11 Durchstanzen

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11 Durchstanzen
Stahlbeton- und Spannbetonbau
11
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.1
Durchstanzen
(In Anlehnung an „Bemessung von Betonbauten im Hoch- und Industriebau“, Mehlhorn,
Fehling, Jahn, Kleinhenz, Ernst & Sohn)
11.1. Allgemeines
Bei Stahlbetonplatten, die punktförmig auf Stützen gelagert oder punktförmig durch Stützen
belastet sind, ist die ausreichende Tragfähigkeit gegen Durchstanzen nachzuweisen. Dies
ist beispielsweise bei Flachdecken, Pilzdecken und Fundamenten zu beachten.
Bei dem allgemeinen Fall des Durchstanzens im Bereich einer innenliegenden
Lasteinleitungsfläche (Innenstütze) versagt die Platte entlang einer den Stützenanschluss
umlaufenden
Linie.
Es
entsteht
dabei
unter
der
Voraussetzung
einer
rotationssymmetrischen Stützenbeanspruchung ein annähernd rotationssymmetrisches
Riss- und Bruchbild. Bruchauslösend ist das Versagen der Betondruckzone der Platte an
der Wurzel eines unter 30° bis 45° geneigten umlaufenden Risses.
gerade
gekrümmt
gera
d
gerade
(a) halbe Bruchlast
gerade
gekrümmt
gerade
(b) kurz vor dem Bruch
Bild 11-1:
Allgemeiner Fall des Durchstanzens einer Stahlbetonplatte
(a) Tragfähigkeitserschöpfung
• Dbv und Dbh wirksam
• Lastabtragung verstärkt
über Druckring um
Stützenanschluss
(b) Kraftumlagerung
• Nur Dbh wird vom
Druckring
aufgenommen
(c) Abschervorgang
• Nur Dbv wirksam
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.2
Kapitel 11
Der Nachweis der ausreichenden Tragfähigkeit gegen Durchstanzen ist im Abschnitt 10.5
in der DIN 1045-1 geregelt und ergänzt die allgemeinen Nachweise der
Querkrafttragfähigkeit nach DIN 1045-1, Abschnitt 10.3.
Im Bild 11-2 sind für den Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung
die wesentlichen Nachweise und Randbedingungen dargestellt.
Im unmittelbaren Stützungsbereich ist das Tragverhalten der Biegedruckzone mit dem
Tragverhalten einer Scheibe unter Einwirkung eines ebenen zweidimensionalen
Spannungszustands vergleichbar.
Mit zunehmenden Abstand von der Stützungsachse geht das tragfähigkeitssteigernde
zweidimensionale Tragverhalten in das Tragverhalten des normalen Plattenbereichs über.
Im Hinblick darauf sind die Abmessungen der Lasteinleitungsfläche ALOAD zu begrenzen.
Bei großer Lasteinleitungsfläche ALOAD (s.u.) geht die punktförmige Stützung in eine
linienförmige Stützung über. In diesem Fall ist der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit für
normale Plattenbereiche nach DIN 1045-1, Abschnitt 11.3 zu führen.
Prüfung der
Mindestdicke
h ≥ 70mm
Prüfung des
Längsbewehrungsgrades ρl
/ydfyd
0,40⋅fcd
))
ρmin ≤ ρl ≤ (0,02 bzw. 0,50
cd/f
mit ρmin aus Mindestbiegemoment
Berechnung des Bemessungswerts der aufzunehmenden
Querkraft vEd
im kritischen Rundschnitt Ukrit
h
Platte
vEd
vEd
Ukrit
Berechnung des Bemessungswerts der aufnehmbaren
Querkraft vRd,ct
im kritischen Rundschnitt Ukrit
Prüfung der
Lasteinleitungsfläche ALOAD
Festlegen des
kritischen Rundschnitts Ukrit
Nachweis einer
Zusatzbewehrung gegen
fortschreitendes Versagen
VEd
Nachweis:
Bild 11-2:
Nachweis
Randbedingungen
der
Querkrafttragfähigkeit
ohne
vEd ≤ vRd,ct
Durchstanzbewehrung
–
Nachweis
und
Die Querkrafttragfähigkeit ist ebenso von dem Tragverhalten der Biegedruckzone
abhängig, wobei die Biegedruckkraft in radialer Richtung zur Lasteinleitungsfläche wie
auch die wirksame Druckzonenhöhe für die Übertragung der Querkräfte wichtig ist. Die
wirksame Druckzonenhöhe ist u.a. abhängig vom mittleren Längsbewehrungsgrad ρl. Bei
einem geringen mittleren Längsbewehrungsgrad ρl ist mit einer kleinen wirksamen
Druckzonenhöhe zu rechnen, was für die Querkraftübertragung nachteilig ist. Deshalb darf
der mittlere Längsbewehrungsgrad ρl einen minimalen Längsbewehrungsgrad min ρl,
welcher aus den in der DIN 1045-1 festgelegten Mindestbiegemomenten zu bestimmen ist,
nicht unterschreiten.
Die tragfähigkeitsteigernden Einflüsse aus Verdübelungseffekten der Biegezugbewehrung
und aus der Rissverzahnung nehmen mit zunehmender Plattendicke ab, weshalb die
Querkrafttragfähigkeit vRd,ct für Bauteile ohne Durchstanzbewehrung auch vom Einfluss der
Plattendicke des Bauteils abhängig ist.
DIN 1045-1
Kap. 10.9.7
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.3
Kapitel 11
Für den Einfluss der Rissverzahnung ist die Rissweite von großer Bedeutung. Deshalb
besteht die Möglichkeit durch Erhöhung des Längsbewehrungsgrades ρl die Dehnungen
der Biegezugbewehrung und damit die Rissweite der Biegeschubrisse zu vermindern, um
durch eine bessere Rissverzahnung, insbesondere bei Bauteilen geringerer Dicke, die
Querkrafttragfähigkeit zu erhöhen. Mit Erreichen des oberen Grenzwerts des
Längsbewehrungsgrades ρl ist von keiner weiteren Erhöhung der Querkrafttragfähigkeit
auszugehen.
Schubzugbruch
Biegeschubbruch
Platte
Platte
Hauptzugspannungen
überschreiten die
Betonzugfestigkeit
Biegedruckzone
Betondruckversagen
Bild 11-3: Mögliche Formen von Durchstanzversagen bei Bauteilen ohne Durchstanzbewehrung.
Nachweis der Druckstrebenfestigkeit im
kritischen Rundschnitt Ukrit:
Nachweis der Tragfähigkeit der Querkraftbewehrung:
in den inneren Rundschnitten U1 bis Ui
Berechnung der aufzunehmenden Querkraft vEd
Berechnung des Druckstrebenwinkels θ mit
min θ ≤ θ ≤ max θ
Berechnung der maximalen aufnehmbaren
Querkraft vRd,max
Festlegen der inneren Rundschnitte U1 bis Ui
Berechnung der aufzunehmenden Querkraft vEd
im inneren Rundschnitt Uk (mit k = 1 bis i)
Berechnung der aufnehmbaren Querkraft vRd,sy
im inneren Rundschnitt Uk (mit k = 1 bis i)
Nachweis im inneren Rundschnitt Uk: vEd ≤ vRd,sy
mit Nachweis des Mindestbewehrungsgrads min ρw
Nachweis : vEd ≤ vRd,max
h
Platte
vEd
βr
U1
Prüfung der
Mindestdicke
h ≥ 200mm
Nachweis einer
Zusatzbewehrung gegen
fortschreitendes Versagen
U2 U3
Ukrit
U4
Ui
lw
VEd
Festlegen der Breite lw
des Übergangsbereichs
Ua
*
Nachweis im äusseren Rundschnitt Ua
am Übergang zum Plattenbereich
ohne Durchstanzbewehrung
Festlegen des äusseren Rundschnitts Ua
Berechnung der aufzunehmenden
Querkraft vEd
Berechnung der aufnehmbaren
Querkraft vRd,ct,a
Nachweis : vEd ≤ vRd,ct,a
Bild 11-4: Nachweis der Querkrafttragfähigkeit mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung –
Zusätzliche Nachweise und Randbedingungen
Die maximale Querkrafttragfähigkeit mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung
wird durch die Größe der Druckstrebenfestigkeit bestimmt. Für die Druckstrebenfestigkeit
ist neben den Materialfestigkeiten auch das im Zuge fortschreitender Rissbildung sich
einstellende Verformungsverhalten des Stützungsbereichs der Platte maßgeblich. Das
Verformungsverhalten ist insbesondere durch die Rotation der Platte im Bereich der
Risswurzel gekennzeichnet. Eine größer werdende Rotation führt zur Einschnürung der
Biegedruckzone bei verminderter Druckstrebenfestigkeit.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.4
Bei Anordnung von geschlossenen Bügeln nach DIN 1045-1, welche die
Biegezugbewehrung und die Biegedruckzone umfassen sollen, ist im gerissenen Zustand
bei Kraftaufnahme mit einem (größeren) Schlupf zu rechnen, was sich insbesondere bei
Bauteilen geringerer Dicke nachteilig bemerkbar macht. Im Vergleich zu Bauteilen ohne
Durchstanzbewehrung führt die Anordnung von geschlossenen Bügeln zu keiner großen
Verringerung der Rotation im Bereich der Risswurzel, weshalb die von der
Druckstrebenfestigkeit abhängige Querkrafttragfähigkeit vRd,max nur um 50% über der
Querkrafttragfähigkeit von Bauteilen ohne Durchstanzbewehrung liegt. Durch die
Anordnung von Doppelkopfankern oder Dübelleisten ist vergleichsweise mit einem
wesentlich geringeren Schlupf und mit einer größeren Druckstrebenfestigkeit zu rechnen.
Die Querkrafttragfähigkeit ist auch von der Durchstanzbewehrung abhängig und
nachzuweisen. Außerhalb des durchstanzbewehrten Stützungsbereichs ist am Übergang
zum nicht durchstanzbewehrten Plattenbereich am sogenannten äußeren Rundschnitt
ebenso die Querkrafttragfähigkeit nachzuweisen.
Auf den unten angegebenen Internetseiten finden Sie z.B. Informationen zu
Durchstanzbewehrungen und können Bemessungssoftware kostenlos downloaden bzw.
bestellen.
www.halfen.de
www.jordahl.de
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.5
Bild 11-5: Zusammenstellung möglicher Durchstanzbewehrungen bzw. Verstärkungen nach Hegger DAfStb
Fachtagung 2006
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.6
11.2. Bemessungsmodell, Lasteinleitungsfläche ALOAD und kritischer
Rundschnitt ukrit für den Grundfall des Durchstanzens (ohne
Stützenkopfverstärkung)
11.2.1. Bemessungsmodell und Erläuterungen
Das Bemessungsmodell für den Grundfall des Durchstanzens ist in dem Bild 11-1 für eine
Stahlbetonplatte und eine Stahlbetonfundamentplatte mit den wesentlichen Abmessungen
dargestellt.
kritische Fläche
Akrit
Platte
βr
1,5 d
kritische Fläche parallel
zur Lasteinleitungsfläche
βr
lc
Lasteinleitungsfläche
ALOAD
1,
5d
d
h
kritischer Radius
rkrit
kritischer Rundschnitt
kritischer
Rundschnitt
rkrit
βr
d
h
1,5 d
Fundamentplatte
Lasteinleitungsfläche
ALOAD
βr
kritischer Rundschnitt
DIN 1045-1: βr=33,7°
Lasteinleitungsfläche
ALOAD
kritischer Umfang ukrit des
kritischen Rundschnitts
Bild 11-6: Bemessungsmodell für den Grundfall des Durchstanzens
Zum Verständnis der weiteren Darlegungen werden bezugnehmend auf das Bild 11-6
einige Grundbegriffe erläutert:
− Lasteinleitungsfläche ALOAD : Über die Lasteinleitungsfläche ALOAD wird die
konzentrierte Last von der Stahlbetonplatte in die Stütze übertragen.
− Kritischer Rundschnitt ukrit : Der kritische Rundschnitt ukrit legt innerhalb der
nachzuweisenden Stahlbetonplatte den Verlauf des Rundschnittes um eine
Lasteinleitungsfläche ALOAD fest, in dem bezogen auf die vorhandene Plattendicke mit
den größten Querkraftbeanspruchungen zu rechnen ist.
− Kritische Fläche Akrit: Die vom kritischen Rundschnitt ukrit eingefasste Fläche der
Stahlbetonplatte wird als kritische Fläche Akrit bezeichnet.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.7
Der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit gegen Durchstanzen erfolgt im betrachteten
Rundschnitt durch Vergleich des Bemessungswerts der aufzunehmenden Querkraft vEd je
Längeneinheit mit dem Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit vRd je Längeneinheit
für den Grenzzustand der Tragfähigkeit.
Der Ablauf des Durchstanznachweises kann allgemein in folgende Abschnitte gegliedert
werden:
•
•
•
•
•
•
•
Festlegen der Plattendicke h bzw. der mittleren statischen Nutzhöhe d der
Stahlbetonplatte im Lasteinleitungsbereich der punktförmigen Last oder
Auflagerreaktion (11.2.2).
Prüfung des Mindestbewehrungsgrads der außerhalb des Nachweisschnittes
verankerten Plattenbiegezugbewehrung (11.2.3).
Bestimmung der Lasteinleitungsfläche ALOAD (11.2.4).
Festlegen des zu untersuchenden Rundschnitts und Ermittlung des Umfangs
ukrit(11.2.5).
Berechnung der aufzunehmenden bezogenen Querkraft vEd je Längeneinheit.
Ermittlung der bezogenen Querkrafttragfähigkeit vRd je Längeneinheit.
Nachweis: vEd ≤ vRd.
11.2.2. Plattendicke h und statische Nutzhöhe d
Die Mindestdicke von Platten mit Durchstanzbewehrung beträgt 200mm. Bei Bauteilen
ohne
Durchstanzbewehrung
und
Bauteilen
mit
rechnerisch
erforderlicher
Durchstanzbewehrung aus Bügeln ist für die Dimensionierung der Plattendicke h bzw. der
statischen Nutzhöhe d von Flachdecken in vielen Fällen der Durchstanznachweis
maßgebend.
11.2.3. Mindestbiegemomente je Längeneinheit
Für den Durchstanznachweis sind neben den im Rahmen der Schnittgrößenermittlung
bestimmten Biegemomenten auch die Mindestbiegemomente je Längeneinheit zu
beachten. Die Mindestbiegemomente ergeben sich aus dem Bemessungswert der
aufzunehmenden Querkraft VEd (Stützenlast) multipliziert mit den maßgebenden
Momentenbeiwerten ηx bzw. ηy für die x- und die y-Richtung (Gln. 11-1 und 11-2), welche
der Tabelle 11–1 zu entnehmen sind.
mEd,x = ηx ⋅ VEd
(11–1)
mEd,y = ηy ⋅ VEd
(11–2)
In den Gln. 11-1 und 11-2 bedeuten:
mEd,x bzw. mEd,y
Mindestbiegemoment je Längeneinheit
ηx bzw. ηy
Momentenbeiwert nach Tabelle 11–1
Bemessungswert der aufzunehmenden Punktlast
VEd
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.8
Kapitel 11
Tabelle 11–1: Momentenbeiwerte ηx und ηy und Verteilungsbreiten der Momente
ηy
AnzuLage der
ηx
AnStütze
Innenstütze
Randstütze /
Bewehrung
parallel zum
Rand
Randstütze/
Bewehrung
normal zum
Rand
Eckstütze
Zug an der
Plattenoberseite
Zug an der
Plattenunterseite
zusetzende
Breite a)
Zug an der
Plattenoberseite
Zug an der
Plattenunterseite
setzende
Breite a)
0,125
0
0,3⋅ly
0,125
0
0,25
0
0,15⋅ly
0,125
0,125
0,3⋅lx
im Bereich
des Durchstanzkegels
0,125
0,125
im Bereich
des Durchstanzkegels
0,25
0
0,15⋅lx
0,5
0,5
im Bereich
des Durchstanzkegels
0,5
0,5
im Bereich
des Durchstanzkegels
a) die anzusetzende Breite ist senkrecht zur betrachteten Bewehrungsrichtung zu messen
(Bild 11-7)
b) die Plattenoberseite ist die Seite, welcher der Lasteinleitungsfläche ALOAD gegenüberliegt.
die Plattenunterseite ist die Seite, auf welcher die Lasteinleitungsfläche ALOAD liegt.
lx
y
Durchstanzkegel
0,3 lx
Innenfeld
Randfeld
0,3 lx
0,3 ly
Randfeld
Randstütze „y“
ly
Eckfeld
x
0,15 ly
Randstütze „x“
Bild 11-7:
0,15 lx
Eckstütze
Verteilungsbreiten für den Ansatz der Mindestbiegemomente mEd,x und mEd,y zur Erläuterung der
Angaben in der Tabelle 11–1.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.9
Kapitel 11
Die betragsmäßig größeren Biegemomente sind der Bemessung zu Grunde zu legen und
der daraus gewählte Bewehrungsquerschnitt für die Ermittlung des Bewehrungsgrades
anzusetzen. Der Bewehrungsgrad ist später für die Ermittlung der Bemessungswerte der
Querkrafttragfähigkeit vRd,ct und vRd,max (Kap. 11.4) erforderlich.
11.2.4. Lasteinleitungsfläche ALOAD
Die Lasteinleitungsfläche ALOAD ist durch die Form des Stützenquerschnitts vorgegeben.
Über die Lasteinleitungsfläche ALOAD werden definitionsgemäß nur Druckkräfte
übertragen. In der DIN 1045-1 wird zwischen kreisförmigen und rechteckförmigen
Lasteinleitungsflächen sowie Lasteinleitungsflächen beliebiger Form unterschieden. Ob
als Nachweis der Querkrafttragfähigkeit ein Durchstanznachweis geführt werden darf, ist
davon abhängig, ob die Lasteinleitungsfläche ALOAD die nachfolgend genannten
geometrischen Anforderungen erfüllt, andernfalls ist ein Querkraftnachweis für normale
Plattenbereiche zu führen.
a) Der Durchmesser lc kreisförmiger Lasteinleitungsflächen ALOAD darf nicht größer sein
als die 3,5-fache mittlere statische Nutzhöhe d des Plattenbauteils:
lc ≤ 3,5⋅d
(11–3)
b) Der Umfang uc rechteckförmiger Lasteinleitungsflächen ALOAD darf nicht größer sein als
die 11-fache mittlere statische Nutzhöhe d, wobei das Verhältnis der größeren
Seitenlänge a zur kleineren Seitenlänge b nicht größer sein darf als 2:
uc ≤ 11⋅d
mit 1 ≤ a/b ≤ 2
(11–4)
c) Lasteinleitungsflächen ALOAD mit davon abweichenden Querschnittsformen sollen
sinngemäß wie bei kreisförmigen und rechteckförmigen Lasteinleitungsflächen
begrenzt werden.
ukrit
a1/2
a1/2
a>2b
Bild 11-8:
b
b1/2 b1/2
Bei beispielsweise rechteckförmiger Lasteinleitungsfläche ALOAD mit a > 2⋅b ist damit zu
rechnen, dass sich die Querkräfte auf die Ecken der Auflagerfläche konzentrieren. Dann
darf für die Prüfung der oben genannten geometrischen Anforderungen nur die wirksame
Lasteinleitungsfläche ALOAD,w angesetzt werden, Bild 11-8.
ALOAD,W
uc = 2 ⋅ ( a1 + b1 ) ≤ 11⋅ d
(11–5)
⎧≤ a
⎪
a1 ⎨≤ 2b
⎪≤ 5,6 ⋅ d − b
1
⎩
⎧≤ b
b1 ⎨
⎩≤ 2,8 ⋅ d
Maßgebende Abschnitte für den kritischen Rundschnitt bei ausgedehnten Lasteinleitungsflächen
ALOAD.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.10
Kapitel 11
11.2.5. Festlegen der Nachweisschnitte
Der kritische Rundschnitt Ukrit verläuft in einem Abstand von 1,5⋅d affin zur
Lasteinleitungsfläche ALOAD, Bild 11-6. Für Innenstützen, Stützen in der Nähe von freien
Rändern und Stützen in der Nähe von Deckenöffnungen sind in dem Bild 11-9 die
kritischen Rundschnitte als Beispiele angegeben.
1,5
d
Ist der lichte Abstand der Lasteinleitungsfläche zum freien Rand ≥ 3d, ist dem
Durchstanznachweis
ein
kritischer
Rundschnitt
wie
bei
innenliegenden
Lasteinleitungsflächen zu Grunde zu legen.
1,5d
1,5d
d
1,5
1,5d
a) Innenliegende Lasteinleitungsflächen ALOAD
≤ 6d
≤ 3d
freier Rand
≤3
d
1,5
d
1,5d
c) Lasteinleitungsflächen ALOAD in
der Nähe von Öffnungen
b
≤1,4d
≤b
≤ 2,8d-b1/2
b) Randnahe Lasteinleitungsflächen ALOAD
l2
1,5d
b1 ≤ b
≤ 1,4d
1,5d
1,5d
1,5d
1,5d
≤1,4d
d) Wandende
Bild 11-9:
l1≤l2
≤ 3d
freie Ränder
e) Wandecke
Beispiele für kritische Rundschnitte ukrit nach DIN 1045-1
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.11
Kapitel 11
Ist der lichte Abstand zum freien Rand kleiner als 3d, siehe Bild 11-9(b), ist zu beachten,
dass der Umfang ukrit des kritischen Rundschnitts nicht größer sein darf, als bei
innenliegenden Lasteinleitungsflächen. Insbesondere bei kleiner Lasteinleitungsfläche
ALOAD und großer statischen Nutzhöhe d könnte bei einem Randabstand von 3d der
kritische Rundschnitt für innenliegende Lasteinleitungsflächen maßgebend werden. Ab
einem lichten Randabstand von 2,4⋅d kann bei randnahen Lasteinleitungsflächen der
kritische Rundschnitt von innenliegenden Lasteinleitungsflächen maßgebend sein. Der
Umfang eines Rundschnittes bei einem Randabstand von 2,4⋅d war im Rahmen einer
Parameterstudie jedoch nur um maximal 10% kleiner als der Umfang eines Rundschnittes
bei einem Randabstand von 3d.
Über wandförmigen Auflagerflächen und ähnlichen Sonderformen konzentrieren sich die
Querkräfte auf die Eckbereiche, weshalb in diesen Fällen die Rundschnitte auf die
wirksamen Lasteinleitungsflächen zu begrenzen sind, Bilder 8d und 8e. Bei
rechteckförmigen Lasteinleitungsflächen mit einem Seitenverhältnis a/b > 2 ist der
kritische Rundschnitt analog Bild 11-8 anzunehmen.
Bei Bauteilen mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung sind zusätzliche
Rundschnitte, welche in einem definierten Abstand affin zur Lasteinleitungsfläche
verlaufen, rechnerisch zu untersuchen, siehe Kapitel 11.4.
11.3. Ermittlung des Bemessungswerts der aufzunehmenden Querkraft vEd
je Längeneinheit
11.3.1. Allgemeiner Ansatz
Der Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft ergibt sich aus der Gl. 11-6.
νEd =
β ⋅ VEd
u
(11–6)
In Gl. 11-6 bedeuten:
νEd
Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft je Längeneinheit
VEd
u
d
β
Bemessungswert der gesamten aufzunehmenden Querkraft
Umfang des betrachteten Rundschnitts
mittlere statische Nutzhöhe im betrachteten Rundschnitt
Beiwert β zur Berücksichtigung der Auswirkungen möglicher Einspannmomente
Bild 11-10: Näherungswerte für den Beiwert β zur Berücksichtigung von Einspannmomenten in der
Lasteinleitungsfläche ALOAD
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.12
Kapitel 11
Der Beiwert β erfasst mögliche Einspannmomente zur Berücksichtigung einer nicht
rotationssymmetrischen Verteilung der Querkräfte vEd je Längeneinheit im betrachteten
Rundschnitt. Für unverschiebliche Systeme dürfen die β-Werte nach verwendet werden,
sofern kein genauerer Nachweis geführt wird. Die in DIN 1045-1 angegebenen Werte für
den Beiwert β basieren auf den Empfehlungen aus Heft 240 des DAfStb. Darin wird
ausgesagt,
dass
bei
horizontal
ausgesteiften
Deckensystemen
mit
Stützweitenverhältnissen von lD1/lD2 < 0,74 bzw. lD1/lD2 > 1,35 ausreichend homogene
Schnittkraftverläufe vorliegen. Somit können sowohl die Ersatzrahmenmethode, als auch
konstante Lasterhöhungsfaktoren verwendet werden.
Bei verschieblichen Systemen ist der Einfluss möglicher Einspannmomente auf die
Verteilung der Querkräfte über den Umfang des betrachteten Rundschnitts genauer zu
untersuchen.
11.3.2. Fundamentplatten
Zur Vereinfachung der Norm wurde im Bereich von Fundamenten die gleiche
Stanzkegelneigung (33,7°) wie bei Flachdecken gewählt. Allerdings zeigten Versuche
wesentlich steilere Kegelneigungen (45°), so dass der Abzugswert der Bodenpressungen
zu begrenzen ist.
Bei Fundamentplatten darf der Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft VEd um
die anteilige Erddruckresultierende, welche sich aus dem halben Wert der auf die kritische
Fläche Akrit entfallenden Bodenpressung ergibt, abgemindert werden, Bild 11-11.
νEd =
β ⋅ (VEd − 0,5 ⋅ A krit ⋅σBoden )
u
(Gln. 11–7)
VEd
Lasteinleitungsfläche
ALOAD
kritischer Rundschnitt
1,5 d
βr
βr
d
h
Fundamentplatte
σBoden
50% σBoden
σBoden
kritische Fläche
Akrit
Bild 11-11: Bemessungsmodell für Fundamentplatten mit zentrischer Einzellast
!
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.13
Kapitel 11
Bei zusätzlicher Momentenbeanspruchung kann der Bemessungswert der
aufzunehmenden Querkraft vEd je Längeneinheit mit dem im Heft 326 aus der
Schriftenreihe des DAfStb von Dieterle und Steinle angegebenen einfachen
Berechnungsverfahren ermittelt werden. In Anlehnung an ist in dem Bild 11-12 für eine
kreisförmige Lasteinleitungsfläche in Verbindung mit den Gln. 11-8 das
Bemessungsmodell für Fundamentplatten mit einer Einzellast NEd und einem
Einspannmoment MEd angegeben.
MEd,y
NEd
1,5 d
lc
Δσi
50% σBoden
kritische Fläche
Akrit
Grundriss
Fundamentplatte
rkr
σa
Δσa
σm
σm
βr
βr
d
h
Fundamentplatte
Lasteinleitungsfläche
ALOAD
kritischer Rundschnitt
Sohlspannung ohne Anteil aus
Fundamenteigengewicht
y
ΔVEd,1 (Prisma)
it
by
x
x
Δu
krit
2⋅αΔu
kritischer
Rundschnitt
ΔVEd,3
(Zylinder)
rkrit
y
bx
Bild 11-12: Bemessungsmodell für Fundamentplatten mit Einzellast NEd und Einspannmoment MEd.
Radius des kritischen Rundschnitts:
Umfang des kritischen Rundschnitts:
rkrit = 0,5 ⋅ l c + 1,5 ⋅ d
ukrit = 2 ⋅ rkrit ⋅ π
⎛ by ⎞
Halber Öffnungswinkel des untersuchten Sektors: α Δu = tan −1⎜⎜ ⎟⎟
⎝ bx ⎠
Teilumfang des im Sektor liegenden krit. Rundschnitts:
Flächeninhalt der kritischen Fläche :
2
A krit = rkrit ⋅ π
Δu krit = u krit ⋅
(11-8a)
(11-8b)
(11-8c)
α Δu [°]
180°
(11-8d)
(11-8e)
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.14
Kapitel 11
Berechnung der Querkraft:
1
ΔVEd,1 = ⋅ σ m ⋅ b x ⋅ b y
4
1
ΔVEd,2 = ⋅ Δσ a ⋅ b x ⋅ b y
6
α [°]
ΔVEd,3 = σ m ⋅ A krit ⋅ Δu
180°
2
2
ΔVEd,4 = ⋅ rkrit ⋅ Δσ i ⋅ sin(α Δu )
3
ΔVEd = ΔVEd,1 + ΔVEd,2 − 0,5 ⋅ (ΔVEd,3 + ΔVEd,4 )
Berechnung der maximalen Querkraft pro Längeneinheit:
(11-8f)
(11-8g)
(11-8h)
(11-8i)
(11-8j)
v Ed =
ΔVEd
Δu krit
(11-8k)
Gedrungene Fundamente
Wenn bei gedrungenen Fundament der Stanzkegel die Bauteilaussenkante verlässt, kann
der kritische Nachweisschnitt im Abstand von 1,0·d vom Stützenanschnitt geführt werden. In
diesem Fall können 100% der Bodenpressungen von der einwirkenden Querkraft
abgezogen werden.
Da die mehraxiale Betonbeanspruchung mit geringerem Abstand zum Stützenanschnitt
zunimmt, kann der Durchstanzwiderstand ohne Durchstanzbewehrung für den Abstand des
Nachweisschnittes von 1,0·d im Verhältnis der Nachweisschnittlängen erhöht werden.
Durchstanzwiderstand eines gedrungenen Fundaments ohne Durchstanzbewehrung
⎡ 0,21
⎤
VRd,ct,r =1,0d = k ⎢
⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρ1 ⋅ fck )1/ 3 − 0,12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d ⋅ ucrit,r =1,0d
⎣ γc
⎦
(11-8l)
mit
k=
ukrit,r =1,5d
ukrit,r =1,0d
≥ 1,2
(11-8m)
Maximaltragfähigkeit der Betondruckstrebe
VRd,max,r =1,0d = αmax ⋅ VRd,ct,r =1,0d
Für die Bemessung der Durchstanzbewehrung
Betontragfähigkeit verzichtet werden.
(11-8n)
sollte
auf
die
Erhöhung
der
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.15
11.4. Nachweis der Querkrafttragfähigkeit νEd ≤ νRd
11.4.1. Allgemeines
Der Tragfähigkeitsnachweis gegen Durchstanzen erfolgt im Grenzzustand der
Tragfähigkeit durch Vergleich des Bemessungswerts der aufzunehmenden Querkraft vEd
je Längeneinheit mit dem Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit vRd je
Längeneinheit im jeweils untersuchten Nachweisschnitt. Für die Annahme des
Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit wird zwischen Platten und Fundamenten
ohne Durchstanzbewehrung sowie Platten und Fundamenten mit Durchstanzbewehrung
unterschieden.
Dementsprechend sind folgende Nachweise zu erbringen:
Platten und Fundamente ohne Durchstanzbewehrung
im kritischen Rundschnitt Ukrit:
νEd ≤ νRd,ct
Platten und Fundamente mit Durchstanzbewehrung
im kritischen Rundschnitt Ukrit:
νEd ≤ νRd,max
in inneren Rundschnitten Uk (mit k = 1 bis i):
νEd ≤ νRd,sy
im äußeren Rundschnitt Ua:
νEd ≤ νRd,ct,a
(11-9)
(11-10)
(11-11)
(11-12)
In den Gln. 11-9 bis 11-12 bedeuten:
Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit längs des kritischen
νRd,ct :
Rundschnitts Ukrit einer Platte ohne Durchstanzbewehrung
Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit längs des äußeren
νRd,ct,a:
Rundschnitts
Ua
des
durchstanzbewehrten
Bereichs.
Dieser
Bemessungswert beschreibt den Übergang vom Durchstanzwiderstand
ohne Durchstanzbewehrung vRd,ct zum Querkraftwiderstand des normalen
Plattenbereichs in Abhängigkeit von der Breite lw des durchstanzbewehrten
Bereiches.
Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit mit Durchstanzbewehrung
νRd,sy:
längs der inneren Nachweisschnitte Uk (k = 1 bis i).
νRd,max:
Bemessungswert der maximalen Querkrafttragfähigkeit längs des
kritischen Rundschnitts Ukrit.
Für den Nachweis der Querkrafttragfähigkeit in den einzelnen Nachweisschnitten ist zu
beachten, dass die aufzunehmende Querkraft νEd je Längeneinheit nach der Gl. 11-6
jeweils auf den Umfang u des untersuchten Nachweisschnitts bezogen werden muss.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
(Stand 11.12.2008) S. 11.16
Kapitel 11
Für den Betontraganteil im durchstanzgefährdeten Bereich sind
der Durchstanzbereich (νRd,c ≈ νRd,ct)
der Übergangsbereich νRd,ct,a
und
der normale Plattenbereich νRd,ct
d
h
zu unterscheiden, siehe Bild 11-13
Platte
βr
1,5d
Durchstanzen
vRd,ct
Übergangsbereich
vRd,ct,a
1,5d
lw ≤ 3,5d
Querkrafttragfähigkeit
der Platte vRd,ct (Kap.9.1)
βr
lc
Ukrit
lw ≤ 3,5d
1,5d
Bild 11-13: Der Betontraganteil ohne Durchstanzbewehrung
Der Durchstanzbereich liegt zwischen dem Stützenanschnitt und dem kritischen
Rundschnitt ukrit. Daran anschließend folgt der Übergangsbereich, in dem der
Betontraganteil der aufnehmbaren Querkrafttragfähigkeit νRd, ausgehend von der
erhöhten Querkrafttragfähigkeit im Durchstanzbereich, mit zunehmenden Abstand zum
Stützenrand der Querkrafttragfähigkeit des normalen Plattenbereichs angeglichen wird.
Die Breite lw des querkraftbewehrten Übergangsbereichs definiert den Abstand der
äußersten Bewehrungsreihe vom Stützenrand und darf maximal 3,5⋅d betragen. Die
Definition des Übergangsbereichs ist für den Nachweis am äußeren Rundschnitt in
Verbindung mit der Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct,a erforderlich.
Für Bauteile mit rechnerisch erforderlicher Durchstanzbewehrung setzt sich der
Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit νRd,sy aus einem Betontraganteil VRd,c und
einem Stahltraganteil zusammen. Da für den Betontraganteil VRd,c in Verbindung mit
Durchstanzbewehrung noch kein ausreichend abgesicherter Berechnungsansatz vorliegt,
wird näherungsweise die für Bauteile ohne Durchstanzbewehrung geltende
Querkrafttragfähigkeit νRd,ct angesetzt (νRd,c = νRd,ct (Gl. 11-13)). Der Stahltraganteil ist für
die vertikal zur Plattenebene gerichtete Durchstanzbewehrung und für die Anordnung von
Schrägbewehrung aus einem Fachwerkmodell abgeleitet.
Der Ablauf des Nachweises der Querkrafttragfähigkeit gegen Durchstanzen ist im Kapitel
11.6 im Rahmen eines Flussdiagramms detailliert dargestellt.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.17
11.4.2. Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct je
Längeneinheit
Soll auf die Anordnung einer Durchstanzbewehrung verzichtet werden, darf der
Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft νEd je Längeneinheit im kritischen
Rundschnitt Ukrit nicht größer sein als der von der Betonzugfestigkeit abhängige
Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct je Längeneinheit gemäss Gl. 11-13.
1
⎡ 0,21
⎤
v Rd,ct = ⎢
⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck ) 3 − 0.12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d
⎣ γc
⎦
mit
κ = 1+
200
≤ 2,0
d[mm ]
(11-13a)
(11-14)
In den Gln. 11-13 und 11-14 bedeuten:
η1:
d:
dx, dy:
ρl:
ρ
mit der Dichte ρ für Leichtbeton.
2200
mittlere statische Nutzhöhe d = (dx + dy)/2
statische Nutzhöhe der Platte in x- und y-Richtung im betrachteten
Rundschnitt
mittlerer Längsbewehrungsgrad innerhalb des betrachteten Rundschnitts
mit
fcd
⎧
⎪≤ 0,50 ⋅
fyd
(siehe Tabelle 11–2)
(11-15)
ρl = ρlx ⋅ ρly ⎨
⎪
⎩ ≤ 0,02
=1,0 für Normalbeton; = 0,40 + 0,60 ⋅
Tabelle 11–2: Obere Grenzwerte für den mittleren Längsbewehrungsgrad ρl
mit BSt 500 : fyd = 500 N/mm² / 1,15 = 434,8 N/mm² und fcd = 0,85*fck/1,5
Beton
C20/25
C25/30
C30/37
C35/45
≥ C40/50
ρl ≤
0,0130
0,0163
0,0196
0,0228
0,0261
ρlx, ρly:
σcd:
σcd,x, σcd,y:
NEd,x, NEd,y:
die in x- und y- Richtung bezogenen Bewehrungsgrade der vorhandenen
Zugbewehrung, welche innerhalb des betrachteten Rundschnitts im
Verbund liegt und außerhalb des betrachteten Rundschnitts verankert ist.
Bemessungswert der mittleren Betonnormalspannung innerhalb des
betrachteten Rundschnitts mit
Ncd,y
σcd,x + σcd,y
N
σcd =
σcd,x = cd,x
σcd,y =
2
A c,x
A c,y
Bemessungswerte
der
Betonnormalspannungen
innerhalb
des
betrachteten Rundschnitts in x- und y-Richtung.
Bemessungswerte der mittleren Längskräfte in den Querschnitten Ac,x und
Ac,y durch den kritischen Rundschnitt infolge Vorspannung oder sonstiger
Einwirkungen (NEd < 0 als Längsdruckkraft).
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
Ein Vergleich der außerhalb des durchstanzbeanspruchten
maßgebenden Querkrafttragfähigkeit vRd,ct (mit bw=1)
1
⎡ 0,15
⎤
νRd,ct = ⎢
⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck ) 3 − 0,12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d
⎣ γc
⎦
(Stand 11.12.2008) S. 11.18
Plattenbereichs
(11-13b)
mit der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct gegen Durchstanzen (Gl. 11-13a) zeigt, dass die
Gleichungen im Aufbau nahezu identisch sind und sich nur durch die vorangestellten
Faktoren 0,15/γc bzw. 0,21/γc unterscheiden, d.h. im unmittelbaren Lasteinleitungsbereich
von punktförmigen Lasten wird durch den dort sich einstellenden mehrdimensionalen
Spannungszustand von einer ca. 40% höheren Querkrafttragfähigkeit ausgegangen.
Die Querkrafttragfähigkeit νRd,ct ist wiederum hauptsächlich von der Tragfähigkeit der
Betondruckzone abhängig. Nebentragwirkungen, wie Verdübelungseffekte der
Biegezugbewehrung und Rissverzahnung, nehmen mit zunehmender Bauteildicke ab.
Dies wird durch den Faktor κ (Gl. 11-14) berücksichtigt.
Diagramm zum Nachweis der Querkrafttragfähigkeit
Als Hilfsmittel für den Nachweis der Querkrafttragfähigkeit gegen Durchstanzen für
Bauteile ohne Durchstanzbewehrung wird nachfolgend die Gl. 11-13a in einem Diagramm
grafisch dargestellt.
Aus der Gl. 11-13 erhält man nach wenigen Umformungen Gl. 11-16.
1 ⎤
σ ⎞ ⎡ 0,063
fctm ⎛ νRd,ct
+ 0,12 ⋅ cd ⎟ = ⎢
⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ) 3 ⎥
⎜
fck ⎠ ⎣ γ c
η1 ⎝ d ⋅ fck
⎦
(11-16)
mit dem Mittelwert der charakteristischen Betonzugfestigkeit fctm = 0,30 ⋅ f ck
2
3
Der Term auf der linken Seite der Gl. 11-16 enthält sämtliche Materialkennwerte (fck, fctm
und η1) und die Beanspruchbarkeiten bzw. Beanspruchungen, während der Ausdruck
rechts vom Gleichheitszeichen unter Verwendung der statischen Nutzhöhe d und des
Längsbewehrungsgrades ρl ein Widerstandskennwert für den Bauteilquerschnitt angibt.
Der erste Summand der linken Seite der Gl. 11-16 beinhaltet die gesuchte bezogene
ν
f
Querkrafttragfähigkeit Rd,ct ⋅ ctm und der zweite Summand berücksichtigt den Einfluss
η1 ⋅ d fck
einer Normalspannung σcd auf die Querkrafttragfähigkeit. Bei vorgespannten
Stahlbetonbauteilen würde eine negative Normalspannung σcd den Klammerausdruck auf
der linken Seite reduzieren und damit die Tragfähigkeit erhöhen.
In dem Bild 11-14 ist die Gl. 11-16 in einem Diagramm zur Ermittlung der
Querkrafttragfähigkeit νRd,ct je Längeneinheit dargestellt.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(Stand 11.12.2008) S. 11.19
11.4.3. Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit vRd,max
Bei
Anordnung
einer
Schubbewehrung
muss,
zur
Vermeidung
eines
Betondruckversagens im unmittelbaren Lasteinleitungsbereich, der Bemessungswert der
aufzunehmenden Querkraft νEd auf den 1,5-fachen Bemessungswert der
Querkrafttragfähigkeit νRd,ct je Längeneinheit im kritischen Rundschnitt begrenzt werden:
νRd,max = 1,5 ⋅ νRd,ct
(11-17)
Der Bemessungswert der maximalen Querkrafttragfähigkeit ist damit direkt abhängig von
der Querkrafttragfähigkeit vRd,ct und den in Gl. 11-13 enthaltenen Parametern
charakteristische Betondruckfestigkeit fck
der mittleren statischen Nutzhöhe d
Längsbewehrungsgrad ρl
Beiwert η1
Betonnormalspannung σcd infolge Betonnormalkraft (z.B. Vorspannung).
Bei vorgespannten Betonbauteilen ist zu beachten, dass eine Druckkraft die durch die
Druckstrebenfestigkeit begrenzte Querkrafttragfähigkeit vRd,max rechnerisch erhöht,
während eine Druckkraft im Rahmen des mechanischen Modells eigentlich die
Druckstreben zusätzlich beansprucht. Somit sollte die maximale Querkrafttragfähigkeit
vRd,max bei vorgespannten Stahlbetonbauteilen ohne Ansatz einer negativen
Normalspannung berechnet werden.
Stahlbeton- und Spannbetonbau
S. 11.20
Kapitel 11
Für σcd = 0:
100
+0
.25
+0
.5
0.0
5
50
2
-0.
-0.
75
-0.
Betonfestigkeitsklasse
C20/25
C30/37
C40/50
C50/60
10.58
10.0
-1.0
9.62
0.1103
0.0963
0.0875
0.0812
9.0
8.40
8.0
7.66
-1.
7.0
6.96
25
6.67
6.0
D
C
B
6.08
5.29 A
5.0
5.52
4.82
4.0
3.83
3.90
3.0
Für σcd <> 0:
2.82
2.0
100
1.0
11.8
20
18
16
14
12
10
5.8
8
6
2.8
4
2
0.0
10 200
20 300
30
100
35
40 500
50 600
60 700
70 800
80
400
Bild 11-14: Diagramm zur Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit für Bauteile ohne Durchstanzbewehrung
nach Gl. 11-14: vRd,ct,a [N/mm], fck [N/mm²], σcd [N/mm²], d [mm], ρl [1].
d[mm]
d[cm]
90 100
1000
900
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
11.4.4. Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit νRd,sy
Der Nachweis der von der Durchstanzbewehrung abhängigen Querkrafttragfähigkeit νRd,sy
ist in den Nachweisschnitten U1 bis Ui zu führen, Bild 11-15 und Bild 11-16.
lw ≤ 3,5d
1,5d
sw
d
sw
sw
sw
rechnerische wirksame
Breite einer Bewehrungsreihe
mit s w ≤0,75d
d
h
Platte
vEd
βr
U1
0.5d
lc
1,5d
U2
sw
U3
sw
U4
sw
Ui
Ua
sw
lw ≤ 3,5d
1,5d
Anordnung der Nachweisschnitte:
- Erste Bewehrungsreihe im Nachweisschnitt U1 im Abstand
von 0,5d vom Stützenrand
- Alle weiteren Bewehrungsreihen in den Nachweisschnitten
U2, U 3 bis U i im Abstand von sw ≤ 0,75d untereinander
VEd
Bild 11-15: Nachweisschnitte für vertikal zur Plattenebene gerichtete Durchstanzbewehrung.
U2
U3
U2
≤1
,
Bo 5d
g
im
en
0,5d
U3
sw
U4
U4
sw
Ui
B
Ui
sw
im
Ua
sw
,5d n
≤ 1 oge
Ua
sw ≤ 0,75d
1,5d
Bewehrungsanordnung im
Grundriss
Bild 11-16: Nachweisschnitte und Anordnung der Durchstanzbewehrung im Grundriss
Die erste Bügelreihe ist im Abstand von 0,5d vom Stützenanschnitt anzuordnen. Bei einem
geringeren Abstand besteht die Gefahr, dass der Durchstanzriss unterhalb der Abbiegung
verläuft und die erste Bügelreihe somit wirkungslos bleibt. Außerdem vermindert sich die
Verankerungsqualität der Bügel im Bereich der Rissspitzen des Durchstanzkegels. Rückt
die erste Bügelreihe zu weit vom Stützenrand ab leistet die Bügelbewehrung keinen
Beitrag, wenn der Durchstanzriss oberhalb verläuft. Infolge baupraktischer Toleranzen
sollte die Bewehrung im Abstand von (0,4 – 0,6)·d vom Stützenanschnitt verlaufen. Alle
weiteren Bügel sind im Abstand von sw ≤ 0,75·d anzuordnen. Hierbei können
Abweichungen von 0,2·d toleriert werden, wenn die Bügel gleichmäßig im
Durchstanzbereich verteilt liegen.
S. 11.21
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
Bild 11-17: Nachweisschnitte und Anordnung der Durchstanzbewehrung im Grundriss
Die erste Bewehrungsreihe ist im Nachweisschnitt U1 anzuordnen und der dort
vorhandene Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit νRd,sy ist nach Gl. 11-18 zu
bestimmen.
κs ⋅ A sw ⋅ fyd
νRd,sy = νRd,c +
(11-18)
u
Für die weiteren Bewehrungsreihen in den Nachweisschnitten U2 bis Ui sind die
Querkrafttragfähigkeiten vRd,sy mit Hilfe der Gl. 11-19 zu bestimmen.
νRd,sy = νRd,c +
κs ⋅ A sw ⋅ fyd
u
⋅
d
sw
(11-19)
In den Gln. 11-19 und 11-20 bedeuten:
νRd,c
der Betontraganteil, es darf νRd,c = νRd,ct nach Gl. 11-13a angenommen
werden.
κs Asw fyd:
die Bemessungskraft der Durchstanzbewehrung in Richtung der
aufzunehmenden Querkraft für jede Reihe der Bewehrung
u:
Umfang des Nachweisschnittes
sw:
wirksame Breite einer Bewehrungsreihe sw ≤ 0,75d
κs:
Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der Bauteilhöhe auf die
Wirksamkeit der Bewehrung mit
d − 400 ⎧≥ 0,7
κ s = 0,7 + 0,3 ⋅
mit d in mm
(11-20)
⎨
400 ⎩ ≤ 1,0
Der Beiwert κs (Gl. 11-20) nimmt bei statischen Nutzhöhen über 800mm den Wert 1,0 an,
während bei statischen Nutzhöhen von 200 bis 400mm der Beiwert κs = 0,70 entspricht.
Die Wirksamkeit der Bügelbewehrung hängt im wesentlichen vom Verankerungsschlupf
der Durchstanzbewehrung ab. Dabei weisen Betonstähle mit aufgestauchtem Kopf im
Mittel einen sehr geringen Verankerungsschlupf auf. Endverankerung mit Winkelhaken
und angeschweißtem Querstab und einem zusätzlichen losen Querstab in der Abbiegung
zeigten im Mittel ein ähnlich gutes Tragverhalten mit einem relativ geringen
Verankerungsschlupf, während bei Endverankerungen mit einem geraden Stabende mit
nur einem angeschweißten Querstab größere Nachgiebigkeiten festgestellt wurden. Die
geringste Wirksamkeit weist unter den im Bild 11-18 dargestellten Endverankerungen die
90°-Abbiegung mit losem Querstab in der Abbiegung auf.
Neben den Kopfbolzendübeln weisen damit Bügel aus Matten mit angeschweißten
Querstäben im Mittel den geringsten Schlupf auf. Ein großer Schlupf der Bügelbewehrung
S. 11.22
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
führt beim Erstriss zu einer größeren Rissöffnung und damit zu einer größeren Rotation an
der Risswurzel, was sich tragfähigkeitsmindernd auf das Tragverhalten auswirkt. Bei
dicken Platten wirkt sich der Bügelschlupf infolge der längeren Schenkellänge des Bügels
weniger aus als bei dünnen Platten.
Aufgestauchter
Winkelhaken mit
Gerades Stabende
Winkelhaken
Kopf
angeschw. Querstab
mit angeschweißten
mit losem Querstab
und losem Querstab
Querstab
in der Abbiegung
in der Abbiegung
Bild 11-18: Endverankerung von Durchstanzbewehrungen
Besteht die Durchstanzbewehrung aus Bügeln, so sollen diese die Längszugbewehrung
und die Druckzone umfassen. Bei Verwendung von besonderen Bewehrungselementen,
z.B. Doppelkopfanker oder Dübelleisten, sind die entsprechenden bauaufsichtlichen
Zulassungen zu beachten.
Das Verhältnis zwischen Betontraganteil VRd,c und dem Traganteil der Bügel ist zwischen
Stützenanschnitt und Rundschnitt veränderlich und beide Anteile können nicht unabhängig
voneinander betrachtet werden.
Bild 11-19: Bügel- und Betontraganteil der Durchstanztragfähigkeit
Der Betontraganteil wächst mit zunehmendem Abstand zum Stützenanschnitt an (vgl.
Bügelreihe 1+2 und 3+4). In Gleichung 11-19 findet dieser Fakt Berücksichtigung indem der
Betontraganteil pro Umfangseinheit konstant ist und der Umfang des Nachweisschnittes mit
S. 11.23
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
zunehmendem Abstand zum Stützenanschnitt zunimmt. Der Betontraganteil stellt dabei den
Durchstanzwiderstand von Platten ohne Durchstanzbewehrung dar. Er ist der
Betondruckzone zuzuordnen und somit von der Betonfestigkeit und dem
Längsbewehrungsgrad abhängig.
Der Bewehrungsgrad der rechtwinklig zur Plattenebene gerichteten Durchstanzbewehrung
(Bügel) gemäss Gl. 11-21 darf den Mindestbewehrungsgrad minρw nicht unterschreiten.
ρw =
A sw
≥ min ρ w
sw ⋅ u
(11-21)
( min ρw nach DIN 1045-1 13.1.1 Tabelle 29)
Der in den einzelnen Nachweisschnitten ermittelte erforderliche Querschnitt der
Durchstanzbewehrung ist nach Bild 11-15 und Bild 11-16 auf den Umfang des
Nachweisschnittes zu verteilen. Ist rechnerisch nur eine Bewehrungsreihe erforderlich, so
ist stets eine zweite Reihe mit der Mindestbewehrung (Gl. 11-21) mit sw = 0,75d
anzuordnen.
S. 11.24
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
11.4.5. Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit νRd,sy pro
Längeneinheit mit Durchstanzbewehrung schräg zur Plattenebene
(zum Nachlesen)
Bei Anordnung von Schrägstäben als Durchstanzbewehrung sind die Nachweise der
Querkrafttragfähigkeit in den Nachweisschnitten U1 und Ua zu führen, siehe Bild 11-20 und
Bild 11-21.
Schrägbewehrung in U1
Lage der oberen Abbiegung
lw ≤ 1,5d
1,5d
≤ 0,5d
rechnerische wirksame
Breite der Bewehrungsreihe in U1
d
Platte
h
d
α
vEd
βr
Ua
U1
0,5d
lw ≤ 1,5d
lc
VEd
lw ≤ 1,5d
1,5d
Anordnung des Nachweisschnitts:
Nachweisschnitt U1 im Abstand von
0,5d vom Stützenrand
Bild 11-20: Lage der Nachweisschnitte bei Anordnung von Schrägstäben als Durchstanzbewehrung und
Anordnung der Durchstanzbewehrung
≤ 0,25d
d
1,5d
Ua
0,5d
≤ 0,25d
Ua
≤ 0,25d
≤ 0,25d
Bild 11-21: Nachweisschnitte und Anordnung der Durchstanzbewehrung (Schrägbewehrung) im Grundriss
Die Neigung α der Schrägstäbe ist auf 45° ≤ α ≤ 60° beschränkt. Die
tragfähigkeitssteigernde Wirkung von Schrägstäben darf rechnerisch nur in einem
Plattenbereich von lw ≤ 1,5d um die Lasteinleitungsfläche ausgenutzt werden. Der
Nachweis der Durchstanzbewehrung erfolgt im Nachweisschnitt U1 mit der Gl. 11-22.
S. 11.25
Stahlbeton- und Spannbetonbau
νRd,sy = νRd,c +
Kapitel 11
1,3 ⋅ A s ⋅ sin α ⋅ fyd
u
(19.07.2007)
(11-22)
In der Gl. 11-22 bedeuten:
νRd,c :
der Betontraganteil, es darf νRd,c = νRd,ct nach Gl. 11-13 angenommen
werden.
1,3 As sinα fyd: die Bemessungskraft der Durchstanzbewehrung in Richtung der
aufzunehmenden Querkraft für jede Reihe der Bewehrung
u:
Umfang des Nachweisschnittes
α:
Neigung der Schrägstäbe gegen die Plattenebene
Der Bewehrungsgrad der schräg zur Plattenebene gerichteten Durchstanzbewehrung
(Schrägstäbe) darf den Mindestbewehrungsgrad minρw (Gl. 11-23) nicht unterschreiten.
ρw =
A sw ⋅ sin α
≥ min ρ w
d⋅u
(11-23)
Die Anordnung der Durchstanzbewehrung ist in Bild 11-20 und Bild 11-21 beschrieben.
S. 11.26
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
11.4.6. Ermittlung des Bemessungswerts der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct,a pro
Längeneinheit am äußeren Rundschnitt
Der äußere Rundschnitt Ua bildet den Übergang vom durchstanzbewehrten Plattenbereich
zum nicht durchstanzbewehrten Plattenbereich und liegt in einem Abstand von 1,5d zur
letzten rechnerisch erforderlichen Bewehrungsreihe. In diesem Rundschnitt Ua ist
nachzuweisen, dass der Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit νRd,ct,a größer ist als
der dort vorhandene Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft νEd:
νRd,ct,a = κa ⋅ νRd,ct
mit
κa = 1−
(11-24)
0,29 ⋅ l w
≥0,71
3,5 ⋅ d
≤1
In der Gl. 11-24 bedeuten:
νRd,ct:
Querkrafttragfähigkeit der Platte ohne Durchstanzbewehrung nach
Gl. 11-13 unter Berücksichtigung des Längsbewehrungsgrads am äußeren
Rundschnitt
Beiwert zur Berücksichtigung des Übergangs vom Durchstanz- zum
κa:
Querkrafttragverhalten des normalen Plattenbereichs
Breite des Übergangsbereichs, welche durch den Abstand der äußersten
lw:
Bewehrungsreihe vom Stützenrand definiert ist.
Der Beiwert κa ist linear abhängig von dem Verhältniswert lw:d und ist auf den
Wertebereich 1,0 ≥ κa ≥ 0,71 begrenzt. Der untere Grenzwert von 0,71 ergibt sich, wenn
die äußerste Bewehrungsreihe in einem Abstand von lw = 3,5⋅d zum Rand der
Lasteinleitungsfläche ALOAD angeordnet wird. Durch Multiplikation von νRd,ct gemäss Gl. 1113 mit dem Beiwert κa = 0,71 ergibt sich ohne Ansatz der Vorspannung der
Bemessungswert
der
Querkrafttragfähigkeit
νRd,ct
für
die
außerhalb
des
Durchstanzbereichs vorhandene Platte (0,10/0,14 = 0,71).
Ermittlung der Breite lw des querkraftbewehrten Übergangsbereiches für innenliegende
und randnahe Lasteinleitungsflächen ALOAD
Für die Festlegung des äußeren Rundschnitts Ua bei Bauteilen mit statisch erforderlicher
Durchstanzbewehrung und der Breite lw des querkraftbewehrten Bereichs ist es hilfreich,
die Querkrafttragfähigkeit νRd,ct,a am äußeren Rundschnitt Ua in Abhängigkeit von den
Materialparametern und den geometrischen Abmessungen in Diagrammen zu
beschreiben. Hierfür wird die Gl. 11-24 zunächst in die Form der Gl. 11-25 gebracht.
νRd,ct,a = κa ⋅ νRd,ct
mit
κa = 1−
0,29 ⋅ l w
≥0,71
3,5 ⋅ d
1
⎡ 0,21
⎤
νRd,ct = ⎢
⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck ) 3 − 0,12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d
⎣ γc
⎦
!
νRd,a,ct =
(11-24)
β ⋅ VEd
ua
(11-13a)
(11-6)
S. 11.27
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
1
⎤
β ⋅ VEd ⎛
0,29 ⋅ lw ⎞ ⎡ 0,21
= ⎜1 −
⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck ) 3 − 0,12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d
⎢
⎟
ua
⋅d
γ
⎝3,5
⎦
⎠ ⎣ c
mit
(11-25)
lw
≤ 3,5
d
Nach weiteren Umformungen erhält man:
β ⋅ VEd
η1 ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck )
1
3
+ 0,12 ⋅ σcd ⋅ κa ⋅ d2 ⋅
ua 0,21 2 ⎛
0,29 ⋅ l w
=
⋅ d ⋅ ⎜1 −
d
3,5 ⋅ d
γc
⎝
⎞ ua
⎟⋅ d
⎠
(11-26)
In die Gl. 11-26 ist nun noch der auf die statischen Nutzhöhe d der Platte bezogene
Umfang ua/d des äußeren Rundschnitts einzusetzen. Die Ermittlung des Umfangs ua
erfolgt nachfolgend:
Tabelle 11–3: Bezogener Umfang ua/d der Nachweisschnitte um eine kreisförmige
Lasteinleitungsfläche.
lc
Zeile Lage von Bezogener Umfang ua/d
s. Diagramm
ALOAD
Bild-Nr.
d
1
innen
Bild 11-22
1,0
⎛l
ua
⎛l
⎞⎞
= π ⋅ ⎜⎜ c + 2 ⋅ ⎜ w + 1,5 ⎟ ⎟⎟
d
Bild 11-23
2,0
⎝d
⎠⎠
⎝d
S. 11.28
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
Die Diagramme in Bild 11-22 und Bild 11-23 dienen zur Abschätzung der Breite lw des
Übergangsbereichs.
β VEd
1/3
10η1(100 ρl fck)
1.5d
lw
d
h
150
140
lw
lc
130
lc
lw
120
lc /d = 1.0
100
90
50
40
30
20
140.2
cm
50
d=
0cm
d=4
80
60
1.5d
5cm
d=4
110
70
lw
Innenstütze mit
Kreisquerschnitt
115.9
93.8
cm
d=35
73.2
m
d=30c
56.2
d=25cm
40.7
28.8
d=20cm
27.5
20.8
d=15cm
15.5
cm
d=20
27.5
d=15cm
15.5
71.8
59.4
48.1
37.8
14.1
7.9
14.1
7.9
lw
d
lw
d
Bild 11-22: Diagramm zur Ermittlung der bezogenen Länge lw /d des querkraftbewehrten Übergangsbereichs
für lc/d = 1,0 um eine innenliegende kreisförmige Lasteinleitungsfläche.
S. 11.29
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
β VEd
1/3
10η1(100 ρl fck)
1.5d
140
lw
lc
lw
120
lw
1.5d
cm
50
d=
152.9
Innenstütze mit
Kreisquerschnitt
130
lc
lw
d
h
150
lc /d = 2.0
5cm
d=4
126.5
110
100
90
0cm
d=4
102.4
cm
d=35
80.6
60.1
m
d=30c
61.3
47.4
d=25cm
44.4
d=20cm
30.0
d=15cm
16.9
89.7
80
70
60
74.2
50
40
30
36.0
20
26.0
17.6
lw
d
9.9
cm
d=20
17.6
9.9
d=15cm
30.0
16.9
lw
d
Bild 11-23: Diagramm zur Ermittlung der bezogenen Länge lw /d des querkraftbewehrten Übergangsbereichs
um eine innenliegende kreisförmige Lasteinleitungsfläche für lc/d = 2,0.
S. 11.30
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
11.5. Bewehrungsregeln
Die wesentlichen Angaben zur Anordnung der Durchstanzbewehrung sind oben enthalten.
Auf die ausreichende Verankerung der Durchstanzbewehrung ist zu achten. Bei
Anordnung von Bügeln sollen diese die Längszugbewehrung und die Druckzone
umfassen. Bei Verwendung von Doppelkopfankern bzw. Dübelleisten sind die Angaben in
den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen zu beachten.
Die Stabdurchmesser der Durchstanzbewehrung sind auf die mittlere statische Nutzhöhe
der Platte abzustimmen, wobei der Stabdurchmesser ds nicht größer als 0,05⋅d betragen
soll.
d s = 0,05 ⋅ d
z.B. d = 30 cm
ds ≤ 14 mm
(11-31)
Ist bei Anordnung von senkrecht zur Plattenebene gerichteter Durchstanzbewehrung (Kap.
11.4.3), z.B. Bügel, rechnerisch nur eine Bewehrungsreihe erforderlich, so ist stets eine
zweite Bewehrungsreihe mit der Mindestbewehrung (Gl. 11-21) vorzusehen. Dabei ist
sw = 0,75d anzunehmen. Grundsätzlich ist eine Mindestbewehrung im Durchstanzbereich
nur dann anzuordnen, wenn Durchstanzbewehrung zur Tragfähigkeit erforderlich ist. Die
Mindestbewehrung dient allein zur Begrenzung der möglichen Schrägrissbreiten im
Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit. Hierzu sind mindestens 60% des Grundwertes
ρw für Balken im Durchstanzbereich anzuordnen.
Bei randnahen Stützen mit einem lichten Randabstand von weniger als d müssen wegen
auftretender Drillmomente stets eine besondere Randlängsbewehrung (mindestens ein
Stabstahl oben und unten) und Steckbügel in einem Abstand von 100 mm angeordnet
werden. Die Steckbügel sind mit ausreichender Übergreifungslänge ls zu verankern.
Um ein fortschreitendes Versagen von punktförmig gestützten Deckensystemen zu
verhindern, ist stets ein Teil der Feldbewehrung über die Stützstreifen im Bereich von
Rand- und Innenstützen zu führen. Diese direkt über der Lasteinleitungsfläche
anzuordnende Bewehrung muss einen Bewehrungsquerschnitt entsprechend der
Gl. 11-32 aufweisen und ist ausreichend in der Deckenplatte zu verankern, damit sich im
Falle eines Durchstanzens die Platte an der Stütze aufhängen kann.
As =
VEd
fyk
(11-32)
S. 11.31
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
In der Gl. 11-32 bedeuten:
As
: erforderlicher Bewehrungsquerschnitt
: Bemessungswert der aufzunehmenden Querkraft (Stützungskraft) ohne
VEd
Abminderung
: Charakteristischer Wert der Streckgrenze des Betonstahls
fyk
(19.07.2007)
S. 11.32
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
11.6. Flussdiagramm
Bemessungswert der
aufzunehmenden Querkraft
Im durchstanzgefährdeten Plattenbereich :
Festlegen der geometrischen
Abmessungen
(Flachdecke / Pilzdecke / Fundamentplatte)
Statische Nutzhöhe d der Platte (min d)
Lasteinleitungsfläche ALOAD
Ermittlung der Mindestbiegemomente und Vergleich mit den
Biegemomenten aus der Schnittgrößenermittlung − Kapitel 11.2.3
Prüfung der Lasteinleitungsfläche
ALOAD
Festlegen des kritischen Rundschnitts ukrit
Kapitel 11.2.5
Ermittlung des Bemessungswerts der
aufzunehmenden Querkraft vEd je Längeneinheit im
kritischen Rundschnitt
Kapitel 11.3– Gl. 11-6 bis Gl. 11-8
Querkrafttragfähigkeit vRd,ct am kritischen Rundschnitt ucrit
1
⎡ 0,21
⎤
νRd,ct = ⎢
⋅ η1 ⋅ κ ⋅ (100 ⋅ ρl ⋅ fck ) 3 − 0,12 ⋅ σcd ⎥ ⋅ d
⎣ γc
⎦
Kapitel 11.4.2– Gl. 11-13
Ja
Bauteil ohne
Durchstanzbewehrung
Nein
νEd ≤ νRd,ct
Gl. 11-9
Bauteil mit rechnerisch
erforderlicher
Durchstanzbewehrung
Maximale Querkrafttragfähigkeit
Bewehrung gg.
Fortschreitendes Versagen:
As = VEd/fyk
Kapitel 11.5– Gl. 11-32
νRd,max
νRd,max = 1,5 ⋅ νRd,ct
Nein
Ende
Lasteinleitungsfläche ALOAD vergrößern
oder statische Nutzhöhe d vergrößern
oder größere Betondruckfestigkeitsklasse
wählen oder Längsbewehrungsgrad ρl
Fortsetzung nächste Seite
Gl. 11-10
νEd ≤ νRd,max
Ja
1
S. 11.33
Stahlbeton- und Spannbetonbau
Kapitel 11
(19.07.2007)
Fortsetzung Flussdiagramm
1
Festlegen des äußeren Rundschnitts Ua
Bild 11-22 bis Bild 11-23
Querkrafttragfähigkeit vRd,a,ct am äußeren Rundschnitt ua
νRd,ct,a = κa ⋅ νRd,ct
Statische Nutzhöhe d vergrößern oder
größere Betondruckfestigkeitsklasse
wählen oder Bewehrungsgrad ρl
Kapitel 11.4.6– Gl. 11-24
Gl. 11-12
Nein
νEd ≤ νRd,ct,a
Ja
Festlegen der inneren Nachweisschnitte U1 bis Ui
für die Bemessung der Durchstanzbewehrung
Bild 11-15 und Bild 11-16 bzw. Bild 11-18 und Bild 11-20
11.1. Querkrafttragfähigkeit vRd,sy
bei lotrechter Durchstanzbewehrung
ν Rd,sy =ν Rd,c +
ν Rd,sy =ν Rd,c +
ρw vergrößern
κ s ⋅ A sw ⋅ fyd
u
κ s ⋅ A sw ⋅ fyd
u
für U1
⋅
d
sw
für U i
Gl. 11-11
Nein
νEd ≤ νRd,sy
Nachweisschnitte U1 bis Ui
Ja
Mindestquerkraftbewehrung für Platten (b/h > 4) mit
min ρw nach Tabelle 9-1
Bewehrung gg. Fortschreitendes
Versagen: As = VEd/fyk
Kapitel 11.5– Gl. 11-32
− Gln. 11-21 und 11-23
Ausbildung der
Durchstanzbewehrung
Ende
S. 11.34