuum wird analytisch differenziert nach Einstellungs- bzw.
Verhaltensakzeptanz. Unter Einstellungsakzeptanz versteht man die gefühlsmäßige und kognitive Annahme einer Innovation. Die Verhaltensakzeptanz zeigt
sich in Form beobachtbaren Verhaltens, wie z.B. Kauf (Franken & Lenz 2004).
Degenhardt (1986) hat ein Akzeptanzmodell entwickelt, in dem er davon ausgeht, dass die wahrnehmbare bzw. wahrgenommene Nützlichkeit eines Systems
den Schlüssel zur Akzeptanz einer Innovation darstellt. Eine Innovation wird nur
dann als nützlich wahrgenommen, wenn der potentielle Nutzer bzw. die Nutzerin
die angebotenen Funktionen für die in seinem Lebenszusammenhang
auftretenden Aufgabenstellungen lohnend einsetzen kann. („Lohnend“ kann auch
bedeuten, dass etwas Spaß macht, wie z.B. Spiele; d.h., Telematik, die den Spaß
am Autofahren erhöht, ist auch „lohnend“).
Abb. 4: Akzeptanzmodell nach Degenhardt
Systemkonfiguration:
Aufgabenkompatibilität
Benutzerfreundlichkeit
Erlernbarkeit
Aufgabencharakteristika:
Wichtigkeit
Häufigkeit
Erledigungsalternativen
Benutzermerkmale:
Fähigkeiten, Fertigkeiten
Motivationale Variablen
Soziales Umfeld
Wahrgenommene Nützlichkeit des Systems
Subjektive Abschätzung von Kosten vs. Nutzen
Akzeptierbarkeit
Individuelle Akzeptanz der Innovation
Quelle: Franken & Lenz 2004
Unter
Systemkonfiguration
werden
technische
und
gestalterische
Anforderungen an eine Innovation verstanden: Welche Art von Gerät soll
verwendet werden? Wie leicht ist es zu bedienen und zu erlernen? etc.
Die Aufgabencharakteristika beschreiben die Funktion von Systemen z.B. bei
Verkehrsinformationsdiensten: wann sind für wen, wo und wie oft welche
Informationen wichtig.
40
Unter Benutzermerkmale fallen soziodemographische und sozioökonomische
Aspekte, grundsätzliche Technikaffinitäten des potentiellen Nutzers bzw.
Nutzerin, prinzipielle Mobilität (Verkehrsmittelwahl, Fahrzeugverfügbarkeit, etc.),
allgemeine Präferenzen des Nutzers bzw. der Nutzerin hinsichtlich seiner
Mobilität, seines Umganges mit Technologien, etc..
Über Systemkonfiguration, Aufgabencharakteristik und Benutzermerkmale
kommt es zur wahrgenommen Nützlichkeit des Systems, zur subjektiven
Abschätzung von Kosten20 und Nutzen.
Aus der Summe der Gründe für die Annahme bzw. Ablehnung eines Systems
ergibt sich die Akzeptierbarkeit. Aus ihr resultiert die individuelle Akzeptanz
der Innovation, die schließlich in die tatsächliche Nutzung münden kann,
allerdings nicht zwangsläufig münden muss.
Dieses Akzeptanzmodell veranschaulicht sehr gut die Komplexität eines
Akzeptanzprozesses. Gleichzeitig unterstreicht es, dass bei der Entwicklung eines
neuen Systems nicht der objektive Nutzen ausschlaggebend ist, sondern dass die
subjektive Sichtweise des potentielle Nutzers von Relevanz für die Akzeptanz ist.
Für eine umfassende Akzeptanzforschung ist daher eine Kombination qualitativer
und quantitativer Methoden unumgänglich.21
5.2 Der motorisierte Individualverkehr - Verhaltensanpassung
Der Straßenverkehr hat in den Industriegesellschaften derzeit die größte soziale
und ökonomische Bedeutung. Er läuft gleichzeitig am wenigsten harmonisch und
geordnet ab und birgt daher große Optimierungspotentiale. Die einzelnen
Akteure und Akteurinnen, die aktiv als individuelle Entscheidungsträger am
Verkehrsgeschehen mitwirken, sind nicht an einen gemeinsamen Zeitplan
gebunden, das dichte Netz von Fahrwegen lässt nahezu jede beliebige
Routenwahl zu. Es eröffnet sich daher ein breites Anwendungsfeld für
Verkehrstelematik, und die Erwartungen an die neuen Technologien sind
entsprechend hoch. Aber gerade im Straßenverkehr muss man sich auch der
Risiken, die sich durch einen vermehrten Einsatz von Telematik ergeben, bewusst
werden.
5.2.1.1 Unerwünschte
Nebeneffekte
Verhaltensanpassung
von
Telematik
im
Verkehr
–
Wie bereits erwähnt, verhält sich das menschliche Wesen nicht wie ein Roboter,
dem man Handlungsanweisungen eingeben kann, mit dem Wissen, dass sie
genauso ausgeführt werden. Vielmehr zeigt es sich gerade im Straßenverkehr,
dass z.B. Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit nicht immer zum tatsächlich
erwarteten Sicherheitsgewinn führen. Dies lässt sich sozialwissenschaftlich durch
das Phänomen der Verhaltensanpassung erklären (siehe z.B. Risser & Chaloupka
1993).
Unter Verhaltensanpassung versteht man in der Verkehrssicherheitsforschung
unerwartete, nicht beabsichtige Verhaltensveränderungen, die in der Folge der
Änderung des Verkehrssystems entstehen. Die Verhaltensänderungen können
entweder sofort einsetzen, oder aber erst nach einer längeren Zeit (OECD 1990).
20
Bei der Einschätzung der Kosten ist nicht nur der monetäre Aspekt zu beachten, sondern z.B. auch Zeit- und
Komfortgewinne bzw. –verluste.
21
Siehe auch Kapitel 5.4
41
Die Verhaltensanpassung kann sich auf unterschiedliche Aspekte des Fahrens beziehen, z.B. bei einer Änderung der Geschwindigkeit, im Abstandhalten, im
Aufmerksamkeitslevel eines Fahrers bzw. einer Fahrerin, etc.. Sie kann sowohl
negativer, als auch neutraler oder positiver Natur sein. Folgende Phänomen
fallen unter Verhaltensanpassung:
• Risikokompensation
Eine Maßnahme, die eine Erhöhung des eigenen Sicherheitsgefühls bewirkt, zieht
oft ein weniger vorsichtiges Verhalten nach sich. D.h., mögliche objektive Sicherheitsgewinne werden teilweise oder zur Gänze kompensiert oder sogar überkompensiert. Menschen tendieren nämlich dazu, sich weniger um- bzw. vorsichtig zu
verhalten, je höher die physische und soziale Sicherheit in der Umgebung
empfunden wird. Vor allem eine dauernde kognitive Präsenz einer
sicherheitsfördernden
Maßnahme
bewirkt
ein
höheres
subjektives
Sicherheitsgefühl (psychische Repräsentanz): Eine Verhaltensadaptation tritt am
häufigsten dann auf, wenn sich der/die Lenker/in einer für die verbesserte
Sicherheit gedachten Ausrüstung immer bewußt ist (Wilde 1989).
• Delegierung der Verantwortung
Technische Einrichtungen, die das Gefühl vermitteln, dass eine „übergeordnete
Instanz“ schwierige Situationen zu meistern scheint, führen oft dazu, dass man
weniger Verantwortungsgefühl für die eigenen Handlungen und das Geschehen
um sich herum empfindet. Je mehr man sich daran gewöhnt, dass die
Verantwortung für die Sicherheit nicht bei einem selbst liegt, desto schwieriger
wird es, bei Systemversagen selbst noch richtig zu reagieren. Eine Vielzahl von
VerkehrsteilnehmerInnen versteht sich selbst nicht als einen wichtigen Teil des
Systems Straßenverkehr und ist sich nicht bewusst, dass sie einen wichtigen
Einfluss auf das Geschehen im Straßenverkehr haben. Das ist schon seit langem
bekannt (siehe z.B. Biehl et al. 1970, Getas 1974). Diese Tendenz wird durch
telematische Einrichtungen eher gefördert.
• Imitation
Die stärkste Kraft bei unserer Sozialisierung ist die Imitation, das Lernen am
Modell der anderen Menschen. Die Gefahr besteht darin, dass neue Verhaltensweisen imitiert werden, ohne noch ausreichend beherrscht zu werden, bzw. dass
LenkerInnen ohne Ausrüstung LenkerInnen von ausgerüsteten Fahrzeugen
imitieren (z.B. Fahren mit höheren Geschwindigkeiten, obwohl man über kein
ISA-System verfügt).
• Mehrdeutigkeit von Signalen
Signale im Straßenverkehr sind oft nicht eindeutig. Neue Technologien tragen zur
Vermehrung der Komplexität der Verkehrswelt bei. Je komplexer ein System ist,
desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen und entsprechenden Folgen
für das Verhalten.
• Verhaltenstransfer/Verhaltensgeneralisierung
Menschen neigen dazu, erprobte Verhaltensweisen auf andere Lebensbereiche zu
übertragen (z.B. Geschwindigkeiten, an die man sich auf der Autobahn gewöhnt
hat, nimmt man in das untergeordnete Straßennetz mit, ohne sich einer Gefahr
bewusst zu sein, siehe z.B. Chaloupka et al. 1991). Viele verkehrstelematische
Einrichtungen dienen aber der Beschleunigung des Verkehrs. Theoretisch könnte
eine Dynamisierung des gesamten Systems dadurch gefördert werden.
• Kommunikation
Viele Entwicklungen im Straßenverkehr führen dazu, dass die interpersonelle
Kommunikation reduziert wird. Accessoires, die den Autoinsassen von der Au42
ßenwelt unabhängiger machen (Routenplaner, Internetzugang im Auto, TMC,
etc.), reduzieren potentiell die Möglichkeit der sozialen Kommunikation. Ohne
interpersonelle
Kommunikation
kann
ein
individuelles
Verkehrssystem
(=Individualverkehr) aber nicht funktionieren.
Die folgende Abbildung 5 gibt einen Überblick über unbeabsichtigte Nebeneffekte
verkehrstelematischer Systeme.
Abb. 5: Unbeabsichtigte Nebeneffekte verkehrstelematischer Systeme
Unaufmerksa
mkeit
Delegierung der
Verantwortung
System wird nicht
benützt oder
abgeschaltet
Akzeptanz
NichtAkzeptanz
Erhöhte
Risikobereitschaft
Verhalten funktioniert nur
mit dem System →
Gefahrensituation
Kontrollverlust
negativ
Geringere
Sensibilität für
Gefahren
Erhöhtes
(subjektives)
Sicherheitsgef
ühl
System
Imitation
positiv
Fehleinschätzung
des Systems
Mehr Sicherheit
für alle
Veränderte
Kommunikation
Ausschluss bestimmter
Personengruppen von
der Verwendung des
Systems
Fehlerhafte
Generalisierung
Verlernen bestimmter
Fähigkeiten
Fehlfunktion des Systems
(z.B. falsche
Informationen)
Ausfall des Systems
Fehlerhafte Anwendung durch
fehlende, mangelhafte oder nicht
zielgruppengerechte Symbolik, vor
und bei der Nutzung des Systems
Quelle: Altengruber et al. 2004
43
Im Zusammenhang mit den Auswirkungen von neuen Technologien auf das
Verkehrsverhalten ist es noch wichtig, sich bewusst zu machen, wie das Verhalten im Verkehr entsteht und geformt wird. Hierbei gibt es drei
Lernmechanismen, die man berücksichtigen sollte (Risser et al. 2005):
Konsequenzen eines Verhaltens
Die Wahl eines bestimmten Verhaltens in bestimmten Situationen hängt zum
größten Teil von den erwarteten Konsequenzen ab. Wenn ein bestimmtes
Verhalten positive Konsequenz gebracht hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß,
dass man dieses Verhalten wiederholt. Im Verkehr hat gesetzwidriges oder
gefährliches
Verhalten
(z.B.
Falschparken,
das
Fahren
mit
hoher
Geschwindigkeit) oft keine negative Konsequenzen. Im Gegenteil, oft hat es
sogar eher positive Konsequenzen. Man wird z.B. als cool angesehen, weil man
schnell fährt; das Fahren mit hoher Geschwindigkeit gilt nach wie vor als
Kavaliersdelikt. Solange hohe Geschwindigkeiten positiv besetzt sind, wird man
weiter schnell fahren.
Soziales Feedback
Die wichtigste Form der Verhaltenskonsequenz ist das soziale Feedback. Im Straßenverkehr ist ein soziales Feedback jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Die
verbale Kommunikation ist auf ein Minimum beschränkt. Für gewöhnlich greift
man auf die Zeichensprache zurück. Aber auch dann hat man sich nicht wirklich
vor sozialem Feedback zu fürchten, da Begegnungen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen sehr kurz sind. D.h., es wird beim Autofahren oft ignoriert, was
andere denken und „sagen“. Viele AutofahrerInnen „vergessen“ daher beim
Autofahren, die Anderen "sozial wahrzunehmen", bzw. Rücksicht zu nehmen auf
die Bedürfnisse und Interessen anderer VerkehrsteilnehmerInnen.
Generalisierung eines Verhaltens
Im Laufe des Lernprozesses lernt man, sich in unterschiedlichen Situationen
unterschiedlich zu verhalten. Gleichzeitig werden ähnliche Situationen zu
Situationstypen zusammengefasst, die gleiche Reaktionen erlauben =
Generalisierung. Die Generalisierung eines Verhaltens kann jedoch Probleme
verursachen, z.B. wenn eine Fahrer/in es sich allgemein zum Prinzip macht, dass
Schnellfahren keine Probleme verursacht. Verhaltenskonsequenzen bzw. soziales
Feedback, welche dem/der Fahrer/in helfen würde, besser zu differenzieren,
fehlen im Verkehr meist.
Es ist daher wichtig, bei der Einführung neuer Technologien herauszufinden, in
welcher Weise das System das Lernen, das soziale Feedback und die Verhaltensgeneralisierung beeinflusst. Damit kann man etwaigen negativen Folgen mit
entsprechenden Maßnahmen vorbeugen.
5.2.1.2
Die Mensch-Maschinen-Schnittstelle22
Der Mensch-Maschine-Schnittstelle, oder auch Mensch-Maschine-Interaktion, ist
bei der Entwicklung neuer Technologien besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Gerade in diesem Bereich ist es erforderlich, nicht nur TechnikerInnen, sondern
ExpertInnen anderer Disziplinen (PsychologInnen, SoziologInnen, etc.)
einzubeziehen. In der Literatur gibt es unterschiedliche Meinungen über die
Definition der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Einige verstehen darunter lediglich
22
Im Englischen Human Machine Interface (HMI)
44
die Berührungsfläche, die einen Informationsaustausch zwischen dem Menschen
und der Maschine ermöglicht.
In sozialwissenschaftlicher Hinsicht wird die Mensch-Maschine-Schnittstelle bzw.
Interaktion weiter gesehen. Sie beinhaltet einerseits die Elemente, die für
Informationsaustausch bzw. Informationsabruf notwendig sind (Bildschirme,
akustische Signale23) und andererseits den "Interventionsgrad", also die Art, in
welcher das System in das Fahrverhalten eingreift.24
In Bezug auf die Sicherheit müssen bei der Mensch-Maschine-Schnittstelle
folgende Fragen abgeklärt werden (siehe www.doku.net/artikeleugrundsat.htm):
•
Wie müssen Informations- und Assistenzsysteme gestaltet und
angeordnet werden, damit die Nutzung mit der Lenkung des
Fahrzeugs auch vereinbar ist?
•
Wie müssen Informationen dargestellt werden und abrufbar sein,
damit der/die Fahrer/in in seiner Aufmerksamkeit gegenüber dem
Verkehrsgeschehen auf der Strasse nicht abgelenkt wird, vor allem
auch
die
Interaktion
und
Kommunikation
mit
anderen
VerkehrsteilnehmerInnen nicht beeinträchtigt wird?
•
Wie kann die Interaktion mit dem System so gestaltet werden, dass
der/die Fahrer/in unter allen Umständen die Kontrolle über das
Fahrzeug behält, sich nicht gestresst fühlt, dem System nicht blind
vertraut, um auch auf unerwartete Ereignisse jederzeit sicher
reagieren zu können?
5.2.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenzsysteme
Schon allein die Fülle der am Markt befindlichen Systeme zur individuellen
Verkehrsbeeinflussung unterstreicht die vielen Möglichkeiten - Chancen aber
auch Risiken -, die sich durch die Einführung neuer Systeme ergeben. Die neuen
Technologien beziehen die Umwelt (Fahrzeug, Verkehrsinfrastruktur, andere
StraßenbenutzerInnen) viel stärker in die Interaktion des Fahrers bzw. der
Fahrerin ein, indem Informationen über die Umwelt vermittelt werden.
Telematische Einrichtungen im Auto verändern definitiv die gewohnten
Fahrbedingungen und auch das Fahrverhalten und zwar bezogen auf die
folgenden Punkte (siehe dazu z.B. OECD 1990, Evans 1985):
•
die Aufmerksamkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin:
Aufmerksamkeit wird aufgeteilt auf das neue System und auf
tatsächliche Blickfeld des Fahrers bzw. der Fahrerin; Änderungen
Fahrstrategien, Delegieren von Verantwortung an das System,
können die Folge sein
•
die Interaktion des Lenkers bzw. der Lenkerin mit den anderen
VerkehrsteilnehmerInnen: Welche Auswirkung hat ein geändertes
Verhalten auf die anderen VerkehrsteilnehmerInnen, wie wird das
Verhalten des „assistierenden“ Lenkers bzw. der „assisitierenden“
LenkerIn von den anderen VerkehrsteilnehmerInnen interpretiert;
Gefahr der Imitation
23
In Zukunft werden auch der Tast- und Geruchssinn berücksichtigt werden.
24
Siehe Kapitel 4.1.2
45
die
das
von
etc.
•
die allgemeinen Verkehrsbedingungen: Veränderungen
Geschwindigkeit, Stabilität des Verkehrsflusses, etc.
in
der
Es ist wichtig, die Art der Veränderung, bzw. die Richtung in die sie gehen kann,
zu
bestimmen,
da
dies
einen
entscheidenden
Einfluss
auf
die
Verkehrscharakteristiken haben wird. Vor allem die Auswirkungen auf die
Verkehrssicherheit sind gründlich zu untersuchen, bevor ein System generell
zugelassen wird. 25
Hinsichtlich der Verkehrssicherheit sind drei Bereiche von Relevanz. Innerhalb
dieser Bereiche gibt es eine Fülle von Aspekten, die berücksichtigt werden
müssen:
•
Systemsicherheit
In diesem Bereich sind vor allem TechnikerInnen gefragt ein
sinnvolles, sicheres, zuverlässliches, gut funktionierendes nicht
fehleranfälliges System zu kreieren.
•
Sicherheit der Mensch-Maschine-Schnittstelle
In diesem Bereich müssen Fragen der Ergonomie, der Leichtigkeit der
Bedienung, etc. abgeklärt werden26, die sicherheitsrelevant sein
können. Hier sind ExpertInnen verschiedener Disziplinen in die
Entwicklung zu involvieren (TechnikerInnen, PsychologInnen,
SoziologInnen, etc.).
•
Verkehrssicherheit in der Praxis (wenn die neue Technologie von
„normalen“ AutofahrerInnen in der Praxis, d.h. im sozio-technischen
Verkehrssystem, verwendet wird)
Hier geht es um die Klärung vieler grundsätzlicher psychologischer
und sozialwissenschaftlicher Fragen:
ü
Fragen der Wahrnehmung, Auswirkungen auf die
Aufmerksamkeit und Konzentration bzw. Ablenkung von
der physischen und sozialen Umwelt (z.B. In welcher
Weise
wird
die
Kommunikation
zwischen
den
VerkehrsteilnehmerInnen beeinflusst)
ü
Fragen der Relevanz von Informationen: Was machen
NutzerInnen mit den Informationen? Werden sie
berücksichtigt und wenn ja, wie? Wie kann der richtige
Grad
an
Verständlichkeit,
Aufnahmefähigkeit
und
Wichtigkeit gefunden werden?
ü
Fragen
der
Anpassung
an
die
Bedürfnisse
unterschiedlicher Zielgruppen:. Ist man sich der
Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen bewusst? z.B.
junge Leute, erfahrene/unerfahrene LenkerInnen, ältere
Menschen
ü
Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf andere
VerkehrsteilnehmerInnen. Hat eine bestimmte Ausrüstung
einen Einfluss z.B. auf FußgängerInnen? Werden
schwächere VerkehrsteilnehmerInnen adäquat bei der
Entwicklung von telematischen Systemen berücksichtigt?
25
Siehe Kapitel 5.4
26
Siehe auch Kapitel 5.2.1.2
46
5.2.2.1 Verhaltensanpassung am Beispiel der Nutzung von Navigationssystemen
und Mobiltelefonen
Die Intervention bei Informationssystemen beschränkt sich auf Information,
Empfehlung und Warnung, d.h. in der Regel greift das System nicht selbst in die
Fahrweise des Lenkers bzw. der Lenkerin ein. Akzeptanzprobleme wird es daher
nur eingeschränkt geben.
Ein grundsätzliches Problem bei Informationssystemen stellt die negative Auswirkung auf das Situationsbewusstsein dar. Endsley (1988) definiert Situationsbewusstsein als „ the perception of the elements in the environment within a volume of time and space, the comprehension of their meaning and the projection
of their meaning and their status in the near future“27
Endsley unterscheidet drei Stufen des Situationsbewusstseins:
•
Stufe 1: Wir schauen und nehmen grundlegende Information auf
•
Stufe 2: Wir denken über die aufgenommenen Informationen nach
und verstehen den Inhalt der Information
•
Stufe 3: Wir nutzen den Inhalt der Information, um vorausschauende
Handlungen setzen zu können.
Ein geringeres Situationsbewusstsein vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass
rechtzeitig auf kritische Situationen eingegangen werden kann.
Durch Informationssysteme wird der/die Fahrer/in nun in unterschiedlicher Weise
vom
eigentlichen
Verkehrsgeschehen
abgelenkt
und
in
seinem
Situationsbewusstsein beeinträchtigt.
Die Ablenkung des Fahrers bzw. der Fahrerin kann entweder physisch, kognitiv
oder visuell erfolgen. Die physische Ablenkung erfolgt, indem z.B. eine Hand
vom Lenkrad genommen wird, um eine genauere Information über eine Route
abzurufen. Die kognitive Ablenkung erfolgt durch geistige Anstrengung, z.B.
indem man sich auf den Inhalt einer Information, Warnung oder Empfehlung
konzentriert, und damit Aufmerksamkeit von der Verkehrsteilnahme abzieht.
Visuell wird man abgelenkt, indem man z.B. das Display im Auge hat, um eine
Nachricht abzulesen. Sowohl physische als auch visuelle Aktivität können eine
kognitive Ablenkung zur Folge haben.
Navigationssysteme28
Bei einer Studie über Navigationssysteme (Tejerina et al. 1998), in welcher die
Auswirkungen auf das Fahrverhalten bei unterschiedlichen Zielgruppen (Ältere
vs. Jüngere) untersucht wurden, zeigte sich, dass ältere Personen öfter auf das
Navigationsdisplay schauen müssen, um Informationen aufzunehmen, als
jüngere. Generell werden ältere Personen viel mehr vom eigentlichen
Straßengeschehen abgelenkt als jüngere. Zusätzlich wurden bei der Benutzung
von Navigationssystemen negative Effektive auf das Spurhalten bemerkt.
Generell wurde die Audioinformation vor der visuellen bzw. manuellen
Information bevorzugt. In anderen Studie wurden keine Effekte auf das
Fahrverhalten bemerkt (z.B. Harms et al. 2003).
27
Freie Übersetzung: die Wahrnehmung von Objekten und Geschehnissen in einem räumlich abgegrenzten
Bereich innerhalb einer gewissen Zeitspanne und das Erfassen der Bedeutung des Wahrgenommen für die
unmittelbare Zukunft.
28
Siehe Seite 17 Navigationssysteme
47
Mobiltelefone29
Mobiltelefone bzw. Handys sind für viele Leute als Informationsquelle nicht mehr
wegzudenken. Autofahren und das gleichzeitige Telephonieren mit einem
Mobiltelefon erhöht jedoch das Unfallrisiko signifikant, da es den/die Fahrer/in
ablenkt, die Kontrolle über das Fahrzeug beeinträchtigt und das Bewusstsein
darüber verringert, was tatsächlich auf der Straße passiert.
In einigen Studien wurde nachgewiesen, dass durch manuelles Wählen die Kontrolle des Fahrers bzw. der Fahrerin über sein Fahrzeug beeinträchtigt wird, vor
allem was das Spurhalten und das Einhalten der Geschwindigkeitslimits betrifft.
Es verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin, was sich u.a.
durch eine längere Reaktionszeit und durch eine geringere Verwendung der
Spiegel äußert (Department of California Highway Patrol 1987).
Durch Freisprechanlagen wird physische Ablenkung zwar reduziert, Ablenkung
generell wird dadurch aber nicht ausgeschalten. Das Faktum, dass auch
Freisprechanlagen Effekte auf die Aufmerksamkeitsfähigkeit des Fahrers bzw. der
Fahrerin haben, macht sich etwa durch höhere Bremsreaktionszeiten bemerkbar.
Durch die immer noch vorhandene kognitive Ablenkung haben sogar kurze
Gespräche bei schwachem Verkehr einen wahrnehmbaren negativen
Sicherheitseffekt.
Das Benutzen von Handys oder Freisprechanlagen hat dabei kaum eine
Auswirkung auf einfache automatische Fahrtätigkeiten, aber es beeinträchtigt die
Fahrtüchtigkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin hinsichtlich dem Reagieren auf
andere Fahrzeuge (Brookhuis et al. 1991), und beeinträchtigt somit die
Kommunikation. Es verzögert unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit, bei
der Anpassung des Fahrtempos an das vorausfahrende Fahrzeug. Auch werden
die Bremslichter des Vordermannes bzw. der Vorderfrau erst später
wahrgenommen. Beim Wählen einer Nummer werden die Lenkradbewegungen
unregelmäßig. Außerdem wird das Situationsbewusstsein negativ beeinflusst.
Durch das Verwenden eines Mobiltelefons wird die mentale Belastung des
Fahrers bzw. der Fahrerin eindeutig vergrößert (Alm & Nilsson 1994).
Studien zeigen aber auch, dass die meisten AutofahrerInnen davon ausgehen,
dass das Telephonieren während des Autofahrens keinen Effekt auf das eigene
Fahrverhalten habe (Boase et al. 1988). Es verzögert unter anderem die
Reaktionsgeschwindigkeit, bei der Anpassung des Fahrtempos an das
vorausfahrende Fahrzeug.
Telephonieren beim Autofahren hat nicht nur eine physische und geistige
Ablenkung zur Folge, es führt auch zu aggressiver Fahrweise, das sich in dichtem
Auffahren,
gefährlichen
Überholmanövern
und
Spurenwechseln,
die
FußgängerInnen gefährdenden Abbiegemanövern an Kreuzungen und ähnlichem
äußert.
Weiters führt es zu einer geistigen Überlastung und zu einem höheren Risiko, in
einen Unfall verwickelt zu werden, da die allgemeine Wahrnehmung des übrigen
Verkehrs und somit auch die Reaktionszeit beeinträchtigt sind.
29
Siehe Seite 19 Komfort- und Infotainmentdienste
48
5.2.2.2 Assistenzsysteme: Akzeptanz und Verhaltensanpassung am Beispiel der
zwei Assistenzsysteme ISA und ACC
Gerade bei der Einführung von Assistenzsystemen muss man sich bewusst sein,
dass durch Ausrüstungen dieses Typs im Fahrzeug eher nur Symptome, aber
keine Ursachen berührt werden. AutofahrerInnen, die mit ISA oder ACC
ausgerüsteten Fahrzeugen unterwegs sind, reduzieren vielleicht ihre
Geschwindigkeit aufgrund der Rückmeldung oder des Eingriffs des Systems. Ob
sich ihre generelle Einstellung zu hohen Geschwindigkeiten ändern wird, ist
fraglich, solange Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft so positiv besetzt ist.
Wir leben in einer schnellen Gesellschaft und das spiegelt sich auch im
Straßenverkehr wider. Ohne intensive bewusstseinsbildende Maßnahmen und
politische Akzente, wird daher keine Veränderung im Kopf der Menschen
stattfinden. Das Ziel, zügig eine verbesserte Verkehrssicherheit zu erreichen,
wird damit verzögert. Diskussionen in Österreich, die zum Ausdruck bringen,
dass 160km/h auf Autobahnen "durchaus Sinn machen“ könnten, wirken genau
in die verkehrte Richtung.
Inwieweit Assistenzsysteme von AutofahrerInnen akzeptiert und angenommen
werden, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die allgemeinen
Verkehrsbedingungen, die Charakteristiken der Verkehrsinfrastruktur, inwieweit
die AutofahrerInnen formale Regeln in ihr Fahrverhalten integriert haben
(Internalisierung), welchen Fahrstil30 man wählt, etc. spielen eine wesentliche
Rolle, ob man sich für ein Assistenzsystem entscheidet oder nicht.
Die Auswirkungen von Assistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit und das
Fahrverhalten sind in vieler Hinsicht noch ungewiss (Nilsson et al. 2002). Aber
einige kritische Elemente sind bereits identifiziert worden.
Punkto Fahrstil wurde festgestellt, dass AutofahrerInnen, die zu hoher
Geschwindigkeit
neigen,
Assistenzsystemen
gegenüber
eher
weniger
abgewinnen, als AutofahrerInnen, die zu eher niedrigeren Geschwindigkeiten
neigen. Zusätzlich zeigen sich Unterschiede in der Art der Verwendung (z.B.
Hoedemaeker 1996, Fancher et al. 1998).
Persönliche Charakterzüge, wie der Hang zu hohen Geschwindigkeiten, stehen in
direktem Zusammenhang mit Verhaltensanpassungen, entweder in der allgemeinen Tendenz zur Risikokompensation, oder indem man sich zu sehr auf die
Technik verlässt (= Delegieren von Verantwortung).
Generell ist zu erwähnen, dass es hinsichtlich der Auswirkungen von Assistenzsystem auf das Fahr- und Interaktionsverhalten des Nutzers in den wenigsten
Fällen Langzeitstudien gibt. Viele Aspekte der Verhaltensanpassung kommen
aber nicht unmittelbar nach Einführung neuer Maßnahmen, sondern erst nach
einer gewissen Zeit zur Geltung, wenn man mit dem System bereits vertraut
geworden ist.
Zusätzlich führen unterschiedliche Studien zu verschiedenen Ergebnissen. Dies
liegt sicherlich nicht zuletzt an den gewählten Methoden und wie diese eingesetzt
werden: Ob Verhalten am Simulator oder im Feld beobachtet wurde; wie lange
die Fahrer einer Untersuchung unterzogen wurden; in welchen Situationen die
Verhaltensänderungen bemerkt wurden, etc..
30
Fahrstil = die Art und Weise, wie man fährt, Geschwindigkeitswahl, Einhalten von Sicherheitsabständen,
Aufmerksamkeitslevel beim Autofahren
49
ISA – Intelligent Speed Adaptation31
Viele Studien, die hinsichtlich ISA durchgeführt worden sind, waren sehr kurz angesetzt, d.h. Langzeiteffekte und Verhaltensänderungen sind meist noch nicht
aufgetreten. In den meisten Studien waren die Versuchspersonen 6-11 Monaten
mit einem ISA-ausgerüsteten Fahrzeug unterwegs. Die Konzentration bei den
Untersuchungen lag auf den Auswirkungen von ISA auf die Geschwindigkeit.
Almqvist & Nygard (1997) stellten eine verbesserte Interaktion zwischen
schwächerenn VerkehrsteilnehmerInnen und AutofahrerInnen fest, z.B.
häufigeres Anhalten vor Zebrasteifen. Hjälmdahl & Varhelyi (2004) konnten
nachweisen, dass bei längerer Verwendung des Systems sich das
Vorrangverhalten des Lenkers änderte. Aber es gibt dazu auch gegensätzliche
Erkenntnisse. Persson (1993) erwähnt, dass die Geschwindigkeiten vor
Kreuzungen mit ISA höher sind, während Varhelyi und Mäkinen (2001) fanden,
dass man sich Kreuzungen eher vorsichtiger nähert.
In einigen Studien wurden Zeichen von „Delegierung von Verantwortung“ wahrgenommen (Varhelyi 2004). So vergaßen z.B. LenkerInnen an Orten, wo das
System nicht funktionierte, ihre Geschwindigkeit bei Änderung des
Geschwindigkeitslimits zu ändern. Comte & Jamson (1998) stellten fest, dass
ISA-LenkerInnen in kritischen Situationen, z.B. bei Regen, Nebel oder glatten
Straßen – wo man langsamer fahren müsste als es das Limit erlaubt -, schneller
fuhren als ohne System.
Die positiven Ergebnisse sind auf jeden Fall, dass insgesamt eher langsamer
gefahren wird, mehr Zeit für Interaktionen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen
bleibt, die Aufmerksamkeit bezüglich Vorkommnissen am Straßenrand und
Rücksichtnahme gegenüber FußgängerInnen und RadfahrerInnen steigt und die
LenkerInnen entspannter und ruhiger unterwegs sind (Kaufmann & Risser 2003).
Generell kann festgehalten werden, dass noch mehr Forschung notwendig ist, um
tatsächlich Verhaltensänderungen, vor allem langfristig, zu prognostizieren.
Hinsichtlich der Akzeptanz wurde in etlichen Studien belegt, dass die Mehrheit
der
befragten
VerkehrsteilnehmerInnen
Maßnahmen
zur
Geschwindigkeitskontrolle von Fahrzeugen als nötig erachten (Risser & Lehner
1998). In diesem Zusammenhang werden Maßnahmen wie ISA als adäquat und
weitere Forschung im Bereich von ISA als wichtig empfunden. Wobei sich auch
hier zeigte, dass jene Befragten, die bereits vor der Testung eine negative
Einstellung zum System hatten, sich negativ zum aktiven Gaspedal äußerten,
welches aktiv die Geschwindigkeit begrenzt: Es führe zu weniger Fahrvergnügen
und mehr Stress, man sei ein „Hindernis“ für andere. Solche Personen sind
gegen die generelle Einführung von ISA, jedenfalls des eingreifenden Systems,
selbst in Stadtgebieten (Kaufmann & Risser 2003).
ACC – Adaptive Cruise Control32
Auch hier gibt es kaum Langzeitstudien. Verhaltensänderungen konnten festgestellt werden hinsichtlich der Geschwindigkeit, des Spurhaltens , des Einhaltens
von Sicherheitsabständen und der Häufigkeit von Spurwechseln. Die Studien
wurden hauptsächlich auf Autobahnen durchgeführt. Sie sind oft widersprüchlich.
Hinsichtlich der Geschwindigkeit wurde in einigen Studien festgestellt, das sie
sich erhöhte (Ward et al. 1995, Hoedemaker & Brookhuis 1998). In anderen
31
Siehe Seite 20/21 für die Beschreibung des Systems
32
Siehe Seite 21 für die Beschreibung des Systems
50
Studien zeigte sich, dass die Geschwindigkeit gleich blieb (Stanton 1997) oder
sich verringerte (Hoedemaeker & Kopf 2001).
Auch beim Spurhalten gibt es unterschiedliche Ergebnisse. In einigen Studien
geht man davon aus, dass FahrerInnen mit dem System besser Spur halten
können(Ward et al. 1995, Hoedemaeker and Brookhuis 1998). Andere Studien
kamen zu dem Ergebnis, dass die Ausrüstung keinen Effekt auf das Spurhalten
hat (Törrnos et al. 2002, Stanton 1997).
In anderen Studien zeigte sich, dass ACC-FahrerInnen länger im linken
Fahrstreifen unterwegs waren und seltener einen Spurwechsel vornahmen (z.B.
Nilsson 1995, Saad & Villame 1996).
Nilsson & Nabo (1996) fanden heraus, dass bei ACC-Nutzung die Reaktionszeit
länger war. Nilsson (1995) beobachtete, dass einige ACC-BenutzerInnen bei
einer Autoschlange zu spät reagierten und es zu einer Kollision kam und zwar
primär deswegen, weil sie davon ausgingen, dass das ACC-System mit der
Situation fertigt wird (=Delegation von Verantwortung).
Risser & Petica (1998) kamen aufgrund von Checklistfragen zur Hypothese, dass
sich das vorausschauende Verhalten hinsichtlich dem Erscheinen von
schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen verschlechtern könnte. Auch wurden
Änderungen im Kommunikationsverhalten mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen
angenommen. Generell würde eventuell eher weniger kommuniziert werden vor
allem mit schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen.
An sich werden ACC-Systeme relativ gut akzeptiert, wobei das auch vom
Fahrertyp abhängt. Sie sind relativ leicht zu bedienen und viele FahrerInnen
vertrauen auf das System (Nilsson 1995). Jene AutofahrerInnen jedoch, die die
Sinnhaftigkeit des Systems anzweifeln, neigen wahrscheinlich weniger zur
Delegierung der Verantwortung (Risser & Petica 1998).
Fahren mit ACC führt aber generell zu einer verspäteten Vermeidungsreaktion,
zu stärkeren Bremsungen, verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der
Fahrerin auf die eigentlichen Fahraufgaben und kann zu überhöhtem Vertrauen
auf das System führen. Eine Studie, die diese Effekte zusammenfassend auf der
Basis von Beobachtungsfahrten im Feld erhoben hat ist die von Chaloupka et al.
(1998).
5.2.3 Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung
5.2.3.1
Allgemeines
Kollektive Verkehrsbeeinflussungen unterscheiden sich wesentlich von individuellen Verkehrsbeieinflussungsmethoden. Während kollektive Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen, die den fließenden Verkehr betreffen, meist verbindlich sind
und dem einzelnen Fahrer bzw. der einzelnen Fahrerin auch Sanktionen bei
Missachtung drohen können, wird bei neuen technischen Ausrüstungen im Auto
dem/der Autofahrer/in meist die Wahlfreiheit der Nutzung überlassen.
Telematische Einrichtungen zur Regelung des ruhenden Verkehrs haben meist
auch nur empfehlenden Charakter (z.B. Parkleitsysteme).
Verhaltensadaptation in eine unerwünschte Richtung ist bei kollektiver
Verkehrsbeeinflussung dort nur bedingt zu erwarten, wo die Systeme mit Überwachung gekoppelt sind. Es kann aber auch hier zur Risikokompensation
kommen, z.B. in den Bereichen, die nicht durch eine Verkehrsbeeinflussungsanlage geregelt sind (man fährt dort u.U. schneller). Auch Delegation der
51
Verantwortung kann vorkommen, z.B. wenn man sich auf Nebelwarnung verlässt
und nicht selber abschätzt, wann eine niedrigere Geschwindigkeit erforderlich ist.
Auch Verhaltensgeneralisierung, Änderungen im Kommunikations- und
Interaktionsverhalten etc. kommen vor. D.h., mögliche unerwünschte
Auswirkungen von telematischen Anwendungen auf die Verkehrssicherheit aller
VerkehrsteilnehmerInnen sind auch hier möglich. Will man vermeiden, dass die
gewünschten positiven Effekte durch negative Nebeneffekte "aufgegessen"
werden, so sollte man letztere vor der Implementierung ausgiebig erforschen.
Zusätzlich ist der Frage der Akzeptanz bei kollektiven Maßnahmen große
Aufmerksamkeit zu widmen. Geschwindigkeitsvorgaben, Empfehlungen zur
Routenwahl, Eindämmung des Parksuchverkehrs durch Leitsystem, werden nur
dann
einen
Sinn
machen,
wenn
sie
von
einem
Großteil
der
VerkehrsteilnehmerInnen auch in Anspruch genommen und akzeptiert werden.
Durch Geschwindigkeitsvorgaben und gleichzeitige automatische Verkehrskontrollen erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass Geschwindigkeitlimits auch
eingehalten werden, da mit Nichteinhaltung negative Konsequenzen (=
Bezahlung einer Geldstrafe) verbunden sind.33 In jenen Fällen, wo nur fallweise
mit Sanktionen zu rechnen sein wird, muss man mit größeren
Akzeptanzproblemen (und ev. auch Verstärkung des nicht erwünschten
Verhaltens) rechnen (= mangelnde Kontingenz der Konsequenzen).
Generell ist wichtig, dass ein System bei der Einführung technisch ausgereift ist.
Ein System, das störungsanfällig ist und den LenkerInnen falsche oder
widersprüchliche Informationen liefert, wird unglaubwürdig34. Dies kann in der
Folge zur Reaktanz und zur Mißachtung von Empfehlungen und Warnung führen
z.B. wenn trotz freier Parkplatzanzeige alle Parkplätze in einer Parkgarage belegt
sind, wird man sich beim nächsten Mal überlegen einem Parkleitsystem zu
folgen; oder wenn Autofahrer das Gefühl bekommen, dass die bei der Section
Control vorgegebenen Geschwindigkeitslimits keine Berechtigung haben. 35
Wie schon im Kapitel „5.1 Akzeptanz von Systemen“ betont wurde, soll bereits
bei der Entwicklung eines neuen technischen Produktes eine intensive
Akzeptanzforschung betrieben werden, um sicher zu gehen, dass die Bedürfnisse
verschiedener Zielgruppen berücksichtigt werden und man nicht mit
unerwünschten Vehaltensanpassungseffekten rechnen muss.
Im Falle von Maßnahmen, die unpopulär erscheinen, sich aber z.B. eindeutig
positiv auf die Verkehrssicherheit aller auswirken, ist bereits vor aber vor allem
bei und nach der Einführung eine intensive Bewusstseinbildung notwendig, um
den Nutzen für alle hervorzustreichen. Längerfristig gesehen, werden VerkehrsteilnehmerInnen sich selbst vom Nutzen überzeugen können und das System
akzeptieren und gutheißen (siehe zum Beispiel London Citymaut: die Mehrheit
der Bevölkerung war früher gegen diese Citymaut; jetzt gibt es eine Mehrheit,
die das Gebiet für die Citymaut ausdehnen möchte).
33
vgl. Seite 44 die drei Lernmechanismen
34
Das gilt natürlich auch für technische Ausrüstungen im Auto.
35
Auch bei Assistzenzsystemen ist es ganz wichtig, dass sie technisch ausgereift sind, bevor sie auf den Markt
kommen. In einem Feldversuch in Lund über die Effekte der Verwendung eines aktiven Gaspedals hat es sich
gezeigt, dass die Ausrüstung in der Praxis technisch einwandfrei funktionieren müsste, um auch tatsächlich
einen Absatzmarkt zu finden (Kaufmann & Risser 2003).
52
5.2.3.2 Wirksamkeit, Akzeptanz und Akzeptanzprobleme am Beispiel einiger
telematischer Einrichtungen zur kollektiven Verkehrsbeeinflussung
Im folgenden werden einige telematische Einrichtungen im Bereich kollektiver
Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit,
ihrer Akzeptanz und bezüglich mögliche an sie geknüpfte Problemfelder etwas
näher beleuchtet.
Verkehrsbeeinflussungsanlagen36
Wirksamkeit
Laut Untersuchungen (z.B. Nadler B. 2004, BMVBW 2003, Schick P. 2003) tragen
vor allem Streckenbeeinflussungsanlagen erheblich zur Reduzierung von Unfällen
bei, wobei der Rückgang der Unfälle von Anlage zu Anlage verschieden ist und
von den jeweiligen örtlichen Besonderheiten abhängt.
Hinsichtlich des Verkehrsablaufes tritt vornehmlich eine Stabilisierung des Verkehrsflusses ein. Staus treten erst später auf, werden weniger lang oder lassen
sich überhaupt verhindern. Die Kapazitätssteigerung gegenüber vergleichbaren
Autobahnen ohne Streckenbeeinflussungsanlagen liegt bei 5-10%.
Problemfelder
Bezüglich dem Ziel Effizienzsteigerung, bzw. bessere Auslastung der Verkehrsinfrastruktur, ist es wichtig, dass man sich vor Augen hält, dass durch verkehrstelematische Einrichtungen dieses Ziel nur kurzfristig erreicht werden kann.
Wie schon der Bau von mehr Straßen immer wieder zeigt, ziehen Maßnahmen,
die eine Beschleunigung des Verkehrs und eine Staureduktion zur Folge haben,
in der Folge mehr Verkehr an (Knoflacher 1996). Auch Verkehrsbeeinflussungsanlagen, Routenempfehlungen etc. werden nur eine bestimmte Zeit
lang den Verkehr flüssig halten können. Geringere Geschwindigkeiten haben aber
sicherlich eine positive Auswirkung auf die Verkehrssicherheit. Wichtig im
Zusammenhang mit VBA ist, dass vorgegebene Geschwindigkeitslimits von den
AutofahrerInnen nachvollziehbar sind. Wenn Geschwindigkeitslimits z.B. bei
guten Witterungsverhältnissen nicht aufgehoben werden, Fahrstreifen z.B. trotz
Räumung der Unfallstelle nicht freigegeben werden, kann dies zu einer Reaktanz
der AutofahrerInnen führen. Dies kann zur Folge haben, dass AutofahrerInnen
sich längerfristig nicht an die vorgegebenen Limits halten werden, vor allem dann
wenn nicht unmittelbar negative Konsequenzen (z.B. Strafmandat) damit
verbunden sind. Zusätzlich sind keine Studie bekannt, die sich damit
auseinandersetzen,
inwieweit
Verkehrsbeeinflussungsanlagen
das
Geschwindigkeitsverhalten von AutofahrerInnen nachhaltig beeinflussen. Fahren
LenkerInnen auch nach einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit verminderter
Geschwindigkeit weiter oder findet eine Risikokompensation statt? Diese Fragen
sollten unbedingt wissenschaftlich abgeklärt werden.
Section Control37
Wirksamkeit
Wie bereits erwähnt, hat eine Überschreitung der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen bei der Section Control systematisch negative Konsequenzen
zur Folge, was sich mitunter positiv auf die Verhaltensakzeptanz dieser
Maßnahme auswirken kann (= jedes Fehlverhalten ist betroffen und alle
36
Siehe Kapitel 4.1.1.1
37
Siehe auch Kapitel 4.1.1.3
53
VerkehrsteilnehmerInnen vor Ort sind gleichermaßen betroffen). Auch im Wiener
Kaisermühlentunnel sind die Unfallzahlen unmittelbar nach Einführung der
Section Control zurückgegangen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat sich um
ca. 10% vermindert. Aber ein Jahr nach Einführung der Section Control waren
die Unfallzahlen fast wieder auf dem Niveau von vor der Installation (Kurier 19.
Oktober 2004). Genaue Untersuchungen über die Ursache des erneuten Unfallanstiegs sind nicht bekannt, da es eine systematische Untersuchung des
Verhaltens der VerkehrsteilnehmerInnen nicht gibt, oder jedenfalls nichts publik
gemacht wurde, falls solche Daten vorliegen.
Problemfelder
Maßnahmen, die mit Sanktionen für AutofahrerInnen bei Nichteinhaltung des
Tempolimits verbunden sind, werden von Autofahrerlobbies mitunter negativ beworben38. D.h. es ist mit gewissen Widerständen auch seitens der Bevölkerung ist
zu rechnen. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die Notwendigkeit von
Maßnahmen der Bevölkerung vor Augen zu führen Missstände von Seiten der
Ministerien abzuklären (z.B. dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht klar
und ersichtlich angezeigt werden oder nicht nachvollziehbar sind) und positive
Werbung zu betreiben, damit sich die Akzeptanz nicht nur im Verhalten auf der
kontrollierten Strecke äußert, sondern auch in einer Einstellungsakzeptanz. Nur
dann werden sich solche Maßnahmen auch positive auf das generelle
Fahrverhalten auswirken. Ähnlich, wie bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen,
sind außerdem keine Studien bekannt, die erforscht haben, inwieweit die Section
Control das allgemeine Fahrverhalten beeinflusst (Risikokompensation vs. Fahren
mit geringeren Geschwindigkeiten). D.h. auch hier ist noch Handlungsbedarf
gegeben.
Bei der ersten mobilen Section Control in Österreich (Westautobahn zwischen
Haid und Sattledt) stellte sich zusätzlilch ein anderes Problem: Bei diesem
mobilen Streckenradar werden durchfahrende Fahrzeuge von hinten gefilmt. Laut
deutschem Recht sind LenkerInnen nicht zu belangen, wenn ein Radarfoto bloß
die Heckansicht ihres Autos zeigt, d.h. deutsche StaatsbürgerInnen können auf
dieser Strecke bei Geschwindigkeitsübertretung nicht belangt werden (ÖÖ
Nachrichten 7. März 2005). Solche „Lücken“ im System sollten schon im Vorfeld
erkannt und „geschlossen“ werden, um eine Gleichbehandlung aller
AutofahrerInnen zu garantieren, und vor allem, um teure Leerläufe zu
vermeiden.
Parkleitsysteme39
Generell sollen Parkleitsysteme das Parken erleichtern, aber auch strategisch
unterstützen: Sie sollen beispielsweise bei der Überlegung helfen, ob man das
Auto etwa vor der Stadt auf einem park–and-ride-Platz abstellt und in die
Innenstadt besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, wenn dort kaum noch
Abstellmöglichkeiten sind.
Problemfelder
Parkleitsysteme haben als indirekt wirkendes Beieinflussungssystem nur empfehlenden Charakter. Die Wirksamkeit hängt daher stark von der Gestaltung der
Wegweiser ab. Wegweisungen müssen einheitlich, richtig, klar und eindeutig interpretierbar sein und rechtzeitig wahrgenommen werden können. D.h., das Sys38
Die Strafgeldeinnahmen im Wiener Kaisermühlentunnel, wurde vom ÖAMTC als „Abzock-Aktion“ dargestellt.
(www.ots.at/presseaussendung; 10. Februar 2005)
39
Siehe auch Kapitel 4.1.1.4
54
tem muss selbsterklärend und fehlerfrei sein. Wenn man mehrmals auf der Suche nach einem Parkplatz fehlerhafte Meldungen bekommt, wird man sich das
nächste Mal nicht mehr zu seinem Parkplatz leiten lassen. Andererseits kann
gezieltes Marketing (Aufzeigen der positiven Effekte, z.B. Zeitersparnis, weniger
Lärm) die Akzeptanz von Parkleitsystemen steigern (Nilkes 2003).
City Maut40
Wirksamkeit
Die Einführung der City-Maut in London hat positive Effekte gezeigt. Laut einer
Untersuchung (siehe Profil 11/05 und www.klipjoint.info/trendfax_deutsch.htm)
fahren täglich 50 000 Autos weniger ins Zentrum als vor der Einführung der CityMaut. 60% von diesen 50 000 FahrerInnen benutzen die öffentlichen
Verkehrsmittel. Etwa 25% wählen andere Routen. Der Rest fährt mit KollegInnen
mit oder mit dem Fahrrad. Die durch Stau hervorgerufenen Wartezeiten haben
sich um 30% verringert. Auch die Wartezeiten auf Autobusse haben sich um
mehr als 30% verkürzt. Der Verkehrsfluss hat sich um 37% beschleunigt und für
eine Hin- und Rückfahrt zur und von der City benötigt man heute um
durchschnittlich 13% weniger Zeit. Der Bürgermeister Ken Livingstone erfreut
sich nach wie vor großer Beliebtheit. Und die Londoner BürgerInnen haben einer
Gebührenerhöhung, sowie einer Ausdehnung der Gebührenzone auf die westliche
Innenstadt mehrheitlich zugestimmt. Bei der Erfassung der Fahrzeuge und bei
der Eintreibung der Bußgelder gibt es jedoch nach wie vor gelegentlich
technische Probleme.
Problemfelder
Alles was mit Kosten und einer „Belastung der AutofahrerInnen“ zu tun hat, wird,
wie schon gesagt, aufgrund der starken Autolobbies oft als negativ bewertet, und
stößt damit scheinbar auf Widerstand der Bevölkerung. Scheinbar unpopuläre
Maßnahmen zu setzen erfordert Mut. Geringeres Aufkommen an motorisiertem
Individualverkehr steigert aber die Lebensqualität. Aus diesem Grund wird in
London die City Maut auch positiv aufgenommen. In Wien wurde bereits
mehrmals eine City-Maut andiskutiert, aber bereits im Vorfeld wurde die Idee im
Keim erstickt. Die Einhebung von Gebühren für die Straßenbenützung in der
Stadt stellt aber jedenfalls eine wirksame Lenkungsmaßnahme in Richtung
verstärkte Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel dar, wie das Beispiel in
London zeigt.
40
Siehe auch Kapitel 4.1.3.1
55
5.3 Öffentlicher Verkehr
5.3.1 Allgemeines
Beim Einsatz von Verkehrstelematik im öffentlichen Verkehr ist die Zielsetzung
sicherlich anders gewichtet als im motorisierten Individualverkehr. Die Effizienzsteigerung steht im Vordergrund und damit verbunden die Attraktivierung des
öffentlichen Verkehrs. Die neuen Technologien tragen sicherlich ein hohes Potential in sich, Leute zum Umstieg zu bewegen. Dichtere Intervalle, schnelleres
Reagieren bei Betriebsstörungen durch Leitsystem, bedarfsorientierter Linienverkehr, komfortable Zahlungssysteme u.v.m sollen die Fahrt mit öffentlichen
Verkehrsmittel so schnell, einfach und angenehm wie möglich machen. Wenn
wirklich mehr Leute öffentlich unterwegs sind und damit weniger Auto gefahren
wird, lösen sich viele Probleme im Straßenverkehr von selbst.
Gerade im öffentlichen Verkehr ist daher eine intensive Einbeziehung der Kunden
und potentieller Kunden bei der Entwicklung neuer Systeme unumgänglich.41 Nur
wenn die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen entsprechend berücksichtigt
werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch tatsächlich mehr Menschen zum
Umstieg bewegt werden können.
Wichtig beim Einsatz neuer Technologien im öffentlichen Verkehr ist, dass nicht
bestimmte Personenkreise benachteiligt und von der Nutzung gewisser Dienste
ausgeschlossen werden. Bei der Entwicklung neuer Systeme sollte man sich an
den schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen (Kinder, ältere Personen, behinderte
Menschen, etc.) orientieren.42 Auf diese Weise kann man nämlich davon
ausgehen, dass das Endprodukt auch wirklich für die Gesamtbevölkerung
verständlich, leicht zu bedienen und kundenfreundlich ist.
5.3.2 Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen im
Verkehr
Im folgenden werden exemplarisch einige Systeme des öffentlich Verkehrs hinsichtlich Akzeptanz und möglicher Problemfelder näher betrachtet:
5.3.2.1 Dynamische Fahrgastinformation43
Akzeptanz
Dynamische Fahrgastinformationen werden von den Kunden sehr positiv bewertet. Die Annahme, dass sich die subjektive Wartezeit durch eine Zeitangabe
verkürzt wurde auch in einer Studie bestätigt. So sind 70 % der Befragten der
Meinung, dass sich durch die Fahrgastinformation die Wartezeit verkürzt. 77%
schauen auf die Wartezeit, wenn sie die Station betreten und 55% während der
Wartezeit (Pramreiter 2004). Laut Auskunft der Wiener Linien44 hat auch der
Fahrgastbeirat die dynamische Fahrgastinformation lobend erwähnt. Nur
vereinzelt gibt es negative Rückmeldungen, in dem Sinn z.B., dass die Anzeige
nicht mit der tatsächlichen Wartezeit übereinstimmt und ähnliches.
41
siehe Kapitel 5.1
Das gilt natürlich auch für den Individualverkehr
43
Siehe Kapitel 4.2.1.1
44
Telefongespräch mit dem Wiener Linien Kundendienst für Beschwerden und Anregungen durchgeführt am
29.4.2005
42
56
Problemfelder
Die Problemfelder sind bei der dynamischen Fahrgastinformation gering.
Schwierigkeiten ergeben sich nur, wenn die Anzeige ausfällt bzw. etwas Falsches
angezeigt wird. Aber auch diesbezüglich scheint es kaum Beschwerden zu geben.
Laut den Wiener Linien ergeben sich „falsche“ Wartezeitinformationen dadurch,
dass sich die Angabe immer auf die Minutenentfernung des Zuges von der Station bezieht.
Da dynamische Fahrgastanzeigen im Haltestellenbereich für sehbehinderte
Menschen unbrauchbar sind, sollte das Modell in Linz großflächig angewandt
werden. In Linz wurden mehrere Straßenbahnhaltestellen mit Sprachausgaben
ausgestattet.
Die
Sprachansagen
sind
an
das
dynamische
Fahrgastinformationssystem der Linz Linien angebunden und informieren über
nächste bzw. aktuelle Linien, Fahrtrichtung Ankunftszeit, etc. Auf diese Weise
wird gewährleistet das Information für alle gleichermaßen zugänglich ist
(Janoschek 2005).
5.3.2.2 Elektronische Fahrplanauskunft45
Akzeptanz
Die verschiedenen Möglichkeiten der Fahrplanauskunft, ob via Internet, Mobiltelephon oder Info-Säulen am Bahnhof werden generell gut angenommen. Laut
einer Studie über Verkehrsinformationsdienste gibt es aber eine starke Diskrepanz zwischen dem Kennen und Verwenden von Informationsdiensten (Franken
& Lenz 2004). Vor allem im Bereich der elektronischen Medien Internet und
Mobiltelefon gibt es große Unterschiede. So gaben 49 % der Befragten an, die
Möglichkeit, Verkehrsinformation (z.B. Fahrplanauskünfte) via Internet abzurufen, zu kennen. Nur 8 % machten aber tatsächlich davon Gebrauch. Das Internet wird im öffentlichen Verkehr aber häufiger als Informationsmedium herangezogen als im Straßenverkehr. Fahrplanauskünfte mit Echtzeiten tragen
jedenfalls sicher zur Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs bei, da man sich
schon im Vorfeld auf Verspätungen einstellen kann.
Problemfelder
Wie bereits erwähnt, kennen zwar viele die Möglichkeit der elektronischen
Fahrplanauskunft, relativ wenige scheinen aber davon Gebrauch zu machen. Es
ist daher intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um eine Serviceleistung für
den Kunden bzw. die Kundin auch tatsächlich an den Mann bzw. die Frau zu
bringen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man als Verkehrsbetrieb
durch ständige Evaluationen am laufenden bleibt, inwieweit Serviceleistungen
beansprucht werden, welche Mängel sie aufweisen, wie sie attraktiver gestaltet
werden können, etc..
Hinsichtlich Fahrplanauskunft via Internet ist zu bemerken, dass laut Auskunft
von ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH46 die Internetseiten der ÖBB und
auch der Wiener Linien nur ansatzweise barrierefrei47 gestaltet sind (z.B.
fehlende
Orientierungsmöglichkeiten
für
blinde
Menschen,
keine
45
Siehe auch Kapitel 4.2.1.2
Bei ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH handelt es sich um eine Firma, die bedarfsoientierte
Bildungsangebote sowohl für private Unternehmen, Einzelkunden, als auch Institutionen und öffentliche
Einrichtungen anbietet. Ein Gebiet ist unter anderem die barrierefreie Web-Gestaltung und Programmierung
47
Richtlinien
zur
barrierefreien
Gestaltung
von
Internetseiten
siehe
z.B.:
www.teleonline.at;
www.barrierefrei.at; www.w3.org./wae;
46
57
Sprachauszeichnungen von Anglizismen, Schrift nur teilweise vergrößerbar).48
Gerade der Einsatz von neuen Technologien bietet aber die Chance, allen
VerkehrsteilnehmerInnen, auch behinderten Menschen, Zugang zur Information
zu ermöglichen.
5.3.2.3 Elektronisches Ticketing49
Akzeptanz
Laut Auskunft der Wiener Linien50 gibt es bezüglich des SMS-Ticketing keine
Untersuchungen dazu, inwieweit dieses Angebot von den Fahrgästen
angenommen und gutgeheißen wird. Aus der Statistik geht jedoch hervor, dass
SMS-Ticketing von ca. 100 Fahrgästen/Tag, vor allem von Gelegenheitskunden,
die nur kurzfristig auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, genutzt wird. Das
heißt, SMS-Ticketing scheint nicht wirklich zur Attraktivitätssteigerung der
öffentlichen Verkehrsmittel beitragen zu können.
Eine im Jahre 2003 durchgeführte Studie des ÖAMTC hat im Gegensatz dazu
gezeigt, dass sich 25% der Befragten eine Verbesserung der öffentlichen
Verkehrsmittel durch die Einführung der SMS-Ticketbestellung und der
Fahrplanauskunft per Mobiltelephon erwarten (ÖAMTC Akademie 2003). Dies
scheint sich nicht bewahrheitet zu haben.
In anderen Städten, z.B. beim Verkehrsverbund Bremen-Niedersachen, werden
immerhin 10% der Fahrkarten über E-Ticketing gelöst. D.h., es scheint auch hier
viel mehr ein Problem des Marketings zu sein, ob ein Produkt angenommen wird
oder nicht.
Problemfelder
Wie bereits mehrmals erwähnt, ist aus Gründen der Akzeptanz bei der Einführung eines neuen System der Kunde mit einzubeziehen. Wie das Beispiel bei den
Wiener Linien zeigt, wurde durch das SMS-Ticketing eine zusätzlich Wahlmöglichkeit beim Ticketerwerb geschaffen. Es fehlen aber adäquate Maßnahmen,
um diese Möglichkeit einer großen Anzahl von KundInnen schmackhaft zu
machen. So fehlen z.B. Daten über die Gründe der Nutzung bzw. der
Nichtnutzung, Probleme bei der Nutzung etc. . Ein System im öffentlichen
Verkehr kann aber nur dann verbessert werden, wenn man die Sichtweise des
Nutzers bzw. der Nutzerin evaluiert. Wenn Angebote nicht laufend evaluiert
werden, besteht die Gefahr, dass man als Betreiber nicht erkennt, warum
Angebote nicht angenommen werden, z.B. weil sie nicht bekannt sind, oder weil
sie den Bedürfnissen der KundInnen in einigen wichtigen Punkten nicht
entgegenkommen. Auf diese Weise verbaut man sich den Weg, ein an sich gutes
Produkt auch tatsächlich zur Attraktivitätssteigerung einzusetzen.
Bedenklich im Zusammenhang mit dem E-ticketing ist es, gewisse Tickets nur via
Internet anzubieten (z.B. EventTicket der ÖBB). Dadurch werden etliche
Personengruppen vom selbstständigen Erwerb dieses Tickets ausgeschlossen
(=jene Personen, die sich im Internet, aus welchen Gründen auch immer, nicht
zurechtfinden). Ein weiteres Problem, das sich beim Erwerb von E-tickets oft
ergibt, ist, dass nicht automatisch der günstigste Tarif (Tagesangebote, spezielle
Tickets) angeboten wird. D.h., man muss mitunter Vorinformationen besitzen,
um auch tatsächlich die billigste Fahrkarte zu erwerben.
48
49
50
Die Seite www.gv.wien.at erfüllt zum Beispiel alle Kriterien einer barrierefreien Internetseite.
Siehe auch Kapitel 4.2.1.3
Telefongespräch mit dem Abteilungsleiter „Tarifangelegenheiten“ der Wiener Linien am 08.04.2005
58
5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die Evaluation
Eine vermehrte Verwendung telematischer Einrichtungen im Verkehrsbereich
setzt voraus, gute Instrumente bzw. Methoden zu haben, um die Auswirkungen,
die neue Technologien im Verkehrsbereich auf die objektive und subjektive
Sicherheit,51 auf den Komfort, auf das Verkehrsverhalten, auf die Kommunikation
und Interaktion zwischen den VerkehrsteilnehmerInnen, etc. haben, im Vorfeld
aber auch nach der Implementierung bewerten und messen zu können.
Vor allem aus Gründen der Sicherheit ist es notwendig einen interdisziplinären
Ansatz zu finden. In der Verkehrssicherheitsforschung zieht man traditioneller
Weise Unfallstatistiken zur Überprüfung der Sicherheit heran. Für neue
telematische Einrichtungen gibt es aber meist noch keine Unfallstatistiken, die
die Sicherheit des Systems reflektieren würden. Auch Unfallvorhersagen in
Verbindung mit der Verwendung neuer Systeme im Auto sind spekulativ und
nicht sehr zuverlässig. Außerdem geben sie keine Auskunft darüber, in welcher
Richtung ein System verbessert bzw. weiterentwickelt werden könnte.
Sicherheitsprognosen auf der Basis von Verhaltensbeobachtungen und
Interaktionsanalysen können Vorhersagen verbessern (HOPES 1995) reichen
aber auch alleine nicht aus, um Auswirkungen von neuen technischen Systemen
abschätzen zu können. Auf EU-Ebene wurden und werden bereits etliche Projekte
durchgeführt, die sich mit interdisziplinären Methoden zur Evaluierung von
telematischen Systemen auseinandersetzen. HUMANIST (= HUMAN centred
design for Information Society Technologies) und COST 352 „Influence of Modern
In-Vehicle Information Systems on Road Safety Requirements“ (IVIS) sind nur
zwei von vielen EU-Projekte, die in diesem Zusammenhang genannt werden
können.52
Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist es also notwendig verschiedene Methoden
in Kombination zu verwenden, um bei der Einführung eines neuen Systems z.B.
unerwünschte Verhaltensanpassungen bzw. im vorherigen Kapitel angeschnittene
Problemfelder antizipieren zu können. Unter anderem bieten sich folgende
Möglichkeiten an:
•
Literaturstudien
•
Checklisten (z.B. PROMETHEUS Traffic Safety Checklist)
•
Verhaltensbeobachtungen (z.B. Wiener Fahrprobe)
•
Fokus Gruppen Interviews
•
Tiefeninterviews
•
Expertengespräche - Workshops
•
Standardisierte Interviews (Fragebogen)
51
Die objektive Sicherheit spiegelt sich in der Unfallstatistik wider. Unter subjektiven Sicherheit versteht man
das persönliche Sicherheitsempfinden (z.B. Auf einer Kreuzung können zwar wenig Unfälle passieren und die
Kreuzung kann daher, objektiv gesehen, sicher sein. Subjektiv betrachtet fühlen sich die
VerkehrsteilnehmerInnen unsicher und meiden daher die Kreuzung.)
52
Siehe Anhang Kapitel 8.1. und 8.2
59
5.4.1 Literaturstudie
Eine Literaturstudie – wie sie auch in dieser Arbeit vorliegt – ermöglicht es, einen
Überblick über vorangegangene Forschung zu bekommen So kann z.B. erhoben
werden, welche unerwünschte Nebeneffekte bei ähnlichen Systemen bereits
festgestellt wurden, welche Aspekte generell bei der Einführung eines Systems
hinsichtlich
den
Bedürfnissen
verschiedener
VerkehrsteilnehmerInnen
(AutofahrerInnen, schwächere VerkehrsteilnehmerInnen, etc.) und Zielgruppen
(junge AutofahrerInnen, Ältere, etc.), aber auch hinsichtlich der Kommunikation
und Interaktion berücksichtigt werden müssen. Auf eine Reihe von Fragen wird
man bereits in der Literatur Antwort finden. Gleichzeitig werden sich aber eine
Reihe von Fragen eröffnen, die durch zusätzliche Methoden abgeklärt werden
müssen.
5.4.2 Checklisten
Bei Checklisten handelt es sich um Listen von Fragen, die bei der Evaluation
eines neuen Systems als Orientierung, zur Abdeckung möglichst vieler
sicherheitsrelevanter Aspekte herangezogen werden können. Ein solches
Werkzeug wurde Anfang der 90er Jahre im Rahmen der PROMETHEUS PRO SAFE
Gruppe entwickelt, wobei mittels Literatur und ExpertInnengesprächen Wissen
über
Verhaltensanpassung
und
mögliche
Konsequenzen
für
die
Verkehrssicherheit zusammengefasst wurde. Die Checkliste ist ein Instrument
zur Prognosenerstellung und ermöglicht es, „intelligente“ Hypothesen bezüglich
möglicher Auswirkungen von neuen technischen Systemen im Auto aufzustellen,
die mit entsprechenden qualitativen und quantitativen Methoden überprüft
werden können (z.B. Risser & Petica 1998; Turetschek 2004).
5.4.3 Verhaltensbeobachtungen
Ein Verfahren für weitgehend standardisierte Fahrverhaltensbeobachtung ist die
Wiener Fahrprobe. Diese Methode wurde ursprünglich entwickelt, um
Sicherheitsmängel in Verkehrsprozessen aufzudecken. Im Zusammenhang mit
neuen Systemen im Auto erweist sich die Fahrverhaltensbeobachtung als sehr
gute
Methode,
um
Auswirkungen
auf
das
Kommunikationsund
Interaktionsverhalten bzw. auf das generelle Verkehrsverhalten zu registrieren
und um diesbezügliche Hypothesen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
Kommunikations- und Interaktionsprozesse haben wesentlichen Einfluss auf den
Verkehrsablauf, da das individuelle Verhalten nicht nur durch physische
Voraussetzungen (z.B. Gesundheitszustand) und durch individuelle Variablen
(Gedanken, Gefühle, Meinungen und Einstellungen), sondern auch durch das
Verhalten anderer und durch die Kommunikation mit anderen geprägt wird.
Bei der Fahrverhaltensbeobachtung wird ein/eine Testfahrer/in gebeten, ein
standardisierte Strecke mit dem Auto zurückzulegen, wobei er von zwei
BeobachterInnen begleitet wird.
•
Der eine Beboachter bzw. die eine Beobachterin („CodiererIn“) registriert
anhand eines standardisierten Kategorienschemas, das eine große Zahl
möglicher Fahrverhaltensweisen ungeachtet ihrer Gefährlichkeit oder
Fehlerhaftigkeit enthält, alle Fahrerhandlungen entlang einer genau
definierten Beobachtungsstrecke.
60
•
Der zweite Beobachter bzw. die zweite Beobachterin („freie
BeobachterIn“) erhebt in nicht standardisierter Form Ereignisse, die
nicht systematisch vorhersehbar sind:
ü
Fehler im Fahrverhalten (ungesetzliches, gefährliches oder
missverständliches Verhalten)
ü
Kommunikationsabläufe (jene Prozesse, die zwischen der
beobachteten Person und der sozialen Umwelt ablaufen)
und
ü
Verkehrskonflikte (=Beinaheunfälle,
in welche
die
beobachtete Person im Zuge der Fahrprobe verwickelt
wird)
Alle diese Erhebungen erfolgen pro Streckenabschnitt. Streckenabschnitte sind
Kreuzungen,
Autobahnaufund
–abfahrten,
Durchfahrten
durch
Kreisverkehrsanlagen,
etc..
Sie
machen
die
Einzelelemente
der
Fahrprobenstrecke aus (Chaloupka & Risser 1995).
Die Wiener Fahrprobe wurde in mehreren größeren nationalen und
internationalen Projekten eingesetzt (z.B. Bewertung des Stuttgarter Dual Mode
Route-Guidance Systems STORM im Rahmen des EU-Projektes HOPES, Risser et
al. 1995; Untersuchung der Auswirkungen einer Autonomen Intelligent-CruiseControl-Einrichtung, Chaloupka et al. 1998; Untersuchung des Verhaltens von
Kfz-Lenkern im Lund-Teil des Schwedischen Großversuches zur Untersuchung
von ISA, Hjälmdahl 2002).
5.4.4 Fokus Gruppen Interviews (FGI)
Beim Fokus Gruppen Interview handelt es sich um ein offenes Interview mit
einer Gruppe von fünf bis acht Leuten. Das Interview ist auf ein Thema fokusiert,
wobei ein Interview ein bis zwei, mitunter auch drei Stunden dauern kann.
Der/die Interviewer/in bereitet sich in der Regel ein grobes Skript vor. Generelle
Fragen werden am Anfang und konkrete Themen gegen Ende des Interviews
erörtert. Die TeilnehmerInnen geben nacheinander Antwort auf die diversen
Fragen, wobei die Antworten der anderen TeilnehmerInnen kommentiert werden
können. Für die Gruppe ist es nicht wichtig, einen gemeinsamen Nenner zu
finden. Das Ziel ist es vielmehr, die eigenen Ansichten im Kontext von anderen
Meinungen zu betrachten.
Die Gruppe kann bei einem FGI, abhängig von der Zielsetzung, sowohl homogen
(z.B. hinsichtlich Wissenstand über ein Thema, Einstellungen, Alter, etc.) als
auch heterogen sein. Wenn man Fakten diskutieren will, wird man eher eine
homogene Gruppe auswählen. Wenn Für und Wider erörtert oder möglichst viele
verschiedene Argumente gesammelt werden bzw. kleine Konfrontationen
entstehen sollen, etc., dann sollte man sich für eine heterogene Gruppe
entscheiden.
FGIs im Zusammenhang mit der Evaluation neuer Systeme helfen, die
Bedürfnisse möglicher NutzerInnen zu erforschen bzw. Anforderungen, die an ein
neues System gestellt werden, zu erfassen. FGIs sind eine relativ billige
Methode, um qualitatives Datenmaterial zu sammeln. Anhand von FGIs können
Hypothesen z.B. hinsichtlich möglicher Verhaltensveränderung bei der
Verwendung von neuen Systemen aufgestellt werden. Zusätzlich schaffen sie ein
gutes Basismaterial für z.B. Tiefeninterviews oder Fragebögen (z.B. Atteslander
1995, Krueger 1994, Bewyl 1992, Merton et al. 1956, Morgan & Krueger 1998).
61
5.4.5 Tiefeninterviews
Tiefeninterviews gehen, wie schon der Name sagt, in die Tiefe. Sie können
unterschiedlich lang dauern (30min bis 3 Stunden), wobei nur eine Person von
einem Interviewer bzw. einer Interviewerin befragt wird.
Der/die Interviewer/in geht anhand eines Interviewleitfadens vor, der zum
größten Teil aus offenen Fragestellungen, aber auch aus geschlossenen Fragen
besteht. Auch beim Tiefeninterview beginnt man mit generellen Fragen und
endet mit konkreten. Der/die Interviewer/in sollte in dem Thema auf jeden Fall
vertraut sein. Er muss ein guter Zuhörer bzw. eine gute Zuhörerin sein und
Vertrauen erwecken. Der/die Interviewte sollte 90% der Zeit sprechen, damit
Gedankengänge zu Ende gedacht werden können.
Tiefeninterviews eignen sich sehr gut, um individuelle Wahrnehmungen,
Meinungen und Fakten oder Reaktionen auf neue Errungenschaften, etc. zu
bestimmen.
Im Zusammenhang mit neuen Systemen können Tiefeninterviews helfen, die
Anforderungen an ein neues System zu erforschen, Motivationen und
Widerstände gegen ein Produkt ausfindig zu machen, Ursachen für
Akzeptanzschwierigkeiten eines Systems zu orten, etc. (siehe z.B. Guion 2001,
Gunn 2001).
5.4.6 ExpertInnengespräche – Workshops
Beim Workshop handelt es sich um eine heuristische Methode. Übersetzt
bedeutet Workshop „Werkstätte, Arbeitskreis oder Arbeitsgruppe“. Der Begriff
Werkstätte bezieht sich hierbei nicht auf ein handwerkliches Produkt, sondern auf
ein „Denkprodukt“, ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis.
Ein Workshop sollte ein klar definiertes Ziel haben. Man benötigt einen Moderator
bzw. eine Moderatorin, der durch den Workshop führt. Dem/der Moderator/in
kommt eine besondere Bedeutung zu, denn er ist für die Methodenkompetenz
und die Ablaufplanung verantwortlich, jedoch neutral was die Inhalte anbelangt.
Für die Inhalte des Workshops sind die TeilnehmerInnen verantwortlich.
Moderationsumgebung, Methodenkenntnisse und die Haltung des Moderators
bzw. der Moderatorin (z.B. „fragen statt sagen“) sind wesentliche
Voraussetzungen, um einen Workshop aktiv durch die Teilnehmenden gestalten
zu lassen. Wenn mehr als 15 Personen am Workshop teilnehmen, sollten
Kleingruppen gebildet werden, damit auch wirklich zielorientiert gearbeitet
werden kann. Ergebnisse einer Kleingruppenarbeit werden dann im Plenum
präsentiert und diskutiert (z.B. Petica et al. 2003, Kölbach 1998).
Hinsichtlich der Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Workshops sehr
gut am Beginn eines Evalutionsprozesses, um ein noch unstrukturiertes
Themengebiet zu strukturieren, um Problemfelder zu orten, etc. und am Ende
eines Evaluationsprozesses, um Ergebnisse zu diskutieren, z.B. wie gehe ich mit
Problemfeldern um, welche Lösungsansätze gibt es, und ähnliches.
62
5.4.7 Standardisierte Interviews – Fragebogen
Standardisierte Interviews sind die in der Forschung am häufigsten verwendete
quantitativen Methode zur Sammlung verbaler Daten, um ein neues System zu
bewerten. Fragebögen können folgende Antwortformate aufweisen:
ü
Offene Anworten53 (der Befragte schreibt seine Gedanken in eigenen
Worten nieder.)
ü
Eine oder mehrere Antwortmöglichkeiten zur Wahl („multiple choice“)
ü
Skalierung (der/die Befragte skaliert ein Kommentar auf einer
vorgegebenen Skala)
Es ist wichtig, dass ein Fragebogen auf den Ergebnissen qualitativer Studien
basiert. Wenn Antwortmöglichkeiten nur auf dem Wissen von FachexpertInnen
beruhen und nicht das Ergebnis von Kommunikationsprozessen mit den
Zielgruppen sind, besteht die Gefahr, dass wichtige Antwortmöglichkeiten fehlen
und daher in der Bewertung nicht berücksichtigt werden können.
Fragebögen sollten immer einem Pretest unterzogen werden. Auf diese Weise
garantiert man, dass die Fragen verständlich und auch tatsächlich relevant sind
(z.B. Risser 2000, Atteslander 1995).
Bezogen auf die Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Fragebögen, um
eine Vielzahl von Aspekten abzuklären (z.B. Bedienungsfreundlichkeit,
Akzeptanz, Bewusstseinsveränderungen, etc.).
5.5 Zusammenfassung
An den Einsatz von Telematik im Verkehr werden hohe Erwartungen geknüpft,
Erwartungen, die wahrscheinlich nicht immer erfüllt werden. Verkehr ist ein
komplexes dynamisches System und besteht aus einer Summe von
Einzelhandlungen. Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch bei
telematischen Systemen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen von der Art und
Weise der Nutzung des einzelnen Verkehrsteilnehmers bzw. der einzelnen
Verkehrsteilnehmerin abhängen. Für eine sinnvolle Implementierung eines
Systems sind aus sozialwissenschaftlicher Sicht im wesentlichen zwei Punkte
abzuklären:
53
•
Akzeptanz
Inwieweit sind potentielle NutzerInnen auch tatsächlich bereit ein
neues System in Anspruch zu nehmen? Die Akzeptanz eines Systems
wird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteil
durch die Verwendung des Systems entsteht. Es gibt etliche
sozialwissenschaftliche Methoden, um die Akzeptanz eines Systemes
abzuklären
(Fokus
Gruppen
Interviews,
Tiefeninterviews,
Standardisierte Interviews, etc.)
•
Verhaltensanpassung
Führt die Implementierung eines telematischen Systems auch
tatsächlich zum erwünschten Erfolg? Das menschliche Wesen handelt
nicht wie ein Roboter. Es ist daher schwer vorhersehbar, ob neue
technische Geräte auch tatsächlich so genutzt werden, wie man es
Werden offene und geschlossene Fragen gestellt, spricht man von semi-standardisierten Interviews.
63
sich erwartet. In der Verkehrssicherheitsforschung versteht man
unter
Verhaltensanpassung
nicht
beabsichtigte
Verhaltensänderungen, die in der Folge der Änderung des Verkehrssystems
entstehen (z.B. Risikokompensation, Delegierung der Verantwortung,
Imitation,
Verhaltensgeneralisierung).
Das
Phänomen
der
Verhaltensanpassung ist vor allem für den Einsatz von
Telematiksystemen
im
motorisierten
Individualverkehr
von
Interesse. Etliche sozialwissenschaftliche Methoden ermöglichen in
Kombination mit Methoden anderer Disziplinen eine gezielte
Erforschung der Auswirkungen neuer System auf das Verhalten des
Menschen (z.B. Checklisten, Verhaltensbeobachtungen, Workshops).
•
Soziale Ausgrenzung
Bei der Entwicklung von verkehrstelematischen Einrichtungen ist es
wichtig darauf zu achten, dass Verkehrstelematik verbindet,
Chancengleichheit schafft und nicht soziale Ausgrenzung fördert
Die folgende Tabelle 3 gibt einen Überblick über diskutierte Systeme,
Chancen und vorhandene, mögliche Probleme bei ihrer Nutzung bzw. bei
einer großflächigen Implementierung.
64
Tab. 3: Positive und mögliche negative Wirkungen einiger telematischer Systeme
und Einschätzung der Akzeptanz
System
Positive Wirkungen
Mögliche
Problemfelder
MOTORISIERTER INDIVIDUALVERKEHR
Navigationssysteme
KomfortdiensteMobiltelefone
Intelligent Speed
Adaptation (ISA)
Adaptive Cruise
Control (ACC)
Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA)
Section Control
ü
Bessere Routenwahl
ü
ü
Vermeidung von Staus
durch gefilterte
Verkehrsinformation
Verändertes Situationsbewusstsein
ü
Negative Effekte auf das
Spurhalten
ü
Verändertes Situationsbewusstsein
ü
Höhere Bremsreaktionszeit
ü
Mentale Überlastung des
Fahrers bzw. der Fahrerin
à Aggressivere Fahrweise
ü
Delegierung
der
Verantwortung:
Nichtregistrierung
von
geänderten
Geschwindigkeitslimits
ü
Höhere Geschwindigkeiten
in Situationen, wo man
langsamer Fahren müßte
als das Limit
ü
Abrufen von aktuellen
Informationen (z.B.
Parksituation, etc.)
ü
Insgesamt
gefahren
wird
langsamer
ü
LenkerInnen sind entspannter
und ruhiger unterwegs
ü
Verbesserte
Interaktion
zwischen schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen
ü
Verbessertes Spurenhalten
ü
ü
Besseres
Einhalten
Sicherheitsabständen
Risikokompensation:
erhöhte Geschwindigkeiten
ü
Delegierung
der
Verantwortung à zu spätes
Reagieren auf kritische
Situationen
ü
Verschlechterung
der
Kommunikation
mit
schwächerenn
VerkehrsteilnehmerInnen
ü
Effizienzsteigerung
wahrscheinlich
kurzfristig eintreten
ü
Geschwindigkeitsvorgaben,
Sperrung von Fahrstreifen,
etc.
müssen
nachvollziehbar sein à Reaktanz,
Akzeptanzprobleme
ü
Mit Widerständen seitens
der
Autolobby
ist
zu
rechnen
ü
Glaubwürdigkeit
des
Systems muss gewährleistet sein à Reaktanz,
Akzeptanzprobleme
von
ü
Reduzierung von Unfällen
ü
Späteres Auftreten von Staus
ü
Steigerung der Kapazität
ü
Reduzierung von Unfällen
ü
Verringerung
von
Durchschnittsgeschwindigkeiten
65
wird
nur
System
Parkleitsysteme
City Maut
Positive Wirkungen
Mögliche
Problemfelder
ü
Erleichterung des Parkens
ü
Wenn Wegweisungen nicht
einheitlich, richtig, klar
und
eindeutig
interpretierbar sind à Gefahr
der Reaktanz und in der
Folge Akzeptanzprobleme
ü
Falls keine freien Parkplätze
im innerstädtischen Bereich
vorhanden sind ev. Umstieg
auf öffentliche Verkehrsmittel
ü
Weniger Autoverkehr in der
Innenstadt à höhere Lebensqualität
ü
Autolobbies bewerten City
Maut als Belastung für
AutofahrerInnen
ü
Höhere
Auslastung
der
öffentlichen Verkehrsmittel
ü
ü
Geringe Wartezeiten für Busund Autoverkehr
PolitikerInnen müssen sich
gegen starke Autolobby
durchsetzen à erfordert
Mut
ü
Erhöhung des Verkehrsflusses
ü
Kaum
Problemfelder.
Technisch
muss
das
System noch ausgereift
werden,
damit
keine
„falschen“
Wartezeitangaben entstehen
ÖFFENTLICHER VERKEHR
Dynamische
Fahrgastinformation
Elektronische
Fahrplanauskuft
Elektronisches
Ticketing
ü
Verkürzung
Wartezeit
der
subjektiven
ü
Serviceleistung
an
Fahrgast à Image
ü
Information der Fahrgäste
über Echtzeiten à man kann
sich auf Verspätungen einstellen
ü
Intensive Öffentlichkeitsarbeit ist notwendig, um
über angebotene Serviceleistungen zu informieren
ü
Gut für das Image der
öffentlichen Verkehrsmittel
ü
ü
Möglichkeit allen VerkehrsteilnehmerInnen auch behinderten Menschen chancengleichen Zugang zu Informationen zu ermöglichen
Auf barrierenfreien Zugang
von Internetseiten ist zu
achten
ü
Produkt muss an den
Bedürfnissen
der
KundInnen angepasst sein
den
ü
Schnellere Abwicklung
Abrechnungssystems
des
ü
ü
Gewinnen von Gelegenheitskunden
Angebote
sprechend
werden
ü
Produkt muss den Bedürfnissen des Kunden angepasst sein
ü
Möglichkeit
des
herkömmlichen
Kaufes
eines Tickets sollte gewahrt bleiben à soziale
Ausgrenzung
66
müssen entvermarktet
6 Schlussfolgerungen
Wie der vorliegende Bericht zeigt, spielt Telematik im Verkehr bereits eine
wesentliche Rolle. Durch den Einsatz von Telematik im Verkehr ergeben sich
viele Chancen aber auch Risiken, die zum Teil noch nicht absehbar sind.
Folgende Punkte können zusammenfassend festgehalten werden:
•
Definition
Verkehrstelematik verknüpft Informations- und Kommunikationstechnologien
mit Navigations-, Leit- und Regelungstechnik. Man versteht darunter das
Erfassen, Übermitteln, Verarbeiten und Nutzen von verkehrsbezogenen Daten
mit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs.
•
Verkehrstelematik und Zielvorstellungen
Es sind hohe Erwartungen an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft
(Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit,
Beitrag zur Umweltentlastung, etc.), die nur zum Teil erfüllt werden können.
Verkehr ist primär ein System, das aus Menschen, und somit aus
menschlichen Interaktionen und Kommunikation besteht. Menschen nutzen
vorhandene Einrichtungen nicht immer entsprechend den Instruktionen,
sondern entwickeln eigene Strategien. Mittels Telematik werden einige
Probleme gelöst werden, sich längerfristig aber auch neue Probleme auftun.
•
Verkehrstelematik und Europa
Verkehrstelematik
ist
ein
fixer
Bestandteil
in
der
europäischen
Verkehrspolitik. Von Seiten der Europäischen Kommission wird die Forschung
im telematischen Bereich vorangetrieben. An europäischen telematischen
Netzwerken wird gearbeitet. Es ist jedoch vor allem noch viel
sozialwissenschaftliche Forschungsarbeit notwendig, um die Konsequenzen
des vermehrten Einsatzes der Verkehrstelematik für den Menschen zu
erfassen.
•
Telematiksysteme im Überblick
Es gibt eine Fülle von am Markt befindlichen Systemen. Vor allem für den
Pkw-Verkehr werden sehr viele Produkte bereits angeboten bzw. sind in
Entwicklung. Auch im Güterverkehr und im öffentlichen Verkehr erleichtern
eine große Anzahl von Systemen die Abwicklung.
•
Verkehrstelematik und Akzeptanz
Die Akzeptanz von angebotenen Systemen wird stark davon abhängen,
inwieweit dem Einzelnen bzw. der Einzelnen ein Vorteil durch die
Verwendungen eines Systems entsteht.
Intensive Bedürfnisund
Akzeptanzforschung sind daher notwendig, um ein System auch tatsächlich
an den Mann / die Frau zu bringen.
•
Verkehrstelematik und unerwünschte Nebeneffekte
Da der Mensch nicht wie ein Roboter handelt, werden verkehrstelematische
Einrichtungen sicherlich auch Nebeneffekte zur Folge haben, die nicht
erwünscht waren. Verkehrstelematische Einrichtungen werden das Verhalten
der
einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen auf jeden Fall
wesentlich
beeinflussen. In welche Richtung sich das Verhalten verändern wird, ist nur
bedingt vorhersagbar. Mit dem Phänomen der Verhaltensanpassung muss
man sich insbesondere bei telematischen Einrichtungen für den motorisierten
Individualverkehr intensiv auseinandersetzen. Zusätzlich ist darauf zu achten,
67
dass Verkehrstelematik verbindet, Chancengleichheit schafft und nicht soziale
Ausgrenzungen fördert.
•
Verkehrstelematik und sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden
Es gibt eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Methoden, die Auswirkungen
neuer Systeme und Ausrüstungstypen in der Praxis untersuchen können,
damit Probleme und unerwünschte Nebeneffekte verhindert werden können.
Gleichzeitig kann auch die Akzeptanz eines Produktes gesteigert werden,
wenn man das Produkt durch intensive Motiv- und Bedürfnisforschung den
Wünschen der KundInnen anpasst. Generell ist es wichtig, dass bei der
Entwicklung von telematischen Systemen ein interdisiplinärer Zugang gewählt
wird
und
das
System
durch
die
Kombination
von
mehreren
Evaluierungsmethoden („Integrierte Methoden“) hinsichtlich Akzeptanz,
Benutzerfreundlichkeit, unerwünschte Nebeneffekte, etc. überprüft wird.
Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken.
Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auch
tatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweit
auch psychologische und sozialwissenschaftliche Aspekte berücksichtigt werden.
68
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75
8 Anhang
8.1 HUMANIST – Human centred design for Information Society
Technologies
Bei HUMANIST handelt es sich um ein EU-Projekt, ein Network of Excellence, im
6. Rahmenprogramm Priorität 2 des IST Programmes (Information Society
Technologies). HUMANIST soll die Ausgangsbasis für eine langanhaltende,
europaweite
Zusammenarbeit
der
einzelnen
Partner
im
Bereich
Verkehrstelematik, insbesondere in bezug auf "In-Vehicle Information Systems"
(IVIS) und "Advanced Driver Assistance Systems" (ADAS), darstellen. Im
Rahmen des Netzwerkes sollen vorhandene Informationen zu den nachfolgenden
Themen zusammengetragen und gleichermaßen für alle Beteiligten verfügbar
gemacht werden. Themen:
A) Identifikation der Bedürfnisse von AutofahrerInnen in Zusammenhang
mit "Intelligent Transport Systems" (ITS) Applikationen
B) Erhebung eines möglichen Zusatznutzens von ITS-Anwendungen
C) Entwicklung eines „Joint-Cognitive models of Driver Vehicle Environment
for User Centred Design“
D) Analyse der Auswirkungen von ITS-Applikationen auf das Fahrverhalten
E) Entwicklung innovativer Methoden zur Erhebung der Sicherheit und
Benutzerfreundlichkeit von ITS-Anwendungen
F) Ausbildung und Training von AutofahrerInnen im Umgang mit ITSApplikationen
G) Verwendung von ITS-Anwendungen zur Ausbildung von AutofahrerInnen
Weiters soll eine enge Zusammenarbeit der Partner forciert und verbessert
werden, z.B. mittels gemeinsamer Forschungsaktivitäten, Austausch von
ForscherInnen, usw.. Zusätzlich besteht das Bestreben das bereits vorhandene
Wissen
an
„Projekt-Externe“
(VerkehrsplanerInnen,
IngenieurInnen,
PolitikerInnen,...) heranzutragen, um gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu
gelangen. Großer Wert wird sowohl auf eine bessere Qualifizierung erfahrener
ExpertInnen, als auch auf die Aus- und Weiterbildung angehender ForscherInnen
gelegt. Einen Überblick über sämtliche Aktivitäten, die im Rahmen des Projekts
umgesetzt werden sollen, liefert die folgende Grafik.
76
Grafik 1: Organisation von HUMANIST
Insgesamt sind 22 Partner aus 14 europäischen Ländern am EU-Projekt
HUMANIST beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Die Partner kommen aus
verschiedenen Sparten mit unterschiedlichen Kompetenzen wie z.B. Human
factors, Ergonomie, Kognitionswissenschaften, Ingenieurwesen, Psychologie oder
Soziologie. Das Ziel ist es, auch nach Projektende die Kooperation der Partner,
das Netzwerk aufrechtzuerhalten.
Network of Excellence HUMANIST – HUMAN centred design for Information
Society technologies, Contract (Nr. 507420), EU (http://www.noehumanist.org)
77
8.2 COST 352
COST 352 „Influence of Modern In-Vehicle Information Systems on Road Safety
Requirements (IVIS)“ ist eine EU-Aktion im Rahmen der Forschungskooperation
COST (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Research).
Insgesamt sind 16 Institutionen und Organisationen aus 10 verschiedenen
europäischen Ländern an der Aktion beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre.
Das Hauptziel der Aktion ist es die Verkehrssicherheit hinsichtlich IVIS-Systeme
zu steigern indem:
•
eine wissenschaftliche Basis für die Legislation von IVIS-Ausrüstungen
geschaffen wird
•
Methoden zur Bewertung von Sicherheitsaspekten zusammengetragen
und harmonisiert werden
•
Regeln für das Fahrtraining und für die richtige Verwendung von IVISSystemen aufgestellt werden.
Zusätzlich sollen
•
die Auswirkungen und mögliche Langzeiteffekt der IVIS-Systeme sowie
der steigenden Informationsbelastung der AutofahrerInnen aufgezeigt
werden und
•
es soll im Detail geklärt werden, wie IVIS Systeme AutofahrerInnen
von dem eigentlichen Verkehrsgeschehen ablenken können und so
wichtige Informationen für den Fahrer bzw. die Fahrerin verloen gehen.
Die Untersuchungen beziehen sich auf unterschiedliche Fahrertypen und IVISSysteme Folgende Systeme werden dabei näher erforscht:
ü
In-Vehicle Informations- und Navigationssysteme
ü
Electronic messaging
ü
Mobiltelephonsysteme
ü
Unterhaltungssysteme
ü
Human information processing
Die Ergebnisse der Aktion werden an politische EntscheidungsträgerInnen und
wichtigen Personen in der Industrie herangetragen, mit dem Ziel, dass auf die
steigende Anzahl und Verfügbarkeit von IVIS-Ausrüstungen von politischer und
industrieller Seite entsprechend reagiert werden kann.
78