Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg
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Feindbild Polizei - Landespräventionsrat Brandenburg
„Die vorliegende Studie offenbart eine Veränderung der Sichtweise von Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden unseres Landes. Gerade Polizeibeamte werden als Repräsentanten des Staates angesehen und in der rechtsextremen Szene zunehmend diffamiert. [...] Es existiert ein ,Feindbild Polizei‘ in der rechtsextremistischen Szene. Dieses Feinbild wird in der Studie mit all seinen unsachlichen, widersprüchlichen und absurden Argumenten aufgedeckt und entlarvt. Die Broschüre soll die Öffentlichkeit über die Existenz wie auch die Brisanz dieses ,Feindbilds‘ aufklären und Polizeibeamte und andere Vertreter von Sicherheitsbehörden in ihrem Eintreten für Demokratie und Toleranz bestärken.“ Dr. Dietmar Woidke Minister des Innern des Landes Brandenburg Feindbild Polizei Wie reden Rechtsextreme über die Polizei? abgestumpfte Marionetten · A.C.A.B. · Agenten des Apparats · Antifa-Demokraten in Uniform · Antifa-Polizist · Apparat des Systems · Arschlöcher · Bastarde unserer Regierung · Beamte in grün · Beamtenschlaffi · betriebsblinde Gesinnungskommissare · bewaffnete Einheiten · bewaffnete Hohlkörper · bewaffnete Organe · Bollezei · brd-Büttel · BRD-Sheriffs · Büttel · Büttel des Systems · Bullen · Bullenaufgebot · Bullenfunktionäre · Bullerei · Cops · das System · demokratische Eskorte des Staates · demokratischer Terror · der Apparat · der gemeine Bereitschaftsbulle · der Staatsapparat · die Grünen · die Herren tapferen Beamten · die Polizeier · die Staatsmacht · Diener dieses kranken Systems · diese Affen in ihren schwarzen Kampfanzügen · diese Figuren · diese grünen und schwarzen Roboter mit gezogenem Schlagstock · diese Typen · Drecksbullen · Dumm-Baazi in Grün · dumme Bullensau · einer meiner besten Freunde ist Polizist · eingeschleuste Provokateure · Einheiten des Apparates · Einheiten des Staatsapparates · Einheiten des Systems · ekelhafter verlogener Schweinehund · Es gibt solche und solche. Aber eigentlich sind sie alle Verräter. · fallendes System der Unterdrückung · feige Schweine · Finger am Arm des Systems · Freunde in Grün · Frösche · Fußtruppen · gewaltbereite Polizeibeamte · gewissenlose Subjekte · Giftzwerge · grün kostümierter BRD-Lakai · grün/blau-weiße Freunde des Staates · Grüne · grüne Fraktion · grüne Jungs · grüne Leute · grüner Hohlkörper · grüner Karnevalsverein · grüner Wichser · Grünkittel · Grünlinge · Grünmann · Grünschnäbel · grünweiße Staatsdiener · grün-weißes Volk · Handlanger der Besatzer · Handlanger der Politik · Handlanger des Systems · Herr Knape und seine treuen Arschlecker · Herren in grün · Hundertschaften des Systems · illegal operierender Polizeiapparat · Innenministerium für Staatssicherheit · Internetschnüffelgarde · Jungs in Grün · Jungs in ihren schönen Uniformen · karrieregeiles grünes Stück Dreck · Kasper · kleiner subalterner Rotzarsch · Knechte des Systems · Knechte und Sklaven dieses Systems · Knechte und Vasallen des Systems · Knüppelbullen · knüppelnde Horden des Systems · korrumpierte Bullenschweine · Kräfte des Regimes · Laubfrösche · leere Flaschen · Luftpumpen · Marionette · Menschenmüll · Mielkes Erben · Musterdemokraten in der Polizeibehörde · Oberbulle · Oberpolizist · Ordnungshüter · Ordnungskräfte · Ordnungsmacht · Pack · perverse verlogene Typen · Politbüttel · Politpolizisten · Polizeiapparat · Polizeieinheiten des Apparats · Polizeihäuptling · Prügelbullen · Prügeleinheiten · Prügelpolizei · Prügeltruppe · regimeschützender Polizeistaat · Repressionsapparat · rücksichtslose Beamte · Sausäcke · Scheißbullen · Scheißpolizei · Schergen · Schergen der Demokraten · Schergen eines gegen das eigene Volk gerichteten Systems · Schläger · Schlägerbanden des Systems · Schlägertruppe der Polizei · Schnittlauch · Schnittlauchbrüder · Schnittlauchfraktion · Schutztruppen · Schweine · selbstgerechte Marionette des Apparats · Sockenbügler · Söldnerbullen · Spinner · Spitzel des Apparats · Staatsapparat · Staatsknechte · Staatsmacht · Staatsschergen · Steigbügelhalter des gegenwärtigen Regimes · System · Systembüttel · Systemdiener · Systemeinheiten · Systemknechte · Systemling · Systempolizei · Systemschergen · Team Green · Teufel in Menschengestalt · Trachtenverein · Überwachungsschwein · unsere tolle Polizei · untätige Polizeiführung · verblödete Typen des Systems · verlängerter Arm der Politik · verlängerter Arm des Systems · Vertreter der BesatzerRepublik · Volkspolizisten · Vollpfosten · vom System angeheuerte und bezahlte Spitzel · voreingenommene Provinzpolizisten auf Neonazi-Jagd · Wendehälse · Werkzeug des Staates · Wichsbulle · widerliche Kreaturen · willfährige Polizeiführer · Zonibulle Feindbild Polizei Wie reden Rechtsextreme über die Polizei? In Erinnerung an die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die in Ausübung ihres Dienstes von Rechtsextremisten getötet wurden. Stefan Grage erschossen am 23. Februar1997 durch Kay D. Thomas Goretzky, Yvonne Hachtkemper, Matthias Larisch von Woitowitz erschossen am 14. Juni 2000 durch Michael B. Michèle Kiesewetter erschossen am 25. April 2007 mutmasslich durch den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Gefördert vom Landespräventionsrat Sicherheitsoffensive Brandenburg © 2013, Potsdam Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Henning-von-Tresckow-Str. 9-13 14467 Potsdam Koordination: Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien – Forschungsschwerpunkt Antisemitismusund Rechtsextremismusforschung, Universität Potsdam Projektleitung: Christoph Kopke Text: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz Recherche: Christoph Kopke, Ulli Jentsch, Gebhard Schultz, Jan Raabe, Martin Langebach Beratung: Gideon Botsch Umschlagfoto: Jan Wischnewski Umschlaginnenseiten: Die Begriffe fanden sich auf den im Rahmen der Recherchen durchgesehenen rechtsextremen Internetseiten. Satz: Ralph Gabriel Druck: Landesbetrieb für Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Inhalt Grußwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Polizei und Rechtsextremismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Polizei als Gegenstand rechtsextremer Musiktexte . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. Polizeistaat und Polizei als Verfolger und Vollstrecker des Systems . . . . Polizei als Feind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilflose Polizei, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln . . . . . . . . . . . . Spott- oder Hasslieder gegen einzelne Polizeibeamte . . . . . . . . . . . . . . . 2. Polizei auf rechtsextremen Websites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. 2.8. 2.9. 2.10. 2.11. Grundsatzdebatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Polizei als Freund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Polizei als Feind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demonstrationsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Engagierte Polizeibeamte im Visier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fotos von Polizisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DDR-Vergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Freiheit des Internets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polizei und „Ausländer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polizeinahe Foren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 14 15 16 18 20 21 22 23 28 29 30 31 33 33 5 3. Die Polizei in der Berichterstattung der NPD-Medien „Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1994-1996 3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale . . . . . . . 3.2. Gute Polizei – schlechte Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1999-2001 3.3. Unterdrückungsapparat Polizei: politisch motivierte Verfolgung . . . . . . . 3.4. Zunehmend fragwürdige Polizeipraxen im „Kampf gegen Rechts“ . . . . . 3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung . . . . . . . . . . 2006-2008 3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren . . . . . . 3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“ . . . . . . . . 35 36 38 40 41 43 44 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 6 Grußwort Rechtsextremismus bleibt eine zentrale gesellschaftliche Herausforderung, denn er steht in krassem Widerspruch zu unserer demokratischen Gesellschaft. Die Mordserie der rechtsterroristischen Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hat auf schreckliche Weise gezeigt, wie ein rechtsextremistisches Weltbild in mörderische Gewalt umschlagen kann. Rechtsextremistische Bestrebungen richten sich nicht allein gegen den Staat als Institution, sondern müssen letztlich als Angriff auf die unveräußerlichen Rechte jedes Einzelnen verstanden werden. Die nachdrückliche und nachhaltige Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ist daher eine herausragende Verpflichtung aller Polizeibeamten des Landes. Das Handlungskonzept der Polizei des Landes Brandenburg zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität steht für die langjährige und erfolgreiche Arbeit der Polizei und beinhaltet umfangreiche Maßnahmen. Dazu zählen beispielhaft die besonderen Einsatzkonzepte „Mobile Einsatzeinheiten gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“ und „Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt“. Die vorliegende Studie offenbart eine Veränderung der Sichtweise von Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden unseres Landes. Gerade Polizeibeamte werden als Repräsen- tanten des Staates angesehen und in der rechtsextremen Szene zunehmend diffamiert. Die Polizei wird als Gegner rechtsextremistischer Bestrebungen wahrgenommen. Einerseits ist dies durchaus positiv zu bewerten, denn es unterstreicht die grundlegende Differenz von Polizei im demokratischen Verfassungsstaat gegenüber rechtsextremistischen Gesellschaftsvorstellungen. Andererseits belegt es aber auch die besondere Gefährdung von Polizeibeamten im täglichen Dienst für unsere Sicherheit. Es existiert ein „Feindbild Polizei“ in der rechtsextremistischen Szene. Dieses Feinbild wird in der Studie mit all seinen unsachlichen, widersprüchlichen und absurden Argumenten aufgedeckt und entlarvt. Die Broschüre soll die Öffentlichkeit über die Existenz wie auch die Brisanz dieses „Feindbilds“ aufklären und Polizeibeamte und andere Vertreter von Sicherheitsbehörden in ihrem Eintreten für Demokratie und Toleranz bestärken. Dr. Dietmar Woidke, Minister des Innern des Landes Brandenburg 7 Polizei und Rechtsextremismus Als Ende 2011 mit der Aufdeckung des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) eine terroristische Zelle sichtbar wurde, die über Jahre in verschiedenen Bundesländern Menschen ermordete und Banküberfälle beging, waren Politik und Öffentlichkeit schockiert. Die meisten Mordopfer des NSU waren Migranten, die als kleine Gewerbetreibende arbeiteten und in ihren Geschäften ermordet wurden. Zu den Opfern zählt auch eine Polizeibeamtin, die während ihres Dienstes offenbar gezielt erschossen wurde. Die mutmaßlichen Täter des NSU und ihre Unterstützer und ihr Umfeld entstammen der neonazistischen Kameradschaftsszene. Auch in früheren Jahren haben Rechtsextreme Polizeibeamte getötet. So wird der inhaftierte Berliner Neonazi Kay Diesner1, der 1997 einen Polizeiobermeister erschoss, in Teilen der rechtsextremen Szene immer noch als Held und Kämpfer verherrlicht. Auf Demonstrationen der extremen Rechten kam es in den letzten Jahren wiederholt zu gewalttätigen Angriffen auf die Polizei. Das steht in einem deutlichen Widerspruch zu einer weitverbreiteten Wahrnehmung, dass Rechte auf den starken Staat setzen und Gewalttaten – etwa im Kontext 8 von Demonstrationen – in der Regel nur von gewaltbereiten Gegendemonstranten ausgingen oder allein aus der Interaktion mit dem politischen Gegner erwachsen. Daraus resultieren folgende Fragen: Welche Sichtweise(n) gibt es in der rechten Szene auf die Arbeit der Polizei im demokratischen Rechtsstaat? Wie wird über Polizei und Polizeiarbeit gedacht und gesprochen? Wie werden polizeiliche Maßnahmen gesehen und bewertet? Wie reagiert die rechtsextreme Szene auf polizeiliches Engagement gegen rechtsextreme Straf- und Gewalttaten? Welche Narrative über Polizei existieren? Gibt es ein spezifisch rechtsextremes Feindbild Polizei? Die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit rechtsextremen Einstellungen und Handlungen erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Alle Institutionen des demokratischen Staates und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen, an der Prävention mitzuwirken, sich mit rechtsextremen Inhalten und Politikangeboten kritisch auseinanderzusetzen und diese abzuwehren. Dazu gehört auch der Protest gegen rechtsextreme Aufmärsche und Demonstrationen auf der Straße. Bei Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und bei strafrechtlich relevanten Vergehen, die zumindest teilweise rechtsextrem motiviert sein können, ist die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus auch Aufgabenstellung von Justiz und Polizei. Blicken wir rund zwanzig Jahre zurück: Unmittelbar nach der „Wende“ in der DDR und in den ersten Monaten und Jahren der neuen Bundesländer kam es zu einer bis dahin beispiellosen Welle rechtsextrem und fremdenfeindlich motivierter Gewalt. Auf deren komplexe Ursachen kann hier nicht eingegangen werden. Die Polizei – ihrerseits in einer Phase der Neustrukturierung – schien mit der Entwicklung zeitweise überfordert und auch die Politik tat sich zunächst schwer, angemessene Gegenstrategien zu entwickeln. Die Polizei galt als eine „verunsicherte Institution“ (Jaschke) und stand angesichts umstrittener Polizeieinsätze, taktischer Fehleinschätzungen und mangelnder Präsenz beispielsweise bei den pogromartigen Krawallen in Rostock-Lichtenhagen 1992 selbst im Fokus der Kritik.2 Gleichzeitig reagierten Staat und Polizei seit den frühen 1990er mit einer Reihe von Maßnahmen aber auch deutlich auf die neuen Entwicklungen.3 In verschiedenen ostdeutschen Bundesländern wurden polizeiliche Einsatzkonzepte gegen Rechtsextremismus entwickelt.4 Gerade im Land Brandenburg werden regelmäßig Konzerte extrem rechter Musikgruppen konsequent unterbunden. Das Land ist auch führend im Verbot rechtsextremistischer Vereine und Organisationen. Sieben Organisationen wurden bislang durch den Innenminister verboten und die Verbote durch polizeiliche Maßnahmen umgesetzt. Innerhalb der rechtsextremen Szene, so unsere Ausgangsthese, hat sich die Haltung gegenüber Polizeibeamten, Staatsanwälten und weiteren Vertretern der inneren Sicherheit in den letzten Jahren verändert. Neben einer weiter bestehenden traditionellen positiven Sicht auf die Polizei als Ordnungsfaktor aus einer grundsätzlichen Affinität zum „starken Staat“ heraus, ist die Entwicklung eines spezifischen rechtsextremen „Feindbildes Polizei“ festzustellen. Feindbildkonstruktionen werden als Teil einer „ideologiegesteuerten Sprachverwendung“5 verstanden. Kenner der rechtsextremistischen Szene weisen seit einiger Zeit darauf hin, dass „neuerdings auch Richter und Staatsanwälte und Polizisten“ zum Feindbild der Szene gehören.6 Dies wird immer wieder auch in der Presse erkannt.7 Noch ist die Zahl zielgerichteter Gewaltdelikte EinlEitung 9 auf einem relativ niedrigen Niveau geblieben. Vor der Schilderung von drei Einzelbeispielen heißt es bspw. dazu im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2010: „2010 kam es erneut zu gewalttätigen Übergriffen von Rechtsextremisten auf Polizeibeamte. Anlass waren Polizeimaßnahmen wie Platzverweise, Durchsetzung von Demonstrationsverboten sowie Abbrüche von Konzerten und Feiern.“8 In den szenetypischen Medien des so genannten „Nationalen Widerstands“ ist die Verdichtung eines sich radikalisierenden Feindbildes deutlich zu beobachten, werden Institutionen und Vertreter der inneren Sicherheit regelmäßig diffamiert und zum Teil heftig attackiert und bedroht. Gerade exponierte und engagierte Polizeibeamte 10 EinlEitung und Einsatzleiter werden immer wieder Gegenstand von Schmähungen und Drohungen. Dies ist einerseits als Ausdruck eines gestiegenen Selbstbewusstseins der rechtsextremen Szene zu interpretieren und anderseits auch als Reaktion auf die Professionalisierung polizeilicher Arbeit im Umgang mit rechtsextrem motivierten Straftaten und der Entwicklung entsprechender spezifischer polizeilicher Konzepte auf den Feldern der Repression und Prävention zu verstehen. Einflüsse auf das rechtsextreme „Feindbild Polizei“ stammen z.T. auch aus dem traditionell staatsfernen und staatsfeindlichen US-Rechtsextremismus. Gleichzeitig wirkt in Ostdeutschland die ausgeprägte Systemfeindlichkeit der „Faschoszene“ aus der Spätphase der DDR nach, an die z.T. propagandistisch bewusst angeknüpft wird.9 1. Polizei als Gegenstand rechtsextremer Musiktexte10 In den letzten dreißig Jahren hat sich international und in Deutschland eine vielfältige extrem rechte Musikszene (Rechtsrock) als Teil einer rechtsextremen Jugendkultur herausgebildet.11 Die Anfänge dieser Jugendkultur liegen in der Subkultur der Skinheads. Inzwischen hat sich die Szene stilmäßig ausdifferenziert und seit Ende der 1980er Jahre deutlich politisiert und radikalisiert. Wesentlicher Bestandteil der rechtsextremen Jugendkultur sind Bands und Interpreten, die Lieder mit rassistischen und rechtsextremen Inhalten veröffentlichen oder vortragen bzw. der Konsum dieser Musik. Einzelne Musikformationen, wie etwa die als kriminelle Vereinigung verbotene Musikformation Landser verfügen über einen beträchtlichen Bekanntheitsgrad. Der Rechtsrock-Bereich ist organisatorisch und personell mit der politischen NS-Szene vielfach verknüpft, es gibt zahlreiche fließende Übergänge. Mit Musik, NS-Devotionalien und szenetypischer Kleidung lassen sich zudem inzwischen Millionenbeträge erwirtschaften, die zum Teil wieder in die politische Arbeit investiert werden. Die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde schätzt die Botschaften dieser Musikgruppen folgendermaßen ein: „Alle […] Bands verbreiten – teils offen, teils mehr oder weniger versteckt – rechtsextremistische, antisemitische sowie fremdenfeindliche Propaganda, Zerrbilder des politischen Feindes und rufen zu Gewalt sowie anderen Delikten auf.“12 Das Bundesamt für Verfassungsschutz konstatiert aktuell: „Rechtsextremistische Musik hat für die gesamte Szene eine herausragende Bedeutung. Musikgruppen und Liedermacher transportieren in ihren Texten offen oder unterschwellig rechtsextremistische Feindbilder sowie nationalistische, fremdenfeindliche, antisemitische und antidemokratische Ideologiefragmente. Dadurch vermitteln und verfestigen sie rechtsextremistische Einstellungsmuster.“13 Grundsätzlich lässt sich mit Dornbusch und Raabe die Wirkungsweise rechtsextremistischen Musikkonsums wie folgt beschreiben: „Die mit den Musiktexten vermittelten Deutungsangebote dominieren […] zunehmend die Wahrnehmung beziehungsweise Interpretation gesellschaftlicher (und politischer) Zusammenhänge zu Ungunsten eines realistischen demokratischen Verständnisses.“14 11 Rechtsextreme Musik ist sinn- und ideologiestiftend. Jugendliche mit einer Affinität zur rechtsextremistischen Jugendszene können durch den Konsum rechtsextremer Musik politisiert und ideologisch gefestigt werden. Rechtsextreme Musik ermöglicht einen niedrigschwelligen Einstieg in die Szene und ist Bestandteil jugendlicher Lebenswelt. Rechtsextreme Musik kann für Jugendliche attraktiv sein – sie ist für die extreme Rechte eine „virtuelle Propagandawaffe“15. Geht man davon aus, dass die „Verfestigung einer extrem rechten Einstellung“ bei Konsumenten dieser Musik gerade auch „von der Frequenz des RechtsRock-Konsums“ abhängt16, erscheint die gerade in Brandenburg gängige 12 REchtsExtREmE musiktExtE Praxis, öffentliche rechtsextreme Musikveranstaltungen nach Möglichkeit zu unterbinden, im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes als sachlich angezeigt. In rechtsextremen Liedtexten wird eine große Bandbreite von Themen aufgegriffen. Zum einen werden positive Leitbilder und Narrative angeboten (vermeintliche Helden wie der HitlerStellvertreter Rudolf Hess oder der extrem rechte britische Kultsänger Ian Stewart; Verklärung und Verherrlichung der NS-Zeit; Wikinger-, Kelten-, Germanenmythen usw.). Zum anderen werden zahlreiche Feindbilder und negative Bezugspunkte der extremen Rechten bedient (Holocaustleugnung, angebliche Umerziehung und Unterdrückung der Nation, allgemeine Untergangsszenarien, gesteuerter Volkstod, geplante Ausrottung der weißen Rasse, Juden, Ausländer, Muslime, Homosexuelle usw.).17 Zu den Feinden und Feindbildern gehören dabei auch staatliche Organe der Justiz und Rechtspflege, der Verfassungsschutz und die Polizei. Bereits in der Musik der Skinheadbewegung der 1980er und frühen 1990er Jahre bildeten „der Staat und seine Organe […] vom Politiker bis zum Polizisten […] Angriffspunkte der Texte der SkinheadBands“.18 Die Polizei wird „als greifbares Feindbild aggressiv diffamiert.“19 Dies setzt sich auch in der entstehenden RechtsRock-Szene insgesamt durch: Während Klaus Farin 1999 noch zu dem Schluss kam, das „die Law&Order – Mentalität der Rechtsrocker […] die prinzipielle Staats- und Polizeifeindlich- keit [der Skinheadbewegung/Anm. Verf.] überlagert“, betont Henning Flad wenig später: „Die Polizei wird Ende der 90er Jahre verstärkt zu einem Feindbild“.20 Für diese Untersuchung wurden zahlreiche rechtsextreme Tonträger (erschienen zwischen 1984-2011) gesichtet und nach Begriffen wie Polizei, Polizist, Bulle, Cop, Büttel, Staatsschutz, Verfassungsschutz, Spitzel u. ä. durchsucht.21 Ca. 15.000 Liedtitel wurden durchgesehen. In etwa 500 Liedern geht es (auch) um Polizei. Diese relativ hohe Anzahl aufgefundener Musiktitel war für uns überraschend. Wir haben versucht, die Texte grob verschiedenen Kategorien zuzuordnen. Im Folgenden werden vier inhaltliche Komplexe und jeweils eine exemplarische Auswahl von Textauszügen22 vorgestellt. REchtsExtREmE musiktExtE 13 1.1. Polizeistaat und Polizei als Verfolger und Vollstrecker des Systems In zahlreichen Liedern wird das politische System der Bundesrepublik Deutschland als Polizei- oder Überwachungsstaat bezeichnet. Die Liedtexte charakterisieren die Polizei als Verfolger der nationalen Bewegung. Sie thematisieren angeblich willkürliche und überzogene Polizeieinsätze bei Konzertabbrüchen, Hausdurchsuchungen u. ä. Damit ist oft der Vorwurf verbunden, die Polizei sei allgemein zu lasch und unternehme vorsätzlich nichts gegen linke Kriminelle oder gegen „Ausländerkriminalität“. Weitreichende Verschwörungsmythen werden ausgebreitet, wonach die Polizei mit den „Linken“, der „Antifa“ usw. unter einer Decke stecke. Auch die paranoid antisemitische Projektion einer hinter der Polizei stehenden jüdischen Macht wird gelegentlich herangezogen. Diese Vorstellung wird mit dem Kürzel ZOG zum Ausdruck gebracht23. Generell sieht sich die extreme Rechte als eine systematisch ungerecht behandelte und verfolgte Minderheit an. „Trägst du bei uns eine Rune am Revers, dann zieht man dich knallhart aus dem Verkehr. Dann zerrt man dich blitzschnell vor Gericht und billig wird das ganz sicher nicht. Spätestens ab diesem Moment reagiert der Staat wirklich konsequent. Er hat dich als Gegner registriert, ab sofort wirst du ständig kontrolliert. 14 REchtsExtREmE musiktExtE Für links Autonome, die dich angreifen, scheint der Enthusiasmus auch nicht zu reichen. Die Polizei hat ein viel größeres Problem, du könntest ja tatsächlich auf ’ne Demo gehen. Du könntest ja wirklich deine Grundrechte nutzen, die werden sie dir ja eh noch stutzen. Denn bei Deinesgleichen wird das Grundgesetz auch mal fast lässig außer Kraft gesetzt. Du bist eine Gefahr für dieses Land, das hat die Gemeinde sofort erkannt. Auch die Presse und Staatsanwaltschaft sieht in dir eine dunkle, böse Macht. Darum wird man dich weiter observieren, während sich Kinderschänder ungestört amüsieren. Normale Menschen es kaum verstehen, du bist offensichtlich das größte Problem.“ Burn Down, Du bist im Recht (2005) „Früh um sechs flieg ich aus dem Bett. Die Bullen donnern wie verrückt an mein Brett. Die Tür fliegt auf, mit voller Wucht. Zum hundertsten Mal wird meine Bude durchsucht. Bei der Staatsanwaltschaft stapeln sich die Akten. Tagtäglich ermitteln sie neue Fakten. Wir wissen, dass dieser Staat uns hasst. Doch wir machen weiter, mit einem Bein im Knast.“ Moist Devils, Deutsche Wut (2002) „The fucking cops, the men in blue. Controlled by ZOG, they serve the jew“ Mudoven, Men in Blue (1997) „Du wirst von den Bullen wieder mal verhört, hast wieder mal ein falsches Lied gehört. Viele Schwerverbrecher sind heutzutage frei doch was macht die deutsche Polizei? Wir werden observiert, von Linken attackiert und vom Verfassungsschutz für immer zensiert. Von diesem Staat regiert, der nur abkassiert. Das ist das linke Spiel bei dem der Deutsche verliert. Mit deinen Kumpels trinkst du ein paar Bier doch plötzlich stehen die Grünen vor der Tür. Ohne Grund wirst du inhaftiert während im Park ein Kind ermordet wird.“ Braune Brüder, Zensiert (2006) „Steineschmeißer – Antifa und der Staatsschutz ist auch schon da. Alle sind sie mit dabei, eh alles nur Einheitsbrei“ Sturmwehr, Bettnässer & Hosenscheißer (2009) „Im Kampf gegen ZOG.“ Kampagne für die Freilassung des Polizistenmörders Kay Diesner REchtsExtREmE musiktExtE 15 1.2. Polizei als Feind Aufgrund der unterstellten systematischen Verfolgung wird die Polizei zum anvisierten Feind erklärt. Der Polizei wird der Krieg erklärt bzw. eine Abrechnung oder ein Krieg in der Zukunft prophezeit. Oftmals wird zur direkten Gewalt bis hin zur Tötung aufgerufen. Häufig wird in Refrains die von englischen Subkulturen übernommene Parole „ACAB“ (= All Cops are Bastards)24 eingesetzt. „Du wirst bluten, Bulle! Wo bist Du Bullenschwein? Ich will Deine Augen seh’n, Bulle! Deine Augen! Und dann schick ich Dich zur Hölle! Hö, Bullenschwein! Jetzt hast Du zum ersten Mal Angst, aber das ist nicht wichtig. Wir sind die Jäger, wir töten die Schwachen, damit die Starken überleben! Du kannst die neue Welt nicht aufhalten! Eure stinkende Gesellschaft wird Typen wie uns nie los werden. Wir müssen euch töten! Wir sind die Zukunft! Ihr gottverdammten Bullenschweine, ihr kotzt uns so an. Doch eines schönen Tages, ja da seid ihr dran. Ihr stürmt unsere Konzerte und prügelt auf uns ein, doch eines das ist sicher, wir werden nie verzeih’n. Refrain: Bullen haben Namen und Adressen, kein vergeben und kein vergessen. Bullen haben Namen und Adressen, kein Vergeben und kein Vergessen. 16 REchtsExtREmE musiktExtE Ihr kleinen miesen Pisser, ihr dient diesem Staat. Ihr seid der letzte Dreck, ja des Teufels Saat. Wir hassen euch schon ewig und das wird auch nie vergeh’n und am Tag der Rache wollen wir euch bluten seh’n. Refrain: Bullen haben Namen [...] Ihr gottverdammten Bullenschweine, ihr kotzt uns so an. Doch eines schönen Tages, ja da seid ihr dran. Wir hassen euch schon ewig und das wird auch nie vergeh’n und am Tag der Rache wollen wir euch bluten seh’n. Refrain: Bullen haben Namen [...]“ Weisse Wölfe, Kein Vergeben, Kein Vergessen (2002) „Die Bullen kommen mit Knüppeln an, das machen die sowieso mit Druck und Macht auf Skinheads los: Das macht den Staatsschutz froh. Wir stürmen los und haun den Bullen kräftig eine rein. Grün-weißer Verfassungsschmutz: Der Sieg wird unser sein! Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein. Tritt rein, tritt rein in das Bullenschwein.“ Victor, Tritt rein (o. J.) „Du bist Beamter und Diener des Staates der volksfeindlichen Bundesrepublik, verteidigst ihre Paragraphen und Gesetze, hast keinen Zweifel und kennst keine Kritik. Mit Gummiknüppel schlägst Du den Aufstand systemfeindlicher Kameraden in die Knie, schützt mit Gewalt und ohne Skrupel die sogenannte Demokratie. Wer von Euch den Knüppel hob gegen deutsche Nationalisten: An den werden wir uns erinnern, kommt auf unsere schwarze Listen. Ist Deutschland wieder in deutscher Hand, ja der Tag, der kommt bestimmt … Dann sind wir Eure Herren und es weht für Euch ein anderer Wind. Grüne Wichser, Gesetzeshüter einer Schurkenrepublik. Schützer einer anitvölkisch-kranken Politik. Grüne Wichser, Gesetzeshüter einer Schurkenrepublik. Schützer einer anitvölkisch-kranken Politik. A.C.A.B.! A.C.A.B.! A.C.A.B.! [...] All Cops Are Bastards! (A.C.A.B.!) [...]“ Subhumanbeaters, Grüne Wichser (2005) 1.3. Hilflose Polizei, Selbstjustiz, Ermächtigung zum Handeln Die Polizei wird in manchen Texten als hilflose Institution beschrieben, die vor der Kriminalität kapituliert habe und nicht mehr in der Lage sei, den „normalen“ (deutschen) Bürger vor Gewalt und Verbrechen zu schützen. Dies ist oft mit dem Vorwurf verknüpft, dass nur gegen Rechte vorgegangen werde. Daraus erwächst der Ruf nach Selbstjustiz. „Jeder kleine Türke hat hier ’ne scharfe Wumme. Jeder brave Deutsche ist jeden Tag der Dumme. Oder du stehst ganz plötzlich auf den Todeslisten. Irgendwelcher verrückter linker Terroristen. Glaubst du, dir hilft ein Polizist? So ein blasser grüner Knabe. Da fühl ich mich viel wohler wenn ich meine Pumpgun habe.“ „Deutsche Polizei leise und machtlos, sie machen halt nur ihren Job. Halten sich raus, wirklich aus allem, scheiß egal wie viele Menschen fallen.“ „Auf den Straßen bist du auf dich Allein gestellt, Moral und Gesetz zählen hier nicht. Der Staat ist hilflos, die Polizei viel zu lasch. Das Gesetz zu wahren ist unsere Pflicht.“ Rheinwacht, Armes Deutschland (1995) Landser, Schala-lala-li (1995) Freikorps, Ruf der Wölfe (1992) REchtsExtREmE musiktExtE 17 1.4. Spott- oder Hasslieder gegen einzelne Polizeibeamte In einigen Liedern werden einzelne fiktive oder real existierende Polizeibeamte besungen. So wird z. B. der langjährige Einsatzleiter und Berliner Polizeidirektor Professor Michael Knape (siehe auch S. 25f) mit einem Spottlied bedacht: „Telefonintro: Telefonklingeln: Knape? Herr Professor… Ich bin es wieder. Die Stimme! Haben Sie schon das Lied gehört? Guck mal da, was kommt denn da, mit Blaulicht und Sirene? Der Nazijäger Nr. 1, Alptraum der rechten Szene Refrain: Professor Knape, Großer Held Er ist der klügste Polizist der Welt Professor Knape – der schläft nie Das Genie der Strategie! (uhhh!) Die Jungs vom Scotland Yard, sind Waisenknaben gegen ihn Er ist der Schrecken der Unterwelt Der Sherlock Holmes von Groß-Berlin“ Berlin Allstars, Loblied auf Polizeidirektor Knape (2004) Das folgende Hasslied der Musikformation Gigi & Die braunen Stadtmusikanten beschäftigt sich mit der Messerattacke auf den Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl (siehe auch S. 24): „‚Knusper, Knusper, Knäuschen … … wer knuspert an Mannichls Häuschen?‘ 18 REchtsExtREmE musiktExtE Mannichl geht’s nicht gut, Mannichl geht’s nicht gut, man hat ihn angestochen und dabei verlor er Blut. Wer hat das nur gemacht? Auf wen fällt der Verdacht? Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht. Das war ein Lebkuchenmesserterrorist, ach lieber Michl glaubst du wirklich diesen Mist? Lebt denn der alte Mannichl noch, Mannichl noch, Mannichl noch? Lebt denn der alte Mannichl noch, Mannichl noch? Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch. Ja, er lebt noch, er lebt noch und glaubt an den Mist. Die Skins warn tätowiert, schon war man alarmiert, die größten Idioten haben sofort demonstriert. Doch Mannichl hat’s schwer, ihm glaubt nun keiner mehr, er ist der Märchenonkel deshalb lieben wir ihn sehr. Ist diese Tat denn wirklich so geschehn? Oder hast du’s beim Polizeikasper gesehn? Hetzt denn der alte Mannichl noch, Mannichl noch, Mannichl noch? Hetzt denn der Mannichl noch, Mannichl noch? Ja, er hetzt noch, er hetzt noch, er hetzt noch. Ja, er hetzt noch, er hetzt wie gedruckt. Mannichl geht’s nicht gut, Mannichl geht’s nicht gut, man hat ihn angestochen und dabei verlor er Blut. Wer hat das nur gemacht? Auf wen fällt der Verdacht? Böse Neonazis hat Mannichl sich gedacht. Oh, was erzählt Mannichlchen da nur, das war wohl nichts mit einer ersten heißen Spur! Lebkuchenmessernaziterrorist – Naziterrorist – Naziterrorist. Lebkuchenmessernaziterrorist – Wer glaubt den Mist? „Mmhh, das schmeckt süß. Es ist brauner Lebkuchen, mmhh.” Gigi & Die braunen Stadtmusikanten, Lebt denn der alte Mannichl noch? (2009) REchtsExtREmE musiktExtE 19 2. Polizei auf rechtsextremen Websites25 In jüngster Zeit spielt das Internet als Kommunikationsort und Mobilisierungsmedium eine immer wichtigere Rolle.26 RechtsRock und entsprechende Internetangebote offerieren eine regelrechte neonazistische „Erlebniswelt“.27 Der Themenkomplex Polizei zählt zu den zentralen inhaltlichen Schwerpunkten rechtsextremer Websites. Es findet eine umfangreiche Medienauswertung zu allen Aspekten „rund um die Polizei“ statt. Die inhaltliche Bandbreite ist praktisch grenzenlos: Berichtet wird über Ausländerkriminalität, die Fahndung nach „Kinderschändern“, Maßnahmen der Telefon- und Internetüberwachung, die Kontrolle der Winterreifenpflicht, die Einführung von „Safety Bras“ bei der deutschen Polizei etc. Zurückgegriffen wird oft auf überregionale Tageszeitungen, Regionalblätter, Internetdienste sowie auf Fernsehberichte (z. B. SPIEGEL-TV). Die tagesaktuellen Beiträge werden verlinkt, zitiert, oft auch vollständig übernommen. Im Anschluss daran können die Beiträge über die Kommentarfunktion diskutiert werden. 2.1. Grundsatzdebatten Die Zahl der Beiträge, in denen das Verhältnis zur Polizei in einer grundsätzlichen Weise thematisiert wird, hält sich in Grenzen. Eine der wenigen umfangreichen Grundsatzdiskussionen findet sich im deutschsprachigen Thiazi-Forum unter dem Titel „Eure Einstellung gegenüber der Polizei“. Einige Zitate aus der Diskussion: „Fest steht aber auch wenn der Tag X kommen sollte muß auch bei der Polizei mit dem großen Besen duchgefegt werden.“ 20 „Und ja, wir brauchen eine Exekutive, deswegen sehe ich keinen Grund, Bullen abzuschaffen wie es einige Anarcho-Nationale (?) hier wohl gerne hätten. […] Wir sind hier nicht in einem Kasperletheater! […] ACAB! Schafft die Bullen ab! Na, dann schauen wir mal, wie es sich in einer Anarchie so lebt! Dann könnt ihr euch ja zu den Punks in der Karlsruher Innenstaft gesellen. Die schreien auch immer ‚Bullen sind scheisse‘.“ „Nur ein neu erstarkter nationalsozialistischer Staat in Deutschland kann die Polizei wieder zu dem machen, was sie einst war, was sie sein sollte. Zum Freund und Helfer.“ Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass viele User in diesem Thread polizeistaatliche Vorstellungen vertreten, die mit demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien nicht in Einklang zu bringen sind. In einem Teil der Beiträge wird offen gefordert, man solle sich am historischen Vorbild der nationalsozialistischen Polizei orientieren. Derartige „Argumente“ finden sich z. B. auch in der Thiazi-Diskussion „Bremer Polizei warnt vor Triebtäter – statt diesen aus dem Verkehr zu ziehen“: „die untätigkeit der polizei in den ‚goldenen zwanziger jahren‘ gegen verbrecher aller art wurde immer wieder damit erklärt (wie auch heute) das man verbrechen nie ausmerzen könne. das wurde aber ab 1933 durch eine wahrhafte vokspolizei, glänzend wiederlegt. das berliner scheunenviertel bevorzugtes rückzugsgebiet von judengauern und gelumpe aller herrenländer ,wurde eines tages durch berliner schupos hermetisch abgriegelt und wohnung für wohnung durchsucht, nach geheimgängen und verstecken ausschau gehalten. alles was an unsicheren kandidaten aufgeriffen wurde, sofern es deutsche waren, 3 monate zur sommerfrische nach oranienburg oder dachau entsendet. danach war ruhe und ordnung bis 45‘.“ „Damals gab es auch Leute wie Heydrich. Die würden sowas nicht durchgehen lassen – und das Volk wusste das auch.“ In anderen rechtsextremen WebsiteKommentaren werden staatsfeindlich-individualistische Haltungen vertreten. So heißt es z. B. in einem Altermedia-Kommentar: „Persönlich bin ich der Meinung, dass die Polizei abgeschafft gehört. Ich wurde z. B. noch nie in meinem Leben ausgeraubt. Außerdem sollte man den Erwerb von Schusswaffen vollkommen freigeben, damit jeder in Sicherheit leben kann. Wenn mich dann jemand schlägt oder belästigt schieß ich ihm einfach ne Kugel ins Gesicht, wozu braucht man dann noch ne Polizei.“ Derartige Tendenzen finden sich gelegentlich auch bei der NPD. Hier zwei Zitate aus der Online-Ausgabe der Parteizeitung „Deutsche Stimme“: „In Zeiten, in denen die Bevölkerung schutzlos kriminellen Zuwanderern preisgegeben wird, muß die Bevölkerung sich wieder selbst schützen lernen.“ „Privater Schußwaffenbesitz erhöht die innere Sicherheit.“ REchtsExtREmE WEbsitEs 21 2.2. Die Polizei als Freund Die Polizei wird im rechtsextremen Internet keineswegs ausschließlich negativ gesehen. In vielen Beiträgen werden neutrale Begriffe (Polizei, Polizist, Staatsschutz etc.) verwendet. In manchen Negativbezeichnungen (z. B. „Schergen der Demokraten“, „Marionette des Apparats“, „brd-Büttel“) wird zudem primär die angebliche Funktion des Polizisten angegriffen, weniger die Person. Im Vergleich zu anderen Gruppen (Ausländer, Juden, Schwule, Kriminelle etc.) kommen Polizisten jedenfalls „noch gut weg“. Die Polizei spielt im rechtsextremen Denken eine wichtige Rolle. Sie ist als Organ unverzichtbar zum „Aufräumen“ und zur Schaffung einer nationalsozialistischen Ordnung. Man schätzt die hierarchischen Strukturen, die Uniformierung und die Problemlösung durch Gewalt. So schreibt ein User im Skadi Forum: „If some crack head hanging in the middle of the street or some crook gets their head bashed in with a night stick, who am I to have something against it.” Im Senftenberger Blog (SFB Infos) heißt es in einem Kommentar: „Die Polizei ist nicht unser Feind und wir kämpfen auch nicht gegen sie, sondern für das Überleben und eine Zukunft unseres Volkes.“ 22 REchtsExtREmE WEbsitEs Die Argumentation auf vielen rechtsextremen Websites ist oftmals durchaus „polizeifreundlich“. Man zeigt Verständnis für schlechte Arbeitsbedingungen und mäßige Bezahlung. „Jeder gut ausgebildete Dachdecker verdient mehr“, meint ein User im Thiazi Forum. Einsparungen im Polizeibereich (wie z. B. die geplante Schließung von Polizeiwachen in Brandenburg) werden kritisiert. Zu erwähnen sind in diesem Kontext insbesondere die zahlreichen Erklärungen der NPD. „NPD unterstützt Volksinitiative der Polizei“ [zur Polizeireform Brandenburg, mit Link zur Unterschriftensammlung der GdP]. „NPD-NRW solidarisiert sich mit Duisburger Polizei“ [gegen Vorwürfe einer Bundestagsabgeordneten der Linken] „NPD unterstützt Polizeigewerkschaft: Thierse muß weg!“ Nicht selten wird behauptet, es gebe auch innerhalb der Polizei Sympathien für rechtsextremes Gedankengut. Die folgenden drei Zitate stammen aus dem Thiazi-Forum: „Die sind manchmal schon recht freundlich und erzählen sogar mit uns übers Wetter usw. Und dann im stillen und kleinen hört man auch mal: Eigentlich finde ich es ja gar nicht schlecht, was ihr macht.“ „Als wir am Gedenkstein nach einer eindrucksvollen Gedenkrede für die Opfer unsere Kränze ablegten und in einer Schweigeminute verharrten, nahmen viele der anwesenden Polizisten Haltung an und Helm ab. Diese Geste hat viele von uns beeindruckt.“ „Hab auch schon am ende einer demo mitbekommen wo wir die nationalhymne gesungen haben das ein bulle mitgesungen hat… (alle bullen saßen mehr oder weniger, ausser der eine…) Doch leider sind ganz wenige polizisten gute polizisten.“ Interessant ist in diesem Kontext die sehr umfangreiche Diskussion „‘Antisemitismus-Skandal‘ an Polizeischule“ auf Thiazi. Dort meldet sich ein angeblicher Polizeischüler („Freund der Sonne“) zu Wort, der sich u. a. über seine Berufswahlmotive äußert: „… kann man so aktiv mithelfen die Straßen von ‚Schmutz‘ und ‚Ungeziefer‘ zu säubern. Und ich wollte schon immer mal schießen um ehrlich zu sein.“ Ein angeblich früherer Angehöriger des Bundesgrenzschutz (BGS) behauptet: „Eingestellt wurde ich übrigens aufgrund meiner Nationalsozialistischen Einstellung …“ Der User „Robert“ will (offenbar vom Hörensagen) wissen, dass in einer Polizeischule im Rahmen der Staatsbürgerkunde das Horst-Wessel-Lied gespielt wurde: „Als die Musik einsetzte, stand die gesamte Klasse auf, reckte den rechten Arm nach oben und sang das jeweilige Lied mit Es gab keine Probleme mit dem Text. Es erübrigt sich, die Reaktion des Lehrers zu beschreiben, der mit hochrotem Kopf zwar Fraktur redete, aber es blieb dabei belassen. Ab diesem Zeitpunkt hörte man keine Platten mehr.“ 2.3. Die Polizei als Feind Andererseits sind sich die rechtsextremen Internetaktivisten natürlich darüber im Klaren, dass die Polizei dem System dient, das die extreme Rechte bekämpfen und abschaffen will. So heißt es im Skadi Forum: „As part of the system, which we reject and fight against in it’s entirety, they’re part of the problem; and become enemies like the rest of the system they chose to work for.” Doch Polizisten werden nicht nur gehasst, weil sie dem System dienen, sondern auch weil man annimmt, dass sie im Zweifel jedem System dienen würden. (Letzteres erscheint manchem noch schlimmer.) Ein Skadi-User sieht es so: REchtsExtREmE WEbsitEs 23 Auf der Internetseite des „Nationalen Widerstands Berlin“ heißt es: A.C.A.B.-Button aus dem rechtsextremen Onlinehandel „The police, I don’t trust them or like them… the fuckers would sell their grandmothers for a pension and they have done more harm to the far right in the UK than anyone.” Die Polizei wird in umfassender Weise beobachtet. Quantitativ steht die Demonstrationsberichterstattung im Vordergrund. Polizeiliche Aktivitäten werden in eigenen Texten ausführlich beschrieben, kritisiert und oft auch fotografisch dokumentiert. Auch strategische und taktische Überlegungen zum Verhalten bei zukünftigen Aktionen sind in manchen Internetforen nachzulesen. „Einige Wochen vor der Maidemonstration in Berlin wurde ein bisher noch zu stark vernachlässigtes Thema aufgegriffen: Wie verhalte ich mich im Rahmen von Demonstrationen, bei Übergriffen durch Linke oder Polizisten. Um auf diesen Fall besser vorbereitet zu sein, wurde dies von ca. 50 Nationalen Sozialisten geübt. So wurde nun im Raum Berlin ein ruhiges Waldstück ausgewählt und der ‚Sportplatz‘ in Beschlag genommen.“ Allzu heftige Kritik an der Polizei ist bei manchen Usern allerdings unbeliebt. Dazu ein Zitat aus dem Thiazi Forum: „Würde es heutzutage eine Polizei unter NS-Führung geben, würden einige jammernde vermeintliche Nationalsozialisten den Knüppel noch härter spüren, als sie es unter ‚BRD-Mandat‘ gewohnt sind. Viele würden sicherlich schneller in Arbeitslagern verschwinden, als sie ‚Adolf‘ sagen könnten…“ 2.4. Demonstrationsberichterstattung Im Mittelpunkt steht die Kritik an vermeintlicher „Polizeiwillkür“: Der Polizeieinsatz sei „völlig überzogen“28 gewesen, es habe „Schikanen“ gegeben und die Polizei habe „provoziert“. Oft wird behauptet, die Polizei bevorzuge oder schütze linke Demonstranten und kooperiere mit diesen. Aus einem 24 REchtsExtREmE WEbsitEs Demonstrationsbericht im „Nationalen Informationsportal Teltow-Fläming“: „Die Polizei ließ sich […] jede Menge Zeit die Blockierer wegzuräumen und fasste diese regelrecht mit Samthandschuhen an. […] Die Polizei war allerdings recht schnell dabei die kleine Pause zu nutzen um ein halbes dutzend Nationaler Widerstandskämpfer aus fadenscheinigen Gründen festzunehmen.“ die ‚Kelle‘ schwingen […]“ (Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland). Weitere beliebte Argumentationsmuster: Die Polizei sei „unfähig“. Man habe die Polizei an der Nase herumgeführt.29 Beliebt sind amüsante Anekdoten über polizeiliche Maßnahmen.30 Berichtet wird jedoch auch über Begegnungen mit „freundlichen“ Polizisten und über gelegentliche Erfolge in der „Zusammenarbeit“. „Nur durch die gestochen scharfen Fotos der ‚Anti – Antifa‘ war es der Polizei möglich, den Flaschenwerfer zu verhaften“ (Nationales Informationsportal Teltow-Fläming). „Schönes Wetter und relativ freundlich gesinnte Polizisten erwarteten uns […]“ (Nationales Informationsportal Teltow-Fläming). „[…] die Kinder durften sich derweil im ‚großen Polizeiauto‘ vergnügen und einmal Zur Koordination von Demonstrationen (z. B. Dresden 2011) wird auch auf die Kommunikationsplattform Twitter zurückgegriffen (Vorab-Berichterstattung über Gerichtsurteile, Mitteilung von Infonummern, Hinweise zur Anreise, „Echtzeitberichterstattung“ vom Demonstrationsgeschehen, Nachbereitung usw.). Häufig wird dabei von Verlinkungen Gebrauch gemacht (Berichte, Blogs, Videos u. ä.). 2.5. Engagierte Polizeibeamte im Visier Das Feindbild Polizei wird in der rechtsextremen Szene nicht nur abstrakt propagiert. Vertreter der Polizei werden im Internet auch namentlich genannt und „ins Visier“ genommen. Die Bandbreite der Internetaktivitäten ist dabei groß: – Veröffentlichung biographischer Informationen – Kontinuierliche Berichterstattung/ Kommentare zu beruflichen Aktivitäten – Aktionen und Kampagnen – Strafrechtlich relevante Beiträge (persönliche Beleidigungen, Aufruf zu Gewalttaten, Benennung des Wohnorts u. ä.) REchtsExtREmE WEbsitEs 25 Alois Mannichl31 In einem sehr großen Teil der gesichteten Internetbeiträge wird auf den bis heute nicht aufgeklärten Anschlag auf Alois Mannichl Bezug genommen.32 Dies geschieht in vielen Texten und gra- http://www.pi-news.net/ www.kompakt-nachrichten.de 26 REchtsExtREmE WEbsitEs fischen Abbildungen durch Anspielungen auf die Tatwaffe, die in den Medien fälschlicherweise als Lebkuchenmesser bezeichnet wurde.33 Michael Knape Neben Alois Mannichl steht seit Jahren vor allem der engagierte Berliner Polizeidirektor Prof. Michael Knape im Fokus der rechtsextremen Szene.34 Die Diskussionen zu Knape in den rechtsextremen Foren (insbesondere Thiazi) sind schon aufgrund ihrer Quantität kaum überschaubar. „Auf jeden Fall gehe ich zu jeder Veranstaltung, Feier, Party, etc., auf auch Herr Polizeidirektor Knape auftauchen könnte…“ („Lunikoff“) Polemisch kommentiert wird Knapes Tätigkeit immer wieder vom rechtsextremistischen „Bewegungsunternehmer“35 Christian Worch. „Gegen das Tragen von Sonnenbrillen und Baseballkappen gäbe es keine Einwände. (Danke, Herr Professor! – Sie lesen die selben Gerichtsbeschlüsse wie ich, denke ich. – Oder, richtiger, Sie lesen Gerichtsbeschlüsse, die ich erwirke…)“ Auch die NPD meldet sich zu Wort: „Wenn einer der Betroffenen weniger bequem wäre und einen erfahrenen Rechtsanwalt aufsucht, dann könnte Herrn Knape und seinen Polizisten von Verwaltungsrichtern sehr gute Nachhilfe in Sachen Rechtsstaat erteilt werden. Das Versammlungsrecht kann nämlich nicht von der politischen Großwetterlage abhängig gemacht werden, Herr Knape!“ (Frank Schwerdt) Vergleichsweise sachlich fällt der Bericht eines Thiazi-Autors über die Teilnahme Knapes an einer Tagung der Ebert-Stiftung aus. Der Tonfall der meisten Beiträge ist aber äußerst aggressiv und überschreitet u. E. manchmal die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz. Dazu drei Beispiele aus anderen Internetforen: „Ich habe vor jedem braunen Hetzer der sich nicht unterdrücken lässt und für seine Überzeugung notfalls in den Knast geht mehr ‚Achtung‘ als vor solchem Menschenmüll wie dem Michael Knape. Er ist Direktionsleiter der Polizeidirektion 6 in Berlin, und sein Lebensziel scheint er im ‚erlegen‘ von Neonazis zu sehen. So ein richtig kleiner Hitler, nur das andere Extrem. Ich würde mich öffentlich im Internet freuen wenn jemand diesen üblen Faschisten von dieser Erde tilgt. Info: Er wohnt in Berlin Heiligensee! Wenn ich auf die Schnelle noch dessen Adresse gefunden hätte, hätte ich sie auch angegeben. Dafür gibt es dann von mir noch eine mediale Belohnung.“ „Diesem Kasper wünsche ich von ganzen Herzen, dass er nachts mal von diesen Menschen anderer Hautfarbe so sehr zum Krüppel geschlagen wird, dass er zwar seinen Job nie mehr ausführen kann, sich dafür aber immer noch daran erinnern kann, was für eine schädlichen Unsinn er einst verzapfte.“ „Also, wenn der Herr Knape ein ehemaliger Vopo ist, dann ist es auch nicht verwunderlich, daß er vergaß, sein Lebkuchenmesser REchtsExtREmE WEbsitEs 27 bereit zu legen. Vopos, waren schon immer geistiger Müll! Er sollte mal bei Herrn Mannichl nachfragen, wie das geht mit Anti- Rechts. Ein wenig stecheln und dann Karriere machen! Das hat ein blöder Ossi eben nicht drauf“ http://www.streetwear-tostedt.de/bilder/artikel/TSFestgefestigt.jpg Bernd Merbitz Ein weiterer Polizist im Blickfeld der extremen Rechten ist der langjährige Landespolizeipräsident von Sachsen und jetzige Leipziger Polizeipräsident, Bernd Merbitz, dem das rechtsextreme OnlineLexikon Metapedia sogar einen eigenen Artikel widmet. Bernd Merbitz hat sich über Sachsen hinaus mit seinem Engagement gegen Rechtsextremismus einen Namen gemacht und dafür u. a. 2009 den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland erhalten. Die Beiträge zu Merbitz stammen zum Teil aus den Reihen der „freien Kräfte“ in Sachsen, aber häufig auch aus verschiedenen Untergliederungen und der Landtagsfraktion der sächsischen NPD. Doch 28 REchtsExtREmE WEbsitEs auch in den überregionalen Webangeboten (Altermedia, Thiazi, Rocknord, aber auch: Junge Freiheit und BlaulichtBlog) wird auf Merbitz eingegangen. Auffallend ist die hohe Redundanz: Die Beiträge tauchen häufig in mehreren Foren bzw. Blogs auf. Die Quellenbasis für die biographischen Aussagen ist überaus schmal (im Wesentlichen: ein 1990 in der Süddeutschen Zeitung erschienener Artikel über Merbitz) und die wenigen „Argumente“ wiederholen sich (z. B. immer wieder der Hinweis auf die Verleihung des Paul-Spiegel-Preises an Merbitz). In fast allen Beiträgen wird auf die DDR-Biographie von Merbitz Bezug genommen. Zwei Beispiele: Altermedia berichtete über eine Aktion rechtsextremer Aktivisten im Kreistag des Muldentalkreises, wo Merbitz der CDUFraktion vorsaß. Hier wurde ein Transparent mit folgender Aufschrift entrollt: „AUF NIMMER-WIEDERSEHEN GENOSSE VOPO-MAJOR“. Die NPDFraktion im Sächsischen Landtag beantragte die Missbilligung der Ernennung zum Landespolizeipräsidenten am „Tag der Deutschen Volkspolizei“. Kommentare zu einem Beitrag über Merbitz im Internetportal „Gesamtrechts“: „Typisch Judenrepublik: Ein schwerkrimineller EX-SEDler wird Polizeipräsident.“ Der Tonfall ist in vielen Kommentaren äußerst aggressiv. Auf Altermedia heißt es z. B.: „Es wäre angebracht, von diesem VOPOSchwein Faxnummer oder Mailadresse ins Internet zu stellen. Ansonsten hat man keine Chance, bei dieser wendehalsigen Kommunistensau die Anzahl der geglückten Abschüsse an der innerdeutschen Mauer abzufragen.“ „@Merbitz deine Weide steht schon“. „Es waren ja auch massig ehemalige NSDAP-Mitglieder nach dem Krieg wieder politisch aktiv. Kiesinger lässt grüßen.“ „Und wann wird Herr Merbitz endlich geohrfeigt? ;)“ Im RockNORD-Forum schreibt ein User: „Gib mir ein G … und bring mich 100 meter an ihn ran und die Diskussion ist beendet“ Jörn Preuß Ein weiteres Beispiel ist der ehemalige Leiter des Polizeischutzbereichs Dahme-Spreewald Jörn Preuß. In mehreren Beiträgen wird Preuß‘ berufliche Vergangenheit bei der Volkspolizei erwähnt. In einem Beitrag auf spreelichter.info wird Preuß folgendermaßen zitiert: „Die Spreelichter wissen, dass wir an ihnen dran sind und sie auch durch den Verfassungsschutz beobachtet werden. […] Wir sind […] mit deren Arbeitgebern sowie Ausbildungsbetrieben und Hochschulen im Gespräch.“ Der Spreelichter-Autor dies folgendermaßen: kommentiert „Spätestens hier riecht alles nach Zuständen, wie man sie aus der Zeit vor 1989 kennt: Eine Systempresse, die im Schulterschluss mit den Repressionsorganen des Staates Druck ausübt, hetzt und Kriminalität herbeiredet. Der 48-jährige Preuß mag dies noch aus Zeiten des Beginns seiner Laufbahn bei der Volkspolizei im Jahre 1980 kennen, als er die Offiziersschule der Bereitschaftspolizei in Dresden besuchte.“ REchtsExtREmE WEbsitEs 29 2.6. Fotos von Polizisten „Unterlassen Sie es sicherheitshalber, Polizeibeamte zu fotografieren und deren Bilder zu veröffentlichen“, heißt es in einer Empfehlung des Deutschen Rechtsbüros.36 Dieser Rat wird von vielen rechtsextremen Internetaktivisten nicht beachtet. Umfangreiches Fotomaterial findet sich beispielsweise beim „Nationalen Demonstrationsbeobachter“, im Senftenberger Blog, auf spreelichter.info sowie auf der Homepage der Freien Kräfte Königs Wusterhausen. Überwiegend soll mit den Fotos das Verhalten der Polizei dokumentiert werden; insofern ergänzen bzw. illustrieren sie die Texte. Fotografiert wird manchmal vorsichtig aus der Distanz (die Polizisten sind nur von hinten oder verschwommen abgebildet). 30 REchtsExtREmE WEbsitEs Auf anderen Fotos sind die Gesichter der Polizeibeamten hingegen deutlich zu erkennen. Fotos von Polizisten werden im Übrigen nicht nur im Kontext der Demonstrationsberichterstattung herangezogen. Auffällig ist, dass oft auch Textbeiträge mit Polizistenfotos versehen sind, in denen die Polizei gar keine Rolle spielt. Derartiges findet sich z. B. auf der Website spreelichter.info. Es handelt sich hier um eine der wenigen rechtsextremen Internetseiten, die ein durchdachtes gestalterisches Konzept erkennen lassen. Die weitgehend in SchwarzWeiß gehaltenen Fotos weisen durchweg eine hohe handwerkliche Qualität auf und wären teilweise auch in nichtrechtsextremen Medien vorstellbar. 2.7. Rechtsextreme „verteidigen“ den Rechtsstaat „Unter Bezeichnungen wie ‚Rechtsextremisten‘, ‚Rechtsradikale‘, ‚Neonazis‘, ‚Nazis‘, ‚Faschisten‘ und ähnlichem findet ein kalter Bürgerkrieg gegen Bürgerrechtler, Dissidenten, Freiheitskämpfer und Oppositionelle statt.“ Die Polizeikritik auf rechtsextremen Internetseiten ist nicht selten juristisch formuliert. Angeblich „rechtswidrige“ Handlungen der Polizei werden oft aus einer scheinbar liberalen, bürgerrechtlichen Perspektive thematisiert. Zu den wichtigsten Kritikpunkten gehören: – die angebliche Verletzung von Grundrechten (Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerung usw.) – der als „Gesinnungsparagraph“ bezeichnete § 130 des Strafgesetzbuchs37 – Vereinsverbote sowie die anhaltende Diskussion um ein NPD-Verbot – Vereinzelt wird auch ein Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes in die Diskussion gebracht. So meinte der NPD-Politiker Udo Pastörs im Februar 2010 vor dem Hintergund eines durch Gegendemonstranten verhinderten rechtsextremen „Trauermarsches“ in Dresden: „Und ich habe großes Verständnis dafür, wenn jetzt in Kameradenkreisen darüber diskutiert wird, ob es nicht langsam an der Zeit sei, auf der Grundlage des Artikels 20, Absatz 4 des Grundgesetzes dem Unrechtssystem BRD aktiven Widerstand entgegenzusetzen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, REchtsExtREmE WEbsitEs 31 wann die Polizei das erste Mal auf friedliche, nationale Demonstranten schießen wird.“ Bei manchen Blogkommentaren und Forenbeiträgen muss man aus sprachlichen und inhaltlichen Gründen vermuten, dass sie von Juristen verfasst sind. „Vor allem freut es mich aber, immer mehr Juristen in der Bewegung begrüßen zu dürfen. Nach dem tragischen Ableben Jürgen Riegers braucht es einige Nachrücker, um diese Lücke zu schließen!“ (Kommentar auf spreelichter.info) „Da kann ich ja froh sein, dass ich meine Scheine bei Ministerialdirigent Dr. Glauben gemacht habe und nicht bei dir“ (Kommentar im Thiazi Forum). Weit verbreitet sind juristische Ratgeber zu den unterschiedlichsten Themen, die oft – aber nicht ausschließlich – vom Deutschen Rechtsbüro verfasst wurden.38 Andererseits ist die Berufung auf den Rechtsstaat in der rechtsextremen Szene keineswegs unumstritten. So schreibt z. B. das Aktionsbüro Nordsachsen im Februar 2011 anlässlich gescheiterter rechtsextremer Demonstrationen in Dresden: „Die Nationale Bewegung braucht künftig völlig andere Konzepte und Methoden im Kampf gegen das System. Diese sollten aber auf keinen Fall darauf wurzeln, das Grundgesetz im Rücken zu haben.“ 2.8. DDR-Vergleiche 32 Auf praktisch allen ausgewerteten Internetseiten wird die Bundesrepublik Deutschland gelegentlich mit der DDR verglichen.39 Besonders beliebt ist der Stasi-Vergleich. Auf der Homepage der Rechtsrockband „Spreegeschwader“ ist zu lesen: zert mit riesiger Stimmung in Ungarn! Was allerdings übel aufstieß, war die Tatsache, dass man einer legalen Band mit derartig ‚DDR-lastigen‘ Methoden die Reisefreiheit einschränkt. Ob es auch noch den Schießbefehl gibt, sollte die Band unerlaubt die Staatsgrenze überschreiten ???“ „Bereits 2002 versuchten LKA und Verfassungsschutz mit Hilfe eines Ausreiseverbotes, die Band ‚Spreegeschwader‘ daran zu hindern an einem Konzert in Ungarn teilzunehmen. Die Band spielte allerdings einige Wochen später rotzdem ein großartiges Kon- Im Senftenberger Blog heißt es: REchtsExtREmE WEbsitEs „Es ließ nicht allzu lange auf sich warten, und auch das neue System entpuppte sich als Überwachungs- und Unterdrückungsapparat, in dem nur derjenige liebsam ist, der schweigend zusieht und sich nicht dagegen wehrt. Altes behielt Methode und wurde nochmals verfeinert. Jene Täter von einst erhielten erneut Einfluss, Macht und Positionen, die Verbrechen von einst wurden unter den Tisch gekehrt. Alles Unliebsame muss wieder verfolgt, unterdrückt, eingesperrt und mundtot gemacht werden. Ihre Fußtruppen stehen wieder bereit.“ Besonders häufig wird der DDR-Vergleich auf den beiden südbrandenburgischen Websites spreelichter.info und Senftenberg Infos verwendet. Im Senftenberger Blog findet sich kaum ein polizeibezogener Beitrag ohne DDRVergleich. Thematisiert werden u. a. – personelle Kontinuitäten: z. B. MfSMitarbeiter im Brandenburgischen Polizeidienst – angebliche methodische Kontinuitäten: z. B. „staatsfeindliche Hetze“ gestern – §130 heute; Verbot von Blues-Messen gestern – Rechtsrockverbot heute; Telefonüberwachung gestern – Internetüberwachung heute Auf den beiden südbrandenburgischen Internetseiten wird die Geschichte von Opposition und Widerstand in der DDR aber auch eigenständig (d.h. ohne unmittelbaren Gegenwartsbezug) bearbeitet. In beiden Blogs finden sich immer wieder Zitate bzw. längere (nicht autorisierte) Textauszüge von Bürgerrechtlern, Künstlern und Wissenschaftlern (z. B. Jürgen Fuchs, Sibylle Schönemann, Christa Wolf, Hubertus Knabe). Mehrere Blogeinträge sind mit Szenenfotos aus dem Film „Das Leben der Anderen“ versehen. 2.9. Die Freiheit des Internets „Mit der Befreiung der Information von der physischen Bindung an das Papier durch ihre Digitalisierung haben die traditionellen Kontrollmechanismen ein Ende gefunden. Das Meinungsmonopol der Herrschenden schwindet und jeder, der Zugang zu einem Rechner hat, kann sich heute nicht nur außerhalb der vorgeschriebenen ideologischen Grenzen informieren, sondern besitzt auch eine Stimme, die gehört werden kann. Das ist der Grund, warum wir so viel Energie für die Arbeit im Netz aufbringen und auch dafür, warum die Demokraten das Netz durch die Anwendung des Zugangserschwerungsgesetzes unter ihre Kontrolle bringen wollen“ (spreelichter.info). Die Debatten über Internetbeschränkungen (Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung, Sperrung von Kinderpornographie usw.) werden auch in rechtsextremen Blogs und Foren aufmerksam verfolgt. Wiederum ist hier die Internetseite spreelichter.info REchtsExtREmE WEbsitEs 33 zu erwähnen, auf der sehr kenntnisreiche Texte zu Internetthemen zu lesen sind. spreelichter.info vertritt dabei eine scheinbar liberale Position,40 die sich auf den ersten Blick kaum von der Haltung anderer netzpolitischer Blogs unterscheidet.41 Unter dem Titel „Vorsicht, Stasi hört mit!“ bekommt der ge- neigte Leser Empfehlungen zur Abwehr des „Bundestrojaners“ mit Hilfe von „Knoppix“ und „Truecript“. Unter der Überschrift „Transparente Polizeiarbeit“ amüsiert sich spreelichter.info über die versehentliche Veröffentlichung polizeiinterner Daten durch den Versand einer Word-Datei. 2.10. Polizei und „Ausländer“ Zahlreiche Beiträge thematisieren eine gegen die angebliche grassierende Ausländerkriminalität und gezielte Überfremdung wehr- und hilflose Polizei. Nach der Demonstrationsbeobachtung steht dieses Thema quantitativ an zweiter Stelle.42 Im Einzelnen werden insbesondere die folgenden Aspekte diskutiert: – „Ausländerkriminalität“ in Großstädten: Polizei schaue weg, traue sich nicht in Berliner Problemviertel. Auffallend häufig wird in diesem Kontext aus Stellungnahmen von Vertretern der GdP zitiert. Beliebt sind außerdem anonyme Zitate und Verweise auf angebliche Äußerungen von Polizeibeamten. So schreibt ein User im Thiazi Forum: „‚80% der Straftaten hier in der Ecke sind von dem Asylheim ausgehend‘ sagte mir mal ein Polizist von hier hinter vorgehaltener Hand.“ – Kritik an der Anwerbung „fremdrassiger“ Polizisten, also der Einstellung von Beamtinnen und Beamten mit Migrationshintergrund: Diese bevor34 REchtsExtREmE WEbsitEs zugten angeblich ihre Landsleute, ließen sich besser im Kampf gegen Rechts und zur Unterdrückung der „deutschstämmigen“ Einwohner einsetzen. – Kriminalitätsstatistiken werden angeblich bereinigt, die Täterherkunft dürfe nicht benannt werden. „Da muss ich Mitleid mit den heutigen Polizeibeamten haben. Noch vor 25 Jahren, als ich im Streifendienst stand, waren solche Dinge undenkbar. Warnschuss, wenn das nicht hilft, 9mm in die hohle Birne. Und kein Staatsanwalt wäre gegen den Polizisten vorgegangen. Jeden Tag eine solche Migratte hinweggepustet und der Abschaum wäre in einem Jahr außer Landes“ (Kommentar im Thiazi-Forum). „Tja, der Deutsche Polizist darf sich nicht gegen den rassisch minderwertigen Aggressor wehren. Vor 70 Jahren wäre so etwas noch völlig undenkbar gewesen. So will uns der Jude demütigen“ (Kommentar im Thiazi Forum) 2.11. Polizeinahe Foren Rechtsextreme Äußerungen finden sich auch in Internetforen, die angeblich oder tatsächlich von Polizeiangehörigen organisiert werden.43 Das stark frequentierte Forum „Copzone“ wird von Henning Oelschläger (Osterrönfeld) verantwortet, der selbst bei der Bundespolizei tätig sein soll. Trotz eindeutiger Kommentarregeln („Beleidigungen, sexuelle Anspielungen und sexistische oder rassistische Äußerungen sind untersagt.“) werden in den Forumsdiskussionen auch rechtsextreme bzw. rassistische Argumentationsmuster verwendet. Es gibt hierbei allerdings immer wieder auch User, die argumentativ deutlich dagegenhalten. So wird z. B. der Thread „Arabische Großfamilien, Staat kuscht vor kriminellen Clans“ vom Moderator „Trooper“ mit folgenden Worten geschlossen: „Und das wars… jetzt reichts mir. Ich habe x-mal und immer wieder klargestellt, daß es in diesem Forum keine gesellschaftspolitische Debatte zum großen Gesamtthema Migration/Integration geben wird. Das Thema sprengt erstens den Rahmen der Copzone und führt zweitens unweigerlich dazu, daß Leute auf verschiedensten Seiten der Debatte ausfällig werden und häßliche Äußerungen aus dem extremistischen Lager von sich geben… und ich habe schlicht und einfach weder Zeit noch Lust dazu, so einen Thread 24/7 zu überwachen. Wenn ihr nicht willens und in der Lage seid, beim Thema zu bleiben, habt ihr es euch wieder mal selbst zuzuschreiben.“ Der „Blaulicht-Blog“ soll nach Angaben der Betreiber „dazu dienen, daß Polizei- und Justizmitarbeiter sich zu ihrem Alltag äußern können“. Man sei „wertkonservativ“. Und wolle „zeigen, wo der Werteverfall in Deutschland direkte oder mittelbare Auswirkungen auf den Polizeialltag hat.“ Die Blogregeln enthalten Distanzierungen vom Antisemitismus sowie vom Links- und Rechtsextremismus. Häufig distanzieren sich die Autoren von der NPD. Das Impressum enthält neben einer Kontaktmailadresse lediglich den Hinweis auf eine „Koc Ofis Hizmetleri Holding“ in Ankara. Das mangelhafte Impressum wird (in Reaktion auf einen Userkommentar) wie folgt begründet: „Solange es Berufsdenunzianten gibt; Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung durch die Antifa und Linksradikale verleumdet und gesellschaftlich zerstört werden, werden Sie ein Impressum vergeblich suchen.“ Auffallend ist die positive Bezugnahme auf die Wählervereinigung „Bürger in Wut“ sowie die Thematisierung von Ereignissen in der Hansestadt Bremen. Der Blaulicht-Blog enthält zahlreiche, teilweise durchaus sachlich formulierte Texte bzw. Diskussionen zu polizeipraktischen Themen (z. B. Schusswaffeneinsatz, Notwehrrecht, Pfefferspray, Gummigeschosse) sowie Demonstrationsberichte aus der Sicht von Polizisten. Wesentliches Thema ist jedoch die REchtsExtREmE WEbsitEs 35 „Ausländerkriminalität“ (insbesondere: Kritik an „nicht integrationswilligen“ Muslimen, Forderung nach Abschiebung krimineller Ausländer). Positiv zitiert bzw. verlinkt werden entsprechende islamkritische und islamfeindliche Autoren und Websites wie: Geert Wilders, Udo Ulfkotte, Tilo Sarrazin, Die Freiheit, Junge Freiheit, Kopp-Verlag, pi-news u. ä. 36 REchtsExtREmE WEbsitEs Trotz der Blogregeln enthalten insbesondere die User- Kommentare oftmals rechtsextremes bzw. rassistisches Gedankengut. Auch mancher Beitrag lässt die formale Distanzierung vom Rechtsextremismus fragwürdig erscheinen (z. B. die Übernahme eines Interviews mit dem in Sachsen-Anhalt 2010 von der SPD zur NPD konvertierten Kommunalpolitiker Püschel). 3. Die Polizei in der Berichterstattung der NPDMedien „Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“ Das Printmedium „Deutsche Stimme“ ist seit 1976 das offizielle Parteiorgan der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Seit dem Wiederaufstieg der NPD in den vergangenen beiden Jahrzehnten ist die Zeitung immer stärker professionalisiert und optisch modernisiert worden. Sie erscheint derzeit monatlich, herausgegeben vom Parteivorstand der NPD und wird verlegt im parteieigenen „Deutsche Stimme Verlag“ mit einer angeblichen Druckauflage von 25.000 Exemplaren.44 Laut der Analyse des Chemnitzer Politologen Florian Hartleb, der alle Ausgaben bis April 2007 durchgesehen hat, nimmt das NPD-Parteiorgan „mehr und mehr Züge eines rechtsextremistischen Theorieorgans an.“45 Für diese Untersuchung wurden ausgewählte Zeiträume exemplarisch herangezogen. Außerdem wurden Artikel aus dem Organ des brandenburgischen Landesverbandes der NPD, dem „Zündstoff“ herangezogen. Offiziell fungiert der „Zündstoff“ als gemeinsames Mitteilungsblatt für die NPD-Landesverbände Berlin und Brandenburg. Der „Zündstoff“ erscheint unregelmäßig, 2010 erschienen nach Angaben der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde nur zwei Ausgaben.46 1994-1996 Der ausgewählte Zeitraum fällt in einen tiefgreifenden Personalwechsel innerhalb der NPD. 1996 wird der langjährige Vorsitzende Günter Deckert durch den bis 2011 amtierenden Udo Voigt abgelöst. Mit dieser Personalie ist auch eine Neuausrichtung der NPD verbunden, die sich von einer eher noch „nationaldemokratisch“ ausgerichteten Partei zu einer immer mehr offen neonazistischen „Systemopposition“ entwickelt. Dies kann auch an dem Diskurs über das Themenfeld „Polizei/Repression/innere Sicherheit“ abgelesen werden. 3.1. „Der Staat probt das Faustrecht“: Repression gegen Nationale Ein durchgehender Bestandteil des Diskurses über Polizei ist der über die Repression gegen die NPD. Diese wird in den meisten Fällen als übertrieben und unverhältnismäßig beschrieben, wie hier bei einem Einsatz gegen den Jubi37 läumskongress der Jungen Nationaldemokraten am 4. Juni 1994 in Dortmund: „Mehrere Kameraden wurden bei dem Einsatz verletzt; Tische, Material und Teile der Ausrüstung von Frank Rennicke gingen bei dem erschreckend brutalen und völlig überzogenen Polizeieinsatz zu Bruch, was offenkundig auch beabsichtigt war.“ Dabei dient dieser Diskurs zum einen dazu, die eigene Gefährlichkeit zu belegen. Gleichzeitig wird so ein Bild der Polizei gezeichnet, in dem diese ausführendes Organ eines Systems ist, das in den sich zuspitzenden Konflikten mit den Nationalisten sein wahres Gesicht zeige. „Viele junge Kameraden haben an diesem Tag zum ersten Mal erlebt, wie das System der BRD seine demokratische Maske fallen lässt und dahinter die brutale Fratze eines totalitären Gesinnungsterrors zum Vorschein kommt.“ Ein Narrativ beginnt mit der Floskel: „Man stelle sich einmal den Fall vor…“, mit dem beschrieben wird, dass die Polizei auf jeden Fall anders reagiert hätte, wenn die Akteure aus dem anderen politischen Lager gekommen wären. „Man stelle sich einmal den Fall vor: 30 z.T. vermummte JNler oder gar „Öl-Glatzen“ versuchten den Zugang zu einem Lokal zu sperren. […] Was wäre geschehen: konsequente Räumung mit Schlagstöcken und Hunden sowie Festnahme mit entsprechender Anklage und saftigen, system- und zeitgeiststimmigen Urteilen.“ 3.2. Gute Polizei – schlechte Politik Explizite Darstellungen über eine eigene Politik der inneren Sicherheit fehlen fast völlig. Auffällig ist, dass vor allem zu Beginn des untersuchten Zeitraums kaum pauschalierende Angriffe auf „die Polizei“ zu finden sind. Angriffspunkte der meist polemisch vorgetragenen Kritik sind die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern, die mit ihren falschen Vorgaben die Polizei in der Bekämpfung der Kriminalität behindern würden. 38 nPD-bERichtERstattung So heißt es 1994 über den damaligen Innenminister Brandenburgs, Alwin Ziel, im „Zündstoff“: „Wenn ein ausgewiesener Verfassungsfeind an der Spitze einer Landesinnenbehörde steht, dann wurde nicht nur der Bock zum Gärtner gemacht, dann darf man sich über die Folgen, die dies für die innere Sicherheit hat, nicht wundern.“ Da sich Minister Ziel eingehend der Bekämpfung des Rechtsextremismus im Land Brandenburg gewidmet hat, stünden viele Polizeibeamte für andere Aufgaben nicht zur Verfügung, woraus die NPD den Schluss zieht: „Der Polizei kann unter solchen Umständen die hohe Kriminalität in Brandenburg nicht zum Vorwurf gemacht werden, denn auch hier gilt die Volksweisheit: Der Fisch stinkt vom Kopfe.“ Der gleichen Argumentation – ehrliche, aufrichtige Polizeibeamte vs. unfähige Politik – bedient sich in einem Artikel in der Deutschen Stimme der Autor Georg Bensch47 unter dem Titel: „Immer mehr Polizisten verzweifeln! Sparen auf Kosten der inneren Sicherheit“ „Die deutsche Polizei bemüht sich redlich, ihre Aufgaben zu erfüllen. […] Wenn sie nicht immer schnell am Tatort eintrifft, dann liegt das weniger an den diensthabenden Beamten, vielmehr an den Politikern, die da glauben, auf Kosten der inneren Sicherheit sparen zu müssen […].“ Als „Rechtsbrecher“ werden in Einzelfällen auch die VertreterInnen der Polizeigewerkschaft angegriffen, sofern sie sich ausdrücklich für verstärkte gesetzliche oder exekutive Maßnahmen gegen die Aktivitäten der Rechtsextremen aussprechen: „Ähnliche Gedanken scheinen auch dem Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft in NRW, Klaus Steffenhagen, nicht aus dem Kopf zu gehen. […] Nach seinen Vorstellungen sollen auch die Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit für rechte Deutsche abgeschafft werden. […] Wir Nationaldemokraten halten Herrn Steffenhagen und seinen kriminellen und linken Polizeiverein für ein erfolgversprechendes Überwachungsobjekt durch den Verfassungsschutz!“ Die vermeintliche Spaltung zwischen den „einfachen Beamten“ und der politischen oder polizeilichen Führung wird in Ausnahmefällen auch zur Propaganda genutzt, wie in dem nachfolgenden Beispiel durch Klaus Beier 1996, damals noch Aktivist der NPD in Bayern, heute Bundespressesprecher der NPD und Landesvorsitzender in Brandenburg : „Die Beamten waren sich der „Verhältnismäßigkeit“ der Aktion bewusst und dementsprechend desorientiert. Unmut (besonders über Vorgesetzte, die auf „höhere Weisung“ Befehle erteilten) machte sich bei den versperrenden Polizisten breit! (…) Derweilen verteilte ich ein Flugblatt mit dem Titel „Na, Herr Polizist, auch die Schnauze voll?“, was auch sehr gut ankam. Es ergaben sich durchweg interessante und fruchtbare Gespräche.“ Das in dem Artikel angesprochene Flugblatt war eine Publikation eines nPD-bERichtERstattung 39 ansonsten kaum in Erscheinung getretenen „Bürgerkomitees gegen den Missbrauch der Polizei“, für das u. a. Frank Scholz, ein Aktivist der neonazistischen Szene, u. a. der Nationa- listischen Front (NF), verantwortlich zeichnete. Ein wortgleiches Flugblatt wurde auch von den Jungen Nationaldemokraten Sachsen-Anhalt (Postfach in 38871 Ilsenburg) vertrieben. 1999-2001 Im ausgewählten Zeitraum sieht sich die NPD unter zunehmendem Druck des „Repressionsapparats“ gegen die Partei, die im Bündnis mit den parteifreien Kräften der „Nationalen Bewegung“ im Aufwind ist. Die NPD ist konfrontiert mit einer Häufung von Verboten bzw. polizeilichen Einschränkungen ihres „Kampfes um die Straße“. Im Januar 2001 kommt das von der Bundesregierung angestrengte Verbotsverfahren hinzu. Bereits im Mai 1999 reagiert die Parteiführung mit trotzigen Durchhalteparolen unter dem Motto „Argumente statt Verbote“. 3.3. Unterdrückungsapparat Polizei: politisch motivierte Verfolgung Die Maßnahmen der als „politisch motiviert“ bezeichneten Polizeiarbeit werden vor allem auf die zunehmenden Erfolge der „Nationalen“ zurückgeführt. Die Angriffe werden besonders gerne als Angriffe gegen Jugendliche beschrieben. „Da gerade in Mitteldeutschland [d.h. die ostdeutschen Bundesländer, d.V.] das Bekenntnis zur nationalen Weltanschauung immer selbstverständlicher wird, reagieren die Etablierten geradezu hysterisch. Als besonders probates Mittel setzten sie bereits seit Jahren auf die Kriminalisierung rechter Jugendlicher.“ 40 nPD-bERichtERstattung Gleichzeitig werden die Straftaten aus den Reihen der extremen Rechten als „alltäglicher jugendlicher Übermut“ dargestellt. Es sei „rohe Gewalt“, die gegen „Rechts“ angewandt werde. Das Schreckensbild der politischen Polizei, die rechte Jugendliche unterdrücke, erinnere „fatal an einen Stil, wie er auch bereits während des alten DDR-Unterdrückungsapparates angewendet worden war.“ Diese Erzählung eignet sich besonders gut bei Jugendlichen, die in den ostdeutschen Bundesländern aufwachsen und in deren Familien die Erinnerung an Stasi u. ä. stellenweise noch stark präsent sein dürfte. Insgesamt dient dieser Diskurs der völligen Delegitimierung staatlicher Maßnahmen gegen die extreme Rechte. Neben die „gute Polizei“, die von einer „schlechten Politik“ geführt werde, tritt die „schlechte Polizei“, die als Sondereinheit gegen Rechts (hier die brandenburgische MEGA) direkt von der Politik installiert wird und als unkontrollierbares Organ der Macht dargestellt wird. „Schon mehrfach berichteten Betroffene von Vorfällen, die den Verdacht zulassen, dass die mit beschlagnahmten Gegenständen präsentierten ‚Gabentische‘, die den Medienvertretern nach einer „Mega“-Aktion die gewünschten Berichte liefern, von der Polizei präpariert wurden, und die Mehrzahl der gezeigten Dinge gar nicht von dem jeweiligen Einsatz stammen.“ Diese Polizisten schreckten selbst auch vor brutalsten Aktionen nicht zurück: „Es sei, wie es aus der rechten Jugendszene heißt, auch schon vorgekommen, dass junge Nationale von Polizeibeamten mal eben so vom Mofa geschubst wurden.“ Das gleiche Szenario bemüht der jetzige NPD-Landesvorsitzende von Thüringen, Frank Schwerdt. Unter dem Titel „Wie rechte Gewalt produziert wird“ kommentiert er in der „Deutschen Stimme“: „Es gehört zum festen Bestandteil des Kampfes gegen nationale Bestrebungen im Lande, dies mit ‚Gewalt’ gleichzusetzen.“ Unter Bezug auf einen Artikel im Berliner Tagesspiegel, in dem über das Ausheben einer neonazistischen Wehrsportgruppe in Frankfurt/Oder berichtet wurde, werden die Waffenfunde, darunter Munition für ein Maschinengewehr, als Aktivitäten von „Wirrköpfen“ abgetan. Die aufgefundenen Aufzeichnungen über Planungen zu gewalttätigen Aktionen, „selbst wenn die gefundenen Papiere authentisch sein sollten“, sagten nichts über die tatsächliche Gefährlichkeit solcher Gruppen aus. Ähnlich argumentiert der damalige Vordenker der NPD, Jürgen Schwab, in einem Artikel vom Oktober 1999. Er nennt den „Kampagnenjournalismus“ der „BRD-Lizenzmedienlandschaft“ einen Versuch, die NPD zu kriminalisieren. Aufschlussreich ist bei Schwab, dass er analysiert, die Strategie, die „nationale Opposition“ mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung zu bringen, verfange nur deshalb, weil es bei der „nationalen Opposition“ keine Gegenstrategie gebe: „Allerdings bietet dann die Systemgegnerschaft, zu der sich die NPD bekennt, eine Interpretationslücke, in welche „Verfassungsschützer“ sowie Lizenzmedien und Lizenzparteien hineinstoßen […]. Die NPD wolle, so schreiben die BRD-Presseorgane, nPD-bERichtERstattung 41 gewaltsam – durch bewaffneten Terror – die verfassungsmäßige Ordnung in der BRD beseitigen.“ Karsten Voigt bringt in einem „DS“-Artikel Ende 2000 den „Ausbau des Polizeistaates“ direkt in einen Zusammenhang mit dem Zulauf durch Jugendliche. Er dreht also die vorherige Argumentation um, nach der der Zulauf die Repression bewirkte. Nach Voigt habe der Staat sich mit seiner verschärften Verfolgung national gesinnter Jugendlicher delegitimiert: „Wenn ein Regime seinen Polizeiapparat nicht mehr zur Repression gegen Straftäter, sondern zur Aggression gegen politisch Andersdenkende einsetzt, ist das Ende des Rechtsstaatsprinzips erreicht. Ein Regime, das zu solchen Methoden greift delegitimiert sich daher selbst.“ Voigt erwägt daher, ob das im Grundgesetz festgeschriebene Widerstandsrecht geboten sei und endet: „In Zeiten zunehmender Pogromstimmung sollte über dieses Widerstandsrecht einmal nachgedacht werden.“ 3.4. Zunehmend fragwürdige Polizeipraxen im „Kampf gegen Rechts“ Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es in dem berücksichtigten Zeitraum tatsächlich immer wieder zu rechtlich umstrittenen Polizeieinsätzen bzw. polizeilichen Verboten gegen Versammlungen der rechtsextremen Partei gekommen war. In der Deutschen Stimme wurde regelmäßig über durch die NPD angestrengte Gerichtsverfahren berichtet oder entsprechende Anzeigen angekündigt. In den meisten Fällen berichtet die Parteizeitung über gewonnene Verfahren dieser Art, über verlorene Verfahren erfahren die Leser und Leserinnen nichts. Die Häufung in diesen Jahren erscheint allerdings bemerkenswert. 42 nPD-bERichtERstattung In den Beschreibungen der polizeilichen und juristischen repressiven Aktionen wird immer wieder die Idee einer auf höchsten politischen Ebenen betriebenen Verschwörung gegen die Partei erwähnt: „Für die NPD-Führung war dies [die Ablehnung eines Eilantrages der NPD vor dem Bundesverfassungsgericht] ein deutliches Zeichen, dass die nationale Partei Opfer eines abgekarteten Spiels geworden war.“ Im Zusammenhang mit einer durch die NPD geplanten Demonstration am 1. Mai 1999 in Bremen, die letztlich an einem polizeilichen Verbot scheiterte, beschreibt die Partei zum einen diese politische Verschwörung gegen sie, deren Handlanger die jeweiligen Polizeiführungen seien. Zum anderen empört sie sich über die direkten polizeilichen Angriffe gegen ihre Strukturen, in diesem Fall gegen die „Leitstelle“ der von ihr geplanten bundesweiten Demonstration: „Wie weiter mitgeteilt wurde, war aber schließlich gegen fünf Uhr früh ein koordiniertes Vorgehen nicht mehr möglich, da zu diesem Zeitpunkt ein schwerbewaffnetes Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei die NPD-Leitstelle überfiel. Alle Anwesenden seien daraufhin gefesselt und für mehrere Stunden unter entwürdigenden Bedingungen inhaftiert worden.“ In einem anderen Fall seien „Nationalisten in ihren Bussen von der politisch motivierten Polizei […] festgehalten [worden]“ Als Reaktion auf Demonstrationsverbote griff die NPD zunehmend zu „Spontandemos“, um Versammlungsverbote zu durchbrechen. In diesem Kontext werden durch die NPD auch weitere re- pressive Maßnahmen der Behörden als Methoden eines „Überwachungsstaates“ angeprangert. Im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Pilotprojektes im brandenburgischen Cottbus, bei dem präventiv Personagramme möglicher Straftäter von Rechts erstellt werden sollen, schreibt ein unbekannter Autor in der NPD-Zeitung „Zündstoff“: „Der Cottbusser Polizeipräsident Lüth […] spricht dabei nicht von Schlägern bzw. Gewalttätern. Nein, er spricht von ‚Rechten‘, die er abgreifen wolle, so als ob es sich dabei um eine spezifische Gruppe von Schwerkriminellen handelt. Damit würden für Vertreter einer bestimmten politischen Denkrichtung die Menschenwürde, die gesetzlich verbrieften Grundrechte, nahezu jede Form von Datenschutz und Persönlichkeitsrechte aus vorgeschützten Gründen politischer Opportunität heraus aufgehoben.“ Die NPD sieht sich nicht nur hier in der Rolle der Verteidigerin der Grundrechte, wenn auch nur für ihre eigene Klientel. Sie verweist aber, nicht ohne auf ein Übermaß an Genugtuung zu verzichten, darauf, dass sie in dieser Rolle angeblich die deutsche Linke ablöse. 3.5. Die NPD als friedliche Verfechterin von Recht und Ordnung Im Zusammenhang mit der zunehmenden Praxis der Innenbehörden, Aufmärsche der NPD und der mit ihr zusammen arbeitenden neonazistischen Szene zu unterbinden, greift die NPD verbal ausschließlich die jeweilige politische Füh- nPD-bERichtERstattung 43 rung in den Bundesländern an. Diesen wird die Verantwortung für die repressiven Polizeieinsätze gegeben. Die NPD inszeniert sich in diesem Konflikt als Verfechterin demokratischer Bürgerrechte, die entweder auf der Straße oder vor den Gerichten die Grundrechte durchsetzen werde. Dabei richteten sich laut NPD sämtliche, in ihren Augen illegalen, Methoden gegen „friedliche Versammlungen der nationalen Opposition“. Selbst der als notorischer neonazistischer Aktivist bekannte Hamburger Thomas „Steiner“ Wulff bezeichnete laut „Deutscher Stmme“ auf einer Versammlung die Maßnahmen der Polizei als „Frontalangriff auf die Grundrechte“. Der damalige Innenminister des Landes Brandenburg, Alwin Ziel (SPD), bleibt Zielscheibe der NPD-Propaganda. „Welche Demokratie verficht Alwin Ziel?“ fragt die „Deutsche Stimme“ und berichtet über dessen „Verfolgungsdruck“. Das Vorgehen gegen „jede Form des Rechtsextremismus“ interpretiert die NPD als Vorgehen gegen „gesetzestreues Verhalten: angemeldete Demonstrationen, Versammlungen, die Herausgabe von Presseerzeugnissen und dergleichen.“ Das Vorgehen gegen die NPD wird mit den Verbotsmaßnahmen aus den 30er Jahren der Weimarer Demokratie verglichen. Dabei seien die Aktivitäten der NPD gesetzestreu: 44 nPD-bERichtERstattung „Währenddessen attestierte kürzlich das Potsdamer Verwaltungsgericht der NPD in der Öffentlichkeit friedfertig aufzutreten“. Die juristische Verbotsbegründung im Fall Bremen am 1. Mai 1999, die NPD würde durch einen geplanten Aufmarsch durch vorwiegend von „Ausländern“ bewohnte Stadtteile die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, wird von Bundespressesprecher Klaus Beier als „katastrophal rechtswidrige“ Unterstellung bezeichnet. Er könne dieser Behauptung nur „besonderes Unverständnis“ entgegen bringen. Als Reaktion plane die Partei eine erneute Demonstration unter dem Motto „Argumente statt Verbote“, ein Motto, das während des späteren Verbotsverfahrens im Zentrum der NPDPropaganda stand. Die „herrschende Klasse“ wird in Kommentaren als „verfassungswidrig“ bezeichnet, „linke Straßenkrawalle“ rund um den 1.Mai bezeichnet Georg Bensch in der Deutschen Stimme als „Beschädigung der Inneren Sicherheit“ und präsentiert eine scheinbar bürgerrechtliche Position: „Es sollte klar sein: Innerer Frieden ist die Grundlage für das Funktionieren eines demokratischen Gemeinwesens. […] Wo Gewalttäter demokratisches Recht missbrauchen oder systematisch den Rechtsfrieden brechen, da muß der Staat ihnen entgegentreten.“ 2006-2008 Im ausgewählten Zeitraum nimmt der Umfang der Berichte, die sich mit dem Themenkomplex befassen, insgesamt ab. Die Kritik an der polizeilichen Repression gegen die NPD bleibt ein Fokus der Berichterstattung in den Parteimedien „Deutsche Stimme“ und „Zündstoff“. Es finden sich erstmals Berichte über Versuche der Partei, selber im Bereich „Innere Sicherheit“ bzw. „Schutz der Bevölkerung“ aktiv zu werden. In diesem Zusammenhang muss auch auf die Kampagnen „gegen Kinderschänder“ aus der gesamten extrem rechten Szene hingewiesen werden. Diese liefern seit Jahren ein strömungsübergreifendes Thema, das sich vor allem auch in den Internet-Medien wieder findet und zum Teil kommunal aufgegriffen und konkretisiert wurde. Die Bedeutung dieser Kampagne und ihre Argumentationen wären eine lohnende Recherche, denn hier wird der Selbstschutz gegen Straftaten und die Kritik an einer als unzureichend empfundenen staatlichen Repression beispielhaft miteinander verknüpft. Die angebliche „Schwäche des Staates“ bzw. dessen vermeintliches Desinteresse, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen wird zum Anlass genommen, Selbstjustiz zu rechtfertigen und Strafverschärfungen bis hin zur Todesstrafe zu fordern. Die parteiinterne Auseinandersetzung um die Gewaltbereitschaft der „Autonomen Nationalisten“ ist eine wesentliche Debatte um das Selbstverständnis der NPD als Führungskraft in der sogenannten „Nationalen Bewegung“. 3.6. Die NPD als Organisatorin und Fürsprecherin von Bürgerwehren In den genannten Zeitraum fallen zwei Initiativen der NPD, Bürgerwehren aufzustellen. Anfang 2006 wurde die Aktion der Berlin-Neuköllner NPD bekannt, in der High-Deck-Siedlung sogenannte „Kiezstreifen gegen Kinderschänder“ aufzustellen. Dies wurde mit Flugblättern bekannt gemacht. Parteimitglieder sollten mit einer weißen Armbinde kenntlich gemacht werden und sich „als Ansprechpartner unentgeltlich bereit stellen“, wie es in einem Artikel in der Deutschen Stimme heißt. Tatsäch- lich sollten die Kiezstreifen wohl auch Personenkontrollen durchführen und Männer nach ihrer Identität befragen. Diese Aktion wurde vom Innensenator in Berlin wegen Amtsanmaßung unterbunden. Die NPD verzichtete daraufhin auf die Streifen und forderte im Zuge einer Unterschriftenaktion mehr Polizeistreifen, „wenn Bürgerengagement schon unterbunden wurde.“ Ein zweites Beispiel wird im Mai 2008 in der Deutschen Stimme beschrieben, das auf einer Initiative des Kreisver- nPD-bERichtERstattung 45 bandes Niederschlesien-Oberlausitz beruht. Im Rahmen einer Aktionswoche unter dem Motto „Sozial geht nur national“ sei ein Bürgermobil durch Dörfer und Gemeinden an der deutsch-polnischen Grenze unterwegs gewesen, um u. a. eine „Sensibilisierung wegen der Grenzkriminalität“ zu erreichen. „Während […] der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) sich anscheinend nur bei Tageslicht an die Grenze getraut, ging die NPD auf die Bürger zu. Ob bei Tag oder in der Nacht: fortan wird das nationale Bürgermobil an den Brennpunkten sein und mit seiner Präsenz sich aktiv für mehr Sicherheit engagieren.“ Das Bürgermobil, oder Bürgerbüro, werde auch durch den neu geschaf- fenen Arbeitskreis „Bürgerinitiative Sicherheit Oberlausitz Niederschlesien“ (B.I.S.O.N.) genutzt, „um Tag und Nacht für die Sicherheit der Bürger zu sorgen […] was die Menschen brauchen, ist die Einheit von Wort und Tat.“ Die Bürgerwehren werden von der NPD in dem erst genannten Artikel als Bürgerrecht bezeichnet, „eine alte deutsche Tradition, so alt wie die Städte selbst“. Die „Deutsche Stimme“ schreibt: „Stets ging es darum, die freien Bürgerrechte zu verteidigen, wenn eine übergeordnete Institution dies nicht zu tun vermag.“ In Zeiten der „Entstaatlichung und ethnischer Bürgerkriege“ kämen diese Wehren wieder in Mode, es wird auf Beispiele aus Frankreich und den USA verwiesen. 3.7. Die NPD distanziert sich von Gewalt des „Schwarzen Blocks“ In den untersuchten Zeitraum fällt auch die interne Auseinandersetzung um die Gewaltbereitschaft eines Teils der neonazistischen Szene, repräsentiert durch die Aktivistinnen und Aktivisten des sogenannten „Schwarzen Blocks“, die zumeist aus parteinahen Kräften der „Autonomen Nationalisten“48 bestehen. Sowohl der Bundesvorstand der Partei als auch der damalige Bundesvorsitzende Voigt sahen sich gezwungen, ein Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit abzule- 46 nPD-bERichtERstattung gen, so Voigt auf dem Bamberger Bundesparteitag 2008. Im Mai 2008 war es auf einem 1.MaiAufmarsch in Hamburg zu heftigen Angriffen der neonazistischen Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmer auf Presse, Gegendemonstrantinnen und -demonstranten sowie die Polizei gekommen. In der Juli-Ausgabe der Deutschen Stimme werden wesentliche Passagen der Rede Voigts auf dem Bundespartei- tag zu diesem Thema wieder gegeben. Voigt sagte u. a.: „Ich kann sicher all diejenigen verstehen, die eine Wut in sich tragen, wenn die Polizei vor Ort ihrer Aufgabe nicht oder nur mit Widerwillen geringfügig nachkommt, zuvor vom Gericht genehmigte Demonstrationsrouten gegen linke Gewalttäter durchzusetzen. Das darf aber niemals mit Gewalt gegen Polizisten enden, die auch Deutsche sind und auch nur ihre Pflicht tun. Wenn Polizisten offensichtlich Rechtsbruch begehen, so tun sie dies auf Anweisung von ganz ‚oben‘, also von der Führung der BRD.“ Diese Argumentation greift erneut die Trennung in die „guten Polizisten“ vor Ort und die „schlechte Führung“ auf, die auch schon in vorherigen Jahren verwendet wurde. Um die jungen Aktivisten von ihrer Gewaltbereitschaft abzubringen, vertieft Voigt diese Argumentation dahin gehend, dass die eingesetzten Polizeibeamten oft selber von dem Unrecht der angeordneten Maßnahmen gegen die nationale Bewegung überzeugt seien, mithin also auf deren Seite stünden: „Jeder von uns weiß, dass ein junger Beamter, der eine Familie hat und seine Raten fürs Eigenheim und/oder Auto abzuzahlen hat, nicht unbedingt der engagierte Polizist ist, der sich dann gegen eine rechtswidrige Führung stellen würde. Im Gegenteil, sie tun zwar was gesagt wird, sehen aber oft das Unrecht, was sie uns oft antun müssen und stehen daher innerlich nie auf der Seite der linken Gewalttäter. Wenn nun aber gegen solche Beamte auch aus unseren Reihen Gewalt ausgeübt wird, so wird dieser demnächst auch bereit sein, verstärkt gegen Nationalisten vorzugehen und dabei, im Gegensatz zu früher, auch noch glauben, im Recht zu sein. Wer also Polizisten attackiert, hilft den Systempolitikern, diese gegen uns aufzuhetzen.“ [Hervorhebung durch Verf.] Eine ähnliche Argumentation benutzt in einem offenen Brief, der in der Deutschen Stimme abgedruckt wurde, auch der selbsternannte „Volkssänger“, der rechtsextremistische Liedermacher Frank Rennicke. Angeblich aus Anlass eines Telefongesprächs mit einem Polizeibeamten lässt sich Rennicke über „Recht und Gerechtigkeit“ und die Probleme des kleinen Beamten aus. Er schreibe so ausführlich an ihn, weil es ihm, Rennicke, nicht gleichgültig sei, „ob Menschen auf bestimmten Positionen auch falsche Befehle bekommen oder durch eine politische Führung bewusst falsch benutzt werden. Den Beamten, denen das gleichgültig ist, mit denen muß ich nicht sprechen – sie würden für ein Gehalt dann auch ganz andere Befehle befolgen und wie Söldner handeln. Da ich Sie aber für einen intelligenten und verantwortlichen Menschen halte, möchte ich Sie zum Denken anregen.“ nPD-bERichtERstattung 47 48 Fazit Das „Feindbild Polizei“ und eine massive, überwiegend unsachliche und überzogene Kritik an polizeilichen Ermittlungen innerhalb der rechten Szene ist in allen Medien der extremen Rechten zu finden. Die eindeutigsten polizeifeindlichen Äußerungen, inklusive Beleidigungen und Aufrufe zu Straftaten, finden sich im Bereich der sog. „freien Kräfte“ im Internet und in Liedtexten der Rechtsrockszene. Beide Bereiche sind organisatorisch und personell vielfach mit der NPD verflochten, die sich in ihren offiziellen Verlautbarungen und programmatischen Äusserungen zumeist zurückhaltend ausdrückt. Zahlreiche rechtsextreme Liedtexte, oft von erstaunlicher intellektueller Schlichtheit und fehlender innerer Konsistenz, thematisieren Polizei, polizeiliches Handeln und polizeiliches Verhalten. Die ausgewerteten Musiktexte belegen deutlich, wie innerhalb der rechtsextremen Szene eine verzerrte Wahrnehmung komplexer gesellschaftlicher Prozesse und Erscheinungsformen (z. B. Kriminalität) vorherrscht. In einer für diese Szene typischen Kultur der Selbstviktimisierung sieht sich die extreme Rechte als Opfer einer ungerechtfertigten politischen und polizeilichen Verfolgung und systematischen Ausgrenzung. Aus dieser Position her- aus werden Straftaten und Selbstjustiz gerechtfertigt und eine in der Zukunft stattfindende (gewalttätige) Abrechnung angedroht bzw. prophezeit. In zahlreichen rechtsextremen Liedtexten wird eindeutig ein „Feindbild Polizei“ erzeugt und gepflegt. Der Themenkomplex Polizei gehört zu den zentralen Themen auf fast allen rechtsextremen Websites. Auch hier treffen wir auf Unterscheidungen zwischen „guten Polizisten“ und „schlechter Polizei“. Polizeiliche Maßnahmen gegen rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten werden als politische Verfolgung Andersdenkender beschrieben. Dabei wird regelmäßig der Vergleich mit DDR-Unterdrückung und Stasimethoden angestrengt. Sämtliche polizeilichen Maßnahmen gegen Rechtsextreme werden häufig pauschal als unbegründet, überzogen oder rechtswidrig angesehen. Gleichzeitig wird die Polizei als unfähig oder unwillig beschrieben, Kriminalität zu bekämpfen, es sei denn, es geht gegen Rechtsextreme. Einzelne Polizeibeamte werden an den Pranger gestellt, nicht selten verbunden mit unverhohlenen Aufrufen zu Gewalt bis hin zum Mord. In der Berichterstattung der NPD-Presse lassen sich durchgängig folgende Motive und Narrative erkennen: Eine eigentlich gute Polizei wird von einer 49 Dienstwaffe der ermordeten Polizeibeamtin Michele Kiesewetter und Ausschnitt der Beerdigungsfeierlichkeiten auf dem Bekennervideo des NSU schlechten Polizeiführung angeleitet. Die Polizei wird missbraucht, um politisch missliebige Jugendliche zu verfolgen. Dies wird mit Praktiken politischer Verfolgung aus der DDR gleichgesetzt. Die staatlichen Maßnahmen gegen rechtsextrem motivierte Straf- und Gewalttaten seien eine illegitime Verfolgung der „nationalen Bewegung“ und 50 der NPD. Gleichzeitig sieht die NPD sich selbst als Garant und Hüterin von Grundrechten. Sie legitimiert und begrüßt Bürgerwehren und Selbstjustiz, da die Polizei gegen Kriminalität angeblich untätig sei. Dabei distanziert sich die Partei offiziell ausdrücklich von Gewalt gegen Polizeibeamte. Literatur Archiv der Jugendkulturen 2001 (Hg.): Reaktionäre Rebellen. Rechtsextreme Musik in Deutschland. Berlin. Baacke, Dieter / Farin, Klaus / Lauffer, Jürgen 1999 (Hg.): Rock von Rechts II. Milieus, Hintergründe und Materialien. Bielefeld. Benedict, Laura 2008: Sehnsucht nach Unfreiheit. Karl Diesner und die rechte Szene. Ermittlungen am Ort des Geschehens. Berlin. Botsch, Gideon 2012: From Skinhead-Subculture to Radical Right Movement: The Development of a ‘National Opposition’ in East Germany, in: Contemporary European History, 21, 4, S. 553–573. Bundesministerium des Innern (BMI) 2012 (Hg.): Verfassungsschutzbericht 2011. Vorabfassung. Berlin. Als pdf-Dokument unter: http://www.verfassungsschutz.de/ download/SHOW/vsbericht_2011_vorabfassung.pdf [Zugriff August 2012] Busch, Christoph 2010: Rechtsradikalismus im Internet. Siegen. Dollase, Rainer 1999: Welche Wirkung hat der Rock von Rechts?, in: Baacke / Farin / Lauffer, S. 106-117. Dornbusch, Christian/Raabe, Jan (Hg.) 2002: RechtsRock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien. Münster Dornbusch, Christian / Raabe, Jan 2007: Mit Musik geht alles besser!? Rechtsextreme Mobilisierungs- und Rekrutierungsversuche in Jugend- und Musikszenen, in: Schoeps et al. (Hg.) 2007, S. 113-124. Erb, Rainer 2001: Der ewige Jude. 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Das Kapitel ist zum Teil bereits veröffentlicht: Kopke 2012. Archiv der Jugendkulturen 2001; Dornbusch/Raabe 2002; Langebach/Raabe 2011. MdI Brandenburg 2012, S. 109. BMI 2012: 90. Dornbusch/Raabe 2007, S. 119. Wörner-Schappert 2007. Hingegen hält Dollase 1999 die unmittelbare Bedeutung des Konsums rechter Musik für oftmals überschätzt. Dornbusch/Raabe 2007: 119. Vgl. zu den Inhalten rechtsextremer Musiktexte ausführlich Farin 1999. Mengert 1994, S. 86. Mengert 1994, S. 92. Farin 1999, S. 76; Flad 2001, S. 119. Lieder, in denen Justiz, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz vorkommen, kämen noch hinzu, wenngleich es hier auch Überschneidungen gibt. Bei den Textwiedergaben handelt es sich z. T. um Transskripte der gehörten Musiktitel, so dass gelegentlich Übertragungsfehler und Fehlstellen nicht auszuschließen sind. Auslassungen sind nicht gekennzeichnet. ZOG = Zionist Occupied Government: Das ist die Vorstellung, die Regierung 24 25 26 27 (bzw. alle Regierungen) würde(n) von Juden kontrolliert oder sei(en) von Israel gesteuert. Zur großen Relevanz des Antisemitismus für rechtsextreme Szenen vgl. Erb 2001. Die Abkürzung ACAB findet in verschiedenen Subkulturen Verwendung (Punk, Skinheads, Hooligans, rechts und links) vgl.: http://www.netz-gegennazis.de/lexikontext/troublemaker-acab (28.03.2012) Gesichtet wurden die folgenden Internetangebote aus Brandenburg: spreelichter.info, SFB Infos (senftenberger.blogspot.com), Das Nationale Informationsportal aus dem Landkreis Teltow-Fläming (info-tf.net), Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland (logr.org/ nsfkn), Freie Kräfte Königs Wusterhausen (fk-kwh.net) und Alternative Jugend Potsdam (alternative-jugend-potsdam. info). Darüber hinaus wurden die folgenden Websites mit überregionaler Bedeutung ausgewertet: Deutsches Rechtsbüro (deutsches-rechtsbuero. de), Blaulichtblog (blaulicht-blog.net); Skadi Forum (forums.skadi.net), Thiazi Forum (forum.thiazi.net) und NPD (Bund, Landesverband Brandenburg, „Deutsche Stimme“). Zusätzlich wurden weitere Recherchen, u. a. zu einzelnen Personen sowie zum Demonstrationsgeschehen in Dresden im Februar 2011, durchgeführt. Einige der durchgesehenen Internetseiten sind inzwischen (2013) nicht mehr aufrufbar, z. T. auf Grund polizeilicher oder juristischer Maßnahmen. Busch 2010. Glaser/Pfeiffer 2007. 53 28 Diese Terminologie wird auffallend häufig verwendet. 29 In einem Spreelichter-Beitrag wird berichtet, ein Pizzaservice habe die von Demonstranten georderte Bestellung in einen Polizeikessel geliefert. 30 Im Senftenberger Blog wird z. B. eine polizeiliche Überwachung beim Kaffeetrinken geschildert. „Die haben garantiert aufgepasst, dass wir nicht zu viel Kaffee trinken, kann ja sehr gefährlich sein.“ 31 Vgl. zum Engagement des Polizeidirektors Alois Mannichl dessen Ausführungen: Mannichl 2009. 32 Eine systematische Ermittlung und Auswertung der rechtsextremen Internetbeiträge zum Mannichl-Attentat wurde nicht vorgenommen. Aufgrund des außerordentlichen Umfangs wäre eine sinnvolle Auswertung im gegebenen Zeitrahmen nicht möglich gewesen. Angesichts der hohen Redundanz der Beiträge erscheint eine auf Vollständigkeit zielende Recherche aber auch überflüssig. 33 Zum Lied „Lebt denn der alte Mannichl noch? (Gigi & Die braunen Stadtmusikanten) S. S. 16. 34 Zum „Loblied auf den Herrn Polizeidirektor Prof. Knape“ S. S. 16. 35 Erb 2006. 36 Das Deutsche Rechtsbüro (DRB) versteht sich als „Selbsthilfegruppe zur Wahrung der Rechte, insbesondere der Grundrechte, ‚politisch unkorrekter‘ Deutscher“. (Selbstdarstellung im Internet). Der brandenburgische Verfassungsschutz charakterisiert das Deutsche Rechtsbüro folgendermaßen: 54 37 38 39 40 „Nur zum Schein stellt es die ‚Wahrung der Grundrechte‘ in den Vordergrund. Es geht […] dem DRB vielmehr um die Vernetzung von Rechtsextremisten aller Lager, vom parteilich Gebundenen bis zu den neonazistischen ‚Freien Kräften‘.“ http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb2.c.418519.de (letzter Zugriff 12.11.2012) §130 StGB stellt „Volksverhetzung“ unter Strafe. Bei unseren Recherchen stießen wir u. a. auf die folgenden Ratgeber: Empfehlungen zum Aussageverweigerungsrecht, Ratgeber zum Verhalten bei Demonstrationen, Musterbrief für den Widerspruch gegen erkennungsdienstliche Behandlung, Vorlage für eine Dienstaufsichtsbeschwerde, Verhaltensempfehlungen bei Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz, Musterschreiben für ein Auskunftsersuchen zu gespeicherten Daten bei LKA und Verfassungsschutz, Positionspapier zum Flashmob. Im Thiazi Forum wird das Buch „Wege durch die Wüste – ein Antirepressionshandbuch für die politische Praxis“ empfohlen. „Ist zwar von der Antifa geschrieben, aber hochinteressant.“ Man findet aber auch zahlreiche Vergleiche zum Nationalsozialismus. So findet sich z. B. im Thiazi Forum mehrfach die Abkürzung SS für Staatsschutz. So lehnt Spreelichter z. B. eine Sperre kinderpornographischer Internetseiten ab, weil dieses Mittel auf die Schaffung einer Zensurinfrastruktur gerichtet sei. 41 Auch mit ihrer Verlinkungspolitik (z. B. zu netzpolitik.org) klinkt sich Spreelichter.info umstandslos in die liberale Blogger-Diskussion ein. 42 Das „Sammelthema Ausländerkriminalität“ im Thiazi Forum umfasst z. B. 376 Seiten (Stand: 30.10.2011). 43 Nicht alle User, die sich in derartigen Foren zu Wort melden, sind Polizisten. 44 Offizielle Angaben nach: www.deutsche-stimme.de [08.01.2012] 45 Hartleb 2007, S. 382 46 MdI Brandenburg 2011, S. 25. 47 Bensch, Georg: 1935 in Magdeburg geb., journalistische Ausbildung, 1953 in der DDR verhaftet, 1955 Flucht in die BRD, Mitarbeiter der Vertriebenenzeitungen „Volksbote“ und „Deutsches Volksblatt“. 1963 Herausgeber des antikommunistischen Informationsdienstes „Die Wahrheit“ Untertitel: Rettet die Freiheit. Im Dienste gegen Unmenschlichkeit und kommunistische Unterdrückung. Anti-kommunistischer Presse- und Informationsdienst. Erscheint in Schönwald (Schwarzwald). 1969 Übersiedlung nach Berlin (West). Korrespondent verschiedener rechtsradikaler Zeitschriften, darunter „Deutsche Wochen-Zeitung“, „Berli- ner Notizen“, „Korrespondenz“ (Informationsdienst der NPD Berlin). 1973 Redakteur beim „Bayernkurier“. In den 1990er-Jahren schreibt Bensch regelmäßig für die „Deutsche Stimme“, die Junge Freiheit, das Ostpreußenblatt bzw. die Preußische Allgemeine Zeitung. Artikel erscheinen auch in dem neonazistischen Blatt Recht und Wahrheit. Seine Themen sind vorwiegend: Innere Sicherheit, Asylpolitik, Kriminalität vor allem von „Ausländern“, Belastung der Sozialsysteme durch Zuwanderung u. ä. Einige dieser Artikel werden auch von Polizeinahen Zeitschriften übernommen. Der Abdruck eines teilweise wortgleichen Artikels aus der „Deutschen Stimme“ in „Deutsche Polizei“, dem Organ der Gewerkschaft der Polizei, im April 2002 wird durch einen Artikel in der Frankfurter Rundschau bekannt. Auch in dem weithin unbekannten, sich als Fachmagazin bezeichnenden „Magazin für die Polizei“ schreibt Bensch und wird im Impressum als Korrespondent aufgeführt. Das Magazin ist inzwischen eingestellt. Seine Tätigkeit für die „DS“ hält aktuell an. 48 Zu den „Autonomen Nationalisten“ vgl. Schedler/Häusler 2012. 55 Adressen: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Pressestelle Henning-von-Tresckow-Str. 9-13 14467 Potsdam Landespräventionsrat Brandenburg Geschäftsstelle im Ministerium des Innern Henning-von-Tresckow-Straße 9-13 14467 Potsdam Telefon: 0331 / 866-2746 E-Mail: [email protected] Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Universität Potsdam Am Neuen Markt 8 14467 Potsdam Dr. Gideon Botsch, Dr. Christoph Kopke Telefon: 0331-2809413 E-Mail: [email protected], [email protected] abgestumpfte Marionetten · A.C.A.B. · Agenten des Apparats · Antifa-Demokraten in Uniform · Antifa-Polizist · Apparat des Systems · Arschlöcher · Bastarde unserer Regierung · Beamte in grün · Beamtenschlaffi · betriebsblinde Gesinnungskommissare · bewaffnete Einheiten · bewaffnete Hohlkörper · bewaffnete Organe · Bollezei · brd-Büttel · BRD-Sheriffs · Büttel · Büttel des Systems · Bullen · Bullenaufgebot · Bullenfunktionäre · Bullerei · Cops · das System · demokratische Eskorte des Staates · demokratischer Terror · der Apparat · der gemeine Bereitschaftsbulle · der Staatsapparat · die Grünen · die Herren tapferen Beamten · die Polizeier · die Staatsmacht · Diener dieses kranken Systems · diese Affen in ihren schwarzen Kampfanzügen · diese Figuren · diese grünen und schwarzen Roboter mit gezogenem Schlagstock · diese Typen · Drecksbullen · Dumm-Baazi in Grün · dumme Bullensau · einer meiner besten Freunde ist Polizist · eingeschleuste Provokateure · Einheiten des Apparates · Einheiten des Staatsapparates · Einheiten des Systems · ekelhafter verlogener Schweinehund · Es gibt solche und solche. Aber eigentlich sind sie alle Verräter. · fallendes System der Unterdrückung · feige Schweine · Finger am Arm des Systems · Freunde in Grün · Frösche · Fußtruppen · gewaltbereite Polizeibeamte · gewissenlose Subjekte · Giftzwerge · grün kostümierter BRD-Lakai · grün/blau-weiße Freunde des Staates · Grüne · grüne Fraktion · grüne Jungs · grüne Leute · grüner Hohlkörper · grüner Karnevalsverein · grüner Wichser · Grünkittel · Grünlinge · Grünmann · Grünschnäbel · grünweiße Staatsdiener · grün-weißes Volk · Handlanger der Besatzer · Handlanger der Politik · Handlanger des Systems · Herr Knape und seine treuen Arschlecker · Herren in grün · Hundertschaften des Systems · illegal operierender Polizeiapparat · Innenministerium für Staatssicherheit · Internetschnüffelgarde · Jungs in Grün · Jungs in ihren schönen Uniformen · karrieregeiles grünes Stück Dreck · Kasper · kleiner subalterner Rotzarsch · Knechte des Systems · Knechte und Sklaven dieses Systems · Knechte und Vasallen des Systems · Knüppelbullen · knüppelnde Horden des Systems · korrumpierte Bullenschweine · Kräfte des Regimes · Laubfrösche · leere Flaschen · Luftpumpen · Marionette · Menschenmüll · Mielkes Erben · Musterdemokraten in der Polizeibehörde · Oberbulle · Oberpolizist · Ordnungshüter · Ordnungskräfte · Ordnungsmacht · Pack · perverse verlogene Typen · Politbüttel · Politpolizisten · Polizeiapparat · Polizeieinheiten des Apparats · Polizeihäuptling · Prügelbullen · Prügeleinheiten · Prügelpolizei · Prügeltruppe · regimeschützender Polizeistaat · Repressionsapparat · rücksichtslose Beamte · Sausäcke · Scheißbullen · Scheißpolizei · Schergen · Schergen der Demokraten · Schergen eines gegen das eigene Volk gerichteten Systems · Schläger · Schlägerbanden des Systems · Schlägertruppe der Polizei · Schnittlauch · Schnittlauchbrüder · Schnittlauchfraktion · Schutztruppen · Schweine · selbstgerechte Marionette des Apparats · Sockenbügler · Söldnerbullen · Spinner · Spitzel des Apparats · Staatsapparat · Staatsknechte · Staatsmacht · Staatsschergen · Steigbügelhalter des gegenwärtigen Regimes · System · Systembüttel · Systemdiener · Systemeinheiten · Systemknechte · Systemling · Systempolizei · Systemschergen · Team Green · Teufel in Menschengestalt · Trachtenverein · Überwachungsschwein · unsere tolle Polizei · untätige Polizeiführung · verblödete Typen des Systems · verlängerter Arm der Politik · verlängerter Arm des Systems · Vertreter der BesatzerRepublik · Volkspolizisten · Vollpfosten · vom System angeheuerte und bezahlte Spitzel · voreingenommene Provinzpolizisten auf Neonazi-Jagd · Wendehälse · Werkzeug des Staates · Wichsbulle · widerliche Kreaturen · willfährige Polizeiführer · Zonibulle „Die vorliegende Studie offenbart eine Veränderung der Sichtweise von Rechtsextremisten auf die Sicherheitsbehörden unseres Landes. Gerade Polizeibeamte werden als Repräsentanten des Staates angesehen und in der rechtsextremen Szene zunehmend diffamiert. [...] Es existiert ein ,Feindbild Polizei‘ in der rechtsextremistischen Szene. Dieses Feinbild wird in der Studie mit all seinen unsachlichen, widersprüchlichen und absurden Argumenten aufgedeckt und entlarvt. Die Broschüre soll die Öffentlichkeit über die Existenz wie auch die Brisanz dieses ,Feindbilds‘ aufklären und Polizeibeamte und andere Vertreter von Sicherheitsbehörden in ihrem Eintreten für Demokratie und Toleranz bestärken.“ Dr. Dietmar Woidke Minister des Innern des Landes Brandenburg Feindbild Polizei Wie reden Rechtsextreme über die Polizei?