Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine
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Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine
Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine Überblick über Verkehrstelematiksysteme und psychologische und sozialwissenschaftliche Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik Karin Ausserer Ralf Risser Christine Turetschek Viktoria Reiss-Enz Feber 2006 Verkehrstelematik – der Mensch und die Maschine Überblick über Verkehrstelematiksysteme, psychologische und sozialwissenschaftliche Überlegungen zum Thema Verkehr und Telematik Auftragnehmerin: FACTUM Chaloupka & Risser OHG, Verkehrs- und Sozialanalysen A-1040 Wien, Danhausergasse 6/4 Kontakt: Mag.a Karin Ausserer, Univ. Prof. Dr. Ralf Risser Tel.: 43 1 504 15 46 Fax: 43 1 504 15 48 e-mail: [email protected] www.factum.at Auftraggeber: Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) Sektion II A-1011 Wien, Stubenring 1 Kontakt: DI Viktoria Reiss-Enz, MAS Tel.: 43 1 711 00 55 27 e-mail: [email protected] Vorwort Wenn man in die europäische und auch in die nationalen Forschungslandschaften in Europa schaut, fallen einem unweigerlich alle Ausschreibungen, Projekte, Workshops usw. auf, die sich mit Telematik befassen. Besonders intensiv behandelt man dieses Thema im Verkehrsbereich. Neue elektronische Systeme und Ausrüstungstypen erregen aus unterschiedlichsten Gründen die Interessen vieler Menschen. Sie haben spontan betrachtet das Potential, Aufgaben einfacher und sicherer zu machen und sind gleichzeitig mit dem Flair des Spielerischen und Erstaunlichen verbunden. Eher selten stoßen sie auf Ablehnung, häufig auf interessierte Zustimmung bei den VerkehrsteilnehmerInnen. Aus kaufmännischer Sicht ist es daher naheliegend für Auto bzw. Fahrzeughersteller, Infrastruktur bereitstellende Institutionen und Firmen, Zulieferindustrie usw. usf., sich mit Verkehrstelematik zu befassen und ständig neue Lösungen zu lancieren und auf den Markt zu bringen. Dazu komplementär sehen manche WissenschafterInnenund ForscherInnengruppen in der Telematik die Möglichkeit zur Lösung vieler mit Transport und Verkehr verbundener Probleme, quasi analog zu den VerkehrsteilnehmerInnen, aber in differenzierterer und wissenschaftlichsystematischerer Form. Sicherheit, Umweltschutz, Lebensqualität, Komfort usw. könn(t)en diesen Gruppen zufolge mit Hilfe der Verkehrstelematik verbessert bzw. erhöht werden. Auch jene WissenschafterInnen und ForscherInnen, die der Telematik skeptisch gegenüberstehen, finden in ihr ein Betätigungsfeld insofern, als das Thema "unerwünschte Nebeneffekte" ja ebenfalls behandelt werden muss: Es steht heute außer Streit, dass jeder Eingriff in komplexe Systeme – sei es nun der menschliche Körper oder das sozio-technische System Verkehr – Nebeneffekte haben kann, auch negative bzw. unerwünschte. Aus diesen Überlegungen heraus ergab sich die Aufgabe, eine Skizze über den Bereich Telematik anzufertigen – nämlich den vorliegenden Bericht. Er gibt einen groben Überblick über am Markt befindliche und marktnahe System- und Ausrüstungstypen, stellt in Kürze ihre potentiellen und nachgewiesenen positiven Wirkungen dar, diskutiert mögliche unerwünschte Wirkungen an. Nicht zuletzt enthält der Bericht Überlegungen, wie man neue System- und Ausrüstungstypen bzgl. ihrer Auswirkungen in der Praxis untersuchen kann: Das soll ja erfolgen, ehe Probleme auftreten, Probleme sollen verhindert werden. Insbesondere im Straßenverkehrsbereich besteht für eine solche prognostische Evaluation keine Tradition. Einige Überlegungen bzw. Untersuchungen dazu liegen aber vor, und auch über sie wird berichtet. Zusammenfassung Immer mehr Menschen und Waren sind rund um den Globus unterwegs. Umweltschäden, Unfälle, Staus sind die negativen Konsequenzen dieser meist „automobilen“ Lebensform. Viele VerkehrsplanerInnen, WissenschafterInnen und PolitikerInnen erhoffen sich durch den Einsatz von Telematik im Verkehr eine Lösung vieler mit Transport und Verkehr verbundener Probleme. Unter Verkehrstelematik versteht man das Erfassen, Übermitteln, Verarbeiten und Nutzen von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs. Durch Verkehrstelematik soll das gesamte Verkehrssystem bestmöglich gestaltet werden, wobei der intermodalen Mobilität eine Schlüsselrolle zukommt. Intelligente Verkehrssteuerungssysteme und intelligente Fahrzeuge bzw. Ausrüstung sollen dazu beitragen die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit zu optimieren, unnötigen Verkehr zu reduzieren und den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu fördern. Der Einsatz von Telematik im Verkehrswesen hat dabei stets additiven und integrativen Charakter. D.h. es ersetzt kein bestehendes System, sondern soll vielmehr nur unterstützend bei der Umsetzung nachhaltiger Verkehrsstrategien wirken. In der europäischen Verkehrspolitik ist Verkehrstelematik schon seit einigen Jahren ein fixer Bestandteil. An europäischen telematischen Netzwerken wird gearbeitet. Es gibt etliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischen Schwerpunkten. Betrachtet man sich die am Markt befindlichen telematischen Systeme, so erkennt man, dass es bereits ein Fülle von unterschiedlichen Systemen und Ausrüstungstypen für fast alle Verkehrsträger gibt. Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive (Verkehrsbeeinflussungsanalgen, Parkleitsysteme, etc.) und individuelle Systeme gemanagt (Informations- und Assistenzsysteme, etc.) mit dem primären Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehrsfluss zu verbessern. Im öffentlichen Verkehr dienen Systeme, die den Verkehrsablauf beschleunigen (z.B. Betriebsleitsysteme), Informationsdienste (z.B. Fahrplanauskunft) und Serviceleistungen (z.B. elektronisches Ticketing) zur Attraktivierung dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Auch für den Fußgänger- und Radverkehr gibt es vereinzelt Systeme, die Sicherheit und Komfort der Fußgänger und Radfahrer erhöhen können. Im Flotten- und Frachtenmanagement soll vor allem durch eine verbesserte Warenzustellung die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Verkehr reduziert werden. Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft sind, werden aber wahrscheinlich nur zum Teil erfüllt werden. Verkehr ist ein komplexes dynamisches System und besteht aus einer Summe von Einzelhandlungen. Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch bei telematischen Systemen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen davon abhängen, in welcher Art und Weise der einzelne Verkehrsteilnehmer bzw. die einzelnen Verkehrsteilnehmerin sich das System zu Nutzen macht. Aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht ergeben sich daher folgende Handlungsschritte, die generell beim Einsatz neuer telematischer Systeme berücksichtigt werden sollten (siehe auch anschließende Graphik 1): • Nutzenidee steht über der technologischen Innovationsidee Unabhängig davon, für welchen Verkehrsträger ein neues System entwickelt wird, ist es wichtig, dass die Nutzenidee stets über der technologischen Innovationsidee steht. D.h. man sollte bei der Entwicklung stets vor Augen haben, dass dem Endverbraucher bzw. der Endverbraucherin ein tatsächlicher Vorteil durch die Verwendung eines Systems entsteht. • Glaubwürdigkeit und Sorgfalt Glaubwürdigkeit und Sorgfalt der Anbieter ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der adäquaten Verwendung von Systemen durch die VerkehrsteilnehmerInnen: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!“ Telematische Systeme müssen für den Nutzer bzw. die Nutzerin glaubwürdig erlebt werden. Wenn das GPS-Navigationssystem jedes zweite Mal eine falsche Route angibt, wenn das aktive Gaspedal auch in unkritischen Situationen die Geschwindigkeit zurücknimmt, wenn die Geschwindigkeitsreduktion bei der Section Control jedes zweite Mal nicht nachvollziehbar ist, etc. wird dem System kein Vertrauen entgegengebracht werden. Dies hat negative Auswirkungen auf das Verhalten. D.h. Systeme, die auf den Markt kommen, müssen technisch ausgereift sein, die Bedienung der Systeme z.B., von Verkehrsbeeinflussungsanlagen muss nach klar festgelegten Regeln erfolgen, die Wirkung muss fair und verlässlich sein. • Interdisziplinärer Ansatz Bei der Entwicklung eines neuen Systems und bei der Erforschung der Auswirkungen, ist ein interdisziplinärer Zugang unumgänglich. Nur wenn ExpertInnen unterschiedlicher Fachbereiche an der Entwicklung beteiligt sind, kann garantiert werden, dass nur jene Systeme auf den Markt kommen, die auch tatsächlich eine Verbesserung des Verkehrssystems bedeuten. • Interdisziplinäre Methodik Auswirkungen eines Systems müssen mit interdisziplinären Methoden evaluiert werden. Aber auch innerhalb der Disziplinen ist es notwendig, verschiedene Methoden in Kombination zu verwenden, um bei der Einführung eines neuen Systems z.B. unerwünschte Verhaltensanpassungen antizipieren zu können (z.B. Phänomen kurzfristiger Verhaltensänderung, dann wieder Veränderung zurück zur Ursprungslage). • Durchführen von Langzeitstudien (Zeit = Sicherheit) Derzeit werden in den wenigsten Fällen Langzeitstudien über die Auswirkungen von Systemen z.B. auf das Fahr- und Interaktionsverhalten der NutzerInnen durchgeführt. Viele Aspekte, z.B. der Verhaltensanpassung, treten aber erst nach einer gewissen Zeit, wenn man mit dem System vertraut geworden ist, zu Tage. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Systeme erst dann großflächig eingeführt werden, wenn auch tatsächlich negative Langzeitwirkungen ausgeschlossen werden können. • Permanente Evaluation Neue Systeme, auch wenn sie bereits in Verwendung sind, müssen einer ständigen Evaluation durch den Nutzer bzw. der Nutzerin unterzogen werden. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass eine permanente Kommunikation mit dem Nutzer bzw. der Nutzerin stattfindet, und negative Verhaltensanpassungen rechtzeitig erkannt werden können Vor allem im Bereich des motorisierten Individualverkehrs ist es wichtig, ständig zu erforschen, inwieweit Systeme von den BenutzerInnen angenommen werden, inwieweit sie Auswirkungen auf das generelle Fahrverhalten haben und inwieweit sie die Interaktion mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen beeinflussen. Auch bei den kollektiven Verkehrsbeeinflussungsanlagen ist es notwendig, die Auswirkungen nicht nur partiell z.B. für den jeweiligen Streckenabschnitt zu betrachten, sondern die Auswirkungen auf das generelle Fahr- und Interaktionsverhalten zu untersuchen. Kapazitätssteigerungen und Sicherheitsgewinn für einen gewissen Streckenabschnitt könnten längerfristig z.B. durch Risikokompensation bzw. durch Problemmigration einen negativen Sicherheitseffekt auf nicht-beeinflussten Strecken bedeuten. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs ist es ebenfalls wichtig, die Kommunikation mit den KundInnen stets aufrecht zu erhalten und neue Systeme immer wieder Evaluierungen zu unterziehen, damit auch tatsächlich die Bedürfnisse unterschiedlicher BenutzerInnen berücksichtigt werden können. • Telematik soll Chancengleichheit fördern Bei den neuen Technolgien sollte besonders darauf geachtet werden, dass schwächere VerkehrsteilnehmerInnen (ältere Menschen, behinderte Menschen, Kinder) auch Nutzen daraus ziehen bzw. keinen Schaden davon haben. Aus diesem Grund, ist es wichtig auch diese Zielgruppen in den Evaluationsprozess mit einzubeziehen und die Auswirkungen von Systemen auf sie zu bewerten. Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken. Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auch tatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweit die obigen Punkte berücksichtigt werden. Graphik 1: Verkehrstelematik und sozialwissenschaftliche Aspekte Gesellschaftlicher Nutzen Erhöhtes subjektives Sicherheitsgefühl Delegierung von Verantwortung Objektiver versus subjektiver Nutzen Risikokompensation Imitation Unglaubwürdigkeit des Systems Erhöhung der Verkehrssicherheit Verhaltensgeneralisierung Akzeptanzprobleme Motorisierter Individualverkehr Vernetzung der Verkehrsträger Verbesserung der Wirtschaftlichk eit Verkehrs telematische Systeme Güterverkehr Unerwünschte Verhaltensanpassung Umweltverbund Beitrag zur Umweltverträglichkeit Weniger Interaktion und Kommunikation Verbesserung der Serviceleistungen Chancengleichheit Mehrdeutigkeit von Signalen Soziale Ausgrenzung Barrierefreiheit Physische, kognitive, visuelle Ablenkung Ausschluss bestimmter Personengruppen von der Verwendung des Systems Elektronischer Analphabethismus Geringeres Situationsbewusstsein = Zielsetzungen = sozialwissenschafltiche Aspekte Summary More and more people and goods move/are moved from one place to an other round the globe. This mobile way of living causes also some problems, not least environmental damages, accidents and congestions. Traffic planners, scientists and politicians expect to solve many problems in traffic with the help of telematics. Telematics in traffic are means to collect, transmit, process and make use of data relevant for traffic in order to organise and manage the traffic system in the most efficient way. Intermodality has a key function in this context. By means of intelligent traffic systems and intelligent vehicles viz. equipment, traffic safety should be increased, the whole traffic system should be optimised with respect to capacity, availability, usability reliability, etc., as well as car traffic should be reduced and the use of alternative modes should be promoted. Telematics is already an essential element of the European traffic policy. Researchers all over Europe work on interoperable telematic networks within different research programs. There are lots of various telematic systems for nearly all transport modes already on the market or close to market implementation. With respect to motor-vehicle transport telematic systems can be divided into collective (Traffic management systems, Parking guidance system, etc.) and individual systems (In-Vehicle Information Systems, Advanced Driving Assistance Systems, etc.). They mainly aim at an increase of traffic safety and at an improvement of the traffic flow. Traffic information systems (e.g. Electronic time tables), Operation control systems, special services (e.g. Electronic ticketing) try to make the use of public transport more attractive. There even exist some telematic systems that make walking and cycling safer and more comfortable. Improved delivery services in freight traffic will, among other things, help to reduce the burden for residents that are caused by through traffic. These high expectations that are linked to the use of telematics in traffic are likely not to be fulfilled completely. Traffic is a complex dynamic system. It consists of a large number of single actions. People’s actions are the core of the traffic system and they are responsible for the character of and the climate in traffic. The efficiency of telematic systems will mainly depend on the sum of behaviours of all single road users, viz. how they make use of the system. From a psychological and socio-scientific point of view the following aspects have to be considered, if you want to implement new telematic systems (see also graphic 1 below): • The personal importance for the users has to be valued higher than the degree of innovation Independently from the kind of transport mode a system is developed for, the user needs are of great importance if one wants to achieve acceptance. This means if a system is developed, one should always keep in mind that the user should have an advantage when making use of the system. • Credibility and Accuracy Credibility and Accuracy of the provider are main requirements in order to guarantee that road users use telematic systems in an adequate way Users have to experience telematic systems in a positive way. They will not trust in telemactic systems, if for instance navigation systems do not work every second time, if ISA-systems reduce speed in an uncontrolled way, if speed limits displayed by section-control systems are not comprehensible. Telematic systems that come on the market shall be functional and reliable and the operation of telematic systems has to be according to fixed rules. • Interdisciplinary Approach Technical features. acceptance and use of telematics are strongly interrelated. It is therefore essential to have an interdisciplinary approach. Only if experts of different disciplines are involved in different processes of development, it can be guaranteed that only those systems are implemented, which actually improve the traffic system. • Interdisciplinary Methodology Effects of a new system have to be evaluated with interdisciplinary methods. But also within the disciplines it is necessary to use different methods in combination in order to anticipate phenomena like, e.g., behaviour adaptation. • Long term studies (Time = Security) There is little research done with regard to long term effects of different telematic systems. Many effects, however, can be only anticipated after a time, when people got used to the system (e.g. changes in communication). For that reason it is very important to implement systems in a large area only if negative long term effects can be excluded (make sure in pilot and demonstration projects). • Permanent Evaluation Implemented systems have to be evaluated permanently, in order to anticipate, e.g., behavioural adaptation in time, and in order to guarantee that the system can continuously be better adapted to different user-groups' needs. For example effects of traffic influencing systems have to be evaluted not only for a certain influenced section, but effects have to be seen in a broader context, e.g., what kind of effect does this system have on the general traffic behaviour. An increase in capacity and safety on a certain section might e.g. lead to a negative safety impact on non-influenced sections. Also, telematic systems in the public transport area have to be permanently adapted to different user-groups`needs. • Equality of opportunities Telematic systems should promote equal opportunities and should help to prevent social exclusion. This means that the needs of various target groups have to be considered and the effects on „weaker“ road user groups have to be evaluated, too. Transport telematics are an irrevocable part of our traffic system. Whether the high expectations that are linked to the implementation of new systems and equipment will be fulfilled will depend on the way in which the above mentioned aspects are considered. Graphic 1: Transport telematics and socioscientific aspects Advantage for the society Increase of people`s personal feeling of safety Delegation of responsibility Objective versus subjective advantage Risk-compensation Problems of acceptance Imitation Not reliable system Increase of traffic safety Generalisation of behaviour Motorised individual car traffic Intermodality Increase of efficiency Transport telematic systems Commercial traffic Equality of opportunities Increase of service Other transport modes Behaviour adaptation Contribution to a sustainable mobility Less interaction and Communication Ambiguity of signals Social exclusion Accessibility Physical, cognitive and visual distraction Social exclusion of certain target groups Electronic illiteracy Reduced situation awareness = aims = socio-scientific aspects Inhaltsverzeichnis 1 Ziele__________________________________________________________ 3 2 Allgemeine Einführung __________________________________________ 3 2.1 Was ist Verkehrstelematik? __________________________________________ 3 2.2 Definition _________________________________________________________ 4 2.3 Anwendungsmöglichkeiten __________________________________________ 4 2.4 Funktionsweise von Telematiksystemen _______________________________ 4 2.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr ___________________ 6 2.6 Zusammenfassung _________________________________________________ 7 3 Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-Ebene ____________________ 8 3.1 Forschungs- und Entwicklungsprogramme _____________________________ 8 3.2 Interessensverbände _______________________________________________ 9 3.3 Nationale politische Programme _____________________________________ 10 3.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 11 4 Überblick über Telematiksysteme im Verkehr_______________________ 12 4.1 Management des motorisierten Individualverkehrs ______________________ 13 4.1.1 4.1.2 4.1.3 Kollektive Verkehrsbeeinflussung __________________________________________ 13 Individuelle Verkehrsbeeinflussung _________________________________________ 17 Gebühreneinhebung ____________________________________________________ 25 4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer VerkehrsteilnehmerInnen ______________________________________________ 26 4.2.1 4.2.2 Öffentlicher Verkehr_____________________________________________________ 26 Fußgänger- und Radverkehr ______________________________________________ 32 4.3 Flotten und Frachtenmanagement ___________________________________ 34 4.3.1 4.3.2 4.3.3 Verkehrslenkung _______________________________________________________ 34 Gebühreneinhebung - Lkw-Maut ___________________________________________ 34 Verkehrsinformation/Logistik ______________________________________________ 35 4.4 Zusammenfassung ________________________________________________ 36 5 Verkehrstelematik aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher __ 38 5.1 Akzeptanz von Systemen ___________________________________________ 39 5.2 Der motorisierte Individualverkehr - Verhaltensanpassung _______________ 41 5.2.2 5.2.3 Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenzsysteme__________ 45 Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung______________________ 51 5.3 Öffentlicher Verkehr _______________________________________________ 56 5.3.1 5.3.2 Allgemeines ___________________________________________________________ 56 Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen im Verkehr _______ 56 5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die Evaluation______________________ 59 5.4.1 5.4.2 5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6 5.4.7 Literaturstudie _________________________________________________________ Checklisten ___________________________________________________________ Verhaltensbeobachtungen________________________________________________ Fokus Gruppen Interviews (FGI) ___________________________________________ Tiefeninterviews________________________________________________________ ExpertInnengespräche – Workshops _______________________________________ Standardisierte Interviews – Fragebogen ____________________________________ 60 60 60 61 62 62 63 5.5 Zusammenfassung ________________________________________________ 63 1 6 Schlussfolgerungen ___________________________________________ 67 7 Literatur _____________________________________________________ 69 8 Anhang ______________________________________________________ 76 8.1 HUMANIST – Human centred design for Information Society Technologies __ 76 8.2 COST 352________________________________________________________ 78 2 1 Ziele Die Studie beruht auf einer Literatur- und Internetrecherche, auf einer Desktoparbeit und internen Expertenrunden, d.h. es wurden keine neuen empirische Daten erhoben, sondern mit vorhandenem Material gearbeitet. Folgende Ziele wurden bei der Datensammlung und –aufarbeitung verfolgt: • Schaffen eines Überblicks über bereits am Markt befindliche TelematikSysteme Der Überblick bezieht sich hauptsächlich auf den Straßenverkehr und zwar zum größten Teil auf den Pkw-Verkehr. Güterverkehr, öffentlicher Verkehr, Rad- und Fußgängerverkehr werden nur kursorisch behandelt. Luftverkehr und Schifffahrt werden nicht berücksichtigt. • Schaffen eines Einblicks in die psychologischen und sozialwissenschaftlichen Aspekte der Verkehrstelematik Der Einsatz von Telematikanwendungen im Verkehrswesen birgt nicht nur Chancen für ein effizienteres sichereres und umweltfreundlicheres Verkehrssystem, sondern auch Risiken. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist vor allem die praktische Anwendung der verschiedenen Telematiksysteme von Interesse: Menschen sind keine Roboter und man muss daher davon ausgehen, dass sie technische Systeme nicht immer gemäß Instruktion verwenden, sondern individuelle Verwendungs- und Interaktionsformen entwickeln. • Überblick über sozialwissenschaftliche Methoden zur Evaluierung neuer Systeme und Ausrüstungstypen. Der Überblick bezieht sich auf Methoden, die begleitend bei der Entwicklung eines Systems aber auch nach dessen Implementierung verwendet werden können, um unerwünschten Nebeneffekten vorzubeugen. 2 Allgemeine Einführung Verkehrstelematik ist bei FachexpertInnen ein gängiger Begriff. Trotzdem erscheint es uns wesentlich an den Beginn dieser Studie eine allgemeine Begriffserklärung zu stellen, kurz die Anwendungsmöglichkeiten und die Funktionsweise von Telematiksystem zu erklären und die Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr zu erläutern. Dieses "back to the basics" mag als trivial erscheinen. Für die Verknüpfung von mit der Verkehrstelematik ursprünglich verbundenen Ideen mit einer verhaltenstheoretischen (psychologischen, soziologischen) Perspektive, aus welcher wir das Thema hier betrachten, ist es aber sinnvoll und notwendig. 2.1 Was ist Verkehrstelematik? Unter dem Begriff Verkehrstelematik subsumiert man eine Vielzahl verschiedener technischer Systeme. Das Wort Telematik ist aus den Silben der Begriffe Telekommunikation, Automation und Informatik zusammengesetzt und beschreibt die Vernetzung der Informationsübertragungssysteme mit der Informationsverarbeitungstechnologie, d.h. Verkehrstelematik macht die Informationstechnologie für das Verkehrssystem nutzbar. 3 2.2 Definition In dieser Studie wird Verkehrstelematik als „Sammelbegriff für die Erfassung, Übermittlung, Verarbeitung und Nutzung von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs“ verstanden (Brunauer et al. 2004) 2.3 Anwendungsmöglichkeiten Die Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind heterogen und breit gestreut. Verkehrstelematik hat weniger Einfluss auf das äussere Erscheinungsbild der Fahrzeuge und Verkehrsnetze als vielmehr auf das eigentliche Verkehrsgeschehen. 2003). Verkehrstelematik beschränkt sich dabei nicht nur auf den motorisierten Individualverkehr sondern erstreckt sich auch auf den öffentlichen Verkehr, Güter- Schienen- und Luftverkehr, auf die Schifffahrt und – wenn auch eher marginal - auf den Fußgänger- und Radverkehr. 2.4 Funktionsweise von Telematiksystemen Der Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen ist sehr komplex. Neue Technologien und Systemkonzepte regeln und koordinieren den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Transportarten. Daten müssen möglichst zeitnah erhoben und verbreitet werden. Das Fahrzeug im Verkehrssystem dient dabei als wichtiger Knoten im Informationsnetzwerk. Komplexe Datenverarbeitungsprozesse werden durch Fahrzeuggeräte ausgeführt, wobei auch Daten von ausserhalb der Fahrzeuge einbezogen und nach aussen übermittelt werden („intelligentes Fahrzeug“). Um jedoch den Datenaustausch und die Datenabstimmung für eine jeweilig spezifische Situation zu gewährleisten, muss mittels Fahrzeug-Navigation festgestellt werden, wo sich das Fahrzeug im Verkehrsnetz befindet.1 Daten werden auf unterschiedlichen Ebenen gesammelt. Mikroskopische Daten geben Aufschluss über individuelle Elemente des Verkehrssystems (z.B. Geschwindigkeit eines Einzelfahrzeuges; Floating Car Data). Bei makroskopischen Daten handelt es sich um Verkehrszustände, die sich aus dem Zusammenwirken vieler Elemente ergeben (z.B. Verkehrsstärken, mittlere Geschwindigkeiten mehrerer Fahrzeuge). Zusätzlich werden Daten gesammelt über den/die Fahrzeugführer/in z.B. dessen physisch-psychischen Zustand, Daten über das Fahrzeug, die Fahrwegbedingungen etc.. Gesammelte Rohdaten müssen so aufgearbeitet werden, dass sie ein möglichst gutes Abbild der gemessenen Situation liefern, um entsprechende Eingriffe in das 1 Die Ortung der Fahrzeuge erfolgt mittels Satelliten. 1989 wurde in der USA das erste serienreife GPS(Global Positioning System)-Naviagtionssystem für Autos vorgestellt. Die Satelliten werden dabei als Bezugspunkt verwendet um einen gegebenen Standort im Raum genau zu bestimmen. Das GPS-System der USA darf weltweit kostenlos benutzt werden. In Russland wird das GLONASSSystem eingesetzt. Beide Systeme werden bislang von militärischen Stellen finanziert und verwaltet. Die Verfügbarkeit der Systeme und ihre Qualität bei der zivilen Nutzung hängen somit vom Militär ab, das die Aussendung des Signals jederzeit einstellen oder die Genauigkeit herabsetzen kann. Die EU investierte daher in ein eigenes Navigationsystem namens GALILEO, welches militärisch unabhängig ist und noch präzisere Daten als das GPS-System liefern soll. 4 Verkehrsgeschehen abzuleiten. Die Art der Intervention reicht von reiner Information und Warnung für die VerkehrsteilnehmerInnen über Handlungsempfehlungen und Anordnungen, bis hin zum selbständigen automatischen Systemeingriff. Abbildung 1 gibt einen Überblick über den Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen. Abb. 1: Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen Umgebung BETRIEB Akteure Verkehrsmittel Datenerhebung Datenverarbeitung Information Empfehlung Quelle: Zackor 2003 5 2.5 Zielsetzungen von Telematikanwendungen im Verkehr Telematiksysteme verfolgen je nach Anwendung in den einzelnen Verkehrszweigen insbesondere folgende Zielsetzungen (siehe BSVI 1999): • Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Einrichtungen in Fahrzeugen und am Fahrweg, durch gezielte Verkehrsinformation etc. • Verbesserung der Wirtschaftlichkeit Erhöhung der Produktivität und Kapazität durch bessere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur aller Verkehrsträger • Vernetzung der Verkehrsträger um die jeweiligen Systemvorteile entsprechend ausnutzen zu können • Beitrag zur Umweltverträglichkeit durch Verkehrsvermeidung und –verminderung mittels moderner Leittechnik etc. • Verbesserung der Serviceleistungen für VerkehrsteilnehmerInnen durch z.B. aktuelle verkehrsträgerübergreifende Informationsbereitstellung Im Rahmenplan für den Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem (Pfliegl et al. 2004) wurden unter der Leitung von DI Reiss-Enz bereits im Vorfeld vier Leitsätze formuliert (Pfliegl et al. 2001), die die oben erwähnten allgemeinen Ziele von Verkehrstelematiksystemen widerspiegeln, wobei sich der letzte Punkt „Nutzbarkeit“ eher auf notwendige Rahmenbedingungen beim Einsatz von Telematiksystemen bezieht: • Effizienz Die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, etc. soll mittels Verkehrstelematik optimiert und die Effizienz gesteigert werden. Intermodale Mobilität soll gefördert werden. • Sicherheit Die Sicherheit aller am Verkehr beteiligten Personen soll erhöht und nachhaltig verbessert werden. Kritische Situationen sollen frühzeitig erkannt werden. Die Systeme sollen bei der Bewältigung von Aufgaben unterstützen. • Qualität Das Verkehrssystem soll mittels Telematik mit ökonomischen, sozioökonomischen und ökologischen Zielen in Einklang gebracht werden. Der Zugang zum Verkehrssystem soll verbessert, komfortabler und benutzerfreundlicher und der Energieverbrauch verringert werden. • Nutzbarkeit Um die Ziele Effizienz, Sicherheit und Qualität zu erreichen, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Kompatibilität, die Sytemoffenheit und den gemeinsamen Zugang zu Telematikanwendungen im internationalen Zusammenspiel sicherstellen. 6 Die Anforderungen an die Telematik sind, wie aus den Zielvorstellungen ersichtlich ist, sehr hoch. Inwieweit der Einsatz von verkehrstelematischen Einrichtungen tatsächlich zur Erreichung der einzelnen Ziele beitragen kann, wird in dieser Studie nur am Rande diskutiert. Welche Probleme sich aus sozialwissenschaftlicher Sicht vor allem hinsichtlich Verkehrssicherheit ergeben (können), wird jedoch aufgezeigt werden. Das Ziel ist, rechtzeitig gegensteuern zu können, damit die Ziele gemäß BSVI und Pfliegl (siehe oben) auch nicht verfehlt werden. 2.6 Zusammenfassung Die Verkehrstelematik befasst sich mit der Erfassung, Übermittlung, Aufbereitung und Nutzbarmachung von verkehrsbezogenen Informationen, wobei, mit vielen Zwischenstufen, sich ergebende Konsequenzen entweder vom System oder vom Fahrer bzw. von der Fahrerin umgesetzt werden. Als Basis dienen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien, wobei der Daten- und Informationsfluss bei Telematiksystemen sehr komplex ist. Verkehrstelematik soll dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Nutzung des Verkehrssystems hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit zu optimieren, unnötigen Verkehr zu reduzieren und den Einsatz von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu fördern. 7 3 Einblick in telematische Aktivitäten auf EU-Ebene Von Seiten der Europäischen Union laufen eine Vielzahl an Aktivitäten hinsichtlich des Einsatzes von Telematiksystemen. In diesem Kapitel wird ein grober Überblick über die Aktivitäten der EU gegeben. Die Anwendung neuer Technologien im Bereich der Verkehrsleitsysteme ist auf europäischer Ebene seit mehr als 15 Jahren aktuell. Etliche Forschungs- und Entwicklungsprogramme wurden zur Entwicklung und Erprobung von Telematikanwendungen ausgeschrieben und gefördert. 3.1 Forschungs- und Entwicklungsprogramme Im folgenden ein kurzer Überblick über Forschungs- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischem Schwerpunkt (siehe Zackor 2003). Im Jahre 1986 wurde im Rahmen von EUREKA2 das Programm PROMETHEUS (PROgramME for a european Traffic with Highest Efficiency and Unprecedented Safety) ins Leben gerufen. Es wurde ein integrativer und interdisziplinärer Lösungsansatz gesucht, mit dem Ziel einer effizienteren Ausnutzung des Verkehrssystems Straße und einer Reduzierung der negativen Wirkungen. Der Schwerpunkt lag auf fahrzeugseitigen Systemen, es wurden aber auch andere Systeme thematisiert. Von 1988 –1991 lief das 2. EU-Rahmenprogramm Programm DRIVE (Dedicated Road Infrastructure for Vehicle safety in Europe) mit dem Ziel, straßenseitige Verkehrsleitsysteme zu entwerfen. DRIVE II (1992-1994) beschäftigte sich mit der Umsetzung der entwickelten Telematik-Techniken in Feldversuchen bzw. mit dem Testen von Prototypen. Im TAP (Telematics Applications Programme; 1994-1998) waren wirtschaftliche Aspekte von Interesse. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im internationalen Vergleich sollte gestärkt und die Kosten von Telematiksystemen gesenkt werden. Die Verkehrstelematikforschung wurde von der Straße und der Schiene auf die Verkehrsträger Luft und Wasser ausgedehnt, wobei v.a. im Flugbereich schon früher telematik-ähnliche Systeme im Einsatz waren, wenn auch unter anderem Titel. TRANSPORT (1994) war ein eigenes Programm mit Bezug zur Verkehrstelematik der Generaldirektion VII der EU, „Energie und Verkehr“, im 4. Rahmenprogramm. Das Ziel war, eine Effizienzsteigerung der einzelnen Verkehrsträger zu erreichen und in ein europäisches Verkehrsnetz zu integrieren. TEN-T (Trans-European Network for Transport; 1994) setzte sich zum Ziel, die europäischen Vernetzung nationaler Verkehrsinformations- und Verkehrsleitsysteme zu unterstützen sowie die Interoperabilität von Verkehrsdiensten zu fördern. Ein grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement und grenzüberschreitende Verkehrsdienste sollten aufgebaut werden Es entstanden insgesamt fünf euroregionale Projekte: CENTRICO, SERTI, CORVETTE, ARTS, VIKING (siehe www.cordis.lu). 2 Siehe auch S 9 Forschungsorganisation EUREKA 8 Das Programm TEMPO (2001; ergänzt durch das Projekt STREETWISE) verfolgt eine Intensivierung der Koordination aller an Telematikvorhaben beteiligter Gruppen. Im 5. Rahmenprogramm Programm IST (Information Society Technologies; 1998-2002) liegt der Schwerpunkt auf fortgeschrittenen intelligenten Systemen im Verkehr, die für das Management aller Verkehrsträger sowie für damit verbundene Teledienste benötigt werden. Auch das Programm GROWTH beinhaltet telematikrelevante Projekte. Im 6.Rahmenprogramm (2003-2006) wurde der Bereich IST weitergeführt, und auch im Bereich „Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderung und Ökosysteme“ findet sich unter dem Unterpunkt „Nachhaltiger Land- und Seeverkehr“ die Telematik wieder.3 Im Zusammenhang mit Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der EU sind noch zwei europäische Forschungsorganisationen anzuführen. Bei der Forschungsorganisation EUREKA (www.eureka.be/home.do; siehe auch weiter oben) handelt es sich um ein Netzwerk für marktwirtschaftlich orientierte Forschung und Entwicklung. 1985 wurde EUREKA als interstaatliche Initiative gegründet, mit dem Ziel die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. Unternehmen, Forschungsinstitute, Universitäten sollen bei der Entwicklung neuer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen unterstützt werden. Insgesamt gibt es 32 Vollmitglieder und 5 weitere in Projekte eingebundene Länder. COST4 (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Research www.cost.cordis.lu/src/home.cfm) ist eine 1971 gegründet Initiative zur Forschungskooperation zwischen verschiedenen Institutionen und Einrichtungen. COST TRANSPORT und COST TELECOMMUNICATION sind zwei technische Komitees, die Forschungsvorhaben im Bereich der Verkehrstelematik beaufsichtigen. Insgesamt gib es 34 Mitgliedstaaten. 3.2 Interessensverbände Neben Forschungsprogrammen und –organsiationen sind folgende Interessensverbände im Zusammenhang mit Verkehrstelematik von Interesse: ERTICO (European Road Transport Telematics Implementation Co-ordination Organisation; www.ertico.com/index.htm) wurde 1991 gegründet. Es handelt sich dabei um eine europaweit agierende gemeinnützige Partnerschaft zwischen der öffentlichen Hand und der Wirtschaft, mit dem Ziel, die Einführung von intelligenten Verkehrssystemen in den Mitgliedstaaten zu unterstützen. ERTICO finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Projektgründungen durch Dritte. ERTICO ist Ko-ordinator des 1998 ins Leben gerufene TMC Forums (Traffic Message Channel). Das TMC Forum ist ein Verein, der sich vorwiegend der Verbreitung und Weiterentwicklung von RDS-TMC (Radio Data System – Traffic Message Channel) widmet. POLIS (Promoting Operational Links with Integrated Services; www.polisonline.org) wurde 1989 gegründet. POLIS ist eine Netzwerkinitiative, die unter anderem internationalen Erfahrungsaustausch zwischen den verschiedenen führenden europäischen Städten und Regionen bezüglich der Einführung von 3 Siehe auch Anhang Kapitel 8.1“ 4 Siehe auch Anhang Kapitel 8.2 9 intelligenten Verkehrssystemen lenken soll. Derzeit sind 70 Organisation (lokale und regionale Behörden, Verkehrsbetriebe, Mobilitäts- und Informationsdienstleister) aus 18 verschiedenen Ländern Mitglieder. PIARC (früher: Permanent International Association of Road Congresses; heute: World Road Association; www.piarc.org/en) ist eine weltweite, gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Paris. PIARC tritt für die Förderung der internationalen Kooperation in allen Bereichen des Straßenwesens ein. ASECAP (L’Association Europeene des Autoroutes à Péage, www.asecap.com/) ist die einzige Interessenvereinigung für die Betreiberorganisation und – konsortien gebührenpflichtiger Autobahnen, Brücken und Tunnel in 12 europäischen Ländern. ASECAP arbeitet an einem gemeinsamen, interoperablen Gebührensystem Europas und besteht derzeit aus 121 Organisationen. 3.3 Nationale politische Programme Im folgenden wird kurz beleuchtet, welche nationalen politischen Programme und Interessensverbände es in den diversen Ländern gibt, ohne näher auf diese Programme einzugehen. In Deutschland wurde bereits 1995 auf Betreiben des Bundesministeriums für das „Wirtschaftsforum Verkehrstelematik“ Verkehr (BMV)5 (www.bmvbw.de/telematik.496.htm) gegründet. In diesem Forum sind hohe VertreterInnen von öffentlichen Verwaltungen, öffentlichen Verkehrsunternehmen, privaten AnbieterInnen von Informationsdiensten und der Industrie vertreten, die einige Vereinbarungen über die Rollen- und Aufgabenverteilung bei der Einführung von Telematikmaßnahmen getroffen haben. In Großbritannien wurde 1992 ITS United Kingdom ins Leben gerufen. ITS United Kingdom fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Organisationen in Großbritannien, die in irgendeiner Art und Weise mit Verkehrstelematik zu tun haben. Die Mitglieder setzt sich aus 100 einzelnen Organisationen zusammen (Systementwicklern, Verkehrsbetreibern, Dienstleistungsunternehmen, regionale und staatliche Behörden, etc.). Ziel bis 2020 ist es, einen kontinuierlichen Fortschritt bei der internationalen Verbreitung von intelligenten Verkehrssystemen zu erreichen und dabei die führende Rolle Großbritanniens in Europa auszubauen. Die Ingenieursvereinigung ATEC (Association pour le développement des Techniques de transport, Environnement et de Circulation) existiert seit 1973 in Frankreich. Innerhalb der ATEC gibt es vier technisch-wissenschaftliche Komitees. Ein Komitee davon ist ITS-France (www.atec-tec.net/fr/its_accueil_f7.asp) , welches sich im Frühjahr 2000 etabliert hat. In Finnland schuf man 1998 mit dem nationalen Forschungs- und Entwicklungsprogramm TETRA die Rahmenbedingungen für weitere Aktivitäten in diesem Bereich. Primäres Ziel von TETRA ist es, den Wandel von einer isolierten projektbezogenen hin zu einer integrierten Entwicklung von Telematiksystemen zu fördern. Noch bis zum Jahr 2000 spielte Verkehrstelematik in Italien auf politischer Ebene eine unbedeutende Rolle. Erst durch den vom Parlament im Jahre 2001 verab- 5 heute BMVBW = Bundesministerium für Verkehr Bau- und Wohnungswesen 10 schiedeten Generalverkehrsplan gewann Verkehrstelematik an Bedeutung. Im Jahre 1999 wurde der nationale Interessenverband für Verkehrstelematik und Sicherheit TTS (Telematica Trasporti Sicurezza; www.ttsitalia.it) ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Verkehrsnetzes in Italien zu erhöhen. Insgesamt gehören 30 Mitglieder (Organisationen) dem Interessenverband an. ITS Netherlands wurde 1996 in den Niederlanden gegründet, wobei sie seit 1999 mit CONNECT und zwei Verkehrsforschungsorganisationen zu einer großen Gesellschaft fusioniert wurde (CONNECT-ITS Netherlands). Es handelt sich dabei um ein von der Regierung, der Wirtschaft und der Industrie unterstütztes Kompetenzzentrum mit dem Ziel, das Verkehrssystem durch intelligente Systeme im Bereich des Mobilitätsmanagements und der Verkehrssteuerung zu modernisieren. CONNECT ist sowohl in der Forschung tätig als auch bei der tatsächlichen Implementierung von Maßnahmen beteiligt. In Tschechien wird der Telematikeinsatz im Verkehrsbereich durch den gemeinnützigen von seinen Mitgliedern getragenen Verband ITS Czech Republic forciert. Der Verband ist für alle in- und ausländischen Organisationen, die sich in irgendeiner Weise mit intelligenten Verkehrssystemen beschäftigen, offen und dient als eine Art Forum, um Erfahrungen und Ideen untereinander auszutauschen. Czech Transport Telematic Association (www.sdt.cz/ str1e/ whatistelem1.html) ist ein weiterer nationaler Interessenverband, der im Bereich der Verkehrstelematik Kooperationen verbessern will, um Telematikmaßnahmen schneller umsetzen zu können. In Österreich erarbeitete die Verkehrstelematikinitiative ITS Austria (www.viadonau.org/index.php) auf Betreiben des Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) einen nationalen Rahmenplan für den Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem (Projekt TTS-A Transport Telematik Systeme Austria). Ziel des Telematikrahmenplans ist es, durch Definition eines Maßnahmenkatalogs, der einen priorisierten Einsatz von Telematik im Verkehr vorsieht, eine Verbesserung des Verkehrssystems in Österreich zu bewirken (Pfliegl et al. 2004). 3.4 Zusammenfassung Von Seiten der Europäischen Union laufen seit mehr als 15 Jahren eine Vielzahl von Aktivitäten hinsichtlich des Einsatzes von Telematik im Verkehr. Es gab und gibt mehrere Forschung- und Entwicklungsprogramme mit verkehrstelematischen Schwerpunkten (PROMETHEUS; DRIVE, TAP, TRANSPORT, TEN-T, etc.). Neben Forschungsprogrammen und –organisationen (EUREKA, COST, etc.) unterstützen auch Interessensverbände (ERTICO, POLIS, PIARC, etc.) die Einführung von intelligenten Verkehrssystemen in Europa. In den meisten europäischen Ländern gibt es zusätzlich nationale politische Programme und Interessensverbände (Wirtschaftsforum Telematik, ITS United Kingdom, etc.), die im eigenen Land den vermehrten Einsatz von Telematik im Verkehr vorantreiben sollen. 11 4 Überblick über Telematiksysteme im Verkehr Die Anwendungsmöglichkeiten von Verkehrstelematik sind, wie bereits erwähnt, sehr vielfältig und breit gestreut. Grundsätzlich ist der Einsatz von Telematik im Verkehrswesen von additivem und integrativem Charakter. D.h. es ersetzt kein bestehendes System, sondern soll vielmehr unterstützend bei der Umsetzung nachhaltiger Verkehrsstrategien wirken. Hinsichtlich der Untergliederung von Verkehrstelematiksystemen in diverse Anwendungsbereiche gibt es in der Literatur etliche Varianten. Mit dem Hintergrund, Telematiksysteme aus sozialwissenschaftlicher Sicht zu beleuchten, erscheint uns folgende Einteilung als sinnvoll: Abb 2: Einteilung der Verkehrstelematiksysteme in Anwendungsbereiche Integriertes Verkehrsmanagement Management des motorisierten Individualverkehrs Kollektive Verkehrsbeeinflussung (Verkehrslenkung, Automatische Verkehrskontrollen etc.) Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer VerkehrsteilnehmerInnen Verkehrslenkung Betriebsleitsysteme Gebühreneinhebung Information / Serviceleistungen Individuelle Verkehrsbeeinflussung (Assistenzsysteme, Informationssysteme) Gebühreneinhebung (Maut, Parkgebühr) Flotten- und Frachtenmanagement Gebühreneinhebung Telematische Einrichtungen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen 12 Verkehrsinformation / Logistik 4.1 Management des motorisierten Individualverkehrs In dieser Studie wird, wie bereits in der Einleitung erwähnt, dem Management des Individualverkehrs mittels telematischer Einrichtungen besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Überblick ist in diesem Bereich aber trotzdem lückenhaft und unvollständig, da einfach zu viele Produkte am Markt sind, um sie im Rahmen dieser Arbeit erfassen zu können. 4.1.1 Kollektive Verkehrsbeeinflussung Verkehrsbeeinflussung generell basiert auf einem gesamtheitlichen Regelungsund Informationssystem, das den Verkehr in Abhängigkeit von aktuellen Verkehrsverhältnissen steuern und das Fahrverhalten in eine gewünschte Richtung beeinflussen soll. Kollektive Leitsysteme im motorisierten Individualverkehr (MIV) sind Systeme, die für alle VerkehrsteilnehmerInnen erkennbar und zum Teil auch verbindlich sind. Verkehrszustände werden automatisch erfasst und prognostiziert. Die Ergebnisse führen zu Empfehlungen, Warnungen, Beschränkungen oder Anordnungen. 4.1.1.1 Verkehrsbeeinflussungsanlagen Die Basis für eine effektive Verkehrsbeeinflussung stellt eine Verkehrsleitzentrale dar. In Wien wird Verkehr bundesweit durch die erst neu errichtete Verkehrsmanagement- und Informationszentrale (VMIZ) in Inzersdorf beeinflusst. Von hier werden Verkehrsbeeinflussungsanlagen gesteuert und überwacht, verkehrsrelevante Daten aus dem Gesamtnetz der österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen gesammelt, aufbereitet und dargestellt, und Verkehrsinformationen verbreitet. Zur Verkehrslenkung, -leitung und steuerung selbst stehen – primär auf Autobahnen angewandt – Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) zur Verfügung. Sie dienen ausschließlich der kollektiven Beeinflussung der VerkehrsteilnehmerInnen. Sie haben primär die Funktion, die Leistungsfähigkeit zu erhöhen (Harmonisierung des Verkehrsflusses durch Vereinheitlichung der Geschwindigkeiten, Sortier- und Verflechtungshilfen durch fahrstreifen- oder querschnittsbezogene Geschwindigkeitsanpassung, etc.), die Verkehrssicherheit zu steigern (Vermeidung von Unfällen, Minimierung der Unfallschwere aufgrund rechtzeitiger Geschwindigkeitsreduktion durch Warnung vor Gefahren wie Stau, Unfall, Nebel, etc.) und die Umweltbelastung zu verringern (Verringerung von Lärm und Abgasen infolge von geringeren Geschwindigkeiten und weniger Stauungen). Gleichzeitig soll das Bewegen im Verkehr einfacher, angenehmer und komfortabler werden. Bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen werden folgende Systeme unterschieden (BVBW 2003): • Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA) • Netzbeeinflussungsanlagen (NBA) • Knotenbeeinflussungsanlagen (KBA) Streckenbeeinflussungsanlagen regeln die Geschwindigkeit im Autobahnnetz. Über Dektoren werden laufend Verkehrsdaten sowie Witterungsdaten erfasst und über eine Steuerungslogik werden die Geschwindigkeiten mit Wechselverkehrs13 zeichen angezeigt. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden somit an die jeweiligen Verkehrs- und Witterungssituation angepasst. Zusätzlich werden die gewonnen Daten für den Verkehrsfunk verwendet. Bei Netzbeeinflussungsanlagen werden durch Wechselwegweisungen Verkehrsströme in einem räumlichen begrenzten Autobahnnetz umgeleitet. Hierbei unterscheidet man zwischen additiven und substitutiven Wechselwegweisungen. Bei additiven Wechselwegweisungen wird dem/der Verkehrsteilnehmer/in durch einen Umlenkungspfeil lediglich empfohlen auf die Umleitungsstrecke auszuweichen. Bei der substitutiven Wechselwegweisung werden die Ziele und Pfeile der normalen Wegweisung ausgetauscht. Mit Knotenbeeinflussungsanlagen können Verkehrsströme in Autobahnkreuzen oder –dreiecken verkehrsabhängig geregelt werden, indem z.B. der rechte Fahrstreifen einer durchgehenden Fahrbahn kurzfristig gesperrt wird, um einem starken einfahrenden Strom das Zufahren von den Einfahrtsrampen zu erleichtern. Eine Sonderform der Knotenbeeinflussungsanlagen sind Zuflussregelungsanlagen. Bei Zuflussregelungsanlagen werden in Verkehrsspitzenzeiten Autos durch Ampeln an den Zufahrten nur „tröpfchenweise“ auf die Autobahn gelassen. Durch diese Zufahrtsdosierung wird die Verkehrsstärke auf der Autobahn geregelt und so unterhalb der Überlastungsgrenze gehalten. Die Temporäre Seitenstreifennutzung wird derzeit nur in Deutschland angewandt aber auch in Österreich ist eine temporäre Seitenstreifenfreigabe geplant. Aufgrund einer Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Jahre 2002 ist in Deutschland auf stark überlasteten Autobahnabschnitten die Möglichkeit vorhanden, durch besondere Wechselverkehrszeichen den Seitenstreifen bzw. Pannenstreifen bei Bedarf für den fließenden Verkehr freizugeben. 4.1.1.2 Warnanlagen Eine andere Form der Verkehrslenkung, welche vor allem die Erhöhung der Verkehrssicherheit im Auge hat, stellen Nebelwarnanlagen dar, die auch in den Bereich des Notfallmanagements fallen. Im oberösterreichischen Seengebiet wurde Mitte des Jahres 2004 die erste vollautomatische Nebelwarnanlage in Europa errichtet. Je Fahrtrichtung sind im Abstand von 2 Kilometern 5 Anzeigequerschnitte errichtet die mit Wechselverkehrszeichen auf LED-Basis ausgestattet sind. Sensoren überwachen das Wetter in diesem Abschnitt. Die Sichtweite entlang der Strecke wird mit speziellen Sichtweitemessgeräten bei 19 Querschnitten (alle 600 m) gemessen. Sobald die Sichtweite ein bestimmtes Maß unterschreitet, wird automatisch eine Warnung ausgelöst. Die AutofahrerInnen werden so rechtzeitig auf die Gefahr einer möglichen Nebelbank hingewiesen. Zusätzlich können aber auch manuell eingegebene Warnungen z.B. Baustellen, Unfälle, Staus oder auch Servicearbeiten angezeigt werden. Bei Nebel wird die Nebelwarn-Zentrale in der Autobahnmeisterei (ABM) Seewalchen alarmiert. Über sechs Videoquerschnitte können sich die MitarbeiterInnen der ABM einen Überblick verschaffen, die Funktion der Anlage überprüfen, gegebenenfalls zusätzliche Informationen einblenden oder bei Unfällen rasch die notwendigen Alarmierungen übernehmen. Zusätzlich zu den Sichtweitesensoren werden auch über Wetter- und Umweltstationen ergänzende Messdaten ins System übertragen (siehe www.asfinag.at). 14 4.1.1.3 Automatische Verkehrskontrollen Zu den automatischen Verkehrskontrollen zählen primär ortsfeste und mobile Radaranlagen. Eine besondere Form der Radaranlage stellt die Section Control dar. Im Gegensatz zu ortsfesten Radaranlagen ist mittels Section Control die Überwachung eines längeren Straßenabschnittes möglich. Bei der Section Control wird von jedem Fahrzeug bei der Ein- und Ausfahrt der Messstrecke ein digitales Bild mit Zeitstempel erstellt. Das Fahrzeug wird klassifiziert und das Kennzeichen ausgewertet. Gleiche Kennzeichen werden zugeordnet und anhand der Durchfahrtszeit wird die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet. Liegt eine Gesetzesübertretung vor, werden die Daten und Videobilder abgespeichert über Datenverbindungen der Behörde weitergeleitet. Nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch gesperrte Fahrstreifen werden kontrolliert. Die Section Control dient primär der Verkehrslenkung. Sie ist für besonders gefährliche Straßenabschnitte gedacht. Durch Wechselverkehrszeichen kann die Geschwindigkeit dort den jeweiligen Straßenverhältnissen angepaßt werden (www.asfinag.at). In Österreich gibt es derzeit drei Section Control Anlagen, weitere Anlagen sind geplant. Die erste Section Control Anlage in Österreich wurde auf der A 22 im Wiener Kaisermühlentunnel errichtet und am 12. August 2003 in Betrieb genommen. 4.1.1.4 Parkleitsysteme Parkleitsysteme dienen vorwiegend dazu, den Parksuchverkehr zu verringern, die Parkräume optimal zu nutzen, um damit den Verkehrsfluss zu verbessern und schädliche Emissionen zu reduzieren. Generell lassen sich Parkleitsysteme in statische und dynamische Systeme unterteilen. Bei statischen Parkleitsystemen wird zwar der Weg zu vorhandenen Parkmöglichkeiten angezeigt, durch das Fehlen einer dynamischen Anzeige kann jedoch nicht verhindert werden, dass KraftfahrerInnen den Weg zu besetzten Parkhäusern wählen. Bei dynamischen Parkleitsystemen werden die zur Verfügung stehenden Stellplätze der Parkbauten über eine Zentrale erfasst und dem Parksuchverkehr wird die aktuelle Situation angezeigt. D.h. der/die Kraftfahrer/in wird mittels einer Reststellplatz- oder einer "Frei/Besetzt/Geschlossen"-Anzeige über die Parksituation informiert. Dynamische Parkleitsysteme werden nicht nur für öffentliche Parkplätze verwendet, sondern auch Kaufparks, Shoppingcenter und Großmärkte nutzen vermehrt dieses Instrument (Nilkes 2000). Die Suche nach einem Parkplatz braucht aber nicht erst in der Stadt durch Anzeigetafeln zu erfolgen. In vielen Städten (z.B. Zürich, Luzern, Münster, Freiburg oder Wien) gibt es Information schon im Vorfeld über das Internet. In manchen Städten (z.B. Bregenz, Dresden oder Luzern) besteht zusätzlich die Möglichkeit, durch ein SMS Auskunft über die Parksituation in der Stadt zu bekommen. Der ADAC hat mit Parkinfo z.B. ein Informationssystem entworfen, welches auf Mobiltelefon, im Internet und über das Navigationssystem in Deutschland in 36 Städten freie Parkplätze anzeigen kann. Neben der Frage, wo sich der Parkplatz befindet, erhalten die FahrerInnen auch Hinweise zu Öffnungszeiten, Preisen und dem aktuellen Belegungsgrad der Stellplatzanlage. 15 4.1.1.5 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur kollektiven Verkehrsbeeinflussung Tab. 1: Telematische Systeme im Überblick System Kurze Beschreibung primäre Zielsetzung Verkehrsleitzentrale Steuerung und Überwachung telematischer Verkehrsanlagen, Sammeln, Aufbereitung und Darstellung verkehrsrelevanter Daten (Verkehrsinformation) Erhöhung der Effizienz und der Verkehrssicherheit / Verringerung der Umweltbelastung Streckenbeeinflus Erfassen von Verkehrs- und sungsanlagen Witterungsdaten, Anpassung von Geschwindigkeitslimits an die jeweiligen Verkehrs- und Witterungssituation durch Wechselverkehrszeichen, Verwendung der Daten für den Verkehrsfunk Erhöhung der Verkehrssicherheit / Verbesserung des Verkehrsflusses / Effizienzsteigerung Netzbeeinflussun gsanlagen Umleitung von Verkehrsströmen durch Wechselwegweisungen (additive Wechselwegweisung = Empfehlung und substitutive Wechselwegweisung=Anordnung) Verbesserung des Verkehrsflusses / Effizienzsteigerung Knotenbeeinfluss ungsanlagen Verkehrsabhängige Regelung von Verkehrsströmen in Autobahnkreuzung durch z.B. Sperrung eines Fahrstreifens Verbesserung des Verkehrsflusses / Effizienzsteigerung Zuflussregelungs- Zufahrtsdosierung in anlagen Verkehrsspitzenzeiten an den Autobahnzufahrten durch Ampeln Verbesserung des Verkehrsflusses / Effizienzsteigerung Nebelwarnanlagen Warnung an die AutofahrerInnen falls Sichtweite ein bestimmtes Maß unterschreitet Erhöhung der Verkehrssicherheit Section Control Telematische Radaranlage; Überwachung eines längeren Straßenabschnittes Erhöhung der Verkehrssicherheit Parkleitsysteme Verringerung des Parksuchverkehrs durch dynamische Anzeigetafeln, oder durch Auskünfte über verfügbare Parkplätze via Internet oder Mobiltelefon Verbesserung des Verkehrsflusses / Reduzierung schädlicher Emissionen 16 4.1.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung Telematische Anwendungen hinsichtlich individueller Verkehrbeeinflussung können in zwei große Gruppen eingeteilt werden und zwar in Informationssysteme und Assistenzsysteme (Floudas et al. 2004).6 Die Art der Beeinflussung ist dabei unterschiedlicher Natur. Für gewöhnlich unterstützen telematische Einrichtungen den/die Verkehrsteilnehmerin in folgender Hinsicht: • Information Informationen über Geschwindigkeitslimits, über Staus und Unfälle, über Wetterbedingungen etc. • Empfehlung Empfehlungen über die beste Routenwahl, über die zu wählende Geschwindigkeit, wenn man noch bei Grün in den Kreuzungsbereich einfahren will, etc. • Warnung Warnmeldungen bei Überschreiten von Geschwindigkeitslimits, wenn ein Kollisionsrisiko besteht, wenn man sich einer Kurve zu schnell nähert, etc. • Automatischer Eingriff Automatischer Eingriff bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, zur Vermeidung einer Kollision, bei zu geringen Sicherheitsabständen, etc. Je nach Interventionsgrad sind unterschiedliche Reaktionen und Auswirkungen auf das Fahrverhalten zu erwarten. 4.1.2.1 Informationssysteme Informationssysteme haben im Gegensatz zu Assistenzsystemen7 meist nur einen empfehlenden bzw. warnenden Charakter. Sie greifen nicht (bzw. kaum) direkt in den Verkehrsablauf ein. Die Informationssysteme lassen sich in mehrere Kategorien unterteilen: • Navigationssysteme • Reise-und Verkehrsinformationsdienste • Komfort und Infotainmentdienste Navigationssysteme (NS) Ein Navigationssystem kann Orts- und Routenplanungen durchführen, Verkehrsinformationen filtern (RDS-TMC – Radio Data System–Traffic Message Channel) hinsichtlich Route und LenkerInnenprioritäten, und durch Vermeidung von Unfallstellen z.B. die Vermeidung von Folgekollisionen unterstützen. Fortgeschrittene Systeme berücksichtigen den aktuellen Verkehr bei der optimalen Routenauswahl (sie sind sozusagen online). Ein Navigationsdisplay 6 Im Englischen wird für Informationssysteme der Begriff In-Vehicle Information System – IVIS verwendet und für Assistenzsysteme Advanced Driver Assistance System – ADAS. In Fachkreisen verwendet man hauptsächlich die englischen Termini. 7 Für die Kategorisierung und den Überblick über Informationssysteme und Assistenzsysteme siehe Floudas et al. 2004 17 kann dem/der Fahrer/in auch beim Einparken helfen, indem mit einer Kamera der hintere Fahrbahnausschnitt gefilmt wird . Bei den Navigationssystemen werden unter anderem folgende Anwendungen unterschieden: ü Integrierte Navigation Dem/der Fahrer/in wird entweder eine Empfehlung oder Warnung übermittelt, wenn z.B. das Geschwindigkeitslimit erreicht wird, wenn man sich einem Ort nähert mit einer geringeren Geschwindigkeitsbeschränkung, wenn eine sichere Vorausfahrt gefährdet ist oder wenn ein Kollisionsrisiko besteht. ü Route-guidance-system und Route-navigation-system Sogenannte Route-guidance Systeme ermöglichen dem/der Lenker/in, für einen Ort seiner Wahl die optimale Route auswählen zu lassen. Das System gibt dem/der Fahrer/in spezifische Instruktionen im Laufe der Reise. Route-navigation Systeme zeigen dem/der Fahrer/in auf einer Karte lediglich derzeitige Position und Destinationen, der/die Fahrer/in muss jedoch selber Navigationsentscheidungen treffen. ü Kreuzungsmanagement Ein Kreuzungsmanagementsystem gibt dem/der Annäherung an eine ampelgeregelte Kreuzung hinsichtlich der zu wählenden Geschwindigkeit, um vermeiden aber auch, um z.B. noch bei Grün in einfahren zu können. Fahrer/in bei Empfehlungen Kollisionen zu die Kreuzung Reise- und Verkehrsinformationsdienste Unter Reise- und Verkehrsinformationsdiensten werden alle jene Systeme verstanden, bei denen mittels Technologie eine Vielzahl von Informationen dem Reisenden zur Verfügung gestellt wird, der entweder mit dem privaten Pkw, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit beiden unterwegs ist. Die Information kann sowohl vor dem Reiseantritt (z.B. via Internet) oder während der Fahrt eingeholt werden. Die Information, die vor der Fahrt eingeholt werden kann, bezieht sich auf: ü Informationen, die für alle wichtig sind (z.B. Straßensperren wegen Veranstaltungen). ü Informationen über alternative Routen, die schneller, billiger, kürzer, landschaftlich schöner, etc. sind. ü Reisekriterien (z.B. welches Verkehrsmittel bevorzugt wird) und auf eigenen Fähigkeiten (z.B. Behinderungen, die zu berücksichtigen sind). ü Die Möglichkeit, dass Reisende Fahrzeuge mit anderen für den ganzen Weg oder nur Teile des Weges teilen. Gerade bei der Verkehrs- und Reiseinformation wird es in Zukunft zwei Medien geben, mit welchen Informationen übermittelt werden: die Rundfunktechnologie und die Mobiltelefontechnologie. Früher wurden Verkehrsinformationen primär über Radio empfangen. Aufgrund der Informationsüberflutung wird es aber immer wichtiger werden, Informationen auf den/die Endverbraucher/in zuzuschneiden und unnötige Informationen herauszufiltern. 18 Technisch gesehen gibt es bereits unterschiedliche Systeme: RDS-TMC, GSM (Global System for Mobile Communication), DAB (Digital Audio Broadcasting) DVB (Digital Video Broadcasting), IP (Internet Protocol). RDS-TMC ermöglicht es, Nachrichten nach gewissen Kriterien (z.B. gewählte Route) herauszufiltern und so werden nur die relevanten Verkehrsinformationen übermittelt. Die Daten über verschiedene Verkehrsereignisse, die über RDS-TMC vermittelt werden, werden in regionalen und nationalen Verkehrsinformationszentren gesammelt. Eine Alternative zu RDS stellt das GSM Mobiltelefonsystem dar. Hierbei handelt es sich um eine zweiseitige Kommunikation zwischen Informationszentren und Informationssystemen im Auto. Vor allem ERTICO unterstützt die weltweite Verfügbarkeit des GSM Mobiltelefonsystems. Informationen können aber auch über Kommunikationssysteme zwischen dem Fahrzeug und der Infrastruktur und zwischen zwei Fahrzeugen gesammelt werden. Die Information bezieht sich dann meist auf Wetterverhältnisse, Verkehrssituationen, Verfügbarkeit von Parkplätzen, etc. Notrufdienste ermöglichen es, dass unmittelbar nach einem Unfall automatisch ein Notruf an die verschiedenen Rettungsdienste ergeht. Notrufdienste basieren auf einer mobilen Kommunikation, die den/die Fahrerin automatisch mit einer Notruf- bzw. Verkehrsleitzentrale verbindet. Das Kommunikationssystem ist relativ zuverlässig und vermittelt subjektive Sicherheit. Primäres Ziel von Reise- und Verkehrsinformationsdiensten ist es, den Modal Split hinsichtlich umweltfreundlicher Verkehrsmittel positiv zu beeinflussen und auf diverse Ereignisse (z.B. Streiks, Sportveranstaltungen) verkehrslenkend besser eingehen zu können (Franken & Lenz 2004). Komfort und Infotainmentdienste Einige telematische Anwendungen dienen vorwiegend dem/der Fahrer/in als angenehme Zusatzdienste, zur Information, Unterhaltung und zum Komfort (siehe auch www.bmwgroup.com). ü Telefondienste Es gibt GPS in Kombination mit Telefonen, die bei Bedarf Notrufdienste aktivieren. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dass bei Diebstahl die Spur eines Autos verfolgt werden und das Auto deaktiviert werden kann. ü Kommunikationsverknüpfungen Es besteht die Möglichkeit, telematische Einrichtungen im Fahrzeug mit externen Informationsquellen, z.B. Freisprechanlagen, Fax, AutoPC und anderen drahtlosen Verbindungen zu verknüpfen. Auf diese Weise können E-mails im Fahrzeug geschrieben werden, kann zum Web Zugang genommen werden, können Fahrkarten eingekauft werden, Terminkalender upgedated werden, etc. ü Freihandanlagen Der/die Fahrerin soll, obwohl er verschiedene Dienste in Anspruch nimmt, die Kontrolle über das Fahrzeug nicht verlieren. Dies soll erleichtert werden, indem verschiedene Funktionen durch Sprechen oder über eine taktile Oberfläche am Lenkrad aktiviert werden. So können z.B. Radio, CD-Player oder das Navigationssystem durch die Stimme des Fahrers bedient werden. 19 ü Fahreridentifikation und automatische Cockpit-Konfiguration Jede/r Fahrer/in hat seine eigenen physischen Charakteristiken, die spezifische Anpassungen des Autos erfordern (Sitzstellung, Seitenund Rückspiegelausrichtung, Lufttemperatur, etc.). Autos in der höheren Preisklasse bieten bereits die Möglichkeit an, seine eigenen Wünsche, d.h. statische und dynamische Autocharakteristiken, einzuprogrammieren und bei Knopfdruck, stellt sich das Auto auf die fahrende Person ein. 4.1.2.2 Assistenzsysteme Assistenzsysteme dienen vorwiegend der Sicherheit und der Entlastung des/der Fahrers/in und des/der Beifahrers/in. Im Gegensatz zu Informationssystemen kann der Interventionsgrad nicht nur informativer, empfehlender und warnender Natur sein, sondern es wird auch automatisch in die Fahrhandlung eingegriffen. Folgende Kategorien hinsichtlich Anwendung können unterschieden werden: • Lateral control (z.B. Überwachung des toten Winkels) • Longitudinal control (z.B. Distanzhaltende Fahrtregler, Kollisionswarner und Systeme zur Kollisionsvermeidung) • Umkehr- und Einparkhilfen • Vision enhancement (Sichtverbesserung) • Fahrerüberwachung (z.B. Lidschlagsensor) • Pre-crash Systeme Lateral control (Seitenkontrolle) Diese Systeme assistieren dem Fahrer bzw. der Fahrerin bei Spurabweichungen und bei Fahrhandlungen, die ein seitliches Ausscheren des Fahrzeuges notwendig machen (z.B. Spurwechsel oder Überholmanöver). ü Spurenassistent und Warnung Bei starker Spurabweichung lenkt das System entweder automatisch das Fahrzeug in die Mitte der Spur zurück oder der/die Fahrer/in wird nur gewarnt. ü Überwachung des Toten Winkels Im Rückspiegel ist eine CCD (= Charge Coupled Device) Kamera integriert, wodurch überholende Fahrzeuge erkannt werden können. D.h. wenn ein überholendes Fahrzeug registriert wird, wird der/die Fahrer/in durch ein Tonsignal gewarnt. Dasselbe gilt für den Seitenspiegel. Auch dort wird gewarnt, falls der/die Fahrer/in die Spur wechseln möchte trotz der Anwesenheit anderer Autos. Das System der Überwachung des toten Winkels ist sehr effektiv in Kombination mit dem Spurenassistent. Longitudinal control (Längskontrolle) Es gibt unter anderen die folgenden Systeme, die den/die Fahrer/in beim „normalen“ Geradeausfahren unterstützen: ü Intelligent Speed Adaptation (ISA) Bei ISA unterscheidet man drei Systemtypen: − Information: Es wird über Geschwindigkeitslimits informiert. 20 die bestehenden Empfehlung, beratende Intervention: Es wird auf das Übertreten eines Geschwindigkeitslimits aufmerksam gemacht. − Automatisches Eingreifen = aktives Gaspedal: Die Geschwindigkeit wird automatisch auf das Geschwindigkeitslimit reduziert. Sobald der/die Fahrer/in versucht die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung zu überschreiten, wird ein Gegendruck im Gaspedal aktiviert. Durch härteren Druck auf das Gaspedal kann das System außer Kraft gesetzt werden (kick-down Funktion). ISA funktioniert über einen GPS-Empfänger, der die Position des Fahrzeugs identifiziert. Der Empfänger ist an einen digitalen Stadtplan mit exakt eingetragenen Geschwindigkeitslimits gekoppelt. Daher "weiß“ das System welches Limit dort gilt, wo man sich gerade befindet (Kaufmann & Risser 2003). − ü Flexible Geschwindigkeits- und Abstandsregelung (ACC = Adaptive Cruise Control) Die Hauptaufgabe des Systems ist es, dem/der Fahrer/in bei der Geschwindigkeitskontrolle und beim Einhalten von Sicherheitsabständen auf der Autobahn zu assistieren. Das System funktioniert bei Geschwindigkeiten zwischen 30 km/h und 160 km/h. Es wird eine gewünschte Geschwindigkeit eingegeben und das System beschleunigt selbständig. Falls man sich einem langsamer vorausfahrenden Fahrzeug nähert, wird automatisch gebremst falls der Sicherheitsabstand zu gering wird. Wenn der Abstand wieder größer wird, beschleunigt das Fahrzeug automatisch. ACC-Systeme haben keine Stop & Go Funktion. Im Gegensatz zum Kollisionsvermeider sind sie nicht geeignet, um Notfallsituationen abzuwickeln z.B. Notbremsungen, da die Kontrolle beim Fahrer bzw. bei der Fahrerin bleibt. Das System kann manuell und automatisch aktiviert und deaktiviert werden (Risser & Petica 1998) . ü Stop & Go Die Stop & Go Funktion ermöglicht eine automatische Abstandskontrolle bei langsamen Geschwindigkeiten. Es ist eine Ergänzung bzw. Erweiterung zum ACC – System bei langsamem bzw. bei zähflüssigem Verkehr (z.B. im Stadtverkehr). Es gibt zwei Varianten des Stop & Go Systems: vollautomatisch und halbautomatisch. Bei der vollautomatischen Variante beschleunigt und bremst das Auto automatisch ohne Intervention des Lenkers bzw.der Lenkerin. Bei der halbautomatischen Variante, bremst das Fahrzeug, der Fahrer muss jedoch selber wieder beschleunigen. Bei fließendem Verkehr fährt das Auto konstant mit der eingestellten Geschwindigkeit bis zur nächsten Lenkerintervention. ü Kurvenmanagement Dabei handelt es sich um Systeme, welche automatisch die Geschwindigkeit reduzieren (der Grad wird durch den/die Benutzer/in bestimmt), falls man sich einer gefährlichen Kurve nähert. Es kann als Ergänzung zum ACC-System angesehen werden. ü Kurvenwarnung Im Rahmen des EU-Projektes In-Arte wurde eine Assistenzfunktion entwickelt namens Curve Warning. Der/die Fahrer/in wird gewarnt, 21 falls er sich einer Kurve zu schnell annähert. Die Intervention besteht nur aus dieser Warnung. ü Kollisionswarnungs- und -vermeidungssysteme Das Risiko eines Unfalls durch ein Hindernis auf der Straße soll verringert werden. Ein Sensor misst die Distanz, die Position und die relative Geschwindigkeit des Hindernisses. Die Intervention erfolgt entweder automatisch durch Bremsen oder durch eine Kollisionswarnung. ü Kollisionsvermeidung in Kreuzungen Das System meldet dem/der Fahrer/in falls eine mögliche Kollision im Kreuzungsbereich bevorsteht. Die Warnung kann entweder durch eine Stimme erfolgen oder wird auf einem Infoscreen angezeigt. ü Kollisionsvermeidung auf Bahnübergängen Der/die Fahrer/in wird bei einem nicht geregelten Bahnübergang über das Herannahen eines Zuges informiert, falls er sich im Kollisionskurs befindet. Ursprünglich war diese Einrichtung vor allem für Busse und Lkws mit gefährlichen Gütern vorgesehen. ü FußgängeInnen und Hinderniserkennung Das System warnt den/die Fahrer/in, wenn ein/eine Fußgänger/in in unmittelbarer Nähe die Fahrbahn betritt bzw. wenn sich ein Hindernis in unmittelbar Nähe befindet. Umkehr-/Einparkhilfen Umkehr- und Einparkhilfen sind Geräte mit deren Hilfe Hindernisse bei niedrigen Geschwindigkeiten erkannt werden können. Die Einparkhilfe wird durch den/die Fahrer/in selbst oder durch Einlegen des Rückwärtsganges aktiviert. Die Rückmeldung findet durch eine Display oder durch ein akustisches Outputsystem statt. Vision Enhancement Das Ziel von Vision Enhancement Systemen besteht darin, die Sicht des Fahrers bzw. der Fahrerin in bestimmten Situationen z.B. bei eingeschränkter Sicht durch Nebel, Regen, Schnee oder Dunkelheit zu verbessern. Für gewöhnlich wird auf einem Bildschirm das erweiterte Bild der Straße vor dem/der Fahrer/in projiziert . Eine Untergruppe ist der elektronische Spiegel. Dieses Gerät ersetzt herkömmliche Tür- und Innenspiegel durch ein elektronisches Sehgerät, welches die Sicht nach hinten mittels eines Bildschirms anzeigt. Fahrerüberwachung Dazu zählen alle Geräte, die den physischen Zustand des Fahrers bzw. der Fahrerin messen (z.B. Schläfrigkeit, Aufmerksamkeitsmangel, Grad der Alkoholbeeinträchtigung, vermittelt etwa über Augenbewegungen, Herzfrequenz) und das möglich Risiko bei abnormalem Status abschätzen. Falls eine sichere Weiterfahrt aufgrund des physischen Zustandes des Fahrers bzw. der Fahrerin nicht mehr gewährleistet werden kann, ertönt bspw. ein Warnzeichen; es wurden aber auch schon Systeme diskutiert, die im Krisenfall eingreifen (Risser & Petica 1998). 22 Pre-crash System Ein Pre-crash System erkennt, wenn ein Unfall unvermeidbar ist. Diese Information wird dazu verwendet, um die Folgen des Unfalls zu verringern (z.B. durch Festziehen des Sicherheitsgurtes, durch Auslösen des Airbags, etc.). 4.1.2.3 Tabellarischer Überblick über telematische Systeme zur individuellen Verkehrsbeeinflussung Im folgenden werden die erwähnten Systeme tabellarisch kurz zusammengefasst: Tab2.: Telematische Systeme im Überblick System Kurze Beschreibung Primäre Zielsetzung INFORMATIONSSYSTEME Nagivationssysteme: Durchführung von Orts- und Routenplanungen, Filtern von Verkehrsinformationen zur optimalen Routenplanung Erhöhung des Verkehrsflusses Integrierte Navigation Anzeigen von Geschwindigkeitslimits, Warnung bei Kollisionsrisiko Verbesserung der Verkehrssicherheit Route-guidance oder Route-nagvigations System Serviceleistung/Erhöhung Auswahl der optimalsten Route mit Instruktionen oder des Verkehrsflusses ohne Instruktionen nur durch Anzeigen auf dem Bildschirm Kreuzungsmanagement Bei Annäherung an Kreuzungen werden Angaben zur optimalen Geschwindigkeit gemacht Verbesserung der Verkehrssicherheit Reiseinformationsdienste Informationen werden dem Serviceleistung/Komforter(RDS-TMC; GSM, DAB, DVB, Reisenden vor oder während höhung IP) der Fahrt zur Verfügung gestellt. Sie werden nach gewissen Kriterien auf den Endverbraucher zugeschnitten Notrufdienste Automatische Verständigung Verbesserung der Verkehrsder Rettungsdienste bei sicherheit einem Unfall Komfort und Infotainmentdienste (Telefondienste, Automatische CockpitKonfiguration, etc.) Dienen dem Komfort und der Unterhaltung des Fahrers bzw. der Fahrerin 23 Serviceleistung/Komforterhöhung System Kurze Beschreibung Primäre Zielsetzung ASSISTENZSYSTEME Lateral control: Spurenassistent Bei starker Spurabweichung Warnung oder automatischer Eingriff Erhöhung der Verkehrssicherheit Rückspiegel mit integrierter Kamera erkennt überholende Fahrzeuge Erhöhung der Verkehrssicherheit Drei Arten der Intervention: Information, Empfehlung, automatisches Eingreifen sobald ein Geschwindigkeitslimit überschritten wird Erhöhung der Verkehrssicherheit Adaptive Cruise Control (ACC) Assistiert dem/der Fahrer/in bei der Geschwindigkeitskontrolle und beim Einhalten von Sicherheitsabständen Erhöhung der Verkehrssicherheit Kurvenmanagement/Kurven warnung Automatische Geschwindigkeitsreduktion bzw. Warnung bei Annäherung an eine gefährliche Kurve Erhöhung der Verkehrssicherheit Kollisionswarnung und Kollisionsvermeidungssystem (Sonderform: bei Kreuzungen und Bahnübergängen) Distanz, die Position und die Erhöhung der Verkehrsrelative Geschwindigkeit des sicherheit Hindernisses wird gemessen Stop & Go Automatische Abstandskontrolle bei langsamen Geschwindigkeiten Erhöhung der Verkehrssicherheit FußgängerInnen und Hinderniserkennung Erkennen von FußgängeInnen und Hindernissen am Weg Erhöhung der Verkehrssicherheit Umkehr-/Einparkhilfen Geräte zum Erkennen von Hindernissen bei niedrigen Geschwindigkeiten Erhöhung der Verkehrssicherheit Vision Enhancement Verbesserung der Sicht des Fahrers bzw. der Fahrerin Erhöhung der Verkehrssicherheit Fahrerüberwachung Messen des physischen Zustandes des Fahrers bzw. der Fahrerin Erhöhung der Verkehrssicherheit Pre-Crash System Erkennen eines Unfalls und Verringerung der Unfallfolgen Erhöhung der Verkehrssicherheit Überwachung des toten Winkels Longitudinal control: ISA (Intelligent Speed Adaptation)/Aktives Gaspedal 24 4.1.3 Gebühreneinhebung Die Gebühreneinhebung beim motorisierten Individualverkehr bezieht sich einerseits auf Straßengebühren, andererseits auf zu bezahlende Parkgebühren. In beiden Fällen gibt es bereits die Möglichkeit elektronischer Abrechnung. Das primäre Ziel von elektronischen Abrechnungsystemen ist die Gebühreneinhebung so schnell und reibungslos und gleichzeitig so komfortabel wie möglich für den Nutzer zu gestalten. 4.1.3.1 Straßengebühren - Pkw-Maut In vielen Ländern Europas8 wird auch für Pkws eine Autobahngebühr verlangt. Diese Gebühr wird teils in Form einer streckenbezogenen Maut eingehoben, teils in Form einer für eine bestimmte Zeit gültigen Vignette. Der Kauf von Vignetten in Österreich erfolgt noch auf herkömmliche Art über diverse Verkaufsstellen. Elektronische Abrechnungssysteme gibt es in Österreich nicht. In einigen Städten (Tokio, San Diego, New York, etc.) werden Abgaben für Tunnels und Brücken im Stadtbereich bzw. in den Einfahrtsbereichen verlangt. Ein interessantes Modell einer Pkw-Maut stellt die Citymaut - „Congestion Charge“ in London dar. Der Bürgermeister von London Ken Livingstone führte im März 2003 eine „Stauabgabe“ im Zentrum von London werktags von 7.00 bis 18.30 in Höhe von ca. acht Euro ein. Die Erfassung der Autos, die in die Zone hineinfahren erfolgt elektronisch mittels Kamera. 688 Kameras registrieren die Nummernschilder aller Wagen. Bei Nichtbezahlung der Gebühr wird ein Bußgeld von 130 Euro fällig. Die Bezahlung der Gebühr kann online, bei einigen ausgewählten Geschäften, Tankstellen und Parkplätzen per Post, über Telephon oder durch eine SMS-Nachricht erfolgen (www.profil.at). Die Citymaut in London löste viele Diskussionen in anderen Städten aus. In Graz aber auch in Salzburg wurde ernsthaft überlegt eine Citymaut nach Londoner Vorbild einzuführen. Stockholm hat für das Jahr 2006 eine Citymaut für alle Autos im Stadtzentrum fixiert. Bereits seit Ende der achtziger Jahre ist die Einfahrt in die Innenstadt in den skandinavische Städten wie Bergen und Oslo kostenpflichtig. Auch in Singapur und Hongkong wird der Verkehr in der Innenstadt durch eine Stadtmaut geregelt. In Singapur funktioniert das System mittels einer aufladbaren Mautkarte. Auf eine Chipkarte kann Geld aufgeladen werden, passiert man ein elektrisches Tor vor einer mautpflichtigen Zone wird mittels Laser der bezahlende Betrag von der Karte abgebucht. 4.1.3.2 Parkgebühren Als elektronisches System zur Abrechnung von Parkgebühren gibt es einerseits die Möglichkeit, den Parkplatz über das Mobiltelefon zu bezahlen. Eine andere Variante sind Geräte, die im Fahrzeug untergebracht werden. Ein kleiner Kasten, in der Größe einer Fernbedienung mit einem Display wird eingeschaltet und statt eines Parkscheins hinter die Windschutzscheibe gelegt. Wenn der/die Fahrerin den Parkplatz verlässt, wird das Gerät ausgeschaltet. Die angefallenen Gebühren werden von einem gespeicherten Guthaben im Gerät 8 In Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Kroatien, Ma-zedonien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakische Republik, Spanien, Tschechien, Türkei und Ungarn werden Gebühren verlangt. In Deutschland wird derzeit über eine Pkw-Maut diskutiert (www.kfzauskunft.de/info/autobahngebuehr.html) 25 abgebucht. Die Geräte können von den VerkehrsteilnehmerInnen gekauft oder gegen Kaution entliehen werden. Dieses System wird seit einigen Jahren in den Niederlanden und in Skandinavien verwendet (Schäfer 2004). In beiden Fällen können mit Handcomputer ausgestattete Kontrollorgane durch Online-Verbindungen die Aktivierung des elektronischen Parkscheins kontrollieren. Studien über die Benutzung eines eigenen Gerätes zur ParkgebührenAbrechnung zeigen, dass dieser Dienst vorwiegend von Firmen für ihre MitarbeiterInnen und von berufstätigen VielparkerInnen genutzt wird. Wenn ein Gerät vorhanden ist, wird es für fast alle Parkvorgänge eingesetzt. Die Anschaffung des Geräts zahlt sich für Personen, die nur selten in gebührenpflichtigen Zonen parken, nicht aus. Als wesentliche Vorteile beider alternativer Systeme (Mobiltelefon bzw. Gerät) werden minutengenaue Abrechnung und, dass die Parkdauer vorher nicht abgeschätzt werden muss, genannt (Schäfer 2004). In Wien gibt es die Möglichkeit des m-parking (=mittels Mobiltelefon) seit Oktober 2003. Durch das Senden einer SMS-Nachricht kann das Parkkonto mit Parkstunden aufgeladen werden. Die Bezahlung erfolgt entweder mit Kreditkarte, paybox oder Mobilfunkrechnung. In Wien wurde noch keine Akzeptanzstudie (Zufriedenheitsgrad, Bekanntheitsgrad, etc.) durchgeführt. Laut Magistratsabteilung 4 wird m-parking aber gut angenommen, wobei sich die bundesgesetzliche Regelung, eine Parkuhr im Fahrzeug anzubringen, dämpfend auf die Zuwachsrate auswirkt (www.wien.gv.at/finanzen/abgaben/parhandy.htm). 4.2 Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer VerkehrsteilnehmerInnen9 4.2.1 Öffentlicher Verkehr Gerade im öffentlichen Verkehr sind viele telematische Einrichtungen nicht wirklich „sichtbar“ und als solche erkennbar. Sie werden durch den Fahrgast vielmehr nur durch eine Verbesserung des Komforts (z.B. dichtere Intervalle, kürzere Wartezeiten) wahrgenommen. Im Gegensatz zu individuellen Telematikanwendungen im motorisierten Individualverkehr, kommen die neuen Technologien im öffentlichen Verkehr im Prinzip allen VerkehrsteilnehmerInnen gleichermaßen zu Gute. Im folgenden wird ein sehr grober Überblick über Betriebsleit-, Auskunfts- und Gebühreneinhebungssysteme gegeben. 4.2.1.1 Betriebsleitsysteme In Wien wurde 1995 von den Wiener Linien der Probebetrieb für ein rechnergestütztes Betriebsleitsystem (RBL) mit zwei Straßenbahnlinien aufgenommen. Im Jahr 2004 waren bereits 60 Straßenbahn und Autobuslinien erfasst (ca. 390 Autobusse und etwa 500 Straßenbahnen sind RBL tauglich). Ziel ist es, bis 2008 das System flächendeckend auszubauen. Beim RBL der Wiener Linien handelt es sich um ein System, das eine zentrale Leitstelle und 50 weitere Betriebsstellen in die Betriebssteuerung integriert. 9 Unter schwächere VerkehrsteilnehmerInnen werden in diesem Bericht FußgängerInnen und RadfahrerInnen zusammengefasst. 26 Hauptziel des RBL ist es für regelmäßige Intervalle und Pünktlichkeit zu sorgen, indem Störungen frühzeitig erkannt und Lösungsvorschläge vom System vorgeschlagen werden (Störungsmanagement). Das Störungsmanagement erlaubt, bei Bedarf einen Linien- und Kursnummerwechsel vorzunehmen, an Wendestellen Linien kurz zu führen und die nächste Fahrt in Gegenrichtung zu beginnen, zusätzliche Fahrten in den laufenden Betrieb einzuführen, Strecken bei Bedarf zu sperren, etc. Zusätzlich wird eine dynamische Anschlusssicherung und eine Verringerung der Fahrzeiten durch eine bedarfsgesteuerte Verkehrslichtsignal (VLSA-) Beeinflussung ermöglicht. Die einzige für den Fahrgast „sichtbare“ Auswirkung des RBL stellt die dynamische Fahrgastinformation in den Haltestellen dar, die entsprechend der jeweiligen Verkehrssituation aktualisiert wird (Echtzeitanzeige an den Haltestellen)10. Derzeit gibt es rund 150 Anzeigen in Straßenbahn und Autobushaltestellen, wobei geplant ist, insgesamt 500 Haltestellen mit derartigen Anzeigen auszustatten (www.wien.gv.at/verkehr/vema/rbl.htm). Das RBL ist technisch komplett getrennt vom Betriebsleitsystem der U-Bahn. Eine Vernetzung des RBL mit den übrigen Verkehrssystemen ist geplant. Auch in Graz gibt es seit 2003 ein Betriebsleitsystem in Probebetrieb. Das System beinhaltet eine dynamische Fahrgastinformation an derzeit ca. 100 Haltestellen (Straßenbahn und Bus). Die offizielle Inbetriebnahme erfolgt Ende 2005. Es ermöglicht eine Anschlusssicherung an Umsteigepunkten, Störungen werden früher erkannt und es wird schneller darauf reagiert. Ziel ist es, den Verkehrsrechner der Stadt Graz mit dem Grazer Verkehrsverbund – Betriebsleitsystem zu vernetzen, um den Verkehrsfluss für den Öffentlichen Verkehr, sowie für den Autoverkehr zu verbessern (integriertes Verkehrsmanagement). Fahrgäste sollen durch kürzere Fahrzeiten davon profitieren (www.verkehr.steiermark.at). In Zürich ist seit 2003 das Leitsystem ZVV (Zürcher Verkehrsverbund) in Probebetrieb. Es handelt sich um eine zentral gesteuerte, umfassende Vernetzung der öffentlichen Verkehrsmittel (Bus, Tram und Bahn) im Kanton Zürich. Es umfasst Informationssysteme wie Bildschirme in Fahrzeugen und computergesteuerte Anzeigetafeln an ausgewählten Haltestellen. Das Leitsystem ist mit externen Partnern verbunden. Es besteht z.B. eine Schnittstelle zum Kundeninformationsdienst der Schweizer Bundes Bahn. Die Kantonspolizei, die Stadtpolizei Zürich und die Stadtpolizei Winterthur bringen Informationen zum Straßenverkehr ins Leitsystem ein. Im Gegenzug dazu profitieren sie von aktuellen Betriebsinformationen des öffentlichen Verkehrs (Mobilissimo Nr. 3/2003). In der Stadt Salzburg existiert ein Zentralrechner, der automatisch die „Fahrpläne“ der angeschlossenen Ampeln bestimmt (Automatische Ampelsteuerung). Insgesamt gibt es 160 geregelte Ampelanlagen in Salzburg, die „Grüne Fahrt“ für den Bus ermöglichen. Salzburg hat hinsichtlich der Ampelsteuerung das Zürcher Modell als Vorbild genommen. Laut Landespressebüro funktioniert das System sehr gut. Die Busse sind pünktlicher, die Kunden zufriedener und sogar der Autoverkehr kommt schneller ans Ziel (www.salzburg.gv.at). Auch im Eisenbahnverkehr werden Leit- und Sicherheitstechniken verwendet. Bestehende nationale Zugsicherungs- und Zugbeeinflussungssystem sollen durch ein Europäisches Zugbeeinflussungssystem abgelöst werden. 10 siehe auch Kapitel 4.2.1.2 27 1996 wurde der Grundstein zur Einführung des interoperablen European Train Control Systems (ETCS) gelegt. ETCS bildet zusammen mit dem Mobilfunksystem GSM-R und dem einheitlichen European Traffic Management System (ETMS) das European Rail Traffic Management System (ERTMS). 4.2.1.2 Informationsdienste/Serviceleistungen Information und Serviceleistungen im öffentlichen Verkehr beziehen sich vor allem auf Fahrplanauskünfte und Routenwahlen, d.h. mit welchen öffentlichen Verkehrsmitteln gelangt man am schnellsten vom Quell- zum Zielort. Die Informationseinholung ist in vielen Fällen sowohl vor Fahrtantritt (pre-trip) als auch während der Fahrt (on-trip) möglich. Elektronische Fahrplanauskunftssysteme (Fahrtroute, Fahrzeiten und Fahrpreise) werden bereits an unterschiedlichen Stellen angeboten. In manchen Fahrzeugen werden mittels Bildschirmdialogen z.B. die nächste Haltestelle, aber auch diverse Umsteigemöglichkeiten angezeigt. An Haltestellen und Bahnhöfen können an diversen Info-Säulen und dynamischen Ankunftsanzeigetafeln (Countdownanzeigen) aktuelle Fahrpläne abgelesen werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, zu Hause via Internet und in manchen Städten und Regionen bereits via Mobiltelefon Fahrpläne abzurufen. Elektronische Fahrplanauskünfte via Internet bieten eine individuelle, durch die Angabe von Quell- und Zielhaltestellen oder Quell- und Ziel-Adressen beschriebene Fahrplanauskunft auf Basis der Fahrplan-Sollzeiten. Tarifinformationen sind häufig bereits in das System integriert, wobei Tarifauskünfte meist nur innerhalb eines Verkehrsverbundes und nicht für Fahrten zwischen mehreren Verkehrsverbünden erteilt werden. Auch genaue Angaben der Stationen hinsichtlich barrierefreie Zugangsmöglichkeiten sind enthalten (z.B. die Fahrplanauskunft der Wiener Linien gibt genau an, ob die jeweiligen Haltestellen über einen Lift,. Rolltreppen und Stiegen sowohl auf- als auch abwärts verfügen.). Verspätungsinformationen (Fahrplan-Istzeiten) werden in der Regel noch selten weitergegeben. Eine Fahrplanauskunft über Mobiltelefon ermöglicht es dem Nutzer bzw. der Nutzerin nicht nur vor der Fahrt, sondern auch während der Fahrt Informationen einzuholen. In Frankfurt ist für die NutzerInnen von Bussen und der Bahn seit Dezember 2004 eine Mobiltelefonabfrage der Ist-Fahrzeiten möglich. D.h., Fahrgäste können sich zu jeder Zeit und an jedem Ort darüber informieren, wann die Busse und Bahnen an bestimmten Haltestellen in Echtzeiten, also unter Berücksichtigungen möglicher Verspätungen sein werden. Davor war die Fahrplanauskunft nur in Sollzeiten möglich. Laut dem Frankfurter Verkehrsverbund kommt dieses Service bei den KundInnen sehr gut an. Wurden vor Umstellung auf die Ist-Fahrzeiten 400 bis 500 tägliche Zugriffe registriert, sind es derzeit 1500 bis 1600 pro Tag (Presseaussendung TraffiQ & VGF 2005). In Dresden gibt es bereits seit 2000 die Möglichkeit, für Verkehrsmittel der Dresdner Verkehrsbetriebe Fahrplanauskünfte mittels SMS zu erhalten. Im Juni 2002 wurde die Mobiltelefon-Fahrplanauskunft auf den gesamten öffentlichen Nahverkehr im Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) erweitert, und im Jahre 2004 wurde SMS-Fahrplanauskunft auf Echtzeit umgestellt. Auch VVO spricht von einer großen und steigenden Akzeptanz des angebotenen Services. Die SMS-Auskunft wurde über 30 000 Mal pro Monat genutzt (Presseinformation intermobil 2003). 28 Hinsichtlich Dresden ist noch zu erwähnen, dass sich der/die Verkehrsteilnehmer/in über das Internetportal DORIS (www.intermobil.org) in einem System Überblick zur Verkehrssituation sowohl für den ÖPNV als auch für den Straßenverkehr verschaffen kann: Wann fährt die nächste Straßenbahn? Wo muss ich umsteigen? Gibt es Stau? Wo sind momentan Baustellen, etc.. Generell ist geplant, das Fahrplanauskunftssystem durch die Integration von Tarifauskünften und intermodalen Auskünften (z.B. Pkw-Routing zu vorhandenen Park&Ride-Parkplätzen, dynamisches Routing von Zu- und Abgangswegen hinsichtlich Fuß- und Radwegen) zu erweitern. 4.2.1.3 Gebühreneinhebung Auch im Bereich des Fahrgeldmanagement gibt es unterschiedliche Lösungsansätze, um den Kunden den Erwerb eines Fahrscheines noch einfacher und den Zugang zum öffentlichen Verkehrsmittel noch komfortabler zu machen. Seit Herbst 2003 ist es in Wien bei den Wiener Linien möglich, eine digitale Eintageskarte mittels SMS zu kaufen – SMS-Ticketing. Das Handy fungiert dabei als Fahrausweis. Die Bezahlung erfolgt über eine elektronische Zahlungsplattform "paybox". Der Fahrgast muss vor Fahrantritt per SMS die Fahrkarte erwerben. Seit 2004 wird auch ein Singleticket für 90 Minuten angeboten. Im Oktober 2004 hat auch Innsbruck das „Handyticket“ eingeführt, wobei zwischen Single- und Dayticket unterschieden wird. Das Singleticket gilt für 45 min. Kurz vor Ablauf des Tickets erhält der Fahrgast ein Erinnerungs-SMS und kann bei Bedarf das Single- auf ein Dayticket ändern (Mobilcom Austria 2004). Die ÖBB bietet bereits seit 2002 die Möglichkeit an, eine Fahrkarte mit SMS zu bestellen. Das „virtuelle Ticket“ ist ein 18-stelliger Code am Handy-Display, der im Zug in Verbindung mit einem Lichtbildausweis dem/der Schaffner/in gezeigt wird. Der Fahrpreis wird mit der nächsten Handyrechnung bezahlt. In den Niederlanden soll bis 2007 landesweit eine Smartcard, eine elektronische Fahrkarte, eingeführt werden. Basierend auf der Funktechnologie RFID (Radio Frequency Identification) wurde in Rotterdam das öffentliche Verkehrssystem auf Smartcards mit Funkchip umgestellt. Die Smartcards werden an Kassenautomaten aufgeladen und können berührungslos eingelesen werden. Es wird dadurch möglich, mit einer Fahrkarte zwischen Zügen, Straßenbahnen, U-Bahnen und Bussen in den Niederlanden zu wechseln (Der Standard 9.Jänner 2004). Auch in Deutschland ist die elektronische Fahrkarte geplant bzw. in manchen Städten bereits in Betrieb. Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen VBN (Bremer Straßenbahn AG, der BremerhavenBUS und die Verkehr und Wasser GmbH in Oldenburg) führte 2001 erstmals in Deutschland ein flächendeckendes integriertes elektronisches Zahlungssystem auf Basis der GeldKarte ein. Dabei wird die Fahrkarte auf dem Chip der Geldkarte abgespeichert. Alle 400 Fahrzeuge der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) sowie die privaten Vorverkaufsstellen wurden mit entsprechenden Ticketterminals ausgestattet. Anfang 2002 hatten die Kunden bereits 40.000 elektronische Fahrkarten gekauft. Im Jahr 2003 wurde zusätzlich ein elektronisches Monatsticket eingeführt. Derzeit werden rund 10% aller Fahrscheine im Fahrzeug über E-Ticketing gelöst. Im Jahr 2005 wurden zusätzlich 165 Fahrzeuge mit neuen Hard- und 29 Softwarekomponenten ausgestattet, die es ermöglichen, dem Kunden bzw. der Kundin den günstigsten Tagestarif (best price) anzubieten (www.geldkarte.de). In Dresden wird ein drahtloses Ticket-System erprobt. Dabei erkennt das Fahrzeug automatisch11 die Anwesenheit eines Fahrgastes mit E-Ticket, ohne dass dieser eine Bedienungshandlung setzen muss. Die sogenannte ALLFAFahrkarte12 wird beim Betreten des Fahrzeuges aktiviert und beim Verlassen deaktiviert (Be-in/Be-out = BIBO Prinzip), d.h. Einstiegsort, Fahrdauer, Kosten und Ausstiegsort werden automatisch aufgezeichnet.13 Der Fahrgast kann via Internet selbst abrufen, welche Wege er im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt hat (Fuhs 2005). 4.2.1.4 Das Online-Ticket Neben dem E-Ticketing besteht vorwiegend im europäischen Bahnverkehr die Möglichkeit, ein Ticket via Internet, das online-Ticket, zu erwerben. Das Online-Ticket der ÖBB wird gemäß dem im Internet vorgegebenen Ablauf bestellt und mittels Kreditkarte, Vorteilscard mit Zahlungsfunktion oder paybox bezahlt. Als Bestätigung gilt der Internet-Ausdruck in Verbindung mit einem amtlichen Lichtbildausweis. Das EventTicket14 der ÖBB wird z.B. nur im Internet vertrieben und kann nur online gebucht werden. Durch die Einführung des E-Ticketing erwarten sich Verkehrsunternehmen generell zufriedenere und zusätzliche KundInnen, sowie eine Senkung der Betriebskosten durch die Reduzierung von Abwicklungs- und Unterhaltskosten (für Fahrscheindruck, Bargeldhandling, Abrechnung und Logistik). Als Nebeneffekt liefert ein elektronisches Ticketing-System eine ganze Reihe von Daten, da automatisch Fahrgastzahlen mit Quelle und Ziel ermittelt werden (z.B. an welcher Haltestelle wie viele Leute ein- und aussteigen). Diese Daten werden derzeit noch in aufwendigen Fahrgastbefragungen erhoben. 4.2.1.5 Das Projekt TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für den Kunden entwickeln im Öffentlichen Verkehr In Österreich wurde vor allem im Rahmen des fünfjährigen Forschungsprojektes „move- Mobilität und Verkehrstechnologie“ (1999-2003) ein Schwerpunkt auf den öffentlichen Verkehr gelegt. „TAKE-ÖV – Telematik Anwendungen für den Kunden entwickeln im Öffentlichen Verkehr“ hatte zum Ziel Informationsdienste im öffentlichen Verkehr zur Erhöhung des Komforts der Fahrgäste zu entwickeln. Folgende Themen wurden behandelt: ASSIST – Austria Information Service for Travellers Umfasst alle Produkte und Dienstleistungen, die dem Reisenden bzw. der Reisenden auf mobilen oder festen Geräten in allen Phasen der Tür-zu-Tür Reisekette elektronische Informationen über aktuelle Reiseumgebung, -verlauf und –ziel zur Verfügung stellen. 11 In den umgerüsteten Straßenbahnen liegen dazu zwei Access-Antennen auf, die mit dem Ticket der freiwilligen Teilnehmer kommunizieren 12 ALLFA steht für „einfach alles fahren“. 13 Aus Gründen des Datenschutz werden die Daten nicht personenbezogen abgespeichert. 14 Beim Event-Ticket handelt es sich um eine Kooperation zwischen einem Veranstalter (z.B. Konzerte, Fußballmatches) und der ÖBB, wobei die Anreisermäßigung grundsätzlich 30% beträgt. 30 BSI – Betriebliche Systeme und intelligente Infrastruktur Bestehende betriebliche Systeme (z.B. rechnergestützte Betriebsleitsystem) und Telematik-Anwendungen zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs wurden erweitert und ergänzt. ÖVAS – Öffentlicher Verkehr Auskunfts-System Aufbau eines österreichweiten, verkehrsträgerübergreifenden und einheitlichen Auskunftssytems für den öffentlichen Verkehr. Daten sollen integriert und in einem Call Center über eine einheitliche Servicenummer abgefragt werden. ÖV-IV – Schnittstelle zwischen öffentlichem Verkehr und Individualverkehr Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel soll durch unterschiedliche Informations- und Transaktionssysteme (Mobiltelefon, Internet) erleichtert werden. Im Rahmen dieser Themen wurden unter anderem folgende Projekte vom bmvit gefördert: Con.takt Anschlusssicherung mit Bus und Bahn Dem Fahrgast soll ein optimaler Anschluss mit Bus und Bahn ermöglicht werden. Das Pilotprojekt wurde in Vorarlberg gestartet. Über moderne Kommunikationsmittel (Datenfunk/GSM=Global System of Mobile Communication) werden Anschlussicherungen automatisch durchgeführt. Über Fahrgastinformationsbildschirme wird der Fahrgast über etwaige Anschlüsse informiert. Fahrer werden über Verspätungen von Zubringern informiert, mit dem Hinweis, ob er die Anschlusshaltestelle verlassen kann oder nicht (z.B. der Zubringer teilt mit, dass keine Umsteiger im Fahrzeug sind). Make.it – Informationstechnologie im regionalen Nahverkehr Die optimale Kombination von Verkehrskonzept und Informationstechnologie soll die Nutzung des öffentlichen Verkehrs attraktiver machen. Über ein bedarfsgesteuertes Zubringersystem soll dem Fahrgast eine nahtlose Verbindung von Tür zu Tür ermöglicht werden. Dadurch wird auch eine Flächenschließung bei geringer Nachfrage möglich. Die ÖV-Nutzung soll dadurch so einfach und flexibel wie möglich gemacht werden. Dem Fahrgast sollen alle mobilitätsbezogenen Informationen und Dienstleistungen über einen zentralen Ansprechpartner angeboten werden. Der Fahrgast gibt via SMS, e-mail, Internet oder telefonisch einem Call Center Standort und Fahrtziel an. Make.it informiert über Abfahrts- und Ankunftszeit, Kosten, bucht die Fahrkarte und organisiert Zubringertaxis. Bus- und Taxifahrerinnen werden auch über Verspätungen informiert, um den Anschluss auch wirklich zu garantieren. Ursprünglich wurde das System in drei Zentralen gegliedert (Mobilitätszentrale, Verkehrskontrollzentrale und Vermittlungszentrale), wobei das System mittlerweile strukturell geändert wurde. Das gesamte System ist jetzt Webbasiert, so dass die telefonische Buchung und Information von einem beliebigen Call Center übernommen werden können. Die Disposition des Bedarfsverkehrs erfolgt automatisiert. Eine physische Vermittlungszentrale ist daher nicht mehr erforderlich. Im Sommer 2005 wird das Projekt make.it, bevor es in den eigentlichen Probebetrieb geht, von geschulten BeamtInnen noch hinsichtlich seiner Benutzungsfreundlichkeit getestet. BEHA – Bedarfshaltestellen im öffentlichen Kraftfahrlinienverkehr Insbesondere im ländlichen Bereich ist der öffentliche Personenverkehr durch geringes Fahrgastaufkommen unregelmäßig, zeitlich schwer prognostizierbare Nachfrageverteilung und einen hohen Leerfahrtsanteil gekennzeichnet. Durch das Bedarfhaltestellensystem BEHA werden bestehende Bedienungsgebiete im 31 regionalen Kraftfahrlinienverkehr effizienter erschlossen bzw. neue Erschließungsgebiete unter geringeren zusätzlichen Reisezeiten integriert. Für die Abwicklung des laufenden Betriebes sind keine zusätzlichen Humanresourcen notwendig. 5-10 Minuten vor Abfahrt meldet man sich mittels einer Drucktaste an der Haltestelle oder mittels Mobiltelefon oder Internet an. (Beim Anrufsammeltaxi (AST) muss man 45 Minuten vor Fahrbeginn den Abfahrtsort angeben.). Die Nachricht wird an die Rechnerzentrale weitergeleitet, die wiederum automatisch an den entsprechenden Buslenker eine Benachrichtigung auf einem Mobiltelefon hinterläßt. Der/die Busfahrer/in bestätigt mittels Mobiltelephon die Ankunft an der gewünschten Bedarfshaltestelle und etwaige Verspätungen. Diese Daten werden dem Fahrgast weitergeleitet. 4.2.2 Fußgänger- und Radverkehr Generell werden im Fußgänger- und Radverkehr wenig Forschungsgelder aufgebracht, um Telematik auch in diesen Bereichen großflächig anwenden zu können. Im österreichischen Telematikrahmenplan scheinen FußgängerInnen und RadfahrerInnen als Zielgruppe überhaupt nicht auf. Trotzdem gibt es auch bei diesen Fortbewegunsarten einige telematische Anwendungen, die die Teilnahme am Verkehr erleichtern und sicherer gestalten sollen. 4.2.2.1 FußgängerInnen Die wenigen Telematikanwendungen für den Fußgängerverkehr kommen vor allem Kindern, älteren Personen und behinderten Menschen zu Gute. Fußgängerdetektoren sind bei Fußgängerverkehrslichtsignalanlagen während der Grünphase für FußgängerInnen aktiv und erkennen, ob sich noch Personen auf dem Übergang befinden. Ist dies der Fall, wird die Grünzeit für FußgängerInnen entsprechend verlängert. Dies trägt erheblich zur objektiven und subjektiven Sicherheit von FußgängerInnen bei. In Österreich gibt es derzeit noch keine Ampelanlagen, die mit Fußgängerdetektoren ausgestattet sind. In einigen Gemeinden in Deutschland und Schweden sind sie bereits in Verwendung (Altengruber et al. 2004). Tonsignalgeber bei ampelgesteuerten Fußgängerübergängen ermöglichen sehbehinderten Menschen die Grünphase genau zu erkennen. Tonsignalgeber können sich in der Lautstärke dem Umfeldgeräuschpegel anpassen. Nicht der Sicherheit, sondern vorwiegend der Information und besseren Routenplanung dienen Mobiltelefon-Navigationslösungen. Mittels GPS auf Mobiltelephonen können FußgängerInnen durch Eingabe der Zieladresse an den gewünschten Ort geleitet werden. In die Routenberechnungen können auch neueste Verkehrsinformationen einbezogen werden. Seit 2004 gibt es in Österreich Mobiltelefone, die das Display vorlesen und damit die wichtigen Nebenfunktionen, wie SMS, zugänglich machen.15 Zusätzlich wurde von einer kanadischen Firma ein Gerät entwickelt, das geographische Daten vorlesen kann. Der sogenannte „Trekker“ integriert Sprachausgabe in ein GPSNavigationssystem. Es wird um den Hals getragen und soll sehbehinderten Menschen die Orientierung erleichtern (Bichler 2004). Mittels „Trekker“ wird die Umgebung, in der man sich befindet, genau beschrieben (wo sich ein Restaurant, ein Lebensmittelgeschäft, etc., befindet). Derzeit ist das Ziel jedoch nur auf 10m 15 Auch sehbehinderte Menschen können dadurch via SMS mit Freunden kommunizieren, Termine und Telefonnummern aufrufen, etc. 32 Genauigkeit zu erreichen. D.h. für einen blinden Menschen stellt es nach wie vor ein Problem dar, nur mittels GPS-System einen Eingang zu finden. Zusätzlich funktioniert der Trekker nicht in geschlossenen Räumen. Laut Martin Mayerhofer, einem sehbehinderten Computerspezialisten, der das Gerät getestet hat, ersetzt der „Trekker“ daher weder einen Blindenstock noch einen Blindenhund. Es ermöglicht einem blinden Menschen aber, sein Umfeld hinsichtlich Infrastruktureinrichtungen besser kennen zu lernen (Mayerhofer 2005). Der „Trekker von morgen“ soll in ein Smart Phone integriert sein, das die Umgebung beschreiben kann, indem das Gerät noch zusätzlich mit einer Kamera ausgestattet wird. 4.2.2.2 RadfahrerInnen Auch im Bereich des Radverkehrs gibt es einige telematische Anwendungen, die den Fahrkomfort und die Sicherheit erhöhen, oder Informationen zur Verfügung stellen. Bei Smover handelt es sich um ein Fahrrad mit integrierter elektronischer Steuerung. Je nach Tempo wählt die Elektronik den optimalen Gang. Aber nicht nur die Gangschaltung, sondern auch die Federung ist automatisch gesteuert. Bei schnelleren Fahrten wird die Federung automatisch „weicher“, damit Unebenheiten abgefangen werden können. Auch für den/die Radfahrer/in werden sogenannte Routenplaner in manchen Städten und Regionen via Internet angeboten. So gibt es für München den der es Radlstadtplan (dream.lrrl.arch.tu-muenchen.de/perl/radlstadtplan), ermöglicht, die beste Route vor der Fahrt für unterschiedliche Radfahrtypen (RadfahrerInnen, die den direkten Weg bevorzugen, RadfahrerInnen, die sich sicherer am Radweg fühlen, etc.) zu erfragen. Bei der Routenerstellung kann sogar die bevorzugte Durchschnittsgeschwindigkeit eingegeben werden. Auch für Berlin gibt es einen Routenplaner (BBBike; www.radzeit.de): Wer in ganz Deutschland mit dem Rad unterwegs sein will, dem steht ebenfalls ein Routenplaner zur Verfügung (rad-index.de). In Wien besteht ebenfalls die Möglichkeit, seinen persönlichen Routenplan zu erstellen. Es wird dabei aber darauf hingewiesen, dass aus technischen Gründen die Routensuche nicht vollständig ist (service.wien.gv.at/wien-grafik). Außerdem kann die Suche nicht nach bestimmten Kriterien eingeschränkt werden (z.B. eher Radwege erwünscht oder schnellste Verbindung bevorzugt). Weiters gibt es noch die Möglichkeit einer Satellitennavigation mittels GPSEmpfänger im Mobiltelefon-Format. Dabei wird die Route am PC erstellt und auf Display mit Kartenfunktion navigiert. Auf diese Weise ist es möglich, auch während der Fahrt die Route mittels Mobiltelefon abzurufen. Bis jetzt gibt es jedoch nur eine einzige Internetseite, die Routen zum Herunterlanden anbietet (www.gps-world.net). 33 4.3 Flotten und Frachtenmanagement Telematikanwendungen zum Management von Flotten und Frachten haben neben einer Erhöhung der Verkehrssicherheit und einer Optimierung der Warenzustellung vor allem das Ziel, die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Transitverkehr zu reduzieren. Zwischen 1990 und 1999 betrug die Zunahme des Verkehrs auf den europäischen Autobahnen 3,85% pro Jahr bei schweren Nutzfahrzeugen. Gegenwärtig macht der internationale Güterverkehr in großen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien über 30% des Autobahnverkehrs aus, in kleineren Ländern sogar bis zu 60 % (Europäische Kommission 2000). Durch eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene einerseits, und andererseits durch kürzere Wartezeiten für den Güterverkehr (z.B. durch Dosierungssysteme in Tunnels, durch neue Mautabrechnungssysteme), durch das Vermeiden von Verkehrszusammenbrüchen (z.B. durch gezielte Verkehrsinformation und besserer Routenwahl), durch eine verbesserte Logistik etc., soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Telematiksysteme im Flotten und Frachtenmanagement werden im folgenden hinsichtlich des Lkw-Verkehrs kurz besprochen. 4.3.1 Verkehrslenkung16 Die Verkehrslenkung im Güterverkehr ist vor allem an wichtigen Verkehrspunkten (z.B. Tunnel oder Mautstellen) von Bedeutung. Vor allem in der Schweiz gibt es einige Dosiersysteme, die eine Staubildung in Tunnels vermeiden sollen. Im Gotthardtunnel wurde ein „Tropfenzählersystem“ eingeführt, das eine Feindosierung der Lastwagen anordnet. Auf diese Weise werden lediglich 60 bis 150 Lkw/Stunde in Abhängigkeit der Pkw-Verkehrsmenge durch geschleusst. Zusätzlich soll ein Reservationssystem eingerichtet werden (nach den gleichen Prinzipien wie bei Fähren, Flugzeugen und Hochgeschwindigkeitszügen). Dieses System soll dazu dienen, die Überlastung der Transitachsen durch wartende Fahrzeuge abzubauen und den Transporteuren eine verlässlich planbare Fahrt zu erlauben, indem eine Durchfahrt durch einen Tunnel für einen bestimmten Tag und einen bestimmen Zeitabschnitt im voraus gebucht werden kann (Rapp 2003). 4.3.2 Gebühreneinhebung - Lkw-Maut Mauterhebung gibt es in vielen europäischen Staaten. So wurde eine Lkw-Maut in Deutschland im Jänner 2005 eingeführt und in der Schweiz ist bereits seit Anfang 2001 für LKW die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) fällig. In Österreich wurde im Jänner 2004 die Gebührenpflicht für alle Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, auf allen österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen eingeführt.17 4.3.2.1 Toll Collect Seit Jänner 2005 ist, wie bereits erwähnt, in Deutschland nach einer langen Anlaufphase ein neuartiges Mautsystem in Betrieb. Das von Toll Collect18 entwickel- 16 Siehe auch Kapitel 4.1.1 und 4.1.2 17 Siehe Kapitel 4.3.2.2 34 te Mautsystem berechnet und erhebt die Gebühren nach der Nutzung von kilometergenauen Autobahnstreckenabschnitten. Das satellitengestützte FreeflowSystem soll ermöglichen, dass der Verkehrsfluss auf der Autobahn während der Mauterhebung nicht behindert wird. Das Toll Collect System erfordert weder Geschwindigkeitsbegrenzungen, noch ein Anhalten der Fahrzeuge oder eine Bindung an vorgeschriebene Fahrstreifen. Die Einbuchung kann automatisch – als Kombination von Mobilfunktechnologie (GSM) und Satellitenortungssystem GPS -, manuell oder via Internet erfolgen. Voraussetzung für die Teilnahme an der automatischen Einbuchung ist die Registrierung des Transportunternehmens und seiner mautpflichtigen Fahrzeuge bei Toll Collect (siehe www.toll-collect.de). Durch einfache Software-Updates ist es möglich, die Maut auf PKWs auszuweiten. Solche Pläne sind von der EU bereits angedacht. Ab 2010/2012 ist ein europaweites satellitengestütztes Mautsystem auf Basis des europäischen GALILEO-Ortungssystems vorgesehen. 4.3.2.2 Go – Mautsystem für Lkw und Busse In Österreich gibt es seit Jänner 2004 ein elektronisches Mautsystem für Fahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen (Lkw, Autobusse und Wohnmobile). Die österreichische Maut wird auf Basis eines Transponder-Systems abgerechnet. Hinter die Windschutzscheibe jedes Lastwagens muss eine so genannte Go-Box installiert werden. Diese kommuniziert mit entsprechenden Gegenstellen entlang der Autobahnen. Die Go-Box kann bei verschiedenen Werkstätten und Tankstellen (auch in Deutschland, Italien und Slowenien) eingebaut werden. Während bei PKW für die Nutzung des hochrangigen Straßennetzes (Autobahnen und Schnellstraßen) weiterhin Pauschalbeträge eingehoben werden, zahlen die HalterInnen schwerer Fahrzeuge nun ab 13 Cent netto pro Kilometer. Ein Ausdehnung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen wird derzeit in Österreich diskutiert (www.go-maut.at).19 4.3.3 Verkehrsinformation/Logistik Im Güterverkehr können hinsichtlich der Navigation (Routenwahl) und der Verkehrsinformation ähnliche Dienste wie im Individualverkehr in Anspruch genommen werden. Als Serviceleistung für den Kunden bzw. die Kundin kann das Tracing and Trackingsystem angesehen werden. Das System macht Sendungen von Produkten durch die ganze Logistikkette transparent. Die Sendung kann anhand verschiedener Kriterien verfolgt werden (z.B. Rechnungsnummer, Versenderreferenz, Empfängerreferenz, Bestellnummer etc.). 18 An dem deutschen Betreiberkonsortium sind neben der Deutschen DaimlerChrysler Chart (45%) und die französische Cofiroute (10 %) beteiligt. 19 Telekom Chart (45%) auch Laut Arbeiterkammer Wien ist es durch die Einführung der streckenabhängigen Lkw-Maut in Österreich zwar zu einem minimalen Anstieg der Verbraucherpreise gekommen, von einzelnen Unternehmen (z.B. Post, Molkereien, Holzverarbeiter) sei die Einführung der Maut aber nur als willkommene Ausrede für „Preistreiberei“ benutzt worden (www.wien.arbeiterkammer.at). 35 Zusätzlich gibt es im Flottenmanagement verschiedene telematische Systeme, die zur Überwachung der Fahrzeuge dienen. Eine Fahrzeugüberwachung des Autos ermöglicht es, beim Auftreten von Schwierigkeiten Probleme zu orten. Man unterscheidet zwei Untergruppen: Statusüberwachung des Fahrzeuges und Fahrzeugdiagnostik. Die Statusüberwachung des Fahrzeuges geschieht über einen Tachographen (Datenschreibgerät), wobei folgende Daten überwacht werden: ü Fahreraktivitäten (z.B. macht der/die Fahrerin eine Pause oder arbeitet er/sie) ü Fahrerstand (EinzelfahrerIn oder mit BeifahrerIn) ü Erfassen von Orten, an denen die täglichen Arbeitsperioden beginnen oder enden (Land und Gebiet) ü Absperrmöglichkeit von firmenrelevanten Daten Die Fahrzeugdiagnostik wird durch viele sicherheitsrelevante Funktionen ergänzt. Sowohl Diagnosedaten zu Motor, Getriebe und Bremssystem als auch Daten für Spezialaufbauten (z.B. Ölverbrauch, Hydraulikanlage) können erfasst, weitergeleitet und überwacht werden. Die Auslastung und der Wartungszustand aller Flottenfahrzeuge können so weltweit überprüft werden. 4.4 Zusammenfassung Es gibt ein Fülle von Telematiksystemen im Verkehr. In dieser Arbeit wurden drei große Anwendungsgebiet unterschieden: Management des motorisierten Individualverkehrs, Management des öffentlichen Verkehrs und schwächerer VerkehrsteilnehmerInnen und Flotten- und Frachtenmanagement. Der motorisierte Individualverkehr wird telematisch durch kollektive und individuelle Systeme gemanagt. Kollektive Verkehrsbeeinflussungssysteme haben nicht nur informativen, empfehlenden oder warnenden Charakter, sondern sind oft verbindlicher Natur. Systeme wie Verkehrsbeeinflussungsanlagen, Warnanlagen, etc. sollen primär den Verkehrsfluss erhalten und dadurch auch die Sicherheit gewährleisten. Individuelle Verkehrsbeeinflussungssysteme werden in Informations- und Assistenzsysteme eingeteilt. Sie sind nicht verbindlich. Die Nutzung beruht auf freiwilliger Inanspruchnahme. Diese Systeme sollen generell das Risiko von Unfällen minimieren, den Fahrer bzw. die Fahrerin entlasten und ihm dabei helfen das Fahrzeug optimal zu lenken. Informationssysteme greifen im Gegensatz zu Assistenzsystemen kaum direkt in den Verkehrsablauf ein. Bei den Informationssystemen gibt es Navigationssysteme, Reiseund Verkehrsinformationsdienste und Komfortund Infotainmentsysteme. Assistenzsysteme werden eingeteilt in lateral control, longitudinal control, Umkehr- und Einparkhilfe, Vision enhancement, Fahrerüberwachung und Precrash Systeme. Sowohl bei den Informationssystemen als auch bei den Assistenzsystemen werden ständig neue Produkte entwickelt. Auch zur Abwicklung von Gebühreneinhebung (Maut, Parkgebühren, etc.) gibt es eine Reihe von telematischen Systemen, die den Zahlungsvorgang schnell, reibungslos und so einfach wie möglich gestalten sollen. Im öffentlichen Verkehr dienen telematische Einrichtungen primär zur Attraktivierung dieser Fortbewegungsmöglichkeit. Es gibt eine große Anzahl von Systemen, die den Verkehrsablauf (Betriebsleitsysteme, Automatische 36 Ampelsteuerungen, Störungsmanagement, etc.) beschleunigen und so eine höhere Intervalldichte, zuverlässigere Abfahrtszeiten, etc. ermöglichen. Etliche Dienste (z.B. elektronische Fahrplanauskunft, elektronisches Ticketing, etc.) bieten die Gelegenheit, auf einfache Art zu Informationen zu gelangen und Fahrkarten einzukaufen (via Internet, via Mobiltelefon, etc.). Telematik im Fußgänger und Radverkehr spielt derzeit noch eine untergeordnetet Rolle. Aber auch hier gibt es bereits Systeme, die Sicherheit und Komfort der FußgängerInnen und RadfahrerInnen erhöhen können (z.B. Fußgängerdektoren, Tonsignalgeber oder Routenplaner). Im Flotten- und Frachtenmanagement wird Telematik vorwiegend zur schnelleren, übersichtlicheren, kundenfreundlicheren Abwicklung der Warenzustellung verwendet (z.B. Tracing and Tracking). Hierbei soll vor allem die Belastung von Bevölkerung und Umwelt durch den Transitverkehr reduziert werden. 37 5 Verkehrstelematik aus psychologischer sozialwissenschaftlicher Sicht und Die hohen Erwartungen, die an den Einsatz von Telematik im Verkehr geknüpft sind (Erhöhung der Verkehrssicherheit, ökologische Entlastung oder Effizienzsteigerung des Verkehrssystems durch bessere Ausnutzung vorhandener Infrastruktur), sind aus psychologischer und sozialwissenschaftlicher Sicht differenzierter zu betrachten. Verkehr ist ein komplexes dynamisches System, das durch den Einsatz von Telematik unter Umständen noch komplexer und für den einzelnen Menschen immer weniger durchschaubar werden wird. Es ist ein sozio-technisches System, das aus einer Summe von menschlichen Einzelentscheidungen und Einzelhandlungen unter gegebenen raum-zeitlichen Voraussetzungen entsteht. Das sozio-technische Verkehrssystem besteht aus: • einer Vielzahl von Individuen, die sich durch Einstellungen, Werte (z.B. wie geht man mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen um, Rücksichtnahme), physische Merkmale (z.B. Alter, Geschlecht), ihre körperliche oder seelische Verfassung (Behinderungen, Gefühl der Trauer, Fröhlichkeit, etc.) und vieles mehr unterscheiden • Begegnungen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen, mit denen man kommuniziert und interagiert, Konflikte austrägt, etc. (Verkehrsklima) • vorhandenen Strukturen in der Gesellschaft aus Gesetzen, Regeln und Normen (z.B. wie wird Geschwindigkeit in der Gesellschaft bewertet; welchen Stellenwert haben unterschiedliche Fortbewegungsarten in der Gesellschaft, etc.) • Infrastruktur für die unterschiedlichen Verkehrsträger • den unterschiedlichen Verkehrsmitteln Fahrrad, Auto, Bus, Straßenbahn, U-Bahn, Eigenschaften etc., und deren All diese Faktoren stehen in Wechselbeziehung zueinander und beeinflussen das Verhalten im Verkehr. Abbildung 3 veranschaulicht diese Wechselbeziehung. 38 Abb. 3: Das Verkehrssystem Individuum Kommunikation / Interaktionen Verkehrsmittel Gesellschaft/ Strukturen Infrastruktur Quelle: Risser 2004 Der vermehrte Einsatz von telematischen Einrichtungen im Verkehr wird das Verkehrssystem bzw. das Verhalten der einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen wesentlich beeinflussen. In welche Richtung sich das menschliche Verhalten verändern wird, ist jedoch nur bedingt vorhersehbar. Der Mensch agiert nicht wie ein Roboter, der aufgrund eines Reizes xy (z.B. Warnung, dass man zu schnell fährt) nur die Handlung z (z.B. man muss langsamer fahren) setzt. Bei einem Menschen kann ein und derselbe Reiz in unterschiedlichen Situationen xbeliebige Reaktionen zur Folge haben (z.B. manchmal wird man die Warnung beachten, dann hat man es wieder eilig und fährt trotzdem schneller, oder man kann keinen Grund für die Wahl einer niedrigen Geschwindigkeit ausmachen, etc.). Es ist jedoch schwer, dieses Phänomen empirisch ausreichend vor der Implementierung eines neuen Systems zu analysieren. Sogar nach der Implementierung dauert es oft Jahre, bis bestimmte Effekte eines neuen Systems spürbar sind. 5.1 Akzeptanz von Systemen Voraussetzung und Grundlage der Nutzung einer Innovation ist Akzeptanz. Akzeptanz kann im Hinblick auf telematische Einrichtungen definiert werden, als ein Maß, welches angibt, inwieweit potentielle NutzerInnen bereit sind, ein neues System auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Die Akzeptanz eines Systems wird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteil durch die Verwendung eines Systems entsteht. Der Nutzen eines Systems wird durch den Verkehrsteilnehmer bzw. die Verkehrsteilnehmerin subjektiv bewertet. Die technischen Möglichkeiten dürfen daher nicht losgelöst von den relevanten zukünftigen Nutzergruppen gesehen werden, im Gegenteil: die „Nutzenidee“ muss über der technologischen Innovationsidee stehen. Denn hohe Erwartungen, die an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft werden, werden sich nur 39 dann erfüllen, wenn eine Mindestanzahl von VerkehrsteilnehmerInnen einen Nutzen in einem neuen System erkennen kann. Bezogen auf das Individuum wird analytisch differenziert nach Einstellungs- bzw. Verhaltensakzeptanz. Unter Einstellungsakzeptanz versteht man die gefühlsmäßige und kognitive Annahme einer Innovation. Die Verhaltensakzeptanz zeigt sich in Form beobachtbaren Verhaltens, wie z.B. Kauf (Franken & Lenz 2004). Degenhardt (1986) hat ein Akzeptanzmodell entwickelt, in dem er davon ausgeht, dass die wahrnehmbare bzw. wahrgenommene Nützlichkeit eines Systems den Schlüssel zur Akzeptanz einer Innovation darstellt. Eine Innovation wird nur dann als nützlich wahrgenommen, wenn der potentielle Nutzer bzw. die Nutzerin die angebotenen Funktionen für die in seinem Lebenszusammenhang auftretenden Aufgabenstellungen lohnend einsetzen kann. („Lohnend“ kann auch bedeuten, dass etwas Spaß macht, wie z.B. Spiele; d.h., Telematik, die den Spaß am Autofahren erhöht, ist auch „lohnend“). Abb. 4: Akzeptanzmodell nach Degenhardt Systemkonfiguration: Aufgabenkompatibilität Benutzerfreundlichkeit Erlernbarkeit Aufgabencharakteristika: Wichtigkeit Häufigkeit Erledigungsalternativen Benutzermerkmale: Fähigkeiten, Fertigkeiten Motivationale Variablen Soziales Umfeld Wahrgenommene Nützlichkeit des Systems Subjektive Abschätzung von Kosten vs. Nutzen Akzeptierbarkeit Individuelle Akzeptanz der Innovation Quelle: Franken & Lenz 2004 Unter Systemkonfiguration werden technische und gestalterische Anforderungen an eine Innovation verstanden: Welche Art von Gerät soll verwendet werden? Wie leicht ist es zu bedienen und zu erlernen? etc. Die Aufgabencharakteristika beschreiben die Funktion von Systemen z.B. bei Verkehrsinformationsdiensten: wann sind für wen, wo und wie oft welche Informationen wichtig. 40 Unter Benutzermerkmale fallen soziodemographische und sozioökonomische Aspekte, grundsätzliche Technikaffinitäten des potentiellen Nutzers bzw. Nutzerin, prinzipielle Mobilität (Verkehrsmittelwahl, Fahrzeugverfügbarkeit, etc.), allgemeine Präferenzen des Nutzers bzw. der Nutzerin hinsichtlich seiner Mobilität, seines Umganges mit Technologien, etc.. Über Systemkonfiguration, Aufgabencharakteristik und Benutzermerkmale kommt es zur wahrgenommen Nützlichkeit des Systems, zur subjektiven Abschätzung von Kosten20 und Nutzen. Aus der Summe der Gründe für die Annahme bzw. Ablehnung eines Systems ergibt sich die Akzeptierbarkeit. Aus ihr resultiert die individuelle Akzeptanz der Innovation, die schließlich in die tatsächliche Nutzung münden kann, allerdings nicht zwangsläufig münden muss. Dieses Akzeptanzmodell veranschaulicht sehr gut die Komplexität eines Akzeptanzprozesses. Gleichzeitig unterstreicht es, dass bei der Entwicklung eines neuen Systems nicht der objektive Nutzen ausschlaggebend ist, sondern dass die subjektive Sichtweise des potentielle Nutzers von Relevanz für die Akzeptanz ist. Für eine umfassende Akzeptanzforschung ist daher eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden unumgänglich.21 5.2 Der motorisierte Individualverkehr - Verhaltensanpassung Der Straßenverkehr hat in den Industriegesellschaften derzeit die größte soziale und ökonomische Bedeutung. Er läuft gleichzeitig am wenigsten harmonisch und geordnet ab und birgt daher große Optimierungspotentiale. Die einzelnen Akteure und Akteurinnen, die aktiv als individuelle Entscheidungsträger am Verkehrsgeschehen mitwirken, sind nicht an einen gemeinsamen Zeitplan gebunden, das dichte Netz von Fahrwegen lässt nahezu jede beliebige Routenwahl zu. Es eröffnet sich daher ein breites Anwendungsfeld für Verkehrstelematik, und die Erwartungen an die neuen Technologien sind entsprechend hoch. Aber gerade im Straßenverkehr muss man sich auch der Risiken, die sich durch einen vermehrten Einsatz von Telematik ergeben, bewusst werden. 5.2.1.1 Unerwünschte Nebeneffekte Verhaltensanpassung von Telematik im Verkehr – Wie bereits erwähnt, verhält sich das menschliche Wesen nicht wie ein Roboter, dem man Handlungsanweisungen eingeben kann, mit dem Wissen, dass sie genauso ausgeführt werden. Vielmehr zeigt es sich gerade im Straßenverkehr, dass z.B. Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit nicht immer zum tatsächlich erwarteten Sicherheitsgewinn führen. Dies lässt sich sozialwissenschaftlich durch das Phänomen der Verhaltensanpassung erklären (siehe z.B. Risser & Chaloupka 1993). Unter Verhaltensanpassung versteht man in der Verkehrssicherheitsforschung unerwartete, nicht beabsichtige Verhaltensveränderungen, die in der Folge der Änderung des Verkehrssystems entstehen. Die Verhaltensänderungen können entweder sofort einsetzen, oder aber erst nach einer längeren Zeit (OECD 1990). 20 Bei der Einschätzung der Kosten ist nicht nur der monetäre Aspekt zu beachten, sondern z.B. auch Zeit- und Komfortgewinne bzw. –verluste. 21 Siehe auch Kapitel 5.4 41 Die Verhaltensanpassung kann sich auf unterschiedliche Aspekte des Fahrens beziehen, z.B. bei einer Änderung der Geschwindigkeit, im Abstandhalten, im Aufmerksamkeitslevel eines Fahrers bzw. einer Fahrerin, etc.. Sie kann sowohl negativer, als auch neutraler oder positiver Natur sein. Folgende Phänomen fallen unter Verhaltensanpassung: • Risikokompensation Eine Maßnahme, die eine Erhöhung des eigenen Sicherheitsgefühls bewirkt, zieht oft ein weniger vorsichtiges Verhalten nach sich. D.h., mögliche objektive Sicherheitsgewinne werden teilweise oder zur Gänze kompensiert oder sogar überkompensiert. Menschen tendieren nämlich dazu, sich weniger um- bzw. vorsichtig zu verhalten, je höher die physische und soziale Sicherheit in der Umgebung empfunden wird. Vor allem eine dauernde kognitive Präsenz einer sicherheitsfördernden Maßnahme bewirkt ein höheres subjektives Sicherheitsgefühl (psychische Repräsentanz): Eine Verhaltensadaptation tritt am häufigsten dann auf, wenn sich der/die Lenker/in einer für die verbesserte Sicherheit gedachten Ausrüstung immer bewußt ist (Wilde 1989). • Delegierung der Verantwortung Technische Einrichtungen, die das Gefühl vermitteln, dass eine „übergeordnete Instanz“ schwierige Situationen zu meistern scheint, führen oft dazu, dass man weniger Verantwortungsgefühl für die eigenen Handlungen und das Geschehen um sich herum empfindet. Je mehr man sich daran gewöhnt, dass die Verantwortung für die Sicherheit nicht bei einem selbst liegt, desto schwieriger wird es, bei Systemversagen selbst noch richtig zu reagieren. Eine Vielzahl von VerkehrsteilnehmerInnen versteht sich selbst nicht als einen wichtigen Teil des Systems Straßenverkehr und ist sich nicht bewusst, dass sie einen wichtigen Einfluss auf das Geschehen im Straßenverkehr haben. Das ist schon seit langem bekannt (siehe z.B. Biehl et al. 1970, Getas 1974). Diese Tendenz wird durch telematische Einrichtungen eher gefördert. • Imitation Die stärkste Kraft bei unserer Sozialisierung ist die Imitation, das Lernen am Modell der anderen Menschen. Die Gefahr besteht darin, dass neue Verhaltensweisen imitiert werden, ohne noch ausreichend beherrscht zu werden, bzw. dass LenkerInnen ohne Ausrüstung LenkerInnen von ausgerüsteten Fahrzeugen imitieren (z.B. Fahren mit höheren Geschwindigkeiten, obwohl man über kein ISA-System verfügt). • Mehrdeutigkeit von Signalen Signale im Straßenverkehr sind oft nicht eindeutig. Neue Technologien tragen zur Vermehrung der Komplexität der Verkehrswelt bei. Je komplexer ein System ist, desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen und entsprechenden Folgen für das Verhalten. • Verhaltenstransfer/Verhaltensgeneralisierung Menschen neigen dazu, erprobte Verhaltensweisen auf andere Lebensbereiche zu übertragen (z.B. Geschwindigkeiten, an die man sich auf der Autobahn gewöhnt hat, nimmt man in das untergeordnete Straßennetz mit, ohne sich einer Gefahr bewusst zu sein, siehe z.B. Chaloupka et al. 1991). Viele verkehrstelematische Einrichtungen dienen aber der Beschleunigung des Verkehrs. Theoretisch könnte eine Dynamisierung des gesamten Systems dadurch gefördert werden. • Kommunikation Viele Entwicklungen im Straßenverkehr führen dazu, dass die interpersonelle Kommunikation reduziert wird. Accessoires, die den Autoinsassen von der Au42 ßenwelt unabhängiger machen (Routenplaner, Internetzugang im Auto, TMC, etc.), reduzieren potentiell die Möglichkeit der sozialen Kommunikation. Ohne interpersonelle Kommunikation kann ein individuelles Verkehrssystem (=Individualverkehr) aber nicht funktionieren. Die folgende Abbildung 5 gibt einen Überblick über unbeabsichtigte Nebeneffekte verkehrstelematischer Systeme. Abb. 5: Unbeabsichtigte Nebeneffekte verkehrstelematischer Systeme Unaufmerksa mkeit Delegierung der Verantwortung System wird nicht benützt oder abgeschaltet Akzeptanz NichtAkzeptanz Erhöhte Risikobereitschaft Verhalten funktioniert nur mit dem System → Gefahrensituation Kontrollverlust negativ Geringere Sensibilität für Gefahren Erhöhtes (subjektives) Sicherheitsgef ühl System Imitation positiv Fehleinschätzung des Systems Mehr Sicherheit für alle Veränderte Kommunikation Ausschluss bestimmter Personengruppen von der Verwendung des Systems Fehlerhafte Generalisierung Verlernen bestimmter Fähigkeiten Fehlfunktion des Systems (z.B. falsche Informationen) Ausfall des Systems Fehlerhafte Anwendung durch fehlende, mangelhafte oder nicht zielgruppengerechte Symbolik, vor und bei der Nutzung des Systems Quelle: Altengruber et al. 2004 43 Im Zusammenhang mit den Auswirkungen von neuen Technologien auf das Verkehrsverhalten ist es noch wichtig, sich bewusst zu machen, wie das Verhalten im Verkehr entsteht und geformt wird. Hierbei gibt es drei Lernmechanismen, die man berücksichtigen sollte (Risser et al. 2005): Konsequenzen eines Verhaltens Die Wahl eines bestimmten Verhaltens in bestimmten Situationen hängt zum größten Teil von den erwarteten Konsequenzen ab. Wenn ein bestimmtes Verhalten positive Konsequenz gebracht hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man dieses Verhalten wiederholt. Im Verkehr hat gesetzwidriges oder gefährliches Verhalten (z.B. Falschparken, das Fahren mit hoher Geschwindigkeit) oft keine negative Konsequenzen. Im Gegenteil, oft hat es sogar eher positive Konsequenzen. Man wird z.B. als cool angesehen, weil man schnell fährt; das Fahren mit hoher Geschwindigkeit gilt nach wie vor als Kavaliersdelikt. Solange hohe Geschwindigkeiten positiv besetzt sind, wird man weiter schnell fahren. Soziales Feedback Die wichtigste Form der Verhaltenskonsequenz ist das soziale Feedback. Im Straßenverkehr ist ein soziales Feedback jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Die verbale Kommunikation ist auf ein Minimum beschränkt. Für gewöhnlich greift man auf die Zeichensprache zurück. Aber auch dann hat man sich nicht wirklich vor sozialem Feedback zu fürchten, da Begegnungen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen sehr kurz sind. D.h., es wird beim Autofahren oft ignoriert, was andere denken und „sagen“. Viele AutofahrerInnen „vergessen“ daher beim Autofahren, die Anderen "sozial wahrzunehmen", bzw. Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse und Interessen anderer VerkehrsteilnehmerInnen. Generalisierung eines Verhaltens Im Laufe des Lernprozesses lernt man, sich in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich zu verhalten. Gleichzeitig werden ähnliche Situationen zu Situationstypen zusammengefasst, die gleiche Reaktionen erlauben = Generalisierung. Die Generalisierung eines Verhaltens kann jedoch Probleme verursachen, z.B. wenn eine Fahrer/in es sich allgemein zum Prinzip macht, dass Schnellfahren keine Probleme verursacht. Verhaltenskonsequenzen bzw. soziales Feedback, welche dem/der Fahrer/in helfen würde, besser zu differenzieren, fehlen im Verkehr meist. Es ist daher wichtig, bei der Einführung neuer Technologien herauszufinden, in welcher Weise das System das Lernen, das soziale Feedback und die Verhaltensgeneralisierung beeinflusst. Damit kann man etwaigen negativen Folgen mit entsprechenden Maßnahmen vorbeugen. 5.2.1.2 Die Mensch-Maschinen-Schnittstelle22 Der Mensch-Maschine-Schnittstelle, oder auch Mensch-Maschine-Interaktion, ist bei der Entwicklung neuer Technologien besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Gerade in diesem Bereich ist es erforderlich, nicht nur TechnikerInnen, sondern ExpertInnen anderer Disziplinen (PsychologInnen, SoziologInnen, etc.) einzubeziehen. In der Literatur gibt es unterschiedliche Meinungen über die Definition der Mensch-Maschine-Schnittstelle. Einige verstehen darunter lediglich 22 Im Englischen Human Machine Interface (HMI) 44 die Berührungsfläche, die einen Informationsaustausch zwischen dem Menschen und der Maschine ermöglicht. In sozialwissenschaftlicher Hinsicht wird die Mensch-Maschine-Schnittstelle bzw. Interaktion weiter gesehen. Sie beinhaltet einerseits die Elemente, die für Informationsaustausch bzw. Informationsabruf notwendig sind (Bildschirme, akustische Signale23) und andererseits den "Interventionsgrad", also die Art, in welcher das System in das Fahrverhalten eingreift.24 In Bezug auf die Sicherheit müssen bei der Mensch-Maschine-Schnittstelle folgende Fragen abgeklärt werden (siehe www.doku.net/artikeleugrundsat.htm): • Wie müssen Informations- und Assistenzsysteme gestaltet und angeordnet werden, damit die Nutzung mit der Lenkung des Fahrzeugs auch vereinbar ist? • Wie müssen Informationen dargestellt werden und abrufbar sein, damit der/die Fahrer/in in seiner Aufmerksamkeit gegenüber dem Verkehrsgeschehen auf der Strasse nicht abgelenkt wird, vor allem auch die Interaktion und Kommunikation mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen nicht beeinträchtigt wird? • Wie kann die Interaktion mit dem System so gestaltet werden, dass der/die Fahrer/in unter allen Umständen die Kontrolle über das Fahrzeug behält, sich nicht gestresst fühlt, dem System nicht blind vertraut, um auch auf unerwartete Ereignisse jederzeit sicher reagieren zu können? 5.2.2 Individuelle Verkehrsbeeinflussung – Informations- und Assistenzsysteme Schon allein die Fülle der am Markt befindlichen Systeme zur individuellen Verkehrsbeeinflussung unterstreicht die vielen Möglichkeiten - Chancen aber auch Risiken -, die sich durch die Einführung neuer Systeme ergeben. Die neuen Technologien beziehen die Umwelt (Fahrzeug, Verkehrsinfrastruktur, andere StraßenbenutzerInnen) viel stärker in die Interaktion des Fahrers bzw. der Fahrerin ein, indem Informationen über die Umwelt vermittelt werden. Telematische Einrichtungen im Auto verändern definitiv die gewohnten Fahrbedingungen und auch das Fahrverhalten und zwar bezogen auf die folgenden Punkte (siehe dazu z.B. OECD 1990, Evans 1985): • die Aufmerksamkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin: Aufmerksamkeit wird aufgeteilt auf das neue System und auf tatsächliche Blickfeld des Fahrers bzw. der Fahrerin; Änderungen Fahrstrategien, Delegieren von Verantwortung an das System, können die Folge sein • die Interaktion des Lenkers bzw. der Lenkerin mit den anderen VerkehrsteilnehmerInnen: Welche Auswirkung hat ein geändertes Verhalten auf die anderen VerkehrsteilnehmerInnen, wie wird das Verhalten des „assistierenden“ Lenkers bzw. der „assisitierenden“ LenkerIn von den anderen VerkehrsteilnehmerInnen interpretiert; Gefahr der Imitation 23 In Zukunft werden auch der Tast- und Geruchssinn berücksichtigt werden. 24 Siehe Kapitel 4.1.2 45 die das von etc. • die allgemeinen Verkehrsbedingungen: Veränderungen Geschwindigkeit, Stabilität des Verkehrsflusses, etc. in der Es ist wichtig, die Art der Veränderung, bzw. die Richtung in die sie gehen kann, zu bestimmen, da dies einen entscheidenden Einfluss auf die Verkehrscharakteristiken haben wird. Vor allem die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit sind gründlich zu untersuchen, bevor ein System generell zugelassen wird. 25 Hinsichtlich der Verkehrssicherheit sind drei Bereiche von Relevanz. Innerhalb dieser Bereiche gibt es eine Fülle von Aspekten, die berücksichtigt werden müssen: • Systemsicherheit In diesem Bereich sind vor allem TechnikerInnen gefragt ein sinnvolles, sicheres, zuverlässliches, gut funktionierendes nicht fehleranfälliges System zu kreieren. • Sicherheit der Mensch-Maschine-Schnittstelle In diesem Bereich müssen Fragen der Ergonomie, der Leichtigkeit der Bedienung, etc. abgeklärt werden26, die sicherheitsrelevant sein können. Hier sind ExpertInnen verschiedener Disziplinen in die Entwicklung zu involvieren (TechnikerInnen, PsychologInnen, SoziologInnen, etc.). • Verkehrssicherheit in der Praxis (wenn die neue Technologie von „normalen“ AutofahrerInnen in der Praxis, d.h. im sozio-technischen Verkehrssystem, verwendet wird) Hier geht es um die Klärung vieler grundsätzlicher psychologischer und sozialwissenschaftlicher Fragen: ü Fragen der Wahrnehmung, Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit und Konzentration bzw. Ablenkung von der physischen und sozialen Umwelt (z.B. In welcher Weise wird die Kommunikation zwischen den VerkehrsteilnehmerInnen beeinflusst) ü Fragen der Relevanz von Informationen: Was machen NutzerInnen mit den Informationen? Werden sie berücksichtigt und wenn ja, wie? Wie kann der richtige Grad an Verständlichkeit, Aufnahmefähigkeit und Wichtigkeit gefunden werden? ü Fragen der Anpassung an die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen:. Ist man sich der Bedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen bewusst? z.B. junge Leute, erfahrene/unerfahrene LenkerInnen, ältere Menschen ü Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf andere VerkehrsteilnehmerInnen. Hat eine bestimmte Ausrüstung einen Einfluss z.B. auf FußgängerInnen? Werden schwächere VerkehrsteilnehmerInnen adäquat bei der Entwicklung von telematischen Systemen berücksichtigt? 25 Siehe Kapitel 5.4 26 Siehe auch Kapitel 5.2.1.2 46 5.2.2.1 Verhaltensanpassung am Beispiel der Nutzung von Navigationssystemen und Mobiltelefonen Die Intervention bei Informationssystemen beschränkt sich auf Information, Empfehlung und Warnung, d.h. in der Regel greift das System nicht selbst in die Fahrweise des Lenkers bzw. der Lenkerin ein. Akzeptanzprobleme wird es daher nur eingeschränkt geben. Ein grundsätzliches Problem bei Informationssystemen stellt die negative Auswirkung auf das Situationsbewusstsein dar. Endsley (1988) definiert Situationsbewusstsein als „ the perception of the elements in the environment within a volume of time and space, the comprehension of their meaning and the projection of their meaning and their status in the near future“27 Endsley unterscheidet drei Stufen des Situationsbewusstseins: • Stufe 1: Wir schauen und nehmen grundlegende Information auf • Stufe 2: Wir denken über die aufgenommenen Informationen nach und verstehen den Inhalt der Information • Stufe 3: Wir nutzen den Inhalt der Information, um vorausschauende Handlungen setzen zu können. Ein geringeres Situationsbewusstsein vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass rechtzeitig auf kritische Situationen eingegangen werden kann. Durch Informationssysteme wird der/die Fahrer/in nun in unterschiedlicher Weise vom eigentlichen Verkehrsgeschehen abgelenkt und in seinem Situationsbewusstsein beeinträchtigt. Die Ablenkung des Fahrers bzw. der Fahrerin kann entweder physisch, kognitiv oder visuell erfolgen. Die physische Ablenkung erfolgt, indem z.B. eine Hand vom Lenkrad genommen wird, um eine genauere Information über eine Route abzurufen. Die kognitive Ablenkung erfolgt durch geistige Anstrengung, z.B. indem man sich auf den Inhalt einer Information, Warnung oder Empfehlung konzentriert, und damit Aufmerksamkeit von der Verkehrsteilnahme abzieht. Visuell wird man abgelenkt, indem man z.B. das Display im Auge hat, um eine Nachricht abzulesen. Sowohl physische als auch visuelle Aktivität können eine kognitive Ablenkung zur Folge haben. Navigationssysteme28 Bei einer Studie über Navigationssysteme (Tejerina et al. 1998), in welcher die Auswirkungen auf das Fahrverhalten bei unterschiedlichen Zielgruppen (Ältere vs. Jüngere) untersucht wurden, zeigte sich, dass ältere Personen öfter auf das Navigationsdisplay schauen müssen, um Informationen aufzunehmen, als jüngere. Generell werden ältere Personen viel mehr vom eigentlichen Straßengeschehen abgelenkt als jüngere. Zusätzlich wurden bei der Benutzung von Navigationssystemen negative Effektive auf das Spurhalten bemerkt. Generell wurde die Audioinformation vor der visuellen bzw. manuellen Information bevorzugt. In anderen Studie wurden keine Effekte auf das Fahrverhalten bemerkt (z.B. Harms et al. 2003). 27 Freie Übersetzung: die Wahrnehmung von Objekten und Geschehnissen in einem räumlich abgegrenzten Bereich innerhalb einer gewissen Zeitspanne und das Erfassen der Bedeutung des Wahrgenommen für die unmittelbare Zukunft. 28 Siehe Seite 17 Navigationssysteme 47 Mobiltelefone29 Mobiltelefone bzw. Handys sind für viele Leute als Informationsquelle nicht mehr wegzudenken. Autofahren und das gleichzeitige Telephonieren mit einem Mobiltelefon erhöht jedoch das Unfallrisiko signifikant, da es den/die Fahrer/in ablenkt, die Kontrolle über das Fahrzeug beeinträchtigt und das Bewusstsein darüber verringert, was tatsächlich auf der Straße passiert. In einigen Studien wurde nachgewiesen, dass durch manuelles Wählen die Kontrolle des Fahrers bzw. der Fahrerin über sein Fahrzeug beeinträchtigt wird, vor allem was das Spurhalten und das Einhalten der Geschwindigkeitslimits betrifft. Es verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin, was sich u.a. durch eine längere Reaktionszeit und durch eine geringere Verwendung der Spiegel äußert (Department of California Highway Patrol 1987). Durch Freisprechanlagen wird physische Ablenkung zwar reduziert, Ablenkung generell wird dadurch aber nicht ausgeschalten. Das Faktum, dass auch Freisprechanlagen Effekte auf die Aufmerksamkeitsfähigkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin haben, macht sich etwa durch höhere Bremsreaktionszeiten bemerkbar. Durch die immer noch vorhandene kognitive Ablenkung haben sogar kurze Gespräche bei schwachem Verkehr einen wahrnehmbaren negativen Sicherheitseffekt. Das Benutzen von Handys oder Freisprechanlagen hat dabei kaum eine Auswirkung auf einfache automatische Fahrtätigkeiten, aber es beeinträchtigt die Fahrtüchtigkeit des Lenkers bzw. der Lenkerin hinsichtlich dem Reagieren auf andere Fahrzeuge (Brookhuis et al. 1991), und beeinträchtigt somit die Kommunikation. Es verzögert unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit, bei der Anpassung des Fahrtempos an das vorausfahrende Fahrzeug. Auch werden die Bremslichter des Vordermannes bzw. der Vorderfrau erst später wahrgenommen. Beim Wählen einer Nummer werden die Lenkradbewegungen unregelmäßig. Außerdem wird das Situationsbewusstsein negativ beeinflusst. Durch das Verwenden eines Mobiltelefons wird die mentale Belastung des Fahrers bzw. der Fahrerin eindeutig vergrößert (Alm & Nilsson 1994). Studien zeigen aber auch, dass die meisten AutofahrerInnen davon ausgehen, dass das Telephonieren während des Autofahrens keinen Effekt auf das eigene Fahrverhalten habe (Boase et al. 1988). Es verzögert unter anderem die Reaktionsgeschwindigkeit, bei der Anpassung des Fahrtempos an das vorausfahrende Fahrzeug. Telephonieren beim Autofahren hat nicht nur eine physische und geistige Ablenkung zur Folge, es führt auch zu aggressiver Fahrweise, das sich in dichtem Auffahren, gefährlichen Überholmanövern und Spurenwechseln, die FußgängerInnen gefährdenden Abbiegemanövern an Kreuzungen und ähnlichem äußert. Weiters führt es zu einer geistigen Überlastung und zu einem höheren Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden, da die allgemeine Wahrnehmung des übrigen Verkehrs und somit auch die Reaktionszeit beeinträchtigt sind. 29 Siehe Seite 19 Komfort- und Infotainmentdienste 48 5.2.2.2 Assistenzsysteme: Akzeptanz und Verhaltensanpassung am Beispiel der zwei Assistenzsysteme ISA und ACC Gerade bei der Einführung von Assistenzsystemen muss man sich bewusst sein, dass durch Ausrüstungen dieses Typs im Fahrzeug eher nur Symptome, aber keine Ursachen berührt werden. AutofahrerInnen, die mit ISA oder ACC ausgerüsteten Fahrzeugen unterwegs sind, reduzieren vielleicht ihre Geschwindigkeit aufgrund der Rückmeldung oder des Eingriffs des Systems. Ob sich ihre generelle Einstellung zu hohen Geschwindigkeiten ändern wird, ist fraglich, solange Geschwindigkeit in unserer Gesellschaft so positiv besetzt ist. Wir leben in einer schnellen Gesellschaft und das spiegelt sich auch im Straßenverkehr wider. Ohne intensive bewusstseinsbildende Maßnahmen und politische Akzente, wird daher keine Veränderung im Kopf der Menschen stattfinden. Das Ziel, zügig eine verbesserte Verkehrssicherheit zu erreichen, wird damit verzögert. Diskussionen in Österreich, die zum Ausdruck bringen, dass 160km/h auf Autobahnen "durchaus Sinn machen“ könnten, wirken genau in die verkehrte Richtung. Inwieweit Assistenzsysteme von AutofahrerInnen akzeptiert und angenommen werden, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die allgemeinen Verkehrsbedingungen, die Charakteristiken der Verkehrsinfrastruktur, inwieweit die AutofahrerInnen formale Regeln in ihr Fahrverhalten integriert haben (Internalisierung), welchen Fahrstil30 man wählt, etc. spielen eine wesentliche Rolle, ob man sich für ein Assistenzsystem entscheidet oder nicht. Die Auswirkungen von Assistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit und das Fahrverhalten sind in vieler Hinsicht noch ungewiss (Nilsson et al. 2002). Aber einige kritische Elemente sind bereits identifiziert worden. Punkto Fahrstil wurde festgestellt, dass AutofahrerInnen, die zu hoher Geschwindigkeit neigen, Assistenzsystemen gegenüber eher weniger abgewinnen, als AutofahrerInnen, die zu eher niedrigeren Geschwindigkeiten neigen. Zusätzlich zeigen sich Unterschiede in der Art der Verwendung (z.B. Hoedemaeker 1996, Fancher et al. 1998). Persönliche Charakterzüge, wie der Hang zu hohen Geschwindigkeiten, stehen in direktem Zusammenhang mit Verhaltensanpassungen, entweder in der allgemeinen Tendenz zur Risikokompensation, oder indem man sich zu sehr auf die Technik verlässt (= Delegieren von Verantwortung). Generell ist zu erwähnen, dass es hinsichtlich der Auswirkungen von Assistenzsystem auf das Fahr- und Interaktionsverhalten des Nutzers in den wenigsten Fällen Langzeitstudien gibt. Viele Aspekte der Verhaltensanpassung kommen aber nicht unmittelbar nach Einführung neuer Maßnahmen, sondern erst nach einer gewissen Zeit zur Geltung, wenn man mit dem System bereits vertraut geworden ist. Zusätzlich führen unterschiedliche Studien zu verschiedenen Ergebnissen. Dies liegt sicherlich nicht zuletzt an den gewählten Methoden und wie diese eingesetzt werden: Ob Verhalten am Simulator oder im Feld beobachtet wurde; wie lange die Fahrer einer Untersuchung unterzogen wurden; in welchen Situationen die Verhaltensänderungen bemerkt wurden, etc.. 30 Fahrstil = die Art und Weise, wie man fährt, Geschwindigkeitswahl, Einhalten von Sicherheitsabständen, Aufmerksamkeitslevel beim Autofahren 49 ISA – Intelligent Speed Adaptation31 Viele Studien, die hinsichtlich ISA durchgeführt worden sind, waren sehr kurz angesetzt, d.h. Langzeiteffekte und Verhaltensänderungen sind meist noch nicht aufgetreten. In den meisten Studien waren die Versuchspersonen 6-11 Monaten mit einem ISA-ausgerüsteten Fahrzeug unterwegs. Die Konzentration bei den Untersuchungen lag auf den Auswirkungen von ISA auf die Geschwindigkeit. Almqvist & Nygard (1997) stellten eine verbesserte Interaktion zwischen schwächerenn VerkehrsteilnehmerInnen und AutofahrerInnen fest, z.B. häufigeres Anhalten vor Zebrasteifen. Hjälmdahl & Varhelyi (2004) konnten nachweisen, dass bei längerer Verwendung des Systems sich das Vorrangverhalten des Lenkers änderte. Aber es gibt dazu auch gegensätzliche Erkenntnisse. Persson (1993) erwähnt, dass die Geschwindigkeiten vor Kreuzungen mit ISA höher sind, während Varhelyi und Mäkinen (2001) fanden, dass man sich Kreuzungen eher vorsichtiger nähert. In einigen Studien wurden Zeichen von „Delegierung von Verantwortung“ wahrgenommen (Varhelyi 2004). So vergaßen z.B. LenkerInnen an Orten, wo das System nicht funktionierte, ihre Geschwindigkeit bei Änderung des Geschwindigkeitslimits zu ändern. Comte & Jamson (1998) stellten fest, dass ISA-LenkerInnen in kritischen Situationen, z.B. bei Regen, Nebel oder glatten Straßen – wo man langsamer fahren müsste als es das Limit erlaubt -, schneller fuhren als ohne System. Die positiven Ergebnisse sind auf jeden Fall, dass insgesamt eher langsamer gefahren wird, mehr Zeit für Interaktionen mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen bleibt, die Aufmerksamkeit bezüglich Vorkommnissen am Straßenrand und Rücksichtnahme gegenüber FußgängerInnen und RadfahrerInnen steigt und die LenkerInnen entspannter und ruhiger unterwegs sind (Kaufmann & Risser 2003). Generell kann festgehalten werden, dass noch mehr Forschung notwendig ist, um tatsächlich Verhaltensänderungen, vor allem langfristig, zu prognostizieren. Hinsichtlich der Akzeptanz wurde in etlichen Studien belegt, dass die Mehrheit der befragten VerkehrsteilnehmerInnen Maßnahmen zur Geschwindigkeitskontrolle von Fahrzeugen als nötig erachten (Risser & Lehner 1998). In diesem Zusammenhang werden Maßnahmen wie ISA als adäquat und weitere Forschung im Bereich von ISA als wichtig empfunden. Wobei sich auch hier zeigte, dass jene Befragten, die bereits vor der Testung eine negative Einstellung zum System hatten, sich negativ zum aktiven Gaspedal äußerten, welches aktiv die Geschwindigkeit begrenzt: Es führe zu weniger Fahrvergnügen und mehr Stress, man sei ein „Hindernis“ für andere. Solche Personen sind gegen die generelle Einführung von ISA, jedenfalls des eingreifenden Systems, selbst in Stadtgebieten (Kaufmann & Risser 2003). ACC – Adaptive Cruise Control32 Auch hier gibt es kaum Langzeitstudien. Verhaltensänderungen konnten festgestellt werden hinsichtlich der Geschwindigkeit, des Spurhaltens , des Einhaltens von Sicherheitsabständen und der Häufigkeit von Spurwechseln. Die Studien wurden hauptsächlich auf Autobahnen durchgeführt. Sie sind oft widersprüchlich. Hinsichtlich der Geschwindigkeit wurde in einigen Studien festgestellt, das sie sich erhöhte (Ward et al. 1995, Hoedemaker & Brookhuis 1998). In anderen 31 Siehe Seite 20/21 für die Beschreibung des Systems 32 Siehe Seite 21 für die Beschreibung des Systems 50 Studien zeigte sich, dass die Geschwindigkeit gleich blieb (Stanton 1997) oder sich verringerte (Hoedemaeker & Kopf 2001). Auch beim Spurhalten gibt es unterschiedliche Ergebnisse. In einigen Studien geht man davon aus, dass FahrerInnen mit dem System besser Spur halten können(Ward et al. 1995, Hoedemaeker and Brookhuis 1998). Andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Ausrüstung keinen Effekt auf das Spurhalten hat (Törrnos et al. 2002, Stanton 1997). In anderen Studien zeigte sich, dass ACC-FahrerInnen länger im linken Fahrstreifen unterwegs waren und seltener einen Spurwechsel vornahmen (z.B. Nilsson 1995, Saad & Villame 1996). Nilsson & Nabo (1996) fanden heraus, dass bei ACC-Nutzung die Reaktionszeit länger war. Nilsson (1995) beobachtete, dass einige ACC-BenutzerInnen bei einer Autoschlange zu spät reagierten und es zu einer Kollision kam und zwar primär deswegen, weil sie davon ausgingen, dass das ACC-System mit der Situation fertigt wird (=Delegation von Verantwortung). Risser & Petica (1998) kamen aufgrund von Checklistfragen zur Hypothese, dass sich das vorausschauende Verhalten hinsichtlich dem Erscheinen von schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen verschlechtern könnte. Auch wurden Änderungen im Kommunikationsverhalten mit anderen VerkehrsteilnehmerInnen angenommen. Generell würde eventuell eher weniger kommuniziert werden vor allem mit schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen. An sich werden ACC-Systeme relativ gut akzeptiert, wobei das auch vom Fahrertyp abhängt. Sie sind relativ leicht zu bedienen und viele FahrerInnen vertrauen auf das System (Nilsson 1995). Jene AutofahrerInnen jedoch, die die Sinnhaftigkeit des Systems anzweifeln, neigen wahrscheinlich weniger zur Delegierung der Verantwortung (Risser & Petica 1998). Fahren mit ACC führt aber generell zu einer verspäteten Vermeidungsreaktion, zu stärkeren Bremsungen, verringert die Aufmerksamkeit des Fahrers bzw. der Fahrerin auf die eigentlichen Fahraufgaben und kann zu überhöhtem Vertrauen auf das System führen. Eine Studie, die diese Effekte zusammenfassend auf der Basis von Beobachtungsfahrten im Feld erhoben hat ist die von Chaloupka et al. (1998). 5.2.3 Kollektive Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung 5.2.3.1 Allgemeines Kollektive Verkehrsbeeinflussungen unterscheiden sich wesentlich von individuellen Verkehrsbeieinflussungsmethoden. Während kollektive Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen, die den fließenden Verkehr betreffen, meist verbindlich sind und dem einzelnen Fahrer bzw. der einzelnen Fahrerin auch Sanktionen bei Missachtung drohen können, wird bei neuen technischen Ausrüstungen im Auto dem/der Autofahrer/in meist die Wahlfreiheit der Nutzung überlassen. Telematische Einrichtungen zur Regelung des ruhenden Verkehrs haben meist auch nur empfehlenden Charakter (z.B. Parkleitsysteme). Verhaltensadaptation in eine unerwünschte Richtung ist bei kollektiver Verkehrsbeeinflussung dort nur bedingt zu erwarten, wo die Systeme mit Überwachung gekoppelt sind. Es kann aber auch hier zur Risikokompensation kommen, z.B. in den Bereichen, die nicht durch eine Verkehrsbeeinflussungsanlage geregelt sind (man fährt dort u.U. schneller). Auch Delegation der 51 Verantwortung kann vorkommen, z.B. wenn man sich auf Nebelwarnung verlässt und nicht selber abschätzt, wann eine niedrigere Geschwindigkeit erforderlich ist. Auch Verhaltensgeneralisierung, Änderungen im Kommunikations- und Interaktionsverhalten etc. kommen vor. D.h., mögliche unerwünschte Auswirkungen von telematischen Anwendungen auf die Verkehrssicherheit aller VerkehrsteilnehmerInnen sind auch hier möglich. Will man vermeiden, dass die gewünschten positiven Effekte durch negative Nebeneffekte "aufgegessen" werden, so sollte man letztere vor der Implementierung ausgiebig erforschen. Zusätzlich ist der Frage der Akzeptanz bei kollektiven Maßnahmen große Aufmerksamkeit zu widmen. Geschwindigkeitsvorgaben, Empfehlungen zur Routenwahl, Eindämmung des Parksuchverkehrs durch Leitsystem, werden nur dann einen Sinn machen, wenn sie von einem Großteil der VerkehrsteilnehmerInnen auch in Anspruch genommen und akzeptiert werden. Durch Geschwindigkeitsvorgaben und gleichzeitige automatische Verkehrskontrollen erhöht man die Wahrscheinlichkeit, dass Geschwindigkeitlimits auch eingehalten werden, da mit Nichteinhaltung negative Konsequenzen (= Bezahlung einer Geldstrafe) verbunden sind.33 In jenen Fällen, wo nur fallweise mit Sanktionen zu rechnen sein wird, muss man mit größeren Akzeptanzproblemen (und ev. auch Verstärkung des nicht erwünschten Verhaltens) rechnen (= mangelnde Kontingenz der Konsequenzen). Generell ist wichtig, dass ein System bei der Einführung technisch ausgereift ist. Ein System, das störungsanfällig ist und den LenkerInnen falsche oder widersprüchliche Informationen liefert, wird unglaubwürdig34. Dies kann in der Folge zur Reaktanz und zur Mißachtung von Empfehlungen und Warnung führen z.B. wenn trotz freier Parkplatzanzeige alle Parkplätze in einer Parkgarage belegt sind, wird man sich beim nächsten Mal überlegen einem Parkleitsystem zu folgen; oder wenn Autofahrer das Gefühl bekommen, dass die bei der Section Control vorgegebenen Geschwindigkeitslimits keine Berechtigung haben. 35 Wie schon im Kapitel „5.1 Akzeptanz von Systemen“ betont wurde, soll bereits bei der Entwicklung eines neuen technischen Produktes eine intensive Akzeptanzforschung betrieben werden, um sicher zu gehen, dass die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen berücksichtigt werden und man nicht mit unerwünschten Vehaltensanpassungseffekten rechnen muss. Im Falle von Maßnahmen, die unpopulär erscheinen, sich aber z.B. eindeutig positiv auf die Verkehrssicherheit aller auswirken, ist bereits vor aber vor allem bei und nach der Einführung eine intensive Bewusstseinbildung notwendig, um den Nutzen für alle hervorzustreichen. Längerfristig gesehen, werden VerkehrsteilnehmerInnen sich selbst vom Nutzen überzeugen können und das System akzeptieren und gutheißen (siehe zum Beispiel London Citymaut: die Mehrheit der Bevölkerung war früher gegen diese Citymaut; jetzt gibt es eine Mehrheit, die das Gebiet für die Citymaut ausdehnen möchte). 33 vgl. Seite 44 die drei Lernmechanismen 34 Das gilt natürlich auch für technische Ausrüstungen im Auto. 35 Auch bei Assistzenzsystemen ist es ganz wichtig, dass sie technisch ausgereift sind, bevor sie auf den Markt kommen. In einem Feldversuch in Lund über die Effekte der Verwendung eines aktiven Gaspedals hat es sich gezeigt, dass die Ausrüstung in der Praxis technisch einwandfrei funktionieren müsste, um auch tatsächlich einen Absatzmarkt zu finden (Kaufmann & Risser 2003). 52 5.2.3.2 Wirksamkeit, Akzeptanz und Akzeptanzprobleme am Beispiel einiger telematischer Einrichtungen zur kollektiven Verkehrsbeeinflussung Im folgenden werden einige telematische Einrichtungen im Bereich kollektiver Verkehrsbeeinflussung und Gebühreneinhebung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, ihrer Akzeptanz und bezüglich mögliche an sie geknüpfte Problemfelder etwas näher beleuchtet. Verkehrsbeeinflussungsanlagen36 Wirksamkeit Laut Untersuchungen (z.B. Nadler B. 2004, BMVBW 2003, Schick P. 2003) tragen vor allem Streckenbeeinflussungsanlagen erheblich zur Reduzierung von Unfällen bei, wobei der Rückgang der Unfälle von Anlage zu Anlage verschieden ist und von den jeweiligen örtlichen Besonderheiten abhängt. Hinsichtlich des Verkehrsablaufes tritt vornehmlich eine Stabilisierung des Verkehrsflusses ein. Staus treten erst später auf, werden weniger lang oder lassen sich überhaupt verhindern. Die Kapazitätssteigerung gegenüber vergleichbaren Autobahnen ohne Streckenbeeinflussungsanlagen liegt bei 5-10%. Problemfelder Bezüglich dem Ziel Effizienzsteigerung, bzw. bessere Auslastung der Verkehrsinfrastruktur, ist es wichtig, dass man sich vor Augen hält, dass durch verkehrstelematische Einrichtungen dieses Ziel nur kurzfristig erreicht werden kann. Wie schon der Bau von mehr Straßen immer wieder zeigt, ziehen Maßnahmen, die eine Beschleunigung des Verkehrs und eine Staureduktion zur Folge haben, in der Folge mehr Verkehr an (Knoflacher 1996). Auch Verkehrsbeeinflussungsanlagen, Routenempfehlungen etc. werden nur eine bestimmte Zeit lang den Verkehr flüssig halten können. Geringere Geschwindigkeiten haben aber sicherlich eine positive Auswirkung auf die Verkehrssicherheit. Wichtig im Zusammenhang mit VBA ist, dass vorgegebene Geschwindigkeitslimits von den AutofahrerInnen nachvollziehbar sind. Wenn Geschwindigkeitslimits z.B. bei guten Witterungsverhältnissen nicht aufgehoben werden, Fahrstreifen z.B. trotz Räumung der Unfallstelle nicht freigegeben werden, kann dies zu einer Reaktanz der AutofahrerInnen führen. Dies kann zur Folge haben, dass AutofahrerInnen sich längerfristig nicht an die vorgegebenen Limits halten werden, vor allem dann wenn nicht unmittelbar negative Konsequenzen (z.B. Strafmandat) damit verbunden sind. Zusätzlich sind keine Studie bekannt, die sich damit auseinandersetzen, inwieweit Verkehrsbeeinflussungsanlagen das Geschwindigkeitsverhalten von AutofahrerInnen nachhaltig beeinflussen. Fahren LenkerInnen auch nach einer Verkehrsbeeinflussungsanlage mit verminderter Geschwindigkeit weiter oder findet eine Risikokompensation statt? Diese Fragen sollten unbedingt wissenschaftlich abgeklärt werden. Section Control37 Wirksamkeit Wie bereits erwähnt, hat eine Überschreitung der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen bei der Section Control systematisch negative Konsequenzen zur Folge, was sich mitunter positiv auf die Verhaltensakzeptanz dieser Maßnahme auswirken kann (= jedes Fehlverhalten ist betroffen und alle 36 Siehe Kapitel 4.1.1.1 37 Siehe auch Kapitel 4.1.1.3 53 VerkehrsteilnehmerInnen vor Ort sind gleichermaßen betroffen). Auch im Wiener Kaisermühlentunnel sind die Unfallzahlen unmittelbar nach Einführung der Section Control zurückgegangen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat sich um ca. 10% vermindert. Aber ein Jahr nach Einführung der Section Control waren die Unfallzahlen fast wieder auf dem Niveau von vor der Installation (Kurier 19. Oktober 2004). Genaue Untersuchungen über die Ursache des erneuten Unfallanstiegs sind nicht bekannt, da es eine systematische Untersuchung des Verhaltens der VerkehrsteilnehmerInnen nicht gibt, oder jedenfalls nichts publik gemacht wurde, falls solche Daten vorliegen. Problemfelder Maßnahmen, die mit Sanktionen für AutofahrerInnen bei Nichteinhaltung des Tempolimits verbunden sind, werden von Autofahrerlobbies mitunter negativ beworben38. D.h. es ist mit gewissen Widerständen auch seitens der Bevölkerung ist zu rechnen. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, die Notwendigkeit von Maßnahmen der Bevölkerung vor Augen zu führen Missstände von Seiten der Ministerien abzuklären (z.B. dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht klar und ersichtlich angezeigt werden oder nicht nachvollziehbar sind) und positive Werbung zu betreiben, damit sich die Akzeptanz nicht nur im Verhalten auf der kontrollierten Strecke äußert, sondern auch in einer Einstellungsakzeptanz. Nur dann werden sich solche Maßnahmen auch positive auf das generelle Fahrverhalten auswirken. Ähnlich, wie bei den Verkehrsbeeinflussungsanlagen, sind außerdem keine Studien bekannt, die erforscht haben, inwieweit die Section Control das allgemeine Fahrverhalten beeinflusst (Risikokompensation vs. Fahren mit geringeren Geschwindigkeiten). D.h. auch hier ist noch Handlungsbedarf gegeben. Bei der ersten mobilen Section Control in Österreich (Westautobahn zwischen Haid und Sattledt) stellte sich zusätzlilch ein anderes Problem: Bei diesem mobilen Streckenradar werden durchfahrende Fahrzeuge von hinten gefilmt. Laut deutschem Recht sind LenkerInnen nicht zu belangen, wenn ein Radarfoto bloß die Heckansicht ihres Autos zeigt, d.h. deutsche StaatsbürgerInnen können auf dieser Strecke bei Geschwindigkeitsübertretung nicht belangt werden (ÖÖ Nachrichten 7. März 2005). Solche „Lücken“ im System sollten schon im Vorfeld erkannt und „geschlossen“ werden, um eine Gleichbehandlung aller AutofahrerInnen zu garantieren, und vor allem, um teure Leerläufe zu vermeiden. Parkleitsysteme39 Generell sollen Parkleitsysteme das Parken erleichtern, aber auch strategisch unterstützen: Sie sollen beispielsweise bei der Überlegung helfen, ob man das Auto etwa vor der Stadt auf einem park–and-ride-Platz abstellt und in die Innenstadt besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, wenn dort kaum noch Abstellmöglichkeiten sind. Problemfelder Parkleitsysteme haben als indirekt wirkendes Beieinflussungssystem nur empfehlenden Charakter. Die Wirksamkeit hängt daher stark von der Gestaltung der Wegweiser ab. Wegweisungen müssen einheitlich, richtig, klar und eindeutig interpretierbar sein und rechtzeitig wahrgenommen werden können. D.h., das Sys38 Die Strafgeldeinnahmen im Wiener Kaisermühlentunnel, wurde vom ÖAMTC als „Abzock-Aktion“ dargestellt. (www.ots.at/presseaussendung; 10. Februar 2005) 39 Siehe auch Kapitel 4.1.1.4 54 tem muss selbsterklärend und fehlerfrei sein. Wenn man mehrmals auf der Suche nach einem Parkplatz fehlerhafte Meldungen bekommt, wird man sich das nächste Mal nicht mehr zu seinem Parkplatz leiten lassen. Andererseits kann gezieltes Marketing (Aufzeigen der positiven Effekte, z.B. Zeitersparnis, weniger Lärm) die Akzeptanz von Parkleitsystemen steigern (Nilkes 2003). City Maut40 Wirksamkeit Die Einführung der City-Maut in London hat positive Effekte gezeigt. Laut einer Untersuchung (siehe Profil 11/05 und www.klipjoint.info/trendfax_deutsch.htm) fahren täglich 50 000 Autos weniger ins Zentrum als vor der Einführung der CityMaut. 60% von diesen 50 000 FahrerInnen benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel. Etwa 25% wählen andere Routen. Der Rest fährt mit KollegInnen mit oder mit dem Fahrrad. Die durch Stau hervorgerufenen Wartezeiten haben sich um 30% verringert. Auch die Wartezeiten auf Autobusse haben sich um mehr als 30% verkürzt. Der Verkehrsfluss hat sich um 37% beschleunigt und für eine Hin- und Rückfahrt zur und von der City benötigt man heute um durchschnittlich 13% weniger Zeit. Der Bürgermeister Ken Livingstone erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Und die Londoner BürgerInnen haben einer Gebührenerhöhung, sowie einer Ausdehnung der Gebührenzone auf die westliche Innenstadt mehrheitlich zugestimmt. Bei der Erfassung der Fahrzeuge und bei der Eintreibung der Bußgelder gibt es jedoch nach wie vor gelegentlich technische Probleme. Problemfelder Alles was mit Kosten und einer „Belastung der AutofahrerInnen“ zu tun hat, wird, wie schon gesagt, aufgrund der starken Autolobbies oft als negativ bewertet, und stößt damit scheinbar auf Widerstand der Bevölkerung. Scheinbar unpopuläre Maßnahmen zu setzen erfordert Mut. Geringeres Aufkommen an motorisiertem Individualverkehr steigert aber die Lebensqualität. Aus diesem Grund wird in London die City Maut auch positiv aufgenommen. In Wien wurde bereits mehrmals eine City-Maut andiskutiert, aber bereits im Vorfeld wurde die Idee im Keim erstickt. Die Einhebung von Gebühren für die Straßenbenützung in der Stadt stellt aber jedenfalls eine wirksame Lenkungsmaßnahme in Richtung verstärkte Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel dar, wie das Beispiel in London zeigt. 40 Siehe auch Kapitel 4.1.3.1 55 5.3 Öffentlicher Verkehr 5.3.1 Allgemeines Beim Einsatz von Verkehrstelematik im öffentlichen Verkehr ist die Zielsetzung sicherlich anders gewichtet als im motorisierten Individualverkehr. Die Effizienzsteigerung steht im Vordergrund und damit verbunden die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs. Die neuen Technologien tragen sicherlich ein hohes Potential in sich, Leute zum Umstieg zu bewegen. Dichtere Intervalle, schnelleres Reagieren bei Betriebsstörungen durch Leitsystem, bedarfsorientierter Linienverkehr, komfortable Zahlungssysteme u.v.m sollen die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel so schnell, einfach und angenehm wie möglich machen. Wenn wirklich mehr Leute öffentlich unterwegs sind und damit weniger Auto gefahren wird, lösen sich viele Probleme im Straßenverkehr von selbst. Gerade im öffentlichen Verkehr ist daher eine intensive Einbeziehung der Kunden und potentieller Kunden bei der Entwicklung neuer Systeme unumgänglich.41 Nur wenn die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen entsprechend berücksichtigt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch tatsächlich mehr Menschen zum Umstieg bewegt werden können. Wichtig beim Einsatz neuer Technologien im öffentlichen Verkehr ist, dass nicht bestimmte Personenkreise benachteiligt und von der Nutzung gewisser Dienste ausgeschlossen werden. Bei der Entwicklung neuer Systeme sollte man sich an den schwächsten VerkehrsteilnehmerInnen (Kinder, ältere Personen, behinderte Menschen, etc.) orientieren.42 Auf diese Weise kann man nämlich davon ausgehen, dass das Endprodukt auch wirklich für die Gesamtbevölkerung verständlich, leicht zu bedienen und kundenfreundlich ist. 5.3.2 Akzeptanz und Problemfelder einiger telematischer Einrichtungen im Verkehr Im folgenden werden exemplarisch einige Systeme des öffentlich Verkehrs hinsichtlich Akzeptanz und möglicher Problemfelder näher betrachtet: 5.3.2.1 Dynamische Fahrgastinformation43 Akzeptanz Dynamische Fahrgastinformationen werden von den Kunden sehr positiv bewertet. Die Annahme, dass sich die subjektive Wartezeit durch eine Zeitangabe verkürzt wurde auch in einer Studie bestätigt. So sind 70 % der Befragten der Meinung, dass sich durch die Fahrgastinformation die Wartezeit verkürzt. 77% schauen auf die Wartezeit, wenn sie die Station betreten und 55% während der Wartezeit (Pramreiter 2004). Laut Auskunft der Wiener Linien44 hat auch der Fahrgastbeirat die dynamische Fahrgastinformation lobend erwähnt. Nur vereinzelt gibt es negative Rückmeldungen, in dem Sinn z.B., dass die Anzeige nicht mit der tatsächlichen Wartezeit übereinstimmt und ähnliches. 41 siehe Kapitel 5.1 Das gilt natürlich auch für den Individualverkehr 43 Siehe Kapitel 4.2.1.1 44 Telefongespräch mit dem Wiener Linien Kundendienst für Beschwerden und Anregungen durchgeführt am 29.4.2005 42 56 Problemfelder Die Problemfelder sind bei der dynamischen Fahrgastinformation gering. Schwierigkeiten ergeben sich nur, wenn die Anzeige ausfällt bzw. etwas Falsches angezeigt wird. Aber auch diesbezüglich scheint es kaum Beschwerden zu geben. Laut den Wiener Linien ergeben sich „falsche“ Wartezeitinformationen dadurch, dass sich die Angabe immer auf die Minutenentfernung des Zuges von der Station bezieht. Da dynamische Fahrgastanzeigen im Haltestellenbereich für sehbehinderte Menschen unbrauchbar sind, sollte das Modell in Linz großflächig angewandt werden. In Linz wurden mehrere Straßenbahnhaltestellen mit Sprachausgaben ausgestattet. Die Sprachansagen sind an das dynamische Fahrgastinformationssystem der Linz Linien angebunden und informieren über nächste bzw. aktuelle Linien, Fahrtrichtung Ankunftszeit, etc. Auf diese Weise wird gewährleistet das Information für alle gleichermaßen zugänglich ist (Janoschek 2005). 5.3.2.2 Elektronische Fahrplanauskunft45 Akzeptanz Die verschiedenen Möglichkeiten der Fahrplanauskunft, ob via Internet, Mobiltelephon oder Info-Säulen am Bahnhof werden generell gut angenommen. Laut einer Studie über Verkehrsinformationsdienste gibt es aber eine starke Diskrepanz zwischen dem Kennen und Verwenden von Informationsdiensten (Franken & Lenz 2004). Vor allem im Bereich der elektronischen Medien Internet und Mobiltelefon gibt es große Unterschiede. So gaben 49 % der Befragten an, die Möglichkeit, Verkehrsinformation (z.B. Fahrplanauskünfte) via Internet abzurufen, zu kennen. Nur 8 % machten aber tatsächlich davon Gebrauch. Das Internet wird im öffentlichen Verkehr aber häufiger als Informationsmedium herangezogen als im Straßenverkehr. Fahrplanauskünfte mit Echtzeiten tragen jedenfalls sicher zur Attraktivierung des Öffentlichen Verkehrs bei, da man sich schon im Vorfeld auf Verspätungen einstellen kann. Problemfelder Wie bereits erwähnt, kennen zwar viele die Möglichkeit der elektronischen Fahrplanauskunft, relativ wenige scheinen aber davon Gebrauch zu machen. Es ist daher intensive Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um eine Serviceleistung für den Kunden bzw. die Kundin auch tatsächlich an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man als Verkehrsbetrieb durch ständige Evaluationen am laufenden bleibt, inwieweit Serviceleistungen beansprucht werden, welche Mängel sie aufweisen, wie sie attraktiver gestaltet werden können, etc.. Hinsichtlich Fahrplanauskunft via Internet ist zu bemerken, dass laut Auskunft von ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH46 die Internetseiten der ÖBB und auch der Wiener Linien nur ansatzweise barrierefrei47 gestaltet sind (z.B. fehlende Orientierungsmöglichkeiten für blinde Menschen, keine 45 Siehe auch Kapitel 4.2.1.2 Bei ONLINE Schulungs- und Beratungsges.mbH handelt es sich um eine Firma, die bedarfsoientierte Bildungsangebote sowohl für private Unternehmen, Einzelkunden, als auch Institutionen und öffentliche Einrichtungen anbietet. Ein Gebiet ist unter anderem die barrierefreie Web-Gestaltung und Programmierung 47 Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung von Internetseiten siehe z.B.: www.teleonline.at; www.barrierefrei.at; www.w3.org./wae; 46 57 Sprachauszeichnungen von Anglizismen, Schrift nur teilweise vergrößerbar).48 Gerade der Einsatz von neuen Technologien bietet aber die Chance, allen VerkehrsteilnehmerInnen, auch behinderten Menschen, Zugang zur Information zu ermöglichen. 5.3.2.3 Elektronisches Ticketing49 Akzeptanz Laut Auskunft der Wiener Linien50 gibt es bezüglich des SMS-Ticketing keine Untersuchungen dazu, inwieweit dieses Angebot von den Fahrgästen angenommen und gutgeheißen wird. Aus der Statistik geht jedoch hervor, dass SMS-Ticketing von ca. 100 Fahrgästen/Tag, vor allem von Gelegenheitskunden, die nur kurzfristig auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, genutzt wird. Das heißt, SMS-Ticketing scheint nicht wirklich zur Attraktivitätssteigerung der öffentlichen Verkehrsmittel beitragen zu können. Eine im Jahre 2003 durchgeführte Studie des ÖAMTC hat im Gegensatz dazu gezeigt, dass sich 25% der Befragten eine Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel durch die Einführung der SMS-Ticketbestellung und der Fahrplanauskunft per Mobiltelephon erwarten (ÖAMTC Akademie 2003). Dies scheint sich nicht bewahrheitet zu haben. In anderen Städten, z.B. beim Verkehrsverbund Bremen-Niedersachen, werden immerhin 10% der Fahrkarten über E-Ticketing gelöst. D.h., es scheint auch hier viel mehr ein Problem des Marketings zu sein, ob ein Produkt angenommen wird oder nicht. Problemfelder Wie bereits mehrmals erwähnt, ist aus Gründen der Akzeptanz bei der Einführung eines neuen System der Kunde mit einzubeziehen. Wie das Beispiel bei den Wiener Linien zeigt, wurde durch das SMS-Ticketing eine zusätzlich Wahlmöglichkeit beim Ticketerwerb geschaffen. Es fehlen aber adäquate Maßnahmen, um diese Möglichkeit einer großen Anzahl von KundInnen schmackhaft zu machen. So fehlen z.B. Daten über die Gründe der Nutzung bzw. der Nichtnutzung, Probleme bei der Nutzung etc. . Ein System im öffentlichen Verkehr kann aber nur dann verbessert werden, wenn man die Sichtweise des Nutzers bzw. der Nutzerin evaluiert. Wenn Angebote nicht laufend evaluiert werden, besteht die Gefahr, dass man als Betreiber nicht erkennt, warum Angebote nicht angenommen werden, z.B. weil sie nicht bekannt sind, oder weil sie den Bedürfnissen der KundInnen in einigen wichtigen Punkten nicht entgegenkommen. Auf diese Weise verbaut man sich den Weg, ein an sich gutes Produkt auch tatsächlich zur Attraktivitätssteigerung einzusetzen. Bedenklich im Zusammenhang mit dem E-ticketing ist es, gewisse Tickets nur via Internet anzubieten (z.B. EventTicket der ÖBB). Dadurch werden etliche Personengruppen vom selbstständigen Erwerb dieses Tickets ausgeschlossen (=jene Personen, die sich im Internet, aus welchen Gründen auch immer, nicht zurechtfinden). Ein weiteres Problem, das sich beim Erwerb von E-tickets oft ergibt, ist, dass nicht automatisch der günstigste Tarif (Tagesangebote, spezielle Tickets) angeboten wird. D.h., man muss mitunter Vorinformationen besitzen, um auch tatsächlich die billigste Fahrkarte zu erwerben. 48 49 50 Die Seite www.gv.wien.at erfüllt zum Beispiel alle Kriterien einer barrierefreien Internetseite. Siehe auch Kapitel 4.2.1.3 Telefongespräch mit dem Abteilungsleiter „Tarifangelegenheiten“ der Wiener Linien am 08.04.2005 58 5.4 Vorgeschlagene Vorgangsweise für die Evaluation Eine vermehrte Verwendung telematischer Einrichtungen im Verkehrsbereich setzt voraus, gute Instrumente bzw. Methoden zu haben, um die Auswirkungen, die neue Technologien im Verkehrsbereich auf die objektive und subjektive Sicherheit,51 auf den Komfort, auf das Verkehrsverhalten, auf die Kommunikation und Interaktion zwischen den VerkehrsteilnehmerInnen, etc. haben, im Vorfeld aber auch nach der Implementierung bewerten und messen zu können. Vor allem aus Gründen der Sicherheit ist es notwendig einen interdisziplinären Ansatz zu finden. In der Verkehrssicherheitsforschung zieht man traditioneller Weise Unfallstatistiken zur Überprüfung der Sicherheit heran. Für neue telematische Einrichtungen gibt es aber meist noch keine Unfallstatistiken, die die Sicherheit des Systems reflektieren würden. Auch Unfallvorhersagen in Verbindung mit der Verwendung neuer Systeme im Auto sind spekulativ und nicht sehr zuverlässig. Außerdem geben sie keine Auskunft darüber, in welcher Richtung ein System verbessert bzw. weiterentwickelt werden könnte. Sicherheitsprognosen auf der Basis von Verhaltensbeobachtungen und Interaktionsanalysen können Vorhersagen verbessern (HOPES 1995) reichen aber auch alleine nicht aus, um Auswirkungen von neuen technischen Systemen abschätzen zu können. Auf EU-Ebene wurden und werden bereits etliche Projekte durchgeführt, die sich mit interdisziplinären Methoden zur Evaluierung von telematischen Systemen auseinandersetzen. HUMANIST (= HUMAN centred design for Information Society Technologies) und COST 352 „Influence of Modern In-Vehicle Information Systems on Road Safety Requirements“ (IVIS) sind nur zwei von vielen EU-Projekte, die in diesem Zusammenhang genannt werden können.52 Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist es also notwendig verschiedene Methoden in Kombination zu verwenden, um bei der Einführung eines neuen Systems z.B. unerwünschte Verhaltensanpassungen bzw. im vorherigen Kapitel angeschnittene Problemfelder antizipieren zu können. Unter anderem bieten sich folgende Möglichkeiten an: • Literaturstudien • Checklisten (z.B. PROMETHEUS Traffic Safety Checklist) • Verhaltensbeobachtungen (z.B. Wiener Fahrprobe) • Fokus Gruppen Interviews • Tiefeninterviews • Expertengespräche - Workshops • Standardisierte Interviews (Fragebogen) 51 Die objektive Sicherheit spiegelt sich in der Unfallstatistik wider. Unter subjektiven Sicherheit versteht man das persönliche Sicherheitsempfinden (z.B. Auf einer Kreuzung können zwar wenig Unfälle passieren und die Kreuzung kann daher, objektiv gesehen, sicher sein. Subjektiv betrachtet fühlen sich die VerkehrsteilnehmerInnen unsicher und meiden daher die Kreuzung.) 52 Siehe Anhang Kapitel 8.1. und 8.2 59 5.4.1 Literaturstudie Eine Literaturstudie – wie sie auch in dieser Arbeit vorliegt – ermöglicht es, einen Überblick über vorangegangene Forschung zu bekommen So kann z.B. erhoben werden, welche unerwünschte Nebeneffekte bei ähnlichen Systemen bereits festgestellt wurden, welche Aspekte generell bei der Einführung eines Systems hinsichtlich den Bedürfnissen verschiedener VerkehrsteilnehmerInnen (AutofahrerInnen, schwächere VerkehrsteilnehmerInnen, etc.) und Zielgruppen (junge AutofahrerInnen, Ältere, etc.), aber auch hinsichtlich der Kommunikation und Interaktion berücksichtigt werden müssen. Auf eine Reihe von Fragen wird man bereits in der Literatur Antwort finden. Gleichzeitig werden sich aber eine Reihe von Fragen eröffnen, die durch zusätzliche Methoden abgeklärt werden müssen. 5.4.2 Checklisten Bei Checklisten handelt es sich um Listen von Fragen, die bei der Evaluation eines neuen Systems als Orientierung, zur Abdeckung möglichst vieler sicherheitsrelevanter Aspekte herangezogen werden können. Ein solches Werkzeug wurde Anfang der 90er Jahre im Rahmen der PROMETHEUS PRO SAFE Gruppe entwickelt, wobei mittels Literatur und ExpertInnengesprächen Wissen über Verhaltensanpassung und mögliche Konsequenzen für die Verkehrssicherheit zusammengefasst wurde. Die Checkliste ist ein Instrument zur Prognosenerstellung und ermöglicht es, „intelligente“ Hypothesen bezüglich möglicher Auswirkungen von neuen technischen Systemen im Auto aufzustellen, die mit entsprechenden qualitativen und quantitativen Methoden überprüft werden können (z.B. Risser & Petica 1998; Turetschek 2004). 5.4.3 Verhaltensbeobachtungen Ein Verfahren für weitgehend standardisierte Fahrverhaltensbeobachtung ist die Wiener Fahrprobe. Diese Methode wurde ursprünglich entwickelt, um Sicherheitsmängel in Verkehrsprozessen aufzudecken. Im Zusammenhang mit neuen Systemen im Auto erweist sich die Fahrverhaltensbeobachtung als sehr gute Methode, um Auswirkungen auf das Kommunikationsund Interaktionsverhalten bzw. auf das generelle Verkehrsverhalten zu registrieren und um diesbezügliche Hypothesen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Kommunikations- und Interaktionsprozesse haben wesentlichen Einfluss auf den Verkehrsablauf, da das individuelle Verhalten nicht nur durch physische Voraussetzungen (z.B. Gesundheitszustand) und durch individuelle Variablen (Gedanken, Gefühle, Meinungen und Einstellungen), sondern auch durch das Verhalten anderer und durch die Kommunikation mit anderen geprägt wird. Bei der Fahrverhaltensbeobachtung wird ein/eine Testfahrer/in gebeten, ein standardisierte Strecke mit dem Auto zurückzulegen, wobei er von zwei BeobachterInnen begleitet wird. • Der eine Beboachter bzw. die eine Beobachterin („CodiererIn“) registriert anhand eines standardisierten Kategorienschemas, das eine große Zahl möglicher Fahrverhaltensweisen ungeachtet ihrer Gefährlichkeit oder Fehlerhaftigkeit enthält, alle Fahrerhandlungen entlang einer genau definierten Beobachtungsstrecke. 60 • Der zweite Beobachter bzw. die zweite Beobachterin („freie BeobachterIn“) erhebt in nicht standardisierter Form Ereignisse, die nicht systematisch vorhersehbar sind: ü Fehler im Fahrverhalten (ungesetzliches, gefährliches oder missverständliches Verhalten) ü Kommunikationsabläufe (jene Prozesse, die zwischen der beobachteten Person und der sozialen Umwelt ablaufen) und ü Verkehrskonflikte (=Beinaheunfälle, in welche die beobachtete Person im Zuge der Fahrprobe verwickelt wird) Alle diese Erhebungen erfolgen pro Streckenabschnitt. Streckenabschnitte sind Kreuzungen, Autobahnaufund –abfahrten, Durchfahrten durch Kreisverkehrsanlagen, etc.. Sie machen die Einzelelemente der Fahrprobenstrecke aus (Chaloupka & Risser 1995). Die Wiener Fahrprobe wurde in mehreren größeren nationalen und internationalen Projekten eingesetzt (z.B. Bewertung des Stuttgarter Dual Mode Route-Guidance Systems STORM im Rahmen des EU-Projektes HOPES, Risser et al. 1995; Untersuchung der Auswirkungen einer Autonomen Intelligent-CruiseControl-Einrichtung, Chaloupka et al. 1998; Untersuchung des Verhaltens von Kfz-Lenkern im Lund-Teil des Schwedischen Großversuches zur Untersuchung von ISA, Hjälmdahl 2002). 5.4.4 Fokus Gruppen Interviews (FGI) Beim Fokus Gruppen Interview handelt es sich um ein offenes Interview mit einer Gruppe von fünf bis acht Leuten. Das Interview ist auf ein Thema fokusiert, wobei ein Interview ein bis zwei, mitunter auch drei Stunden dauern kann. Der/die Interviewer/in bereitet sich in der Regel ein grobes Skript vor. Generelle Fragen werden am Anfang und konkrete Themen gegen Ende des Interviews erörtert. Die TeilnehmerInnen geben nacheinander Antwort auf die diversen Fragen, wobei die Antworten der anderen TeilnehmerInnen kommentiert werden können. Für die Gruppe ist es nicht wichtig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Das Ziel ist es vielmehr, die eigenen Ansichten im Kontext von anderen Meinungen zu betrachten. Die Gruppe kann bei einem FGI, abhängig von der Zielsetzung, sowohl homogen (z.B. hinsichtlich Wissenstand über ein Thema, Einstellungen, Alter, etc.) als auch heterogen sein. Wenn man Fakten diskutieren will, wird man eher eine homogene Gruppe auswählen. Wenn Für und Wider erörtert oder möglichst viele verschiedene Argumente gesammelt werden bzw. kleine Konfrontationen entstehen sollen, etc., dann sollte man sich für eine heterogene Gruppe entscheiden. FGIs im Zusammenhang mit der Evaluation neuer Systeme helfen, die Bedürfnisse möglicher NutzerInnen zu erforschen bzw. Anforderungen, die an ein neues System gestellt werden, zu erfassen. FGIs sind eine relativ billige Methode, um qualitatives Datenmaterial zu sammeln. Anhand von FGIs können Hypothesen z.B. hinsichtlich möglicher Verhaltensveränderung bei der Verwendung von neuen Systemen aufgestellt werden. Zusätzlich schaffen sie ein gutes Basismaterial für z.B. Tiefeninterviews oder Fragebögen (z.B. Atteslander 1995, Krueger 1994, Bewyl 1992, Merton et al. 1956, Morgan & Krueger 1998). 61 5.4.5 Tiefeninterviews Tiefeninterviews gehen, wie schon der Name sagt, in die Tiefe. Sie können unterschiedlich lang dauern (30min bis 3 Stunden), wobei nur eine Person von einem Interviewer bzw. einer Interviewerin befragt wird. Der/die Interviewer/in geht anhand eines Interviewleitfadens vor, der zum größten Teil aus offenen Fragestellungen, aber auch aus geschlossenen Fragen besteht. Auch beim Tiefeninterview beginnt man mit generellen Fragen und endet mit konkreten. Der/die Interviewer/in sollte in dem Thema auf jeden Fall vertraut sein. Er muss ein guter Zuhörer bzw. eine gute Zuhörerin sein und Vertrauen erwecken. Der/die Interviewte sollte 90% der Zeit sprechen, damit Gedankengänge zu Ende gedacht werden können. Tiefeninterviews eignen sich sehr gut, um individuelle Wahrnehmungen, Meinungen und Fakten oder Reaktionen auf neue Errungenschaften, etc. zu bestimmen. Im Zusammenhang mit neuen Systemen können Tiefeninterviews helfen, die Anforderungen an ein neues System zu erforschen, Motivationen und Widerstände gegen ein Produkt ausfindig zu machen, Ursachen für Akzeptanzschwierigkeiten eines Systems zu orten, etc. (siehe z.B. Guion 2001, Gunn 2001). 5.4.6 ExpertInnengespräche – Workshops Beim Workshop handelt es sich um eine heuristische Methode. Übersetzt bedeutet Workshop „Werkstätte, Arbeitskreis oder Arbeitsgruppe“. Der Begriff Werkstätte bezieht sich hierbei nicht auf ein handwerkliches Produkt, sondern auf ein „Denkprodukt“, ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis. Ein Workshop sollte ein klar definiertes Ziel haben. Man benötigt einen Moderator bzw. eine Moderatorin, der durch den Workshop führt. Dem/der Moderator/in kommt eine besondere Bedeutung zu, denn er ist für die Methodenkompetenz und die Ablaufplanung verantwortlich, jedoch neutral was die Inhalte anbelangt. Für die Inhalte des Workshops sind die TeilnehmerInnen verantwortlich. Moderationsumgebung, Methodenkenntnisse und die Haltung des Moderators bzw. der Moderatorin (z.B. „fragen statt sagen“) sind wesentliche Voraussetzungen, um einen Workshop aktiv durch die Teilnehmenden gestalten zu lassen. Wenn mehr als 15 Personen am Workshop teilnehmen, sollten Kleingruppen gebildet werden, damit auch wirklich zielorientiert gearbeitet werden kann. Ergebnisse einer Kleingruppenarbeit werden dann im Plenum präsentiert und diskutiert (z.B. Petica et al. 2003, Kölbach 1998). Hinsichtlich der Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Workshops sehr gut am Beginn eines Evalutionsprozesses, um ein noch unstrukturiertes Themengebiet zu strukturieren, um Problemfelder zu orten, etc. und am Ende eines Evaluationsprozesses, um Ergebnisse zu diskutieren, z.B. wie gehe ich mit Problemfeldern um, welche Lösungsansätze gibt es, und ähnliches. 62 5.4.7 Standardisierte Interviews – Fragebogen Standardisierte Interviews sind die in der Forschung am häufigsten verwendete quantitativen Methode zur Sammlung verbaler Daten, um ein neues System zu bewerten. Fragebögen können folgende Antwortformate aufweisen: ü Offene Anworten53 (der Befragte schreibt seine Gedanken in eigenen Worten nieder.) ü Eine oder mehrere Antwortmöglichkeiten zur Wahl („multiple choice“) ü Skalierung (der/die Befragte skaliert ein Kommentar auf einer vorgegebenen Skala) Es ist wichtig, dass ein Fragebogen auf den Ergebnissen qualitativer Studien basiert. Wenn Antwortmöglichkeiten nur auf dem Wissen von FachexpertInnen beruhen und nicht das Ergebnis von Kommunikationsprozessen mit den Zielgruppen sind, besteht die Gefahr, dass wichtige Antwortmöglichkeiten fehlen und daher in der Bewertung nicht berücksichtigt werden können. Fragebögen sollten immer einem Pretest unterzogen werden. Auf diese Weise garantiert man, dass die Fragen verständlich und auch tatsächlich relevant sind (z.B. Risser 2000, Atteslander 1995). Bezogen auf die Evaluierung eines neuen Systems eignen sich Fragebögen, um eine Vielzahl von Aspekten abzuklären (z.B. Bedienungsfreundlichkeit, Akzeptanz, Bewusstseinsveränderungen, etc.). 5.5 Zusammenfassung An den Einsatz von Telematik im Verkehr werden hohe Erwartungen geknüpft, Erwartungen, die wahrscheinlich nicht immer erfüllt werden. Verkehr ist ein komplexes dynamisches System und besteht aus einer Summe von Einzelhandlungen. Menschen formen den Verkehr und machen ihn aus. Auch bei telematischen Systemen wird der Wirkungsgrad im wesentlichen von der Art und Weise der Nutzung des einzelnen Verkehrsteilnehmers bzw. der einzelnen Verkehrsteilnehmerin abhängen. Für eine sinnvolle Implementierung eines Systems sind aus sozialwissenschaftlicher Sicht im wesentlichen zwei Punkte abzuklären: 53 • Akzeptanz Inwieweit sind potentielle NutzerInnen auch tatsächlich bereit ein neues System in Anspruch zu nehmen? Die Akzeptanz eines Systems wird sehr stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen ein Vorteil durch die Verwendung des Systems entsteht. Es gibt etliche sozialwissenschaftliche Methoden, um die Akzeptanz eines Systemes abzuklären (Fokus Gruppen Interviews, Tiefeninterviews, Standardisierte Interviews, etc.) • Verhaltensanpassung Führt die Implementierung eines telematischen Systems auch tatsächlich zum erwünschten Erfolg? Das menschliche Wesen handelt nicht wie ein Roboter. Es ist daher schwer vorhersehbar, ob neue technische Geräte auch tatsächlich so genutzt werden, wie man es Werden offene und geschlossene Fragen gestellt, spricht man von semi-standardisierten Interviews. 63 sich erwartet. In der Verkehrssicherheitsforschung versteht man unter Verhaltensanpassung nicht beabsichtigte Verhaltensänderungen, die in der Folge der Änderung des Verkehrssystems entstehen (z.B. Risikokompensation, Delegierung der Verantwortung, Imitation, Verhaltensgeneralisierung). Das Phänomen der Verhaltensanpassung ist vor allem für den Einsatz von Telematiksystemen im motorisierten Individualverkehr von Interesse. Etliche sozialwissenschaftliche Methoden ermöglichen in Kombination mit Methoden anderer Disziplinen eine gezielte Erforschung der Auswirkungen neuer System auf das Verhalten des Menschen (z.B. Checklisten, Verhaltensbeobachtungen, Workshops). • Soziale Ausgrenzung Bei der Entwicklung von verkehrstelematischen Einrichtungen ist es wichtig darauf zu achten, dass Verkehrstelematik verbindet, Chancengleichheit schafft und nicht soziale Ausgrenzung fördert Die folgende Tabelle 3 gibt einen Überblick über diskutierte Systeme, Chancen und vorhandene, mögliche Probleme bei ihrer Nutzung bzw. bei einer großflächigen Implementierung. 64 Tab. 3: Positive und mögliche negative Wirkungen einiger telematischer Systeme und Einschätzung der Akzeptanz System Positive Wirkungen Mögliche Problemfelder MOTORISIERTER INDIVIDUALVERKEHR Navigationssysteme KomfortdiensteMobiltelefone Intelligent Speed Adaptation (ISA) Adaptive Cruise Control (ACC) Verkehrsbeeinflussungsanlagen (VBA) Section Control ü Bessere Routenwahl ü ü Vermeidung von Staus durch gefilterte Verkehrsinformation Verändertes Situationsbewusstsein ü Negative Effekte auf das Spurhalten ü Verändertes Situationsbewusstsein ü Höhere Bremsreaktionszeit ü Mentale Überlastung des Fahrers bzw. der Fahrerin à Aggressivere Fahrweise ü Delegierung der Verantwortung: Nichtregistrierung von geänderten Geschwindigkeitslimits ü Höhere Geschwindigkeiten in Situationen, wo man langsamer Fahren müßte als das Limit ü Abrufen von aktuellen Informationen (z.B. Parksituation, etc.) ü Insgesamt gefahren wird langsamer ü LenkerInnen sind entspannter und ruhiger unterwegs ü Verbesserte Interaktion zwischen schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen ü Verbessertes Spurenhalten ü ü Besseres Einhalten Sicherheitsabständen Risikokompensation: erhöhte Geschwindigkeiten ü Delegierung der Verantwortung à zu spätes Reagieren auf kritische Situationen ü Verschlechterung der Kommunikation mit schwächerenn VerkehrsteilnehmerInnen ü Effizienzsteigerung wahrscheinlich kurzfristig eintreten ü Geschwindigkeitsvorgaben, Sperrung von Fahrstreifen, etc. müssen nachvollziehbar sein à Reaktanz, Akzeptanzprobleme ü Mit Widerständen seitens der Autolobby ist zu rechnen ü Glaubwürdigkeit des Systems muss gewährleistet sein à Reaktanz, Akzeptanzprobleme von ü Reduzierung von Unfällen ü Späteres Auftreten von Staus ü Steigerung der Kapazität ü Reduzierung von Unfällen ü Verringerung von Durchschnittsgeschwindigkeiten 65 wird nur System Parkleitsysteme City Maut Positive Wirkungen Mögliche Problemfelder ü Erleichterung des Parkens ü Wenn Wegweisungen nicht einheitlich, richtig, klar und eindeutig interpretierbar sind à Gefahr der Reaktanz und in der Folge Akzeptanzprobleme ü Falls keine freien Parkplätze im innerstädtischen Bereich vorhanden sind ev. Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ü Weniger Autoverkehr in der Innenstadt à höhere Lebensqualität ü Autolobbies bewerten City Maut als Belastung für AutofahrerInnen ü Höhere Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel ü ü Geringe Wartezeiten für Busund Autoverkehr PolitikerInnen müssen sich gegen starke Autolobby durchsetzen à erfordert Mut ü Erhöhung des Verkehrsflusses ü Kaum Problemfelder. Technisch muss das System noch ausgereift werden, damit keine „falschen“ Wartezeitangaben entstehen ÖFFENTLICHER VERKEHR Dynamische Fahrgastinformation Elektronische Fahrplanauskuft Elektronisches Ticketing ü Verkürzung Wartezeit der subjektiven ü Serviceleistung an Fahrgast à Image ü Information der Fahrgäste über Echtzeiten à man kann sich auf Verspätungen einstellen ü Intensive Öffentlichkeitsarbeit ist notwendig, um über angebotene Serviceleistungen zu informieren ü Gut für das Image der öffentlichen Verkehrsmittel ü ü Möglichkeit allen VerkehrsteilnehmerInnen auch behinderten Menschen chancengleichen Zugang zu Informationen zu ermöglichen Auf barrierenfreien Zugang von Internetseiten ist zu achten ü Produkt muss an den Bedürfnissen der KundInnen angepasst sein den ü Schnellere Abwicklung Abrechnungssystems des ü ü Gewinnen von Gelegenheitskunden Angebote sprechend werden ü Produkt muss den Bedürfnissen des Kunden angepasst sein ü Möglichkeit des herkömmlichen Kaufes eines Tickets sollte gewahrt bleiben à soziale Ausgrenzung 66 müssen entvermarktet 6 Schlussfolgerungen Wie der vorliegende Bericht zeigt, spielt Telematik im Verkehr bereits eine wesentliche Rolle. Durch den Einsatz von Telematik im Verkehr ergeben sich viele Chancen aber auch Risiken, die zum Teil noch nicht absehbar sind. Folgende Punkte können zusammenfassend festgehalten werden: • Definition Verkehrstelematik verknüpft Informations- und Kommunikationstechnologien mit Navigations-, Leit- und Regelungstechnik. Man versteht darunter das Erfassen, Übermitteln, Verarbeiten und Nutzen von verkehrsbezogenen Daten mit dem Ziel der Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs. • Verkehrstelematik und Zielvorstellungen Es sind hohe Erwartungen an den Einsatz von Verkehrstelematik geknüpft (Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, Beitrag zur Umweltentlastung, etc.), die nur zum Teil erfüllt werden können. Verkehr ist primär ein System, das aus Menschen, und somit aus menschlichen Interaktionen und Kommunikation besteht. Menschen nutzen vorhandene Einrichtungen nicht immer entsprechend den Instruktionen, sondern entwickeln eigene Strategien. Mittels Telematik werden einige Probleme gelöst werden, sich längerfristig aber auch neue Probleme auftun. • Verkehrstelematik und Europa Verkehrstelematik ist ein fixer Bestandteil in der europäischen Verkehrspolitik. Von Seiten der Europäischen Kommission wird die Forschung im telematischen Bereich vorangetrieben. An europäischen telematischen Netzwerken wird gearbeitet. Es ist jedoch vor allem noch viel sozialwissenschaftliche Forschungsarbeit notwendig, um die Konsequenzen des vermehrten Einsatzes der Verkehrstelematik für den Menschen zu erfassen. • Telematiksysteme im Überblick Es gibt eine Fülle von am Markt befindlichen Systemen. Vor allem für den Pkw-Verkehr werden sehr viele Produkte bereits angeboten bzw. sind in Entwicklung. Auch im Güterverkehr und im öffentlichen Verkehr erleichtern eine große Anzahl von Systemen die Abwicklung. • Verkehrstelematik und Akzeptanz Die Akzeptanz von angebotenen Systemen wird stark davon abhängen, inwieweit dem Einzelnen bzw. der Einzelnen ein Vorteil durch die Verwendungen eines Systems entsteht. Intensive Bedürfnisund Akzeptanzforschung sind daher notwendig, um ein System auch tatsächlich an den Mann / die Frau zu bringen. • Verkehrstelematik und unerwünschte Nebeneffekte Da der Mensch nicht wie ein Roboter handelt, werden verkehrstelematische Einrichtungen sicherlich auch Nebeneffekte zur Folge haben, die nicht erwünscht waren. Verkehrstelematische Einrichtungen werden das Verhalten der einzelnen VerkehrsteilnehmerInnen auf jeden Fall wesentlich beeinflussen. In welche Richtung sich das Verhalten verändern wird, ist nur bedingt vorhersagbar. Mit dem Phänomen der Verhaltensanpassung muss man sich insbesondere bei telematischen Einrichtungen für den motorisierten Individualverkehr intensiv auseinandersetzen. Zusätzlich ist darauf zu achten, 67 dass Verkehrstelematik verbindet, Chancengleichheit schafft und nicht soziale Ausgrenzungen fördert. • Verkehrstelematik und sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden Es gibt eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Methoden, die Auswirkungen neuer Systeme und Ausrüstungstypen in der Praxis untersuchen können, damit Probleme und unerwünschte Nebeneffekte verhindert werden können. Gleichzeitig kann auch die Akzeptanz eines Produktes gesteigert werden, wenn man das Produkt durch intensive Motiv- und Bedürfnisforschung den Wünschen der KundInnen anpasst. Generell ist es wichtig, dass bei der Entwicklung von telematischen Systemen ein interdisiplinärer Zugang gewählt wird und das System durch die Kombination von mehreren Evaluierungsmethoden („Integrierte Methoden“) hinsichtlich Akzeptanz, Benutzerfreundlichkeit, unerwünschte Nebeneffekte, etc. überprüft wird. Verkehrstelematik ist aus dem heutigen System nicht mehr wegzudenken. Welche Erwartungen, die an die Verkehrstelematik geknüpft sind, auch tatsächlich erfüllt werden, wird zu einem großen Teil davon abhängen, inwieweit auch psychologische und sozialwissenschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. 68 7 Literatur Alm H., Nilsson L. 1994: Changes in driver behaviour as a function of handsfree mobile telephones: A simulator study. Accident Analysis and Prevention, 26,pp 441-451 Almqvist S., Nygard M. 1997: Dynamic Speed Adaptation: A field trial with automatic speed adaptation in an urban area. 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Schlussbericht zum Forschungsprojekt FE-Nr. 960703/2001 des Bundesministeriums für VerkehrBauund Wohnungswesen, Kassel Zach Ch., 2003: Umweltfreundlich Öffis, eine Umfrage der ÖAMTC Akademie im Rahmen des Forschungsprojektes „Sauberer Stadtverkehr“, Wien Internetadressen: www.asecap.com/ www.asfinag.at www.atec-tec.net/fr/its_accueil_f7.asp www.barrierefrei.at www.bmwgroup.com. www.bmvbw.de/telematik.496.htm www.cordis.lu www.cost.cordis.lu/src/home.cfm www.dream.lrrl.arch.tu-muenchen.de/perl/radlstadtplan www.doku.net/artikeleugrundsat.htm www.eureka.be/home.do www.geldkarte.de www.go-maut.at www.gps-world.net www.intermobil.org www.kfz-auskunft.de/info/autobahngebuehr.html www.klipjoint.info /trendfax_deutsch.htm www.ots.at/presseaussendung www.piarc.org/en www.polis-online.org www.radzeit.de www.salzburg.gv.at www.sdt.cz/str1e/whatistelem1.html www.service.wien.gv.at/wien-grafik/ www.teleonline.at; www.toll-collect.de www.ttsitalia.it www.verkehr.steiermark.at 74 www.via-donau.org/index.php www.wien.arbeiterkammer.at www.wien.gv.at/finanzen/abgaben/parhandy.htm www.wien.gv.at/verkehr/vema/rbl.htm www.w3.org./wae 75 8 Anhang 8.1 HUMANIST – Human centred design for Information Society Technologies Bei HUMANIST handelt es sich um ein EU-Projekt, ein Network of Excellence, im 6. Rahmenprogramm Priorität 2 des IST Programmes (Information Society Technologies). HUMANIST soll die Ausgangsbasis für eine langanhaltende, europaweite Zusammenarbeit der einzelnen Partner im Bereich Verkehrstelematik, insbesondere in bezug auf "In-Vehicle Information Systems" (IVIS) und "Advanced Driver Assistance Systems" (ADAS), darstellen. Im Rahmen des Netzwerkes sollen vorhandene Informationen zu den nachfolgenden Themen zusammengetragen und gleichermaßen für alle Beteiligten verfügbar gemacht werden. Themen: A) Identifikation der Bedürfnisse von AutofahrerInnen in Zusammenhang mit "Intelligent Transport Systems" (ITS) Applikationen B) Erhebung eines möglichen Zusatznutzens von ITS-Anwendungen C) Entwicklung eines „Joint-Cognitive models of Driver Vehicle Environment for User Centred Design“ D) Analyse der Auswirkungen von ITS-Applikationen auf das Fahrverhalten E) Entwicklung innovativer Methoden zur Erhebung der Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit von ITS-Anwendungen F) Ausbildung und Training von AutofahrerInnen im Umgang mit ITSApplikationen G) Verwendung von ITS-Anwendungen zur Ausbildung von AutofahrerInnen Weiters soll eine enge Zusammenarbeit der Partner forciert und verbessert werden, z.B. mittels gemeinsamer Forschungsaktivitäten, Austausch von ForscherInnen, usw.. Zusätzlich besteht das Bestreben das bereits vorhandene Wissen an „Projekt-Externe“ (VerkehrsplanerInnen, IngenieurInnen, PolitikerInnen,...) heranzutragen, um gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Großer Wert wird sowohl auf eine bessere Qualifizierung erfahrener ExpertInnen, als auch auf die Aus- und Weiterbildung angehender ForscherInnen gelegt. Einen Überblick über sämtliche Aktivitäten, die im Rahmen des Projekts umgesetzt werden sollen, liefert die folgende Grafik. 76 Grafik 1: Organisation von HUMANIST Insgesamt sind 22 Partner aus 14 europäischen Ländern am EU-Projekt HUMANIST beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Die Partner kommen aus verschiedenen Sparten mit unterschiedlichen Kompetenzen wie z.B. Human factors, Ergonomie, Kognitionswissenschaften, Ingenieurwesen, Psychologie oder Soziologie. Das Ziel ist es, auch nach Projektende die Kooperation der Partner, das Netzwerk aufrechtzuerhalten. Network of Excellence HUMANIST – HUMAN centred design for Information Society technologies, Contract (Nr. 507420), EU (http://www.noehumanist.org) 77 8.2 COST 352 COST 352 „Influence of Modern In-Vehicle Information Systems on Road Safety Requirements (IVIS)“ ist eine EU-Aktion im Rahmen der Forschungskooperation COST (European CO-operation in the field of Scientific and Technical Research). Insgesamt sind 16 Institutionen und Organisationen aus 10 verschiedenen europäischen Ländern an der Aktion beteiligt. Die Laufzeit beträgt vier Jahre. Das Hauptziel der Aktion ist es die Verkehrssicherheit hinsichtlich IVIS-Systeme zu steigern indem: • eine wissenschaftliche Basis für die Legislation von IVIS-Ausrüstungen geschaffen wird • Methoden zur Bewertung von Sicherheitsaspekten zusammengetragen und harmonisiert werden • Regeln für das Fahrtraining und für die richtige Verwendung von IVISSystemen aufgestellt werden. Zusätzlich sollen • die Auswirkungen und mögliche Langzeiteffekt der IVIS-Systeme sowie der steigenden Informationsbelastung der AutofahrerInnen aufgezeigt werden und • es soll im Detail geklärt werden, wie IVIS Systeme AutofahrerInnen von dem eigentlichen Verkehrsgeschehen ablenken können und so wichtige Informationen für den Fahrer bzw. die Fahrerin verloen gehen. Die Untersuchungen beziehen sich auf unterschiedliche Fahrertypen und IVISSysteme Folgende Systeme werden dabei näher erforscht: ü In-Vehicle Informations- und Navigationssysteme ü Electronic messaging ü Mobiltelephonsysteme ü Unterhaltungssysteme ü Human information processing Die Ergebnisse der Aktion werden an politische EntscheidungsträgerInnen und wichtigen Personen in der Industrie herangetragen, mit dem Ziel, dass auf die steigende Anzahl und Verfügbarkeit von IVIS-Ausrüstungen von politischer und industrieller Seite entsprechend reagiert werden kann. 78