Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
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Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
2005 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer Bund/Kommunen Berlin, den 15.09.2005 Nr. 70/05 Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Beschäftigten, für die bis zum 30. September 2005 § 71 BAT gegolten hat Mit der Neugestaltung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst ist auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 vereinheitlicht worden. Die Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung ist nunmehr in § 21 TVöD und das Entgelt im Krankheitsfall in § 22 TVöD geregelt. Die Überleitung aus dem bisherigen Tarifrecht (z. B. BAT § 71) erfolgt durch die Tarifverträge Überleitung (TVÜ) und hier speziell durch § 13 TVÜ. Für welche Angestellten galt § 71 BAT und gilt § 13 TVÜ? Zuletzt waren die Regelungen zur Zahlung von Krankenbezügen im BAT ab dem 1. Juli 1994 gravierend verändert worden. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielten die Angestellten im Falle der Arbeitsunfähigkeit Krankenbezüge in Höhe der Nettourlaubsvergütung auch über die Dauer von sechs Wochen hinaus vom Arbeitgeber fortgezahlt. Im Ergebnis entlastete die Regelung die gesetzliche Krankenversicherung und belastete die öffentlichen Haushalte. Diese Regelung wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1994 durch eine Regelung abgelöst, die nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung einen Krankengeldzuschuss zu dem von der Krankenkasse zu zahlenden Krankengeldzuschuss bis zur Höchstdauer von 26 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorsieht. Der Krankengeldzuschuss berechnet sich als Differenz zwischen Nettourlaubsvergütung und Bruttokrankengeld (s. u.). Für die Angestellten, die am 30. Juni 1994 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Juli 1994 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, wurde die Entgeltfortzahlung bis zu einer Höchstdauer von 26 Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit beibehalten und in § 71 BAT – Übergangsregelung für die Zahlung von Krankenbezügen - verortet. Was ändert sich für die bisher unter § 71 BAT fallenden Angestellten? Mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 wird für Beschäftigte, die unter die Regelung der Entgeltfortzahlung des § 71 BAT fallen, als Krankengeldzuschuss die Differenz zwischen Nettoentgelt und Nettokrankengeld gezahlt. Für alle übrigen Beschäftigten bleibt es auch nach der Neuregelung im Ergebnis bei der bisherigen Regelung (Differenz zwischen Nettourlaubsentgelt und Bruttokrankengeld. 2 In beiden Fällen wird der Krankengeldzuschuss nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung statt längstens bis zum Ende der 26. Woche zukünftig bis zum Ende der 39. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Regelung für Beschäftigte, die über den 30.09.2005 hinaus arbeitsunfähig sind Für Beschäftigte, die bei Inkrafttreten des TVöD bereits arbeitsunfähig sind, hätten sich ohne eine Übergangsregelung bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit die Bezugsfristen für die Entgeltfortzahlung von 26 Wochen auf sechs Wochen reduziert. Um dies zu vermeiden, wurde in § 13 Abs. 2 TVÜ eine Übergangsregelung vereinbart. Beschäftigte erhalten nun längstens bis zum Ende der 26. Woche seit dem Beginn ihrer über den 30. September 2005 hinaus ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit oder Arbeitsverhinderung infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation ihr Entgelt fortgezahlt. Was bedeuten die Begriffe Bruttokrankengeld und Nettokrankengeld? Bruttokrankengeld ist die Barleistung des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers. Es handelt sich um das Krankengeld vor Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge. Nettokrankengeld ist folglich das Krankengeld nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge. Die Berechnung des Krankengeldzuschusses Der Arbeitgeber hat nach den Tarifvorschriften einen Krankengeldzuschuss zu dem von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlten täglichen Krankengeld zu zahlen. Der Krankengeldzuschuss beträgt in den in § 13 TVÜ geregelten Fällen die Differenz zwischen Nettokrankengeld und Nettoentgelt, das nach der Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung berechnet wird und auch einen Drei-MonatsDurchschnitt bestimmter unständiger Entgeltbestandteile enthält. Der Krankengeldzuschuss ist in diesen Fällen höher als bei der Berechnung des Krankengeldzuschusses auf der Basis der Differenz zwischen Bruttokrankengeld und Nettoentgelt, da die Beschäftigten vom Bruttoentgelt die hälftigen Sozialversicherungsbeiträge zu tragen haben. Der Krankengeldzuschuss ist steuerpflichtig aber sozialversicherungsfrei soweit die Summe aus Krankengeld und Krankengeldzuschuss die Nettovergütung vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht übersteigt. Krankengeld und Krankengeldzuschuss gem. § 13 TVÜ für privat Krankenversicherte Nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Angestellte haben die Möglichkeit, sich in der privaten Krankenversicherung (PKV) zu versichern. Das Leistungsspektrum der PKV ist grundsätzlich anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gesetzlich, sondern vertraglich bestimmt. Die Versicherung eines Krankengeldes ist dort nicht obligatorisch. Bisher konnten unter § 71 BAT fallende Angestellte wegen der Entgeltfortzahlung auf eine Krankentagegeldversicherung für die ersten 26 Wochen der Arbeitsunfähigkeit verzichten. Nunmehr empfiehlt sich zur sozialen Absicherung der Abschluss einer Krankentagegeldversicherung für den die sechswöchige Entgeltfortzahlung überschreitenden Zeitraum bis zum Ende der 26. Woche der Arbeitsunfähigkeit. 3 Der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) hat gegenüber den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes erklärt, dass eine solche Versicherung unter erleichterten Bedingungen (z. B. keine Risikoprüfung, keine neuen Risikozuschläge, keine Wartezeit) abgeschlossen wird, wenn sie schriftlich bis zum 30. November 2005 bei dem Versicherungsunternehmen formlos beantragt wird. Der Versicherungsumfang zur Absicherung des Status quo Der notwendige Versicherungsumfang ergibt sich aus der Regelung des Tarifvertrages, wonach der Krankengeldzuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem (gesetzlichen) Nettokrankengeld und dem Nettoentgelt gezahlt wird. Das Nettokrankengeld bemisst sich bei privat krankenversicherten Angestellten, die mit ihrem Einkommen die Versicherungspflichtgrenze überschritten haben, nach dem Höchstsatz, der bei einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zustünde (Beitragsbemessungsgrenze). Der Höchstsatz des Nettokrankengeldes beträgt derzeit ca. 71 € täglich (82,25 € Brutto – 9,75 % GRV, 3,25 % ALV, 0,85 % SPV). Dieses Nettokrankengeld wird fiktiv für die Berechnung des Krankengeldzuschusses durch den Arbeitgeber angesetzt, der die Differenz zwischen Nettokrankengeld und Nettoentgelt ausgleicht. Insoweit ist der Höchstsatz des Nettokrankengelds für einen Zeitraum von der 7. bis zum Ende der 26. Woche zusätzlich privat zu versichern, um den Status quo zu erhalten. Beispiel: tägliches Nettoentgelt des freiwillig Versicherten Höchstkrankengeld in der GKV (Netto) – fiktiv Differenz (Krankengeldzuschuss vom AG) 90,00 € 71,00 € 19,00 € Privat abzusichern sind 71,00 € Krankentagegeld (dynamisch) Der Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Dies ist aber nicht nachteilig für die Beschäftigten, da diese als Krankengeldzuschuss die Differenz zwischen dem (fiktiven) Nettokrankengeld und dem Nettoentgelt erhalten. Das von der PKV gezahlte Krankentagegeld ist nicht sozialversicherungspflichtig, da es nicht auf gesetzlicher Grundlage gezahlt wird. Versicherungsprämie in der PKV Die Versicherungsprämie zur Absicherung des Netto-Krankentagegeldes in Höhe von etwa 71 € ist je nach Alter, Versicherungsdauer und Versicherungsumfang unterschiedlich hoch. Soweit der höchstzuschussfähige Beitrag, der zur Hälfte vom Arbeitgeber zu tragen ist, noch nicht ausgeschöpft war, trägt der Arbeitgeber die Hälfte des Mehraufwands für die Versicherung des Krankentagegeldes. Soweit der höchstzuschussfähige Beitrag durch den Zusatzbeitrag überschritten wird, haben die Beschäftigten den Differenzbetrag allein zu tragen. Der höchstzuschussfähige Beitrag in der PKV errechnet sich aus der aktuellen Pflichtversicherungsgrenze und dem Durchschnittsbeitrag in der GKV des Vorjahres. ver.di hält eine angemessene Beteiligung der Arbeitgeber an den Mehraufwendungen der Beschäftigten für geboten. Hierzu wurde folgende in der Niederschrift über die Redaktionsverhandlungen zum TVöD festgehaltene Vereinbarung getroffen: 4 “6. Die Tarifvertragsparteien werden die Frage des Bedarfs eines Zuschusses des Arbeitgebers ab dem 1.10.2005 zu den zusätzlichen Kosten einer privaten Krankentagegeldversicherung im Zusammenhang mit dem Wegfall des § 71 BAT prüfen. Dabei kann es nur um übliche, nachgewiesene Zusatzprämien des Arbeitnehmers gehen, die über den Arbeitgeberzuschuss für die private Krankenversicherung nach § 257 SGB V hinausgehen, eine zusätzliche Versicherung der 7. bis 26. Woche betreffen und sich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bewegen. Die Prüfung soll im Frühjahr 2006 abgeschlossen sein. Eine etwaige tarifvertragliche Zahlung von Zuschüssen soll rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD erfolgen”. Es werden also zunächst Erhebungen über den Umfang des Mehraufwands für die Versicherung eines Krankentagegeldes in Höhe des Höchstkrankengeldes (ca. 71 € täglich) für den Zeitraum der Zahlung eines Krankengeldzuschusses von 20 Wochen angestellt. Nach Vorliegen der Ergebnisse werden die Tarifvertragsparteien Handlungsmöglichkeiten erörtern. Beihilfen Zu § 13 TVÜ wurde eine Protokollerklärung mit folgendem Wortlaut vereinbart: “Ansprüche aufgrund von beim Arbeitgeber am 30. September 2005 geltenden Regelungen für die Gewährung von Beihilfen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Krankheitsfall bleiben für die von § 1 Abs. 1 erfassten Beschäftigten unberührt. Änderungen von Beihilfevorschriften für Beamte kommen zur Anwendung, soweit auf Landes- bzw. Bundesvorschriften Bezug genommen wird.”