Heft 5/2012 der ZMR - MESSWERT Unternehmen für

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Heft 5/2012 der ZMR - MESSWERT Unternehmen für
5/2012
Seiten 325–412
65. Jahrgang
ISSN 0340-7497
Art.-Nr. 24308205
Aus dem Inhalt:
Das Mietrechtsnderungsgesetz –
berblick zum Referentenentwurf
vom 25.10.2011 (Teil 2)
Ralf Dietrich
! Seite 325
Einzelaspekte der Versorgungssperre
im Wohnungseigentumsrecht
Michael Bonifacio
! Seite 330
Neue Probleme bei der Wohnungszuweisung nach § 1568 a Abs. 5
BGB
Andrik Abramenko
! Seite 334
Straßenreinigung – Kostenumlegung
und Mieterleistung
Michael J. Schmid
! Seite 337
Anspruch des Mieters auf Vorlage
einer vom Vermieter erstellten
Flchenberechnung
Christoph Stellwaag
! Seite 339
Kndigungsverzicht
BGH (23.11. 2011)
! Seite 344
Abrechnungseinheit
BGH (22.11. 2011)
! Seite 344
Heizkostenabrechnung ohne Erluterung
BGH (26.10. 2011)
! Seite 345
Eigenbedarf; fehlende Hinweise des
Gerichts
BGH (21.12. 2011)
! Seite 345
Redaktion
Mieterhhungsverlangen unter Bezugnahme auf rtlich und sachlich
unanwendbaren Mietspiegel
LG Heidelberg (17. 2. 2012)
! Seite 355
Redaktionsbeirat
Verdeckte Sicherheit fr Differenzmiete; aufgedrngte Mietsicherheit
AG Kerpen (14. 2. 2012)
! Seite 363
Erstreckung des Sondereigentums an
einer Doppelstockgarage auf die
dazugehrige Hebeanlage
BGH (21.10. 2011)
! Seite 377
Falsche Auskunft des Gerichts ber das
zustndige Berufungsgericht;
Wiedereinsetzung
BGH (12.1. 2012)
! Seite 378
Formalien einer Ladung zur Eigentmerversammlung
BGH (13.1. 2012)
! Seite 380
Verußerungszustimmung
Saarlndisches OLG (7.11. 2011)
! Seite 381
Zustimmung des Verwalters zur Verußerung
OLG Frankfurt (13.12. 2011)
! Seite 383
Heiko Ormanschick
Dr. Olaf Riecke
Dr. Dr. Andrik Abramenko
Prof. Dr. Christian Armbrster
Dr. Lothar Briesemeister
Dr. Michael Casser
Dr. Wolf-Dietrich Deckert
Wolfgang Dtsch
Johannes Drabek
Prof. Dr. H.-J. Driehaus
Dr. Oliver Elzer
Gnther Geldmacher
Prof. Dr. Martin Hublein
Dr. Werner Hinz
Prof. Dr. Stefan Hgel
Prof. Dr. Florian Jacoby
Dr. Georg Jennien
Wilfried J. Khler
Prof. Dr. Siegbert Lammel
Dr. Klaus Ltzenkirchen
Horst Mller
Dr. Marcel M. Sauren
Edwin Schlger
Dr. Michael J. Schmid
Dr. Jan-Hendrik Schmidt
Prof. Wolfgang Schneider
FerrØol Jay von Seldeneck
Prof. Dr. Friedemann Sternel
Dr. A. Olrik Vogel
Dr. Joachim Wichert
Fortsetzung 3. Umschlagseite
Kndigung gegen einen querulatorischen Mieter
BGB §§ 573 Abs. 2 Nr.1, 574:
Ein Vermieter darf einer Mieterin wegen unzumutbarer ˜uerungen ihm gegenber (er wrde falsche Abrechnungen ber den Einbau minderwertiger Dinge erstellen, fachlich inkompetent und betrgerisch sein,
Sekten angehren und eine Nhe zum Rotlichtmilieu
haben) nicht fristlos aus wichtigem Grund, sondern
nur ordentlich kndigen.
LG Halle/Saale, Urteil vom 8.6.2011
2 S 277/10
Eigenleistungen des Vermieters; Betriebskostenabrechnung
II. BV § 27; BGB § 556:
Rechnet der Vermieter Betriebskosten nach den
Grundstzen fr Eigenleistungen ab, muss er nicht darlegen, dass Kosten in der geltend gemachten Hhe
auch tatschlich entstanden sind. Er kann sogar hhere Kosten abrechnen, als sie bei ihm angefallen sind.
LG Kln, Urteil vom 29.12.2011
1 S 44/11
(Revision zugelassen)
Leitsatz des Einsenders
Zustimmungsverlangen; Anwaltskosten als Verzugsschaden
BGB §§ 280, 286, 558 b:
Der Mieter befindet sich mit Ablauf der Zustimmungsfrist fr ein begrndetes Mieterhhungsverlangen ohne Mahnung in Verzug und hat auch die nach Fristablauf ausgelsten Anwaltskosten des Vermieters zu erstatten.
AG Kln, Urteil vom 9.12.2011
220 C 366/11
Nutzungsausfallschaden; Beendigung der gesamtschuldnerischen Haftung der Mitmieter
BGB §§ 280, 286, 421:
Stimmen zwei Mieter bei Beendigung des Mietverhltnisses einer Vereinbarung zu, der zufolge sie dem Vermieter fr smtliche Schden am Laminatboden der
an sie vermieteten Wohnung haften und ist die Schadensbeseitigung erst nach ihrem Auszug mglich, bedarf es ausnahmsweise keiner weiteren Darlegung des
Nutzungsausfallersatz begehrenden Vermieters dafr,
dass er die Wohnung nach Auszug der Mieter nicht sogleich weitervermieten konnte.
Vereinbaren die Mieter und der Vermieter ferner, dass
nur einer der beiden Mieter die … im Innenverhltnis
allein von ihm zu verantwortenden … Mietrckstnde
alleine an den Vermieter zu zahlen hat, ist damit zugleich die gesamtschuldnerische Haftung des anderen
Mieters gegenber dem Vermieter wirksam ausgeschlossen worden.
AG Wetzlar, Urteil vom 6.9.2011
38 C 1779/10
Streitwertberechnung; Hamburger Formel; Jahresabrechnung
GKG § 49 a:
1. Das Eigeninteresse des Anfechtenden ist ggf. zu
schtzen.
2. Im Interesse einer einheitlichen obergerichtlichen
Rechtsprechung wendet auch das OLG Koblenz die
„Hamburger Formel“ an (vgl. OLG Hamburg, ZMR
2010, 873).
OLG Koblenz, Beschluss vom 18.1.2011
5 W 21/11
Streitwert in WEG-Sachen; Rechtsmittel
GKG §§ 49 a, 68 Abs.1 Satz 5, 66 Abs. 3:
1. Gegen die Festsetzung des Streitwerts in Wohnungseigentumssachen durch das LG als Berufungsgericht findet gem § 68 Abs.1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66
Abs. 3 Satz 2 GKG die Beschwerde an das OLG statt.
2. Bei der Bestimmung des Streitwerts gem § 49 a
GKG steht dem Gericht … auch dem Beschwerdegericht … ein pflichtgem auszubendes Ermessen zu.
Anders verhlt es sich lediglich in einem Verfahren
der weiteren Beschwerde, in dem nur (noch) gergt
werden kann, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer Verletzung des Rechts i. S. der
§§ 546, 547 ZPO beruht (§ 66 Abs. 4 Satz 2 GKG i. V. m.
§ 68 Abs.1 Satz 5 GKG) und folgerichtig anstelle einer
eigenstndigen Ermessensausbung lediglich zu prfen ist, ob ein Ermessensnicht- oder -fehlgebrauch vorliegt.
3. Wird ein Beschluss ber die Genehmigung einer
Jahresabrechnung insgesamt angefochten und steht somit die gesamte Jahresabrechnung im Streit, bestimmt
sich das Interesse der Parteien und aller Beigeladenen
i. S. des § 49 a Abs.1 Satz 1 GKG dennoch grundstzlich nicht nach dem gesamten Nennbetrag der in der
Abrechnung als Ausgaben eingestellten Kosten. Hieran hat sich auch durch das Gesetz zur ˜nderung des
Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze
vom 26.3.2007 (BGBl. I, S. 370) nichts gendert (ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 30.8.2010 … 1 W 54/
10 …, ZMR 2011, 56; HansOLG Hamburg, Beschluss
vom 17.6.2010 … 9 W 34/10 …, ZMR 2010, 873; a. A.
OLG Bamberg, Beschluss vom 29.7.2010 … 3 W 94/
10 …, ZMR 2011, 887).
OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.1.2012
13 W 38/11
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5/2012
Seiten 325 … 412
65. Jahrgang
Redaktion:
RA Heiko Ormanschick
Blankeneser Bahnhofstrae 46,
22587 Hamburg
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RiAG Dr. Olaf Riecke
Baumweg 1, 22589 Hamburg
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ZMR aktuell
Neue Meldungen aus dem Immobilienbereich . . . 2. und 3. Umschlagseite
Aufstze
Dr. Ralf Dietrich
Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum Referentenentwurf
vom 25.10.2011 (Teil 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325
Dr. Michael Bonifacio
Einzelaspekte der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht . . . . . 330
Dr. Dr. Andrik Abramenko
Neue Probleme bei der Wohnungszuweisung nach § 1568 a Abs. 5
BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
Dr. Michael J. Schmid
Straenreinigung … Kostenumlegung und Mieterleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 337
Christoph Stellwaag
Anspruch des Mieters auf Vorlage einer vom Vermieter erstellten
Flchenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
Rechtsprechung
Miet- und Pachtrecht
BGH
1. 2. 2012 … VIII ZR 156/11
Heizkostenabrechnung, verbrauchter Brennstoff im Abrechnungsjahr
(mit Anm. Schmid). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341
BGH
23. 11. 2011 … VIII ZR 120/11
Kndigungsverzicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
BGH
22. 11. 2011 … VIII ZR 228/11
Abrechnungseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344
BGH
26. 10. 2011 … VIII ZR 270/10
Heizkostenabrechnung ohne Erluterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
BGH
21. 12. 2011 … VIII ZR 166/11
Eigenbedarf; fehlende Hinweise des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345
BGH
11. 1. 2012 … XII ZR 40/10
Mietvertragliche Konkurrenzschutzklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348
OLG Koblenz
15. 2. 2012 … 5 U 1159/11
Nutzungsfortsetzung nach fristloser Kndigung begrndet keinen
neuen Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
LG Berlin
17. 10. 2011 … 67 S 58/11
Kndigung wegen Nichtzahlung der Mietkaution bei Wohnraummiete; Schonfristzahlung (mit Anm. Riecke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350
LG Berlin
15. 11. 2011 … 63 S 145/11
Modernisierungsmieterhhung; formelle Anforderungen; Vorwegabzug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
LG Frankfurt
18. 1. 2012 … 2/17 S 90/11
Vernachlssigung der Wohnung; Ruhestrung; fristlose Kndigung;
unntige vorherige Abmahnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352
LG Hamburg
25. 11. 2011 … 317 S 55/11
Direkter Unterlassungsanspruch gegenber Mieter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354
LG Heidelberg
17. 2. 2012 … 5 S 95/11
Mieterhhungsverlangen unter Bezugnahme auf rtlich und sachlich
unanwendbaren Mietspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355
LG Lneburg
7. 12. 2011 … 6 S 79/11
Eigenbedarfskndigung; vorhersehbarer Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
LG Nrnberg-Frth 17. 8. 2011 … 12 O 4361/10
AG Gelsenkirchen
AG HamburgBarmbek
Einrohrheizung; Fernwrmekosten; Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
7. 11. 2011 … 3a C 299/11
Vermieterwechsel und Glubigerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
21. 4. 2011 … 817 C 71/10
Minderung; selbststndiges Beweisverfahren; fristlose Kndigung;
Lrm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
AG HamburgSt. Georg
13. 12. 2011 … 980 C 80/10
Vermietung an Touristen; Rechtsprechungsnderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
AG Kerpen
14. 2. 2012 … 104 C 366/2011 Verdeckte Sicherheit fr Differenzmiete; aufgedrngte Mietsicherheit . . 363
AG Mnchen
14. 9. 2011 … 413 C 25938/10 Bauliche Vernderung durch den Mieter; fristlose Kndigung oder
nur Unterlassungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365
AG Stuttgart
8. 2. 2012 … 32 C 6091/11
Berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung . . . . . . . . . . . . . . 366
AG Stuttgart
8. 11. 2011 … 32 C 2842/11
Verweigerung der Mngelbeseitigung durch den Mieter . . . . . . . . . . . . . . . . . 367
AG Wiesbaden
4. 7. 2011 … 93 C 4774/10
Eigenbedarfskndigung; Hrteklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
BGH
17. 2. 2012 … V ZR 251/10
Heizkosten in der Jahresgesamt- und Einzelabrechnung
(mit Anm. Casser/Schultheis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
BGH
21. 10. 2011 … V ZR 75/11
Erstreckung des Sondereigentums an einer Doppelstockgarage auf die
dazugehrige Hebeanlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
BGH
12. 1. 2012 … V ZB 198
und 199/11
Falsche Auskunft des Gerichts ber das zustndige Berufungsgericht;
Wiedereinsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378
BGH
13. 1. 2012 … V ZR 129/11
WEG
Saarlndisches OLG 7. 11. 2011 … 5 W 214/11-96
Formalien einer Ladung zur Eigentmerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380
Veruerungszustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381
OLG Frankfurt
13. 12. 2011 … 20 W 321/11
Zustimmung des Verwalters zur Veruerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
LG Dsseldorf
3. 11. 2011 … 19 S 45/11
Nichtladung des WEG-Verwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384
LG Hamburg
30. 11. 2011 … 318 S 201/10
Wichtiger Grund; Verwalterwahl; Berufsbild. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
LG Hamburg
18. 1. 2012 … 318 S 164/11
Alternativangebote; Instandsetzungsmanahme; Rechtsschutzinteresse. 388
LG Itzehoe
24. 1. 2012 … 11 S 16/11
˜nderung der Kostenverteilung; Vergemeinschaftung; Individualanspruch; Streitwert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390
LG Karlsruhe
28. 6. 2011 … 11 S 7/10
Haftungsbeschrnkte Unternehmergesellschaft als WEG-Verwalter? . . . . 391
LG Lneburg
8. 12. 2011 … 9 S 16/11
Wasserschaden im Sondereigentum; Verwalterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392
LG Lneburg
10. 1. 2012 … 5 S 61/11
˜nderung des Kostenverteilungsschlssels (mit Anm. Brinkmann) . . . . . 393
LG Mnchen I
14. 11. 2011 … 1 S 4681/11
Einrohrheizung; Verteilerschlssel; Abberufungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . 394
LG Mnchen I
12. 1. 2012 … 36 S 6417/11
Anfechtungsklage des einzelnen Bruchteilseigentumsberechtigten;
Richtige Beklagte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398
LG Stuttgart
29. 6. 2011 … 10 S 19/10
Fassadensanierung; Kostenverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399
AG Charlottenburg 6. 1. 2012 … 73 C 124/11
Notwendige Bestandteile einer Jahresabrechnung; kein bloer
Ergnzungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
AG HamburgSt. Georg
LG Hamburg
31. 5. 2011 … 980 C153/10
5. 1. 2012 … 318 S 137/11
Nutzungsgestattung des vermietenden Sondereigentmers; ffentlichrechtliche Genehmigung; unzulssige Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
AG HamburgBlankenese
4. 4. 2012 … 539 C 24/11
Feststellungsklage; bauliche Vernderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
AG Wiesbaden
10. 2. 2012 … 92 C 5584/11
Beseitigungsanspruch wegen einer baulichen Vernderung am
Gemeinschaftseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
Grundstcksrecht (allgemein)
OLG Brandenburg 10. 11. 2011 … 5 U 77/10
OLG Koblenz
AG Spandau
Wohnrecht; beschrnkte persnliche Dienstbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
10. 1. 2012 … 5 U 1418/11
Verkehrssicherungspflicht auf dem Parkplatz einer Bank. . . . . . . . . . . . . . . . . 409
1. 11. 2011 … 70 C 73/11
Vergtungsanspruch einer Winterdienstfirma; Rechtliche Einordnung
des Vertrages und Rechtsfolgen mangelhafter Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410
11. 1. 2012 … 120 C 121/11
Vollstreckung gegen einen WEG-Verwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
ZV-Recht
AG Halle
Literatur
V…VI
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ZMR 5/2012 · Mai 2012
Seiten 325 – 412
Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum
Referentenentwurf vom 25.10.2011
Fortsetzung von ZMR 2012, 241
Von Dr. Ralf Dietrich, AG Stuttgart1)
C. Erleichterte Rumung
I. Neuer Kndigungsgrund Kautionsrckstand …
§ 569 Abs. 2 a BGB-E
II. Einmietbetrug, „Mietnomaden“ und „Berliner
Rumung“
a) Hintergrund, Regelungswrdigkeit
b) Hinterlegungsanordnung und einstweilige
Verfgung
c) Erleichterte Rumung auch gegenber
Dritten
d) Kodifizierung der „Berliner Rumung“
D. „Mnchener Modell“ … § 577 a BGB-E
E. Weiterer Reformbedarf
F. Fazit
C. Erleichterte Rumung
I. Neuer Kndigungsgrund Kautionsrckstand …
§ 569 Abs. 2 a BGB-E
Bislang war nicht gesetzlich klar geregelt, wann der Vermieter wegen Rckstandes mit der Kautionszahlung kndigen kann. Der BGH hatte zur Gewerberaummiete entschieden, dass bei Verzug mit der vollen Kaution und
nach Abmahnung ein Recht zur fristlosen Kndigung besteht.2) Fr die Wohnraummiete war keine eindeutige Linie erkennbar, auch wenn Rechtsprechung und Literatur
o. g. Grundstze auf das Wohnraummietrecht bertragen
wollten.3)
Der Gesetzgeber will nun einen neuen Kndigungsgrund
kodifizieren, nachdem auch bei Zahlungsverzug mit der
Mietkaution fristlos und ohne vorherige (Ab-)Mahnung
gekndigt werden kann. Dies soll Konsistenz mit dem
Mietzahlungsverzug schaffen.
Nach dem Entwurf muss der Rckstand in der Hhe nicht
dem Kautionsbetrag entsprechen. Vielmehr kommt es darauf an, dass ein Rckstand in einer Hhe vorliegt, der
zwei Monatsmieten betrgt. Diese Regelung ist vorausschauend und vermeidet Unklarheiten, ob nun die Kaution oder die Miete bezahlt wurde, denn „unter dem
Strich“ zhlt der Verzug in Hhe von zwei Monatsmieten.
Jedenfalls nach den Novellenmotiven sollen allerdings Betriebskostenpauschalen/-vorauszahlungen nicht angerechnet werden, der Rckstand in Hhe von zwei Kaltmieten
soll also reichen. Beim klassischen Mietrckstand werden
dagegen nach herrschender Meinung Bruttomieten zu
Grunde gelegt.4) Weiter bleibt unklar, was mit dem ber
die Zweimonatsmiete hinausgehenden Kautionsanspruch
geschehen soll. Eine gesetzgeberische Klarstellung wre
sinnvoll. Dass nach den Motiven nur der ursprngliche
Kautionsanspruch, nicht aber der Wiederauffllungsanspruch abgedeckt sein soll, ist einleuchtend. Dort sollte jedenfalls eine Mahnung einer Kndigung vorweg gehen.
Grundstzlich wre der neue § 569 Abs. 2 a BGB-E sinnvoll. Zwar kann man einen Unterschied darin sehen, ob
mit dem Leistungsanspruch der Mietzahlung oder mit der
Kaution, die „nur“ zur Sicherung dienen soll, im Verzug
ist. Fr letzteren Fall liee sich daher durchaus de lege ferenda vertreten, dass der Kndigung doch eine Mahnung vorausgehen sollte. Dies auch, da gerade im „Umzugsstress“
bei Privatmietern neben erheblichem organisatorischem
Aufwand, oft verbunden mit Arbeitsplatzwechsel, Bekanntgabe neuer Adressdaten, Versicherungswechsel,
Schulwechsel der Kinder etc., der Rckstand mglicherweise nur auf einem Versehen beruht. In diesen Fllen wre aufgrund der Heilungsmglichkeit des § 569 Abs. 3 Ziffer 2
BGB, die auch fr den Kautionsrckstand gelten soll, die
Kndigung auf schwachen Beinen … das Mietverhltnis htte aber sogleich konfliktbehaftet begonnen. Ein Gleichlauf
vereinfacht die Handhabung aber jedenfalls, da die Abgrenzungsproblematik der Zahlung entfllt. Die Aufnahme genannter Przisierungen wre allerdings erfreulich.
II. Einmietbetrug, „Mietnomaden“ und „Berliner
Rumung“
a) Hintergrund, Regelungswrdigkeit
Der Gesetzgeber nimmt sich der sog. Mietnomadenflle
an und will diesbezglich vornehmlich die ZPO schrfen,
um jener Thematik schneidig zu entgegnen. Umgangs1) Der Verfasser fhrt am AG Stuttgart ein Schwerpunktreferat fr Mietrecht.
2) BGH vom 21.3.2007 … XII ZR 36/05 …, ZMR 2007, 525, zitiert nach
juris.
3) LG Berlin … 61 T 23/00 …, GE 2000, 1475; K. Ltzenkirchen, in: Erman,
BGB, 13. Aufl. 2011, § 543 Rdn. 8; Blank, in: Schmidt-Futterer, MietR,
10. Aufl. 2011, § 543 Rdn.179; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 71. Aufl.
2012, § 543 Rdn. 36.
4) Weidenkaff, in: Palandt, a. a. O., § 543 Rdn. 23.
ZMR 2012, 326
Dietrich, Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum Referentenentwurf vom 25.10.2011
sprachlich als Mietnomaden, rechtstechnisch als Einmietbetrger werden Personen bezeichnet, die von vornherein
mit betrgerischer Absicht, also bewusst ohne Zahlungswillen Wohnungen anmieten. Abzugrenzen sind dagegen
Flle anderen Zahlungsverzugs, etwa wegen Insolvenz, Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit o.. Verhindern kann
das „Mietnomadentum“ naturgem kein Gesetz, sondern
es allenfalls die Vorsicht und Vorsorge der Vermieter eindmmen5) Neben der strafrechtlichen Ahndung (§ 263
StGB) kann der Gesetzgeber allerdings zivilrechtliche Mittel zur Verfgung stellen, damit der einmal eingetretene
Schaden sich nicht weiter vertieft, ergo die Mietbetrger
rasch aus der Wohnung zu geringen Kosten entfernt werden knnen. Diese Mittel bestehen im Wesentlichen bereits mit den Mglichkeiten des BGB zur fristlosen Kndigung bei Zahlungsverzug. Der Gesetzgeber entnimmt aber
Fllen, bei denen sich die sog. Mietnomaden der Vollstreckung entziehen wollen, die Notwendigkeit, zivilprozessual jene Mittel weiter zu schrfen.
Der hiesige Aufsatz mchte zwar vornehmlich die avisierten ˜nderungen berichten und nur an ausgewhlten Orten
de lege ferenda Stellung beziehen. Hier allerdings ist Kritik
angezeigt.6) Wird der Entwurf im brigen grundstzlich
sehr begrt, so kann zu diesem Passus Zustimmung allenfalls zgernd erfolgen. Zwar sehen Medien und Politik
beim Thema „Mietnomadentum“ groen Handlungsbedarf, mit der Materie befasste Richter und auch etliche Anwlte, selbst die der Vermieterseite nahestehende, rezipieren das faktische Geschehen aber regelmig anders. Dabei steht weniger die normative Bewltigung als die empirische Bedeutung der Flle in unterschiedlicher Wahrnehmung. Wenn sogar die sonst nicht als fr bermig aufbauschende ˜uerungen bekannte ZEIT unter dem Stichwort Mietnomadentum berichtet, es solle im Jahr ca.
15 000 Flle von Mietern geben, die nicht zahlten,7) aber
an jener Stelle mit keinem Wort erwhnt, dass der ganz
berwiegende Teil jener 15 000 Flle nicht auf Mietnomaden im o. g. Sinne zurck zu fhren ist … dann steht dies
stellvertretend fr die verbreitete Berichterstattung, die ein
berzeichnetes Bild abgibt. Keine Frage: Kndigungen wegen Zahlungsverzugs sind hufig anzutreffen. Von Mietnomadentum kann aber nur bei zahlenmig sehr geringen Fllen gesprochen werden. Interessanterweise bt
nicht nur der Mieterbund erhebliche Kritik an der Regelungswrdigkeit,8) sondern gerade auch die Wissenschaft
zeichnet ein zurckhaltendes Bild der empirischen Hufigkeit und faktischen Phnomenologie, also sowohl in quantitativer wie qualitativer Hinsicht.9) Dieser Eindruck besttigt sich, fragt man bei Tagungen und anderen Gelegenheiten zum Gedankenaustausch mit Mietrecht zentral befasste Richter nicht nur aus Stuttgart, sondern gerade auch aus
Kln, Berlin und Hamburg, Metropolen also, die oft im
Zusammenhang mit dem sog. Mietnomadentum genannt
werden. Kurz gefasst mag der Einzelfall regelungsbedrftig
sein, ob Regelungswrdigkeit vorliegt, ist aber eine andere
Frage. Man sollte Vorsicht walten lassen, dass nicht andere
Flle nunmehr mit gendertem Manahmenkatalog falsch
angefasst werden. Denn sonst wre fr die Praxis wenig gewonnen, aber viel riskiert. Jene Befrchtungen, die mancher
ob des gesetzgeberischen Eifers hegt, seien hier allerdings mildernd etwas zerstreut. „Kollateralschden“ und berzogenes
werden sich am Ende hoffentlich nur am Rande zeigen und
die Praxis wird im Einzelfall wissen, wie man mit den neuen
geschrften Waffen umgeht. Die Risiken im Umgang mit jenen Mitteln werden anzureien sein.
Geht man nun aber einmal von der Regelungswrdigkeit
aus, so hlt der Referentenentwurf einige jedenfalls in der
Ausgangsberlegung berzeugende Werkzeuge parat. Konsequenterweise knnten diese sogar noch etwas weiter geschrft werden, zumindest, wenn man mit dem Referentenentwurf konsistent von Mietnomaden als rechtlich
durchaus versierten und damit zu juristischen Winkelzgen faktisch befhigten und dazu auch unbedingt willigen
Personen ausgeht.
b) Hinterlegungsanordnung und einstweilige
Verfgung
Ein wirtschaftliches Problem von Rumungsverfahren wegen Zahlungsverzugs ist, dass der Vermieter das Insolvenzrisiko des Mieters trgt. Je lnger sich das Verfahren hinzieht, respektive je strker der Mieter es verzgert, desto grer wird der Schaden fr den Vermieter. Der Reformentwurf will das Verfahren daher fr den Fall abkrzen, dass
der Mieter nicht seine Solvenz zeigen und die vermieterischen Ansprche absichern kann. Er sieht daher vor, dass
der Mieter im laufenden Gerichtsverfahren die Miete hinterlegt und anderenfalls beschleunigt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu rumen hat. Dies soll die konzertierte ˜nderung von § 302 a ZPO-E (Hinterlegungsanordnung)
und § 940 a Abs. 3 ZPO-E (einstweilige Rumungsvollstreckung) ermglichen.10) Dazu wird das Gericht gem § 302 a
ZPO-E prfen, ob die klgerische Forderung „hohe Aussicht
auf Erfolg“ hat, und nach Interessenabwgung und Glaubhaftmachung die Hinterlegung auf Antrag anordnen. Nach
Abs. 4 der Norm ist die Anordnung dabei nach dem Fortgang der Erkenntnisse inklusive der aktuellen Erfolgsaussichten anzupassen und gegebenenfalls aufzuheben.
Leuchtet der Grundgedanke zwar ein, wirft seine geplante
Umsetzung aber etliche Fragen auf: § 302 a ZPO-E startet
als eine sehr weite Regelung, die sich bspw. nicht einmal
auf wiederkehrende Leistungen beschrnkt. Auch bleibt
die Abgrenzung zu § 246 FamFG unklar. Dann aber verengt sich der Trichter erheblich, sodass am Ende der Anwendungsbereich gering sein drfte. Der reformerische
Ansatz erfhrt beispielsweise zwei Eingrenzungen, die die
Begrndung des Entwurfs leider nicht aufgreift. Weshalb
etwa bezieht sich die gewnschte Verschrfung auf den
Wohnraummieter, nicht aber auf den Gewerbemieter?11)
5) Vgl. dazu Artz, Fn. 33.
6) Vgl. schon zum Entwurfsstand vom 11.5.2011 sehr kritisch Selk, in:
ZMR 2011, 854 ff.; grds. zustimmend dagegen Schwieren, ebda., S. 765.
7) Salchert, Die Zeit, 8.12.2011, Nr. 50, S. 20, abrufbar unter http://
www.zeit.de/2011/50/WOS-Mietnomade.
8) Pressemeldung des Deutschen Mieterbundes (DMB) vom 17.11.2011 …
abrufbar unter der Pressemitteilungsseite von www.mieterbund.de.
9) Die Universitt Bielefeld hat sich unter dem Mietrechtsexperten Artz
der Sache auch empirisch angenommen und ein eigenes Forschungsvorhaben „Mietnomaden“ begrndet, vgl. die sehr lehrreiche, leider zu
wenig beachtete Studie „Sondergutachten ,Mieterschutz und Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau Mietausflle durch sog. Mietnomaden’“, u. a. von Artz, abrufbar unter http://www.jura.uni-bielefeld.de/
forschung/institute/fir/mietnomaden.
10) Kritisch zum Entwurfsstand vom 11.5.2011 bereits Selk, in: ZMR 2011,
854 ff. Zustimmend dazu hingegen Schwieren, ZMR 2011, 765, im
Wesentlichen der Begrndung des seinerzeitigen Entwurfes folgend.
11) Zu bislang ungehrten Forderungen der Vermieterseite vgl. dazu
bereits die Forderung des IVD vom 16.9.2008, abrufbar unter http://
ivd.net/uploads/media/Klimaschutz_Broschuere.pdf.
Dietrich, Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum Referentenentwurf vom 25.10.2011
§ 940 a Abs. 3 ZPO-E bezieht sich jedenfalls nur auf ersteren. Und weshalb grenzt § 302 a Abs.1 ZPO-E auf Forderungen ein, die nach Rechtshngigkeit fllig geworden
sind? Sind jene Begrenzungen normativ nicht direkt einleuchtend, erschweren sie aufgrund ihrer Eindeutigkeit zumindest nicht die Anwendung.
Etwas anderes drfte allerdings fr das Erfordernis der Prfung der Erfolgsaussichten gelten. Dieses Erfordernis
knnte sich als ein schwer zu schlieendes Einfallstor fr
mieterische Gegenwehr erweisen. Es ist sicherlich kein taktisches Geheimnis, dass der Mieter an jener Stelle nur
glaubhaft machen msste, ein erhebliches Minderungsoder Zurckbehaltungsrecht zu haben, mglicherweise
kulminiert auf mehrere Monatsmieten wegen schon lange
im Vorfeld erklrter vorbehaltlicher Mietzahlung, worauf
nun die Mietzahlung voll einbehalten werde. Glaubhaft
zu machen drften Mngel leicht sein; etwa Schimmel,
Heizungsprobleme und dergleichen mehr. Mngeleinwnde wrden also geradezu provoziert, die Sach- und Rechtslage nicht einfacher, sondern schwieriger, der Prozess mglicherweise gar lnger. Weiter wren zur Aufklrung der
behaupteten Mngel oft Sachverstndigengutachten ntig.
Diese kosten bekanntlich nicht nur erheblich Zeit, sondern auch Geld. Etlichen „Mietnomaden“ drfte dabei …
wohl oder bel … noch Prozesskostenhilfe zu gewhren
sein. Bedrftig jedenfalls sind die „Mietnomaden“ oft.
Und auch wenn die Verteidigung am Ende nicht gelingt,
ist sie durch den Richter kaum ohne weitere Sachaufklrung schon ex ante als offensichtlich aussichtslos zu werten
und damit Prozesskostenhilfe zu versagen und die Hinterlegungspflicht zu bejahen. Auch fr die Gerichte bestnde
erheblicher Mehraufwand. Zwar soll der Beschluss gem
§ 302 a Abs. 7 ZPO-E nur kurz zu begrnden sein. Da aber,
v.a. wenn der zu erwartende Mangeleinwand kommt, ohne
weitere Beweisaufnahme das Vorliegen der Mngel, die
Hhe des jeweiligen Minderungsbetrages und dann noch
die Interessen der Parteien abzuwgen sind und zugleich
der Eindruck der Befangenheit des Richters zu vermeiden
ist, drfte dies gesetzgeberische Hoffnung bleiben.
Der gut gemeinte Reformentwurf des Gesetzgebers knnte
sich also als Danaergeschenk erweisen. Das Gros der Flle
von mieterischem Zahlungsverzug wird mit den jetzigen
Mitteln ausreichend adressiert. Wenn dann allerdings
„echte Mietnomaden“ auftreten, wie sie Medien und Gesetzgeber vor Augen habe, also rechtlich versierte, taktisch
geschickte Akteure, dann darf die Reform nicht konsequenterweise auch noch Gegenwehr provozieren, fr die
sie dann wiederum keine wirksame Reaktion parat hlt.
Vielmehr wre dann eine weitere Schrfung konsequent:
Es knnte auf die Prfung der Erfolgsaussichten der Verteidigung verzichtet werden. Der Mieter htte die vertraglich vereinbarte Miete in dem Teil, den er nicht an den
Vermieter zahlt, zu hinterlegen … ungeachtet etwaiger
Minderung. Geschtzt werden soll schlielich sein Minderungsanspruch, nicht seine temporre Liquiditt verbessert werden. Es wrde ihm dadurch auch nicht Liquiditt
entzogen, sondern das Mehr an Liquiditt, das er als Reflex der Mietminderung erhalten hat, lediglich neutralisiert. Um den Mieterschutz nicht zu sehr zu kupieren,
knnte bei Missbrauch der Hinterlegung durch den Vermieter auf Schadenersatzansprche oder Verzinsung der
hinterlegten Summe verwiesen werden. Will man soweit
ZMR 2012, 327
nicht gehen, so knnte kodifiziert werden, dass die Erfolgsaussichtenprfung jedenfalls unbeachtlich von Minderungsrechten erfolgen kann.
Dabei soll nicht einer generellen Verschrfung das Wort
geredet werden. Denn selbst wenn man hier weiter verschrfen wollte, wird von Manchem nachvollziehbar bezweifelt, dass der Zeitgewinn wirklich nennenswert wre,
denn auch das weitere Hinterlegungs- und Vollstreckungsverfahren kostet selbst bei wenig Gegenwehr des Mieters
aufgrund der verschiedenen Zwischenschritte Zeit.12) Aber
wenn schon der Reformweg mit politischer Zielrichtung
eingeschlagen wird, dann sollte man nicht auf halbem
Wege stehen bleiben, sondern zu Ende gehen zu normativer Konsistenz sowie praktischer Effizienz und Effektivitt.
Insgesamt bleibt dieser Reformteil kritisch zu betrachten,
gerade vor dem Hintergrund der Regelung des § 940 a
Abs. 3 ZPO-E, nachdem bei Nicht-Hinterlegung im Wege
der einstweiligen Verfgung gerumt werden soll. Was da
noch „einstweilen“ sein soll, bleibt fraglich. Ohne Urteil
und nur nach gesetzgeberisch gewnschter kurzer Begrndung und summarischer Prfung soll der Mieter aus der
Wohnung gesetzt werden. Dies ist hchst bedenklich. Der
auf den ersten Blick bestechende Ansatz ist daher aus praktischen und rechtsstaatlichen Bedenken grundstzlich zu
berprfen.
c) Erleichterte Rumung auch gegenber Dritten
Der Gesetzgeber will nicht nur den Weg zum Vollstreckungstitel verkrzen, er will auch Vollstreckungshindernisse beseitigen. Ein zentrales Beispiel dafr ist § 940 a
Abs. 2 ZPO-E. Danach soll im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes die Rumung nach erlangtem Titel gegen
den Mieter auch gegen jene Personen angeordnet werden,
die ohne Kenntnis des Vermieters Besitz an den Wohnrumen begrndet haben. Denn nicht nur der Vertragspartner
des Mieters kann dem Vermieter ein Besitzrecht entgegenhalten, sondern auch andere (Mit-)Besitzer, so der BGH.13)
Die Ausnutzung dessen will der Gesetzgeber verhindern
und der Gefahr entgegnen treten, dass „Mietnomaden“ die
Vollstreckung vereiteln, in dem sie bislang prozessual unbeteiligte Dritte behaupten lassen, dass diese (auch) in der
Wohnung leben wrden und vom Mieter ein Besitzrecht
ableiten knnten (v.a. in Form der Untermiete). Da Urteile nur inter partes gelten, muss gegen bislang nicht Verurteilte zunchst ein neuer Titel im Hauptverfahren geschaffen werden. Gelingt dies, wird befrchtet, dass dann wiederum ein Vierter die Wohnungstr beim Rumungsvollstreckungsversuch ffnet und jenem entgegentritt, mit der Behauptung, (auch) er wohne nunmehr dort, worauf sich ein
endloses Klagekarussell erffne. Der Gedanke, dass daher
Rumungstitel inter omnes gelten sollten, hat sich dogmatisch nicht durchgesetzt, wird aber in der faktischen Storichtung nun aufgegriffen. Die Entwurfsbegrndung
meint, der Prozess gegen den angeblichen Mitbesitzer sei
zwar „reine Formsache“, geht aber dennoch davon aus, dass
12) Vgl. zur nach wie vor grds. gltigen Kritik, instruktiv anhand von Fallbeispielen Selk, in: ZMR 2001, 854 ff.
13) BGH, Beschluss vom 18.7.2003 … IXa ZB 116/03 … (LG Stuttgart). Zur
bersicht zu Rspr. und Lit. vgl. MnchKomm.-Gruber, ZPO, 3. Aufl.
2007, § 885 Rdn.15 ff; Riecke, in: DGVZ 2006, 81.
ZMR 2012, 328
Dietrich, Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum Referentenentwurf vom 25.10.2011
das Hauptsacheverfahren gegen ihn „zeitaufwndig“ sein
wird,14) und will ber den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes stark verkrzen. Richtig ist jedenfalls, dass der einstweilige Rechtsschutz schneller sein drfte, auch wenn der Entwurf, wie Abs. 4 der Norm vorsieht, die Anhrung des Mitbesitzers vorsieht.
Zur Empirie gilt das bereits Gesagte. Es kommt durchaus
vor, dass bislang unverklagte erwachsene Mitbewohner
(oft Familienangehrige des Mieters) nicht vom Vollstreckungstitel erfasst sind. In jenen nicht-missbruchlichen
Fllen mag die Vollstreckungsverzgerung den Vermieter
belasten, sie ist aber angezeigt. Echte „Mietnomaden“
sind, im Verhltnis zu anderen sumigen Mietschuldnern,
glcklicherweise weit seltener. Dies gilt vor allem in der
hier mageblichen Variante von „Nomaden“, die sich hinter angeblich ebenfalls in der Wohnung Lebenden verstecken. Und selbst in jenen, hier auch aus Tagungen, Vortrgen und anderen Berichten bekannten Fllen, war aber jedenfalls nach einer weiteren „Runde“ eine Rumungsmglichkeit gegeben.
Will man dennoch eine Regelung treffen, so drfte die gesetzgeberische Technik faktisch oft wirkungsvoll sein,
knnte dann aber noch verstrkt werden. Rechtsstaatlichen Bedenken soll Abs. 4 der neuen Norm entgegen treten, nach dem der Gegner vor Erlass der einstweiligen Rumungsverfgung anzuhren ist. Unerheblich soll sein, ob
der Vermieter der Mitbesitzbegrndung htte zustimmen
knnen. Allerdings erfasst die Norm nur die Bewohner,
die der Vermieter nicht kannte. Das ist stimmig, denn die
anderen htte er ja schon im Verfahren gegen den Mieter
mitverklagen knnen. Dies gilt aber freilich nur bis zum
Ende der mndlichen Verhandlung. Es wre also denkbar,
bezglich der Kenntnis des Vermieters auf jenen Zeitpunkt abzustellen. Hat man den taktisch versierten
„Mietnomaden“ vor Augen, so wre diskutabel, gesetzgeberisch die Pflicht, Mitbewohner an den Vermieter zu melden, konsequent klarer zu kodifizieren und/oder von Vermieterseite eine solche Pflicht in Mietvertrge aufzunehmen. Kritisch wre dagegen, die Dritten nur von der Vollstreckung auszunehmen, wenn sie eine gewisse Zeit vorher
dem Vermieter genannt wurden. Es wre aber denkbar,
amtlich nicht gemeldete Personen vom Vollstreckungsschutz auszunehmen. Auch wre denkbar, dem Vermieter
einen flankierenden Auskunftsanspruch zu geben. Dabei
knnte die Auskunftsverweigerung durch den weiteren Besitzer ber den Gedanken des widersprchlichen Verhaltens, § 242 BGB, dazu fhren, dass dieser dann der Rumung nicht entgegen treten kann. Denn auch hier gilt:
Geht man von „Mietnomaden“ aus, die rechtlich beschlagen und gewiefte Taktiker sind, sollten deren Reaktionsmuster antizipiert und vorsorglich beantwortet werden.
Ansonsten drohte die „nchste Runde“ im Wettlauf zwischen Vermietern und „Mietnomaden“, die die Vollstreckung verhindern knnten, in dem sie kurzfristig den Vermieter in Kenntnis setzten, dass es eine ganze Liste von
Mitbewohnern gebe. Es hlfe dann dem Vermieter bei der
oft finanzschwachen Gegenseite wenig, wenn er jene Liste
von Personen verklagen msste und einen faktisch wertlosen Prozesskostenersatzanspruch gegen den Mieter wegen
Tuschung htte. Freilich bleibt zu hoffen, dass der Wettkampf so weit nicht gedeiht. Doch sollte eine Reform ein
in sich stimmiges Bild zeichnen. Neben den praktischen
Erwgungen stimmt aus normativ-rechtsstaatlicher Sicht
bedenklich, dass aus dem einstweiligen Rechtsschutz ein
vollendeter wird. Ein Hauptsacheverfahren ist nicht mehr
vorgesehen. Es drfte sich denn auch mit der Rumung
erledigt haben.
d) Kodifizierung der „Berliner Rumung“
Es stellt sich nicht nur in Fllen von sog. Mietnomadentum, sondern allgemein v.a. bei finanzschwachen Mietern
ein weiteres Vollstreckungsproblem, dessen sich der Gesetzgeber annimmt: der Vollstreckungsaufwand. Hlt der
Vermieter ein Rumungsurteil in den Hnden und tritt
ihm auch kein Mitbesitzer in den Weg, so hat er doch erheblichen Aufwand bei der Rumung. Ist der Mieter nicht
solvent, so bleibt der Vermieter auf den Kosten sitzen.15)
Neben Kosten fr den Gerichtsvollzieher und die Auswechslung der Schlsser muss er noch das Hab und Gut
des Mieters ausrumen. Verschiedene Rumungsmodi
wurden in der Praxis entwickelt, von der „Hamburger“
ber die „Frankfurter“ zur „Berliner Rumung“.16) Letztere
sieht vor, dass der Vermieter den Mieter aus der Wohnung
setzt, die Sachen des Mieters aber in der Wohnung verbleiben. Rechtstechnisch macht dazu der Vermieter von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch. Der Vermieter kann
dann den Abfall entsorgen und anderes gem §§ 1233 ff.
BGB im Wege ffentlicher Versteigerung verwerten. Das
Pfandrecht dient allerdings weniger dazu, die meist wirtschaftlich uninteressante Verwertung der Sachen des Mieters zu sichern, als vielmehr dem Vermieter zu ersparen,
die Wohnung rumen und die Gegenstnde einlagern zu
mssen. Denn dazu bedarf er regelmig eines Umzugsunternehmens, dessen Beauftragung meist Hauptkostenfaktor der Vollstreckung ist.17) Der BGH hat das „Berliner“
Vollstreckungsmodell im Wesentlichen besttigt,18) es
wird regelmig bundesweit in der Praxis eingesetzt.
Dieses Verfahren will der Gesetzgeber im Wesentlichen
beibehalten; den Weg allerdings vereinfachen. Er mchte
dazu in § 885 ZPO die beiden Abstze Nr. 3 und 4 durch
drei Abstze ersetzen und einen neuen § 885a ZPO einfhren. Danach sollen zunchst Dinge, „an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht“, so der Wortlaut, unverzglich vernichtet werden knnen, wenn sie
nicht von Schuldnerseite sogleich entgegengenommen
werden. Alles brige ist zu verwahren, wozu das Belassen
in der Wohnung ausreicht. Wenn dann innerhalb eines
Monats (§ 885 Abs. 4 und § 885 a Abs. 4 ZPO-E) der
Schuldner nicht die brigen Sachen „abfordert“, so der
Sprachgebrauch, dann kann der Gerichtsvollzieher verwerten und Unverwertbares vernichten. Der Schuldner kann
jederzeit Unpfndbares und voraussichtlich Unverwertbares heraus verlangen. § 885 a ZPO-E regelt, dass der Vermieter die Vollstreckung auf dieses Vorgehen beschrnken
kann. Verkrzt gesagt vollstreckt der Vermieter zunchst
nur die Herausgabe der Mietsache, nicht aber deren Rumung. Gerade auch um Folgestreitigkeiten ber den Ver14) Vgl. S. 53 des Referentenentwurfs.
15) Zu den Kosten vgl. die statistische Erhebung von Artz, „Sondergutachten, Mieterschutz und Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau,
Mietausflle durch sog. Mietnomaden“, a. a. O., Fn. 33, dort S. 20.
16) Vgl. einen berblick zu diesen Modellen Streyl, in: Schmidt-Futterer,
MietR, 10. Aufl. 2011, § 546 Rdn.135 ff. m. w. Nachw.
17) Vgl. Fn. 33, dort S. 20.
18) BGH, Beschluss vom 17.11.2005 … I ZB 45/05 …, ZMR 2006, 199.
Dietrich, Das Mietrechtsnderungsgesetz … berblick zum Referentenentwurf vom 25.10.2011
bleib (angeblicher) Sachen des Mieters zu vermeiden, hat
der Gerichtsvollzieher im Protokoll gem § 762 ZPO das
Inventar zu dokumentieren. Er kann sich dazu digitaler
Photographie bedienen. Zudem soll die Haftung des Vermieters beschrnkt werden. Er, der Vollstreckungsglubiger, soll bezglich der Vernichtung von Gegenstnden, an
denen offensichtlich kein Aufbewahrungsinteresse besteht
und die er daher jederzeit vernichten kann, nur fr Vorsatz und grobe Fahrlssigkeit einzustehen haben (Abs. 3
des § 885 a ZPO-E).
Nachdem die Berliner Rumung bislang schon usus war,
ist die faktische Novitt gering. Allerdings ist die Verkrzung der Aufbewahrungsdauer auf einen Monat recht
scharf. Jedenfalls aber schafft die Kodifizierung mehr Klarheit, als es die Praxis naturgem zu geben vermag. Bezglich normativer Klarheit zu berdenken wre aber, ob es
nicht in Satz 1 des § 885 a Abs. 4 ZPO-E „hinterlegen“ statt
„verwerten“ lauten sollte und konsequent in Satz 4 nicht
„verwertet“, sondern „verwertet oder hinterlegt“ aufgrund
der §§ 372 ff., 1204 ff, 1257 BGB. Vor allem aber sind die
Fragen um die Vernichtung und die Bestimmung der diesbezglichen Haftungsbeschrnkung wichtig. Daher ist
auch zu berlegen, eine solche Haftungserleichterung auf
den Gerichtsvollzieher auszudehnen, etwa in § 885 Abs. 3
Satz 3 ZPO-E. Denn die Vernichtung ist riskant. In der
Praxis knnte sich mancher Folgerechtsstreit abzeichnen,
da die Wertung, woran nun offensichtlich kein Aufbewahrungsinteresse besteht, eine subjektive ist. In manchem
Fall hat der Mieter die Wohnung im Wesentlichen gerumt, in der Tat nur Wertloses zurck gelassen und
macht keine Ansprche geltend. Dies kann aber auch anders sein. De lege ferenda knnte zunchst statt der bisherigen Variante, die von die Formulierung „offensichtlich
vom Schuldner aufgegebene Sachen“ diskussionswrdig
sein. Dass der Vermieter bezglich der Vernichtung nur
fr Vorsatz und grobe Fahrlssigkeit haften soll, entschrft
die Problematik nmlich nur bedingt. Denn geht der Vermieter ber das Ziel hinaus, hat er nach der Rechtsprechung des BGH schlechte Karten. Um den Mieter nicht
rechtlos zu stellen, hat der BGH dem Mieter ganz erhebliche Vortrags- und Beweiserleichterungen zugestanden.19)
Daher wird die ordnungsgeme Dokumentation des Vernichtungsguts durch den Vermieter wesentlich sein. Wird
sie ernsthaft durchgefhrt, bedeutet sie allerdings wiederum einen so hohen Aufwand, dass die Vorteile der vereinfachten Rumung dahin sein knnten. Sollte es zum Prozess kommen, so drfte dieser fr alle Beteiligten uerst
unangenehm sein. Der Mieter sieht sich regelmig dem
Vorwurf ausgesetzt, er behaupte flschlich die Vernichtung wertvoller Dinge, um sich zu bereichern. Der Vermieter muss sich manches Mal als „rcksichtsloser Wertvernichter“ angreifen lassen. Die Parteien werden die Vernichtung daher oft als eine Konfliktvertiefung erleben, bei
der die Beweislage oft schwierig ist, die Emotionalitt
hoch und die Vergleichsgeneigtheit gering. Der Richter
hat den Schaden am Ende zu schtzen … aber regelmig
am Vortrag beider Seiten grte Bedenken und alles andere als eine valide Schtzgrundlage.
D. „Mnchener Modell“ … § 577 a BGB-E
Das sog. Mnchener Modell sieht vor, dass eine Personengruppe ein Mehrfamilienhaus kauft, um dann fr die ein-
ZMR 2012, 329
zelnen Gruppenmitglieder Eigenbedarf geltend zu machen
und dadurch die angestammten Mieter zu verdrngen.
Diese „Usurpation“ war bislang mglich. Auch § 577 a
BGB bot keinen Einhalt, da er nur die Konstellation erfasst, dass Wohnungen zunchst zu Eigentumswohnungen umgewandelt wurden, um dann Eigenbedarf geltend
zu machen, nicht aber den Fall, in dem diese Reihenfolge
schlicht umgekehrt bzw. direkt auf Eigenbedarf gedrungen
wird. Der Gesetzgeber hat einzelne, konkrete Flle, trotz
geringer empirischer Hufigkeit, die aber in den Medien
aufgegriffen wurden, zum Anlass fr eine Regelung genommen. Nicht erfasst hat er den einzelnen Kufer. Dieser kann nach wie vor Eigentum kaufen und sogleich
Eigenbedarf geltend machen.
Sieht man wie die Begrndung des Referentenentwurfs20)
die Bedrohung, dass die „angestammte Mieterschaft aus
attraktiven Wohngebieten verdrngt wird“, und stellt damit die Regelungsbedrftigkeit fest, so ist die Norm probates Mittel. Sie dehnt die Drei-Jahresfrist des bisherigen
§ 577 a Abs.1 BGB, nach der die Geltendmachung des
Eigenbedarfs verzgert wird, auf o. g. Flle aus. Begrenswert wre allerdings eine Kommentierung in der Gesetzesbegrndung, ob und wie die Realteilung von Grundstcken tangiert werden soll. Bislang ging die Rechtsprechung
von einer unbewussten Regelungslcke aus.21)
Da ein „Mnchener Modell“ erheblicher Planung und Koordination nebst rechtlicher Beratung bedarf, die Norm
also bei Planung bekannt sein drfte, wird sie ihre Wirkung weniger durch richterliche Anwendung als schon
durch ihre bloe, abschreckende Existenz entfalten. Interessenten werden das bereits bestehende Risiko drohender
Prozesse ber den Instanzenzug bezglich des materiellen
Bestands des Eigenbedarfs, nun erweitert um das Risiko
des drei-jhrigen Zeitverzuges, kaum tragen wollen. Das
„Mnchener Modell“ drfte … dem normativen Ziel entsprechend … damit gestorben sein.
E. Weiterer Reformbedarf
Reformwnsche an das Mietrecht gibt es viele. Naturgem haben die verschiedensten Gruppen eminente Vorstellungen an das Mietrecht und melden konkrete Reformgedanken an.22) V.a. Mieter und Vermieter stehen sich,
verstrkt durch ihre Interessenverbnde, nicht nur als Partner nahe, sondern teils auch als „Lager“ gegenber. Grundlegenden wirtschafts- und sozialpolitisch motivierten ˜nderungen soll hier weniger nachgegangen werden. Die Verbnde schaffen sich selbst Gehr. Indes sollte allen an der
Materie generell und im konkreten Streitverfahren Beteiligten daran gelegen sein, dass die getroffenen Regelungen
zumindest gesetzestechnisch unmissverstndlich, sauber
und klar sind. Denn dies schafft Verlsslich- und Berechenbarkeit; Gren, die in der Gesetzestechnik nicht zu
unterschtzen sind und ihr Eigenes zur Streitvermeidung
und -klrung beitragen. Solche Gesetzesarbeit bietet weit
weniger politischen Sprengstoff als die im Entwurf sonst
behandelten Themen. ˜nderungen drften also leichter
19) BGH, a. a. O., Fn.18; LG Lbeck vom 21.4.2010 … 14 T 33/10 …; Flatow, jurisPR-MietR 10/2010, Anm. 5 und Schuschke, NZM 2006, 284…
286, 285. Allg. zur Beweisvereitelung Laumen, MDR 2009, 177 ff.
20) A.a.O, dort S. 2 am Anfang.
21) BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 4.4.2011 … 1 BvR 1803/08 ….
22) Vgl. zur hiesigen Thematik allerdings Selk, ZMR 2011, 856.
ZMR 2012, 330
Bonifacio, Einzelaspekte der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht
durchsetzbar sein. Sie bieten allerdings auch weniger Echo
in den Medien und weniger politische Meriten. Verbesserungsbedarf in dieser rechtstechnischen Hinsicht besteht
durchaus. Ein paar zentrale Beispiele … neben den oben
angebrachten … seien hier genannt.
Den Entwurf aufgreifend, schafft die grundstzliche Ausdehnung des Kndigungsrechts auf den Kautionszahlungsverzug Konsistenz. Der Reform kann in diesem Punkt aber
der Vorwurf gemacht werden, eine gnstige Gelegenheit
fr weitere Klarstellungen auszulassen. Denn die Novelle
erfasst in jenem Punkt nicht das Gewerberaummietrecht.
Hier ist weiter auf die Entscheidung des BGH, Urteil vom
21.3.2007 … XII ZR 36/05 … zurck zu greifen.
Wichtiger ist ber den Verzug mit der Kautionsrckzahlung hinaus eine Klrung de lege ferenda dahingehend, ob
eine ordentliche, fristgerechte Kndigung wegen Zahlungsverzugs auch von der Heilungsmglichkeit des § 569
Abs. 3 Ziffer 2 BGB erfasst wird. Hier bestehen praktische
Rechtsunsicherheiten. Falls die Heilungsmglichkeit nicht
auf ordentliche Kndigungen erstreckt werden soll, wre
es sehr dienlich, eine eindeutige Stellungnahme in den Gesetzesmotiven zu finden.
F. Fazit
Mit den Randthemen der Novelle Contracting und Kndigungsgrund Kautionsverzug will der Gesetzgeber materiell
wichtige Themen erfassen, deren Regelung nicht nur normativ nachvollziehbar ist, sondern auf der Hand liegt und
berfllig ist. Bei der Verhinderung des „Mnchener Modells“ dagegen ist der Gesetzgeber sehr schnell. Er nimmt
einzelne Flle bereits zum Anlass, eine breite Entwicklung
anzunehmen, die er … nach deren Aufgreifen durch die
Medien … sofort stoppt. Die Regelungswrdigkeit mag
man diskutieren, im Ergebnis drfte aber die gesetzgeberische Wertung und technische Ausgestaltung wenige Probleme bereiten. Zu jenen Punkten ist die Reform grundstzlich zu begren.
Weiter wre gnstiger Anlass, Grund besteht allemal, den
zeitlichen Lauf eben genannter Heilungsfrist des § 569
BGB von zwei Monaten nach Rechtshngigkeit mit der
Regelung ber den Erlass von Versumnisurteilen von
zwei Wochen nach Klagezustellung zu konzertieren. Hier
bestehen erhebliche Unsicherheiten in der Praxis unter allen Beteiligten.
Auf den zentralen Themen energetische Modernisierung
und Verfolgung des Einmietbetrugs liegt dagegen wirtschaftlich und rechtspolitisch mehr Gewicht, und damit
besteht auch mehr Konfliktpotential. Insgesamt zeigt sich
dort ein Entgegenkommen gegenber den Vermieterinteressen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Mglichkeit, Modernisierungen durchzusetzen und den Mieter an
der Last zu beteiligen, zunchst ein teilweises Weiterreichen
von Last ist, die der Gesetzgeber dem Vermieter (ber Energieeinsparungsnormen etc.) vorab aufbrdet. Weiter sollen
so Anreize auf Vermieterseite geschaffen werden … zum Vorteil aller und letztlich unabdingbar … den Hausbestand in
Deutschland energetisch zu modernisieren. Mit Ausnahme
des Minderungsausschlusses ist angesichts der komplexen
Materie der Entwurf dazu sehr gelungen.
Und wenn man sich schon mit der Beendigung des Mietverhltnisses befasst, wre auch eine klarstellende Regelung dazu sinnvoll, ob die Vereinbarung eines Zeitmietvertrages zugleich Ausschluss der ordentlichen Kndigungsmglichkeit whrend der Laufzeit bedeutet. Eine dichotome Fragestellung, die sich aufgrund dazu oft
schweigender Vertrge praktisch kaum befriedigend lsen
lsst.
Bei der Verfolgung des Einmietbetrugs legt das empirische
Aufkommen in seiner Hufigkeit trotz der ffentlichkeitswirksamkeit des Themas die Regelungswrdigkeit nicht direkt nahe. Davon abgesehen ist der Entwurf inhaltlich teils
zu begren, begegnet aber teilweise auch erheblichen
praktischen wie rechtsstaatlichen Bedenken. Werden die
neuen Mglichkeiten von allen Beteiligten mit Augenma
angewandt, knnen sie Vorteile bringen.
Einzelaspekte der Versorgungssperre im
Wohnungseigentumsrecht
Von Richter am AG Dr. Michael Bonifacio, Oberhausen
I. Einleitung
Die Versorgungssperre ist das Absperren eines Sondereigentums von Versorgungszuleitungen. Etwas hrter an der
Realitt formuliert wird sie z. T. auch als „Ausfrieren“ eines Wohnungseigentmers bezeichnet. Dieser Begriff
bringt Sinn und Zweck der Versorgungssperre deutlich
zum Ausdruck: Auf einen sumigen Hausgeldschuldner
wird durch Absperren von Wrme und Wasser (z. T. auch
von Strom, dazu noch unten) Druck ausgebt. Dadurch
soll einerseits erreicht werden, dass der Wohnungseigentmer seine Hausgeldzahlungen wieder aufnimmt, andererseits soll verhindert werden, dass der Schuldner stndig
neue kostenpflichtige Leistungen bezieht ohne hierfr zu
bezahlen. Rechtliche Grundlage der Versorgungssperre ist
das Zurckbehaltungsrecht aus § 273 BGB. Das OLG Celle hat 1991 berzeugend herausgearbeitet, dass der fr alle
Mitglieder der Gemeinschaft bestehenden Berechtigung
zur Teilhabe an den gemeinschaftlichen Leistungen gem § 273 BGB eine Pflicht zur Erfllung der jedem Mitglied gegenber allen anderen Mitgliedern bestehenden
Verpflichtungen korrespondiert.1) Die Wohnungseigentmergemeinschaft ist keine Versorgungsgemeinschaft; sie
hat nicht die Aufgabe Sozialleistungen oder hnliche Hilfen einem ihrer Mitglieder dauernd zukommen zu lassen,
zumal der Ausfall eines Wohnungseigentmers mit Hausgeldzahlungen von den anderen Wohnungseigentmern
1) OLG Celle, NJW-RR 1991, 1118 [1119].
Bonifacio, Einzelaspekte der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht
aufgefangen werden muss und fr diese daher eine rechtlich nicht dauerhaft begrndbare Mehrbelastung bedeutet.
Die berwiegende Meinung hat sich daher zu Recht der
Argumentation des OLG Celle angeschlossen, insbesondere in der Versorgungssperre keine verbotene Eigenmacht
i. S. des § 858 Abs.1 BGB erblickt.2) Der BGH hat im Jahr
2005 diese Linie mit einer relativ kurzen Begrndung besttigt und einige Eckpunkte zu den Voraussetzungen der
Versorgungssperre aufgestellt.3) Seitdem ist ihre Zulssigkeit grundstzlich geklrt.
Im Folgenden soll zum einen die Entscheidung des BGH
an einer Stelle kritisch besprochen werden und zum anderen werden einige Aspekte der Versorgungssperre behandelt, die noch oder bereits wieder in jngerer Zeit problematisch geworden sind.
II. Der Beitragsrckstand des sumigen Wohnungseigentmers
Nach Auffassung des BGH folgt aus der Pflicht der Mitglieder der Gemeinschaft untereinander zur Rcksichtnahme, dass eine Versorgungssperre nur bei erheblichem
Hausgeldrckstand des sumigen Wohnungseigentmers
rechtmig sei; diesen Rckstand definiert der BGH ohne
jede Begrndung auf mehr als sechs Monatsbetrge.4)
Schon diese lckenhafte Argumentation macht die Entscheidung angreifbar. Bei nherer Betrachtung erweist sich
diese Auffassung denn auch als unschlssig.
1. Gebot der Rcksichtnahme?
Mit der Leerformel von der gegenseitigen Rcksichtnahme
kann man prinzipiell jedes Ergebnis begrnden. Es drfte
jedenfalls einem durchschnittlichen Wohnungseigentmer schwer zu vermitteln sein, warum er aus „Rcksichtnahme“ auf einen nicht zahlenden Miteigentmer fr diesen einspringen und mindestens sieben Monate (= mehr
als sechs) die weitere kostentrchtige Belieferung dieses
Wohnungseigentmers mitfinanzieren sollte. Natrlich
knnte man ihn darauf verweisen, dass der Verband die
rckstndigen Hausgelder gegen den Sumigen gerichtlich
beitreiben kann. Ob solche Ansprche jedoch stets erfolgreich realisiert werden knnen, ist unsicher. Insbesondere
bei zahlungsunfhigen und/oder berschuldeten Wohnungseigentmern besteht zumindest die Gefahr des
dauerhaften Ausfalls. Warum auf diese Wohnungseigentmer „Rcksicht“ zu nehmen sei, erschliet sich nicht. Eine
Rcksichtnahme kommt vielmehr dann in Betracht, wenn
die andere Partei schtzenswerte rechtliche Interessen fr
sich anfhren kann. Das Interesse kostenlos Leistungen zu
beziehen, fr die … wenn auch nur zeitweise … andere haften, ist zivilrechtlich jedenfalls nicht schtzenswert. Da
§ 273 BGB nirgends das Zurckbehaltungsrecht von der
Erheblichkeit des Gegenanspruchs abhngig macht, bedrfte eine davon abweichende Auffassung besonderer Begrndung. Eine solche Begrndung liefert der BGH nicht,
das Gebot der Rcksichtnahme wird hier schlichtweg postuliert. Kurz vor der Entscheidung des BGH wurde … wenn
auch als Mindermeinung … immerhin auch vertreten,
schon ein Zahlungsrckstand von zwei Wochen sei fr
eine Versorgungssperre ausreichend.5) Der BGH erwhnt
dies nicht einmal.
ZMR 2012, 331
2. Rckstand von mehr als sechs Monatsbetrgen
Der BGH verrt nicht, woher er die Voraussetzung eines
Beitragsrckstandes von mehr als sechs Monatsbetrgen
nimmt. Schon das Gesetz kennt keine Monatsbetrge. Das
WEG verlangt oder regelt nicht, dass Hausgeld berhaupt
monatlich zu zahlen ist. Gem § 28 Abs. 2 WEG sind Beitragsvorschsse nach Abruf durch den Verwalter zu leisten; soll anderes gelten, mssen die Wohnungseigentmer
dies gem § 21 Abs. 7 WEG beschlieen.6) So kann das
Hausgeld z. B. als Jahreszahlung beschlossen werden, mag
dies in der Praxis auch unblich sein. Zahlt der Wohnungseigentmer in einem solchen Fall am Flligkeitstag
nicht, gert er ohne weiteres nach der Rspr. des BGH in
einen Rckstand7) mit mehr als sechs Monatsbeitrgen, so
dass nach entsprechender Androhung8) ohne weiteres eine
Versorgungssperre beschlossen werden knnte. Gleiches
gilt, wenn eine sog. Verfall- oder Vorflligkeitsregelung
greift: Kommt der Wohnungseigentmer mit den dafr erforderlichen Monatsbeitrgen … meist zwei … in Rckstand
und wird demzufolge das gesamte Jahreshausgeld sofort
fllig, ist auch der Rckstand von sechs Monatsbetrgen
gegeben.9) Dann kann schon nach zwei Monaten gegen
den sumigen Wohnungseigentmer eine Versorgungssperre beschlossen werden. Ob der BGH diese Fallgestaltungen mitbedacht hat, erscheint zweifelhaft.
Vor allem widerspricht der durch nichts begrndete geforderte Rckstand von mehr als sechs Monatsbetrgen der
Wertung des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Diese Vorschrift regelt Voraussetzungen der Entziehung des Wohnungseigentums. Danach ist die Entziehung bereits dann zulssig,
wenn der Wohnungseigentmer mit einem Betrag, der 3 %
des Einheitswertes bersteigt, lnger als drei Monate in
Verzug gert. Der Einheitswert (vgl. §§ 19 ff, 93 BewG)
liegt stets deutlich unter dem Verkehrswert. Nach einer
Faustformel soll 1 % des Einheitswertes etwa einem Monatsbeitrag an Hausgeld entsprechen;10) fr eine korrigierende Auslegung dieser Vorschrift ist angesichts des nach
der WEG-Reform von 2007 unverndert gebliebenen eindeutigen Wortlauts nach h. M. kein Raum.11) In der Entscheidung des BGH zum Absonderungsrecht des Verbandes bei privilegierten Hausgeldansprchen vom
21.7.201112) betrugen etwa fr zwei Eigentumswohnungen
3 % des jeweiligen Einheitswertes nur 259,20 . bzw.
250,02 .. Dies verdeutlicht beispielhaft die geringe
Schwelle des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG, sie liegt im Regelfall
2) Allerdings wirft dies dogmatische Fragen zum Begriff des Besitzes
gem § 854 BGB auf, ausfhrlich dazu Scheidacker, NZM 2010, 103.
3) BGH, NJW 2005, 2622.
4) BGH, NJW 2005, 2622 [2623]. Die Instanzgerichte haben sich dem
angeschlossen: OLG Dresden, ZMR 2008, 140; KG, ZMR 2005, 905
[907] = NJW-RR 2006, 446; OLG Frankfurt a.M., NZM 2006, 869; LG
Mnchen I, ZMR 2011, 326.
5) Th. Vogel, ZMR 2003, 716 [720].
6) Vgl. Merle, in: Brmann, WEG, 11. Aufl. (2010), § 28 Rdn. 33.
7) Verzug wird vom BGH nicht gefordert und auch von § 273 Abs.1 BGB
nicht vorausgesetzt.
8) Dazu BGH, NJW 2005, 2622 [2623].
9) So zutreffend Scheidacker, NZM 2010, 103 [109].
10) So Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. (2010), Rdn.1319.
11) Vandenhouten, in: Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl.
(2010), § 18 Rdn.17; Heinemann, in: Jennien, WEG, 2. Aufl. (2010),
§ 18 Rdn. 26; Riecke, in: Riecke/Schmid, Wohnungseigentumsrecht,
3. Aufl. (2010), § 18 Rdn. 38; wohl auch Klein, in: Brmann (Fn. 6), § 18
Rdn. 39; zweifelnd aber Hogenschurz, in: Timme, BeckOK WEG
(Stand: 1.1.2012), § 18 Rdn. 28.
12) BGH, NJW 2011, 3098 Tz. 38.
ZMR 2012, 332
Bonifacio, Einzelaspekte der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht
deutlich unter der vom BGH geforderten Grenze fr die
Rechtmigkeit einer Versorgungssperre von mehr als
sechs Monatsbetrgen. Da nach h. M. der Entzug des
Wohnungseigentums zu den schwersten aller mglichen
Eingriffe in das Eigentum gehren soll,13) ist nicht einzusehen, warum an diesen Eingriff insoweit geringere Anforderungen zu stellen wren als an eine Versorgungssperre.
Es lsst sich nmlich nicht schlssig behaupten, dass die
Versorgungssperre genauso schwer wiegt wie die Zwangsveruerung des Wohnungseigentums. Damit erweist
sich die vom BGH aufgestellte Voraussetzung als systemwidrig.
III. Versorgungssperre bei direktem Leistungsbezug
von Dritten
In einigen Fllen bezieht der Wohnungseigentmer seine
Versorgungsleistungen nicht ber die Gemeinschaft, sondern unmittelbar von Dritten. Dies ist hufig bei der
Stromversorgung der Fall, wenn ein Lieferungsvertrag zwischen dem Wohnungseigentmer und dem Stromlieferer
ohne Einschaltung der Gemeinschaft besteht. In solchen
Fllen ist streitig, ob die Gemeinschaft berechtigt ist, eine
Versorgungssperre zu verhngen. Eine Auffassung macht
geltend, dass die Gemeinschaft jedenfalls die im Gemeinschaftseigentum stehenden Durchleitungen zur Verfgung
stelle und diese Leistung zurckbehalten drfe.14) Nach
der Gegenansicht fehle es dagegen an der gem § 273
BGB erforderliche Konnexitt bzw. die Versorgungssperre
laufe hier auf einen partiellen Entzug des Miteigentums
hinaus.15)
Diese Gegenansicht ist abzulehnen. Jeder Wohnungseigentmer hat gem §§ 13 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 3 WEG
einen Anspruch auf Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums. Dieser Anspruch richtet sich zwar gegen die Wohnungseigentmer in ihrer Eigenschaft als Bruchteilseigentmer, weil diese … und nicht der Verband … gem § 10
Abs.1 WEG Eigentmer des Gemeinschaftseigentums
sind. Jedoch kann der Verband diese Ansprche gegen alle
Wohnungseigentmer gem § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG als
gemeinschaftliche Verpflichtung selbst wahrnehmen. Der
Verband kann gem § 273 Abs.1 BGB diese gemeinschaftliche Leistung der Bereithaltung der Durchleitungen
verweigern, sofern seine Hausgeldansprche nicht erfllt
werden. Die erforderliche Gegenseitigkeit der Ansprche
ist damit gegeben. Dies gilt umso mehr, als der BGH auch
im Fall einer Abtretung dem Zedenten ein Zurckbehaltungsrecht zubilligt, wenn er vom Zessionar zur klageweisen Geltendmachung des Anspruchs ermchtigt worden
ist.16) Dieser Fall hnelt der gesetzlichen Prozessstandschaft des Verbandes gem § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG. Es
liegt auch kein Entzug des Miteigentums vor. Denn die sachenrechtliche Lage bleibt unverndert, lediglich der Mitgebrauch des betroffenen Wohnungseigentmers am Gemeinschaftseigentum wird beschrnkt. Hierfr besteht sogar eine Beschlusskompetenz aus §§ 13 Abs. 2 Satz 1, 15
Abs. 2 WEG. Versorgungssperren sind damit im Ergebnis
an allen Versorgungsleistungen zulssig, die durch gemeinschaftliche Leitungen oder sonstige gemeinschaftliche Einrichtungen bereitgestellt werden.
IV. Durchsetzung der Versorgungssperre im vermieteten Wohnraum
1. Zulssigkeit der Versorgungssperre gegen Mieter
Einigkeit besteht darin, dass eine Versorgungssperre auch
gegen ein vermietetes Wohnungseigentum zulssig ist.17)
Wre es anders, so knnte sich ein Wohnungseigentmer
durch Vermietung relativ einfach den Auswirkungen der
Versorgungssperre entziehen. Es wre zudem nicht einzusehen, warum ein vermietender Wohnungseigentmer gegenber Selbstnutzern bevorzugt werden sollte, zumal
§ 14 Nr. 2 WEG zeigt, dass sich die Pflichten des Wohnungseigentmers nicht verringern, wenn er sein Sondereigentum vermietet. Der Mieter wiederum kann der Versorgungssperre rechtlich nichts entgegensetzen, selbst
wenn er seine Miete zahlt. Rechte aus dem Mietvertrag
kann er nur gegen seinen Vermieter geltend machen. Zur
Wohnungseigentmergemeinschaft bestehen dagegen im
Regelfall keine vertraglichen Beziehungen.
2. Zutrittsrecht an den Mietrumen?
Problematisch ist jedoch der Fall, dass eine Versorgungssperre technisch nur umgesetzt werden kann, wenn dazu
die Mietrume betreten werden mssen. Whrend der
Wohnungseigentmer das Betreten seiner Rume entsprechend § 14 Nr. 4 WEG zur Durchfhrung beschlossener
Absperrmanahmen dulden muss,18) ist streitig, ob auch
den Mieter eine solche Duldungspflicht trifft.19)
Das Standardargument der Befrworter dieser Pflicht des
Mieters lautet, dem Mieter knnten nicht mehr Rechte zustehen als dem vermietenden Wohnungseigentmer, dieser msse ja das Betreten der Rume dulden.20) Dieses Argument ist schief. Es geht nicht darum, ob der Mieter
mehr Rechte hat als der Wohnungseigentmer. Der Mieter hat vielmehr eine andere Rechtsstellung, die u. a. dadurch geprgt ist, dass ihn gerade nicht die spezifischen
Pflichten des Wohnungseigentmers aus § 14 WEG treffen. Natrlich kommen ihm auch nicht die Rechte eines
Wohnungseigentmers zu; seine Rechtstellung ist vielmehr allein aufgrund der geltenden Gesetzeslage zu bestimmen. § 14 WEG regelt ausdrcklich nur Pflichten des
Wohnungseigentmers, keine Pflichten sonstiger Dritter.
Es ist auch nichts Ungewhnliches daran, dass den Wohnungseigentmer Pflichten treffen knnen, die dem Mieter nicht obliegen. Schon Art.14 Abs. 2 Satz 1 GG geht davon aus, dass Eigentum Pflichten vermittelt. Dies ist der
13) Vgl. BVerfG, ZMR 1993, 503 [505] = NJW 1994, 241 [242].
14) LG Mnchen I, ZMR 2010, 326; H. Merle, in: FS Merle (2010), S. 243
[252]; Merle, in: Brmann (Fn. 6), § 28 Rdn.165.
15) AG Bremen, ZMR 2011, 726 [728] = ZWE 2011, 187; Batschari, in:
BeckOK (Fn.11), § 28 Rdn.119; Riecke, in: Riecke/Schmid (Fn.11),
Anhang zu § 13 Rdn.101.
16) BGH, NJW 2000, 278.
17) Siehe nur Merle, in: Brmann (Fn. 6), § 28 Rdn.166 m. w. Nachw.
18) OLG Frankfurt a.M., NZM 2006, 869 [870]; OLG Mnchen, ZMR
2005, 311 = NJW-RR 2005, 598 [599].
19) Fr eine Duldungspflicht des Mieters: Scholz, NZM 2008, 387 [390];
Briesemeister, ZMR 2007, 661 [663]; Merle, in: Brmann (Fn. 6), § 28
Rdn.166; Dtsch, in: Timme (Fn.11), § 14 Rdn.168; Elzer, in: Riecke/
Schmid (Fn.11), § 16 Rdn. 251; H. Merle, in: FS Merle (Fn.13), S. 250.
Dagegen: KG, ZMR 2006, 379 [380] = NJW-RR 2006, 658; Gaier,
ZWE 2004, 109 [116]; Greiner (Fn.10), Rdn.1317; Jennien (Fn.11),
§ 28 Rdn. 253; Kmmel, in: Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten
(Fn.11), § 14 Rdn. 44.
20) Exemplarisch Elzer, in: Riecke/Schmid (Fn.11), § 16 Rdn. 251.
Bonifacio, Einzelaspekte der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht
Preis dafr, dass das Eigentum gem §§ 903 Satz 1 BGB,
13 Abs.1 WEG eine umfassende Rechtsstellung gewhrt,
die sonstigen Dritten an der Sache nicht zukommt. Es gilt
also, die Rechtsstellung des Mieters allein aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Rechte und Pflichten zu bestimmen, ohne dass es dabei auf die Rechte und Pflichten eines Wohnungseigentmers ankommt.
Zum anderen wird damit argumentiert, die Wohnungseigentmergemeinschaft knne gegen den Mieter Ansprche aus § 1004 Abs.1 BGB geltend machen.21) Doch hier
muss genau unterschieden werden, worin eigentlich das
strende Verhalten des Mieters liegen soll. Der Mieter ist
ja kein Hausgeldschuldner und damit nicht Auslser der
Versorgungssperre. Sofern die Strung darin gesehen wird,
der Mieter beziehe Versorgungsleistungen, ist schon im
Ansatz kaum ersichtlich, dass dies eine Eigentums- oder
Besitzstrung zu Lasten der Gemeinschaft darstellt. An
den einzelnen Versorgungsgtern (Wasser, Wrme etc.)
drfte die Gemeinschaft weder jemals Eigentum noch Besitz erlangen. Die Situation des Mieters bei der Versorgungssperre ist damit gerade nicht den Fllen vergleichbar,
in denen er Besitz an rechtswidrigen baulichen Vernderungen des Gemeinschaftseigentums hat und deshalb als
Zustandsstrer gelten mag.22) Allenfalls liee sich entsprechend der obigen Argumentation,23) die Leistung der Gemeinschaft bestehe bereits in dem bloen Bereitstellen der
Durchleitungen, daran denken, dass das Benutzen dieser
Leitungen durch den Mieter eine Eigentumsstrung darstelle. Warum allerdings die bestimmungsgeme Benutzung von Leitungen eine Eigentumsbeeintrchtigung sein
soll, ist nicht unmittelbar einsichtig. Beeintrchtigt wird ja
nicht der Sachwert der Leitungen, sondern vielmehr das
Gemeinschaftsvermgen, weil Hausgeldzahlungen ausbleiben … dies ist aber nicht dem Mieter anzulasten. Die entsprechende Eigentumsbeeintrchtigung wirkt daher konstruiert.
Doch kommt es darauf nicht entscheidend an. Denn
selbst wenn man diese Bedenken zurckstellt, so kann
§ 1004 Abs.1 BGB als Rechtsfolge nur die Beseitigung der
Strung begrnden, also hier nur den Anspruch auf Unterlassen weiteren Leistungsbezuges. Daraus folgt kein Recht
des Glubigers Rume zu betreten. Diese Rume stehen ja
im Regelfall auch nicht im Gemeinschafts-, sondern im
Sondereigentum, so dass die Gemeinschaft an ihnen gegenber Dritten … hier dem Mieter … keine dinglichen
Rechte geltend machen kann. Auch ein entsprechender
Unterlassungstitel gegen den Mieter auf Einstellung des
Leistungsbezuges wrde zudem gem § 890 ZPO durch
Ordnungsgeld oder Ordnungshaft vollstreckt werden …
auch hierzu mssen keine Rume betreten werden. Demnach lsst sich ber § 1004 Abs.1 BGB keine Duldungspflicht gegen den Mieter auf Zutritt zu seinen Mietrumen
begrnden. Auch andere gesetzliche Ansprche gegen den
Mieter kommen nicht in Betracht.
V. Die „totale Versorgungssperre“
ber einen Extremfall hatte das AG Gladbeck im Jahr
2006 zu entscheiden:24) In einer aus 137 Einheiten bestehenden Anlage zahlten zuletzt nur noch 7 Eigentmer das
Hausgeld. Die finanzielle Situation in der Anlage war seit
langem prekr. Im Monat Oktober 2005 wurden von den
erforderlichen 47 000,… . Hausgeld nur 8000,… . gezahlt.
ZMR 2012, 333
In einer Versammlung vom 15.11.2005 wurde der Antrag
auf Erhebung einer Sonderumlage von 500 000,… . gestellt; damit htte die Anlage maximal drei weitere Monate
betrieben werden knnen. Der Antrag fand keine Mehrheit. Auf derselben Versammlung wurde eine Versorgungssperre fr das gesamte Objekt beschlossen, also auch gegen die Einheiten der noch zahlenden Wohnungseigentmer. Die dagegen gerichtete Anfechtung wies das Gericht
zurck;25) der Beschluss ist rechtskrftig.26) Diese Entscheidung fand Zustimmung,27) aber auch Kritik.28)
Die recht langen Ausfhrungen des Gerichts, die keine
einzige Norm erwhnen, lassen sich auf den Kernsatz zurckfhren, der Gemeinschaft sei eine Aufrechterhaltung
der Versorgung auch fr die zahlenden Eigentmer nicht
zumutbar. Das Gericht hat leider nicht versucht, einen
rechtlich tragfhigen Ansatzpunkt fr seine ergebnisorientierte Entscheidung zu finden. Nicht zustimmen kann
man jedenfalls der Erwgung des Gerichts, im vorliegenden Fall stoe das Recht an die Grenzen der Realitt.
Auch fr auergewhnliche Situationen hlt das Gesetz
nmlich Regelungen bereit, hier in § 275 Abs. 2 BGB. Dort
ist die sog. faktische Unmglichkeit geregelt. Danach kann
die Gemeinschaft auch gegenber den zahlenden Eigentmern ihre Leistung verweigern, sofern diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des
Schuldverhltnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhltnis zu dem Leistungsinteresse der zahlenden Eigentmer steht. Diese Voraussetzungen mssten im Einzelfall jeweils geprft werden, bevor eine totale Versorgungssperre, die auch rechtstreue
Wohnungseigentmer trifft, zugelassen wird. Die totale
Versorgungssperre lsst sich gegen die zahlenden Wohnungseigentmer nicht auf § 273 BGB sttzen, sondern
nur als Fall der faktischen Unmglichkeit begreifen.
Im Ergebnis mag die Entscheidung des AG Gladbeck zutreffen. Die Alternative dazu wre gewesen, dass die Versorgungsunternehmen die bestehenden Vertrge gekndigt und die Versorgung des gesamten Objekts eingestellt
htten, denn mit den zu niedrigen Zahlungen der wenigen
noch leistungsfhigen Eigentmer wollten sich die Versorger augenscheinlich nicht mehr zufrieden geben. Von dieser Kndigung wren die zahlenden Wohnungseigentmer dann ohnehin betroffen gewesen. Der Fall lag (wohl)
auch so, dass keine Mittel mehr vorhanden waren, um
eine 100-fache Versorgungssperre nur jeweils gegen die
sumigen Eigentmer durchzusetzen. Es mag also eine faktische Unmglichkeit vorgelegen haben. Jedenfalls drfte
eine totale Versorgungssperre nur in solchen extremen Fllen wie in Gladbeck zulssig sein. Denn § 275 Abs. 2 BGB
erfordert, das Leistungsinteresse des Glubigers, hier des
zahlenden Wohnungseigentmers, zu beachten. Wer aber
sein Hausgeld bezahlt, darf die entsprechenden Gegenleistungen dafr erwarten. Das WEG geht zudem davon aus,
21)
22)
23)
24)
25)
26)
27)
28)
Scholz, NZM 2008, 387 [390]; Briesemeister, ZMR 2007, 661 [663].
So aber argumentiert Briesemeister, ZMR 2007, 661 [663].
Ziff. III.
AG Gladbeck, ZMR 2007, 734. Zur heutigen Situation dieser Wohnungseigentumsanlage vgl. etwa den Pressebericht vom 17.5.2011,
abrufbar im Internet: http://www.derwesten.de/staedte/gladbeck/
einst-eine-gute-adresse-id4661696.html (Stand: 17.1.2012).
Es fand noch altes FGG-Recht Anwendung.
Vgl. OLG Hamm, ZMR 2008, 474 = ZWE 2008, 443.
Merle, in: Brmann (Fn. 6), § 28 Rdn.164.
Batschari, in: Timme (Fn.11), § 28 Rdn.118.
ZMR 2012, 334
Abramenko, Probleme bei der Wohnungszuweisung nach § 1568 a Abs. 5 BGB
dass die einzelnen Wohnungseigentmer unbeschrnkt
die Kosten und Lasten fr das Gemeinschaftseigentum
aufbringen, notfalls bis zur Zwangsversteigerung ihres Eigentums. Erst wenn diese Perspektive durchgehend nicht
mehr besteht, kommt als letzter Ausweg § 275 Abs. 2 WEG
in Betracht.
VI. Fazit
Die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2005 hat noch
nicht alle Probleme der Versorgungssperre im Wohnungseigentumsrecht gelst. Bis auf weiteres muss sich daher der
Rechtsanwender fr die noch verbliebenen Fragestellungen an seiner rtlichen Rechtsprechung orientieren.
Neue Probleme bei der Wohnungszuweisung
nach § 1568 a Abs. 5 BGB
Von RiLG Dr. Dr. Andrik Abramenko, Idstein
I. Einleitung
Mit der Reform des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts ist auch die vormals in der HausratsVO geregelte Verteilung von Ehewohnung und Hausrat in das
BGB eingegliedert und in diesem Zusammenhang erheblich umgestaltet worden. Demnach bedarf es nun nicht
mehr zwingend einer Zuweisung der Ehewohnung durch
das Gericht. Sind sich die Eheleute einig, wer in der Ehewohnung verbleibt, knnen sie gem § 1568 a Abs. 3 Nr.1
BGB durch schlichte Mitteilung an den Vermieter die Umgestaltung des Mietverhltnisses vollziehen. Nur in zwei
Fallgestaltungen kennt das neue Recht auch jetzt noch die
gerichtliche Entscheidung ber die weitere Nutzung der
Ehewohnung. Dies ist einerseits dann der Fall, wenn sich
die Ehegatten nicht nach § 1568 a Abs. 3 Nr.1 BGB einigen
knnen, andererseits dann, wenn noch gar kein Mietvertrag existiert, weil die Wohnung den Eheleuten etwa von
Angehrigen berlassen wurde. In letztgenannter Konstellation schafft das Familiengericht nach § 1568 a Abs. 5
BGB durch rechtsgestaltende Entscheidung einen neuen
Vertrag zwischen dem in der Ehewohnung verbleibenden
Ehegatten und der zur Vermietung berechtigten Person.1)
Diese gesetzgeberische Entscheidung und ihre Handhabung kann indessen zahlreiche, im Schrifttum bislang
kaum diskutierte Probleme aufwerfen, wie im Folgenden
zu zeigen sein wird.
II. Die aus dem Begriff der „Ehewohnung“ folgenden
Probleme
1. Begrenzung des Begriffs
Das Familiengericht muss zunchst bercksichtigen, dass
die den Eheleuten berlassene Immobilie ber die Ehewohnung im Rechtssinne hinausgehen kann. Zwar ist der
Begriff der Ehewohnung weit zu verstehen und kann auch
Nebenrume, oder auch Ferien- und Zweitwohnungen, ja
sogar bewegliche Sachen wie Wohnwagen erfassen.2) Ein
Anspruch auf berlassung gem § 1568 a Abs. 5 BGB
kann aber nur dann gegeben sein, wenn die Eheleute in
den Rumlichkeiten wohnten oder dies zumindest beabsichtigten, da nur dann eine Ehewohnung gem § 1568 a
Abs. 5 BGB vorliegt.3) Dies muss aber auch dann, wenn
den Eheleuten eine Immobilie insgesamt berlassen wurde, nicht zwingend der Fall sein. Typisches Gegenbeispiel
ist das Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, die von
den Eheleuten nicht selbst genutzt, sondern vermietet
wird. Nach wohl einhelligem Verstndnis gehrt diese aufgrund ihrer abweichenden Nutzung nicht zur Ehewohnung i. S. des § 1568 a BGB. Dies stellt das Familiengericht
zwar vor geringere Probleme als in den Parallelfllen, in
denen eine den Eheleuten insgesamt vermietete, aber von
ihnen teilweise an Dritte untervermietete Immobilie nach
§ 1568 a Abs. 3 Nr. 2 BGB zugewiesen werden soll. Anders
als dort ist hier nicht der Widerspruch aufzulsen, dass
der ber die gesamte Immobilie geschlossene Mietvertrag,
in den ja ein Ehegatte gem § 1568 a Abs. 3 Nr. 2 BGB
eintreten soll, nach den Vorgaben des § 1568 a Abs. 3 Nr. 2
BGB zur Ehewohnung nicht vollstndig bernommen
werden kann. Vielmehr kann das Familiengericht die Begrndung des Mietverhltnisses nach § 1568 a Abs. 5 BGB
schlicht auf die Rume beschrnken, die als Ehewohnung
genutzt wurden.
2. Schicksal des Mietverhltnisses mit dem Dritten
Umso gravierender werden die Probleme ausfallen, die die
Zivilabteilung treffen. Denn die Begrndung eines Mietverhltnisses nur ber die Ehewohnung geht damit einher,
dass dem dort verbleibenden Ehegatten kein Recht zur
Nutzung der weiteren Rumlichkeiten mehr zusteht.
Knnte der Eigentmer diese wieder zurckverlangen, so
entfiele auch das Recht des Dritten zum Besitz.4) Alleine
aufgrund der innerfamiliren Entwicklung wrde also der
Mieter der Eheleute seine Wohnung verlieren. Gleichzeitig wren die Eheleute Schadensersatzansprchen ihres
Mieters ausgesetzt. Mglicherweise lsst sich dieses Problem am ehesten dadurch lsen, dass das Nutzungsverhltnis des Eigentmers mit den dann geschiedenen Eheleuten nur hinsichtlich der weitervermieteten Rumlichkeiten
fortbesteht, so dass auch der Mietvertrag mit dem Dritten
fortgesetzt werden kann.
1) Gtz/Brudermller, FamRZ 2009, 1261 [1264]; Gtz/Brudermller, NJW
2010, 5 [10]; Gtz, NZM 2010, 383 [386]; Reinecke, ZFE 2010, 172
[174]; Bte, FPR 2010, 537 [540]; Lammel, AnwZertMietR 8/2011 unter
B II 3; MnchKomm.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 48;
Henrich/Gtz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 48 und 62;
Staudinger/Weinreich, BGB, 13. Bearb. 2010, § 1568 a Rdn. 96.
2) Bte, FPR 2010, 537; MnchKomm.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl. 2010,
§ 1568 a Rdn.10; Staudinger/Weinreich, BGB, 13. Bearb. 2010, § 1568 a
Rdn.13.
3) Giers, FGPrax 2009, 193; Bte, FPR 2010, 537; MnchKomm.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn.10; Staudinger/Weinreich, BGB, 13.
Bearb. 2010, § 1568 a Rdn.10.
4) Dies wre nach § 546 Abs. 2 BGB selbst dann der Fall, wenn ein Mietverhltnis zwischen dem Eigentmer und den Eheleuten bestanden htte.
Abramenko, Probleme bei der Wohnungszuweisung nach § 1568 a Abs. 5 BGB
III. Vertragsrechtliche Probleme
1. AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB?
a) Kein Stellen eines Formulars durch eine Seite
Besonderheiten gelten auch dann, wenn das Familiengericht dem von ihm festgesetzten Mietvertrag die einschlgigen Formulare etwa der Interessenverbnde zugrundelegt. Vereinzelte Stimmen im Schrifttum deuten an, dass
dies vor dem Hintergrund der berprfung nach §§ 305 ff.
BGB zur (Teil)Unwirksamkeit des Mietvertrages fhren
knnte.5) Dies bercksichtigt indessen weder die materiellrechtlichen noch die verfahrensrechtlichen Besonderheiten beim Zustandekommen eines Mietvertrages nach
§ 1568 a Abs. 5 BGB. Allgemeine Geschftsbedingungen,
die nach §§ 305 ff. BGB berprft werden knnten, liegen
nach der Definition des § 305 Abs.1 Satz 1 BGB von vorneherein nur vor, wenn eine Vertragspartei der anderen
bei Abschluss des Vertrages vorformulierte Vertragsbedingungen stellt. Schon bei einer Einigung beider Seiten auf
ein Formular liegt kein einseitiges Stellen vor, weshalb
eine Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB ausscheidet.6) Hier
wird der Vertrag aber gerade nicht von einer Seite, insbesondere nicht vom Vermieter gestellt. Dieser wird hufig
noch nicht einmal einen Antrag nach § 1568 a Abs. 5 BGB
gestellt haben. Hufig wrde er vermutlich, wenn es sich
etwa um Eltern eines Ehegatten handelt, sogar gerne auf
einen Mietvertrag mit dessen ehemaligem Ehegatten verzichten. Vielmehr gehen die Initiative und die Ausgestaltung des Mietvertrages vom Gericht aus. Damit liegt,
wenn Formularvertrge verwendet werden, schon aus materiell-rechtlichen Grnden kein Stellen i. S. des § 305
Abs.1 Satz 1 BGB vor. Eine Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB
scheidet somit aus.7)
b) Keine Durchbrechung der Rechtskraft
Darber hinaus wrde eine Auffassung, die aus §§ 305 ff.
BGB die (Teil-)Unwirksamkeit eines durch das Gericht begrndeten Mietvertrages fr mglich hlt, dessen Entstehungsgeschichte nicht bercksichtigen. Hierbei handelt es
sich gerade nicht um eine privatautonome Gestaltung beliebiger Rechtsgenossen, sondern um einen staatlichen
Hoheitsakt. Bekanntlich erwchst ein Beschluss des Familiengerichtes aber in Rechtskraft (§ 45 FamFG).8) Wie jede
andere gerichtliche Entscheidung sind materiell-rechtliche
Fehler des familiengerichtlichen Beschlusses nur im
Rechtsmittelverfahren korrigierbar. Weder das Familiengericht selbst noch gar ein anderes (etwa die Abteilung fr
Mietsachen) kann die familiengerichtliche Entscheidung
aufgrund eigener Erkenntnisse oder gar nachtrglicher Entscheidungen zur Unwirksamkeit von Formularklauseln als
unwirksam behandeln. Eine solche Handhabung wre mit
Grundstzen der Rechtskraft unvereinbar.
c) Kontrollmglichkeiten
Diese Grundstze stellen den Ehegatten als Mieter nicht
rechtlos. Selbstverstndlich kann er einen vom Familiengericht festgesetzten Vertrag berprfen lassen, nur eben
nicht zeitlich unbegrenzt oder inzident in spteren Mietstreitigkeiten. Er muss missliebige Vertragsbestimmungen
mit der Beschwerde angreifen. Hierbei wird die Bestimmung des § 1568 a Abs. 5 Satz 1 BGB, wonach das Fami-
ZMR 2012, 335
liengericht einen Mietvertrag „zu ortsblichen Bedingungen“ festsetzen muss, auch eine inhaltliche Kontrolle der
verwendeten Klauseln ermglichen. Verwendet das Familiengericht z. B. ein lteres Formular mit Klauseln, die
nach allgemeiner Auffassung einer berprfung nach
§§ 305 ff. BGB nicht standhalten, handelt es sich jedenfalls
nicht mehr um ortsbliche Bedingungen. Denn erfahrungsgem werden nach §§ 305 ff. BGB unwirksame Klauseln alsbald aus den einschlgigen Formularen gestrichen
und sind somit nicht mehr ortsblich. Im brigen wird
man Klauseln, die vor Gericht als unwirksam behandelt
werden, schon deshalb nicht als ortsblich ansehen knnen. Denn dieser unbestimmte Rechtsbegriff enthlt neben dem empirischen ein wertendes Element, das es ausschliet, die (noch) vorkommende Verwendung unwirksamer Formularklauseln als eine das Familiengericht bindende Vorgabe anzusehen.
2. Mngelkenntnis bei „Vertragsschluss“
a) Unterschied zur gerichtlichen Entscheidung nach
§ 1568 a Abs. 3 Nr. 2 BGB
Anders als bei der Einigung der Eheleute ber die Weiternutzung der Ehewohnung bzw. bei ihrer Zuweisung nach
§ 1568 a Abs. 3 BGB erfolgt durch die Entscheidung nach
§ 1568 a Abs. 5 BGB kein Eintritt des berechtigten Ehegatten in ein bestehendes Mietverhltnis. Es wird vielmehr
durch rechtsgestaltenden Akt des Gerichtes neu begrndet.9) Dies fhrt zu einer gnzlich anderen Situation, wenn
Rechte von bestimmten subjektiven Merkmalen der Mietvertragsparteien abhngen, etwa bei Kenntnis oder arglistigem Verschweigen von Mngeln gem § 536 b BGB. Da
der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte anders als
nach § 1568 a Abs. 3 BGB nicht in einen bestehenden Vertrag eintritt, ist etwa die Kenntnis des Mangels seitens seines Ehegatten unerheblich. Es kommt alleine auf seine eigene an.
b) Mageblicher Zeitpunkt der Kenntnis
Fraglich und im Schrifttum, soweit ersichtlich, noch nicht
diskutiert, ist der magebliche Zeitpunkt der Kenntnis. Sofern § 536 b Satz 1 BGB auf den Vertragsschluss abstellt,
kann dies nicht unverndert bernommen werden, da der
Vertrag nicht von den Parteien durch Abgabe von Willenserklrungen abgeschlossen wird, sondern durch rechtsgestaltenden Akt zustande kommt. Man wird § 536 b BGB in
vorliegender Konstellation aber seinem Sinn nach wohl
dahingehend anwenden mssen, dass es auch hier auf das
Zustandekommen des Mietvertrages ankommt. Dies geschieht hier nach § 1568 a Abs. 5 BGB mit Rechtskraft der
5) Gtz, NZM 2010, 383 [389]; Lammel, AnwZertMietR 8/2011 unter
B II 3.
6) Erman/Roloff, BGB, 12. Aufl. 2008, § 305 Rdn.12; MnchKomm.-Basedow, BGB, 5. Aufl. 2007, § 305 Rdn. 21.
7) Dazu, dass selbst von Notaren verwandte Formulare mangels Stellens
durch eine Partei keine allgemeinen Geschftsbedingungen gem
§§ 305 ff. BGB sind, s. BGH, NJW 1992, 2817; OLG Hamm, NJW-RR
1999, 999 [1000]; MnchKomm.-Basedow, BGB, 5. Aufl. 2007, § 305
Rdn. 22.
8) Der Verfahrensgegenstand, der ausschlielich privatrechtliche Ansprche der Parteien gegeneinander betrifft, verlangt keine abweichende
Behandlung aus Grnden staatlicher Frsorge, vgl. Prtting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 45 Rdn.11 f.; Zller/Feskorn, BGB,
29. Aufl. 2012, § 45 FamFG Rdn.11.
9) S. die Nachweise o. Fn.1.
ZMR 2012, 336
Abramenko, Probleme bei der Wohnungszuweisung nach § 1568 a Abs. 5 BGB
gerichtlichen Entscheidung. In der Folge ist es fr den
Ehegatten als Mieter nicht nur schdlich, wenn er von
dem Mangel zur Zeit seines Antrags, der zur Entscheidung
des Gerichtes fhrt, Kenntnis hat. Auch nachtrgliche
Kenntnis bis zur Rechtskraft der Entscheidung fhrt zum
Ausschluss der Rechte aus §§ 536, 536 a BGB. Er muss daher in diesem Fall wiederum die gerichtliche Entscheidung, die z. B. einen Minderungsgrund bei der Miete
nicht bercksichtigt, anfechten.
3. Besondere Ausgestaltung des frheren Nutzungsverhltnisses
˜hnlich sind besondere Ausgestaltungen des frheren
Nutzungsverhltnisses zu behandeln. Etwa den Ehegatten
erteilte Gestattungen und Erlaubnisse z. B. zur Tierhaltung, Untervermietung oder gewerblichen Nutzung gehen
anders als nach § 1568 a Abs. 3 BGB10) nicht automatisch
auf den nunmehr mietenden Eigentmer ber. Denn er
tritt nicht in das frhere Nutzungsverhltnis ein; mageblich ist insoweit die rechtsgestaltende Entscheidung des
Familiengerichts. Der Ehegatte, der die berlassung der
Ehewohnung begehrt, tut also gut daran, seine diesbezglichen Vorstellungen im Verfahren vorzutragen.
IV. Abnderungen der gerichtlichen Festsetzung des
Mietvertrages
1. Stand der Diskussion
Noch selten Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ist die Frage, wie sich nachtrgliche ˜nderungen der
Umstnde auf den Mietvertrag auswirken. Das Schrifttum
greift sowohl bei ˜nderungen, die die Voraussetzungen
der Zuweisung nach § 1568 a Abs. 5 BGB betreffen11) als
auch bei Fragen der Miethhe auf das Verfahren nach § 48
Abs.1 FamFG zurck.12) Hiernach kann eine rechtskrftige
Entscheidung mit Dauerwirkung aufgehoben oder gendert werden, wenn sich die zugrunde liegende Sach- oder
Rechtslage wesentlich gendert hat. Beim Rckgriff auf
diese Vorschrift ist in vorliegendem Zusammenhang aber
wohl zu differenzieren.
2. Modalitten des Mietvertrags
a) Ausschluss von § 48 Abs.1 FamFG durch Spezialvorschriften
Der Anwendungsbereich von § 48 FamFG ist ber den
Wortlaut hinaus durch die Subsidiaritt der Vorschrift begrenzt. Als allgemeine Norm ist sie nicht anwendbar,
wenn Spezialgesetze eine ˜nderung der Sach- oder Rechtslage positiv oder negativ ebenfalls regeln.13) Dies betrifft
vorrangig Regelungen, die bei ˜nderungen der Sachlage
eine abweichende gerichtliche Entscheidung unter Abnderung der frheren gestatten, etwa § 1696 Abs. 2 BGB bei
Entscheidungen zur Abwendung einer Gefhrdung des
Kindeswohls oder §§ 1919, 1921 BGB bei Wegfall der Voraussetzungen fr eine Pflegschaft.14) Bercksichtigt man
den Umstand, dass die gerichtliche Entscheidung nach
§ 1568 a Abs. 5 BGB nur den Mietvertrag ersetzen soll, ist
dies letztlich auch hier der Fall. Zwar knnen sich die
Mietvertragsparteien auch privatautonom ber eine ˜nderung ihres Rechtsverhltnisses einigen. Im Streitfall entscheiden aber auch hierber die Zivilgerichte. Gerade hier-
fr sind Voraussetzungen und Verfahren aber gerade im
Wohnraummietrecht bis ins Detail geregelt, so etwa fr
die als Anwendungsfall des § 48 Abs.1 FamFG reklamierte
Mieterhhung in §§ 557 ff. BGB. Eines Rckgriffs auf das
Verfahren nach § 48 Abs.1 FamFG bedarf es daher nicht.
Dies um so weniger, als auch im familienrechtlichen
Schrifttum nicht in Zweifel gezogen wird, dass sich der Familienrichter bei der Frage nach der Abnderung des Mietvertrages ohnehin nach den einschlgigen Vorschriften
des Mietrechts richten msste.15)
b) Unabgrenzbarkeit von sonstigen ˜nderungen im
Mietverhltnis
Letztlich wre bei einer anderen Handhabung in Fragen
der Miethhe auch kaum zu rechtfertigen, wieso andere
Vernderungen des Mietverhltnisses nicht auch § 48
Abs.1 FamFG unterfallen sollten. Zu Minderungen berechtigende Verschlechterungen der Mietsache stellen
ebenfalls nachtrgliche ˜nderungen der Sachlage dar, so
dass auch eine Mietminderung im Verfahren nach § 48
Abs.1 FamFG vor dem Familiengericht zu verhandeln
wre. Nicht anders steht es bei einer Gebrauchsberlassung an Dritte (§ 540 BGB), einem vertragswidrigen Gebrauch (§ 541 BGB) oder der Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen (§ 560 BGB), um nur einige Beispiele
zu nennen. Dass ber § 48 Abs.1 FamFG keine derartige
Ausweitung der familiengerichtlichen Ttigkeit im Bereich
des von ihm nach § 1568 a Abs. 5 BGB begrndeten Mietverhltnisses beabsichtigt war, liegt auf der Hand.
c) Zustndigkeit von Familien- und Mietgericht
Schlielich sprechen auch verfahrensrechtliche Erwgungen dafr, ˜nderungen des Mietvertrages nicht im Verfahren nach § 48 Abs.1 FamFG vorzunehmen. Es wurde
schon mit einer gewissen Berechtigung Kritik daran gebt,
dass das Familiengericht die Begrndung des Mietvertrages nach § 1568 a Abs. 5 BGB vornehmen muss.16) Wrde
man ihm auch alle Entscheidungen ber die Abnderung
ber § 48 Abs.1 FamFG belassen, bliebe auf unabsehbare
Zeit das fachlich nicht dafr vorgesehene Familiengericht
fr reine Mietsachen zustndig. Es entspricht weit mehr
der Konstruktion des Gesetzgebers, das Familiengericht
nur mit der erstmaligen Begrndung des Mietverhltnisses
zu befassen, da hierbei familienrechtliche Gesichtspunkte
immerhin noch eine erhebliche Rolle spielen. Ist das Mietverhltnis erst einmal begrndet, kann man seine weitere
Entwicklung getrost den fachlich dafr zustndigen Mietgerichten berlassen.
10) Hierzu s. Blank, FPR 2010, 544 [545].
11) Gtz/Brudermller, FamRZ 2009, 1261 [1265]; Henrich/Gtz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 61.
12) MnchKomm.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 48; Staudinger/Weinreich, BGB, 13. Bearb. 2010, § 1568 a Rdn. 99; allgemein,
ohne Einschrnkung auf bestimmte Gegenstnde Gtz, NZM 2010,
383 [387].
13) BT-Drucks. 16/6308, S.198 unter Verweis auf §§ 166, 230, 294, 330;
Prtting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 48 Rdn.14 f.; Zller/Feskorn, BGB, 29. Aufl. 2012, § 48 FamFG Rdn. 2.
14) Vgl. zum alten Recht BayObLGZ 1966, 82 [83]; OLG Frankfurt,
OLGZ 1967, 352 [353].
15) Gtz/Brudermller, NJW 2008, 3025 [3030]; Gtz/Brudermller, FamRZ
2009, 1261 [1265]; Gtz, NZM 2010, 383 [387]; Henrich/Gtz, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 58.
16) Gtz/Brudermller, NJW 2010, 5 [11]; Gtz, NZM 2010, 383 [389].
Schmid, Straenreinigung … Kostenumlegung und Mieterleistung
3. Voraussetzungen der Entscheidung nach § 1568 a
Abs. 5 BGB
Anders steht es bei den Voraussetzungen fr eine gerichtliche Entscheidung nach § 1568 a Abs. 5 BGB. ˜ndert sich
die Sachlage etwa dahingehend, dass nunmehr unter Bercksichtigung der berechtigten Interessen des Vermieters
ein unbefristetes Mietverhltnis unbillig ist (§ 1568 a Abs. 5
Satz 2 BGB), betrifft dies nicht die mietvertraglichen Regelungen. Hier ist die Grundfrage, ob ein unbefristetes
Mietverhltnis nach § 1568 a Abs. 5 BGB begrndet werden kann, betroffen. Derartige ˜nderungen, die im brigen auch familienrechtliche Fragen betreffen, hat das Familiengericht im Verfahren nach § 48 Abs.1 FamFG zu bercksichtigen. Die unterlassene Entscheidung ber die
Miethhe kann aber entgegen einer Auffassung im Schrift-
ZMR 2012, 337
tum17) nicht nach § 48 Abs.1 FamFG nachgeholt werden.
Denn die Zahlung von Miete ist sowohl eine ortsbliche
Bedingung eines Mietvertrages als auch in § 1568 a Abs. 5
Satz 3 BGB vorausgesetzt. Wird die Festsetzung einer Miete gleichwohl vom Familiengericht vergessen, handelt es
sich um einen Fehler der Entscheidung. Solche anfnglichen Fehler knnen indessen im Verfahren nach § 48
Abs.1 FamFG grundstzlich nicht mehr korrigiert werden,
da dies eine nachtrgliche ˜nderung der Sach- oder
Rechtslage voraussetzt.18)
17) MnchKomm.-Wellenhofer, BGB, 5. Aufl. 2010, § 1568 a Rdn. 48;
unklar Staudinger/Weinreich, BGB, 13. Bearb. 2010, § 1568 a Rdn. 99,
der zustzlich eine ˜nderung der Rechts- und Sachlage fordert.
18) Prtting/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 48 Rdn. 4; Zller/
Feskorn, BGB, 29. Aufl. 2012, § 48 FamFG Rdn. 6.
Straenreinigung … Kostenumlegung und Mieterleistung
Von Dr. Michael J. Schmid, Mnchen*)
I. Grundlagen
Die Straenreinigung wird teilweise von den Gemeinden
oder in deren Auftrag durchgefhrt und die Grundstckeigentmer sind verpflichtet, diese Dienstleistung kostenpflichtig in Anspruch zu nehmen. In diesen Fllen verbleibt fr eine Inanspruchnahme des Mieters nur eine Kostenumlegung nach § 2 Nr. 8 BetrKV.1) Andernfalls kann
der Vermieter selbst die Straenreinigung vornehmen
oder vornehmen lassen und die Kosten nach § 2 Nr. 8
BetrKV auf den Mieter umlegen. Es besteht aber in diesen
Fllen auch die Mglichkeit, mit den Mietern zu vereinbaren, dass diese die Straenreinigung selbst vornehmen.
II. Kostenumlegung
1. Erfasste Flchen
§ 2 Nr. 8 BetrKV betrifft die Kosten fr die Reinigung der
ffentlichen Straen. Entsprechende Manahmen auf Flchen, die nicht dem ffentlichen Verkehr dienen, insbesondere auf Wegen auf dem Mietgrundstck selbst knnen ber die Position Gartenpflege (§ 2 Nr.10 BetrKV) umgelegt werden. Fr die Abgrenzung ist darauf abzustellen,
ob die Flche nach ffentlichem Recht dem allgemeinen
Verkehr gewidmet ist.2)
Zu den Straen gehren auch Fu-3) und Radwege.4) Bei
Passagen, Arkaden und hnlichen Durchgngen kommt es
darauf an, ob diese nach ffentlichem Recht dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind. Ist dies der Fall gilt § 2 Nr. 8
BetrKV. Handelt es sich um einen privaten Weg, bestimmt sich die Kostenumlegung nach § 2 Nr.10 BetrKV.5)
2. Erfasste Ttigkeiten
Zur Straenreinigung gehrt bereits dem Wortlaut nach
die Beseitigung von Verschmutzungen. Hierzu gerechnet
werden aber auch die Beseitigung von Eis und Schnee und
das Streuen bei Gltte.6)
3. Umlegbare Kosten
Umlegbar sind die Kosten fr die Arbeitsleistung selbst.
Umlegbar ist auch der Betrag eines Mietnachlasses, der einem Mieter fr die bernahme der Reinigungsttigkeit gewhrt wird.7) Die Umlegung erfolgt auf alle Mieter einschlielich dessen, der die Reinigung bernommen hat.
Ein Fixbetrag, der mit einem Reinigungsunternehmen unabhngig vom Einsatz vereinbart wird, ist grundstzlich
umlegungsfhig.8)
Reinigungsmittel9) und Streugut,10) die der Vermieter verwendet oder von einem Dritten in Rechnung gestellt bekommt, gehren ebenfalls zu den Kosten der Straenreinigung.
Die Kosten fr die Anschaffung und Ersatzbeschaffung
von Gerten zur Schnee- und Schmutzbeseitigung sind dagegen nicht umlegbar.11) Dasselbe gilt fr die Kosten einer
Reparatur dieser Gerte.12) Umlegbar sind jedoch die Wartungskosten13) und die Treibstoffkosten.14)
*) Der Autor ist RiObLG, RiBayObLG a. D. Der Beitrag gibt die persnliche Meinung des Verfassers wieder.
1) Bei Mietverhltnissen, die nicht Wohnraum betreffen, knnen abweichende Vereinbarungen getroffen werden.
2) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5160.
3) Wall, in: Eisenschmid/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 3. Aufl., 2010,
Rdn. 3390.
4) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5160.
5) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5242 a.
6) BGH, ZMR 1985, 120.
7) Kinne, ZMR 2001, 5.
8) Wall, in: Eisenschmid/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 3. Aufl., 2010,
Rdn. 3402.
9) Kinne, ZMR 2001, 5.
10) BGH, ZMR 2004, 901 [903] = WuM 2004, 666.
11) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5164;
a. A. Kinne, ZMR 2001, 5.
12) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5164;
a. A. Kinne, ZMR 2001, 5; Hitpa, ZMR 2008, 935 [941].
13) Kinne, ZMR 2001, 5.
14) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5164.
ZMR 2012, 338
Schmid, Straenreinigung … Kostenumlegung und Mieterleistung
bernimmt der Vermieter die Ttigkeit selbst, kann er
nach § 1 Abs.1 Satz 2 BetrKV angemessene Kosten ohne
Umsatzsteuer umlegen.15)
4. Umlegungsvereinbarung
Die Umlegung der Kosten setzt wie bei anderen Kostenpositionen auch eine entsprechende Vereinbarung voraus.
Die Vereinbarung einer Umlegung von „Grundbesitzabgaben“ reicht fr die Umlegung von Straenreinigungsgebhren nicht aus.16) Dasselbe gilt fr den Begriff „Anliegerbeitrge“, auch in einem gewerblichen Mietvertrag.17)
Ist in einem gewerblichen Mietvertrag vereinbart, dass der
Mieter die Kosten der Straen- und Fuwegreinigung und
die Kosten des Winterdienstes anteilmig zu tragen hat,
so kann die Auslegung des Vertrages ergeben, dass diese
Verpflichtung nicht nur den ffentlichen Grund erfasst,
sondern auch alle von den Kunden zu benutzenden
Grundstcksflchen einschlielich der zur gemeinsamen
Nutzung bestimmten Kraftfahrzeugstellpltze.18)
5. Abrechnungsmastab
Es gilt in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung
der Wohnflchenmastab des § 556 a Abs.1 BGB. Eine
Voraufteilung nach Wohn- und Geschftsrumen ist fr
die Kosten der Straenreinigung und des Winterdienstes
grundstzlich nicht erforderlich, da diese Kosten fr alle
Rume gleich anfallen.19) Etwas anderes kann dann gelten,
wenn im Einzelfall durch den Gewerbebetrieb erheblich
hhere Gebhren veranlasst werden.20)
III. Vornahme durch die Mieter
1. Verpflichtung des Mieters
Der Mieter kann sich jedenfalls individualvertraglich zur
bernahme der Straenreinigung einschlielich des Winterdienstes verpflichten.21)
Problematischer ist die bernahme in Allgemeinen Geschftsbedingungen. Mit der bernahme der Straenreinigung, insbesondere der Rum- und Streupflicht ist nmlich auch eine bernahme der Verkehrssicherungspflicht
verbunden. Bei Gewerberaummietverhltnissen wird eine
bernahme der Verkehrssicherungspflicht durch den Mieter fr zulssig erachtet.22) Bei einem Mietvertrag ber
Wohnraum wird sie teilweise nur dann fr wirksam gehalten, wenn eine entsprechende Orts- oder Verkehrssitte besteht.23) Dem ist jedoch nicht zu folgen.24) Hlt man eine
bertragung der Verkehrssicherungspflicht grundstzlich
und individualvertraglich fr zulssig, so knnten sich Bedenken gegen eine formularmige bertragung lediglich
aus § 305 ff. BGB ergeben. Eine Heranziehung von § 309
Nr. 7 Buchst. a) BGB25) erscheint nicht gerechtfertigt, da ja
gerade die Verpflichtung zur Schadensverhinderung bertragen werden soll.26) Auch eine unbillige Benachteiligung
i. S. des § 307 BGB wird meist nicht vorliegen.27) Was dem
Grundstckseigentmer zugemutet wird, kann in der Regel auch von einem Mieter verlangt werden. Bedeutung gewinnen kann jedoch § 305 c Abs.1 BGB, wenn die bertragung der Verkehrssicherungspflicht berraschend ist. Das
wird bei vermieteten Einfamilienhusern in der Regel
nicht, bei groen Mietshusern meist der Fall sein. Fr alles, was dazwischen liegt, kommt es auf die Umstnde des
Einzelfalles an. Fr den Vermieter empfiehlt sich in jedem
Fall ein besonderer, am besten gesondert zu dokumentierender Hinweis, da eine berraschung im Sinne des § 305 c
Abs.1 Satz 1 BGB nicht vorliegt, wenn der Mieter die
Klausel kennt oder mit ihr rechnen muss.28)
Bei der Vermietung eines Einfamilienhauses kann sich die
bertragung der Rum- und Streupflicht auf den Mieter
ausnahmsweise aus einer ergnzenden Vertragsauslegung
ergeben, wenn dem Mieter erkennbar ist, dass der Vermieter zu einer Sicherung nicht in der Lage ist.29) Auch eine
konkludente bernahme der Verkehrssicherungspflicht,
z. B. durch jahrelanges Rumen und Streuen, wird als ausreichend angesehen.30) Dabei sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Nicht jede Ttigkeit des Mieters, die
vielleicht nur aus Gutmtigkeit erfolgt, kann eine Verpflichtung begrnden, von der der Mieter so leicht nicht
mehr loskommt und durch die er nicht nur mit Arbeit sondern auch mit einem enormen Haftungsrisiko belastet
wird. Das Vorhandensein eines Rechtsbindungswillens des
Mieters muss deshalb aus der Sicht des Vermieters gegeben sein.31)
Die Verpflichtung des Mieters zur Durchfhrung der Arbeiten beinhaltet nicht auch die Verpflichtung zur Beschaffung von Streugut, wenn dies nicht extra vereinbart
ist.32)
2. ˜nderung
Ist mietvertraglich vereinbart, dass die Arbeiten vom Mieter erledigt werden, so kann der Vermieter nicht einseitig
Dritte beauftragen und die Kosten umlegen.33)
Bejaht man die Mglichkeit einer Regelung in Allgemeinen Geschftsbedingungen kann auch vereinbart werden,
dass der Vermieter nach billigem Ermessen die Arbeiten
an Dritte vergeben und die Kosten umlegen kann.34) Eine
solche ˜nderung muss vor Beginn eines Abrechnungszeitraums erklrt werden.35) Ohne vertragliche Regelung kann
15) Wall, in: Eisenschmid/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 3. Aufl.,
2010, Rdn. 3393.
16) AG Kln, WuM 1998, 419 m. abl. Anm. Sommerfeld.
17) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5166;
a. A. LG Berlin, GE 2006, 1480.
18) LG Hannover, MDR 1994, 796.
19) LG Braunschweig, ZMR 2003, 114.
20) Wall, in: Eisenschmid/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 3. Aufl.,
2010, Rdn. 3396.
21) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5170 a;
Hitpa, WuM 2011, 662.
22) Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, § 535 Rdn. 60; incident
wohl auch BGH, VersR 1996, 1151 = NJW 1996, 2646 = ZMR 1996,
477.
23) Eisenschmid, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., 2011, § 535
Rdn.142 a.
24) Hitpa, ZMR 2008, 935 [939]; ders., WuM 2011, 662; Schmid, VersR
2011, 731.
25) So Eisenschmid, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., 2011, § 535
Rdn.142 a.
26) Schmid, VersR 2011, 731.
27) OLG Frankfurt, NJW 1989, 41 = WuM 1988, 399.
28) Vgl. BGH, ZMR 2010, 351 [353] = NJW 2010, 671.
29) Wall, in: Eisenschmid/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 3. Aufl.,
2010, Rdn. 3404.
30) LG Hildesheim, MDR 2007, 1194.
31) Schmid, VersR 2011, 731.
32) AG Solingen, WuM 1979, 239; a. A. AG Essen, ZMR 1980, 316; Hitpa, ZMR 2008, 935 [941].
33) LG Karlsruhe, WuM 1992, 368.
34) AG Dortmund, MietRB 2012, 36 m. krit. Anm. Horst.
35) AG Kln, WuM 2008, 226; Schmid, WuM 2011, 659 [661].
Stellwaag, Anspruch des Mieters auf Vorlage einer vom Vermieter erstellten Flchenberechnung
sich ein Anspruch des Vermieters auf Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB wegen Strung der Geschftsgrundlage ergeben, wenn es bei der Eigenleistung durch die Mieter zu erheblichen Unzulnglichkeiten kommt.36)
Nach § 613 BGB ist im Zweifel der Verpflichtete zur persnlichen Dienstleistung verpflichtet. Diese Auslegung
entspricht hier jedoch nicht dem Parteiwillen.37) Es ist allgemein blich, dass die Reinigungsarbeiten zumindest teilweise von Ehegatten oder erwachsenen Kindern des Mieters oder, z. B. whrend eines Urlaubs, von Mitmietern
oder Nachbarn erledigt werden. Der Mieter kann deshalb
seine Leistung nicht nach § 275 Abs. 3 BGB verweigern. Er
wird aber von seiner Verpflichtung nach § 275 Abs.1 BGB
frei, wenn er die Arbeiten aus gesundheitlichen Grnden
nicht mehr erledigen kann und kein Dritter zu einer bernahme bereit ist.38) Ist ein Dritter zur bernahme bereit,
hat ihn der verhinderte Mieter auf seine Kosten zu beauftragen.39)
IV. Annex: Wohnungseigentum
Der Abrechnungsmastab fr die Kosten der Straenreinigung kann nach § 16 Abs. 3 WEG festgelegt und gendert
werden. Danach kann auch beschlossen werden, dass die
Reinigungskosten nach Wohnungseigentumseinheiten
umgelegt werden.40) Eine Unbilligkeit ist darin nicht zu sehen, weil die Straenreinigung meist auf einer ffentlichrechtlichen Verpflichtung beruht und im Wesentlichen allen Wohnungseigentmern in gleicher Weise zugute
kommt.
Inwieweit Wohnungseigentmer durch Mehrheitsbeschluss zu Arbeitsleistungen herangezogen werden knnen, ist generell umstritten.41) Die h. M. hlt Beschlsse
ZMR 2012, 339
ber die Verpflichtung der Wohnungseigentmer zu Arbeitsleistungen im Grundsatz fr nichtig,42) macht aber gerade fr Straenreinigung und Winterdienst eine Ausnahme.43) Die hierfr gegebene Begrndung, dass bereits eine
ffentlich-rechtliche Verpflichtung der Wohnungseigentmer besteht, die durch den Beschluss nur konkretisiert
wird, vermag seit der Einfhrung des § 10 Abs. 6 Satz 3
WEG nicht mehr zu berzeugen, da die Pflicht zu Straenreinigung und Winterdienst nach dieser Vorschrift
nicht von den einzelnen Wohnungseigentmern, sondern
von Gemeinschaft der Wohnungseigentmer als Verband44) und/oder vom Verwalter45) zu erfllen ist. Die einzelnen Wohnungseigentmer trifft keine entsprechende
Verpflichtung.46)
Mglich ist eine Vereinbarung, generell oder fr den Einzelfall.
36) Horst, MietRB 2012, 36 [37].
37) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5214
zur Gebudereinigung; a. A. LG Hamburg, ZMR 1989, 422 [424] =
WuM 1989, 622.
38) LG Mnster, WuM 2004, 193.
39) AG Mnster, WuM 2005, 648.
40) Vgl. fr die Gebudereinigung: Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 5215a; a. A. LG Nrnberg-Frth, ZMR 2009,
638.
41) Vgl. z. B. Elzer, in: Riecke/Schmid, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl.,
2010, § 16 Rdn.147 ff. mit zahlreichen weiteren Nachw.
42) MnchKomm.-Engelhardt, BGB, 5. Aufl., 2007 ff., § 21 WEG Rdn. 31.
43) OLG Dsseldorf, ZMR 2005, 142; AG Freising, ZMR 2008, 936.
44) LG Baden-Baden, zfs 2007, 375; Wenzel, NZM 2006, 321 [323]; Armbrster, GE 2007, 420 [429; Schmid, ZWE 2009, 295.
45) Gottschalg, NZM 2003, 457 [460]; Kahlen, in Schmid/Kahlen, Wohnungseigentumsgesetz, 1. Aufl., § 26 Rdn.113; Schmid, ZWE 2009, 295
[296]); a. A. Fritsch, ZWE 2005, 384 [387]; OLG Frankfurt a.M., WuM
2002, 619, das eine besondere Delegation der Streupflicht auf den Verwalter fr erforderlich erachtet.
46) Horst, DWE 2008, 4 [14]; Schmid, ZWE 2009, 295 [296].
Anspruch des Mieters auf Vorlage einer vom Vermieter erstellten
Flchenberechnung
Von Christof Stellwaag, Mnchen
1. Urteil des LG Berlin
Das LG Berlin hat mit Urteil vom 1.3.2011 … 65 S 4/10 …,1)
Folgendes entschieden:
„Grundstzlich steht dem Mieter ein Einsichtsrecht in die
Belege der Nebenkostenabrechnung zu, das fr den Bereich des preisfreien Wohnraum aus § 259 BGB abgeleitet
wird. Dabei bezieht sich dieses Einsichtsrecht auf alle Unterlagen, auf denen die Abrechnung beruht. Deshalb ist
der Vermieter verpflichtet, dem Mieter smtliche Rechnungen und sonstigen Belege im Original zu prsentieren.
Haben die Parteien des Mietvertrags vereinbart, dass die
Heizkosten „nach einem einheitlichen Abrechnungsmastab umgelegt [werden], und zwar nach der Wohn- bzw.
der Nutzflche des Hauses“, kann der Mieter nur dann die
Richtigkeit des vom Vermieter zugrunde gelegten Verteilerschlssels berprfen, wenn ihm die Mglichkeit eingerumt wird, die Unterlagen einzusehen, die der Vermieter
zur Berechnung der dem Verteilerschlssel zu Grunde gelegten Flchen herangezogen hat.“2)
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Nach einem Wohnraummietvertrag hatte ein Vermieter
die Betriebskosten nach einem Flchenmastab abzurechnen. In einer Betriebskostenabrechnung setzte er fr drei
verschiedene Betriebskostenarten je drei verschiedene Flchengren an.3) Eine nhere Erluterung hierfr erteilte
der Vermieter nicht. Er gab lediglich an, dass er sich auf
eine von ihm selbst erstellte Flchenberechnung gesttzt
habe. Der Mieter begehrte Vorlage dieser Berechnung, was
der Vermieter ihm mit der Begrndung verwehrte, es handele sich dabei um eine private Unterlage.4)
1) Zitiert nach juris.
2) Orientierungssatz nach juris.
3) Fr Heizkosten setzte er 320,79 qm, fr kalte Betriebskosten 313,29 qm
und fr die Kosten der Gemeinschaftsantenne wiederum eine andere
Gre an, a. a. O., Rdn. 21.
4) Aa. O., Rdn.19.
ZMR 2012, 340
Stellwaag, Anspruch des Mieters auf Vorlage einer vom Vermieter erstellten Flchenberechnung
Das LG Berlin hat dem Mieter einen Anspruch auf Gewhrung von Einsichtnahme in diese Unterlage zugesprochen
und dazu im Wesentlichen Folgendes ausgefhrt:
Zwar ergebe sich aus § 259 Abs.1 BGB, wonach der Vermieter dem Mieter Belege vorzulegen habe, noch kein
Recht auf Einsichtnahme, weil eine vom Vermieter selbst
erstellte Unterlage kein Beleg sei.5)
Aus Sinn und Zweck dieser Regelung ergebe sich jedoch
ein solches Einsichtsrecht des Mieters. Dem Mieter stehe
ein Kontrollrecht hinsichtlich der vom Vermieter erstellten Nebenkostenabrechnung zu. Dieses Kontrollrecht liefe leer, wenn der Mieter in das Vermessungsergebnis nicht
Einsicht nehmen knne.6)
2. Stellungnahme
Die Entscheidung des LG Berlin vermag nicht zu berzeugen.7)
Dem Bedrfnis des Mieters nach einer verstndlichen Betriebskostenabrechnung trgt primr § 259 Abs.1 1. Halbsatz BGB Rechnung. Nach dieser Bestimmung muss der
Vermieter dem Mieter eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder Ausgaben enthaltende Rechnung mitteilen.
In Konkretisierung dessen verlangt der BGH fr eine formell ordnungsgeme Betriebskostenabrechnung zu
Recht, dass ein Vermieter, der fr unterschiedliche Betriebskostenarten unterschiedliche Flchen ansetzt, hierfr
eine nachvollziehbare Erklrung abgibt.8)
In diese Erklrung muss naturgem eine vom Vermieter
selbst erstellte Flchenberechnung einflieen. Dabei ist es
dem Vermieter berlassen zu entscheiden, in welcher Art
und Weise er seine Flchenberechnung einbringt. Er darf
z. B. zwischen einer tabellarischen oder einer grafischen
Darstellungsweise whlen oder eine Kopie seiner Flchenberechnung beifgen.
Aus § 259 Abs.1 1. Halbsatz BGB folgt jedoch keine
Pflicht zur Vorlage des Originals seiner Flchenberechnung.
Ergnzend zu dieser Bestimmung gewhrt § 259 Abs.1 2.
Halbsatz BGB dem Mieter einen Anspruch auf Vorlage
von Belegen, soweit sie erteilt zu werden pflegen.
Ein Beleg im Sinne dieser Bestimmung ist eine von einem
Dritten erstellt Unterlage. Dies ergibt sich bereits daraus,
dass der Gesetzestext den Begriff „Beleg“ mit dem Begriff
„erteilt“ verbindet. Man kann sich selbst keinen Beleg erteilen, dies vermag nur ein Dritter zu tun. Ergnzend kann
der Aspekt herangezogen werden, dass sich der Begriff
„Beleg“ nach seiner natrlichen Wortbedeutung auf eine
Quittung fr erworbene Gegenstnde oder erbrachte Leistungen bezieht, worauf das LG Berlin hinweist.9) Aus dem
Wortlaut dieser Bestimmung lsst sich mithin kein Anspruch des Mieters auf Vorlage von Unterlagen ableiten,
die der Vermieter selbst erstellt hat.
Fraglich ist jedoch, ob sich im Wege der Auslegung des
§ 259 Abs.1 2. Halbsatz BGB ein derartiger Anspruch des
Mieters begrnden lsst.
Sinn und Zweck der Belegberlassungspflicht des Vermieters ist es, dem Mieter dieselbe Erkenntnisquellen zugnglich zu machen, die der Vermieter hat. Dieser Gesichtspunkt fhrt noch nicht zu einer Vorlagepflicht der in
Rede stehenden Art.
In Verbindung mit einer Billigkeitserwgung lsst sich diese Regelung weiter auslegen. Es wre unbillig, dem Mieter
die Einsicht in solche Unterlagen zu verweigern, die der
Vermieter zwar selbst erstellt hat, die aber zumindest auch
zur Vorlage an einen Dritten bestimmt sind (z. B. Bauzeichnungen, die ein Architekt, der zugleich Vermieter ist,
fr ein Wohnobjekt erstellt hat und die zur Vorlage an eine
Bauordnungsbehrde bestimmt sind). Der Mieter darf insoweit nicht schlechter gestellt werden als ein Dritter.
Zumindest im vorliegenden Fall liegen keine Anhaltspunkte fr einen solchen Fall vor, so dass sich aus diesem Gedanken kein Vorlageanspruch des Mieters herleiten lsst.
Sonstige Aspekte, die dafr sprechen, dass der Mieter ein
schutzwrdiges Informationsbedrfnis hat, das ber die
Erteilung einer formell ordnungsgemen Abrechnung hinaus geht, liegen nicht vor. Ein signifikanter Unterschied
zwischen Vorlage der Flchenberechnung und einer inhaltsgleichen Darstellung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung besteht nmlich nicht. Es wre bertrieben,
vom Vermieter zu verlangen, zustzlich zu einer verstndlichen Herleitung der von ihm angesetzten Flchengren
in der Betriebskostenabrechnung nachtrglich noch die
von ihm erstellte Unterlage vorzulegen.
Nach alledem steht dem Mieter kein Anspruch auf Vorlage der vom Vermieter selbst erstellten Flchenberechnung
zu.
5)
6)
7)
8)
Aa. O., Rdn. 22.
Aa. O., Rdn. 23.
A. A. Kreuzau, Info M 2011, 163.
Urteil vom 8.12.2010 … VIII ZR 27/10 …, Rdn.10, zitiert nach
www.bundesgerichtshof.de; Kreuzau, a. a. O. (Fn. 7)
9) Aa. O. (Fn.1), Rdn. 22.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
ZMR 2012, 341
Rechtsprechung
Entscheidungen ohne zustzlichen Hinweis sind rechtskrftig. Leitstze ohne besonderen Vermerk stammen von
den jeweiligen Gerichten.
Miet- und Pachtrecht
Heizkostenabrechnung; verbrauchter Brennstoff im
Abrechnungsjahr
1. BGB § 556 Abs. 3; HeizKV §§ 7 Abs. 2, 12 Abs.1:
Ein Vermieter ist verpflichtet, die Heizkosten nach
dem im Abrechnungszeitraum verbrauchten Brennstoff
abzurechnen. Werden diese Kosten auf der Grundlage
der im jeweiligen Kalenderjahr an den Energieversorger
geleisteten Zahlungen errechnet, ist die Abrechnung insoweit inhaltlich unrichtig. Ein solcher inhaltlicher
Mangel der Abrechnung kann nicht durch eine Krzung der geltend gemachten Heizkostenforderung ausgeglichen werden.
BGH, Urteil vom 1.2.2012
VIII ZR 156/11
Sachverhalt:
Die Beklagten sind seit dem Jahr 2005 Mieter einer im Eigentum einer Erbengemeinschaft stehenden Wohnung in K.
Im Mietvertrag vom 3.1.2005 sind einheitliche Vorauszahlungen fr Heizkosten und sonstige Betriebskosten festgelegt. Die den Beklagten fr das
Kalenderjahr 2007 bermittelte Betriebskostenabrechnung vom 17.11.2008
weist Heizkosten i. H. v. 2421,59 . und einen Abrechnungssaldo zugunsten der Klgerin i. H. v. 1085,89 . aus.
Mit der Betriebskostenabrechnung vom 26.10.2009 fr das Kalenderjahr
2008 werden Heizkosten i. H. v. 3167,57 . berechnet; die Abrechnung
weist einen Abrechnungssaldo zugunsten der Klgerin i. H. v. 2422,39 .
aus.
Die auf die Beklagten entfallenden Heizkostenanteile wurden von der mit
der Verbrauchserfassung beauftragten T. GmbH auf der Grundlage der von
der Klgerin im jeweiligen Kalenderjahr an die M. AG (Gasversorger) geleisteten Zahlungen ermittelt. Dies beanstanden die Beklagten.
Die Klgerin macht aus ihrem von der Erbengemeinschaft abgetretenem
Recht gegen die Beklagten insgesamt 5484,46 . nebst Zinsen geltend. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus rckstndigen Mietforderungen i. H. v.
450,… ., Nachzahlungsforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen
fr die Jahre 2007 (1085,89 .) und 2008 (2422,39 .), Erstattung von Aufwendungen fr eine Einwohnermeldeamtsanfrage (8,… .) sowie Rechtsanwaltsgebhren i. H. v. insgesamt 1464,18 ..
Aus den Grnden:
A. Das Berufungsgericht hat … soweit fr das Revisionsverfahren von Interesse … im Wesentlichen ausgefhrt:
Die den Beklagten erteilten Heizkostenabrechnungen fr
die Jahre 2007 und 2008 beruhten auf dem sog. Abflussprinzip, da ihnen keine auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum der Betriebskosten (Kalenderjahr) bezogenen tatschlichen Verbrauchskosten zugrunde gelegen htten,
sondern die von dem Vermieter an den Versorger im jeweiligen … vom Kalenderjahr abweichenden … Heizzeitraum
bezahlten Gasversorgungskosten. Zwar habe der BGH entschieden, dass grundstzlich auch verbrauchsabhngige
Betriebskosten nach dem Abflussprinzip abgerechnet werden drften (Urteil vom 20.2.2008 … VIII ZR 27/07 …); dabei habe der BGH jedoch die Frage offen gelassen, ob dies
auch fr Kosten gelte, die nach den Vorschriften der Heiz-
kostenverordnung abzurechnen
30.4.2008 … VIII ZR 240/07 …).
seien
(Urteil
vom
Nach Auffassung der Kammer sei eine Abrechnung nach
dem Abflussprinzip auch bei den der Heizkostenverordnung unterfallenden Kosten nicht grundstzlich unwirksam, denn die beim Vermieter abgeflossenen Gelder stellten durchaus einen gewissen, wenn auch nicht zeitgenauen Anhaltspunkt fr den tatschlichen Verbrauch der
Mieter dar. Auch orientierten sich die den Mietern in
Rechnung gestellten Kosten an deren Verbrauch im jeweiligen Vorjahr, sodass den Beklagten im Streitfall ihr eigenes Verbrauchsverhalten indirekt zugute komme. Da eine
derartige Abrechnung jedoch nicht auf der vom Gesetzgeber geforderten wirklichen Verbrauchserfassung beruhe
und ein Ausnahmetatbestand der Heizkostenverordnung
nicht vorliege, msse sich die Klgerin … auf der Grundlage der vom AG zutreffend ermittelten, von der Berechnung der Klgerin abweichenden Ausgangswerte von
2283,83 . (2007) und 3361,15 . (2008) … gem § 12
HeizKV Abzge von jeweils 15 % (= 342,57 . fr das Jahr
2007 und 504,17 . fr das Jahr 2008) der jeweils gegenber den Beklagten abgerechneten Betrge gefallen lassen.
B. I. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klrung
der Frage zugelassen, ob Heizkosten ebenso wie Wasserkosten nach dem sog. Abflussprinzip abgerechnet werden
knnen und welche Auswirkungen das auf ihre Geltendmachung hat. Diese Frage ist allein fr die zwischen den
Parteien umstrittenen Heizkosten und den hierauf entfallenden Anteil der vorgerichtlichen Anwaltskosten von Bedeutung.
II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind
die von der Klgerin den Beklagten formell ordnungsgem erteilten Betriebskostenabrechnungen fr die Jahre
2007 und 2008 hinsichtlich der dort ausgewiesenen Heizkosten inhaltlich unrichtig, da die abgerechneten Heizkosten entgegen § 7 Abs. 2 HeizKV nicht auf der Grundlage
der Kosten des im jeweiligen Abrechnungszeitraums verbrauchten Brennstoffs, sondern nach den im betreffenden
Kalenderjahr von der Klgerin an den Gasversorger geleisteten Zahlungen ermittelt wurden. Eine Krzung der Heizkosten gem § 12 Abs.1 HeizKV ist nicht geeignet, diesen inhaltlichen Abrechnungsmangel auszugleichen.
1. Allerdings hat der Senat entschieden, dass der Vermieter grundstzlich auch verbrauchsabhngige „kalte“ Betriebskosten nach dem Abflussprinzip (= Umlage der Kosten, mit denen der Vermieter selbst im Abrechnungszeitraum belastet wird) abrechnen darf, weil ihn die §§ 556 ff.
BGB nicht auf die Abrechnung nach dem Leistungsprinzip (= Umlage der Kosten, die fr den jeweiligen Abrechnungszeitraum tatschlich angefallen sind) festlegen (Senatsurteile vom 20.2.2008 … VIII ZR 27/07 …, NJW 2008,
1801 Rdn.15 ff.; … VIII ZR 49/07 …, NJW 2008, 1300
Rdn.18 ff.).
In einer spteren Entscheidung, die eine gegenber dem
abgerechneten Kalenderjahr lediglich zeitlich verschobene, aber dennoch nach dem tatschlichen Verbrauch im
Abrechnungszeitraum ermittelte Heizkostenabrechnung
ZMR 2012, 342
zum Gegenstand hatte, hat der Senat offen gelassen, ob
auch Heizkosten nach dem Abflussprinzip abgerechnet
werden drfen (Senatsurteil vom 30.4.2008 … VIII ZR 240/
07 …, NJW 2008, 2328 Rdn.16). Dies ist zu verneinen.
Im Gegensatz zu den verbrauchsabhngigen „kalten“ Betriebskosten gibt es hinsichtlich der Heizkosten eine gesetzliche Regelung, die den Vermieter verpflichtet, diese
Kosten nach dem im Abrechnungszeitraum verbrauchten
Brennstoff abzurechnen. Gem § 7 Abs. 2 HeizKV sind
Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage einschlielich der Abgasanlage insbesondere „die Kosten der
verbrauchten Brennstoffe“. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass nur die Kosten des im Abrechnungszeitraum
tatschlich verbrauchten Brennstoffs abgerechnet werden
knnen. Dem wird eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip nicht gerecht (Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht,
10. Aufl., § 6 HeizKV Rdn. 21; Sternel, Mietrecht aktuell,
4. Aufl., Rdn. V 326; a. A. Schmid, DWW 2008, 162 [163]).
2. Da die Klgerin die in die Betriebskostenabrechnungen
fr die Kalenderjahre 2007 und 2008 eingestellten Heizkosten entgegen § 7 Abs. 2 HeizKV nicht nach dem tatschlichen Gasverbrauch im jeweiligen Abrechnungszeitraum, sondern auf der Grundlage der im jeweiligen Kalenderjahr an den Energieversorger geleisteten Zahlungen errechnet hat, sind diese Abrechnungen insoweit inhaltlich
unrichtig. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
kann dieser inhaltliche Mangel der Abrechnungen nicht
durch eine Krzung der geltend gemachten Heizkostenforderungen nach § 12 Abs.1 HeizKV ausgeglichen werden.
Denn die Vorschrift setzt voraus, dass die Kosten der im
Abrechnungszeitraum verbrauchten Brennstoffe ermittelt
und umgelegt werden. Daran fehlt es … wie dargelegt … im
Streitfall.
3. Da die Betriebskostenabrechnungen der Klgerin fr
die Jahre 2007 und 2008 nach allem inhaltlich fehlerhaft
sind, kann die Klgerin gegen die Beklagten derzeit keine
Nachzahlungsansprche geltend machen, da nach Abzug
der fr die Heizkosten angesetzten Betrge jeweils kein
Saldo zugunsten der Klgerin mehr besteht. Dies schliet
auf den Saldo der bisherigen Abrechnungen begrenzte
Nachzahlungsansprche der Klgerin nicht aus, falls es ihr
gelingt, fr die genannten Abrechnungsjahre … ggf. aufgrund einer sachgerechten Schtzung … nachtrglich eine
Abrechnung nach dem Leistungsprinzip vorzulegen, da
die den Beklagten jeweils innerhalb der Abrechnungsfrist
des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB mitgeteilten Betriebskostenabrechnungen den formellen Anforderungen an ihre Prffhigkeit gengen (Senatsurteile vom 17.11.2004 … VIII ZR
115/04 …, NJW 2005, 219 unter II 2; vom 12.12.2007 …
VIII ZR 190/06 …, NJW 2008, 1150 Rdn.13 f.).
Anmerkung:
1. Der BGH fhrt mit dieser Entscheidung seine Gratwanderung oder seinen Zick-Zack-Kurs zwischen Einfachheit
der Abrechnung und Abrechnungsgerechtigkeit weiter.
Whrend fr die Wasserkosten eine Abrechnung nach
dem Abflussprinzip zugelassen wird,1) soll das fr die
Heizkosten nicht gelten.
Bereits frher2) hat der BGH entschieden, dass sich der
Zeitraum der Verbrauchserfassung nicht mit dem Abrech-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
nungszeitraum decken muss. Kombiniert man das mit der
nunmehrigen Entscheidung, so ist bei der Kostenverteilung nach der HeizkV zwar das Zeitabgrenzungsprinzip
anzuwenden, das Ergebnis dieser Kostenverteilung kann
aber in eine Jahresabrechnung auch dann eingestellt werden, wenn das Heizkostenjahr nicht mit dem Abrechnungsjahr fr die HeizkV identisch ist. Begrndung:3) Abflussprinzip!
2. Hier zeigen sich bereits Verwerfungen. Auerdem regelt die HeizkV entgegen ihrer unzutreffenden Bezeichnung weder die Abrechnung noch den Abrechnungszeitraum, sondern nach dem Einleitungssatz von § 1 Abs.1
HeizkV die Verteilung der Kosten;4) Es gelten auch im Anwendungsbereich der HeizkV die allgemeinen Abrechnungsgrundstze fr das jeweilige Nutzungsverhltnis.5) Es
kann deshalb nicht angenommen werden, dass mit dem
Wort „verbrauchten“ die Abrechnungsmethode festgelegt
werden sollte.6)
3. Mit dem bloen Abstellen auf den Wortlaut „verbrauchten“ macht es sich auch der BGH auch noch aus
einem anderen Grunde zu einfach. Nach § 2 Nr. 2 BetrKV
drfen zwingend (§ 556 Abs. 4, Abs.1 BGB) nur die Kosten
des Wasserverbrauches umgelegt werden. Es bedarf schon
des „mit den einschlgigen Rechtsvorschriften vertrauten
Mieters“7) um den feinsinnigen Unterschied zwischen dem
Wasserverbrauch (§ 2 Nr. 2 BetrKV … Abflussprinzip zulssig“)8) und den verbrauchten Brennstoffen (§ 2 Nr. 4
Buchst. a) BetrKV, § 7 Abs. 2 HeizkV … Abflussprinzip unzulssig) zu verstehen. Der mit den Rechtsvorschriften vertraute Mieter9) wird mehr an Bedeutung gewinnen. Das Erfordernis der Verstndlichkeit der Abrechnung fr den
„juristisch und betriebswirtschaftlich nicht vorgebildeten
Mieter“10) tritt zurck. Das gilt spiegelbildlich auch fr
den Vermieter. Warum bleibt man dann bei Leerformeln,11) statt sich auf Minimalanforderungen fr die Abrechnung12) zurckzuziehen und in deren Rahmen besonderen gesetzlichen Vorschriften Rechnung zu tragen?
Auch beim Abflussprinzip wird ber die verbrauchten
Brennstoffe abgerechnet, wenn auch zeitlich verschoben.13)
4. Der Ausschluss des Abflussprinzips hat zur Folge, dass
die Abrechnungen der Versorger auf den Abrechnungszeitraum in der Mieterabrechnung verteilt werden mssen.
Die vom BGH14) fr andere Mietnebenkosten zugelassene
Vereinfachung, dass der Vermieter eine Parallelitt der Abrechnungszeitrume nicht herstellen muss, entfllt. Ein
Beispiel fr die Abrechnung bei verschiedenen Abrech1)
2)
3)
4)
5)
BGH, NJW 2008, 1300 = NZM 2008, 277; ZMR 2008, 444.
BGH, NJW 2008, 2328.
BGH, NJW 2008, 2328.
Schmid, CuR 2011, 153 [154].
Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 6256;
ders., GE 1012, 165 [167].
6) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 6261;
ders., CuR 2011, 153 [154]; a. A. Derckx, NZM 2008, 394 [395]; noch
offen gelassen von BGH, NJW 2008, 853 = GE 2008, 853.
7) BGH, IMR 2012, 57 und hierzu Paschke, GE 2008, 77.
8) BGH, NJW 2008, 1300 = NZM 2008, 277.
9) BGH, IMR 2012, 57.
10) BGH, NJW 2005, 219.
11) Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl., 2011, Rdn. 3206.
12) Schmid, NZM 2010, 264 [266].
13) Kinne, GE 2011, 856; Schmid, CuR 2011, 153 [154].
14) BGH, NJW 2008, 2328.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
nungszeitrumen von Versorger und Vermieter findet sich
bei Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 12. Aufl.,
2011, Rdn. 8009.
5. Wenig przise ist die Entscheidung zur Umlegung der
nicht in jedem Jahr anfallenden Kosten, insbesondere der
Eichkosten, und zu solchen Kosten, die regelmig erst
im nchsten Jahr anfallen, insbesondere die Kosten der
Messdienste. Eichkosten bzw. Austauschkosten sind bei
Anwendung des Leistungsprinzips auf die Dauer der Gltigkeit der Eichung gleichmig auf die Abrechnungszeitrume zu verteilen.15) Entsprechendes gilt fr die Kosten
der Tankreinigung.16) Wendet man dagegen das Leistungsprinzip an, knnen die Kosten in dem Jahr, in dem sie anfallen umgelegt werden.
Heizkosten knnen nach dem Leitsatz nicht nach dem
Abflussprinzip, sondern nur unter Ansatz des im Abrechnungszeitraum verbrauchten Brennstoffs abgerechnet werden. Soll das nun bedeuten, dass das Abflussprinzip nur
fr die Brennstoffe aufgeschlossen ist oder auch fr alle
anderen Kosten die nach der HeizkV zu verteilen sind?
Auch die Entscheidungsgrnde geben nicht viel mehr Aufschluss, deuten aber darauf hin, dass der BGH eine Heizkostenabrechnung nach dem Abflussprinzip generell fr
unzulssig hlt, wenn er ausfhrt, dass eine Abrechnung
nach dem Abflussprinzip einer Abrechnung der Kosten
der verbrauchten Brennstoffe nicht gerecht wird. Allerdings hat es BGH in einer anderen Entscheidung17) ausdrcklich zugelassen, dass in der gleichen Abrechnung fr
eine Kostenart das Abflussprinzip und fr eine andere das
Leistungsprinzip angewendet wird. Immerhin findet sich
das Wort „verbrauchte“ nur bei den Brennstoffkosten.
6. Im Ergebnis zutreffend judiziert der BGH, dass kein
Krzungsrecht nach § 12 Abs.1 HeizkV besteht. Der Ansatz falscher Zahlen ist keine Abrechnung entgegen der
Vorschriften der HeizkV, weil eben die HeizkostenV auch
entgegen dem Wortlaut des § 12 HeizkV nicht die Abrechnung, sondern die Kostenverteilung regelt.18) Wrde man
§ 12 Abs.1 HeizkV auf die Abrechnung als solche beziehen und wie der BGH dem § 7 HeizkV ein Verbot der Abrechnung nach dem Abflussprinzip entnehmen, lge eine
Abrechnung entgegen den Vorschriften der HeizkV vor
und man kme zu einem Krzungsrecht. Das Krzungsrecht wrde allerdings dann daran scheitern, weil die vom
BGH eingerumte Mglichkeit der Berichtigung dem
Krzungsrecht vorgeht.19)
7. Nicht befassen musste sich der BGH mit der Frage einer
Heizkostenabrechnung auerhalb der HeizkV. Soweit die
BetrKV Anwendung findet, gelten die vom BGH postulierten Grundstze auch hier, da nicht nur § 7 HeizkV, sondern auch § 2 Nr. 4 BetrKV von den verbrauchten Brennstoffen spricht. Sollten jedoch weder die HeizkV noch die
BetrKV zwingend anwendbar sein, besteht keine Grund,
das Abflussprinzip nicht zuzulassen, es sei denn es besteht
eine anderweitige Vereinbarung,20), die auch in einer Bezugnahme auf die HeizkV oder BetrKV liegen kann.
8. Schlielich ist noch darauf einzugehen, dass sich der
BGH ganz beilufig, in Parenthese, ohne Not und als obiter dictum darauf festlegt, dass gegebenenfalls eine Schtzung erfolgen kann.21) Leider uert sich der BGH nicht
dazu, unter welchen Voraussetzungen und auf welchen
Grundlagen eine solche Schtzung zulssig ist.22) Er ver-
ZMR 2012, 343
langt lediglich eine „sachgerechte“ Schtzung. Gilt diese
Schtzungsmglichkeit generell statt einer genauen Aufteilung23) oder nur wenn sich eine genaue Aufteilung wegen
vorangegangener falscher Abrechnungsmethode nicht
mehr darstellen lsst? M. E. kann dem Vermieter das Risiko eines richtigen Vorgehens nicht durch die Zulassung
von Schtzungen abgenommen werden.
9. Fazit: Man mag zur generellen Zulssigkeit der Abrechnung nach dem Abflussprinzip stehen, wie man will. Auf
der Grundlage einer solchen generellen Zulssigkeit des
Abflussprinzips vermag die Entscheidung jedenfalls nicht
zu berzeugen. Ein Hinweis auf § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB
kann gegen eine Abrechnung der Heizkosten nach dem
Abflussprinzip nicht ins Feld gefhrt werden.24) Mit dieser
Argumentation wrde jede Abrechnung nach dem Abflussprinzip ausgeschlossen.25)
Bis alle Einzelheiten durch weitere zu erwartende Entscheidungen des BGH geklrt sein werden, drften die
Vermieter auf der sichereren Seite sein, wenn sie die Heizkostenabrechnung insgesamt nach dem Abflussprinzip erstellen.
10. Annex: Der V. Zivilsenat hat sich fr eine Abrechnung innerhalb einer Wohnungseigentmergemeinschaft
der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats im Wesentlichen
angeschlossen und verlangt fr die Einzelabrechnungen
die Verteilung der Kosten des im Abrechnungszeitraum
tatschlich verbrauchten Brennstoffs.26) Interessant ist allerdings, dass der V. Zivilsenat vom Verwalter aus Grnden der bersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit eine
Erluterung des Verhltnisses der Einzelabrechnung zur
Gesamtabrechnung verlangt. Auch wenn bei einer Abrechnung innerhalb einer Wohnungseigentmergemeinschaft
gegenber dem Mietrecht zustzliche Schwierigkeiten bestehen, wendet der Verwalter doch auch hier nur das Gesetz an, womit wir wieder beim juristisch nicht vorgebildeten oder mit den einschlgigen Rechtsvorschriften vertrauten Abrechnungsempfnger wren.
Dr. Michael J. Schmid, weiland Richter am BayObLG,
Mnchen
15)
16)
17)
18)
19)
20)
21)
22)
23)
24)
25)
26)
LG Berlin, GE 2003, 121; Wall, WuM 1988, 67.
Wall, WuM 2006, 21 [22].
NJW 2008, 2328.
Oben 2.
BGH, ZMR 2008, 885.
BGH, NJW 2008, 1300 = NZM 2008, 277.
Grozgig mit der Zulassung von Schtzungen bei der Heizkostenabrechnung bereits BGH, ZMR 2006, 122 m. insoweit abl. Anm. Schmid,
ZMR 2006, 348.
Vgl. hierzu generell Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten,
12. Aufl., 2011, Rdn.1154 ff.
Oben 4.
So jedoch Lammel, WuM 2011, 614.
Schmid, CuR 2011, 153 [154]; ders., GE 1012, 165 [167].
BGH, Urteil vom 17.2.2012 … V ZR 251/10 …, BGH-Pressemitteilung
Nr. 25/2012.
ZMR 2012, 344
Kndigungsverzicht
2. BGB §§ 557 a Abs. 3, 573 c:
Zur Auslegung eines befristeten Kndigungsverzichts
in einem Wohnraummietvertrag.
BGH, Urteil vom 23.11.2011
VIII ZR 120/11
Sachverhalt:
Die Beklagte mietete fr die Tochter des Geschftsfhrers ihrer persnlich
haftenden Gesellschafterin eine Wohnung der Klgerin in Kln.
Ziffer 3 des Vertrages vom 26.10.2007 lautet:
„3. Mietzeit: Ab dem 1.11.2007 Unbefristet: Die Parteien verzichten
wechselseitig fr die Dauer von drei Jahren auf ihr Recht zur Kndigung! Eine Kndigung ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraumes von
drei Jahren mit der gesetzlichen Frist zulssig, also ab dem 30.10.2010
zum 1.1.2011 mglich!“
Ziffer 4 des Mietvertrages enthlt zur Hhe der Miete eine Staffelmietvereinbarung. Die Beklagte kndigte das Mietverhltnis mit Schreiben vom
11.12.2008 zum 31.12.2008. Die Klgerin widersprach der Kndigung unter
Hinweis auf die Vereinbarung in Ziffer 3 des Mietvertrages. Sie erhielt die
Schlssel am 18.5.2009 von der Beklagten zurck und vermietete die Wohnung zum 1.10.2009 anderweitig.
Mit ihrer Klage begehrt die Klgerin Zahlung der Miete fr die Monate
Januar bis einschlielich Juni 2009 i. H. v. insgesamt 4956,… . nebst Zinsen.
Aus den Grnden:
Es ist Ziffer 3 des Mietvertrages nicht gem § 307 BGB
unwirksam. Die Kndigung der Beklagten hat das Mietverhltnis nicht vorzeitig zum 31.3.2009 beendet.
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es
sich bei der Regelung in Ziffer 3 des Mietvertrages um eine
Formularklausel handelt.
2. Es ist ein beiderseitiger, zeitlich begrenzter Kndigungsausschluss in einem Formularmietvertrag ber
Wohnraum grundstzlich zulssig; in der Regel unwirksam ist er nur dann, wenn seine Dauer mehr als vier Jahre
betrgt (Senatsurteile vom 6.4.2005 … VIII ZR 27/04 …,
ZMR 2005, 443 [446] = NJW 2005, 1574 unter II 1; vom
8.12.2010 … VIII ZR 86/10 …, ZMR 2011, 364[365] = NJW
2011, 597 Rdn.11 f.). Diese zeitliche Obergrenze besteht
auch fr einen Ausschluss des Kndigungsrechts des Mieters in einem Staffelmietvertrag (§ 557 a Abs. 3 Satz 1
BGB). Ein solcher Kndigungsausschluss zu Lasten des
Mieters kann auch in Allgemeinen Geschftsbedingungen
eines Staffelmietvertrages vereinbart werden (st. Rspr.; Senatsurteile vom 23.11.2005 … VIII ZR 154/04 …, ZMR
2006, 262 [266] = NJW 2006, 1056 Rdn.13; vom
25.1.2006 … VIII ZR 3/05 …, ZMR 2006, 270 [272] = NJW
2006, 1059 Rdn.19, m. w. Nachw.; vom 3.5.2006 … VIII ZR
243/05 …, WuM 2006, 385 Rdn.11). Die zeitliche Obergrenze von vier Jahren fr einen Kndigungsausschluss
wird in Ziffer 3 des Mietvertrages nicht berschritten.
3. Der formularmige Kndigungsausschluss in Ziffer 3
des Mietvertrages ist auch nicht aus anderen Grnden unwirksam.
Aus der Sicht eines verstndigen, juristisch nicht vorgebildeten Mieters ist Ziffer 3 des Mietvertrages nicht mehrdeutig. Die Klausel schliet lediglich das Recht beider Parteien zur ordentlichen Kndigung fr die Dauer von drei
Jahren aus.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
a) Hierfr spricht bereits, dass in Satz 2 der Klausel fr die
Zeit nach Ablauf von drei Jahren ausdrcklich die Kndigung „mit gesetzlicher Frist“ … also die ordentliche Kndigung … geregelt ist. Schon daraus ist herzuleiten, dass die
Regelung in Ziffer 3 des Mietvertrages insgesamt nur den
vorbergehenden Ausschluss des Rechts zur ordentlichen
Kndigung zum Gegenstand hat. Die Auffassung, die Regelung in Satz 2 der Klausel knne auch dahin verstanden
werden, dass nach Ablauf von drei Jahren „nur“ eine ordentliche Kndigung mglich sein solle, eine auerordentliche Kndigung dagegen auch nach Ablauf von drei Jahren unzulssig sei, ist fernliegend.
b) Darber hinaus hat das Berufungsgericht nicht beachtet, dass Ziffer 3 des Mietvertrages im Zusammenhang mit
der zulssigen Staffelmietvereinbarung in Ziffer 4 des
Mietvertrages zu wrdigen ist. Auch die gesetzliche Regelung in § 557 a Abs. 3 BGB, nach der bei einer Staffelmietvereinbarung „das Kndigungsrecht“ des Mieters fr
hchstens vier Jahre ausgeschlossen werden kann, bezieht
sich … trotz ihrer weiten sprachlichen Formulierung … unzweifelhaft nur auf die ordentliche Kndigung. Der Senat
hat bereits entschieden, dass Kndigungsausschlussklauseln in Staffelmietvertrgen, die ebenso wie § 557 a Abs. 3
BGB nur allgemein vom Kndigungsrecht sprechen, im
Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung auszulegen sind
(Senatsurteile vom 23.11.2005 … VIII ZR 154/04 …, a. a. O.,
Rdn. 8 ff.; vom 25.1.2006, a. a. O., Rdn.13 ff.). Fr die vorliegende Klausel gilt nichts anderes. Ziffer 3 des Mietvertrages hat daher nur den auf drei Jahre (zuzglich der dreimonatigen Kndigungsfrist) beschrnkten Ausschluss des
Rechts zur ordentlichen Kndigung zum Gegenstand und
ist deshalb wirksam.
Abrechnungseinheit
3. BGB § 556:
Die Frage, ob der Vermieter bei einer Betriebskostenabrechnung mehrere Gebude zu einer Abrechnungseinheit zusammenfassen durfte, betrifft nicht die formelle
Wirksamkeit, sondern die materielle Richtigkeit.
BGH, Beschluss vom 22.11.2011
VIII ZR 228/11
Aus den Grnden:
Der Klgerin stehen die geltend gemachten Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen fr die Jahre
2004 bis 2006 zu.
a) Die Frage, ob der Vermieter bei einer Betriebskostenabrechnung mehrere Gebude zu einer Abrechnungseinheit
zusammenfassen durfte, betrifft nicht die formelle Wirksamkeit, sondern die materielle Richtigkeit. Die an eine
Abrechnung in formeller Hinsicht zu stellenden Mindestanforderungen gebieten es nicht, dass die der Abrechnung
zugrunde gelegte Abrechnungseinheit durch nhere Bezeichnung der davon umfassten Gebude erlutert wird
(zu den in formeller Hinsicht an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden Anforderungen vgl. nur Senatsurteile vom 11.8.2010 … VIII ZR 45/10 …, ZMR 2011, 26 [27]
= NJW 2010, 3363 Rdn.10; vom 19.11.2008 … VIII ZR
295/07 …, NZM 2009, 78 Rdn. 21; vom 28.5.2008 … VIII
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
ZR 261/07 …, ZMR 2008, 777 [779] = NJW 2008, 2260
Rdn.10; vom 9.4.2008 … VIII ZR 84/07 …, NJW 2008, 2258
Rdn.15).
b) Der Mietvertrag enthlt keine stillschweigende Abrede
dahin, dass die Abrechnung gebudebezogen (allein auf
das Gebude B.) zu erfolgen habe. Ferner ist es nicht zu
beanstanden, dass durch die Zusammenfassung der einheitlich bewirtschafteten Gebude B. zu einer Abrechnungseinheit, den Beklagten keine greifbaren und unzumutbaren Nachteile entstnden und auch billigem Ermessen entspreche. Anhaltspunkte dafr, dass sich durch die
von der Klgerin gewhlte Abrechnungseinheit fr die Beklagten im Ergebnis eine ins Gewicht fallende erhhte Belastung mit Nebenkosten ergeben knnte, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.
Heizkostenabrechnung ohne Erluterung
4. BGB § 556:
Dass die Ermittlung der Wrmekosten ohne Kenntnis
dieser Vorschriften kaum verstndlich ist und die Vorschriften der Heizkostenverordnung dem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Mieter regelmig
nicht bekannt sind, kann nicht dem Vermieter angelastet werden. Eine Pflicht, diese Vorschriften mitzuteilen
oder zu erlutern, trifft den Vermieter nicht.
BGH, Urteil vom 26.10.2011
VIII ZR 270/10
Sachverhalt:
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klgerin in P. Die Klgerin
macht Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen fr die Jahre
2003/2004 bis 2006/2007 geltend.
Die Beklagten halten die Abrechnungen der Klgerin aus formellen Grnden fr unwirksam. Sie beanstanden zum einen, dass die Klgerin die (gesondert ausgewiesenen) Kosten fr Kaltwasser und Entwsserung zusammen mit den Kosten fr Heizung und Warmwasser abgerechnet hat und
nicht mit den brigen (kalten) Betriebskosten. Ferner seien die Verteilerschlssel bei der Ermittlung des Energieanteils fr die Warmwasserkosten
nicht ausreichend erlutert und die Berechnung der Warmwasserkosten
deshalb nicht nachvollziehbar und unwirksam.
Die Klgerin hat Zahlung von 1169,53 . nebst Zinsen begehrt.
Aus den Grnden:
I. Als Berufungsgericht hat das LG Itzehoe (ZMR 2011,
214) entschieden.
II. 1. Die Beklagten schulden der Klgerin den aus der
Abrechnung 2006/2007 ersichtlichen Nachzahlungsbetrag. Die angesetzten Kostenpositionen stehen zwischen
den Parteien nicht im Streit. Die Abrechnung ist auch
nicht aus formellen Grnden … etwa wegen einer unzulssigen „einseitigen Abnderung einer vertraglich vereinbarten Abrechnungsstruktur“ … unwirksam.
Es luft die Frage, ob die … einzeln ausgewiesenen … Kosten fr Kaltwasser und Entwsserung zusammen mit den
Heizkosten oder zusammen mit den brigen Betriebskosten abgerechnet werden, auf ein „Nullsummenspiel“ heraus, weil sich die Summe der von den Beklagten zu tragenden Betriebskosten dadurch nicht ndert. Auch auf die
Nachvollziehbarkeit der Abrechnung dieser Kosten hat es
keinen Einfluss, ob sie in dem einen oder anderen „Abrechnungskreis“ eingestellt sind. Schon deshalb wre die
ZMR 2012, 345
Beanstandung, dass die Kaltwasserkosten im „falschen Abrechnungskreis“ aufgefhrt sind, eine leere und deshalb
unbeachtliche Frmelei (vgl. auch Senatsurteil vom
16.4.2008 … VIII ZR 75/07 …, ZMR 2008, 702 [704] = NJW
2008, 2105 Rdn. 20). Ob mit der im Mietvertrag vorgenommenen Ausweisung gesonderter Vorauszahlungen fr
Heizkosten einerseits und sonstige Betriebskosten andererseits berhaupt eine verbindliche Festlegung auf „Abrechnungskreise“ erfolgt ist, bedarf deshalb keiner nheren Errterung.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Heizkostenabrechnungen fr die Jahre 2003/2004 bis 2005/
2006 als unwirksam angesehen. Das Berufungsgericht
berspannt die Anforderungen, die an die Darstellung der
Ermittlung der Warmwasserkosten im Rahmen der Heizkostenabrechnung zu stellen sind.
Die Abrechnungen der Klgerin enthalten smtliche Einzeldaten, die erforderlich sind, um anhand der Vorschriften der Heizkostenverordnung die Wrmekosten korrekt
in Heizkosten und Warmwasserkosten aufzuteilen. Dass
die Ermittlung der Wrmekosten ohne Kenntnis dieser
Vorschriften kaum verstndlich ist und die Vorschriften
der Heizkostenverordnung dem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Mieter regelmig nicht bekannt
sind, kann nicht dem Vermieter angelastet werden. Der
Vermieter hat eine Heizkostenabrechnung zu erstellen,
die den Anforderungen der Heizkostenverordnung entspricht. Eine Pflicht, diese Vorschriften mitzuteilen oder
zu erlutern, trifft ihn hingegen nicht. Nach der Rechtsprechung des Senats gengt es fr eine formell wirksame
Abrechnung im Bereich der Heizkostenverordnung, wenn
ein mit den einschlgigen Rechtsvorschriften vertrauter
Mieter anhand der mitgeteilten Faktoren die vorgenommene Abrechnung nachprfen kann (Senatsurteile vom
20.7.2005 … VIII ZR 371/04 …, ZMR 2005, 937 [939] =
NJW 2005, 3135 unter II 2 c; vom 25.11.2009 … VIII ZR
322/08 …, NJW 2010, 2053 Rdn.13 bis 15). Dies gilt nicht
nur fr den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 9
Abs. 2 HeizKV, sondern generell fr die Heizkostenverordnung. Deshalb ist es unschdlich, dass die Klgerin in ihrer Abrechnung nicht erlutert hat, dass sie die nur auf die
Warmwasserkosten entfallenden Kosten der Warmwasserzhler zunchst von den Gesamtkosten abgesetzt, den verbleibenden Gesamtbetrag nach dem ermittelten Prozentsatz auf Kosten fr Heizung und fr Warmwasser aufgeteilt und anschlieend die Kosten fr die Warmwasserzhler den so ermittelten Kosten fr Warmwasser wieder hinzugesetzt hat.
Eigenbedarf; fehlende Hinweise des Gerichts
5. BGB §§ 546, 573; ZPO § 531 Abs. 2:
Die fr die Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1
ZPO erforderliche Voraussetzung, dass die Rechtsansicht des Gerichts des ersten Rechtszugs den Sachvortag der Partei mit beeinflusst hat, ist (schon) dann erfllt, wenn dieses die Partei durch seine Prozessleitung
oder seine erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhltnisses davon abgehalten hat, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 19.2.2004 … III ZR 147/03 …, WPM
ZMR 2012, 346
2004, 2213 m. w. Nachw. und BGH, Urteil vom
30.6.2006 … V ZR 148/05 …, NJW-RR 2006, 1292).
Hierfr gengt es, dass das erstinstanzliche Gericht
durch das Unterlassen von Hinweisen den Eindruck erweckt, weiterer Vortrag sei aus seiner Sicht nicht erforderlich (im Anschluss an BGH, Urteil vom 14.10.2004 …
VII ZR 180/03 …, NJW-RR 2005, 213; BGH Urteil, vom
30.6.2006 … V ZR 148/05 …, NJW-RR 2006, 1292 und
BGH, Beschluss vom 22.2.2007 … III ZR 114/06 …, NJWRR 2007, 774).
BGH, Urteil vom 21.12.2011
VIII ZR 166/11
Sachverhalt:
Die Klgerin ist Mieterin einer Vier-Zimmer-Wohnung des Beklagten in
Berlin. Sie bewohnt die Rumlichkeiten zusammen mit ihrem Ehemann
(Drittwiderbeklagter) und zwei Kindern. Der Beklagte, der Mitte September 2008 umfangreiche, aber im Einzelnen nicht nher beschriebene Sanierungsarbeiten am Mietobjekt angekndigt hatte, lie in der Folgezeit auf
die Auenfassade des Gebudes eine etwa zehn Zentimeter dicke Wrmedmmung aufbringen und setzte vor die vier hofseitig gelegenen Fenster
der Wohnung neue Fensterrahmen mit einem kleineren Querschnitt ein.
Im Zuge der Sanierungsmanahmen entfernte er auch den Sichtschutz auf
dem zu dieser Wohnung gehrenden Balkon. Die Klgerin, deren Zustimmung der Beklagte vor Durchfhrung der Arbeiten nicht eingeholt hatte,
verlangt mit ihrer Klage u. a. Wiederherstellung der bisherigen Lichtverhltnisse und des Sicht- und Windschutzes auf dem Balkon.
Der Beklagte lie mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2009 die Kndigung des
Mietverhltnisses wegen Eigenbedarfs zum 31.8.2010 erklren. Die Kndigung begrndete er mit dem Wunsch, wegen seiner angeschlagenen Gesundheit nach Berlin in die Nhe seines Bruders zurckzukehren und die
von der Klgerin und ihrer Familie genutzte Wohnung selbst zu bewohnen. Die Klgerin wies die Kndigung wegen fehlender Vorlage einer Vollmacht zurck. Mit Schreiben vom 14.12.2009 kndigte der Beklagte das
Mietverhltnis erneut wegen Eigenbedarfs. In der Folgezeit hat er Widerklage gegen die Klgerin und ihren Ehemann auf knftige Rumung und
Herausgabe der Wohnung erhoben.
Das AG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Widerklage
als unzulssig abgewiesen. Der Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt
und im Berufungsverfahren seine Widerklage nach Ablauf der Kndigungsfrist auf sofortige Rumung und Herausgabe umgestellt. Das LG hat auf
das Rechtsmittel des Beklagten der Widerklage stattgegeben und die Klage
abgewiesen.
Aus den Grnden:
Die Revision hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begrndung seiner Entscheidung, soweit fr das Revisionsverfahren von Interesse, ausgefhrt:
Die wegen Ablaufs der Kndigungsfrist nunmehr auf sofortige Rumung und Herausgabe gerichtete Widerklage
sei zulssig und begrndet. Dem Beklagten stehe gegen die
Widerbeklagten ein Anspruch aus § 546 Abs.1 BGB auf
Rumung und Herausgabe zu. Das Mietverhltnis sei mittlerweile durch die mit Schreiben vom 17.11.2009 wirksam
ausgesprochene Kndigung beendet worden. Das erstmalig im Berufungsverfahren erfolgte Bestreiten des Eigenbedarfs des Beklagten bleibe nach § 531 Abs. 2 ZPO unbercksichtigt.
II. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hlt rechtlicher
Nachprfung nicht stand.
2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begrndung
kann jedoch ein Anspruch des Beklagten auf Rumung
und Herausgabe der Wohnung nach § 546 Abs.1 BGB
nicht bejaht und demzufolge der Beseitigungsanspruch
nicht mit der Begrndung verneint werden, das Mietver-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
hltnis sei durch die auf Eigenbedarf gesttzte Kndigung
des Beklagten beendet worden. Das Berufungsgericht hat
verfahrensfehlerhaft das einen Eigenbedarf des Beklagten
bestreitende Vorbringen der Widerbeklagten nicht zugelassen.
a) Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO sind neue Angriffsund Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen rechtlichen oder tatschlichen Gesichtspunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten
Rechtszugs erkennbar bersehen oder fr unerheblich gehalten worden ist. So verhlt es sich hier.
aa) Die vom Berufungsgericht zurckgewiesenen Ausfhrungen der Widerbeklagten zum fehlenden Eigenbedarf
des Beklagten sind als neuer Vortrag zu werten. Zwar hat
die Klgerin den vom Beklagten geltend gemachten Kndigungsgrund bereits in ihrer Klageschrift als „angeblichen
Eigenbedarf“ bezeichnet. Vertieft hat sie diese Ausfhrungen in erster Instanz jedoch nicht. Vielmehr haben sie und
der Drittwiderbeklagte die zur Begrndung eines Eigenbedarfs angefhrten Umstnde erst in ihrer Berufungserwiderung im Einzelnen und damit erstmals substantiiert bestritten.
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die in § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO aufgefhrten Voraussetzungen fr die Zulassung dieses neuen Vortrags seien nicht erfllt, weil die Widerbeklagten (bewusst)
davon abgesehen htten, bereits in erster Instanz die Wirksamkeit der Eigenbedarfskndigung zu bestreiten, und der
vom erstinstanzlichen Gericht eingenommene Rechtsstandpunkt fr dieses Prozessverhalten nicht (mit-)urschlich geworden sei. Hierbei hat das Berufungsgericht die
Anforderungen an die Zulassung neuen Vorbringens nach
§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO berspannt.
(1) Es ist eine Zulassung neuen Vorbringens nach § 531
Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO nicht schon dann ausgeschlossen,
wenn eine Partei unter Versto gegen ihre Prozessfrderungspflicht (§§ 282, 277 Abs.1 ZPO) Vorbringen aus prozesstaktischen Erwgungen zurckhlt. Ein solches Verhalten begrndet zwar Nachlssigkeit i. S. von § 531 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 ZPO und schliet damit die Bercksichtigung
neuen Vortrags nach dieser Fallgruppe aus (vgl. BGH, Beschlsse vom 29.9.2009 … VI ZR 149/08 …, VersR 2009,
1683 Rdn. 3; vom 24.11.2009 … VII ZR 31/09 …, NJW
2010, 376 Rdn. 9; vom 10.6.2010 … Xa ZR 110/09 …, NJWRR 2011, 211 Rdn. 27 f.).
Im Rahmen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO kommt es
jedoch nicht darauf an, ob ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel schon in erster Instanz htte vorgebracht
werden knnen (BGH, Beschluss vom 26.6.2008 … V ZR
225/07 …, juris Rdn. 6; Urteil vom 30.6.2006 … V ZR 148/
05 …, NJW-RR 2006, 1292 Rdn.16). Denn diese Bestimmung soll verhindern, dass Prozessparteien gezwungen
werden, in der ersten Instanz vorsorglich auch solche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen, die vom
Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts unerheblich
sind (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S.101; BGH, Urteile vom
19.2.2004 … III ZR 147/03 …, WPM 2004, 2213 unter II 2 a;
vom 30.6.2006 … V ZR 148/05 …, a. a. O.; Beschluss vom
26.6.2008 … V ZR 225/07 …, a. a. O., jeweils m. w. Nachw.).
Das Berufungsgericht durfte daher unter dem Blickwinkel
des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO das erstmalige Bestreiten
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
eines Eigenbedarfs in der Berufungsinstanz nicht im Hinblick auf eine frher mgliche Geltendmachung dieses
Verteidigungsmittels zurckweisen.
(2) Es scheitert eine Bercksichtigung des neuen Verteidigungsmittels nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO auch nicht
aus anderen Grnden. Zwar kommt der Zulassungsgrund
des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO nur dann zum Tragen,
wenn der von dem neuen Vorbringen betroffene Gesichtspunkt in erster Instanz entweder von allen Verfahrensbeteiligten bersehen worden ist oder wenn das erstinstanzliche Gericht ihn fr unerheblich gehalten hat. Damit findet die genannte Vorschrift nur unter der ungeschriebenen
Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des
Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wre, (mit-)urschlich dafr geworden
ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren
verlagert (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19.2.2004 … III
ZR 147/03 …, a. a. O.; vom 23.9.2004 … VII ZR 173/03 …,
NJW-RR 2005, 167 unter III 2 b aa; vom 30.6.2006 … V ZR
148/05 …, a. a. O., Rdn.17 m. w. Nachw.; Beschluss vom
22.2.2007 … III ZR 114/06 …, NJW-RR 2007, 774 Rdn. 7;
Senatsurteil vom 29.6.2011 … VIII ZR 212/08 …, NJW
2011, 3361 Rdn. 27).
ZMR 2012, 347
eines Kndigungsgrunds ausrichten, sondern durften darauf vertrauen, dass das AG die auf knftige Rumung und
Herausgabe gerichtete Widerklage als unzulssig abweisen
werde. In zweiter Instanz hat sich die rechtliche Sicht der
Dinge verndert. Das Berufungsgericht hat die Zulssigkeit
der … zwischenzeitlich auf sofortige Rumung und Herausgabe umgestellten … Widerklage bejaht, so dass das Vorliegen eines Eigenbedarfs nun erstmals entscheidungserhebliche Bedeutung gewonnen hat. Damit liegt eine Fallkonstellation vor, in der nach der gesetzgeberischen Zielsetzung den Parteien nicht die Mglichkeit abgeschnitten
sein soll, auf eine abweichende rechtliche Beurteilung in
der Berufungsinstanz mit nunmehr erforderlich gewordenen neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln zu reagieren (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4722, a. a. O.).
Da das Bestreiten eines Eigenbedarfs des Beklagten somit
schon nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 ZPO im Berufungsverfahren zu bercksichtigen ist, kann offen bleiben, ob sich
die auf knftige Rumung und Herausgabe in Anspruch
genommenen Widerbeklagten auf den Einwand der Unzulssigkeit dieses Begehrens beschrnken durften, ohne sich
dem Vorwurf der Verletzung ihrer Prozessfrderungspflicht und damit der Nachlssigkeit i. S. von § 531 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 ZPO auszusetzen.
Diese Voraussetzung ist jedoch (schon) dann erfllt, wenn
das Gericht des ersten Rechtszugs die Partei durch seine
Prozessleitung oder seine erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhltnisses davon abgehalten hat, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen (BGH, Urteile vom 19.2.2004 … III ZR 147/03 …, a. a. O.,
m. w. Nachw.; vom 30.6.2006 … V ZR 148/05 …, a. a. O.,
Rdn.18). Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen.
So kann das Gericht eine Partei etwa durch die Erteilung
von Hinweisen veranlassen, in erster Instanz von weiterem
Vorbringen abzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 23.9.2004 …
VII ZR 173/03 …, a. a. O.). Das erstinstanzliche Gericht
kann aber auch durch das Unterlassen von Hinweisen den
Eindruck erwecken, der bisherige Parteivortrag sei ausreichend (vgl. BGH, Urteile vom 14.10.2004 … VII ZR 180/03
…, NJW-RR 2005, 213 unter B II; vom 30.6.2006 … V ZR
148/05 …, a. a. O., Rdn. 20 f.; Beschluss vom 22.2.2007 … III
ZR 114/06 …, a. a. O., Rdn. 6 ff.).
3. Ohne Erfolg bleibt dagegen die Rge der Revision, das Berufungsgericht habe sich verfahrensfehlerhaft nicht mit dem
von seinem Standpunkt aus entscheidungserheblich gewordenen Gesichtspunkt einer mglichen Verletzung der Anbietpflicht (§ 242 BGB) durch den Beklagten befasst.
Anders als das Berufungsgericht meint, steht daher im
Streitfall der Bercksichtigung des in Rede stehenden
neuen Vorbringens nicht entgegen, dass fr die Widerbeklagten zum Zeitpunkt ihrer Erwiderung auf die Widerklage noch nicht erkennbar war, welchen Rechtsstandpunkt
das erstinstanzliche Gericht einnehmen wrde. Der Verfahrensablauf zeigt, dass sie auf die vom Berufungsgericht
vermissten Ausfhrungen zur Begrndetheit der Widerklage deswegen verzichtet haben, weil sich das erstinstanzliche Gericht ihrer Rechtsansicht angeschlossen hat. Die
Widerbeklagten haben in ihrer Erwiderung auf die Widerklage ausdrcklich um die Erteilung eines gerichtlichen
Hinweises gebeten, falls das AG die Frage der Zulssigkeit
der Widerklage abweichend beurteilen sollte. Ein solcher
Hinweis ist jedoch unterblieben, weil sich das Gericht des
ersten Rechtszugs der rechtlichen Beurteilung der Widerbeklagten angeschlossen und damit die Frage der Wirksamkeit der Kndigung fr unerheblich erachtet hat. In
Anbetracht dieser Verfahrensumstnde mussten die Widerbeklagten ihre Prozessfhrung nicht auf das Vorliegen
b) Diese Voraussetzungen sind bereits nach dem … gem
§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 und Nr. 3 ZPO im Berufungsverfahren bercksichtigungsfhigen … Vortrag der Widerbeklagten nicht erfllt. Danach haben sie zwar erst am
3.8.2008 und damit nach Verkndung des erstinstanzlichen Urteils erfahren, dass ein anderer Mieter sein Mietverhltnis ber im dritten Obergeschoss desselben Hauses
gelegene und als Osteopathie-Praxis genutzte Rume (3,5
Zimmer mit einer Flche von 114 m2) vor Ablauf ihrer
Kndigungsfrist (31.8.2010) gekndigt gehabt habe und
bei Stellung eines Nachmieters zum sofortigen Auszug bereit gewesen sei. Dem lsst sich eine Verletzung der Anbietpflicht indessen nicht entnehmen. Denn die frei werdenden Rumlichkeiten sind nicht als Wohnung, sondern
zu gewerblichen Zwecken genutzt worden.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der wegen Eigenbedarfs berechtigt kndigende Vermieter dem Mieter
eine andere, ihm whrend der Kndigungsfrist zur Verfgung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern diese sich im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet und er sie erneut vermieten
will; andernfalls ist die ausgesprochene Kndigung rechtsmissbruchlich und unwirksam (Senatsurteile vom
13.10.2010 … VIII ZR 78/10 …, NJW 2010, 3775 Rdn.14;
vom 4.6.2008 … VIII ZR 292/07 …, NJW 2009, 1141
Rdn.11 f.; vom 9.7.2003 … VIII ZR 276/02 …, ZMR 2003,
664 [665] = NJW 2003, 2604 unter II 2, 3).
Auch das Vorbringen der Widerbeklagten, im ersten Obergeschoss des Anwesens sei nach Schluss der mndlichen
Verhandlung in erster Instanz eine gewerblich genutzte
Einheit mit einer Flche von 124 m2 frei geworden, ist
nicht geeignet, eine Pflichtverletzung des Beklagten zu be-
ZMR 2012, 348
grnden. Die Widerbeklagten haben schon nicht vorgetragen, dass die Rumlichkeiten vor Ablauf ihrer Kndigungsfrist zur Weitervermietung zur Verfgung standen.
Zudem hat der Beklagte unwiderlegt vorgebracht, dass er
diese aus seiner Sicht zu Wohnzwecken nicht geeigneten
Rumlichkeiten nach ihrem Freiwerden erneut zu gewerblichen Zwecken vermietet habe.
Mietvertragliche Konkurrenzschutzklausel
6. BGB §§ 157, 535:
Zu den Voraussetzungen einer ergnzenden Vertragsauslegung bei einer mietvertraglich vereinbarten Konkurrenzschutzklausel.
BGH, Urteil vom 11.1.2012
XII ZR 40/10
Sachverhalt:
Die Klgerin macht gegen die Beklagte Ansprche aus einer mietvertraglichen Konkurrenzschutzklausel geltend.
Die Klgerin schloss 1986 mit der Rechtsvorgngerin der Beklagten einen
Mietvertrag ber Gewerberume in einem „˜rztehaus“ zum Betrieb eines
Optik- und Hrgertegeschfts. Der Mietvertrag enthlt in § 14 die Klausel:
„Konkurrenzschutz fr den Mieter wird in folgendem Umfang vereinbart:
Kein weiteres Optik- und Hrgertegeschft in Objekten der „U. in H.“
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wurde in dem Gebude bereits eine
Praxis fr Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde betrieben, die von der Streithelferin der Beklagten im Oktober 2005 bernommen wurde. Die Klgerin, die in den angemieteten Rumen zunchst nur ein Optikergeschft betrieben hatte, erweiterte zum 1.8.2006 ihren Betrieb um eine Hrgerteakustikabteilung.
In der Folgezeit begann die Streithelferin im so genannten „verkrzten Versorgungsweg“ Hrgerte unmittelbar an Patienten abzugeben. Dabei bernimmt der HNO-Arzt u. a. die audiometrische Messung und das Erstellen
von Ohrabdrcken zur Anpassung und Lieferung von Hrgerten, die
Feinanpassung der vom Hersteller direkt an ihn gelieferten Hrgerte sowie
die Einweisung der Patienten.
Die Klgerin sieht darin einen Versto gegen die in § 14 des Mietvertrages
enthaltene Konkurrenzschutzklausel.
Aus den Grnden:
2. . . .b) Voraussetzung einer ergnzenden Vertragsauslegung ist das Bestehen einer Regelungslcke, also einer
planwidrigen Unvollstndigkeit der Bestimmungen des
Rechtsgeschfts (BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177 [1178]),
die nicht durch die Heranziehung von Vorschriften des
dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann
(BGHZ 137, 153 = NJW 1988, 450 [451]). Allein der Umstand, dass ein Vertrag fr eine bestimmte Fallgestaltung
keine Regelung enthlt, besagt nicht, dass es sich um eine
planwidrige Unvollstndigkeit handelt. Von einer planwidrigen Unvollstndigkeit kann nur gesprochen werden,
wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lsst, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollstndigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lsung nicht zu erzielen wre (vgl. BGHZ 170, 311
= NJW-RR 2007, 687 Rdn. 28; BGH, Urteile vom 2.7.2004
… V ZR 209/03 …, NJW-RR 2005, 205 [206]; vom
13.2.2004 … V ZR 225/03 …, WPM 2004, 2125 [2126] und
vom 1.7.1999 … I ZR 181/96 …, WPM 1999, 2553 [2555]).
Die ergnzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverstndliche Folge aus dem ganzen Zusammen-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
hang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergnzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages tatschlich
Vereinbarten stehen wrde (BGHZ 40, 91 = NJW 1963,
2071 [2075]). Zudem darf die ergnzende Vertragsauslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes fhren (BGHZ 40, 91 = NJW 1963, 2071
[2075]).
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage begegnet die Annahme, die Konkurrenzschutzklausel in § 14 des Mietvertrages
weise eine ausfllungsbedrftige Regelungslcke auf,
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Es ist zwar richtig, dass die Klgerin und die Rechtsvorgngerin der Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages im
Jahr 1986 die Mglichkeit der Versorgung von Patienten
mit Hrgerten durch den in dem Objekt praktizierenden
HNO-Arzt nicht bercksichtigen konnten, weil die Leistungserbringung im „verkrzten Versorgungsweg“ nach
§ 126 SGB V erst zum 1.1.1989 durch das Gesundheitsreform-Gesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I, S. 2477) eingefhrt
worden ist. Dennoch ist es zur Verwirklichung des Regelungsplans der Vertragsparteien nicht erforderlich, den
durch § 14 des Mietvertrags vereinbarten Konkurrenzschutz auf die Abgabe von Hrgerten im „verkrzten Versorgungsweg“ durch die Streithelferin auszudehnen.
Mageblich fr die Prfung, ob der Mietvertrag eine ausfllungsbedrftige Regelungslcke enthlt, ist, welchen
Umfang an Konkurrenzschutz die Klgerin bei Abschluss
des Mietvertrags erwarten konnte (vgl. OLG Kln, ZMR
2005, 861 [862] = NZM 2005, 866; OLG Hamm, ZMR
1997, 581 [582]).
Danach spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung,
von dem jede Auslegung auszugehen hat, gegen die Annahme einer Regelungslcke. Die Rechtsvorgngerin der
Beklagten und die Klgerin haben in § 14 des Mietvertrags
den gewhrten Konkurrenzschutz konkret beschrieben
und auf das Verbot der Vermietung von Rumlichkeiten
an Dritte zum Betrieb eines Optik- und Hrgertegeschfts begrenzt. Die Klgerin sollte demnach primr vor
unmittelbarer Konkurrenz durch einen gleichartigen Geschftsbetrieb geschtzt werden.
Soweit zur Begrndung einer Regelungslcke ausgefhrt
wird, der Rechtsvorgngerin der Beklagten sei es erkennbar
darum gegangen, der Klgerin zu ermglichen, als Optikerin und als Hrgerteakustikerin konkurrenzlos Leistungen im gleichen Objekt zu erbringen, unabhngig davon,
in welcher Organisationsform oder in welcher Art von
Rumlichkeiten die konkurrierende Ttigkeit erbracht werde, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Annahme findet
weder im Wortlaut der Konkurrenzschutzklausel noch in
den weiteren Feststellungen eine tragfhige Grundlage.
Der Rechtsvorgngerin der Beklagten und der Klgerin
war bei Abschluss des Mietvertrages bekannt, dass in dem
Mietobjekt eine Praxis fr Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten betrieben wird. Die Klgerin musste daher bereits
zu diesem Zeitpunkt damit rechnen, dass der dort praktizierende Facharzt smtliche Leistungen erbringen wird, zu
denen er berechtigt ist und es zu berschneidungen zwischen ihrem Leistungsangebot und der rztlichen Ttigkeit kommen kann. Htten die Vertragsparteien tatschlich die Absicht gehabt, die Klgerin auch vor rztlichen
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
ZMR 2012, 349
Leistungen zu schtzen, die sich mit ihrem eigenen Geschftsbereich berschneiden, htte es nahegelegen, bei
der Formulierung der Konkurrenzschutzklausel nicht auf
den Betrieb eines weiteren Optik- und Hrgertefachgeschfts abzustellen, sondern die Leistungen, fr die der
Klgerin Konkurrenzschutz gewhrt werden sollte, konkret
zu benennen (vgl. dazu OLG Brandenburg, GesR 2007,
540 ff.). Dass von dieser Mglichkeit kein Gebrauch gemacht wurde, spricht dafr, dass nach dem Regelungsplan
der Parteien die Klgerin tatschlich nur vor der Konkurrenz durch ein weiteres Optiker- und Hrgertegeschft
geschtzt werden sollte.
210 [213] = NJW 1978, 585 [586]). Diese Wertung ist auch
bei der Auslegung einer vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutzklausel zu bercksichtigen.
3. Nach all dem ergibt sich durch die Abgabe von Hrgerten im „verkrzten Versorgungsweg“ durch die Streithelferin kein Versto gegen die Konkurrenzschutzklausel aus
§ 14 des Mietvertrages. Die Frage, ob ein Versto gegen eine Konkurrenzschutzklausel den Mieter zur Minderung
der Miete berechtigt, kann dahinstehen.
Die Streithelferin betreibt jedoch weder ein Hrgertegeschft noch bt sie die Ttigkeit eines Hrgerteakustikers
aus, wenn sie im „verkrzten Versorgungswege“ Hrgerte
an Patienten abgibt. Bei den Ttigkeiten, die die Streithelferin in diesem Zusammenhang erbringt, handelt es sich
um rztliche Leistungen, die zum beruflichen Bereich eines HNO-Arztes gehren oder zumindest mit diesem in
sehr engem Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom
29.6.2000 … I ZR 59/98 …, NJW 2000, 2745). Durch die
Mglichkeit, Hrhilfen im „verkrzten Versorgungsweg“
an Patienten abzugeben, hat sich lediglich der Umfang der
rztlichen Leistungen erweitert, die ein HNO-Arzt in seiner Praxis anbieten darf.
Nutzungsfortsetzung nach fristloser Kndigung begrndet
keinen neuen Mietvertrag
Eine ausfllungsbedrftige Regelungslcke lsst sich auch
nicht damit begrnden, dass ohne eine Vervollstndigung
des Vertrages keine angemessene und interessengerechte
Lsung zu erzielen wre. Der Standortvorteil, der der Klgerin durch die Konkurrenzschutzklausel gewhrt wurde,
besteht auch nachdem die Streithelferin dazu bergegangen ist, Hrgerte an ihre Patienten im „verkrzten Versorgungsweg“ abzugeben, fort. Es hat die Klgerin nach Abschluss des Mietvertrages zunchst viele Jahre nur ein Optikgeschft betrieben. Erst nach der bernahme der
HNO-Praxis durch die Streithelferin hat die Klgerin ihr
Geschft um eine Akustikabteilung erweitert. Die wirtschaftliche Grundlage ihres Betriebs war bis dahin nicht
von der Mglichkeit des Verkaufs von Hrgerten geprgt.
Durch die Erweiterung ihres Geschfts im Jahr 2006 hat
die Klgerin sich nur die Mglichkeit geschaffen, durch eine Vergrerung ihres Leistungsangebots ihre Ertragslage
zu verbessern, indem sie den Vorteil nutzt, dass in dem
˜rztehaus ein HNO-Arzt praktiziert. Da jedoch jeder Patient frei darber entscheiden kann, wo er sich ein verordnetes Hrgert anfertigen lsst, hat die Klgerin durch die Erffnung der Akustikabteilung nur die Chance erworben,
dass sie Patienten der HNO-Praxis als Kunden gewinnt.
Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass ohne
eine Ausdehnung der Konkurrenzschutzklausel auf die Ttigkeiten der Streithelferin im Rahmen des „verkrzten
Versorgungswegs“ der von den Mietvertragsparteien intendierte Schutz der Klgerin wesentlich beeintrchtigt und
der Regelungsplan der Parteien unvollstndig wre.
d) Schlielich ist in diesem Zusammenhang auch zu bercksichtigen, dass bereits im Rahmen des vertragsimmanenten
Konkurrenzschutzes ein Vermieter nicht gehalten ist, dem
Mieter jeden fhlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umstnden des einzelnen
Falles abzuwgen, inwieweit nach Treu und Glauben unter
Bercksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung
von Konkurrenz geboten ist (vgl. BGHZ 70, 79 = ZMR 1978,
7. BGB §§ 145, 151, 154, 181, 535, 542, 543, 580 a, 581:
1. Ist das Mietverhltnis durch eine Kndigung wirksam beendet worden, kann der alte Vertrag nicht dadurch wieder aufleben, dass die Kndigung vom Vermieter zurckgenommen wird.
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen in einem
derartigen Fall ein neues Mietverhltnis zustande
kommt, wenn der Vermieter erklrt, er setze die fristlose Kndigung bis auf Weiteres aus (Abgrenzung zu
BGHZ 139, 123 = ZMR 1998, 612 [615]).
OLG Koblenz, Urteil vom 15.2.2012
5 U 1159/11
Sachverhalt:
I. Die Parteien sind Insolvenzverwalter, der Klger ber das Vermgen des
Dirk G. und der Beklagte ber das Vermgen der G+G GmbH (knftig
GmbH), deren Geschftsfhrer und Gesellschafter Dirk G. und Christoph
Gr. waren. Sie streiten in zweiter Instanz noch um Mietzins bzw. Nutzungsentschdigung fr den Zeitraum Oktober 2009 bis einschlielich
Mrz 2010 betreffend eine Immobilie in H., die zum Vermgen des Dirk
G. gehrte.
Mit Vertrag vom 1.8.2006 wurde eine Teilflche davon an die GmbH als
Standflche fr ein Blockheizkraftwerk zu einem monatlichen Zins von
1725,… . vermietet. Mit Schreiben vom 31.1.2007 kndigte Dirk G. das
Mietverhltnis fristlos wegen „rckstndiger Mietbeitrge“.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Kndigung spter wirksam „zurckgenommen“ wurde. Mit Schreiben vom 26.10.2009, eingegangen beim
Klger am 27.10.2009, kndigte der Beklagte seinerseits „vorsorglich das
Miet- bzw. Nutzungsverhltnis“ fristlos, hilfsweise zum nchstmglichen
Zeitpunkt.
Der Klger hat Mietzins fr den Zeitraum nach Erffnung des Insolvenzverfahrens ber das Vermgen des Dirk G., fr die Monate Oktober 2009
bis einschlielich Juni 2010, geltend gemacht. Er hat behauptet, Dirk G.
habe die fristlose Kndigung vom 31.1.2007 mit Schreiben vom 9.2.2007
zurckgenommen. Dieses sei der GmbH am 10.2.2007 zugegangen. Mit
Schreiben vom 20.3.2007 habe die GmbH die Rcknahme der Kndigung
besttigt. Die Kndigung sei aufgehoben worden, da nachtrglich und
auch im Kalenderjahr 2007 durchgehend Miete gezahlt worden sei. Das
Blockheizkraftwerk sei fr den Beklagten frei zugnglich gewesen. Auf eine
Nutzungsmglichkeit durch den Insolvenzverwalter komme es letztlich
nicht an, da es sich um Masseverbindlichkeiten handele. Der Klger meint,
dass es auf die Rechtsprechung zu § 181 BGB nicht ankomme, weil die
Rcknahme eine einseitige Erklrung sei, die der anderen Seite nur zugehen msse. Die sptere Kndigung des Beklagten sei gem § 580 a Abs. 2
BGB wirksam erst zum 30.6.2010 erfolgt.
Aus den Grnden:
II. Dem Klger stehen gegen den Beklagten weder Mietzins- noch Nutzungsersatzansprche als Masseverbindlichkeiten zu, denn das Mietverhltnis war seit Februar
2007 beendet. Nutzungsersatzansprche kmen somit nur
als Insolvenzforderungen in Betracht, die hier nicht zur
Entscheidung stehen.
ZMR 2012, 350
Dirk G. kndigte wegen erheblicher Mietrckstnde das
Mietverhltnis ber das Grundstck in H. am 31.1.2007
fristlos auf, so dass es nach Zugang der Erklrung mit sofortiger Wirkung endete. Die Rechtsfolgen dieser Kndigung konnten nach deren Zugang nicht einseitig widerrufen oder zurckgenommen werden (BGHZ, 139, 123 =
ZMR 1998, 612 [615]). Das LG meint aber es sei bewiesen,
dass sich G. und die GmbH zumindest konkludent auf eine Fortsetzung des Mietverhltnisses geeinigt htten, indem die GmbH das Grundstck weiter genutzt und auch
zeitweise Mietzins gezahlt habe. Das sieht der Senat aus
Rechtsgrnden anders.
Kommt im Falle einer auerordentlichen fristlosen Kndigung eine Einigung ber deren „Rcknahme“ (wie hier)
erst nach Zugang der Erklrung, somit nach Beendigung
des Vertrages, in Betracht, so scheidet eine Fortsetzung des
frheren Vertragsverhltnisses aus, der aufgelste Vertrag
kann nicht wieder aufleben. Die Begrndung eines neuen
Mietverhltnisses bedarf einer hierauf gerichteten Einigung der Parteien (BGH, a. a. O.). Eine solche ist hier nicht
zustande gekommen.
Es fehlt an einem Angebot „auf Fortfhrung des Mietverhltnisses zu den ursprnglichen Bedingungen“. Von daher kommt es auf die Beweisaufnahme, von wem das
Schreiben vom 9.2.2007 verfasst und ob und ggf. wem es
zugegangen ist, nicht an. Dort heit es auszugsweise:
„Wir nehmen die fristlose Kndigung vom 31.1.2007 zurck und setzen diese bis auf Weiteres aus. Wir bitten fr
die Zukunft die Mieten fristgerechter zu zahlen.“
Aus dieser Erklrung ergibt sich kein Wille, ein neues
Mietverhltnis zu den alten Bedingungen zu begrnden.
Im Gegenteil, das alte Nutzungsverhltnis sollte fortgesetzt werden unter Aufrechterhaltung der Rechte aus der
fristlosen Kndigung. Denn auf die Wirkungen der Kndigung sollte nicht endgltig verzichtet, sie sollten nur bis
auf Weiteres ausgesetzt werden. Der Senat sieht diese Willenserklrung deshalb nicht als auf die Neubegrndung eines Mietverhltnisses gerichtet, vielmehr auf eine Duldung der Nutzung bis auf Weiteres solange der Mietzins
entrichtet wird. Durch die weitere Nutzung konnte schon
mangels Angebot ein neues Vertragsverhltnis konkludent
nicht begrndet werden.
Es ist im brigen nicht bewiesen, dass das Schreiben vom
9.2.2007 einem Verantwortlichen der GmbH zugegangen
ist. Es ist nicht sicher, dass der Mitgesellschafter Gr. von
diesem Kenntnis erlangt habe. Es konnte nicht geklrt werden, von wem der Zusatz „erhalten, 10.2.2007“ stammte.
Die Annahme, Dirk G. habe sich in Form eines „Insichsgeschfts“ den Zugang selbst besttigt, liegt fern, ist aber
auch mit seiner Aussage nicht erwiesen. Mit der Angabe:
„Gegebenenfalls kann es sich bei der sich darunter befindenden Unterschrift um mein D. G.-Krzel handeln“ hat
sich der Zeuge gerade nicht in diesem Sinne festgelegt.
Auch das an Dirk G. gerichtete Schreiben vom 20.3.2007
kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der Dank „fr
das Verstndnis und die Rcknahme der Kndigung“, konnte kein neues Mietverhltnis begrnden, weil es (siehe oben)
an einem hierauf gerichteten Angebot fehlte. Im brigen
wurde das Schreiben nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht von einem Vertreter der GmbH, weder von Dirk G.
noch vom Mitgesellschafter Gr. unterschieben.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Fehlte es nach alledem hinsichtlich der Neubegrndung
des Mietverhltnisses an Angebot und Annahmeerklrung,
kann allein in der Aufrechterhaltung der Besitzverhltnisse
und der eventuellen Zahlung von Nutzungsentschdigung
(ob berhaupt und in welchem Umfang Zahlungen erfolgten, ist vllig offen) kein konkludenter Neuabschluss des
gekndigten Vertrages gesehen werden.
Daher scheiden Mietzinsansprche fr die Zeit ab Insolvenzerffnung ebenso aus wie Nutzungsersatzansprche.
Denn es schuldet der Insolvenzverwalter Nutzungsersatzansprche als Masseverbindlichkeiten nur dann, wenn
der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Insolvenzerffnung
noch besteht und er dann nach Vertragsbeendigung die
Nutzung fortsetzt. Hier war aber das Mietverhltnis lange
vor der Erffnung des Verfahrens beendet, so dass Nutzungsentgelt nur als Insolvenzforderung geltend gemacht
werden knnte.
Kndigung wegen Nichtzahlung der Mietkaution bei
Wohnraummiete; Schonfristzahlung
8. BGB §§ 543 Abs.1, 551, 569 Abs. 3 Nr. 2:
1. Auch in der Wohnraummiete kann die … trotz Mahnung … nicht erfolgte Zahlung der vereinbarten Mietkaution eine fristlose Kndigung rechtfertigen.
2. Selbst wenn der Kndigende (allgemein) auf die Heilungsvorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB verweist und
dies auch auf die Kaution bezieht, muss er diesen Hinweis in einer spteren Kndigung nicht ausdrcklich widerrufen.
LG Berlin, Urteil vom 17.10.2011
67 S 58/11
Sachverhalt:
I. Mit einem Vertrag vom 10.4.2010 vermietete die Klgerin der Beklagten
eine Wohnung; . . . auerdem hatte die Beklagte nach einer Zusatzvereinbarung eine Kaution von insgesamt 589,50 . zu zahlen. Diese sollte in drei
Raten von jeweils 196,50 . am 1.5.2010, 1.6.2010 und 1.7.2010 fllig werden.
Am 26.8.2010 erklrte die Klgerin die fristlose Kndigung des Mietverhltnisses. Sie machte geltend, dass die Kaution i. H. v. 589,50 . nicht gezahlt sei. Das Mietenkonto weise einen Rckstand von 280,57 . auf. Dem
Schreiben fgte sie einen Kontoauszug bei. Sie wies darauf hin, dass die
Kndigung durch Zahlung des gesamten Rckstandes unwirksam werde.
Am 8.9.2010 erklrte die Klgerin erneut die fristlose Kndigung des Mietverhltnisses (Rckstand von 558,14 .). Sie wies darauf hin, dass die Beklagte die Kndigung durch Zahlung des gesamten Rckstandes unwirksam
machen knne. Dem Schreiben fgte sie einen Kontoauszug bei. Mit Anwaltsschreiben vom 28.9.2010 erklrte die Klgerin erneut die fristlose Kndigung. Mit der am 10.10.2010 eingereichten Klage hat die Klgerin erneut
die fristlose Kndigung erklrt. Sie hat geltend gemacht, dass die Mieten
fr Juni 2010 und fr Oktober 2010 i. H. v. jeweils 274,57 . nicht gezahlt
seien. Auch mit der Zahlung der Kaution befinde sich die Beklagte immer
noch in Verzug. Hilfsweise erklrte die Klgerin die ordentliche Kndigung
des Mietverhltnisses wegen des dargestellten Zahlungsverzuges.
Bis zum Termin beim AG am 1.12.2010 hatte die Beklagte smtliche Mietrckstnde und die Kaution gezahlt.
Aus den Grnden:
3. Jedenfalls war die fristlose Kndigung vom 28.9.2010
wirksam, weil in ihr das Zahlungsverhalten der Beklagten
in ausreichender Weise dargestellt worden war. Danach
war die Beklagte mit Ablauf des dritten Werktages des Monats August mit den Mieten fr Juni 2010 und August
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
2010 in Verzug. Dies gengte als Kndigungsgrund i. S.
des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b) BGB. Diese fristlose
Kndigung ist, soweit sie auf den Zahlungsverzug gesttzt
worden ist, gem § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB durch nachtrgliche Zahlung unwirksam geworden.
4. Die fristlose Kndigung vom 28.9.2010 ist aber auch
mit einem Verzug mit der Einzahlung der Kaution i. H. v.
insgesamt 589,50. begrndet worden. Die Frage der Wirksamkeit einer solchen fristlosen Kndigung beurteilt sich
nach § 543 Abs.1 BGB.
a) Die Nichtzahlung der Kaution stellt grundstzlich ein
schwerwiegendes Verschulden des Mieters gegen seine
Verpflichtungen aus dem Mietverhltnis dar. Wenn der
Mieter bereits bei Beginn des Mietverhltnisses sich als unzuverlssig erweist, wirft dies ein ungnstiges Licht auf die
zu erwartende Entwicklung des Mietverhltnisses. Dies gilt
insbesondere dann, wenn der Vermieter den Mieter wegen
der ausstehenden Raten mahnt. Bereits in dem ersten Kndigungsschreiben vom 26.8.2010 ist die Rede davon, dass die
Beklagte mit der Einzahlung der Kaution in voller Hhe von
589,50 . in Verzug geraten war und die Klgerin sie wegen
der Einzahlung mehrfach gemahnt hatte. Auch die auf einen
Verzug gesttzte fristlose Kndigung ist eine deutliche Form
der Mahnung. Auch nach Zugang dieser fristlosen Kndigung hat die Beklagte die Kaution nicht geleistet.
b) Auch der BGH hat in einer Entscheidung, die eine
Kndigung wegen Nichtzahlung der Kaution im Rahmen
eines Gewerberaummietverhltnisses betraf, die Auffassung vertreten, die Nichtzahlung der Kaution stelle grundstzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar, weil die
Kaution regelmig ein legitimes Sicherungsinteresse des
Vermieters befriedige. Der Vermieter knne daher jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete nicht auf Einklagung der Kaution verwiesen werden (Urteil vom 21.3.2007
… XII ZR 36/05 …, ZMR 2007, 525).
c) Hier muss fr die Erheblichkeit der Vertragsverletzung
der Umstand beachtet werden, dass die Beklagte mehrfach
gemahnt worden ist; darunter in qualifizierter Form durch
eine fristlose Kndigung. Angesichts solcher Mahnungen
musste die Klgerin nicht auf eine vorherige Klage verwiesen werden.
d) Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in irgendeiner
Form auf die Mahnungen reagiert htte, z. B. indem sie wegen momentaner Zahlungsschwierigkeiten um eine Stundung nachgesucht htte.
5. Selbst wenn die fristlose Kndigung vom 28.9.2010 wegen der Nichtzahlung der Kaution unwirksam gewesen
sein sollte, weil zu diesem Zeitpunkt der Vertragsversto
noch nicht das erforderliche Ma an Schwere gehabt haben sollte, war dies jedenfalls zu dem Zeitpunkt des Zugangs der Klageschrift am 26.10.2010 der Fall, in der die
Klgerin wiederum die fristlose Kndigung wegen der
Nichtzahlung der Kaution ausgesprochen hatte. Die Missachtung der qualifizierten Mahnungen durch die vorherigen Kndigungen vom 26.8.2010 und 28.9.2010 erhht
den Schweregrad des Vertragsverstoes der Beklagten und
lsst die Fortsetzung des Mietverhltnisses bis zu einer ordentlichen Beendigung als unzumutbar erscheinen.
6. Entgegen der Auffassung des AG bedeutet der Hinweis
in dem Kndigungsschreiben vom 26.8.2010, dass die
Kndigung, die sowohl mit einem Mietrckstand wie mit
ZMR 2012, 351
einem Kautionsrckstand begrndet worden ist, durch
Zahlung des gesamten Rckstandes unwirksam werde,
nicht, dass durch eine solche Erklrung die gesetzlichen
Voraussetzungen der Heilungsvorschrift des § 569 Abs. 3
Nr. 2 BGB erweitert werden knnten. Die Erklrung konnte allenfalls dahin gehend verstanden werden, dass die Klgerin im Falle einer vollstndigen Zahlung von einer
Durchsetzung der Kndigung absehen wrde. Sie konnte
auch dahin gehend Bedeutung erlangen, dass fr die Klgerin in einem solchen Fall die Fortsetzung des Mietverhltnisses nicht unzumutbar wre, was die Wirksamkeit
der fristlosen Kndigung fr die Klgerin in einem ungnstigen Licht erscheinen liee.
7. Diese berlegungen knnen aber nicht mehr fr die
nachfolgenden fristlosen Kndigungen gelten. Weder in
dem Kndigungsschreiben vom 28.9.2010 noch in der
Kndigungserklrung in der Klageschrift ist ein … missverstndlicher … Hinweis auf die Heilungsmglichkeit enthalten. Die Beklagte konnte deshalb nicht darauf vertrauen,
dass sie mit einer nachtrglichen Zahlung der Kaution die
Unwirksamkeit der fristlosen Kndigung wrde herbeifhren knnen. Entgegen der Auffassung des AG war es nicht
erforderlich, dass die Klgerin in den spteren Kndigungserklrungen den Hinweis auf die Heilungsvorschrift
ausdrcklich widerruft.
Anmerkung:
Die Nichtleistung der Kaution kann einen Kndigungsgrund darstellen. Dies ist meist eine Einzelfallfrage.1) Es
kommt in der Regel auch darauf an, ob der Vermieter sich
vertragskonform verhalten hat.
Bei Wohnraummietverhltnissen kommt meist nur eine
ordentliche Kndigung nach § 573 Abs. 2 Nr.1 BGB in Betracht.2) Deshalb sollte der Berater/Bevollmchtigte des
Vermieters immer auch wegen der Nichtzahlung der Kaution auch hilfsweise ordentlich kndigen.
Eine fristlose Kndigung wird in der Literatur berwiegend als unzulssig erachtet.3)
Bei Geschftsraummietverhltnissen kann die Nichtleistung der Kaution auch einen Grund zur fristlosen Kndigung nach § 569 Abs. 2 BGB darstellen, der eine Kndigung auch schon vor Beginn des Mietverhltnisses begrnden kann.4) Wenn der Mieter obendrein noch die vereinbarte Miete nicht voll bezahlt, so verstrkt sich das Sicherungsinteresse des Vermieters.
Bereits am 31.3.2007 entschied der BGH:5) „Die Kaution
befriedigt regelmig ein legitimes Sicherungsbedrfnis
des Vermieters. Die Nichtzahlung der Kaution stellt damit
grundstzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar. Der
Vermieter kann daher jedenfalls im Bereich der Gewerberaummiete vor der Kndigung in der Regel nicht auf die
Einklagung der Kaution verwiesen werden.“
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
1) BGH, ZMR 2007, 444; vgl. auch Kinne/Schach/Bieber, § 551 Rdn.13.
2) AG Hamburg-Blankenese, ZMR 2011, 884.
3) Vgl. zum Streitstand Staudinger/Emmerich, § 543 Rdn. 69; a. A. fr den
Fall der Vermgenslosigkeit des Mieters und dessen hartnckiger Weigerung LG Berlin, GE 2000, 1475.
4) OLG Dsseldorf, ZMR 1995, 465 [467] = NJW-RR 1995, 1100; einschrnkend … nur nach vorheriger Abmahnung … OLG Celle, ZMR
1998, 272.
5) BGH, ZMR 2007, 525.
ZMR 2012, 352
Modernisierungsmieterhhung; formelle Anforderungen;
Vorwegabzug
9. BGB §§ 559, 559 b Abs.1:
Im Rahmen der formellen Wirksamkeit einer Modernisierungsmieterhhungserklrung ist es nicht erforderlich, dass der Vermieter mitteilt, auf Grundlage welcher
tatschlichen Verhltnisse er den angegebenen Instandsetzungsabzug berechnet hat. Der Mieter muss in die
Lage versetzt werden, den begehrten Erhhungsbetrag
rechnerisch nachzuvollziehen. Ob hinsichtlich einzelner Modernisierungsmanahmen ein hherer Instandsetzungsabzug angebracht war, ist eine Frage der materiellen Begrndetheit.
LG Berlin, Urteil vom 15.11.2011
63 S 145/11
Aus den Grnden:
II. 1. Dem Klger stehen gegenber dem Beklagten die
geltend gemachten Mieterhhungsbetrge zu (§§ 559,
559 a, 559 b Abs.1 BGB).
Die Mieterhhungserklrung vom 19.12.2008 ist formell
wirksam.
Die Erluterung nach § 559 b Abs.1 Satz 2 BGB hat den
Zweck, dem Mieter vor Augen zu fhren, worin die den
materiellen Voraussetzungen des § 559 BGB gengende
Modernisierungsmanahme bestanden hat; der Vermieter
muss daher die Steigerung des Gebrauchswert der Mietsache bzw. die Energieeinsparung erlutern und darlegen.
Hierzu bedarf es der Konkretisierung des erfllten Modernisierungszwecks (vgl. LG Berlin, Urteil vom 2.11.2010
… 63 S 106/10 …, GE 2010, 1747). Er darf sich beispielsweise nicht darauf beschrnken, den Gesetzeswortlaut des
§ 559 Abs.1 BGB teilweise zu wiederholen, sondern muss
konkrete Tatsachen auffhren, wie etwa die Nennung der
alten und neuen Wrmedurchgangskoeffizienten, anhand
derer der Mieter die behauptete Einsparung von Heizenergie nachvollziehen kann (BGH, Urteil vom 25.1.2006 …
VIII ZR 47/05 …, ZMR 2006, 272 [274] = GE 2006, 318).
Die Mieterhhungserklrung vom 19.12.2008 erfllt diese
Anforderungen. Der Erhhungsbetrag von insgesamt
135,82 . entspricht einer Erhhung von 2,50 ./m2. Diese
Erhhung setzt sich zusammen aus 1,74 ./m2 fr die
durchgefhrten Dmmmanahmen, aus 0,73 ./m2 fr
den Einbau der Zentralheizung und aus 0,03 ./m2 fr den
Einbau von Auenleuchten mit Bewegungsmelder. Der
energieeinsparende Charakter der Dmmmanahmen
wurde durch Angabe der alten und neuen Wrmedurchgangskoeffizienten hinreichend erlutert. Bei dem Einbau
der modernen Gaszentralheizung lag fr den Beklagten offensichtlich eine Energieeinsparung vor, da die Wohnung
zuvor ber strombetriebene Nachtspeicherfen verfgte.
Bei den Auenleuchten handelt es sich um eine Wohnwertverbesserung, da der Auenbereich … wie dem Beklagten bekannt war … zuvor nicht beleuchtet war.
Hinsichtlich der Angabe der nicht umlegbaren Instandhaltungskosten ist die Mieterhhungserklrung ebenfalls
nicht zu beanstanden. Die Klgerin hat im Einzelnen angegeben, ob und ggf. in welcher Hhe Instandhaltungskosten von den einzelnen Dmmmanahmen abgezogen wur-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
den. Im Rahmen der formellen Wirksamkeit des Mieterhhungsverlangens ist nicht erforderlich, dass der Vermieter
mitteilt, auf Grundlage welcher tatschlichen Verhltnisse
er den angegebenen Instandsetzungsabzug berechnet hat.
Hinsichtlich der formellen Anforderungen ist lediglich
entscheidend, dass der Mieter in die Lage versetzt wird,
den begehrten Erhhungsbetrag rechnerisch nachzuvollziehen. Ob hinsichtlich einzelner Manahmen ein hherer Instandsetzungsabzug angebracht wre, ist eine Frage
der materiellen Begrndetheit. Bei dem Einbau der Zentralheizung und der Auenbeleuchtung erbrigte sich ein
Instandsetzungsabzug, da das Haus … wie dem Beklagten
bekannt war … zuvor weder ber eine Zentralheizung noch
ber Auenleuchten verfgte.
In materieller Hinsicht kommt es fr die Umlagefhigkeit
der Modernisierungskosten nicht darauf an, ob diese von
der Klgerin bereits an die Werkunternehmer bezahlt wurden oder nicht (LG Berlin, Urteil vom 31.5.2011 … 63 S
433/10 …, GE 2011, 951). Es reicht aus, dass die Kosten angefallen sind, was bei einem Werkvertrag mit Herstellung
des Werkes der Fall ist. Die Rechnung ist zwar Flligkeitsvoraussetzung fr die Werklohnforderung, aber darauf
stellt § 559 BGB nicht ab (Schmidt-Futterer/Brstinghaus,
MietR, 10. Aufl., § 559 b Rdn. 35).
Hat der Auftraggeber des Werkvertrages beispielsweise mit
den verschiedenen Gewerken einen Sicherungseinbehalt
fr unterschiedlich lange Zeitrume im Hinblick auf mgliche Gewhrleistungsansprche vereinbart, msste der
Auftraggeber als Vermieter bis zum Ablauf dieser Zeitrume warten, bis er von seiner Mieterhhungsmglichkeit
gem § 559 b BGB Gebrauch machen kann. Diese mitunter erhebliche zeitliche Verzgerung der Mglichkeit zur
Mieterhhung widerspricht jedoch dem Sinn und Zweck
der Regelung, die dem Vermieter einen Anreiz zu Investitionen bieten soll (Schmidt-Futterer/Brstinghaus, a. a. O.,
Rdn. 38).
Einsender: Rechtsanwalt Arndt Mnning, Essen
Vernachlssigung der Wohnung; Ruhestrung; fristlose
Kndigung; unntige vorherige Abmahnung
10. BGB § 543 Abs. 2 Nr. 2:
Ein Kndigungsgrund i. S. des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB
liegt bereits dann vor, wenn der Mieter die Rechte des
Vermieters dadurch in erheblichem Mae verletzt, dass
er die Mietsache durch Vernachlssigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefhrdet.
Fr die Annahme einer fristlosen Kndigung gengt es,
wenn der Mieter regelmig nachts zwischen 1.00 Uhr…
1.30 Uhr die Wohnungstr mit lautem Knall zuschlug,
und die Kinder um 23.00 Uhr im Garten noch Fuball
spielten und dieselben auch Lcher in den Zaun traten
und/oder wenn der Mieter dem Vermieter „mit der
Faust drohte“ und ihm nachrief, er solle sich entfernen,
weil er ansonsten ihn zu spren bekme.
LG Frankfurt/M., Urteil vom 18.1.2012
2/17 S 90/11
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Sachverhalt:
I. Die Klger sind Vermieter einer in Frankfurt . . . gelegenen Wohnung,
die die Beklagten durch Mietvertrag vom 28.10.2004 angemietet hatten. Ursprnglicher Vermieter war die Firma V.
Durch schriftliche Erklrung vom 18.4.2011 haben die Klger das Mietverhltnis ordentlich und auch fristlos gekndigt, mit der Begrndung, dass in
der Wohnung ein beiender Geruch, dessen Ursache mglicherweise im
Urin besteht, vorhanden war, der Kunststoffbodenbelag im Eingangs-WC
nur lose aufgelegt war, und auch nicht passend zugeschnitten gewesen war,
im WC und im Flur ein Geruch nach Chlorchemie und Urin vorhanden
war und in mehreren Rumen, u. a. im Schlafzimmer die Decke wei gestrichen war und viele Bereiche in Wandnhe nachtrglich berstrichen gewesen waren.
Die Beklagten bewohnen diese Wohnung zusammen mit vier gemeinsamen Kindern und haben die Wohnung ohne Genehmigung der Klger an
einen Dritten untervermietet. Die Wohnung hat eine Gre von 86 m2, in
der zur Zeit sieben Personen leben, wobei sich drei im Erwachsenenalter
befinden.
Die Klger haben behauptet, von den Kindern der Beklagten gehe tagtglich Ruhestrung aus, die teilweise bis in die Nacht andauere. Tren wrden grundlos zugeknallt und die Kinder htten auch mutwillig eine Tr beschdigt. Seit Monaten lagere auf der Terrasse sperriges Germpel und die
Beklagten htten trotz Aufforderung, dieses zu beseitigen, dem nicht Folge
geleistet. Die Nebenkosten seien nicht bezahlt worden, und eine Abmahnung sei mehrfach mndlich ausgesprochen worden. Eine Fortsetzung des
Mietverhltnisses sei daher den Klgern nicht zuzumuten gewesen.
Insgesamt bestnden Nachzahlungen der Beklagten fr Nebenkosten
i. H. v. 3000,… ..
Die Beklagten haben erwidert, bei der Untermieterin handele es sich um
die Mutter des Erstbeklagten, die nur vorbergehend in der Wohnung gewohnt habe und sie sei bereits am 3.8.2010 wieder ausgezogen. Darber
hinaus htten die Beklagten nur kurzzeitig, whrend sie auf einen Sperrmlltermin warteten, Sperrmll im Garten gelagert. Die Nebenkostenabrechnung sei nicht regelgerecht erstellt worden.
Aus den Grnden:
2. a) Die Klger hatten bereits in der Klageschrift substantiiert vorgetragen, auf welche Kndigungsgrnde sie die
begehrte Aufhebung des Mietverhltnisses sttzen. Den
diesbezglichen Sachvortrag haben sie unter Beweis gestellt durch die Benennung des Sachverstndigen B. sowie
die Vernehmung der Zeugen H. Da die Klger mit der Anlage zur Klageschrift das auergerichtliche Gutachten des
Sachverstndigen B. vorgelegt hatten, wurde dies bereits in
der I. Instanz zum Gegenstand des Sachvortrages gemacht.
Die Beklagten ihrerseits haben bereits erstinstanzlich unter Beweis gestellt, dass die von den Klgern behaupteten
Ruhestrungen sowie der ruinse Zustand der Wohnung
nicht vorlagen, was sich bereits aus der Klageerwiderung
ergibt. Schlielich haben die Klger durch ihren Sachvortrag bereits in der I. Instanz und dabei unter Beifgung einer schriftlichen Aussage des Zeugen H. vom 4.8.2011
sehr substantiiert vorgetragen, was sich im Einzelnen an
Unzutrglichkeiten in dem Haus zugetragen hat. Da es
sich nicht um einen von Gesetzes wegen angeordneten
Anwaltsprozess handelt, gengt insoweit auch eine Partei
ihrer Substantiierungspflicht, wenn sie entsprechende Dokumente vorlegt, aus denen sich zwangsweise ergibt, dass
sie zum Inhalt des Vortrags gemacht werden und dass gerade darauf die fristlose Kndigung gesttzt wird.
b) Dessen ungeachtet hat das AG am 10.8.2011 verhandelt, und dabei die berreichten Lichtbilder in Augenschein genommen, und auch zur Akte genommen. Sptestens in jenem Zeitpunkt htte sich die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme ergeben, was jedoch nicht erfolgt ist.
Jedenfalls nach dem bisherigen Vortrag der Klger sind gengend Anhaltspunkte dafr vorhanden, dass ein Grund
fr eine fristlose Kndigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB
ZMR 2012, 353
vorliegt, denn die Beklagten haben in ihrer Eigenschaft als
Mieter nicht unerheblich in die Rechte des Vermieters eingegriffen. Bereits die amtsgerichtliche Judikatur (vgl. dazu
AG Hamburg…Harburg, ZMR 2011, 644 ff.) geht dahin,
dass ein fristloser Kndigungsgrund vorliegt, wenn eine
Person beratungs- und hilferesistent die Mietwohnung vermllt und trotz qualifizierter Abmahnung sein Mieterverhalten nicht ndert. Ein Kndigungsgrund i. S. des § 543
Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt bereits dann u. a. vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Mae verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlssigung
der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefhrdet, was voraussetzt, dass … neben einer vorherigen Abmahnung … die
Mietsache durch die Sorgfaltspflichtverletzung bereits geschdigt worden ist, und durch sein Verhalten sich die Gefahr der Schdigung signifikant erhht. Es kommt nicht
darauf an, ob die Mietsache beschdigt worden ist, oder
ob das Verhalten des Mieters zu einer konkreten Gefhrdung gefhrt hat; es gengt, dass die Vertragsverletzung
potentiell eine solche Gefhrdung zur Folge haben kann
(so Schmidt…Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 543 BGB
Rdn. 59).
c) Die Kammer will dabei nicht verkennen, dass das Ablagern von Sperrmll in der Wohnung nicht zur fristlosen
Kndigung berechtigt, wenn die Mietsache hierdurch
nicht gefhrdet wird (LG Berlin, GE 1981, 33), jedoch haben die Klger ausweislich der Klageschrift die Kndigung
nicht allein auf diesen Umstand gegrndet. Deshalb
kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der Sperrmll inzwischen beseitigt ist oder nicht, denn das beigefgte Foto
kann nur eine Momentaufnahme dokumentieren und
trifft keine Aussage, ob auch jetzt der Zustand noch anhlt. Auch die im Grunde nicht mehr ganz nachvollziehbare Rechtsprechung, dass ein Grund zur fristlosen Kndigung selbst dann nicht vorliege, wenn aus der Wohnung
einer unter Inkontinenz leidenden Mieterin unangenehme
Gerche dringen (so AG Mnchen, WuM 2006, 621), ist
auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, denn die vom
Sachverstndigen B. festgestellten Uringerche knnen
nur allesamt von Personen stammen, die nicht an einer
solchen Krankheit leiden. Darber hinaus geht es auch
nicht nur um die Geruchsbildung, sondern auch das stndige Urinieren an die Wnde fhrt letztendlich zu einer
Gefhrdung der Bausubstanz.
d) Selbst wenn dieser mieterfreundlichen Rechtsprechung
gefolgt werden sollte, was die Kammer nicht anzunehmen
gedenkt, sind jedoch die bereits im brigen vorgetragenen
Umstnde Anlass genug dafr, die fristlose Kndigung zu
rechtfertigen. Die Angaben des Zeugen H. in seiner schriftlichen Erklrung vom 4.8.2011 gengen jedoch fr die Annahme einer fristlosen Kndigung. Darin wird dezidiert
vorgetragen, dass ein Sohn der Beklagten regelmig
nachts zwischen 1.00 Uhr…1.30 Uhr die Wohnungstr mit
lautem Knall zuschlug, und dass die Kinder um 23.00 Uhr
im Garten noch Fuball spielten und dieselben auch Lcher in den Zaun eintraten. Der Zeuge hat auch angegeben, dass der Erstbeklagte am 21.3.2009 den Klgern „mit
der Faust drohte“ und ihnen noch nachrief, sie sollten sich
entfernen, weil sie ansonsten noch ihn zu spren bekmen. Auch die Erstbeklagte hat sich in diesem Sinne gegenber dem Zeugen H. benommen, in dem dieser nmlich angab, dass sie auf ihn zukam und die Fuste gegen
ZMR 2012, 354
ihn erhob. Die Kammer will sich im brigen ersparen, die
weiterhin vorgetragenen Grnde im Einzelnen darzulegen,
denn die Summe der bereits vorgetragenen Zustnde
rechtfertigen mindest die Annahme einer fristlosen Kndigung.
e) Eine fristlose Kndigung ist auch nicht dadurch entfallen, dass eine so genannte Abmahnung nicht vorgelegen
habe. Nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Abhilfefrist entbehrlich, wenn dies offensichtlich keinen Erfolg verspricht
oder wenn die sofortige Kndigung aus besonderen Grnden unter Abwgung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Ein solcher Fall liegt vor, wenn innerhalb eines
fr den Mieter zumutbaren Zeitraums keine Abhilfe mglich ist (so ausdrcklich Schmidt…Futterer, § 543 BGB
Rdn. 34). Auerdem ist eine Kndigung ohne Fristsetzung
mglich, wenn dem Vermieter auf Grund besonderer Umstnde kein weiteres Zuwarten mglich oder zumutbar ist.
Hiervon kann beispielsweise dann ausgegangen werden,
wenn ein Mieter bereits aufgefordert worden ist, dem unzumutbaren Zustand Abhilfe zu schaffen (LG Landshut,
NJW…RR 1986, 640). Sptestens durch die Klageerhebung
am 23.5.2011 war auch den Beklagten bewusst geworden,
dass die Klger in ihrer Eigenschaft als Vermieter diesen
Zustand nicht mehr hinzunehmen gedenken. Deshalb
kann in der Klageerhebung auf eine Abmahnung erkannt
werden, denn das Prozessverhalten der Beklagten lsst
eher darauf schlieen, dass sie auf ihrem Standpunkt beharren, und keinerlei Einsicht zeigen. Die vom AG geforderte Abmahnung wre ansonsten reine Frmelei, was
vom Gesetzgeber mit Sicherheit nicht beabsichtigt war.
Das gesamte Verhalten der Beklagten lsst den geradezu
zwingenden Schluss zu, dass sie auch auf eine Abmahnung nicht reagieren, sondern dies sie im Gegenteil noch
aggressiver werden lsst. Davon geht auch das Gesetz aus,
denn nach § 543 Abs. 3 Nr.1 BGB ist eine Abmahnung
dann entbehrlich, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg
verspricht. Das gesamte Verhalten der Beklagten ist von
dieser Ausnahme erfasst und das AG hat sich im brigen
nicht damit auseinandergesetzt, weshalb trotz dieser eher
extensiv auszulegenden Ausnahme eine Abmahnung noch
erforderlich ist. . . .
Einsender: Richter am LG Dr. Lerch, Frankfurt
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Sachverhalt:
… entnommen aus AG Hamburg-Blankenese … 531 C 82/10 ….
Die Beklagte ist Mieterin der Wohnungseigentmerin W. Sie nutzt die
Wohnung in W-strae 2 e, in der auch die Klger zu 1 und 2 Wohnungseigentum haben.
§ 2 Nr. 3 der Gemeinschaftsordnung zur Teilungserklrung vom 6.8.1981
regelt,
„die Wohnungen drfen grundstzlich nicht zu anderen als Wohnzwecken
verwendet werden. . . .“
Die Wohnungseigentmerin W. hat ihre Wohnung an eine gewerbliche
Zwischenvermieterin (H) vermietet. Diese ihrerseits ist Vertragspartnerin
der Beklagten.
Fr die Wohnungseigentmergemeinschaft gilt kraft Beschlusses die Hausordnung, in deren § 1 es u. a. heit:
„Im Interesse aller Hausbewohner ist Ruhe mit einer Geruschentwicklung
nur bis zur Zimmerlautstrke wie folgt einzuhalten:
Werktglich 13.00 bis 15.00 Uhr, 20.00 bis 07.00 Uhr, Sonn- und Feiertags
12.00 bis 15.00 Uhr und 20.00 bis 09.00 Uhr.“
Entsprechend wurde auf der Eigentmerversammlung vom 29.8.2006 beschlossen.
Ob und welche Ruhezeiten der Mietvertrag zwischen der gewerblichen
Zwischenvermieterin und der Beklagten enthlt, ist nicht mitgeteilt.
Die Klger behaupten, die Beklagte wrde ruhestrenden Lrm weit ber
Zimmerstrke hinaus verursachen und sich nicht an die Hausordnung der
Wohnungseigentmer in Bezug auf die Ruhezeiten halten.
Die Beklagte behauptet, sie habe bei der Anmietung gegenber dem gewerblichen Zwischenvermieter (H) die Zusicherung erhalten, in ihrer Wohnung bis zu 4 Stunden tglich Musik ben zu drfen.
Die Beklagte sei im brigen beim Johannes-Brahms-Konservatorium in
Hamburg im Oktober 2004 fr ein Musikstudium zugelassen.
Lediglich auf Grund eines Schicksalsschlages sei die Beklagte seit Herbst
2002 gezwungen, neben ihrer Ttigkeit als Lehrkraft fr die Hamburger
Schulbehrde auch noch dazu zu verdienen und gebe deshalb Nachhilfeunterricht und privaten Musikunterricht.
Der Musikunterricht beschrnke sich auf vier Kinder Æ 45 Minuten in der
Wohnung am Dienstag sowie 14-tgig am Mittwochabend noch einmal
Musikunterricht fr eine Schlerin (vor 20.00 Uhr).
Die Beklagte habe im brigen mit dem Klger zu 2 oft ber ihre Leidenschaft fr die Hausmusik gesprochen. Dieser wusste daher, dass die Beklagte Musikerin ist. Noch vor Einzug in die Wohnung habe die Beklagte mitgeteilt, dass sie die Wohnung nicht beziehen wrde, wenn sich der Klger
zu 2 durch das Musizieren gestrt fhle. Daraufhin sei ihr mitgeteilt worden, dass er auf die knftige Nachbarschaft sich freue und das Musizieren
ihm nichts ausmache und „kein Problem sei“.
Als die Zeugen K. einzogen, sei ebenfalls ber das Thema Hausmusik gesprochen worden.
Die Zeugen K. seien tatschlich selbst mit zwei Klavieren eingezogen.
Direkter Unterlassungsanspruch gegenber Mieter
11. BGB § 1004:
1. Eine Mieterin ist an die von den Wohnungseigentmern beschlossene Hausordnung im Verhltnis zu den
Wohnungseigentmern gebunden; sie kann ihnen keine abweichenden mietvertraglichen Regelungen entgegenhalten.
2. Musikunterricht zur Aufbesserung der sonstigen Bezge ist teilgewerbliche Nutzung.
3. Bei Notwendigkeit einer Verwalterzustimmung muss
diese in der Regel beantragt und ausdrcklich erteilt
worden sein.
LG Hamburg, Urteil vom 25.11.2011
317 S 55/11
Weitere Versuche des Klgers zu 1, das Spielen von Musikinstrumenten
auf tglich 1,5 Stunden innerhalb der Eigentmergemeinschaft zu begrenzen, wurde abgelehnt. Insoweit wird verwiesen auf die erfolglosen Prozesse
der Klger zum Aktenzeichen … 506 II 30/05 … sowie LG Hamburg … 318 T
229/05 ….
Die Beklagte bestreitet insbesondere die Vorwrfe hausordnungswidriger
Musik am 13., 15. und 17.7.2008 sowie zu den unter a) bis r) im Schriftsatz
vom 10.6.2010 aufgefhrten Zeiten.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei an die Hausordnung der Eigentmergemeinschaft nicht gebunden, sondern vielmehr „zu einer anderen
Hausordnung eingezogen“.
Auerdem knne das 5 x 45-mintig wchentliche Musikunterrichterteilen
nicht als teilgewerbliche Nutzung angesehen werden.
Darber hinaus beruft sich die Beklagte auf Verwirkung des Unterlassungsanspruchs. Insoweit verweist sie darauf, dass der Klger zu 2 als Zeuge vor
Gericht fr die Beklagte aufgetreten sei.
Im brigen sei der Klger zu 1 in seinem Eigentum schon deshalb nicht
beeintrchtigt, weil er nicht im selben Hause wohne.
Darber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass ihre mietvertragliche
Hausordnung im Hamburger Mietvertrag von 1998 (nicht vorgelegt) anerkanntermaen gegen das AGB-Recht verstoe (§§ 307 und 309 Ziffer 12
BGB).
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Aus den Grnden:
1. Die Beklagte ist verpflichtet, ruhestrenden Lrm auerhalb der Ruhezeiten, die in der Hausordnung vom
29.8.2006 niedergelegt sind, zu unterlassen.
Die Kammer folgt … wie das AG … der herrschenden Auffassung, dass einem Wohnungseigentmer gem § 1004
Abs.1 BGB direkte Unterlassungsansprche zustehen,
wenn der Mieter eines anderen Wohnungseigentmers
sich nicht an die Gebrauchsbeschrnkungen hlt, die sich
aus der Teilungserklrung oder einem Beschluss der Eigentmergemeinschaft zur Gemeinschaftsordnung ergeben.
Auf die Ausfhrungen des AG und die im Urteil zitierten
Fundstellen wird Bezug genommen; ergnzend wird auf
das Urteil des BGH vom 29.11.1995 … XII ZR 230/94 … hingewiesen.
Es kommt fr diesen Anspruch in keiner Weise darauf an,
welche Regelungen im Mietvertrag der Beklagten mit dem
betroffenen Wohnungseigentmer bzw. dem eingeschalteten gewerblichen Zwischenvermieter getroffen werden.
Es kommt vorliegend auch nicht darauf an, ob sich tatschliche Verste der Beklagten gegen die Ruhezeiten ergeben, denn der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klger ist schon dann begrndet, wenn die Beklagte ihre Bindung an die Hausordnung ernsthaft in Abrede stellt. Das war jedoch schon erstinstanzlich der Fall
und in II. Instanz lsst die Beklagte erneut dezidiert ausfhren, dass die von der Eigentmergemeinschaft beschlossene Hausordnung ihr gegenber aus Rechtsgrnden keine Wirkung entfalte, sondern sie nur an die in ihrem Mietvertrag getroffenen Regelungen gebunden sei. . . .
3. Die Beklagte ist verpflichtet, Musikunterricht in ihrer
Wohnung vollstndig zu unterlassen, weil es sich um eine
Nutzung handelt, die gegen II § 2 Nr. 3 der Teilungserklrung verstt.
Die Beklagte selbst betont, dass sie den streitigen Musikunterricht erteilt, um durch die daraus erzielten Einnahmen einen Teil ihres Lebensunterhalts zu bestreiten.
Schon deshalb kann es nicht zweifelhaft sein, dass es sich
bei dem erteilten Musikunterricht um eine (teil-) gewerbliche Nutzung im Sinne der Regelung in der Teilungserklrung handelt; jedenfalls handelt es sich nicht um eine
Wohnnutzung (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 5.1.2010
… V ZR 72/09 …, wonach die dort streitige Vermietung an
Feriengste keine Wohnnutzung darstellt, die Wohnung
aber gleichwohl zu diesem Zweck genutzt werden darf).
Die Ausfhrungen der Beklagten dazu, ob diese Nutzung
ber das Ma hinausgeht, das bei Wohnzwecken blich
ist, sind nicht fr die Frage von Bedeutung, ob es sich um
eine (teil-) gewerbliche Nutzung handelt, sondern fr die
davon deutlich zu trennende und nicht streitgegenstndliche Frage, ob diese Nutzung gleichwohl nach der Zweckbestimmung der Teilungserklrung zu gestatten ist. Diesbezglich regelt die Teilungserklrung eindeutig, dass Ausnahmen der Zustimmung des Verwalters bedrfen. Diese
Bestimmung stellt sicher, dass ein Verfahren vorgesehen
ist, das zu einem alle Eigentmer bindenden formellen Ergebnis fhrt. Soweit die Beklagte dazu ausgefhrt hat, dass
der Verwalterfirma der Musikunterricht bekannt sei und
sie von einer konkludenten Genehmigung ausgehe, kann
dem nicht gefolgt werden, denn es ist gerade ein frmliches Verfahren vorgesehen. Ohne einen formellen Antrag
ZMR 2012, 355
und dessen Bescheidung kann daher eine Entscheidung
des Verwalters nicht angenommen werden. Schon wegen
der Tatsache, dass bezglich des Musikunterrichts der Beklagten offenbar eine Vielzahl von Beschwerden verschiedener Wohnungseigentmer vorliegen, kann die Beklagte
zudem eine bloe Kenntnis des Verwalters nicht als Zustimmung auslegen.
4. Die Androhung von Ordnungsmitteln fr den Fall des
Verstoes gegen das Unterlassungsurteil nach § 890 Abs. 2
ZPO kann im Urteil oder durch spteren Beschluss erfolgen (vgl. Zller/Stber, ZPO, 28. Aufl., § 890 Rdn.12 a).
Einsender: Richter am AG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Anmerkung:
Vgl. AG Hannover, ZMR 2002, 873; LG Frankfurt, NJWRR 1993, 981; LG Wuppertal, ZMR 2002, 231; Nsslein,
PiG, Bd. 76 (2006), S.128; a. A.: Armbrster, FS fr Seuss
(2007), S.17.
Mieterhhungsverlangen unter Bezugnahme auf rtlich
und sachlich unanwendbaren Mietspiegel
12. BGB § 558 a Abs. 2 Nr.1, Abs. 4 Satz 2:
1. Zur Begrndung eines Mieterhhungsverlangens
kann nach § 558 a Abs. 2 Nr.1, Abs. 4 Satz 2 BGB nur auf
den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde, nicht
aber auf den einer nicht vergleichbaren Gemeinde Bezug genommen werden. Das Mieterhhungsverlangen
ist deshalb mangels Begrndung unwirksam, wenn die
beiden Gemeinden offensichtlich nicht vergleichbar
sind. Fr diesen Vergleich kommt es auf die Gebietskrperschaften in ihrer Gesamtheit an. Unerheblich ist
hingegen, ob einzelne Gemeindeteile der Nachbargemeinde vergleichbar sind, jedenfalls wenn der Mietspiegel der Nachbargemeinde sich ber deren gesamtes Gemeindegebiet erstreckt.
2. Zur Begrndung eines Mieterhhungsverlangens
kann nicht auf einen Mietspiegel Bezug genommen
werden, der fr die fragliche Wohnflche („Growohnungen“) keine Tabellenwerte ausweist. Daran ndert
sich auch nichts, wenn durch Bezugnahme auf einen
Mietspiegel ber Wohnungen in Mehrfamilienhusern
ein Mieterhhungsverlangen fr ein Einfamilienhaus
begrndet werden soll.
LG Heidelberg, Urteil vom 17.2.2012
5 S 95/11
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um Erhhung der Miete fr eine den Klgern gehrende Doppelhaushlfte, die sie den Beklagten vermietet haben. Das Anwesen liegt in der Stadt E., die an den Stadtkreis H. … Stadtteil W. … angrenzt. Die Beklagten bauten das Dachgeschoss des Hauses auf eigene Kosten zu Wohnraum aus.
Mit Schreiben vom 2.5.2011 verlangten die Klger die Zustimmung zur Erhhung der Grundmiete auf 1190,… . und nahmen hierfr auf den Mietspiegel der Stadt H. Bezug, woraus sie den Quadratmeterpreis (bezogen auf
eine Wohnflche von 151 m2) fr Wohnungen Baujahr 1980 bis 1989 entnahmen und u. a. einen Zuschlag von 18 % fr den H.er Stadtteil W. ansetzten, der der Stadt E. hnlich sei. Fr E. existiert kein Mietspiegel, fr
die Stadt H. hingegen ein qualifizierter Mietspiegel.
Die Klger haben vor dem AG die Ansicht vertreten, eine Bezugnahme auf
den Mietspiegel von H. sei mglich, weil W. mit E. vergleichbar sei; die
H.er Stadtteile seien in sich so inkohrent, dass eine Vergleichbarkeit nur
ZMR 2012, 356
zu ihnen, nicht aber zu H. als Ganzem hergestellt werden knne. W. und
E. unterschieden sich hingegen nur in der Himmelsrichtung. Die Beklagten
haben fr die Mieterhhung hingegen allein den Vergleich H./E. fr mageblich gehalten. Diese Gemeinden aber seien nicht vergleichbar.
Aus den Grnden:
. . . b) Einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhhung haben die Klger bereits deshalb nicht, weil ihr Mieterhhungsverlangen vom 2.5.2011 nicht den gesetzlichen
Voraussetzungen gengt und deshalb unwirksam ist. Nach
§ 558 a Abs. 2 Nr.1, Abs. 4 Satz 2 BGB durfte zur Begrndung des Verlangens nicht Bezug auf den H.er Mietspiegel
genommen werden, weil dafr H. und E. vergleichbare Gemeinden sein mssten, was offensichtlich nicht der Fall ist
(1). Die Bezugnahme auf den Mietspiegel war aber auch
deshalb keine geeignete Begrndung des Mieterhhungsverlangens, weil der Mietspiegel fr den vorliegenden Fall
auch sachlich nicht gilt (2). Wie es sich auswirkt, dass die
im Mieterhhungsverlangen angegebene Wohnflche … zu
Unrecht, vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1384 … auch das von
den Beklagten auf eigene Kosten ausgebaute Dachgeschoss umfasste und im brigen auch hierfr noch zu
hoch angesetzt war, kann deshalb dahinstehen.
(1) Nach § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB kann, wenn in dem
Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklrung abgibt,
kein Mietspiegel vorhanden ist, bei dem § 558 c Abs. 3
oder § 558 d Abs. 2 eingehalten ist, auch ein anderer, insbesondere ein veralteter Mietspiegel oder ein Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde verwendet werden. ber
den Wortlaut hinaus ist anerkannt, dass erst recht dann
ein anderer Mietspiegel verwendet werden kann, wenn in
der Gemeinde, in der die Mietsache liegt, berhaupt kein
Mietspiegel vorhanden ist (Brstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 558 a Rdn. 41).
(a) Ungeachtet des Wortlautes „insbesondere“ kann diese
Vorschrift aber nicht so verstanden werden, dass der „andere“ Mietspiegel auch ein solcher einer nicht vergleichbaren Gemeinde sein drfte. Denn dann liefe die ausdrckliche Nennung der „vergleichbaren Gemeinde“ ins Leere.
Angesichts der Funktion des Begrndungserfordernisses
ist allerdings ausreichend, dass die behauptete Vergleichbarkeit der Gemeinden nicht offensichtlich unbegrndet
ist (OLG Stuttgart, RE, ZMR 1982, 215 [216] = NJW
1982, 945). Diese noch zu § 2 Abs. 2 Satz 2 MHRG ergangene Rechtsprechung ist auf § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB
bertragbar. Der Gesetzgeber wollte mit der neuen Formulierung des § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB lediglich noch zustzlich die Regelung des § 2 Abs. 6 MHRG bernehmen (BTDrucks. 439/00, S.139), die Mietspiegel alten Rechts betraf
(Barthelmess, Wohnraumkndigungsschutzgesetz, Miethhegesetz, Kommentar, 5. Aufl. 1995, § 2 Rdn. 84), aber keine inhaltliche ˜nderung vornehmen.
(b) Der H.er Mietspiegel ist offensichtlich kein Mietspiegel einer E. vergleichbaren Gemeinde. Der Stadtkreis H.
mit ber 140 000 Einwohnern verfgt ber Universitt,
Hauptbahnhof, Theater, weltberhmte Schlossruine und
zahlreiche andere Besonderheiten, die ihn von der Stadt
E. mit ca. 15 000 Einwohnern erheblich unterscheiden. Ob
hingegen der H.er Stadtteil W. der Stadt E. vergleichbar ist
oder … offensichtlich … nicht, kann dahinstehen, weil das
Gesetz hierauf nicht abstellt:
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Wenn in § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB von dem Mietspiegel
einer „vergleichbaren Gemeinde“ die Rede ist, dann ist damit ein Rechtsbegriff gewhlt, der in Art. 28 GG und ihm
folgend in den Gemeindeordnungen der Bundeslnder
(vgl. nur § 1 GemO Bad.-Wrtt.) eine feste Bedeutung hat.
Gemeinde in diesem Sinne ist aber nur der Stadtkreis H.
(§ 3 Abs.1 GemO Bad.-Wrtt.), whrend W. lediglich dessen Stadtteil ist (§ 1 Satzung ber die Stadtteilgrenzen der
Stadt H. vom 2.10.2003). Auch die Systematik spricht fr
diese enge Auslegung, denn in § 558 c Abs. 2 BGB unterscheidet das Gesetz sehr genau zwischen „Gemeinden“
und „Gemeindeteilen“, und auch die ortsbliche Vergleichsmiete selbst wird nur gebildet aus den „blichen
Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren
Gemeinde“ erzielt werden (§ 558 Abs. 2 BGB). Mageblich
ist also allein der Vergleich der Gemeinden als Gebietskrperschaften in ihrer Gesamtheit. Ein Teilvergleich ist unzulssig (LG Darmstadt, WuM 1996, 559; LG Mnchen II,
WuM 1986, 259; Brstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 558 a Rdn. 45) und kann auch hier
nicht unter Hinweis auf den nur beispielhaft („insbesondere“) genannten Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde als zulssig angesehen werden. Allenfalls knnte
eine ausweitende Auslegung angezeigt sein, wenn die
Nachbargemeinde lediglich fr den in Bezug genommenen Stadtteil … als Gemeindeteil i. S. des § 558 c Abs. 2
BGB … einen eigenen Mietspiegel erstellt htte. Das ist
aber vorliegend nicht der Fall, sondern der Mietspiegel erstreckt sich auf das gesamte Gemeindegebiet H.s und sieht
lediglich Zuschlge fr einzelne Stadtteile vor.
Soweit ersichtlich, war in anderen Urteilen nicht die Wirksamkeit des Erhhungsverlangens Gegenstand, sondern es
sollten Mietspiegel von an sich nicht vergleichbaren Gemeinden … teils mit Abschlgen … lediglich als Beweismittel zur Ermittlung der ortsblichen Vergleichsmiete herangezogen werden (LG Potsdam, WuM 2004, 671: Berlin fr
Schnefeld; LG Stuttgart, WuM 1993, 361: Stuttgart mit
Abschlag auf Leinfelden-Echterdingen). Darum aber geht
es vorliegend nicht.
(2) Das Mieterhhungsverlangen ist zudem deshalb unwirksam, weil der Mietspiegel der Stadt H. auf die Doppelhaushlfte der Klger nicht nur rtlich, sondern auch sachlich unanwendbar ist. Der Mietspiegel gilt nicht fr Einund Zweifamilienhuser sowie fr Wohnungen, fr die in
Tabelle 1 („Basismietpreistabelle“) keine Werte ausgewiesen sind (Mietspiegel der Stadt H., 2009, S.1). Zwar hat
der BGH entschieden, dass fr Einfamilienhuser gleichwohl auf solche Mietspiegel wirksam Bezug genommen
werden kann, jedenfalls wenn die geforderte Miete innerhalb der Mietpreisspanne fr Wohnungen in Mehrfamilienhusern liegt (BGH, NZM 2009, 27). Das entbindet
den Vermieter aber nicht davon, zur Begrndung auf einen Mietspiegel zu verweisen, der fr die entsprechende
Wohnflche berhaupt Angaben enthlt. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Tabelle 1 des Mietspiegels fhrt
nur Wohnflchen bis 140 m2 auf, whrend die Klger
Mieterhhung fr eine Doppelhaushlfte mit … angeblich
… 151 m2 verlangten. Wenn aber die Kammer es mit Rcksicht auf die ausdifferenzierten Tabellenwerte und in
bereinstimmung mit der Literatur (Brstinghaus, in:
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 558 a
Rdn. 35) bereits fr unwirksam erachtet, mit dem Mietspie-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
gel ein Mieterhhungsverlangen fr nicht aufgefhrte
Growohnungen zu begrnden, dann muss das erst recht
fr Einfamilienhuser mit entsprechender Wohnflche
gelten. Die hchstrichterliche Rechtsprechung auf solche
Flle auszudehnen, dazu besteht kein Anlass.
Einsender: Richter Dr. H. Feurer, Heidelberg
Anmerkung der Schriftleitung:
Vgl. auch J. Riecke, NZM 1998, 561 zur Heranziehung von
Mietspiegeln anderer Gemeinden.
Eigenbedarfskndigung, vorhersehbarer Bedarf
13. BGB §§ 573, 575:
Die Eigenbedarfskndigung darf nicht auf einen Bedarf
gesttzt werden, der bereits bei Abschluss des Mietvertrags vorhersehbar war, wenn die Kndigung vor Ablauf
von fnf Jahren nach Vertragsschluss ausgesprochen
wird. Nicht erforderlich ist, dass der Vermieter den
knftigen Bedarf genau kannte. Es reicht aus, wenn der
Vermieter den knftigen Bedarf bei vorausschauender
Planung htte in Erwgung ziehen mssen. Gehren
zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses zum Haushalt
des Vermieters drei Kinder im Alter zwischen ca. 14
und 19 Jahren, so muss der Vermieter damit rechnen,
dass sich jedenfalls eines der Kinder in absehbarer Zeit
(innerhalb der nchsten fnf Jahre) selbstndig machen
und aus dem Elternhaus ausziehen will.
LG Lneburg, Urteil vom 7.12.2011
6 S 79/11
Sachverhalt:
I. Der Klger begehrt die Rumung eines Mietobjektes in . . . sowie die Freistellung von auergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Den geltend gemachten Rumungsanspruch hat er zunchst auf eine Eigenbedarfskndigung gesttzt.
Das AG hat die Klage mit Urteil vom 28.6.2011 abgewiesen. Zur Begrndung hat es angefhrt, die Eigenbedarfskndigung sei unwirksam, weil der
Klger bereits im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in Erwgung htte
ziehen mssen, dass er die Wohnung in absehbarer Zeit fr eines seiner 3
Kinder bentigt. Hierauf htte er die Beklagten hinweisen mssen.
Der Klger meint, dass die Anforderungen an eine zureichende Bedarfsvorschau durch den Vermieter nicht berspannt werden drften. Eine Eigenbedarfskndigung sei nicht wegen einer bei Begrndung des Mietverhltnisses schon absehbaren Eigenbedarfslage unwirksam, wenn zur Familie
des Vermieters Kinder oder Heranwachsende gehren, von denen der Vermieter nicht wei, wann sie sich vom elterlichen Haushalt lsen und an
welchem Ort sie selbstndig leben wollen.
In Abweichung bzw. Ergnzung des erstinstanzlichen Vortrages trgt der
Klger vor, dass der Sohn zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses noch
nicht mit einer Ausbildung begonnen htte, dieser sich vielmehr, wie auch
die beiden anderen Kinder des Klgers, noch in der Schulausbildung befunden htte.
Mit Schriftsatz vom 11.10.2011 hat der Klger die Klage erweitert. Er begehrt nunmehr hilfsweise die Rumung und Herausgabe des Objektes zum
30.11.2011 unter Hinweis auf eine Kndigung wegen unpnktlicher und
unvollstndiger Mietzinszahlungen und macht weitere auergerichtliche
Rechtsanwaltskosten geltend.
Aus den Grnden:
II. 1. Die Kndigung vom 30.5.2010 hat das erst seit dem
1.11.2008 zwischen den Parteien bestehende Mietverhltnis nicht beendet.
Die auf den Wohnbedarf des ltesten Sohnes des Klgers
gesttzte Kndigung ist unwirksam.
ZMR 2012, 357
Die Eigenbedarfskndigung darf nicht auf einen Bedarf gesttzt werden, der bereits bei Abschluss des Mietvertrages
vorhersehbar war, wenn die Kndigung vor Ablauf von 5
Jahren nach Vertragsschluss ausgesprochen wird (vgl. LG
Hamburg, WuM 1993, 677; Schmidt-Futterer, Mietrecht,
10. Aufl., § 573 Rdn.137 [138]).
Nicht erforderlich ist, dass der Vermieter den knftigen
Bedarf genau kannte. Es gengt, wenn der Vermieter den
knftigen Bedarf bei vorausschauender Planung htte in
Erwgung ziehen mssen (Schmidt-Futterer, a. a. O.,
Rdn.138 und LG Hamburg, WuM 1993, 677). Fr die Vorhersehbarkeit kommt es auch nicht auf eine konkrete Lebensplanung oder sichere Prognose der Lebensentwicklung an; entscheidend ist allein die nahe liegende Mglichkeit des Eintritts eines Eigenbedarfsfalles in absehbarer
Zeit (LG Berlin, NZM 1998, 433). Ob der Bedarf beim
Vertragsschluss vorhanden oder vorhersehbar gewesen ist,
richtet sich nach den Umstnden des Einzelfalls. Mageblich sind nicht die subjektiven Vorstellungen des Vermieters, sondern die tatschlichen Verhltnisse bei Abschluss
des Mietvertrages (LG Gieen, WuM 1996, 416).
Vorliegend liegen zwischen dem Abschluss des Mietvertrages und dem Ausspruch der Kndigung lediglich 21 Monate.
Unter Zugrundelegung des Vortrages des Klgers gehrten
zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses zum Haushalt
des Klgers 3 Kinder im Alter zwischen ca. 14 und 19 Jahren. Der lteste Sohn bewohnte im Elternhaus ein 14 m2
groes Zimmer.
Der Klger musste damit rechnen, dass sich jedenfalls eines der Kinder in absehbarer Zeit (innerhalb der nchsten
5 Jahre) selbstndig machen und aus dem Elternhaus ausziehen will. Dies gilt insbesondere fr den ltesten Sohn,
fr den nunmehr der Eigenbedarf geltend gemacht wird.
Der Klger kann auch nicht mit Erfolg einwenden, dass
sein Sohn erst nach Abschluss des Mietvertrages mit seiner
Lebensgefhrtin zusammen gekommen sei und diese erst
spter, auf Grund weiterer Umstnde die Entscheidung
des Zusammenziehens getroffen htten. Bei einer vorausschauenden Betrachtung htte der Klger in Erwgung ziehen mssen, dass sein erwachsener Sohn in dem mageblichen Zeitraum von 5 Jahren eine Freundin kennen lernen
und den Wunsch hegen wrde, mit dieser zusammenzuziehen. Hierbei handelt es sich um einen normalen Vorgang, mit dem nach der Lebenserfahrung zu rechnen ist.
Auf Grund der von dem Klger geschilderten Wohnverhltnisse (insbesondere der Gre des von dem Sohn bewohnten Zimmers) musste der Klger auch damit rechnen,
dass der Sohn in absehbarer Zeit insbesondere bei Zusammenzug mit einer Freundin nicht im Elternhaus verbleiben wrde.
Ohne Erfolg wendet der Klger weiter ein, dass nicht vorhersehbar gewesen sei, wo der Sohn sich selbstndig machen
wrde, da es auch htte sein knnen, dass der Sohn zu Ausbildungszwecken in andere Bundeslnder gegangen wre.
Der Mietvertrag mit den Beklagten wurde Ende August
2008 abgeschlossen. Auch wenn der Sohn zu diesem Zeitpunkt noch nicht den spteren Ausbildungsplatz in . . .
hatte und noch zur Schule ging, htte in eine vorausschauende Betrachtung einbezogen werden knnen und
mssen, dass der Sohn eine Mglichkeit zur Ausbildung
ZMR 2012, 358
zum Steuerfachgehilfen und anschlieenden Erwerbsttigkeit im pendelbaren Umkreis zur streitgegenstndlichen
Wohnung haben wrde.
Durch die Verpflichtung des Vermieters, den knftigen Eigenbedarf auf fnf Jahre zu planen, werden diesem auch
nicht unverhltnismige, durch Mieterinteressen nicht
gerechtfertigte Einschrnkungen auferlegt. Insbesondere
wird er nicht gezwungen, Rume fr seine Kinder unvermietet vorzuhalten. Der Klger htte einen befristeten Vertrag gem § 575 BGB abschlieen knnen (vgl. BVerfG,
NJW 1989, 970), wobei bei der Angabe des Grundes die Formulierung, dass der Vermieter die Wohnung „einem seiner
Kinder“ berlassen will, ausgereicht htte (vgl. Schmidt-Futterer, a. a. O., § 575 Rdn. 24). Zumindest aber htte er die Beklagten auf diese Situation hinweisen mssen.
Die von dem Klger zitierten Rechtsprechungsflle (LG
Mannheim, Beschluss vom 31.5.1990, DWW 1990, 309
und LG Stuttgart, Urteil vom 1.3.1989, WuM 1989, 249)
fhren im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Beurteilung der Voraussehbarkeit.
Zu bercksichtigen ist, dass es sich immer um eine Einzelfallentscheidung handelt, bei der die konkreten Umstnde
(Anzahl, Alter der Kinder, Schule oder bereits in der Berufsausbildung, Wohnsituation der Kinder) zu bercksichtigen sind. Das LG Stuttgart hatte einen Fall zu entscheiden in dem der Sohn des Vermieters zum Zeitpunkt des
Mietvertragsabschlusses erst 16 Jahre alt war. Vorliegend
war der lteste Sohn zum mageblichen Zeitpunkt bereits
19 Jahre alt und hatte bereits einen Schulabschluss. In
dem von dem LG Mannheim zu entscheidenden Fall sollte die Enkelin in die Wohnung einziehen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch zur Schule
ging und nicht wusste, ob sie studieren oder eine Ausbildung machen wrde. Vorliegend stand eines von 3 Kindern des Klgers zumindest kurz vor dem Beginn einer Berufsausbildung.
2. Klageerweiterung in der Berufungsinstanz:
Soweit der Klger im Berufungsverfahren ber die bereits
erstinstanzlich geltend gemachten Ansprche hinaus hilfsweise die Rumung zum 30.11.2011 sowie die Erstattung
weiterer auergerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt
und diese Ansprche auf eine am 5.8.2011 ausgesprochene
Kndigung wegen unpnktlicher bzw. unvollstndiger
Mietzinszahlungen sttzt, ist diese Klageerweiterung nicht
zulssig. . . .
Die Kndigung vom 5.8.2011 beruht auf vllig neuem
Sachverhalt.
Die Kammer msste ber einen vollstndig anderen Sachverhalt als das AG befinden, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessfhrung nicht verwertet werden knnte. Die Klageerweiterung kann danach auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesskonomie nicht als
sachdienlich bewertet werden.
Rein vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die
vorgetragenen Zahlungsunpnktlichkeiten eine ordentliche Kndigung rechtfertigen wrden. Trotz der Abmahnung vom 16.6.2011 haben die Beklagten … den Vortrag
des Klgers als richtig unterstellt … die Miete fr Juli 2011
anfangs wieder nur unvollstndig gezahlt. Auch nach der
2. Abmahnung im Juli 2011 wurde wiederum Anfang August 2011 nur ein Teil der Miete gezahlt.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Einrohrheizung; Fernwrmekosten; Abrechnung
14. BGB §§ 433, 453:
Ein elektronischer Heizkostenverteiler kann bei einer
Einrohrheizung im Mehrfamilienhaus zur Messung der
gelieferten Wrme ungeeignet sein.
Ein abgerechneter Verbrauch muss mindestens tatschlich und rechnerisch mglich sein.
LG Nrnberg-Frth, Urteil vom 17.8.2011
12 O 4361/10
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um eine offene Heizkostenabrechnung.
Zwischen ihnen (Lieferant und Vermieter) besteht ein Vertrag ber die Versorgung mit Fernwrme bezglich des Anwesens W.strae 4 bis 6, dessen
Eigentmerin und Vermieterin die Beklagte ist. In dem Anwesen sind elektronische Heizkostenverteiler zur Verbrauchsmessung installiert.
Die Klgerin behauptet, im Zeitraum vom 1.6.2007 bis 31.5.2008 habe die
Beklagte an der Verbrauchsstelle im 8. OG links Wrme- und Warmwasserlieferungen zu einem Preis von 5725,55 . bezogen. Dies ergebe sich aus
der Abrechnung vom 21.7.2008 sowie aus den vorgelegten Messprotokollen. Den Rechnungsbetrag hat die Beklagte … insoweit unstreitig … bislang
nicht beglichen. Die Klgerin behauptet ferner, die abgerechneten Verbrauchskosten seien korrekt ermittelt und ordnungsgem in Rechnung gestellt worden. Der elektronische Heizkostenverteiler zur Verbrauchsmessung entspreche dem Stand der Technik und erweise sich als zuverlssig.
Die Beklagte behauptet, die Wohnung im 8. OG links des Anwesens habe
whrend der Abrechnungsperiode leergestanden. Von den 7 in der Wohnung vorhandenen Heizkrpern seien nur zwei betrieben worden, nmlich
im Wohnzimmer und im Flur, dies auch nur an ganz bestimmten Tagen.
Die Heizkrper seien in der Zeit vom 16.11. bis 4.12.2007 und vom
12.12.2007 bis 6.5.2008 nur leicht aufgedreht worden, um eine Temperatur
von ca. 21 Grad zu erreichen. Auerhalb dieser Zeitrume sei die Wohnung nicht beheizt worden. Ein Wasserverbrauch sei nicht erfolgt. Den
mit der streitgegenstndlichen Rechnung geltend gemachten Umfang an
Heizenergie habe die Beklagte daher nicht bezogen. Das Messverfahren
mit elektronischen Heizkostenverteilern sei bei einer Einrohrheizungsanlage ungenau und sehr fehlerintensiv. Die von der Klgerin eingebaute Messtechnik sei fr die Heizungsanlage der Beklagten nicht geeignet. Es sei daher zu Fehlmessungen gekommen. Dies zeige sich auch daran, dass der klgerseits geltend gemachte Verbrauch trotz des Leerstandes den durchschnittlichen Verbrauch der brigen Wohnungen des Anwesens um ein
Vielfaches bersteige.
Aus den Grnden:
I. Die Klage ist unbegrndet. Die Klgerin hat gegenber
der Beklagten keinen Vergtungsanspruch fr gelieferte
und verbrauchte Fernwrme aus §§ 433 Abs. 2, 453 Abs.1
BGB.
Dass fr die im 8. OG links dieses Anwesens gelegene
Wohnung Heizenergie geliefert und verbraucht worden
ist, wie es sich aus der Abrechnung ergibt, hat sich im Rahmen der durchgefhrten Beweisaufnahme nicht besttigen
knnen.
Die Beklagte hatte dezidiert die tatschlichen Umstnde
vor Ort sowie den Leerstand und den durchschnittlichen
Verbrauch der brigen Wohnungen dargelegt. Schon nach
diesen Darlegungen muss der streitgegenstndlich geltend
gemachte Verbrauch als ungewhnlich hoch angesehen
werden. Die Beklagte hatte ferner ausgefhrt, dass die vor
Ort befindliche Verbrauchsmessung mittels elektronischem Heizkostenverteiler ungeeignet und fehleranfllig
sei. Diese Einschtzung hat der gerichtlich beauftragte
Sachverstndige D. in seinem Gutachten vom 23.2.2011
besttigen knnen. Danach steht zweifelsfrei fest, dass die
im streitgegenstndlichen Zeitraum fr die Wohnung ab-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
gelesenen Werte den tatschlichen Verbrauch nicht zutreffend wiedergeben. Der elektronische Heizkostenverteiler
ist fr die Messung der vorliegenden Heizungsanlage ungeeignet. Die Messwerte sind daher nicht verwertbar. Das
System aus Heizungsanlage und Messtechnik erfllt daher
nicht die Anforderungen an den Stand der Technik. Hieraus ergeben sich erhebliche Fehlmessungen. Der von der
Klgerin geltend gemachte Verbrauch ist fr die streitgegenstndliche Wohnung sowohl rechnerisch als auch tatschlich nicht mglich.
Danach erweist sich die Abrechnung vom 21.7.2008 mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als falsch.
Sie ist nicht geeignet, eine taugliche Grundlage fr die geltend gemachte Abrechnungsforderung der Klgerin zu bilden. Da eine anderweitige Grundlage der Klageforderung
weder vorgetragen noch ersichtlich ist, erweist sich die
Klage mithin als im ganzen unbegrndet.
Einsender: Norbert Deul, Pommelsbrunn
Vermieterwechsel und Glubigerstellung
15. BGB §§ 543 Abs. 2 Nr. 3 a, 566 e:
Beanspruchen mehrere (neue) Vermieter nach Veruerung vom Mieter Zahlung der Miete und kann der Mieter weder vom Grundbuchamt noch durch Vorlage
eines aktuellen Grundbuchauszugs durch den Klger sicher feststellen, wer sein aktueller Vermieter geworden
ist, so gert er nicht in Zahlungsverzug.
AG Gelsenkirchen, Urteil vom 7.11.2011
3a C 299/11
Sachverhalt:
Die Beklagte schloss mit der Rechtsvorgngerin der Klgerin einen Mietvertrag ber eine Wohnung. Am 16.11.2006 erwarb die Klgerin das Haus.
Nachdem die Beklagte die Mietzahlungen zunchst an die Klgerin leistete, zahlte sie ab November 2007 an den WEG-Verwalter. Mit Schreiben
vom 27.2.2011 forderte die Klgerin die Beklagte zur Zahlung des Mietzinses an sie auf. Die Beklagte verlangte daraufhin einen Nachweis ber die
Eigentmereigenschaft, woraufhin die Klgerin ihr einen Handelsregisterauszug bersandte. Parallel versuchte sie beim AG Gelsenkirchen den Eigentmer der streitgegenstndlichen Wohnung zu erfahren. Nachdem die
Beklagte auch im Anschluss hieran keine Mietzahlungen an die Klgerin
leistete, kndigte diese das Mietverhltnis mit Schreiben vom 1.6.2011
fristlos. Im laufenden Rechtsstreit belegte die Klgerin ihre Eigentmereigenschaft durch Vorlage eines Grundbuchauszugs.
Die Klgerin beantragte zunchst Rumung.
In der mndlichen Verhandlung vom 17.10.2011 erklrte die Klgerin die
Hauptsache fr erledigt. Die Beklagte widersprach der Erledigungserklrung.
Aus den Grnden:
Nachdem die Klgerin die Hauptsache einseitig fr erledigt erklrt hat, hatte das Gericht darber zu entscheiden,
ob sich die ursprnglich zulssige und begrndete Klage
durch ein Ereignis nach Rechtshngigkeit erledigt hat.
Die Klage war ursprnglich zulssig, aber unbegrndet.
Der Klgerin stand kein Anspruch aus § 546 BGB auf Rumung der streitgegenstndlichen Wohnung zu, da die Klgerin nicht wirksam gekndigt hat.
Die Klgerin konnte die Kndigung nicht auf § 543 Abs. 2
Nr. 3 a) BGB sttzen. Danach liegt ein wichtiger Grund
zur auerordentlichen Kndigung vor, wenn der Mieter
ZMR 2012, 359
fr zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der
Miete in Verzug ist.
Die Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der Kndigung
nicht vor. Zwar hat die Beklagte die Miete fr mehr als
zwei aufeinanderfolgende Termine nicht entrichtet, sie befand sich jedoch nicht in Verzug mit den Mietzahlungen.
Gem § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in
Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Die Beklagte hat
das Ausbleiben der Mietzahlungen nicht zu vertreten. Gem § 566 e BGB ist es Aufgabe des alten Vermieters den
Eigentmerwechsel mitzuteilen. Erfhrt der Mieter auf anderem Weg von der Eigentumsbertragung, sind die Voraussetzungen des § 566 e BGB nicht erfllt. Im Ergebnis
wird der Mieter jedoch geschtzt, bis der Erwerber einen
beglaubigten Grundbuchauszug vorlegt (Beck’scher Online-Kommentar, BGB, § 566 e Rdn. 3). Die Beklagte hat
versucht diese Anforderung zu erfllen. Ferner hat sie versucht, eine Auskunft beim AG Gelsenkirchen zu erhalten.
Die Beklagte hat mithin alles in ihrer Macht stehende versucht, um zu erfahren, wer Eigentmer der streitgegenstndlichen Wohnung ist. Die Klgerin hingegen, fr die
es ein leichtes gewesen wre, einen Grundbuchauszug vorzulegen, hat dies nicht getan. Im Ergebnis kann der Beklagten daher keine schuldhafte Versumung der Mietzahlungen vorgeworfen werden. Daran ndert sich auch
nichts auf Grund der Tatsache, dass die Beklagte die Miete
zunchst an die Klgerin zahlte. Auf Grund der verschiedenen Personen, die ihr gegenber die Mietzahlungen beansprucht haben, durfte sie berechtigte Zweifel an der
Eigentmereigenschaft der Klgerin haben.
Einsender: Rechtsanwalt Ernst Georg Tiefenbacher,
Gelsenkirchen
Minderung; selbststndiges Beweisverfahren; fristlose
Kndigung; Lrm
16. BGB §§ 242, 536, 543; ZPO §§ 485 ff.:
1. Die fristlose Kndigung des Mietverhltnisses durch
einen Mieter wegen eines nachtrglichen Mangels an
der Mietsache verstt zu einem Zeitpunkt, zu dem ein
von dem Mieter angestrengtes selbstndiges Beweisverfahren noch luft, gegen Treu und Glauben i. S. des
§ 242 BGB. Der Vermieter ist nmlich fr die Dauer des
selbstndigen Beweisverfahrens an einer Vernderung
der Mietsache zur Behebung des Mangels gehindert. Eine neuerliche Frist zur Abhilfe kann erst nach Beendigung des Beweisverfahrens wirksam gesetzt werden.
2. Wird mit der Fristsetzung zur Mngelbeseitigung eine andere Manahme als die Kndigung … etwa eine
Minderung … angedroht, kann die Kndigung wegen
des darin liegenden widersprchlichen Verhaltens
(§ 242 BGB) nicht bereits nach erfolglosem Fristablauf
erklrt werden.
AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 21.4.2011
817 C 71/10
Leitstze des Einsenders
ZMR 2012, 360
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Sachverhalt:
Begehung durch den Sachverstndigen ein korrodierter
Druckregler ausgetauscht worden ist.
Der Anspruch der Klger auf Rckzahlung der restlichen
Kaution i. H. v. 1932,30 . nach Beendigung des Mietverhltnisses gegen die Beklagten besteht nicht mehr. Er ist
durch Aufrechnung gem § 389 BGB erloschen. Die Beklagten erklrten am 17.8.2009 die Aufrechnung mit ihren
Ansprchen auf Zahlung der Miete fr die Monate Juli
und August 2009. Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Miete fr Juli und August 2009 ergibt sich aus
§ 535 Abs. 2 BGB. Das Mietverhltnis bestand in diesem
Zeitraum auch noch fort. Es ist nicht durch die auerordentliche fristlose Kndigung der Klger zum 30.6.2009
beendet worden. Den Klgern stand ein Recht zur auerordentlichen Kndigung mit Schreiben vom 27.5.2009
nicht zu.
Insoweit drfte es bereits an einem wichtigen Grund i. S.
des § 543 Abs.1 Satz 2 BGB fehlen. Nachdem die Klger
das Auftreten des Geruschs bereits nach dem Sommerurlaub 2008 feststellten und gegenber den Beklagten mit
Schreiben vom 12.11.2008 angezeigt hatten, haben sie es
ber einen so langen Zeitraum hingenommen, dass nicht
ersichtlich ist, weshalb sich daraus fast sechs Monate spter ein Recht zur fristlosen Kndigung ergeben soll. In Anbetracht der inzwischen verstrichenen Zeit wre es ihnen
zuzumuten gewesen, auch noch die ordentliche Kndigungsfrist abzuwarten. Hinzu kommt, dass sie die Beklagten auch nicht gem § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB unmittelbar
vor Ausspruch der Kndigung unter Fristsetzung zur Abhilfe aufgefordert hatten.
Jedenfalls war die fristlose Kndigung wegen Verstoes gegen das Gebot von Treu und Glauben aus § 242 BGB ausgeschlossen. Im Hinblick auf das von den Klgern und
den Beklagten einvernehmlich angestrengte Beweissicherungsverfahren und das daraus fr beide Seiten resultierende Verbot von Vernderung an der Mietsache, mussten
die Klger den Ausgang des Beweissicherungsverfahrens
und das Ende des Vernderungsverbotes zunchst abwarten, bevor sie den Beklagten abermals eine Frist gem
§ 543 Abs. 3 Satz 1 BGB zur Mngelbeseitigung setzen
konnten (s. dazu auch Blank, in: Schmidt-Futterer, MietR,
9. Aufl., § 543 BGB Rdn. 33). Sie wrden sich durch eine
fristlose Kndigung in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, zunchst ein Beweissicherungsverfahren durchfhren zu wollen, setzen.
3. Die Klger haben keine Schadensersatzansprche aus
§ 536 a BGB gegen die Beklagten. Es fehlt am Verzug der
Beklagten mit der Beseitigung des Mangels, da sie vor Ablauf des Beweissicherungsverfahrens nicht zu Vernderungen an der Mietsache berechtigt waren.
Einsender: Rechtsanwalt Carsten Kttner, Hamburg
Die Klger als ehemalige Mieter begehren von den Beklagten als den ehemaligen Vermietern anteilige Rckzahlung wegen behaupteter Lrmbelstigung unter Vorbehalt gezahlter Mieten, Rckzahlung restlicher Mietsicherheit sowie Schadensersatz wegen fristloser Kndigung wegen Verzugs mit
der Mngelbeseitigung am Mietobjekt.
Die Klger waren Mieter, die Beklagten waren Vermieter einer Wohnung
im Hause X.-Str. Zu Beginn des Mietverhltnisses leisteten die Klger eine
Mietsicherheit i. H. v. 4500,… DM. Mit Schreiben vom 12.11.2008 zeigten
die Klger den Beklagten einen Mangel in Gestalt eines nchtlichen Pfeifgerusches an, behielten sich ihr Recht zur Mietminderung vor und erklrten
die Mieten von nun an unter Vorbehalt zu zahlen. Ferner baten sie um Abhilfe bis zum 12.12.2008. Im Dezember 2008 traten beide Parteien in Kontakt und einigten sich auf die Durchfhrung eines selbstndigen Beweisverfahrens, welches von den Klgern am 8.1.2009 anhngig gemacht wurde.
Mit Schreiben vom 27.5.2009 kndigten die Klger das Mietverhltnis zum
30.6.2009. Die Klger gaben den Schlssel Ende Juni 2009 an die Prozessbevollmchtigten der Beklagten heraus. Die Klger mieteten eine Wohnung in der A. Strae 90 an. Unter dem 17.8.2009 rechneten die Beklagten
ber die Mietsicherheit ab, die sich unter dem 31.8.2009 auf 3633,71 . belief. Die Beklagten behielten einen Betrag i. H. v. 1932,30 . ein. Dieser Betrag entspricht der Hhe zweier Monatsmieten fr Juli und August 2009.
Insoweit verlangen die Klger mit der Klage Auszahlung restlicher Kaution.
Die Klger behaupten, dass sie seit ihrer Rckkehr aus dem Sommerurlaub
2008 regelmig in der Nacht gegen etwa 01:00 Uhr oder 03:00 Uhr morgens, gelegentlich gegen 05:00 Uhr morgens durch ein Pfeifgerusch geweckt wrden. In den Wohnrumen sei ein lautes, strendes, pfeifendes
Gerusch zu vernehmen. Der Schlafentzug auf Grund des Pfeiftons htte
sowohl fr die Klger als auch fr deren Tochter erhebliche Gefhrdungen
fr die Gesundheit bedeutet. Die Klger behaupten ferner, die Miete fr
die neue Wohnung sei wenigstens 218,85 . monatlich hher als die Miete
in der Wohnung der X.-Str. Auerdem sei eine Wohnungsvermittlungsgebhr fr die neue Wohnung i. H. v. 2082,50 . angefallen sowie Umzugskosten i. H. v. 562, … ..
Die Klger vertreten die Ansicht, die Beklagten seien zur Erstattung der
Mietdifferenz fr die neue Wohnung i. H. v. monatlich 218,85 . fr 24 Monate, also 5252,40 ., der Wohnungsvermittlungsgebhr i. H. v. 2082,50 .
sowie der Umzugskosten i. H. v. 562,… . unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen schuldhaft verzgerter Mngelbeseitigung und der dadurch veranlassten fristlosen Kndigung verpflichtet.
Die Beklagten vertreten die Ansicht, dass die Klger wegen des einvernehmlich durchgefhrten selbstndigen Beweisverfahrens nicht berechtigt seien,
das Mietverhltnis wegen des behaupteten Mangels im Wege auerordentlicher fristloser Kndigung zu beenden. Durch die Kndigung sei das Mietverhltnis erst mit Ablauf des Monats August 2009 beendet worden.
Aus den Grnden:
1. Die Klger haben einen Rckzahlungsanspruch aus
§§ 536 Abs.1, 812 Abs.1 Satz 1 BGB fr die gezahlten Monatsmieten von November 2008 bis Juni 2009 i. H. v.
1352,61 ..
Die von den Klgern behaupteten nchtlichen Pfeifgerusche stellen einen erheblichen Mangel dar, der zu einer
Minderung i. H. v. 20 % der Bruttomiete berechtigt. Im
Hinblick auf die Bedeutung des Nachtschlafs fr die Gesundheit der Mieter und die Schwere der Beeintrchtigung, die hufig an mehreren Tagen in der Woche mehrmals nchtlich fr lngere Zeitrume auftrat, ist eine Minderung in dieser Hhe angemessen.
Die Klger haben das Auftreten der Pfeifgerusche in der
Wohnung . . . bewiesen.
Die Aussagen der Zeugen werden auch nicht durch das
Gutachten vom 13.11.2009 des Sachverstndigen K. in
dem selbstndigen Beweisverfahren entkrftet. Zwar hat
der Gutachter anlsslich seiner Begehung kein Gerusch
wahrgenommen. Diese Begehung dauerte aber auch nur
eine gute Stunde und auch nach der Behauptung der Klger traten die Gerusche nicht dauerhaft und nicht exakt
zu den gleichen Zeiten auf. Hinzu kommt, dass vor der
Anmerkung der Schriftleitung:
Das LG Hamburg beschloss am 24.10.2011 … 316 S 52/11 …:
Das Berufungsvorbringen der Klgerin rechtfertigt keine
davon abweichende Entscheidung.
Das Mietverhltnis ist durch die Kndigung vom
27.5.2009 nicht fristlos zum 30.6.2009 beendet worden.
Die Klger schuldeten den Mietzins fr die Monate Juli
und August 2009, d. h. bis zum Ablauf der ordentlichen
Kndigungsfrist. Zu Recht hat das AG darauf abgehoben,
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
dass es vorliegend schon an einem wichtigen Grund i. S.
des § 543 Abs.1 Satz 2 BGB fehlt. Die Klger haben das
nchtliche Pfeifgerusch ber einen lngeren Zeitraum
hingenommen, so dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb
sie die ordentliche Kndigungsfrist nicht mehr abwarten
konnten. Einzelheiten zu den behaupteten gesundheitlichen Beeintrchtigungen sind nicht vorgetragen. Vor allem verstie die fristlose Kndigung des Mietverhltnisses
zu einem Zeitpunkt, als das von den Klgern angestrengte
selbstndige Beweisverfahren noch lief, gegen Treu und
Glauben i. S. des § 242 BGB. Unabhngig davon, ob das
selbstndige Beweisverfahren im Einvernehmen mit den
Beklagten angestrengt worden war oder nicht, waren die
Beklagten jedenfalls fr die Dauer des selbstndigen Beweisverfahrens an einer Vernderung der Mietsache zur
Behebung des Pfeifgerusches gehindert. Eine neuerliche
Frist zur Abhilfe konnte daher nach Treu und Glauben
von den Beklagten erst nach Beendigung des Beweisverfahrens wirksam gesetzt werden (Schmidt-Futterer, 10. Aufl.,
§ 543 Rdn. 33). Ohne eine solche war aber die fristlose
Kndigung gem § 543 BGB unwirksam.
Auf die vorhergehende Frist zur Abhilfe bis zum
12.12.2008, die sie mit Schreiben vom 12.11.2008 gesetzt
hatten, konnten sich die Klger fr die Kndigung vom
27.5.2010 ohnehin nicht berufen. Denn dort hatten die
Klger fr den Fall der Nichtabhilfe lediglich die Minderung der Miete angekndigt. Von einer etwaigen fristlosen
Kndigung war dort nicht die Rede. In einem solchen Fall
kann die Kndigung nicht nach Ablauf der gesetzten Abhilfefrist ausgesprochen werden. Wird mit der Fristsetzung
eine andere Manahme als die Kndigung … etwa wie hier
eine Minderung … angedroht, kann die Kndigung wegen
des darin liegenden widersprchlichen Verhaltens (§ 242
BGB) nicht bereits nach erfolglosem Ablauf einer neuen
Frist erklrt werden (OLG Dsseldorf, GuT 2007, 438
[443]; OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1035; Blank, in:
Schmidt-Futterer, 10. Aufl., § 543 Rdn. 30, m. w. Nachw.).
Nach alledem kommt es nicht darauf an, ob die fristlose
Kndigung binnen angemessener Frist i. S. des § 314 BGB,
der auch auf die fristlose Kndigung nach § 543 BGB anzuwenden ist, ausgesprochen worden ist.
Dem weiter geltend gemachten Anspruch der Klger auf
Schadensersatz gem §§ 536 a, 280, 281 BGB steht ebenfalls entgegen, dass die Beklagten vor Beendigung des selbstndigen Beweisverfahrens an einer Vernderung der
Mietsache gehindert waren, so dass ein Verzug mit der
Mngelbeseitigung nicht mehr gegeben war.
Vermietung an Touristen; Rechtsprechungsnderung
17. WEG § 15:
1. Der Grundsatz der Unbeachtlichkeit von Rechtsprechungsnderungen fr die Vollstreckbarkeit rechtskrftiger Titel, kann nicht 1:1 auf (nach Gerichtsverfahren)
bestandskrftige Eigentmerbeschlsse bertragen werden.
2. Nochmals: Zur Vermietung an Feriengste.
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.12.2011
980 C 80/10, nicht rechtskrftig
ZMR 2012, 361
Sachverhalt:
Die Beklagte gehrt der klagenden Wohnungseigentmergemeinschaft an.
Sie ist Inhaberin von zwei Wohnungseigentumseinheiten. Bei der Einheit
Nr.1 handelt es sich um eine in sich abgeschlossene 2-Zimmerwohnung,
belegen im Souterrainbereich des Hauses links. Die weitere Einheit umfasst
die im Erdgeschoss links belegenen Rume, die durch eine im Sondereigentum der Klgerin befindliche Treppe mit Wohnrumen verbunden ist, die
ebenfalls im Souterrain belegen sind.
Die Parteien stimmen darber berein, dass die Beklagte in der Vergangenheit phasenweise die zu der letztgenannten Wohnung gehrenden Rume
im Souterrain kurzzeitig an Feriengste vermietet und diesbezglich auch
Werbung ber das Internet gettigt hatte. Bezglich der Wohnung Nr.1
streiten die Parteien, ob eine derartige Kurzzeitvermietung stattfand.
Durch Beschluss vom 22.9.2008 untersagte die Eigentmerversammlung
die Nutzung von Wohnungen der Beklagten als Ferienappartements/Mietappartements zur Kurzzeitnutzung. Die hiergegen von der Beklagten erhobene Anfechtungsklage wurde vom AG Hamburg-St.Georg (… 980 b C 54/
08 …) und dem LG Hamburg in der Berufungsinstanz (… 318 S 59/09 …)
rechtskrftig abgewiesen.
In der Eigentmerversammlung vom 30.6.2009 wurde beschlossen, die
fortlaufende Kurzzeitvermietung durch die Beklagte mit Hilfe eines Rechtsanwalts zu unterbinden. Demgem erhob die Klgerin diese Klage unter
dem 29.6.2010, die am 5.7.2010 beim Gericht einging.
Zwischen der Beschlussfassung der Eigentmerversammlung vom
30.6.2009 und der Einreichung der Klagschrift in dieser Sache erging ein
Urteil des BGH zur Geschftsnummer … V ZR 72/09 … (ZMR 2010, 378),
nach dem die Vermietung einer Eigentumswohnung an tglich oder wchentlich wechselnde Feriengste der zulssigen Wohnraumnutzung entspreche, wenn die Teilungserklrung nichts anderes bestimme und die
Wohnungseigentmer nicht anderweitige Vereinbarungen getroffen haben.
Es stellte die Beklagte in der Versammlung vom 6.7.2011 den Antrag festzustellen, dass die Vermietung von Wohnraum als Ferienappartement/Mietappartement mit Kurzzeitnutzung im Rahmen der Teilungserklrung und
Gemeinschaftsordnung zulssig sei. Der entgegenstehende Beschluss der
Eigentmergemeinschaft vom 22.9.2008 sei aufzuheben. Dieser Beschlussantrag wurde mit 2 Ja-Stimmen bei 9 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen
abgelehnt.
Zur Geschftsnummer … 980 C 95/11 WEG … erhob die Klgerin gegen die
ablehnende Beschlussfassung Anfechtungsklage mit dem zustzlichen Antrag auf Verpflichtung zu der begehrten Beschlussfassung. Mit Urteil vom
25.10.2011 wurde jene Klage abgewiesen.
Aus den Grnden:
Die Klgerin hat unter Anwendung der § 1004 Abs.1 BGB
i. V. m. § 15 Abs. 3 WEG keinen Anspruch auf Unterlassung der Kurzzeitvermietung bzw. Feststellung, dass die
Vermietung gegen die geltende Beschlusslage verstt und
unzulssig ist.
Dahingestellt bleiben kann, ob tatschlich nur der im Souterrain belegene Teil der von der Beklagten und ihrem
Ehemann selbst benutzten Wohnung in der Vergangenheit kurzzeitig an Feriengste vermietet wurde oder ob
dies auch hinsichtlich der weiteren Wohnung zeitweise
der Fall war. Selbst wenn man unterstellt, dass die von der
Beklagten insoweit aufgestellte Behauptung einer Dauervermietung an einen Herrn R. nicht zutreffen sollte, bleibt
der Klage der Erfolg versagt.
Nach Auffassung des Gerichts ist der Beklagten gegenber
dem geltend gemachten Anspruch der aus § 242 BGB abzuleitende Einwand zuzubilligen, das Verlangen der Klgerin verstoe gegen Treu und Glauben, und zwar in Anbetracht der Entscheidung des BGH vom 15.1.2010 in der
Sache … V ZR 72/09 …, ZMR 2010, 378 = NJW 2010,
3093 ff. Darin wurde hchstrichterlich entschieden, dass
die Vermietung einer Eigentumswohnung an tglich oder
wchentlich wechselnde Feriengste Teil der zulssigen
Wohnungsnutzung ist. Daraus folgt, dass eine derartige
Nutzung von den brigen Wohnungseigentmern im Wege einer Beschlussfassung jedenfalls dann nicht untersagt
ZMR 2012, 362
werden kann, wenn dies nicht, wie im vorliegenden Fall,
in der Teilungserklrung ausdrcklich im Sinne eines entsprechenden Verbots geregelt ist.
Zu dieser Entscheidung des BGH steht die nach rechtskrftiger Abweisung der dagegen erhobenen Beschlussanfechtungsklage bestandskrftige Beschlussfassung der
Wohnungseigentmer vom 22.9.2008 im Widerspruch,
auf die die Klgerin ihr Klagbegehren sttzt. Der „Konflikt“ zwischen bestandskrftiger Beschlussfassung der
Wohnungseigentmer einerseits und dem Inhalt der genannten Entscheidung des BGH andererseits kann nach
Auffassung des Gerichts nur in der Weise sinnvoll gelst
werden, den Wohnungseigentmern ausnahmsweise die
Durchsetzung ihrer Beschlussfassung zu versagen, obwohl
diese bestandskrftig ist.
Ausschlaggebend sind insofern die folgenden berlegungen:
Der zu beurteilende Sachverhalt ist mit einer Konstellation vergleichbar, bei der sich die Frage stellt, ob und in
welcher Weise sich eine Rechtsprechungsnderung auf die
Frage der Vollstreckbarkeit einer rechtskrftigen gerichtlichen Entscheidung auswirkt. Die der grundstzlich anzuerkennenden Unbeachtlichkeit einer genderten Rechtsprechung fr die Vollstreckbarkeit eines rechtskrftigen
Urteils (vgl. Zller/Herget, ZPO, § 767 Rdn.13) zugrunde
liegenden Erwgungen sind auf den vorliegenden Sachverhalt indes nicht bertragbar. Der Rechtsstandpunkt der
Klgerin grndet sich nicht auf ein rechtskrftiges Urteil,
sondern lediglich auf eine bestandskrftige Beschlussfassung einer Wohnungseigentmerversammlung. Dabei
handelt es sich um ein Instrument der Willensbildung unter Wohnungseigentmern gem § 23 Abs.1 WEG. Die
Wirkungen beschrnken sich auf den Binnenbereich innerhalb der Wohnungseigentmergemeinschaft. Eine derartige Beschlussfassung bleibt von der rechtlichen Bedeutung her hinter dem rechtskrftigen Urteil eines Gerichts
zurck. Auch wenn im vorliegenden Fall die besagte Beschlussfassung im Rahmen der dagegen erhobenen Anfechtungsklage gerichtlich berprft und rechtskrftig fr
rechtmig erklrt worden war, bleibt es doch dabei, dass
es sich dabei nicht um eine gerichtliche Entscheidung handelte.
Dafr, dass sich im vorliegenden Fall die genannte BGHRechtsprechung zur grundstzlichen Zulssigkeit der
Kurzzeitvermietung durchzusetzen hat, sprechen nach
Auffassung des Gerichts zudem die in der hchstrichterlichen Rechtsprechung angefhrten Gesichtspunkte fr
Ausnahmen von dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit der
Rechtsprechungsnderung fr die Vollstreckbarkeit vorliegender rechtskrftiger gerichtlicher Entscheidungen.
Nach dem Urteil des BGH vom 2.7.2009 … I ZR 146/07 …,
BGHZ 181, 373, ist eine Rechtsprechungsnderung, z. B.
bei in die Zukunft gerichteten Unterlassungstiteln durchaus von Bedeutung. Grund fr diese Ausnahme ist, dass
bei Nichtbercksichtigung der genderten Rechtsprechung
nur auf Grund des bestehenden Vollstreckungstitels die
betroffene Partei praktisch zeitlich unbegrenzt gehindert
wre, in den „Genuss“ der genderten Rechtsprechung zu
kommen. Dies wre mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz auf Dauer nicht zu vereinbaren. Whrend bei einem
ausschlielich in der Vergangenheit liegenden Streitgegenstand im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtskraft der
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Ausgangsentscheidung deren Inhalt zu beachten bleibt,
weil es sich eben um einen abgeschlossenen Sachverhalt
handelt, so dass sich die Frage nach dem Vertrauen auf eine genderte Rechtsprechung von vornherein gar nicht
stellt, verhlt es sich bei in die Zukunft gerichteten Sachverhalten gerade umgekehrt.
Bei seiner Beurteilung sieht das Gericht durchaus, dass die
vom BGH in der Entscheidung BGHZ 181, 373 ff. vertretene Rechtsauffassung auf dem speziellen Rechtsgebiet des
Wettbewerbsrechts ergangen ist, bei dem der hchstrichterlichen Rechtsprechung eine ungleich hhere Bedeutung
im Sinne der Rechtssetzung durch Rechtsprechung zukommt als in anderen Bereichen des brgerlichen Rechts,
die vom Gesetzesrecht und der dazu entwickelten Rechtsdogmatik geprgt werden. Nach Auffassung des Gerichts
ist es indes durchaus sachgerecht, im Wettbewerbsrecht
entwickelte Anschauungen auf den hier einschlgigen Bereich des Wohnungseigentumsrechts zu bertragen. Dieses hnelt dem Wettbewerbsrecht insoweit, als auch hier
den Entscheidungen der Obergerichte, insbesondere des
BGH, eine hohe Bedeutung fr die Rechtsfindung zukommt. Einzelfragen des Wohnungseigentumsrechts sind
in wenigen Rechtsnormen weitgehend lediglich konturenhaft geregelt und werden durch die Rechtsprechung ausgefllt. Die im vorliegenden Fall einschlgige Frage, ob sich
aus dem Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentmers die Berechtigung ergibt, dieses ber die Eigennutzung hinaus auch zum Zwecke der Kurzzeitvermietung zu
nutzen, wird im Wohnungseigentumsgesetz nicht einmal
ansatzweise beantwortet. Die besagte BGH-Entscheidung
vom 15.1.2010 (ZMR 2010, 378) nimmt zur Begrndung
ihres Ergebnisses, die Kurzzeitvermietung sei grundstzlich statthaft, eine an Art.14 ausgerichtete Auslegung der
Bestimmung des § 1 Abs. 2 WEG vor.
Genau wie in wettbewerbsrechtlichen Fallkonstellationen
verhlt es sich auch im vorliegenden Fall so, dass die
„Ausgangsentscheidung“, nmlich die Beschlussfassung
vom 22.9.2008, in die Zukunft weist. Bei Nichtbeachtung
der BGH-Rechtsprechung zur Kurzzeitvermietung msste
sich die Beklagte somit auf unbestimmte Dauer fr die Zukunft an der Beschlussfassung festhalten lassen. Das wre
ihr nicht zuzumuten.
Den vorstehenden berlegungen und Argumenten zugunsten der Bercksichtigung der Rechtsgestaltung durch
Rechtsprechung im Sinne der Nichtdurchsetzbarkeit des
Beschlusses einer Wohnungseigentmerversammlung als
Grundlage fr ein Unterlassungsbegehren ist hinzuzufgen, dass sich dieses Ergebnis auch bei Anwendung der
Grundstze des Wegfalls der Geschftsgrundlage (vgl.
§ 313 BGB) begrnden lsst. Die Beschlussfassung der
Wohnungseigentmer hat Vertragscharakter. Es handelt
sich dabei um „gebndelte“ Willenserklrungen der Mehrheit von Wohnungseigentmern, denen nach den Regeln
des Wohnungseigentumsgesetzes Durchsetzungskraft gegenber der Minderheit zukommt. Grundlage fr die Beschlussfassung der Wohnungseigentmer vom 22.9.2008,
die Kurzzeitvermietung zu untersagen, war die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass ein einzelner Wohnungseigentmer aus dem Recht zur Wohnungsnutzung nicht das Recht herleiten durfte, die Wohnung kurzzeitig an Feriengste zu vermieten. Diese herrschende Auffassung, auf der auch erkennbar die Entschei-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
dungen des AG und LG im Rahmen der Anfechtung der
Beschlussfassung vom 22.8.2008 beruhten, wurde durch
die nachfolgende BGH-Entscheidung gendert. Die Vertragsgrundlage wurde damit im Nachhinein gestrt. Demgem ist es sachgerecht, eine Anpassung nach den Regeln
des Wegfalls der Geschftsgrundlage vorzunehmen (vgl.
dazu BGH, Urteil vom 11.7.2002 … IX ZR 326/99 …, BGHZ
151, 316 ff.). Wenn somit im vorliegenden Fall sogar eine
Anpassung der Beschlussfassung als erforderlich anzusehen ist, dann hat dies erst recht zur Folge, dass die vorangegangene, nicht angepasste Beschlussfassung als Grundlage fr ein Unterlassungsbegehren nicht mehr in Betracht
kommt.
Einsender: Rechtsanwalt Bernhard Bonk, Hamburg
Verdeckte Sicherheit fr Differenzmiete; aufgedrngte
Mietsicherheit
18. BGB § 551:
Die Gestellung einer Sicherheit ber § 551 Abs.1 BGB
hinausgehend ist auch dann nichtig, wenn diese vom Sicherungsgeber angeboten wurde und der Mieter durch
sie nicht erkennbar belastet wird (gegen BGHZ 111,
361 ff. = ZMR 1990, 327).
ZMR 2012, 363
dervereinbarung“ zu treffen, wonach der Rest der Miete
durch die Beklagten entrichtet werden sollte.
Ziel dieser ganzen Aktion war es mithin, einerseits die Bezuschussung bzw. bernahme der Miete durch eine ffentliche Stelle zu sichern und andererseits dem Klger fr
die Zahlung der Miete, welche nicht von einer ffentlichen Stelle getragen werden sollte, zustzliche Schuldner
(nmlich die Beklagten) zu verschaffen. Keinem Zweifel
unterliegt dann auch, dass unter „normalen Umstnden“
ein einheitliches Mietverhltnis mit der Tochter der Beklagten abgeschlossen worden wre und die Miete mit
789,… . angesetzt worden wre.
Nach Auffassung des Gerichts spricht bereits viel dafr,
dass diese auf Tuschung einer ffentlichen Stelle angelegte Konstruktion als sittenwidrig (vgl. § 138 Abs.1 BGB)
anzusehen ist.
Letztlich kann dies jedoch auf sich beruhen. Unzweifelhaft ist, dass der Mietvertrag nicht ohne die gleichzeitig
abgeschlossene „Sondervereinbarung“ (und umgekehrt)
abgeschlossen worden wre. Beide Rechtsgeschfte stellen
eine Einheit dar.
Aus den Grnden:
Weiter besteht kein Zweifel daran, dass die Beklagten
durch die „Sondervereinbarung“ nicht zu Mietern der
Wohnung oder der Garage geworden sind. Neben der bereits dargestellten Absicht der beteiligten Parteien, eine ffentliche Stelle zu tuschen, sollten dem Klger durch die
vertragliche Konstruktion eben nur weitere Schuldner verschafft werden. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
kommt der „Sondervereinbarung“ daher unzweifelhaft die
Bedeutung einer Sicherheitsleistung zu. Sowohl von dem
Zweck als auch von der Ausgestaltung erinnert die Sondervereinbarung an eine Brgschaft: Unterschrieben wurde
das Dokument ausschlielich von den Beklagten (und
nicht etwa von dem Klger); durch die „Vereinbarung“
sollte nur ein einseitig ausgestaltetes Forderungsrecht zu
Gunsten des Klgers begrndet werden. Der inhaltliche
Unterschied zu einer Brgschaft beruht dann auch alleine
darauf, dass in den eigentlichen Mietvertrag nicht die vertraglich zwischen den Parteien wirklich als geschuldet vereinbarte tatschliche Nettomiete i. H. v. 510,… . eingetragen und dort auch die Garagenmiete „unterschlagen“ wurde. Anders ausgedrckt: Der Mietvertrag, welcher der
ARGE vorgelegt wurde stellt sich als ein Scheingeschft
i. S. von § 117 BGB dar; wirklich gewollt war, dass seitens
der Tochter der Beklagten fr die Wohnung und die Garage eine Miete i. H. v. 789,… . zu entrichten ist, wobei die
Beklagten … ohne ihrerseits Mieter zu werden … einen Teilbetrag i. H. v. 144,… . monatlich an den Klger entrichten
sollten. Durch die „Vereinbarung“ sollte mithin fr das
verdeckt (dissimulierte) gehaltene (eigentlich gewollte)
Rechtsgeschft eine Sicherheit zu Gunsten des Klgers geschaffen werden.
Die von den Parteien gewhlte vertragliche Konstruktion
ist nach Auffassung des Gerichts allein deshalb gewhlt
worden, um ffentliche Stellen zu tuschen. Da seitens
der ARGE nur eine geringere Miete akzeptiert wurde, kamen die Parteien letztlich berein, in den Mietvertrag nur
eine Miete i. H. v. 405,… . zuzglich Betriebskostenvorauszahlungen i. H. v. insgesamt 240,… einzusetzen und ergnzend eine (der ARGE gegenber geheim gehaltene) „Son-
Die durch die Beklagten bernommene Zahlungsverpflichtung erweist sich nun aber gem § 551 Abs.1 BGB
als unwirksam. Fr alle Arten von Sicherheitsleistungen regelt nun aber § 551 Abs.1 BGB, dass diese (mit Ausnahme
von zustzlich angefallenen Zinsen, vgl. § 551 Abs. 3 Satz 4
BGB) hchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Grundmiete betragen darf. Lsst sich nun ein Vermieter eine darber hinausgehende Sicherheit erteilen, so
AG Kerpen, Urteil vom 14.2.2012
104 C 366/11
Sachverhalt:
Seit dem 1.3.2009 vermietete der Klger eine seiner Wohnungen an Frau
D. W., die Tochter der Beklagten. Im Mietvertrag wurde eine Grundmiete
von 405,… . zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung eingetragen. Die
Mieterin erhielt und erhlt Leistungen nach dem SGB II seitens der ARGE
bzw. des Jobcenters Rhein-Erft. Die Grundmiete wurde in der Folgezeit seitens des Jobcenters direkt an den Klger berwiesen, was laut Mietvertrag
so vereinbart war.
Der Mietvertrag wurde von dem Klger und seiner Mieterin bereits am
27.1.2009 unterschrieben. Auf denselben Tag wurde ein Dokument datiert,
welches die berschrift „Sondervereinbarung zum Mietvertrag Arge fr D.
W.“ trgt. Hierin verpflichteten sich die Beklagten mit Beginn der Mietzeit
monatlich 144,… . auf das Mietkonto des Klgers zu berweisen.
Unterschrieben wurde die „Sondervereinbarung“ von den Beklagten, nicht
jedoch vom Klger oder der Mieterin.
In der Zeit von Mrz 2009 bis einschlielich April 2011 kamen die Beklagten der monatlichen Zahlung nach.
Mit Schreiben vom 20.4.2011 kndigten die Beklagten dem Klger an, die
monatliche Zahlung zum 30.4.2011 einzustellen und erklrten, sich ab diesem Datum auch nicht mehr an die getroffene „Vereinbarung Mietuntersttzung D. W.“ gebunden zu fhlen.
Der Klger behauptet, dass die Grundmiete fr die besagte Wohnung
510,… . monatlich betrage. Die geringere Grundmiete i. H. v. 405,… . sei
lediglich auf Vorschlag der Beklagten in den Mietvertrag aufgenommen
worden, weil sich die Beklagten fr ihre Tochter die Wohnung wnschten
und ihrerseits befrchteten, dass die ARGE nur diesen geringen Mietzins
akzeptieren wrde.
ZMR 2012, 364
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
fhrt dies zur Teilnichtigkeit der Sicherheitsvereinbarung
in Hhe des berschieenden Betrages.
Bedingung bereit war, dass ihm … und sei es durch einen Dritten … eine zustzliche Sicherheit gewhrt wurde.
Wegen der jetzt noch verfolgten Ansprche ist von einer
Nichtigkeit der Sicherheitsvereinbarung auszugehen.
Der Fall liegt daher … entgegen der These des BGH … nicht
etwa anders, als derjenige, ber welchen der BGH zuvor
unter dem 20.4.1989 zu entscheiden hatte. Nicht mehr
recht nachvollziehbar ist dann auch, wenn der BGH
meint, diese Parallele nicht feststellen zu knnen (vgl. in
der Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1990 bei
Rdn.11: „So liegt der Fall hier jedoch nicht.“). Gerade die
Tatsache, dass der von dem Mieter gewollte Vertrag zunchst auf Grund der Bedenken des Vermieters nicht zustande kam, beleuchtet, dass eben das Gestellen einer weiteren Sicherheit aus Sicht des Vermieters eine unverzichtbare Bedingung fr den Vertragsschluss war.
Derartige Sicherheitsleistungen (etwa in Form einer Brgschaft) sollen allerdings nach der vom BGH vertretenen
Rechtsauffassung (ergangen noch zu § 550 b Abs.1 a. F.
BGB) dann voll gltig sein, wenn die Brgschaft unaufgefordert durch einen Dritten gegeben wurde und der Mieter
dadurch erkennbar nicht belastet wird (vgl. BGH, Urteil
vom 7.6.1990 … IX ZR 16/90 …, BGHZ 111, 361 ff. = ZMR
1990, 327).
Von einer Nichtigkeit der Sicherungsabrede war der BGH
demgegenber noch in einem ca. 10 Monate zuvor verkndeten Urteil (Urteil vom 20.4.1989 … IX ZR 212/88 …,
BGHZ 107, 210 ff. = ZMR 1989, 256) ausgegangen, in welchem der Vermieter den Abschluss des Mietvertrages ber
Wohnraum davon abhngig gemacht hatte, dass der Mieter neben einer Barkaution zustzlich eine Brgschaft fr
alle Ansprche aus dem Mietverhltnis stellt.
Zutreffend geht der BGH davon aus, dass Mieter durch
die Regelung zur Begrenzung von vereinbarten Sicherheiten zu Gunsten des Vermieters vor zu groen Belastungen
bewahrt und Erschwerungen fr den Abschluss eines Mietvertrages entgegengewirkt werden soll. Derartigen Schutzvorschriften liegt die Gefahr inne, dass sie sich aus Sicht
des „zu Schtzenden“ als kontraproduktiv erweisen knnen: So mag ein Vermieter bereit sein, mit einem an sich
aus seiner Sicht nicht zureichend solventen Mieter einen
Mietvertrag abzuschlieen, falls von diesem (bei hier unterstellten Leistungswilligkeit und -fhigkeit) nur eine zureichende Sicherheit (die sodann ber das gesetzlich zulssige Ma hinausgehen wrde) gestellt wrde. Steht nun
einer „zureichenden“ Absicherung des Vermieters eine gesetzliche Vorschrift entgegen, so kann dies auch dazu fhren, dass ein Vertragsschluss insgesamt unterbleibt. Anders
ausgedrckt: Mit derartigen Schutzvorschriften geht daher
immer die Gefahr einher, dass privatautonom sonst geschlossene Vertrge nicht zu Stande kommen.
Dem mchte der BGH ersichtlich nun durch eine Art teleologische Reduktion von § 550 b a. F. BGB (die Vorschrift
entspricht heute § 551 BGB) begegnen. So soll die nach
Abs.1 zulssige Hchstgrenze fr gewhrte Sicherheiten
zwar dann gelten, wenn diese vom Vermieter gefordert,
nicht aber dann, wenn sie dem Vermieter (unaufgefordert)
angeboten werden und der Mieter durch sie ersichtlich
nicht besonders belastet wird.
Diese Differenzierung des BGH vermag nicht zu berzeugen. Entscheidend gegen die vom BGH vorgenommene
Abgrenzung spricht schon, dass in beiden Fllen die Entscheidung ber das Zustandekommen des Mietvertrages
davon abhngt, ob aus der Sphre des Mieters eine Sicherheit in einer Hhe gestellt wird, welche vom Gesetzgeber
als unzulssig angesehen wird. Dafr ist das Urteil des
BGH vom 7.6.1990 ein beredtes Beispiel: So hat selbst der
BGH festgestellt, dass der Abschluss des Vertrages zunchst
durch den Vermieter abgelehnt worden war, weil ihm eben
der Mieter nicht zureichend solvent erschien. Wie man es
auch dreht und wendet bleibt als Befund damit festzustellen,
dass der Vermieter zum Vertragsschluss eben nur unter der
Die Rechtsprechung des BGH versagt daher schon bei der
Differenzierung: Dort, wo der BGH meint, differenzieren
zu knnen, kann eine solche Differenzierung gerade nicht
vorgenommen werden.
Der Rechtsprechung des BGH fehlt es dann zustzlich an
der erforderlichen Trennschrfe.
Nach der Auffassung des BGH soll wohl entscheidend
sein, ob die ber das gesetzlich zulssige Ma hinausgehende Sicherheit vom Vermieter gefordert oder diesem
„nur“ angeboten wurde. Bei einer lebensnahen Betrachtung wird eine derartige Unterscheidung in der Regel freilich schon kaum getroffen werden knnen. . . .
Aber selbst wenn man denn dazu im konkreten Fall noch
Feststellungen sollte treffen knnen, so bleibt im Dunkeln, weshalb dies juristisch von Bedeutung sein soll. In
§ 551 Abs.1 BGB (oder auch § 550 b a. F. BGB) ist die vom
BGH vorgenommene Unterscheidung jedenfalls nicht angelegt. Fr die Anwendung von § 551 Abs.1 BGB kommt
es mithin grundstzlich schon gar nicht darauf an, ob der
Mieter von sich aus eine Sicherheit angeboten hat, welche
ber das gesetzlich zulssige Ma hinaus greift.
Die vom BGH angenommene Differenzierung passt dann
auch in keiner Weise zu dem Schutzzweck der Norm. Es
macht keinen Sinn anzunehmen, dass die vom Gesetzgeber statuierte Hchstgrenze dann keine Geltung mehr beanspruchen sollte, falls das Angebot zu ihrer berschreitung nur vom Mieter kam, vom Vermieter aber nicht gefordert wurde. Salopp knnte man formulieren: Auf einen
solchen Gedanken muss man erst mal kommen.
Wie fern die vom BGH vorgenommene Unterscheidung
liegt wird nach Auffassung des Gerichts auch deutlich,
wenn man auf andere Vorschriften mit einer hnliche
Storichtung zurckgreift. Zu denken ist dabei etwa an § 5
WiStG.
Fr die Anwendung von § 5 WiStG spielt es nun keine
Rolle, ob die unangemessen hohen Entgelte vom Vermieter gefordert, er sich diese lediglich hat versprechen lassen
oder er diese nur angenommen hat (vgl. Abs.1). Derartige
Flle gleich zu behandeln macht aus Sicht des Gerichts
auch nur Sinn. . . .
Weshalb der BGH fr die entschiedene Fallkonstellation
meint, dass die Gestellung der Brgschaft den Mieter in
diesen Fllen „nicht belaste“, wird von ihm nicht ausgefhrt. Unausgesprochen liegt dem wohl die Annahme (des
BGH) zu Grunde, dass Eltern bereitwillig und ohne ein
Entgelt dafr zu fordern ihren Kindern Brgschaften ertei-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
len, mglicherweise um diese noch ein Stck weit in ihre
wirtschaftliche Unabhngigkeit zu begleiten. In welchem
Umfang diese Annahme des BGH soziologisch zutreffend
ist, drfte kaum untersucht sein.
Wrde man der Rechtsprechung des BGH folgen, entstnde freilich ein merkwrdiges „Sonderrecht“ bei vom Mieter zu stellenden Sicherheiten. Wie wre etwa der Fall zu
entscheiden, in welchem sich Eltern zwar zur bernahme
einer Brgschaft bereit erklren, dafr aber eine Art Obolus durch eine Krzung des gewhrten Unterhalts vom
mietenden Kind genommen wird? Schon durch dieses Beispiel wird nach Auffassung des Gerichts deutlich, dass die
Wirksamkeit der Sicherheitsabrede im Verhltnis zum Vermieter keinesfalls von der internen Gestaltung der vertraglichen Absprache zwischen dem Mieter und dem Brgen
abhngig gemacht werden kann.
Festzuhalten ist damit, dass es fr die Anwendung von
§ 551 BGB weder darauf ankommen kann, ob der Vermieter die Sicherheit in einer gesetzwidrigen Hhe gefordert
hat oder sie ihm angeboten wurde, noch darauf, in welchem Umfang der Mieter durch die Gestellung der Sicherheit belastet wird.
Einsender: Richter am AG Joachim Rau, Kerpen
Bauliche Vernderung durch den Mieter; fristlose Kndigung oder nur Unterlassungsanspruch
19. BGB §§ 541, 543:
1. Eine mieterseits unerlaubt vorgenommene bauliche
Manahme, die nicht zu einer Gefhrdung der Mietsache fhrt, rechtfertigt keine fristlose Kndigung, sondern nur eine Unterlassungsklage.
2. Dasselbe gilt bei verweigerter Duldung von Modernisierungsmanahmen; auch hier ist der Vermieter auf
die Duldungsklage zu verweisen.
AG Mnchen, Urteil vom 14.9.2011
413 C 25938/10
Sachverhalt:
Die Parteien streiten ber einen Anspruch auf Rumung und Herausgabe
von Wohnraum nach auerordentlicher, fristloser Kndigung.
Mit Vertrag vom 21.1.2009 mieteten die Beklagten von der Klgerin die
streitgegenstndliche Wohnung im Anwesen L. Strae zum 15.2.2009 an.
Mit Schreiben vom 25.2.2009 kndigte die zustndige Hausverwaltung
Modernisierungsarbeiten fr das Frhjahr 2009 an, wonach u. a. eine Erneuerung der Balkone und Fenster sowie eine Dmmung der Unterseite der
Kellerdecke vorgesehen waren. Die Beklagten reagierten auf dieses Schreiben wie auch auf ein Erinnerungsschreiben vom 3.4.2009 nicht. Mit Aushang vom 22.9.2009 kndigte die mit der Isolierung der Kellerdecke beauftragte Firma diese Arbeiten fr den 24.9.2009 an. Die Beklagten teilten mit
Telefaxschreiben vom 23.9.2009 um 23:28 Uhr mit, dass der Termin zu
kurzfristig sei und sie deshalb den Zugang zu ihrem Kellerabteil nicht ermglichen knnen. Auch im Folgenden ermglichten die Beklagten die
Isolierung der Kellerdecke im Bereich ihres Kellerabteils nicht. Die Beklagten forderten zunchst am 22.9.2009 eine Entschdigung von 175,44 . fr
Verschmutzungen im Zusammenhang mit den bereits durchgefhrten Modernisierungsarbeiten. Mit Schreiben vom 23.9.2009 wurden dann weitere
320,… . geltend gemacht. Am 23.10.2009 beantragten die Beklagten einen
Mahnbescheid gegen die Hausverwaltung der Klgerin i. H. v. 495,44 .. Die
Klgerin versuchte sodann im November 2009 eine einvernehmliche Lsung zu finden. Im Zuge dessen forderten die Beklagten zunchst einen Betrag von 530,… ., im Dezember 2009 dann 500,… .. Nachdem die Klgerin
die Beklagten am 14.6.2010 erneut aufforderte, die Kellerdeckenisolierung
im Bereich ihres Kellerabteils zu ermglichen, forderten die Beklagten die
Zahlung von 1500,… . als Voraussetzung fr eine Terminsvereinbarung zur
ZMR 2012, 365
Durchfhrung der Manahmen, wobei diese Summe nicht nher begrndet wurde.
Anfang Juli 2010 stellte die Hausverwaltung der Klgerin dann fest, dass
die Beklagten nach Abschluss der Modernisierungsmanahmen an den Balkonen und Fenstern an dem zur streitgegenstndlichen Wohnung gehrenden Balkon einen blau-wei gestreiften Wind- und Sichtschutz angebracht
und an den Fenstern Insektengitter befestigt hatten. Mit Schreiben vom
7.7.2010 mahnte die Klgerin die Beklagten ab und forderte sie auf, die vorgenannten Konstruktionen bis 25.7.2009 zu entfernen. Mit Schreiben vom
4.8.2010 wurden die Beklagten erneut abgemahnt und zur Beseitigung bis
zum 12.8.2010 aufgefordert. Nachdem die Beklagten hierauf nicht reagierten, kndigte die Klgerin den Beklagten durch die Hausverwaltung mit
Schreiben vom 16.8.2010 auerordentlich fristlos. Die Kndigung wurde
auer auf den Wind- und Sichtschutz und die Insektengitter auch darauf
gesttzt, dass die Duldung der Kellerdeckenisolierung verweigert bzw. von
einer Zahlung abhngig gemacht wurde, sowie auf das Mahnverfahren gegen die Hausverwaltung im Oktober 2010.
Aus den Grnden:
Nach der Bercksichtigung der Einzelfallumstnde und
der Abwgung der beiderseitigen Interessen ist vorliegend
kein wichtiger Grund fr eine auerordentliche, fristlose
Kndigung gegeben.
1. Die baulichen Vernderungen am Balkon und den Fenstern der streitgegenstndlichen Wohnung stellen fr sich
genommen keinen wichtigen Grund fr eine auerordentliche, fristlose Kndigung dar. Zwar stellen auch wieder
entfernbare, nicht fest mit dem Gebude verbundene Konstruktionen am Balkon, die von auen sichtbar sind und
demnach das Erscheinungsbild des Anwesens stren knnen, bauliche Vernderungen dar, die der Genehmigung
des Vermieters bedrfen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht,
10. Aufl. 2011, § 535 Rdn. 265). Dies gilt selbst fr Netze,
die das Entweichen von Hauskatzen verhindern sollen
(AG Wiesbaden, NJW-RR 2000, 1031) und demzufolge
erst recht fr bunten Sicht- und Windschutz, der weitaus
mehr geeignet sein kann, das Erscheinungsbild des Anwesens zu stren. Jedoch berechtigt nicht jede bauliche Vernderung, die ohne Genehmigung des Vermieters erfolgt
ist, zur auerordentlichen, fristlosen Kndigung (vgl.
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 543 Rdn. 212).
Im Rahmen der Interessenabwgung ist hier insbesondere
die Mglichkeit einer Unterlassungsklage gem § 541
BGB durch den Vermieter zu bercksichtigen. Daher sind
strenge Anforderungen an die Wirksamkeit einer Kndigung zu stellen und es ist dem Vermieter grundstzlich zumutbar, auf das mildere Mittel der Unterlassungsklage verwiesen zu werden, wenn nicht von der baulichen Vernderung eine Gefhrdung fr die Mietsache ausgeht (vgl.
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 413 Rdn.1).
Auch vorliegend war es der Klgerin zumutbar, die Beklagten zunchst auf Beseitigung der baulichen Vernderungen in Anspruch zu nehmen. Durch die streitgegenstndlichen baulichen Vernderungen kommt es zu keiner Gefhrdung der Mietsache und es handelt sich allenfalls um
eine geringe optische Beeintrchtigung. Daran ndert auch
nichts, dass die Balkone und Fenster erst vor kurzem modernisiert wurden.
2. Die Weigerung, die Isolierung der Kellerdecke im Bereich des Kellerabteils der Beklagten zu dulden bzw. die
Duldung nur unter der Voraussetzung einer nicht unbetrchtlichen Zahlung, reichen fr sich genommen ebenfalls nicht als wichtiger Grund fr eine auerordentliche,
fristlose Kndigung aus. Auch hier besteht fr den Vermieter die Mglichkeit, zunchst auf Duldung zu klagen.
ZMR 2012, 366
In Ansehung des berechtigten Besitzinteresses des Mieters
muss der Vermieter zunchst dieses mildere Mittel whlen, da es sich nicht um einen so gravierenden Versto
handelt (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011,
§ 543 Rdn. 210). Entgegen der Ansicht der Klgerin, kann
der Vermieter hier nicht frei whlen. Dies gilt auch in den
Fllen, in denen wie vorliegend, die Duldung von Modernisierungsmanahmen verweigert wird (ebenso AG
Tempelhof-Kreuzberg, MM 1992, 357).
Die Kndigung kann weiter auch nicht darauf gesttzt
werden, dass die Beklagten die Duldung der Modernisierungsmanahmen im Keller von der Zahlung einer Entschdigung abhngig machen, auch wenn die geforderte
Summe stetig gesteigert wurde und die Forderungen nicht
ausreichend begrndet wurden. Es mag zwar zweifelhaft
erscheinen, ob dieses Verhalten der Beklagten gerechtfertigt ist, doch muss der Vermieter gerade in Fllen, in denen Zweifel bestehen, ob das Verhalten der Mieter eine
Verletzung mietvertraglicher Pflichten darstellt, zunchst
im Wege der Duldungsklage eine Klrung herbeischaffen.
Nach der erforderlichen Interessenabwgung berwiegt in
diesem Fall das Interesse der Mieter an der Fortdauer des
Mietverhltnisses das Interesse des Vermieters an dessen
Beendigung.
3. Ebensowenig kann die Tatsache, dass die Beklagten wenige Monate nach Begrndung des Mietverhltnisses ein
Mahnverfahren gegen die Hausverwaltung der Klgerin
eingeleitet haben, einen wichtigen Grund fr eine auerordentliche, fristlose Kndigung gem § 543 Abs.1 BGB begrnden. Fr den Vermieter ist es grundstzlich hinnehmbar, dass der Mieter seine vermeintlichen Rechte aus dem
Mietverhltnis auch mit gerichtlicher Hilfe geltend macht.
Dies gilt selbst dann, wenn zwischen den Mietvertragsparteien eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten vor Gericht gefhrt werden (OLG Hamm, NJW-RR 1993, 16). Vorliegend wird von der Klgerin nur ein einziges Mahnverfahren gegen die Hausverwaltung geltend gemacht. Dies kann
das Verhltnis nicht in einem derartigen Mae zerrtten,
dass die Fortfhrung des Mietverhltnisses nicht mehr zumutbar wre. Die Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht
daraus, dass das Mietverhltnis im Zeitpunkt der Einleitung des Mahnverfahrens erst einige Monate bestand.
4. Auch in der Gesamtschau rechtfertigen die vorgenannten Grnde keine auerordentliche, fristlose Kndigung
aus wichtigem Grund. Bei der im Rahmen des § 543 Abs.1
BGB vorzunehmenden Abwgung der wechselseitigen Interessen ist zu bercksichtigen, dass die Beklagten grundstzlich ein berechtigtes Interesse haben, die streitgegenstndliche Wohnung nicht als Wohnraum zu verlieren.
Demgegenber kann der Vermieter auch ein berechtigtes
Interesse daran haben, das Mietverhltnis zu beenden, um
eine weitere Pflichtverletzung der Mieter zu verhindern
und fortdauernde Pflichtverletzungen zu beenden. Vorliegend waren die Pflichtverletzungen der Beklagten jedoch
auch in ihrer Summierung nicht so erheblich bzw. war bereits zweifelhaft, ob eine Pflichtverletzung vorlag, so dass
das Beendigungsinteresse der Klgerin das Interesse der Beklagten an der Fortsetzung des Mietverhltnisses nicht
berwiegt. Auch in Anbetracht der Hufung von pflichtwidrigem oder zumindest mglicherweise pflichtwidrigem
Verhalten der Beklagten war es der Klgerin noch zumutbar, das Mietverhltnis zunchst fortzusetzen und einen
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Duldungs- und Beseitigungsprozess anzustreben. Wrden
sich die Beklagten dann trotz Duldungs- bzw. Beseitigungstitel den Ansprchen der Klgerin verweigern, wre
davon auszugehen, dass die Pflichtverletzungen ein solches Ma erreichen, dass eine auerordentliche, fristlose
Kndigung aus wichtigem Grund wohl als gerechtfertigt
anzusehen wre.
Einsender: Rechtsanwalt Martin Klimesch, Mnchen
Berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung
20. BGB § 553:
Ein berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung i. S. des § 553 BGB liegt dann vor, wenn er berufsbedingt an anderem Ort eine Zweitwohnung unterhlt und die dafr anfallenden Kosten durch die Untervermietung jedenfalls teilweise kompensieren mchte.
AG Stuttgart, Beschluss vom 8.2.2012
32 C 6091/11
Aus den Grnden:
Nach herrschender Meinung (vgl. nur BGH, NJW 2007,
835 [837]; OLG Nrnberg, OLGReport 2001, 156 [157];
OLG Kln, NJW-RR 1995, 509; SchlHOLG, JurBro
1993, 745 [746]; OLG Mnchen, OLGZ 1990, 348; OLG
Bremen, OLGZ 1989, 100 ff.; OLG Nrnberg, FamRZ
2001, 1383; OLG Brandenburg, FamRZ 2007, 67 [68]; kritisch OLG Stuttgart vom 18.7.2011 … 13 W 34/1 …) ist bei
der Entscheidung hinsichtlich der Kosten nach billigem
Ermessen unter Bercksichtigung des bisherigen Sachund Streitstandes mageblich auf den Inhalt des vorliegend zur Erledigung fhrenden Vergleichs in der Hauptsache und das danach zu bestimmende gegenseitige Nachgeben gegenber den angekndigten Antrgen abzustellen.
Zunchst war danach das Verhltnis von gegenseitigem
Nachgeben mageblich, die Beklagtenseite ist der Klgerseite ganz berwiegend entgegen gekommen: . . .
Weiter waren die Erfolgsaussichten mageblich, sie waren
sehr hoch:
Es ergibt nicht nur das Erhaltungsinteresse an der Wohnung einen Zustimmungsanspruch zur Gestattung der Untervermietung. Das Erhaltungsinteresse kann dann mageblich sein, wenn die gesamte(!) Wohnung untervermietet bzw. also weiter vermietet werden soll. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung (Nachweise bei Blank, in:
Schmidt-Futterer, akt. Aufl., § 553 BGB Rdn. 5) ergibt etwa
ein berechtigtes Interesse des Mieters, wenn er seine Berufsttigkeit einschrnken und dafr einen finanziellen
Ausgleich haben mchte … wenn er also weniger einnimmt. Nichts anderes kann gelten, wenn er aus beruflichen Grnden zwar nicht weniger einnimmt, aber hhere
Ausgaben hat … etwa wie im hiesigen Fall, in dem die Klgerin eine Arbeit an anderem Ort annimmt (professorale
Lehrttigkeit an einer Fachhochschule ungewisser Dauer)
und dort jedenfalls temporr eine Zweitwohnung bentigt, was erhhte Ausgaben nach sich zieht. Ein berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung i. S. des
§ 553 BGB liegt dann vor, wenn er berufsbedingt an anderem Ort eine Zweitwohnung unterhlt und die dafr anfal-
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
lenden Kosten durch die Untervermietung jedenfalls teilweise kompensieren mchte.
Ein zentrales Gegeninteresse des Vermieters war nicht erkennbar. Erhhter Aufwand nicht plausibel. Das Interesse
in einer Art Gegengeschft eine wirksame Schnheitsreparaturklausel durchzusetzen ist nicht vom Normzweck erfasst.
Einsender: Richter am AG Dr. Ralf Dietrich, Stuttgart
Verweigerung der Mngelbeseitigung durch den Mieter
21. BGB § 536:
Verweigert der Mieter die Ausbesserung eines Mangels
unter Verweis darauf, es msse der ursprngliche optische Zustand wieder hergestellt werden, so verliert er
die Minderungsrechte, wenn der optisch vom Vermieter geplante Zustand hinzunehmen ist. Letzteres gilt
insbesondere dann, wenn die optische Vernderung eine Anpassung an den modernen Zeitgeschmack ist, ohne modisch zu sein oder eine stimmige Komposition
ungnstig aufzubrechen.
AG Stuttgart, Urteil vom 8.11.2011
32 C 2842/11
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um Rumung wegen Kndigung auf Zahlungsverzug
sowie rckstndige Miete, wobei die Beklagtenseite Minderung wegen
Mietmngeln geltend macht.
Die Klgerseite ist Vermieterin, die Beklagtenseite Mieterin der streitgegenstndlichen Wohnung in der F-str. 1. Seit Juni 2010 krzt die Beklagte die
Bruttomiete von 501,24 . in unterschiedlicher Hhe. . . .
Die Klgerseite erklrte mit Schreiben vom 13.5.2011 die fristlose Kndigung wegen Zahlungsverzugs. Die Klgerseite trgt mehrfach unter Beweisantritt vor, dass die Beklagte die Mngelbeseitigung, insbesondere das Auswechseln des Bodens verhindert habe bezglich der behaupteten Mngel
innerhalb der Wohnung, insbesondere an Kche und PVC-Boden.
Die Beklagtenseite trgt vor, Mietrckstnde bestnden nicht, da die Wohnung Mngel habe. Mngel seien mit Schreiben vom Mieterverein Stuttgart vom 17.9.2009 gergt worden Die Sple in der Kche sei mangelhaft,
die Schubladen defekt. Am vermieteten Spiegelschrank seien die Tren heruntergefallen. Der PVC in Flur und Kche sei auf Grund des jahrelangen
Gebrauchs verschlissen Die Wohnungstren seien renovierungsbedrftig,
da sie seit 20 Jahren nicht mehr gestrichen wurden.
Aus den Grnden:
Die geltend gemachte Minderung liegt i.H.v. 3 % vor. Die
klgerische Forderung war insoweit zu krzen, die erklrte
Kndigung daher nicht wirksam.
I. Die Beklagtenseite kann der Mietzinsforderung gem
§ 535 BGB keine Mietminderung im Mae der faktisch
vorgenommenen Mietkrzung entgegenhalten gem
§ 536 Abs.1 BGB, sondern nur i.H.v. 3 % der Bruttomiete,
mithin 180,… . fr den streitgegenstndlichen Zeitraum.
Im brigen war der Klgerseite die Zahlungsforderung auf
rckstndige Miete zuzusprechen.
Die Minderung ist nur bezglich der mangelhaften Wohnungseingangstr begrndet und zwar i.H.v. 3 % des Bruttomietzinses Denn die Tre ist zerkratzt, dies stellt eine
erhebliche optische Beeintrchtigung dar. Andere Minderungsgrnde dringen nicht durch, da sie entweder nicht gergt wurden oder die Beklagte unberechtigt die Beseitigung verweigert hat.
ZMR 2012, 367
1. Das Minderungsrecht an behaupteten Mngeln innerhalb der Wohnung, insbesondere den angeblich defekten
Kchenschubladen und dem PVC-Boden ist ausgeschlossen, da die Beklagte die Mangelbeseitigung zu Unrecht
verwehrt hat. Denn die unberechtigte Verhinderung der
Mangelbeseitigung lsst die Minderung nach herrschender
Meinung, der sich das Gericht anschliet, entfallen, Eisenschmid, in: Schmidt/Futterer, MietR, 10. Aufl., § 536 BGB
Rdn 573 m. w. Nachw. Etwas anderes gilt nur bezglich der
Wohnungseingangstre.
a) Die Beklagtenseite hat sptestens ab dem 3.5.2010 vereitelt, dass die Klgerseite die behaupteten Mngel innerhalb der Wohnung beseitigt. . . . Sie hat die Mangelbeseitigung mit der Begrndung verweigert, dass sie keine Renovierung hinzunehmen habe, solange ihr nicht der angekndigte graue, sondern ein brauner Boden zugesagt und
verlegt werde. . . .
b) Die Verweigerung der Mangelbeseitigung innerhalb der
Wohnung (also insbesondere Kche und PVC-Boden), erfolgte zu Unrecht. Die Beklagte hatte es zu dulden, dass
insbesondere ein grauer Boden anstatt des verschlissenen,
ursprnglichen braunen Bodens verlegt werden sollte.
Verweigert der Mieter die Ausbesserung eines Mangels unter Verweis darauf, es msse der ursprngliche optische
Zustand wieder hergestellt werden, so verliert er die Minderungsrechte, wenn der optisch vom Vermieter geplante
Zustand hinzunehmen ist. Letzteres gilt insbesondere
dann, wenn die optische Vernderung eine Anpassung an
den modernen Zeitgeschmack ist, ohne modisch zu sein
oder eine stimmige Komposition ungnstig aufzubrechen.
Zwar hat grundstzlich die Mangelbeseitigung den ursprnglichen Zustand wieder herzustellen. Allerdings ist
auch eine Anpassung an den Zeitgeschmack mglich und
hinzunehmen, vgl. LG Berlin vom 21.12.2010 … 65 S 318/
09 …, (juris). Ein grauer Boden ist zeitgem, ohne modisch zu sein, also Gefahr zu laufen, bald wieder optisch
auerhalb der Aktualitt zu liegen. Allerdings reicht es
nicht aus, den auszuwechselnden Gegenstand isoliert zu
betrachten. Er muss auch einem kritischen Blick auf das
Gefge, in das er zwangslufig eingepasst wird, standhalten. Auch dies ist jedoch der Fall. Zwar ist es grundstzlich
denkbar, dass eine Erneuerung teilweise Gegenstnde an
einen aktuelleren Zeitgeschmack anpasst und teilweise in
einem lteren belsst. Dies ist nicht per se abzulehnen,
doch ist dann besonderes Augenmerk auf die optische
Konstellation zu legen. Hier liegt eine Anpassung vor, die
auch unter diesem Gesichtspunkt hinzunehmen ist. Denn
eine optische Einheit wird hier nicht etwa dadurch verschlechtert, dass sie dadurch ungnstig aufgebrochen
wird, durch teilweise Versetzung in einen aktuellen Zustand des allgemeinen Geschmacks und teilweise Belassung in dem Zustand vergangenen Geschmacks und damit
Schaffung einer optisch unstimmigen Komposition. Denn
ein grauer Boden passt sich optisch und thematisch in die
Gesamtkomposition der Kche, die ansonsten in Brauntnen gehalten ist, ein. Zwar spielt sich der Boden auerhalb
der bisherigen Farbkomposition (Brauntne) ab, doch
handelt es sich nach der gemeinhin gngigen Farbenlehre
um eine neutrale Farbe bzw. Nicht-Farbe, die grundstzlich mit allen (echten) Farben optisch stimmig kombiniert
werden kann. Weiter ist auch bei einer Farbkomposition
es in allen Zeiten blich gewesen, dass jedenfalls Teile, ins-
ZMR 2012, 368
besondere Decken- und Bodenfarbe anders, v.a. neutral
(etwa wei oder grau) gestaltet waren. Nichts anderes ergbe aber die vom Vermieter gewnschte Ausbesserung.
2 Auf Grund der Kratzer in der Wohnungstr, die einen
erheblichen Mangel auf Grund der darin liegenden optischen Beeintrchtigung darstellen, ist die Bruttomiete gem § 536 BGB iH.v. 3 % gemindert. . . .
Die Mngel berschreiten gerade eben den Bagatellbereich des § 536 Abs.1 Satz 3 BGB. Zwar rechtfertigen geringfgige optische Mngel die Minderung nicht, vgl. AG
Saarburg vom 28.11.2001 … 5 C 473/01 …, doch dies gilt
nicht in jedem Fall, vgl. LG Berlin vom 24.1.2008 … 32 O
84/07 … Daher ist eine Minderung von 3 % fr die Zeit ab
Erhebung des Minderungseinwands und Zurckhaltens
der Miete, mithin ab Juni 2010 bis zum heutigen Tag angemessen. Die Schtzung erfolgte gem § 287 ZPO unter
Zugrundelegung der Schtzgrundlagen nach Brstinghaus,
Mietminderungstabelle, 2. Aufl. 2010.
Zwar ist bei vergleichbaren Fllen optischer aber nicht
funktioneller Beeintrchtigung teilweise keine Minderung
zugesprochen worden, vgl. LG Kln vom 4.8.2005 … 6 S
26/05 …, (Verschmutzung des Balkongelnders); LG Berlin
vom 4.6.1984 … 61 S 204/83 …, (Abgetretene Trschwellen
innerhalb der Wohnung); KG Berlin vom 16.8.2004 … 12
U 310/03 …, (Schden am Fubodenbelag ohne Verschulden des Vermieters); AG Hamburg vom 23.7.1974 … 40 C
305/73 …, (Farbspritzer im Bad); AG Hamburg vom
23.7.1974 … 40 C 305/73 …, (Trangel ist nicht lackiert);
AG Mnster vom 20.7.1982 … 3 C 20/82 …, (Unansehnliche Hausfassade und Treppenhaus); doch ist im hiesigen
Fall gerade noch eine Minderung von 3 % erreicht Denn
bei den zitierten Urteilen ist zu beachten, dass sie teils
sehr betagt sind und daher die mittlerweile stattgefundene
Entwicklung, nach der der ˜sthetik einer Wohnung grere Bedeutung zukommt, noch nicht aufnehmen konnten.
Bezglich der o. g. Urteile jngeren Datums ist zu bercksichtigen, dass sich aus den Feststellungen der Urteile ergibt, dass es sich hier um marginale Beeintrchtigungen
handelte, wie sie aber im hiesigen Fall berschritten sind.
Der Fall entspricht vermehrt folgenden, die auch meist
jngeren Datums sind und daher jetzige Gepflogenheiten
besser reprsentieren, AG Hamburg-Altona vom 30.4.2007
… 314A C 72/06 …, (Diverse optische Mngel im Bad); LG
Hamburg vom 19.12.1989 … 16 S 208/89 …, (Wasserfleck
im Schlafzimmer). Denn die Kratzer sind erheblich und
beeintrchtigen zwar nicht die Brauchbarkeit aber das Erscheinungsbild. Es kommt dabei nicht darauf an, wer die
Kratzer verursacht hat, denn der Vermieter haftet grundstzlich auch, wenn Dritte, die der Mieterseite nicht zuzurechnen sind, Schden verursachen.
Die gesamte Minderung von 3 % gerechnet auf eine Monatsbruttomiete von 501,24 . betrgt 15,… ./Monat. Insgesamt bedeutet dies fr den streitgegenstndlichen Zeitraum von 12 Monaten eine Minderung i. H. v. 180,… ..
Die Mietzahlungen wurden um insgesamt 1140,… . gekrzt, berechtigt war aber nur eine Krzung um insgesamt
180,… . Mithin wurden 960,… . zu wenig gezahlt. Diese
waren noch zuzusprechen und sind tenoriert.
Die Kndigung ist dagegen nicht wirksam. Denn auf
Grund der Minderung ergab sich ein Rckstand, der noch
nicht zwei volle Monatsmieten erreicht, demnach war kein
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Kndigungsgrund gem § 543 Abs. 2 Nr. 3 b BGB oder
nach einer anderen Norm gegeben. Denn zwei Monatsmieten ergeben 1002,48 . Es wurden aber lediglich
960,… . zu wenig bezahlt, mithin ein geringerer Betrag als
der eine Kndigung rechtfertigende.
Einsender: Richter am AG Dr. Ralf Dietrich, Stuttgart
Eigenbedarfskndigung; Hrteklausel
22. BGB §§ 535, 566, 558 ff., 563 a, 543 Abs. 2, 573 Abs. 2
Nr. 2, 574:
1. Die Vertragsfreiheit deckt auch den Abschluss unwirtschaftlicher Vertrge.
2. Hohes Alter der Mieter und die ber 40-jhrige
Dauer eines Mietverhltnisses stehen einer Eigenbedarfskndigung nicht immer ber die Hrteklausel des
§ 574 BGB entgegen.
3. Nach Ablauf der Kndigungsfrist muss der Vermieter nicht mehr Strom, Wasser und Heizung zur Verfgung stellen; die Mieter knnen sich dann nicht mehr
auf die (bisherige) Pauschalmiete berufen.
AG Wiesbaden, Urteil vom 4.7.2011
93 C 4774/10
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Rumung einer Mietwohnung, die Rckgewhrung von Mietzahlungen, sowie um die Bereitstellungs- und Kostenbernahmeverpflichtung von Versorgungsleistungen.
Die Klger sind seit 28.7.2009 Eigentmer der Liegenschaft, B. Str. 14, deren letzte Voreigentmerin die R. GmbH und A. waren.
Auf dem Grundstck befindet sich ein 1960 errichtetes Gebude, dass zunchst in einzelne Zimmer aufgegliedert war und dazu diente, bei der Firma A. ttige Gastarbeiter zu beherbergen.
Im Jahr 1967 zog der Ehemann der Beklagten zu 1 als Gastarbeiter in eines
der Zimmer, seine Frau folgte ihm kurze Zeit spter. 1969 zogen die Tochter, die Beklagte zu 2 und der Sohn, der Beklagte zu 3, zu ihren Eltern. Zu
diesem Zeitpunkt waren in dem Haus bereits mehrere Zimmer freigeworden und die Familie bewohnte seit dem die streitgegenstndliche 4-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss rechts. Bei dem Beklagten zu 4 handelt es
sich um den Sohn des Beklagten zu 3.
Ein schriftlicher Mietvertrag existiert nicht. Smtliche Vereinbarungen mit
A. als ehemaligem Arbeitgeber und Vermieter wurden mndlich getroffen.
Mit Schreiben vom 28.2.2001 stellte die letzte Voreigentmerin die Hauswhrung auf Euro um. Dort heit es wrtlich, dass eine „Grundmiete von
258,20 . sowie pauschale Betriebskosten von 144,18 ., mithin eine Gesamtmiete von 402,38 .“ zu leisten sei.
Die gesamten Betriebskosten (Strom, Wasser, Gas und alle sonstigen umlagefhigen Nebenkosten) wurden seit dem Einzug von dem jeweiligen Eigentmer bernommen und von den Beklagten zuletzt durch Zahlung der
Pauschale von 144,18 . abgegolten. Nebenkostenabrechnungen wurden
niemals erteilt. Die Beklagten hatten niemals ein eigenes Vertragsverhltnis
zu Versorgungstrgern.
Im Jahr 2002 verstarb der Ehemann der Beklagten zu 1, seit dem wird die
Wohnung nur noch von den Beklagten bewohnt.
Am 4.6.2009 erhielten die Beklagten einen Brief der Verwalterin D.
GmbH, dem zufolge die Klger mit Wirkung zum 1.6.2009 in das Mietverhltnis eingetreten sind.
Da die Beklagten die Miete per Dauerauftrag zahlten, war zu diesem Zeitpunkt die Junimiete bereits unter dem 3.6.2009 der Voreigentmerin gutgeschrieben worden.
Ab dem 1.7.2009 leisteten die Beklagten die Mietzahlungen, die nicht der
ortsblichen Vergleichsmiete entsprechen, auf das gewnschte Konto.
Zum 1.12.2009 kndigten die Klger das mit der Firma E. bestehende Versorgungsverhltnis ber Strom und Gas.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Die Klger, deren Einkommen weniger als 2000,… . betrgt, bewohnen zurzeit zusammen mit ihrem zweiunddreiigjhrigen Sohn D. eine Mietwohnung, fr die sie 750,… . monatlich zahlen. Weitere 750,… . monatlich
mssen sie auf den Bankkredit entrichten, den sie fr den Erwerb des streitgegenstndlichen Hauses aufgenommen haben. Im selben Haus bewohnt
auch die achtundzwanzigjhrige Tochter N., der Klger, eine Mietwohnung. Mit den genannten Kindern wollen die Klger gemeinsam die von
Beklagten genutzte Wohnung beziehen.
Eine weitere Tochter der Klger ist bereits mit ihrem Lebensgefhrten und
drei gemeinsamen Kindern in die linke 4-Zimmer-Wohnung des streitgegenstndlichen Hauses eingezogen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.3.2010 sprachen die Klger gegenber
den Beklagten eine Rumungsaufforderung zum 30.4.2010, eine fristlose
und hilfsweise die ordentliche Kndigung des Mietverhltnisses wegen Eigenbedarfs zum 31.12.2010 aus. Eine Widerrufsbelehrung enthielt das
Schreiben nicht.
Mit dem Rumungsklageschriftsatz vom 24.8.2010 widerriefen die Klger
erneut ein etwaiges Geflligkeitsverhltnis und sprachen hilfsweise eine
fristlose und eine ordentliche Kndigung wegen Eigenbedarfs aus.
Unter dem 14.5.2010 wiesen die Beklagten einen Betrag i. H. v. 402,38 .,
den sie als Mietrckstand vom 2.6.2009 bezeichneten, an den Sohn der
Klger an.
Im Jahr 2010 hielten sich die Beklagten zu 1 und 3, die beide keine, oder
nahezu keine, deutschen Sprachkenntnisse besitzen, mehrere Monate, bis
zum 22.12.2010, in Griechenland auf, wobei sowohl die genaue Dauer als
auch der Grund des Verbleibs zwischen den Parteien streitig ist. Auch die
Beklagte zu 2 hielt sich im Sommer des Jahres 2010 in Griechenland auf,
wo die Familie jedes Jahr 1 bis 3 Monate in einem im Miteigentum der Beklagten zu 1 stehenden Haus verbringt.
Vom 14.9.2010 bis einschlielich November 2010 stand in der Wohnung
der Beklagten weder Strom noch Gas und auch kein Wasser zur Verfgung.
Mit Datum vom 27.9.2010 leitete die Firma E. der Beklagten zu 1 eine Anmeldung fr die Belieferung mit Strom und Gas zu, die sie unter dem
25.10.2010, verbunden mit einer ersten Abschlagszahlungsanforderung,
i. H. v. monatlich 538,… ., besttigte.
Mit Schriftsatz vom 9.12.2010 folgten eine erneute fristlose und fristgeme Kndigung der Klger wegen unbefugter Gebrauchsberlassung.
Unter dem 17.12.2010 wurde seitens der Klger eine weitere fristlose Kndigung wegen Mietrckstandes fr die Monate November und Dezember
2010 erklrt, nachdem die Beklagten fr diese Monate keine Mietzahlungen geleistet hatten.
Die Klger behaupten, die Erweiterung der Nutzflche sei ohne Absprache
mit der Voreigentmerin erfolgt, die den Vorgang vermutlich nicht zur
Kenntnis genommen habe. Darber hinaus sei der Beklagte zu 4 ohne Zustimmung des Vermieters in die Wohnung aufgenommen worden, wohne
da aber eigentlich nicht, da er eine eigene Wohnung habe. Auch die Beklagte zu 1 wohne dort nicht, sondern kehre nur aus prozesstaktischen
Grnden zurck, da sie ihren Wohnsitz nach Griechenland verlegt habe.
Aus den Grnden:
I. Es handelt sich bei dem hier streitigen Rechtsverhltnis
um ein Mietverhltnis i. S. des § 535 BGB, da dessen Voraussetzungen, Gebrauchsberlassung der Mietsache gegen Entgelt, zweifelsohne vorliegen und in das die Klger
durch Erwerb des streitgegenstndlichen Hauses gem
§ 566 Abs.1 BGB eingetreten sind.
Folgerichtig wurden die Zahlungsverpflichtungen sowohl
von der Voreigentmerin mit Schreiben vom 28.2.2001
und 28.5.2009 als auch zunchst von den Klgern mit
Schreiben vom 5.6.2009 als „Gesamtmiete“ bezeichnet.
Aus dem Umstand, dass die vereinbarte und ber einen
langen Zeitraum unverndert bestehende Gesamtmiete der
Beklagten nicht den ortsblichen Vergleichsmieten oder
dem tatschlichen Energieverbrauch entspricht … wobei
letzteres zwischen den Parteien streitig ist …, folgt keinesfalls die Unwirksamkeit des mndlich geschlossenen und
durch die genannten Schreiben besttigten Mietvertrages.
Die Vertragsfreiheit deckt auch den Abschluss und Erhalt
unwirtschaftlicher Mietvertrge, zumal mit den §§ 558 ff.
ZMR 2012, 369
BGB ein Instrumentarium zu deren Anpassung zur Verfgung steht.
Dass die Beklagte zu 1 Partei des Mietvertrages ist, begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da sie nach dem unstreitigen Tod ihres Ehemannes auf Grund der Sonderrechtsnachfolge des § 563 a Abs.1 BGB automatisch kraft Gesetzes in das Mietverhltnis eingetreten ist. Dass die Beklagte
zu 1 den Eintritt abgelehnt htte wird nicht einmal von
den Klgern behauptet, die in der Klageschrift zunchst
selbst von der Mieterstellung der Beklagten zu 1 ausgegangen sind.
Das Mietverhltnis wurde auch nicht durch die fristlose
Kndigung vom 26.3.2010 beendet, da diese mangels Kndigungsgrund unwirksam war.
Die von den Klgern behauptete unbefugte Gebrauchsberlassung gem § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB scheitert bereits
daran, dass nach Vorlage der Geburtsurkunde nunmehr
unstreitig sein drfte, dass es sich bei dem Beklagten zu 4
um den Enkel der Beklagten zu 1 handelt und diese mithin zu dessen Aufnahme in die Wohnung befugt war. Dessen ungeachtet haben die insoweit darlegungsbelasteten
Klger keinerlei Angaben darber gemacht, seit wann und
in welchem Umfang die behauptete Gebrauchsberlassung vorlag.
Allerdings wurde das Mietverhltnis durch die mit Schriftsatz vom 26.3.2010 ausgesprochene, ordentliche Kndigung zum 31.12.2010 beendet.
Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter das Mietverhltnis bei Eigenbedarf, d. h. wenn er die vermieteten
Rume als Wohnung fr sich oder seine Familienangehrigen bentigt, kndigen.
Eigenbedarf i. S. des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt vor.
Nach den Vorgaben des BVerfG reicht es fr die materielle Prfung aus, dass der Eigentmer vernnftige, nachvollziehbare Grnde hat, die Wohnung selbst zu nutzen
(BVerfG, WuM 1993, 730 = ZMR 1994, 208). Grundstzlich ist der durch Art.14 Abs.1 GG geschtzte Entschluss
des Eigentmers, seine Wohnung fr sich nutzen zu wollen, zu akzeptieren, da dieser zur Substanz des Eigentums
gehre (st. Rspr. z. B. BVerfG, ZMR 1994, 208 [210] =
WuM 1993, 730; WuM 1994, 130; LG Frankfurt/M., WM
1978, 174; Palandt/Weidenkaff, 70. Aufl., § 573 Rdn. 280;
Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, 1364 ff.,
m. w. Nachw.).
Zur berprfung steht damit nur noch, ob der Erlangungswunsch ernsthaft ist, ob er missbruchlich geltend
gemacht ist oder ob der Wohnungswunsch durch eine andere Wohnung des Vermieters befriedigt werden kann
(BVerfG, WuM 1993, 730 = ZMR 1994, 208).
Dass der Wunsch nach Eigennutzung hier grundstzlich
vernnftig und nachvollziehbar ist, um die 9-kpfige Familie in den zwei 4-Zimmer-Wohnungen des von den Klgern erworbenen Hauses unterzubringen, bedarf keiner
weiteren Begrndung.
Dass die Klger als Eltern mit all ihren erwachsenen Kindern und ihren Enkelkindern zum Zweck der gegenseitigen Untersttzung zusammenziehen wollen, ist als Ausfluss ihrer ureigensten Lebensplanung nicht zu beanstanden.
ZMR 2012, 370
Die Ernsthaftigkeit des klgerischen Ansinnens wird nicht
zuletzt dadurch dokumentiert, dass ihre Tochter C. samt
Familie, whrend des hier anhngigen Rechtsstreits, bereits in die ihr zugedachte Wohnung im linken Gebudeteil eingezogen ist.
Da die Klger ber keine Alternativwohnung verfgen und
die streitgegenstndliche 4-Zimmer-Wohnung einerseits
geeignet ist, den geltend gemachten Wohnbedarf zu decken und andererseits bei dem beabsichtigten Bezug durch
4 Personen keinesfalls von einem berhhten Eigenbedarf
die Rede sein kann, ist das Freimachungsinteresse der Klger unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu bejahen.
Hinzu kommt, dass die Klger ein Gesamteinkommen von
weniger als 2000,… . monatlich beziehen, von dem sie sowohl ihre Miete, als auch die Belastungen fr das erworbene Haus zu tragen haben, so dass ihre finanzielle Situation
sehr beengt ist.
Es gengt das Kndigungsschreiben vom 26.3.2010 auch
den formellen Voraussetzungen, die an eine Wohnraumkndigung nach dem § 568 Abs.1 i. V. m. § 573 Abs. 3 BGB
zu stellen sind.
Im Kndigungsschreiben ist der geltend gemachte Eigenbedarf ausreichend dargelegt. Die Eigentmer, die Klger,
haben ausreichend konkret angegeben, dass ihre Tochter
C. mit ihrer eigenen fnfkpfigen Familie in den linken
Gebudeteil einziehen mchte … was zwischenzeitlich
auch unstreitig geschehen ist …, whrend die Klger selbst
mit zwei weiteren Kindern die Wohnung der Beklagten zu
nutzen gedenken. Darber hinaus haben die Klger auch
ihre aktuelle Mietbelastung, die Hhe der Tilgungsraten
und ihr Einkommen wertmig beziffert.
Entscheidend fr den Umfang des Begrndungszwangs ist
das Informationsinteresse des Mieters.
Es mssen demnach solche Tatsachen angegeben werden,
die fr die Beurteilung von Bedeutung sind, ob der Vermieter vernnftige Grnde fr sein Verlangen hat
(BVerfG, ZMR 1992, 332 = NJW 1992, 1379).
Die Klger haben in ihrem Kndigungsschreiben die Namen smtlicher zuknftiger Nutzer angegeben, sowie die
Verteilung der einzelnen Wohnungen. Ferner haben sie
angegeben, dass sie ihre bisherige Wohnung aufgeben und
nunmehr nicht zuletzt auch aus finanziellen Grnden in
ihrem Eigentum wohnen wollen.
Unschdlich ist, dass im Kndigungsschreiben eine ausdrckliche konkrete Angabe, warum das Haus jetzt „bentigt“ wird und warum die jetzige Wohnung nicht mehr
ausreichend ist, fehlt. Dies ist fr die Wirksamkeit der
Kndigung nicht erforderlich. Als Voraussetzung einer
Eigenbedarfskndigung darf nmlich nicht verlangt werden, dass einer unzureichenden Unterkunft abgeholfen
werden soll; damit kann der Eigenbedarfskndigung aber
auch nicht entgegengehalten werden, dass die bisherige
Wohnung zur Deckung des Wohnbedarfs generell geeignet sei (BVerfG, WuM 1994, 130 f. = ZMR 1993, 315).
Der Wirksamkeit der Kndigung steht auch nicht entgegen, dass sie keine Widerrufsbelehrung enthielt, da es sich
bei § 568 Abs. 2 BGB lediglich um eine Sollvorschrift handelt, deren Nichtbeachtung nicht zur Unwirksamkeit der
Kndigung sondern lediglich zur Verlngerung der Widerspruchsfrist gem § 574 b Abs. 2 Satz 2 BGB fhrt.
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
Trotz fristgemem Widerspruchs im Klageerwiderungsschriftsatz vom 1.11.2010 knnen die Beklagten die Fortsetzung des Mietverhltnisses nach § 574 BGB nicht verlangen.
Die im Rahmen dieser Norm vorzunehmende Interessenabwgung, zwischen dem Freimachungsinteresse der Klger und dem Bestandsinteresse der Beklagten, vermag im
Ergebnis keinen sozialen Hrtefall zu begrnden der einen
Verbleib der Beklagten in der streitgegenstndlichen Wohnung rechtfertigt.
Soweit die Beklagten sich in diesem Zusammenhang auf
das hohe Lebensalter der Beklagten zu 1 und den Umstand, dass sie bereits seit mehr als 40 Jahren in der Wohnung lebt berufen, knnen diesen Aspekten Indizcharakter fr einen Hrtegrund zukommen, ob sie fr dessen alleinige Begrndung ausreichen, ist jedoch streitig (vgl. in
diesem Zusammenhang verneinend: OLG Kln, ZMR
2004, 33 [36] = WuM 2003, 465; LG Oldenburg, DWW
1991, 240; LG Bremen, Urteil vom 22.5.2003 … 2 S 315/02
…; AG Andernach, Urteil vom 23.8.2007 … 6 C 387/07 …;
Sternel, a. a. O., 1471 ff.; Schmidt-Futterer, Mietrecht,
8. Aufl., § 556 a BGB Rdn. 38; bejahend: LG Stuttgart,
WuM 1992, 247; LG Hannover, WuM 1989, 298; LG Berlin, MM 1995, 101; AG Witten, ZMR 2007, 44).
Bedenkt man, dass in all den zitierten Fllen, in denen die
Rechtsprechung das hohe Lebensalter und die lange
Wohndauer zur Begrndung der sozialen Hrte ausreichen lieen, von hoch betagten Mietern die Rede ist, die
alleine oder zu zweit in einer Umgebung lebten, in der sie
mehr oder weniger verwurzelt und auf nachbarschaftliche
Hilfe angewiesen waren, ist evident, dass die Flle mit dem
hier zur Entscheidung stehenden nicht vergleichbar sind.
Zwar ist auch die Beklagte zu 1 mit 85 Jahren hoch betagt,
dennoch ist ihre Lebenssituation eine gnzlich andere.
Ihrem eigenen Vortag nach lebt sie seit ber 40 Jahren zusammen mit ihren Kindern in einer konstanten Familiensituation, der seit vielen Jahren auch noch ihr Enkel und
ber einen gewissen Zeitraum ebenso ihre Schwiegertochter angehrte.
Der Familienzusammenhalt ist derart eng, dass man sogar
jhrlich 1, 2 oder 3 Monate seines Urlaubs gemeinsam in
einem im Miteigentum der Beklagten zu 1 stehenden
Haus in Griechenland verbringt und der Beklagte zu 4
trotz seines Alters von 36 Jahren zeitweilig im breiten Bett
der Oma, der Beklagten zu 1 schlft. Bedenkt man ferner,
dass die Beklagte zu 1 ihrem eigenen Bekunden nach,
trotz ihres 44 jhrigen Aufenthaltes in diesem Land, der
deutschen Sprache nicht mchtig ist, wird offenbar, dass
ihre persnlichen Bindungen in erster Linie in ihrer Familie zu finden sind. Mit dieser Feststellung korrespondiert,
dass in dem Nachbarhaus der Beklagten, ihren eigenen Behauptungen zufolge, seit 6 bis 7 Jahren trkische, portugiesische und jugoslawische Familien wohnen, zu denen kein
engerer Kontakt zu bestehen scheint … zumindest nicht
vorgetragen wurde … und auf Grund der Sprachbarriere
wohl auch nicht mglich wre.
Eine besondere persnliche Bindung an die konkrete
Wohnung machen die Beklagten somit selbst nicht geltend.
Die Beklagten haben auch nicht hinreichend dargelegt,
dass sie auf Grund ihres Gesundheitszustands nicht in der
Rechtsprechung Miet- und Pachtrecht
ZMR 2012, 371
Lage sind, aus ihrer bisherigen Wohnung in eine neue
Wohnung zu ziehen.
vertraglichen Vereinbarungen ergeben, in welche die Klger gem § 566 Abs.1 BGB eingetreten sind.
Zwar leidet die Beklagte zu 1 nach ihrem eigenen … im brigen bestrittenen … Vortrag an einigen, zum Teil altersbedingten Krankheitsbildern, wie Herzdurchblutungsstrungen, Bluthochdruck, Osteoporose und Herzklappenverkalkung. Nichts anderes ist auch dem von ihr vorgelegten Attest vom 12.5.2010 zu entnehmen, indem lediglich besttigt wird, dass ein Umzug auf Grund des schlechten Allgemeinzustandes derzeit nicht zu verantworten sei.
Da das streitgegenstndliche Mietverhltnis jedoch durch
die rechtswirksame Eigenbedarfskndigung vom 26.3.2010
zum 31.12.2010 endete, besteht keine weitergehende Gebrauchsberlassungspflicht der Klger nach § 535 Abs.1
BGB und mithin entfllt generell deren Verpflichtung die
Mietrume mit Strom, Wasser und Heizung zu versorgen
(s. BGHZ 180, 300 ff.; Elmar Streyl, Das Einstellen der Versorgungsleistungen durch den Vermieter, WuM 2006,
234 ff.).
Bedenkt man dass die Beklagte zu 1 nach Ausstellung des
Attestes, unstreitig mehrere Monate nach Griechenland
geflogen ist und dort ihrem eigenen Vortrag nach, sowohl
an einer Hochzeit teilgenommen und dann sogar ber einen lngeren Zeitraum ihren verunfallten Sohn gepflegt
haben will, knnen die genannten Krankheiten keinesfalls
derart schwer wiegen, dass die Beklagte aus gesundheitlichen Grnden einen Umzug nicht wrde meistern knnen.
Der Einholung eines rztlichen Sachverstndigengutachtens zum Gesundheitszustand der Beklagten zu 1 bedurfte
es nach alledem nicht, da keine Anknpfungstatsachen
vorgetragen wurden, die fr eine akute Gesundheitsgefhrdung der Beklagten zu 1 infolge eines Umzuges sprechen
knnten (im Ergebnis ebenso LG Bremen, a. a. O.).
Auch eine aus Treu und Glauben abzuleitende Restpflicht
aus dem Abwicklungsverhltnis des Mietvertrages oder der
den Beklagten gewhrten Rumungsfrist, vermgen im
vorliegenden Fall den geltend gemachten Anspruch nicht
zu begrnden.
Eine in beiden Fllen aus § 242 BGB abzuleitende Verpflichtung, die alleine den Interessen des Mieters dienen
wrde, lsst sich nach der Rechtsprechung des BGH nmlich nur dann begrnden, wenn sie den berechtigten Interessen des Vermieters nicht in einer Weise zuwider liefe,
die ihm die weitere Nutzung unzumutbar machen wrde
(BGH, ebd.). Diese Voraussetzungen liegen jedoch vor.
Soweit die Beklagten sich ferner darauf berufen, dass ein
Umzug auch den Beklagten zu 2 und 3 aus gesundheitlichen Grnden nicht zuzumuten sei, sind sie auch insofern
der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht
nachgekommen. . . .
Das den Klgern die Weiterbelieferung der Beklagten mit
Energie auf ihre eigenen Kosten nicht zumutbar ist, ergibt
sich nicht zuletzt daraus, dass die Beklagten zumindest
mit Beendigung des Mietvertrages nicht mehr von der Privilegierung durch eine ggf. vereinbarte Betriebskostenpauschale profitieren knnen und mithin fr die tatschlich
verbrauchten Kosten einzustehen haben.
Schlielich knnen die Beklagten sich auch nicht darauf
berufen, dass es ihnen nicht mglich sei, angemessenen
und zumutbaren Ersatzwohnraum zu finden (§ 574 Abs. 2
BGB). Denn sie haben nicht dargelegt, welche Bemhungen sie bisher unternommen haben, um eine andere Wohnung zu finden. . . .
Ein Anspruch auf Wiederherstellung der Energieversorgung auf Kosten der Klger lsst sich auch nicht auf § 826
BGB sttzen, da der Zufluss von Versorgungsleistungen
nicht Bestandteil der tatschlichen Sachherrschaft ist und
mithin keine Besitzstrung darstellt (s. BGH, ebd.; Streyl,
ebd.; KG, NZM 2005, 66).
Der allgemeine Hinweis, dass auf dem Wohnungsmarkt
nichts geeignetes zu finden sei oder auf ein geringes Einkommen, reicht nicht aus (s. LG Mannheim, DWW 1993,
140; LG Bonn WuM 1992, 16; LG Dsseldorf, ZMR 1991,
178; LG Karlsruhe, DWW 1990, 238). Denn der Mieter ist
nach Erhalt einer berechtigten Kndigung verpflichtet,
sich um angemessen Ersatzwohnraum zu bemhen. Dabei
muss er notfalls auch eine hhere Miete in Kauf nehmen.
Allerdings haben die Beklagten einen Anspruch darauf,
dass die Klger die Beklagte zu 1 fr den Monat Dezember
2010 von den Ansprchen der E. i. H. v. 538,… . freistellt.
Nach alledem ist im konkreten Fall der Lebensplanung,
der ebenfalls im gesetzteren Alter befindlichen Klger, die
sowohl aus finanziellen, als auch aus persnlichen Grnden, mit ihrer Grofamilie in das eigene Haus einziehen
wollen, der Vorrang zu gewhren (vgl. insoweit auch LG
Berlin, WuM 1990, 504).
Die Klger waren auf Grund des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages bis zu dessen Beendigung verpflichtet, eine Energieversorgung fr die von den Beklagten genutzte Wohnung auf eigene Kosten herzustellen.
Zurecht berufen sich die Beklagten in diesem Zusammenhang darauf, dass sie nach dem von ihnen mit der Ursprungseigentmerin abgeschlossenen Mietvertrag lediglich zur Zahlung einer Betriebskostenpauschale verpflichtet sind, whrend die Vertragsgestaltung mit dem Energieversorger dem Eigentmer oblag.
II. Ein Anspruch der Beklagten darauf, dass die Klger fr
die von den Beklagten genutzte Wohnung auf eigene Kosten eine Energieversorgung durch die Bereitstellung von
Strom und Gas herstellen, besteht nicht.
Dass das Mietverhltnis zwischen den Beklagten und den
Voreigentmern, derartig gestaltet war ergibt sich bereits
aus dem ersten Schreiben der letzten Voreigentmerin der
Klger vom 28.2.2001 in dem von „pauschalen Betriebskosten“ i. H. v. 144,18 . die Rede ist. Nichts anderes lsst
sich auch deren zweitem Schreiben vom 28.5.2009, zeitnah vor der Eigentumsbertragung an die Klger, entnehmen, indem ebenfalls Betriebskosten von 144,18 . bescheinigt werden.
Ein derartiger Anspruch knnte sich im konkreten Fall lediglich aus den mit den Voreigentmern getroffenen miet-
Haben die Parteien mithin eine Vorauszahlung vereinbart
ohne umlagefhige Betriebskosten nher zu bestimmen,
An dieser Wertung vermag auch die an sich richtige Behauptung der Beklagten, „dass die Klger bereits bei Erwerb des Hauses htten wissen knnen und mssen, auf
welche Situation sie sich einlassen“ nichts zu ndern.
ZMR 2012, 372
handelt es sich bei dieser Vereinbarung um eine Betriebskostenpauschale. Hierfr spricht nicht zuletzt auch, dass
die Zahlung der Nebenkosten im konkreten Fall ber Jahrzehnte unstreitig derart gehandhabt und Nebenkostenabrechnungen nie erteilt wurden.
Nicht zuletzt besttigen die Klger mit ihrem Vortrag,
„dass die Beklagten die Interessenlosigkeit der Voreigentmer ausgenutzt haben“, dass die Abrechnung der Betriebskosten ber den genannten Zeitraum in der geschilderten
Art und Weise erfolgte.
Soweit die Klger sich ferner darauf berufen, dass eine Vereinbarung hinsichtlich der pauschalen Betriebskosten gar
nicht vorlag, da die Beklagten durch sie unbegrenzt begnstigt wrden, vermag das Gericht dieser Argumentation aus den o. g. Grnden nicht zu folgen. Selbst wenn
man jedoch der Rechtsauffassung der Klger folgen wollte,
ergbe sich hieraus, dass weder ein Katalog umzulegender
Betriebskosten, noch Vorauszahlungen eindeutig vereinbart wren und mithin nach der Rechtsprechung des BGH
von einer Inklusivmiete auszugehen ist (WuM 2004, 151),
so dass bereits mit der Mietzinszahlung smtliche Nebenkosten abgegolten wren und die Klger sich noch schlechter stellen wrden.
Auch wenn den Klgern zuzugestehen ist, dass die Beklagten eine relativ geringe Miete und eine ebenfalls gnstige
Betriebskostenpauschale zu tragen haben, vermag dieser
Umstand nichts daran zu ndern, dass das Mietverhltnis
genau zu diesen Konditionen mit der Voreigentmerin bestand und wie sich aus dem zeitlichen Abstand der beiden
Schreiben der Voreigentmerin ergibt, zumindest seit
mehr als 8 Jahren, bis unmittelbar vor Eigentumsbertragung, auch derart gehandhabt wurde.
Auch knnen die Klger sich nicht darauf berufen, dass
das streitige Mietverhltnis bereits vor dem 31.12.2010 endete, da die von ihnen unter dem 26.3.2010, 24.8.2010, 9.
und 17.12.2010 jeweils ausgesprochenen fristlosen Kndigungen rechtsunwirksam waren.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
sung der Wohnung an „irgendwelche Personen“ als Kndigungsgrund angeben, gelten die oben getroffenen Feststellungen entsprechend. Soweit die Klger in der letztgenannten Kndigung von „irgendwelchen Personen“ sprechen, ist ihr Vortrag auch nicht verstndlich.
Letztlich vermag auch die auf Zahlungsverzug gem
§ 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB gesttzte fristlose Kndigung
vom 17.12.2010 nicht durchzugreifen. Zwar haben die Beklagten fr die Monate November und Dezember 2010
unstreitig keine Mietzahlungen geleistet, allerdings konnten sie zumindest fr den November schon deshalb nicht
in Zahlungsverzug geraten, weil sie fr diesen Monat auf
Grund einer einhundertprozentigen Mietminderung gar
keine Miete schuldeten.
Unstreitig haben die Klger das Versorgungsverhltnis mit
der E. zum 1.12.2009 gekndigt. Ebenso unstreitig wurde
die Wohnung der Beklagten seit dem 14.9.2010 weder mit
Strom, Gas noch mit Wasser versorgt. Da zu diesem Zeitpunkt jedoch noch ein gltiger Mietvertrag mit einer Betriebskostenpauschale zugunsten der Beklagten bestand,
schuldeten die Klger im Rahmen der ihnen obliegenden
Gebrauchsgewhrungspflicht aus § 535 Abs.1 BGB auch
noch die Energie- und Wasserversorgung der streitgegenstndlichen Wohnung. Durch die Kndigung des geschuldeten Versorgungsvertrages haben die Klger mithin eine
verbotene Eigenmacht gem §§ 858, 862 BGB begangen,
die zu einem Mangel der Mietsache nach § 536 Abs.1 BGB
fhrte.
Einsender: Rechtsanwalt Dr. F. Schmidt-Marloh, Wiesbaden
Anmerkung des Einsenders:
Die Entscheidung wurde in den vorstehenden Punkten
vom LG Wiesbaden mit Urteil vom 8.12.2011 … 3 S 96/
11 … besttigt.
Wohnungseigentumsrecht
Heizkosten in der Jahresgesamt- und Einzelabrechnung
Die auf eine unbefugte Gebrauchsberlassung nach § 543
Abs. 2 Nr. 2 gesttzte fristlose Kndigung vom 26.3.2010
scheitert bereits daran, dass nach Vorlage der Geburtsurkunde nunmehr unstreitig sein drfte, dass es sich bei dem
Beklagten zu 4 um den Enkel der Beklagten zu 1 handelt
und diese mithin zu dessen Aufnahme in die Wohnung
und dessen Eingliederung in ihren Haushalt auch ohne Erlaubnis des Vermieters befugt war (s. hierzu, LG Hamburg,
WuM 1999, 687 f.) Selbst wenn man hier anderer Meinung
sein wollte, hegt das Gericht erhebliche Zweifel, ob in der
Einrumung eines solchen unselbstndigen Mitgebrauchs
eine erhebliche Rechtsgutverletzung begrndet sein kann.
Dessen ungeachtet haben die insoweit darlegungsbelasteten Klger jedoch auch keinerlei Angaben darber gemacht, seit wann und in welchem Umfang die behauptete
Gebrauchsberlassung vorlag und wann, in welcher Form
und mit welchem Inhalt die von § 543 Abs. 3 BGB geforderte Abmahnung, bzw. Fristsetzung, ausgesprochen wurde. Vielmehr haben die Klger an anderer Stelle sogar vorgetragen, dass der Beklagte zu 4 gar nicht in ihrem Haus
wohne, sondern ber eine eigene Wohnung verfge.
Sachverhalt:
Hinsichtlich der fristlosen Kndigungen vom 24.8.2010
und 9.12.2010, die ebenfalls die unbefugte Gebrauchsberlassung an den Beklagten zu 4, bzw. eine Gesamtberlas-
Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentmergemeinschaft.
Auf der Eigentmerversammlung vom 7.7.2009 wurde die Abrechnung fr
das Wirtschaftsjahr 2008 durch Mehrheitsbeschluss genehmigt. Bei den
Heiz- und Warmwasserkosten wurden in die Abrechnung nicht die Kosten
23. WEG § 28 Abs. 3; HeizKV § 3 Satz 1:
1. Die Regelungen der Heizkostenverordnung gelten
fr die Wohnungseigentmergemeinschaft unmittelbar; einer Vereinbarung oder eines Beschlusses ber ihre Geltung bedarf es nicht.
2. In die Jahresgesamtabrechnung sind alle im Abrechnungszeitraum geleisteten Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung von Brennstoff stehen,
aufzunehmen.
3. Fr die Verteilung in den Einzelabrechnungen sind
dagegen die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatschlich verbrauchten Brennstoffs mageblich. Der Unterschiedsbetrag ist in der Abrechnung verstndlich zu
erlutern.
BGH, Urteil vom 17.2.2012
V ZR 251/10
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
fr die im Jahr 2008 tatschlich bezogene Fernwrmeenergie aufgenommen, sondern alle Zahlungen, die im Jahr 2008 an den Energieversorger geleistet worden sind. Die Klger haben beantragt, die Beschlsse, soweit die
Gesamt- und Einzelabrechnungen fr die Heiz- und Warmwasserkosten genehmigt wurden, fr ungltig zu erklren.
Aus den Grnden:
II. 1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der innerhalb der Begrndungsfrist eingegangene Schriftsatz der Klger die an eine Klagebegrndung
nach § 46 Abs.1 Satz 2 WEG zu stellenden Anforderungen
erfllt.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch den Beschluss der Eigentmergemeinschaft, soweit die Gesamtabrechnung genehmigt wurde, wegen Verstoes der Abrechnung gegen die Heizkostenverordnung fr ungltig erklrt.
a) Dies folgt allerdings nicht daraus, dass es an einem
schlssigen Sachvortrag der Klger dazu fehlt, ob die
Wohnungseigentmer die Anwendung der Vorschriften
der Heizkostenverordnung fr ihre Gemeinschaft berhaupt eingefhrt haben. Eines solchen Vortrages bedurfte
es nicht.
Nach § 3 Satz 1 HeizKV sind deren Vorschriften unabhngig davon anzuwenden, ob die Wohnungseigentmer
durch Vereinbarung oder Beschluss abweichende Bestimmungen getroffen haben. Die Heizkostenverordnung ist
ihrem Inhalt nach allerdings nicht fr eine unmittelbare
Anwendung innerhalb einer Wohnungseigentmergemeinschaft geeignet. Sie gibt kein festes Abrechnungssystem vor, sondern nur einen Rahmen (vgl. §§ 4, 5, 7, 8
HeizKV).
Dieser Rahmen muss von der Wohnungseigentmergemeinschaft erst durch Vereinbarung oder Beschluss ausgefllt werden, bevor eine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung mglich ist. Der Verwalter kann eine derart
weitreichende Auswahlentscheidung nicht eigenstndig
treffen (Lammel, Heizkostenverordnung, 3. Aufl., § 3
Rdn. 6;
Danner/Theobald/Schuhmacher,
Energierecht
[2011], § 3 HeizKV Rdn. 4; Jennien, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl.,
Rdn.114). Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur
gefolgert, dass die Regelungen der Heizkostenverordnung
fr die Wohnungseigentmergemeinschaft keine unmittelbare Geltung htten, sondern erst durch Vereinbarung
oder Beschluss eingefhrt werden mssten (BayObLG,
ZMR 1988, 349; OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458 [460];
OLG Kln, NZM 2005, 20; Brmann/Becker, WEG,
11. Aufl., § 16 Rdn. 57; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16
WEG Rdn. 238; Schmid, in: Riecke/Schmid, WEG,
3. Aufl., § 3 HeizKV Rdn.1; Mller, Praktische Fragen des
Wohnungseigentums, 5. Aufl., 6. Teil Rdn.156; Lammel,
Heizkostenverordnung, 3. Aufl., § 3 Rdn. 4 ff.; Danner/
Theobald/Schuhmacher, Energierecht [2011], § 3 HeizKV
Rdn. 4).
Dieser Schlussfolgerung ist nicht beizutreten. Die von den
Wohnungseigentmern zu treffende Entscheidung ber
die Ausfllung des von der Heizkostenverordnung vorgegebenen Rahmens betrifft die Frage, wie die Wohnungseigentmer die vorgeschriebene verbrauchsabhngige Abrechnung vornehmen, insbesondere welchen der mglichen Verteilungsmastbe sie whlen. Insoweit bedarf es
ZMR 2012, 373
fr eine Abrechnung auf der Grundlage der Heizkostenverordnung einer Regelung durch die Wohnungseigentmergemeinschaft.
Eine Beschlussfassung oder Vereinbarung darber, ob
nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung abzurechnen ist, ist hingegen nicht erforderlich. Diese Verpflichtung ergibt sich bereits unmittelbar aus § 3 Satz 1
HeizKV, der die Anwendung der Vorschriften der Heizkostenverordnung im Verhltnis der Wohnungseigentmer zwingend vorschreibt (LG Itzehoe, ZMR 2011, 236;
LG Lbeck, ZMR 2011, 747 f.; OLG Hamburg, ZMR 2007,
210; Jennien, in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 16 Rdn.103).
Daher entspricht allein eine den Anforderungen der Heizkostenverordnung gengende Abrechnung den Grundstzen ordnungsgemer Verwaltung (vgl. Senat, Urteil vom
16.7.2010 … V ZR 221/09 …, NJW 2010, 3298 [3299]
Rdn.15). Genehmigen die Wohnungseigentmer eine
Heizkostenabrechnung, die verbrauchsunabhngig orientiert ist, ist der Beschluss auf Anfechtung fr unwirksam
zu erklren. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentmer (noch) keine der Heizkostenverordnung entsprechende Regelung eingefhrt haben (OLG Karlsruhe,
WuM 2001, 458; a. A. Danner/Theobald/Schuhmacher, Energierecht [2011], § 3 HeizKV Rdn. 4). Dann mssten sie eine solche Regelung nachholen, damit auf ihrer Grundlage
die Heizkosten verteilt werden knnen.
b) Ein Versto gegen die Heizkostenverordnung liegt jedoch nur vor, soweit die Einzelabrechnungen betroffen
sind, nicht dagegen im Hinblick auf die Gesamtabrechnung.
aa) Die Verwaltung einer Wohnungseigentmergemeinschaft hat gem § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung zu erstellen. In dieser sind die
gesamten im Kalenderjahr angefallenen tatschlichen Einnahmen und Ausgaben auszuweisen (Senat, Urteil vom
4.12.2009 … V ZR 44/09 …, ZMR 2010, 300 = NJW 2010,
2127 [2128] Rdn.10). Die Abrechnung soll den Wohnungseigentmern aufzeigen, welche Ausgaben und welche Einnahmen die Wohnungseigentmergemeinschaft
im Abrechnungszeitraum wirklich hatte. Deshalb drfen
in ihr nur tatschlich erzielte Einnahmen und tatschlich
erfolgte Ausgaben gebucht werden (Senat, a. a. O.,
Rdn.17).
bb) Demgegenber schreibt die Heizkostenverordnung eine verbrauchsabhngige Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten vor. Dem wrde eine Ermittlung dieser Kosten nach dem Abflussprinzip, also nach den im Abrechnungsjahr bezahlten Rechnungen, nicht gerecht.
Nach § 6 Abs.1 HeizKV hat der Gebudeeigentmer die
Kosten der Versorgung mit Wrme und Warmwasser auf
der Grundlage der Verbrauchserfassung nach Magabe der
§§ 7 bis 9 HeizKV auf die einzelnen Nutzer zu verteilen.
Nach §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 2 HeizKV gehren zu den Kosten
der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage „die Kosten der verbrauchten Brennstoffe“. Daraus
folgt, dass nicht die in der Abrechnungsperiode bezahlten
Rechnungen, sondern die Kosten des in diesem Zeitraum
tatschlich erfolgten Verbrauchs auf die Wohnungseigentmer umzulegen sind (einhellige Meinung in Rspr. und
Lit.; vgl. etwa BayObLG, NJW-RR 2003, 1666; NJW-RR
1993, 1166 [1167]; OLG Hamm, ZWE 2001, 446 [448];
ZMR 2012, 374
OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458 [460]; LG Hamburg,
ZMR 2009, 530 [531]; Merle, in: Brmann, WEG,
11. Aufl., § 28 Rdn. 71; Jennien, in: Jennien, WEG,
2. Aufl., § 28 Rdn. 80; Jennien, ZWE 2011, 153 [154];
Weitnauer, WEG, 9. Aufl., Anh. II Rdn. 24; MnchKomm.Engelhard, BGB, 5. Aufl., § 28 WEG Rdn.17; Staudinger/
Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rdn. 206 und § 28 WEG
Rdn. 348 f.; Niedenfhr, DWE 2005, 58 [61]; Drasdo, ZWE
2002, 166 [168]; fr die Betriebskostenabrechnung des
Vermieters BGH, Urteil vom 1.2.2012 … VIII ZR 156/11 …
). Die Anwendung des Abflussprinzips wrde vor allem
bei der Versorgung mit Heizl zu Ergebnissen fhren, die
mit den Vorgaben der Heizkostenverordnung nicht in Einklang zu bringen sind. Wird ein grerer Heizlvorrat gekauft, der im Folgejahr eine Auffllung des Tanks entbehrlich macht, wrden die Nutzer im jeweiligen Abrechnungsjahr auch nicht annhernd mit den Kosten des tatschlichen Verbrauchs belastet. Unabhngig von der Art
der bezogenen Energie fhrt eine Kostenverteilung nach
dem Abflussprinzip aber auch in den Fllen eines Nutzerwechsels, etwa bei Verkauf der Wohnung, zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Nach § 9 b Abs. 2 HeizKV sind die
nach dem erfassten Verbrauch zu verteilenden Kosten auf
Vor- und Nachnutzer zu verteilen. Ein verbrauchsabhngiger Kostenausgleich zwischen Veruerer und Erwerber ist
jedoch nicht mglich, wenn Bezugsgre der Abrechnung
nicht die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatschlich
erfolgten Verbrauchs, sondern die bezahlten Rechnungen
sind. Dies wre vor allem in Fllen, in denen … witterungsbedingt … die Abschlagszahlungen nicht dem tatschlichen Verbrauch entsprechen, oder etwa beim Kauf eines
Heizlvorrats, mit der Heizkostenverordnung nicht vereinbar.
cc) Im Hinblick auf die von der Heizkostenverordnung
vorgeschriebene verbrauchsabhngige Abrechnung macht
die herrschende Meinung fr die Heiz- und Warmwasserkosten vom Prinzip der Jahresabrechnung der Wohnungseigentmergemeinschaft als reiner Einnahmen- und Ausgabenabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) eine Ausnahme. In
die Jahresgesamtabrechnung drfen danach die in dem
Abrechnungszeitraum tatschlich angefallenen Verbrauchskosten fr Heizung und Warmwasser auch dann
eingestellt werden, wenn sie mit den in diesem Zeitraum
geleisteten Zahlungen nicht bereinstimmen. Die Nachvollziehbarkeit der Jahresabrechnung und die Prfbarkeit
der Vermgensentwicklung wrden dadurch gewhrleistet,
dass die gegenber den Verbrauchskosten entstandenen
Mehr- oder Minderbetrge auf Grund der geleisteten Ausgaben als „Abgrenzungsposten“ in der Jahresgesamtabrechnung Bercksichtigung finden. Unterschiedliche Vorstellungen bestehen darber, an welcher Stelle der Gesamtabrechnung die Abgrenzungen vorzunehmen sind, ob dies
bei der Kontenentwicklung zu erfolgen hat oder in Form
von Ausgleichsposten bei der Einnahmen-/Ausgabenrechnung (BayObLG, NJW-RR 2003, 1666; NJW-RR 1993,
1166 [1167]; OLG Hamm, ZWE 2001, 446 [448]; OLG
Karlsruhe, WuM 2001, 458 [460]; LG Nrnberg-Frth,
ZMR 2009, 74; Merle, in: Brmann, 11. Aufl., § 28 Rdn. 71;
Jennien, in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 28 Rdn. 80; Jennien, ZWE 2011, 153 [154]; Weitnauer, WEG, 9. Aufl., § 28
Rdn. 25 f.; MnchKomm.-Engelhard, BGB, 5. Aufl., § 28
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
WEG Rdn.17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG
Rdn. 348 f.; Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rdn. 38).
dd) Nach einer Gegenauffassung ist in der Gesamtabrechnung ausnahmslos am Einnahmen-Ausgaben-Prinzip festzuhalten. Die Heizkostenverordnung erfordere keine Abweichung, da die dort vorgeschriebene verbrauchsabhngige Verteilung lediglich die Einzelabrechnungen betreffe.
In die Gesamtabrechnung mssten daher alle tatschlichen Zahlungsflsse, die im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Verbrauch von Brennstoff stehen, eingestellt werden, whrend in den Einzelabrechnungen die
auf den konkreten Verbrauch entfallenden Kosten zu verteilen sind. Dass insoweit dann keine Deckungsgleichheit
zwischen Einzel- und Gesamtabrechnung mehr bestehe,
sei in deren unterschiedlichen Zielrichtungen begrndet.
Die Gesamtabrechnung diene der Kontrolle des Verwalters, die Einzelabrechnungen hingegen der Kostenverteilung im Innenverhltnis der Wohnungseigentmer. Die
Differenz zur Gesamtabrechnung sei aus Grnden der
bersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Abrechnung zu erlutern (Hublein, ZWE 2010, 237 [245]; Niedenfhr, DWE 2005, 58 [61] und in Niedenfhr/Kmmel/
Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdn. 53; Drasdo, ZWE
2002, 166 [168 f.] = NZM 2005, 721 ff. und NZM 2010,
681 ff.).
ee) Der Senat hlt die unter dd) dargestellte Auffassung
fr zutreffend. Die Verwaltung hat eine geordnete und
bersichtliche Einnahmen- und Ausgabenabrechnung vorzulegen, die fr einen Wohnungseigentmer auch ohne
Hinzuziehung fachlicher Untersttzung verstndlich ist
(Senat, Urteil vom 4.12.2009 … V ZR 44/09 …, NJW 2010,
2127 [2128] Rdn.10). Diesen Anforderungen gengt eine
Abrechnung, wenn alle in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatschlich erzielten Einnahmen und erfolgten Ausgaben eingestellt werden. Die Darstellung der tatschlichen
Geldflsse ermglicht durch einen Abgleich mit den Gesamtkontostnden ohne Weiteres die berprfung der
rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung. Diese einfache
Prfung liee sich im Falle der Vornahme von Abgrenzungen nicht oder nur erschwert durchfhren (Drasdo, NZM
2005, 721 [723]). Ein sachlicher Grund, hiervon bei der
Darstellung der Heiz- und Warmwasserkosten in der Gesamtabrechnung abzuweichen, besteht nicht, insbesondere lsst sich ein solcher nicht aus den Bestimmungen der
Heizkostenverordnung herleiten. Diese erfordert lediglich
eine Verteilung der tatschlich angefallenen Heiz- und
Warmwasserkosten auf der Grundlage des gemessenen
Verbrauchs. Den Vorgaben der Heizkostenverordnung ist
daher bereits dann Genge getan, wenn zwar nicht in der
Gesamtabrechnung, aber in den Einzelabrechnungen eine
verbrauchsabhngige Abrechnung vorgenommen wird,
dort also die Kosten des im Abrechnungszeitraum tatschlich verbrauchten Brennstoffs verteilt werden. Der Umstand, dass sich insoweit ausnahmsweise die Einzelabrechnung nicht unmittelbar aus der Gesamtabrechnung herleitet, ist hinzunehmen, sofern die in der Einzelabrechnung
enthaltene Abweichung deutlich ersichtlich und mit einer
verstndlichen Erluterung versehen ist. An welcher konkreten Stelle der Gesamt- oder Einzelabrechnung diese Erluterung erfolgt (vgl. etwa Casser/Schultheiss, ZMR-Sonderheft, Januar 2011, 1 [7 ff.] sowie ZMR 2011, 85 ff.),
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
bleibt dem Verwalter berlassen. Entscheidend ist allein,
dass die Darstellung verstndlich und nachvollziehbar ist.
Hinsichtlich der Umlage der verausgabten Gelder fr die
angeschafften, aber noch nicht verbrauchten Brennstoffe
enthlt die Heizkostenverordnung keine Regelung. Diese
Kosten sind daher zunchst nach dem allgemeinen, in
§ 16 Abs. 2 WEG bestimmten oder nach einem ansonsten
vereinbarten Kostenverteilungsschlssel zu verteilen (vgl.
Drasdo, NZM 2010, 681 [683]).
ff) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht den Beschluss der Eigentmergemeinschaft, soweit die Einzelabrechnungen genehmigt wurden, wegen Verstoes der
Abrechnungen gegen die Heizkostenverordnung fr ungltig erklrt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind in den Einzelabrechnungen fr 2008 die an das
Versorgungsunternehmen geleistete Abschlagszahlung fr
den Monat Januar 2008, die Zahlung auf die Schlussabrechnung des Versorgers fr den Versorgungszeitraum
10.2.2007 bis 13.2.2008 und die Abschlagszahlungen fr
die Monate Mrz bis Dezember 2008 erfasst. Die Einzelabrechnungen legen somit nicht den im Abrechnungsjahr
2008 erfolgten Verbrauch, sondern lediglich die geleisteten Zahlungen zugrunde. Dies ist mit der von der Heizkostenverordnung vorgeschriebenen verbrauchsabhngigen Abrechnung nicht vereinbar. Der Beschluss ber die
Genehmigung der Gesamtabrechnung ist hingegen nicht
zu beanstanden.
Anmerkung:
Dieses Urteil ist eines der ersten Nachbeben, die die Verfasser dieser Anmerkung nach der Entscheidung des
BGH1) zum Ausweis der Instandhaltungsrckstellung in
der Jahresabrechnung vorausgesehen haben.2)
Die Leitstze lassen dies nicht sofort erkennen, sie vermitteln zunchst wenig Spektakulres:
So ist die Feststellung, dass die Anwendung der Heizkostenverordnung keiner Vereinbarung oder keines Beschlusses bedarf, in Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut von
§ 3 Satz 1 HeizkV3) nur deshalb notwendig, weil bisher groe Teile der Rechtsprechung hinsichtlich der Beschlusskompetenz nicht klar zwischen dem „ob“ und dem „wie“
unterschieden haben.
Und es erstaunt im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut in § 7 Abs. 2 HeizkV,4) der von den „Kosten der verbrauchten Brennstoffe“ spricht, auch nicht, dass nun auch
der V. Senat des BGH … ebenso wie wenige Wochen zuvor
der fr Mietsachen zustndige VIII. Senat5) … klarstellt,
dass „nicht die in der Abrechnungsperiode bezahlten Rechnungen, sondern die Kosten des in diesem Zeitraum tatschlich erfolgten Verbrauchs auf die Wohnungseigentmer umzulegen
sind“.
Die wesentliche Bedeutung des Urteils liegt darin, dass die
bisher nur vereinzelt vertretene6) Aufspaltung der Jahresabrechnung in eine smtliche Einnahmen- und Ausgaben
ausweisende Gesamtabrechnung und in eine der Kostenverteilung dienende Einzelabrechnung hchstrichterlich
besttigt wird.
Bricht man die sklavische Abhngigkeit zwischen Gesamtund Einzelabrechnung auf und begreift die Gesamtabrechnung als Abrechnung aller Einnahmen und Ausgaben ge-
ZMR 2012, 375
m § 28 WEG gegenber der Eigentmergemeinschaft
und die Einzelabrechnung als Kostenabrechnung gem
§ 16 Abs. 2 WEG gegenber den Einzeleigentmern, dann
ergibt sich eine Lsung nicht nur fr die Heizkosten, sondern auch fr alle anderen verbrauchsabhngig abzurechnenden Kostenarten.7)
Die Eigentmer erwarten zum Beispiel auch bei einer ber
§ 16 Abs. 3 WEG beschlossenen verbrauchsabhngigen
Wasserkostenabrechnung keine Abrechnung nach Abschlagszahlungen.
Der BGH scheint den Weg fr eine solche Lsung frei zu
machen, indem er formuliert, dass in die Gesamtabrechnung alle (im konkreten Fall an einen Fernwrmeversorger
geleisteten) Zahlungen aufzunehmen sind, fr die Verteilung in den Einzelabrechnungen dagegen nur die Kosten
des tatschlichen Verbrauchs mageblich sind. Gesamt- und
Einzelabrechnung weichen also voneinander ab, was deutlich ersichtlich zu machen ist. Der BGH fordert: „Der Unterschiedsbetrag ist in der Abrechnung verstndlich zu erlutern“.
So endet der Leitsatz … aber im Urteil folgen zwei Stze,
die berraschen und einer vertieften Betrachtung bedrfen:
Hinsichtlich der Umlage der verausgabten Gelder fr die angeschafften, aber noch
nicht verbrauchten Brennstoffe enthlt die Heizkostenverordnung keine Regelung.
Diese Kosten sind daher zunchst nach dem allgemeinen, in § 16 Abs. 2 WEG bestimmten oder nach einem ansonsten vereinbarten Kostenverteilungsschlssel zu
verteilen.
Diese Aussage berrascht, weil hierdurch eine vollstndige
Verteilung aller Zahlungen fr Brennstoffe erfolgt und die
zuvor betonte Abweichung zwischen Gesamt- und Einzelabrechnung nicht bestehen wrde. Die Umsetzung dieser
von Drasdo8) geforderten Abrechnungsweise begegnet erheblichen Bedenken.
Der BGH whlt selbst in den Urteilsgrnden das Beispiel,
dass ein grerer Heizlvorrat gekauft wird, der im Folgejahr eine Auffllung des Tanks entbehrlich macht, um die
negativen Folgen einer nicht verbrauchsabhngigen Abrechnung zu veranschaulichen, nmlich dass die „Nutzer
im jeweiligen Abrechnungsjahr auch nicht annhernd mit den
Kosten des tatschlichen Verbrauchs belastet“ werden. Genau
dies wrde aber geschehen:
Im Jahr des Kaufs wrden die einzelnen Eigentmer unabhngig von ihrem konkreten Verbrauchsverhalten in der
Einzelabrechnung mit den vollen Bezugskosten belastet
werden … einmal ber die Verbrauchsabrechnung und zustzlich ber die Umlage per allgemeinen Kostenverteilungsschlssel. Im Folgejahr, in dem der lvorrat verbraucht wird, mssen die hierfr bereits im Vorjahr umge1) BGH, Urteil vom 4.12.2009 … V ZR 44/09 …, ZMR 2010, 300.
2) Casser/Schultheis, Musterabrechnung fr Wohnungseigentmergemeinschaften, ZMR 2011, 85.
3) § 3 Satz 1 HeizkV: Die Vorschriften dieser Verordnung sind auf Wohnungseigentum anzuwenden unabhngig davon, ob durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentmer abweichende Bestimmungen ber die Verteilung der Kosten der Versorgung mit Wrme und
Warmwasser getroffen worden sind.
4) § 7 Abs. 2 HeizkV: Zu den Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage einschlielich der Abgasanlage gehren die Kosten der verbrauchten Brennstoffe.
5) BGH, Urteil vom 1.2.2012 … VIII ZR 156/11 …, NZM 2012, 230.
6) Drasdo, ZWE 2002, 166; Hublein, ZWE 2010, 237.
7) Casser/Schultheis, Musterabrechnung fr Wohnungseigentmergemeinschaften, ZMR 2011, 85 [86].
8) Drasdo, NZM 2010, 681.
ZMR 2012, 376
legten Zahlungen gem der Heizkostenverordnung nochmals als Verbrauchskosten abgerechnet werden. Es erfolgt
also ber die Einzelabrechnung des Folgejahres insoweit
sogar eine Doppelbelastung.
Dieses Ergebnis lsst sich allerdings korrigieren. So fhrt
Drasdo aus, dass der hierdurch entstehende Liquidittsberschuss „als liquide Masse im Vermgen der Wohnungseigentmergemeinschaft verbleiben oder im Verhltnis des allgemeinen Verteilungsschlssels ausgeschttet“ werden kann.9) Da
die Einzelabrechnung die Verbrauchskosten auch getrennt
ausweist, knnten sich bei Nutzerwechseln die Parteien
mit entsprechendem Aufwand auch auseinanderrechnen.
Die Nebenwirkungen einer solchen Umlagesystematik
sind aber hoch und bedrfen einer Rechtfertigung. Diese
knnte auf den ersten Blick darin liegen, dass die Betrge
unbestreitbar abgeflossen sind und einer Finanzierung bedrfen. Insoweit erscheint die Umlage konsequent.
Allerdings msste folgerichtig ein solches jahresbergreifendes Umlagesystem auch fr alle brigen gem § 7
Abs. 2 HeizkV verbrauchsabhngig abzurechnenden Kosten (Heizungswartung, Heizungsstrom, Immissionsmessung und Messdienstgebhren) angewendet werden.
Veranschaulichen lsst sich dies an den Messdienstgebhren, die regelmig erst im Folgejahr bezahlt werden, jedoch in die Verbrauchsabrechnung des Vorjahres einzustellen sind. Hier kommt niemand auf die Idee, diese Gebhren im Jahr des Abflusses nochmals nach dem allgemeinen Verteilungsschlssel umzulegen. Beim Festhalten
am Einnahmen-/Ausgabenprinzip auch auf der Ebene der
Einzelabrechnung msste dies aber geschehen mit der Folge, dass durch die Doppelbelastung wiederum „liquide
Masse“ entsteht oder aber „Liquidittsausschttungen“
zur Neutralisierung vorgenommen werden mssten.
Auch der bei Fernwrme- und Gaslieferungen hufige Fall,
dass die gezahlten Betrge fr Brennstoffe unter denen des
Verbrauchs liegen (weil die Abschlagszahlungen zu niedrig
sind oder die Dezemberrechnung erst im Folgejahr gezahlt
wird), wird bisher, soweit ersichtlich, nicht problematisiert. Auch dort msste -bei stringenter Befolgung des Einnahmen-/Ausgabenprinzips auch auf der Ebene der Einzelabrechnung … die Nachzahlung im Folgejahr nochmals
nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlssel verteilt
werden. Wiederum wrden Korrekturrechnungen zur
Neutralisierung erforderlich.
Die scheinbare Systemgerechtigkeit der direkten Umlage
fhrt in den Folgeperioden durch „Liquidittsausschttungen“ oder die faktische Bildung nicht beschlossener,
sondern zufllig entstehender „liquider Massen“ zu ebenso systemwidrigen Korrekturen. Die Nachvollziehbarkeit
der Einzelabrechnungen wird beeintrchtigt. Ihre Gestaltung konterkariert die Zielsetzung der Heizkostenverordnung, die Nutzer periodengerecht nur fr ihre Verbrauchskosten heranzuziehen und hierdurch zu verbrauchsbewusstem Verhalten zu motivieren.
Auf der Ebene der Einzelabrechnung als Kostenverteilungsrechnung kann es ein Nebeneinander von Verbrauchsabrechnung und allgemeiner Verteilung bei den
unter die Heizkostenverordnung fallenden Ausgaben
nicht geben. Die Differenzierung muss zwischen der alle
Zahlungsflsse ausweisenden Gesamtabrechnung und der
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
nur der Kostenverteilung dienenden Einzelabrechnung erfolgen. Durch die Aufnahme gem der Heizkostenverordnung zwingend abzugrenzender Positionen in die Einzelabrechnung werden die Vorteile dieser begrenswerter
Weise jetzt besttigten Modells wieder beseitigt.
Allerdings ist es in der Tat nicht ausreichend, die Abweichungen zwischen Gesamt- und Einzelabrechnung darzustellen. Es bedarf auch einer Lsung fr die Finanzierung
der verausgabten, aber noch nicht in die Verbrauchsabrechnung eingeflossenen Betrge.
Bleiben die abgeflossenen Betrge fr die nicht in die Verbrauchsabrechnung eingestellten Ausgaben in der Einzelabrechnung unbercksichtigt, fehlt es schlicht an deren
Deckung. Dies erklrt, warum die Direktumlage nicht in
die Verbrauchsabrechnung eingeflossener Ausgaben gefordert wird, umgekehrt jedoch nicht die Umlage bereits in
die Verbrauchsabrechnung eingeflossener und erst spter
gettigter Ausgaben.
Die Direktumlage nur dieser Ausgaben erscheint daher als
Reaktion auf die Schwche des vorherrschend praktizierten Systems, in dem nur die in die Verbrauchsabrechnung
eingegangenen Kosten umgelegt werden. Folglich wird zur
Zwischenfinanzierung der die Verbrauchsabrechnung
bersteigenden Ausgaben auf die allgemeine Liquiditt
oder Mittel aus der Instandhaltungsrckstellung zurckgegriffen, oft ohne Beschlussgrundlage und ohne ausreichende Kenntlichmachung in der Jahresabrechnung.
Dass diese Vorgehensweise jahrzehntelang nicht problematisiert wurde, liegt daran, dass es sich in der Regel um
berschaubare Betrge handelt und eine schnelle Korrektur ber die nchste Jahresabrechnung erfolgt.
Wie der BGH selbst ausfhrt, beinhaltet die Heizkostenverordnung keine Regelung zur Umlage der verausgabten
Gelder fr die angeschafften, aber noch nicht verbrauchten Brennstoffe. Sie beschftigt sich nur mit der verbrauchsabhngigen Abrechnung gegenber dem Nutzer
und nicht mit der Finanzierung der Aufwendungen.
Die Finanzierung aller unter die Heizkostenverordnung
fallenden Ausgaben muss sich ebenso in das Abrechnungsund Finanzierungssystem der WEG einzufgen wie alle
anderen Einnahmen und Ausgaben.
Der BGH hat das Finanzierungssystem der WEG bereits
1988 in seiner die Flligkeitstheorie begrndenden Entscheidung ausfhrlich beschrieben:10)
„Mit guten Grnden sieht das Wohnungseigentumsgesetz auch insoweit davon ab,
jede einzelne Verwaltungsschuld von Rechts wegen sogleich auf die einzelnen Wohnungseigentmer umzulegen, stattdessen bietet es mit den Vorschriften ber den
Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung (§ 28 WEG) ein anpassungsfhiges Instrumentarium von Vorschuss- und Nachforderungen sowie sonstigen Manahmen an. Der Gemeinschaft der Eigentmer bleibt z. B. die Entscheidung vorbehalten, ob zur Tilgung bereits entstandener Verwaltungsschulden etwa Sonderumlagen
erhoben, Darlehen aufgenommen oder auf vorhandene, wenngleich fr andere Zwecke gebildete Rcklagen zurckgegriffen werden soll. Erst durch den Beschluss der
Wohnungseigentmer werden im Rahmen der allgemeinen Beitragspflicht (§ 16
Abs. 2 WEG) die Verbindlichkeiten jedes einzelnen Wohnungseigentmers gegenber den anderen begrndet.“
Das Wohnungseigentumsgesetz erffnet also ein sehr flexibles System zur Finanzierung der Gemeinschaft ber
9) Drasdo, NZM 2010, 681 [683].
10) BGH, Beschluss vom 21.4.1988 … V ZB 10/87 …, BGHZ 104, 197 [204]
= NJW 1988, 1910 f.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Vorschsse, Nachforderungen, Sonderumlagen, Darlehen
und Rcklagenverwendungen, von dem die Aufteilung
zwischen den einzelnen Wohnungseigentmern zu unterscheiden ist.
Auf der Ebene der Eigentmergemeinschaft findet stndig
eine Zwischenfinanzierung noch nicht ber die Einzelabrechnungen refinanzierter Ausgaben aller Art ber die
allgemeine Liquiditt und die Instandhaltungsrckstellung
(als bisher einzig existierende und anerkannte Rckstellung) statt.
Treten whrend des Wirtschaftsjahres Liquidittsengpsse
auf, so wird dies meistens auf unvermeidliche Planberschreitungen oder auf Hausgeldrckstnde zurckgefhrt.
Selbst wenn auf diese mit Plananpassungen und Sonderumlagen reagiert wird, erfolgt dies aber mit einer gewissen
Zeitverzgerung, bis dahin erfolgt immer eine Zwischenfinanzierung aus anderen Mitteln.
Verkannt wird auch oft, dass selbst bei idealem Verlauf des
Wirtschaftsjahres Liquidittsengpsse vorprogrammiert
sind. Der Grund ist simpel: Die gesetzliche Regelung in
§ 28 Abs. 2 WEG sieht vor, dass die Wohnungseigentmer
verpflichtet sind, „nach Abruf durch den Verwalter dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechende Vorschsse zu leisten“. Der Gesetzgeber hat also eine flexible, der Bedarfssituation angepasste Vorschussleistung vorgesehen. Diese
Regelung wird aber in fast allen Gemeinschaftsordnungen
abbedungen und durch starre, monatliche Ratenzahlungen ersetzt. Der Verwalter hat daher beispielsweise im Monat Januar die gesamte Jahresprmie fr die Gebudeversicherung zu bezahlen, erhlt aber durch die Eigentmer
ber die monatlichen Hausgeldzahlungen nur 1/12 des bentigten Betrages. Die nachfolgende Darstellung einer Liquidittsentwicklung11) veranschaulicht, dass bei einer
WEG mit einer Plansumme von 240 000,… . mit im Plan
liegenden Ausgaben und ohne Hausgeldausflle im 1.
Quartal eine tatschliche Inanspruchnahme der Instandhaltungsrckstellung von bis zu 22 000,… . stattfindet, die
sich erst im Laufe des Jahres abbaut.
Versuche, diese faktische Zwischenfinanzierung von Teilbetrgen aus der Instandhaltungsrckstellung durch Beschlsse zu legitimieren, werden von Einzeleigentmern
oft heftig bekmpft und von den Gerichten kritisch beurteilt.
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dass die (durch die WEG-Novelle) entstandene Beschlusskompetenz aus § 21 Abs. 7 WEG in der Praxis
nicht dazu genutzt wird, die Flligkeit der Hausgeldzahlungen an die bentigte Liquiditt anzupassen.
Dies ist eine bizarre Situation, zumal die zweckwidrige
Verwendung von fr die Instandhaltungsrckstellung bestimmten Beitrgen durch die seit „BGH 44/09“ geltende
Erkenntnis, dass die Zweckbindung bereits mit dem Eingang der entsprechend zweckbestimmten Beitragsleistungen auf dem allgemeinen Bankkonto eintritt,12) noch an
Brisanz gewonnen hat.
Eine dem Finanzierungssystem der WEG entsprechende
und ehrliche Lsung wre daher die Bildung einer separaten Liquidittsrckstellung. Aber auch diese Versuche werden von den Gerichten noch kritisch beugt und Beschlsse ber ihre Bildung mit dem wenig berzeugenden Argu-
ZMR 2012, 377
ment aufgehoben, eine Liquidittsrckstellung sei im Gesetz nicht vorgesehen.13)
Es bleibt daher zu hoffen, dass der BGH in weiteren Entscheidungen das Modell der Differenzierung zwischen der
Gesamtabrechnung und der Einzelabrechnung fortfhrt
und als Alternative zur Direktumlage noch nicht verteilter
Ausgaben deren praxisgerechte Zwischenfinanzierung aus
per Beschluss legitimierten Liquidittsrckstellungen oder
durch Verwendung von Teilbetrgen aus Instandhaltungsrckstellungen ermglicht.
Rechtsanwalt Dr. Michael Casser, Kln
Astrid Schultheis, .b.u.v.
Sachverstndige f. Wohnungseigentumsverwaltung, Brhl
11) Den Schulungsunterlagen von Sthling zur „Jahresabrechnung in der
WEG“ entnommen.
12) Hublein, ZWE 2010, 237 [243]; Casser/Schultheis, ZMR 2011, 85 [89].
13) OLG Hamm, Urteil vom 3.5.2001 … 15 W 7/01 …, ZWE 2001, 446.
Erstreckung des Sondereigentums an einer Doppelstockgarage auf die dazugehrige Hebeanlage
24. WEG §§ 3 Abs. 2 Satz 2, 5 Abs. 2:
Das an einer Doppelstockgarage gebildete Sondereigentum erstreckt sich auf die dazugehrige Hebeanlage,
wenn durch diese keine weitere Garageneinheit betrieben wird.
BGH, Urteil vom 21.10.2011
V ZR 75/11
Sachverhalt:
Der Klger parkte seinen Pkw in der Zeit vom 2. bis 22.8.2009 mit Zustimmung des Berechtigten in einer zu einer Wohnungseigentumsanlage gehrenden Doppelstockgarage. Nach seiner Darstellung ist das Wagendach
whrend dieser Zeit durch ein zu tiefes Absinken der hydraulischen Hebeanlage beschdigt worden.
Die von dem Klger genutzte Doppelstockgarage besteht aus vier Stellpltzen und verfgt, wie auch die brigen Garagen-Einheiten der Anlage, ber
einen eigenstndigen, mit den anderen Einheiten nicht verbundenen Hydraulikantrieb. In der Teilungserklrung ist fr jede der Doppelstockgaragen
Sondereigentum gebildet und dieses jeweils vier Eigentmern zu je 1/4 zugewiesen worden.
Mit der Behauptung, die Fehlfunktion der Hydraulikanlage gehe auf deren
unzureichende Wartung zurck, nimmt der Klger die Wohnungseigentmergemeinschaft auf Zahlung von 2064,03 . in Anspruch.
Aus den Grnden:
I. Das Berufungsgericht hlt die Beklagte fr nicht passivlegitimiert. Verkehrssicherungspflichtig fr die Doppelstockgarage seien die jeweiligen Eigentmer der Garageneinheit. Ihnen stehe das Sondereigentum an dem Garagenraum einschlielich der darin befindlichen hydraulischen
Hebeanlage zu. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG hindere die Annahme von Sondereigentum nicht. Die Hebeanlage diene weder dem Gebude noch dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentmer, sondern nur
dem sonderrechtsfhigen Raum „Doppelstockgarage“ und
dessen Eigentmern.
II. Diese Ausfhrungen halten revisionsrechtlicher Nachprfung stand. Die Hebeanlage steht nicht im Gemeinschaftseigentum und die beklagte Wohnungseigentmer-
ZMR 2012, 378
gemeinschaft haftet deshalb nicht nach § 823 Abs.1 BGB
fr den Schaden, den diese Anlage an dem Pkw des Klgers verursacht haben soll.
1. Es entspricht heute allgemeiner Auffassung, dass eine
Garage, die mithilfe einer Hebebhne fr zwei oder vier
Pkw genutzt werden kann (sog. Doppelstockgarage), einen
Raum i. S. von § 3 Abs.1 bzw. Abs. 2 WEG bildet und daher als Ganze im Teileigentum einer Person oder mehrerer
Personen in Bruchteilsgemeinschaft stehen kann (vgl.
BayObLG, NJW-RR 1994, 1427; 1995, 783 [784]; AG Rosenheim, ZMR 2008, 923 [924]; MnchKomm.-Commichau, BGB, 5. Aufl., § 5 WEG Rdn.19; Erman/Grziwotz,
BGB, 13. Aufl., § 3 WEG Rdn. 7; Bamberger/Roth/Hgel,
BGB, 2. Aufl., § 3 WEG Rdn.11; Armbrster, in: Brmann,
WEG, 11. Aufl., § 5 Rdn. 65; Zimmer, in: Jennien, WEG,
2. Aufl., § 3 Rdn. 24 a. E.; Vandenhouten, in: Niedenfhr/
Kmmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 3 Rdn. 34; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 5 Rdn. 43; Weitnauer/Briesemeister, WEG, 9. Aufl., § 5 Rdn. 29; Timme/Kesseler, WEG, § 3 Rdn. 49; Brmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 3
Rdn. 8; Schuschke, NZM 1999, 1121 [1122]; Bttcher, RPfleger 2004, 21 [25]; Noack, Rpfleger 1976, 5; im Ergebnis
auch OLG Jena, ZWE 2000, 232 [233]). So liegt es nach
der Teilungserklrung auch hier; die Doppelstockgarage
Nr. 44 mit den Stellpltzen Nr. 62 bis 65 steht als Einheit
zu je einem Viertel den in der Teilungserklrung genannten Personen bzw. deren Rechtsnachfolgern zu. Auf die
umstrittene Frage, ob auch der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage sondereigentumsfhig ist
(vgl. die Nachweise bei Armbrster, in: Brmann, WEG,
11. Aufl., § 5 Rdn. 65 Fn. 94 u. 95 sowie Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 71), kommt es nicht an.
2. Das Sondereigentum an der Doppelstockgarage umfasst nach den hier gegebenen Verhltnissen auch die dazugehrige Hebebhne nebst Antrieb (§ 5 Abs.1 WEG).
a) Betreibt eine Hebevorrichtung mehrere Einheiten (vgl.
AG Rosenheim, ZMR 2008, 923 [924]: Zehn Hydraulikanlagen zum Betrieb von 104 Stellpltzen), steht sie allerdings zwingend im Gemeinschaftseigentum. Denn nach
§ 5 Abs. 2 WEG sind Teile des Gebudes, die fr dessen
Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen
und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentmer dienen, auch dann
nicht Gegenstand des Sondereigentums, wenn sie sich im
Bereich der im Sondereigentum stehenden Rume befinden. Eine Anlage, die mehrere Doppelstockgaragen betreibt, dient dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentmer im Sinne dieser Vorschrift. Hierfr ist es
nicht erforderlich, dass die Gesamtheit der Wohnungsund Teileigentmer von ihr profitiert; ausreichend ist,
dass mindestens zwei Wohnungs- oder Teileigentmer auf
die Nutzung der Anlage angewiesen sind (vgl. Grziwotz,
in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 5 Rdn. 27; Armbrster, in:
Brmann, WEG, 11. Aufl., § 5 Rdn. 33). Denn das Wohnungseigentumsgesetz sieht dinglich verselbstndigte Untergemeinschaften an einzelnen Gebudeteilen nicht vor,
erlaubt es also nicht, eine mehreren Doppelstockgaragen
dienende Hydraulikanlage dem Sondereigentum (nur) der
Eigentmer dieser Garagen zuzuordnen (vgl. Senat, Urteil
vom 30.6.1995 … V ZR 118/94 …, BGHZ 130, 159 [168]
m. w. Nachw. = ZMR 1995, 521 [525]).
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
b) Bei einer Hebevorrichtung handelt es sich aber dann
nicht um Gemeinschaftseigentum, wenn durch sie ausschlielich eine Doppelstockgarage betrieben wird und
wenn an dieser Garage Sondereigentum … ggf. wie hier in
Bruchteilen … besteht (differenzierend auch MnchKomm.-Commichau, BGB, 5. Aufl., § 5 WEG Rdn.19;
Hublein, MittBayNot 2000, 112 [113]; Schmidt, ZWE
2005, 339). Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 WEG hindert die
Bildung von Sondereigentum nicht, da die Anlage in einem solchen Fall nicht dem Gebrauch weiterer Wohnungseigentmer dient. Auch handelt es sich bei ihr nicht
um einen Teil des Gebudes, der fr dessen Bestand oder
Sicherheit erforderlich ist.
Dass die Hebebhne nebst Antrieb notwendiger Bestandteil einer Doppelstockgarage ist, rechtfertigt keine andere
Beurteilung (a. A. OLG Celle, NJW-RR 2005, 1682; OLG
Dsseldorf, MittBayNot 2000, 110 [111]; Riecke/Schmid/
Schneider, WEG, 3. Aufl., § 5 Rdn. 43; Vandenhouten, in:
Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 5
Rdn. 31). Denn Gegenstand des Sondereigentums sind neben den gem § 3 Abs.1 WEG bestimmten Rumen auch
die zu diesen Rumen gehrenden Bestandteile, sofern sie
verndert, beseitigt oder eingefgt werden knnen, ohne
dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf
Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentmers ber das nach § 14 WEG zulssige Ma
hinaus beeintrchtigt oder die uere Gestaltung des Gebudes verndert wird (§ 5 Abs.1 WEG). Dies trifft auf die
technische Einrichtung einer Doppelstockgarage zu, die
… wie hier … als Ganzes im Sondereigentum steht und
durch eine von den anderen Garageneinheiten unabhngige Einzelhydraulik betrieben wird.
Falsche Auskunft des Gerichts ber das zustndige Berufungsgericht; Wiedereinsetzung
25. ZPO § 233; WEG § 43 Nr. 5; GVG § 72:
Ein durch eine inhaltlich unrichtige Rechtsmittelbelehrung (hier: im Verfahren nach § 43 Nr. 5 WEG) hervorgerufener Rechtsirrtum einer anwaltlich vertretenen
Partei ist nicht verschuldet, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie
verursachte Irrtum nachvollziehbar ist.
BGH, Beschluss vom 12.1.2012
V ZB 198 und 199/11
Sachverhalt:
I. Die Klgerin nimmt die beklagte Wohnungseigentmergemeinschaft wegen einer nachbarschaftlichen Vereinbarung in Anspruch. In der mndlichen Verhandlung vor dem AG wies der fr Wohnungseigentumssachen
zustndige Richter die Parteien nach Errterung seiner Zustndigkeit gem § 43 Nr. 5 WEG darauf hin, dass eine Berufung an das LG Itzehoe als
zentrales Berufungsgericht fr alle Schleswig-Holsteinischen Berufungsverfahren zu richten sei. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmchtigten der
Beklagten am 29.4.2011 zugestellt. Am 27.5.2011 legte er fr die Beklagte
Berufung bei dem LG Itzehoe ein. Am 6.6.2011 wies der Vorsitzende der
Berufungskammer des LG Itzehoe darauf hin, dass die Berufung unzulssig
sei, weil das LG Flensburg zustndig sei. Mit Schriftsatz vom 8.6.2011 legte
die Beklagte bei dem LG Flensburg Berufung ein, beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versumung der Berufungsfrist und
begrndete die Berufung anschlieend. Das LG Flensburg hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 19.7.2007 zurckgewiesen und die Berufung mit Beschluss vom 11.8.2008 als unzulssig verworfen. Mit der
Rechtsbeschwerde wendet sich die Beklagte gegen beide Beschlsse.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Aus den Grnden:
II. Das Berufungsgericht meint, die Wiedereinsetzung sei
nicht zu gewhren, weil der Beklagten ein schuldhafter
Rechtsirrtum ihres Prozessbevollmchtigten zuzurechnen
sei. Er habe nicht auf die Rechtsmittelbelehrung des Gerichts vertrauen drfen, sondern eine eigenstndige Prfung des zustndigen Rechtsmittelgerichts vornehmen
mssen. Dazu habe er umso mehr Anlass gehabt, als ihm
durch die mndliche Verhandlung deutlich geworden sein
msse, dass fr die Berufung in Wohnungseigentumssachen Besonderheiten zu beachten seien. Allein durch Heranziehung der einschlgigen Norm (§ 72 Abs. 2 GVG) sei
die Zustndigkeit des allgemeinen Rechtsmittelgerichts
eindeutig und offensichtlich gewesen. Zudem habe er eine
Fehlerkorrektur verhindert, indem er die Rechtsmittelfrist
nahezu vollstndig ausgeschpft habe.
III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Sie ist gem §§ 574 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 522 Abs.1
Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch im brigen zulssig. Ein Zulassungsgrund ist gegeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i. S. von § 574
Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Berufungsgericht hat der
Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingerumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus
Sachgrnden nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt ihren Anspruch auf Gewhrung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs.1 GG i. V. m. dem
Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275 [284]) und erffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
ZPO (Senat, Beschluss vom 23.10.2003 … V ZB 28/03 …,
NJW 2004, 367 [368], m. w. Nachw.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch in der Sache begrndet.
a) Die bei dem LG Itzehoe eingelegte Berufung hat die
Frist des § 517 ZPO nicht gewahrt. Fr die Berufung der
Beklagten ist das LG Flensburg als allgemeines Berufungsgericht zustndig. Die besondere Zustndigkeit des LG Itzehoe in Wohnungseigentumssachen ist nicht begrndet,
weil sich die in § 72 Abs. 2 GVG geregelte Zustndigkeitskonzentration nur auf Binnenstreitigkeiten nach dem
Wohnungseigentumsgesetz erstreckt, nicht aber auf die in
§ 43 Nr. 5 WEG geregelten Klagen Dritter gegen die Wohnungseigentmergemeinschaft.
b) Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des AG hat dazu gefhrt, dass die Beklagte die Berufungsfrist ohne ihr Verschulden versumt hat. Aus diesem Grund ist ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewhren (§ 233 ZPO).
aa) Die Wiedereinsetzung setzt zunchst voraus, dass die
unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kausal fr die Versumung der Frist war (vgl. Senat, Beschluss vom 2.5.2002
… V ZB 36/01 …, BGHZ 150, 390 [399] = ZMR 2002, 679
[682]; BGH, Beschluss vom 23.6.2010 … XII ZB 82/10 …,
NJW-RR 2010, 1297 Rdn.11, jeweils m. w. Nachw.). Daran
bestehen nach dem tatschlichen Ablauf keine Zweifel,
weil der Prozessbevollmchtigte der Beklagten den mndlich erteilten richterlichen Hinweis befolgt hat und die Berufung nicht bei dem in dem normalen Rechtsmittelzug
zustndigen LG Flensburg, sondern bei dem LG Itzehoe
eingelegt hat.
bb) Die Beklagte hat die Frist unverschuldet versumt.
ZMR 2012, 379
(1) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht
davon ausgegangen, dass durch eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung ein Vertrauenstatbestand geschaffen
wird, der zur Wiedereinsetzung wegen schuldloser Fristversumnis berechtigt, wenn die Belehrung einen unvermeidbaren oder zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum
auf Seiten der Partei hervorruft und die Fristversumnis
darauf beruht. Auch eine anwaltlich vertretene Partei darf
sich im Grundsatz auf die Richtigkeit einer Belehrung
durch das Gericht verlassen (BGH, Beschlsse vom
23.9.1993 … LwZR 10/92 …, NJW 1993, 3206; vom
16.10.2003 … IX ZB 36/03 …, NJW-RR 2004, 408; vom
25.11.2003 … VIII ZB 122/02 …, NJW-RR 2004, 1714
[1715]; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., vor § 511 Rdn. 36),
ohne dass es darauf ankommt, ob diese gesetzlich vorgeschrieben ist oder nicht. Die Folgen einer inhaltlich unrichtigen Rechtsmittelbelehrung drfen nicht ohne Weiteres mit denen einer gesetzlich vorgeschriebenen, aber fehlenden bzw. unvollstndigen Rechtsmittelbelehrung
gleichgesetzt werden, weil eine anwaltlich vertretene Partei
nur in letzterem Fall regelmig nicht schutzbedrftig ist
(zutreffend OLG Rostock, FamRZ 2011, 986 f.; missverstndlich insoweit die Gesetzesbegrndung zu § 17
FamFG, BT-Drucks. 16/6308, S.183, vgl. Keidel/Sternal,
FamFG, 17. Aufl., § 17 Rdn. 37; zu einer unvollstndigen
Rechtsmittelbelehrung BGH, Beschluss vom 23.6.2010 …
XII ZB 82/10 …, NJW-RR 2010, 1297 Rdn.11 f. [15]).
(2) Die Anforderungen an einen entschuldbaren Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht berspannt, indem es ihn
mit der Begrndung verneint hat, bei einer eigenen
Rechtsprfung des Prozessbevollmchtigten der Beklagten
wre die Fehlerhaftigkeit der erteilten Belehrung eindeutig
gewesen. Der Sache nach hat es sich damit nmlich auf die
Prfung der Vermeidbarkeit des Rechtsirrtums beschrnkt,
ohne in den Blick zu nehmen, dass auch ein vermeidbarer
Rechtsirrtum entschuldbar sein kann. Der Mastab fr die
Entschuldbarkeit eines durch das Gericht verursachten
Rechtsirrtums darf nicht derart gefasst werden, dass die
Wiedereinsetzung nur in Ausnahmefllen zu gewhren ist,
weil eine eigene anwaltliche Prfung den Fehler in aller
Regel vermeiden knnte. Entschuldbar ist der Rechtsirrtum vielmehr schon dann, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar ist (vgl. BGH, Beschlsse
vom 23.9.1993 … LwZR 10/92 …, NJW 1993, 3206; vom
11.6.1996 … VI ZB 10/96 …, VersR 1996, 1522 [1523]; vom
16.10.2003 … IX ZB 36/03 …, NJW-RR 2004, 408; OLG
Rostock, FamRZ 2011, 986 f.; Zller/Greger, ZPO,
29. Aufl., § 233 Rdn. 23 unter „Rechtsirrtum“ a. E.; zu undifferenziert OLG Karlsruhe, NJW-RR 2010, 1223 und
OLG Koblenz, NJW 2010, 2594 [2595]).
(3) Nach diesem Mastab wre der Rechtsirrtum der Beklagten zwar vermeidbar gewesen. Er war aber entschuldbar. Der Hinweis des Gerichts war eindeutig. Er war nicht
offenkundig falsch. Die Formulierung, die Berufung sei an
das LG Itzehoe als zentrales Berufungsgericht fr alle
Schleswig-Holsteinischen Berufungsverfahren zu richten,
war nmlich erkennbar auf die in § 72 Abs. 2 GVG geregelte besondere Zustndigkeit in Wohnungseigentumssachen
bezogen. Fr eine eigenstndige berprfung der Rechtsmittelzustndigkeit gab es aus Sicht der Parteien keinen
Anlass. Denn nachdem zuvor die Zustndigkeit des mit
ZMR 2012, 380
Wohnungseigentumssachen befassten Richters errtert
worden war, durften die Prozessbevollmchtigten davon
ausgehen, dass der mit dieser Spezialmaterie besonders
vertraute Richter insoweit zuverlssige Auskunft gab. Das
gilt gerade deshalb, weil der Hinweis im Zusammenhang
mit der Errterung der Zustndigkeiten in Wohnungseigentumssachen erteilt wurde.
(4) Verfehlt ist die Annahme, auch der Umstand, dass die
Beklagte die Berufung kurz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingelegt habe, begrnde ihr Verschulden. Rechtsmittelfristen drfen grundstzlich voll ausgeschpft werden
(vgl. Senat, Beschluss vom 18.9.2008 … V ZB 32/08 …,
NJW 2008, 3571 Rdn. 7, m. w. Nachw.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Rechtsmittelzustndigkeit aus Sicht des Prozessbevollmchtigten der Beklagten nicht zweifelhaft, sondern eindeutig, weil er sich auf
den richterlichen Hinweis verlassen durfte. Die Mglichkeit, dass der richterliche Fehler bei einer frhzeitigen
Rechtsmitteleinlegung noch vor Fristablauf behoben worden wre, fhrt deshalb nicht zu einem Verschulden der
Partei.
cc) Die weiteren Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen vor.
Anmerkung der Schriftleitung:
BGH, ZMR 2010, 624 stellte fest fr den umgekehrten
Fall, dass ein Konzentrationsgericht in Niedersachsen zustndig war, jedoch nicht fristgerecht die Berufung dort
einging:
„Die Regelung selbst ist ber die Datenbank Juris oder die
kostenfrei nutzbare Vorschriftendatenbank des Landes
Niedersachsen (www.nds-voris.de), die in die Internetseiten des Landes Niedersachsen und des niederschsischen
Justizministeriums eingebunden ist, mit wenigen Handgriffen aufzufinden.“
Am letzten Halbsatz bestehen berechtigte Zweifel. Im brigen scheint hier mit zweierlei Ma gemessen zu werden.
Wenn der Richter auf § 72 Abs. 2 GVG hinweist und diesen auch in Verfahren nach § 43 Nr. 5 WEG fr einschlgig hlt, so ist dies evident daneben.
Formalien einer Ladung zur Eigentmerversammlung
26. WEG §§ 21 Abs. 2 und 4, 23 Abs. 2:
Die Verwaltung ist nicht gehalten, den Wohnungseigentmern mit der Einladung eine Unterlage zu bermitteln, in welcher die Notwendigkeit und der Umfang der
zur Abstimmung gestellten Sonderumlage erlutert
wird.
Eine Finanzierungs-Sonderumlage ist der Sache nach eine Ergnzung des geltenden Wirtschaftsplans und wie
dieser gem § 21 Abs. 2 und 4 WEG am Mastab einer
ordnungsmigen Verwaltung zu messen. Sie kann danach beschlossen werden, wenn die Anstze des Wirtschaftsplans unrichtig waren, durch neue Tatsachen
berholt werden oder wenn der Plan aus anderen Grnden nicht durchgefhrt werden kann.
BGH, Urteil vom 13.1.2012
V ZR 129/11
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Sachverhalt:
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentmergemeinschaft; die
meisten Wohnungen gehren zwei Immobiliengesellschaften. Die Wohnungseigentmer lieen das Anwesen unter Inanspruchnahme einer ffentlichen Frderung i. H. v. 450 000,… . umfangreich sanieren. Die Frderung
war von dem Abschluss der Sanierung noch im Jahr 2009 abhngig; ein
Teilbetrag von 190 000,… . sollte erst nach deren Abschluss ausgezahlt werden. Am 2.7.2009 beschlossen die Wohnungseigentmer, eine frher beschlossene, in Raten zu zahlende Sonderumlage i. H. v. 341 050,32 . sofort
fllig zu stellen und eine weitere Sonderumlage von 230 000,… . aufzubringen, um eine Finanzierungslcke zu schlieen.
Mit Schreiben vom 22.9.2009 lud die Verwalterin zu einer auerordentlichen Wohnungseigentmerversammlung am 1.10.2009 ein, auf der wegen
nicht ausreichender Mittel zur Bezahlung der Sanierungskosten unter TOP
6 eine weitere Sonderumlage von 750 000,… . beschlossen werden sollte,
was auch geschah. Die Sanierung wurde danach termingerecht abgeschlossen, die restlichen Frdergelder ausgezahlt.
Mit der Anfechtungsklage wendet sich der Klger zu 1 gegen die am
1.10.2009 beschlossene Sonderumlage.
Aus den Grnden:
2. a) Der Beschluss verstt nicht gegen § 23 Abs. 2
WEG.
aa) Nach dieser Vorschrift setzt die Gltigkeit eines Beschlusses voraus, dass der Gegenstand bei der Einberufung
bezeichnet ist. Was dazu erforderlich ist, bestimmt sich
nach dem Zweck der Regelung. Der besteht darin, den
Wohnungseigentmer vor berraschenden Beschlssen zu
schtzen. Er soll die Mglichkeit haben, sich anhand der
Tagesordnung auf die Versammlung vorzubereiten und
sich zu entscheiden, ob er daran teilnehmen will (Merle,
in: Brmann, WEG, 11. Aufl., § 23 Rdn. 76; Riecke/Schmid/
Drabek, WEG, 3. Aufl., § 23 Rdn. 29 f.). Dazu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die TOP und die
vorgesehenen Beschlsse so genau bezeichnet sind, dass
die Wohnungseigentmer verstehen und berblicken knnen, was in tatschlicher und rechtlicher Hinsicht errtert
und beschlossen werden soll und welche Auswirkungen
der vorgesehene Beschluss insoweit auf die Gemeinschaft
und sie selbst hat; regelmig reicht eine schlagwortartige
Bezeichnung aus (OLG Dsseldorf, ZMR 2001, 723 [724]
= NJW-RR 2002, 83; Merle, in: Brmann, a. a. O., § 23
Rdn. 77).
bb) Diesen Anforderungen gengt die Einladung. Sie beschreibt den TOP mit einem Thema, das schon fr sich genommen klar macht, worum es geht, nmlich um die Aufbringung einer Sonderumlage von 750 000,… . zur Sicherung der Sanierung und der Bewirtschaftung der Anlage.
Daran schliet sich eine Erluterung an, in welcher der zugrundeliegende Sachverhalt in seinen wesentlichen Punkten beschrieben wird. Damit erschloss sich jedem Wohnungseigentmer ohne Weiteres, worum es gehen sollte.
Mehr kann und muss die Bezeichnung des Gegenstands
der Beschlussfassung in der Einladung nicht erreichen
(vgl. Senat, Urteil vom 1.4.2011 … V ZR 96/10 …, WPM
2011, 1293 [1294] Rdn. 9 f.).
cc) Die Verwalterin war nicht gehalten, den Wohnungseigentmern mit der Einladung eine Unterlage zu bermitteln, in welcher die Notwendigkeit und der Umfang der
zur Abstimmung gestellten Sonderumlage erlutert wird.
(1) Eine ordnungsgeme Beschlussfassung kann es allerdings im Einzelfall erfordern, den Wohnungseigentmern
unabhngig von der ausreichenden Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung in der Einladung eine Un-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
terlage zur Verfgung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand zu ermglichen (Elzer, in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 23 Rdn. 54
a. E.). Das mag etwa bei der Beschlussfassung ber die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan geboten sein (vgl.
Elzer, in: Jennien, a. a. O., § 24 Rdn. 93). Bei dem Beschluss ber eine Sonderumlage kann es hnlich liegen,
weil er der Sache nach die Beitragspflichten der Wohnungseigentmer aus dem geltenden Wirtschaftsplan ndert. Wann das der Fall ist, muss hier allerdings nicht allgemein entschieden werden.
(2) Die Wohnungseigentmer waren nmlich ausreichend
informiert. Sie haben sich am 1.10.2009 nicht zum ersten
Mal mit der Sonderumlage befasst. Vorausgegangen war
vielmehr die Eigentmerversammlung am 2.7.2009, auf
der die Deckung der aufgetretenen Finanzierungslcke im
Wege der Aufstockung und beschleunigten Aufbringung
einer Sonderumlage beschlossen worden war. Grundlage
dieses Beschlusses war eine Liquidittsplanung, in welcher
die Verwalterin die Situation dargelegt hatte. Aus welchen
Grnden die auf der Versammlung gefassten Beschlsse
das Finanzierungsproblem nicht gelst hatten, hatte die
Verwalterin in der Beschreibung des TOP in der Einladung kurz, aber nachvollziehbar erlutert. Daraus ergab
sich, dass Anlass der erneuten Sonderumlage zu hoch angesetzte verfgbare Mittel einerseits und nicht erfolgte
Zahlungen der Wohnungseigentmer andererseits waren.
Auf dieser Grundlage konnten sich die Wohnungseigentmer auf die Errterung vorbereiten und noch offene Fragen in der mndlichen Errterung dieses TOP klren.
b) Die beschlossene zustzliche Sonderumlage ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
aa) Sie ist der Sache nach eine Ergnzung des geltenden
Wirtschaftsplans und wie dieser gem § 21 Abs. 2 und 4
WEG am Mastab einer ordnungsmigen Verwaltung zu
messen. Sie kann danach beschlossen werden, wenn die
Anstze des Wirtschaftsplans unrichtig waren, durch neue
Tatsachen berholt werden oder wenn der Plan aus anderen Grnden nicht durchgefhrt werden kann (Senat, Beschluss vom 15.6.1989 … V ZB 22/88 …, BGHZ 108, 44
[47]). In diesem Rahmen haben die Wohnungseigentmer
ein weites Ermessen (Jennien, in: Jennien, WEG, 2. Aufl.,
§ 28 Rdn. 57). Dieses mssen sie an dem Zweck ausrichten,
der mit der Sonderumlage verfolgt wird, und an dem dafr
bestehenden Kapitalbedarf (Timme/Batschari, WEG, § 28
Rdn. 22). Den erforderlichen Umlagebetrag knnen die
Wohnungseigentmer grozgig bemessen (KG, ZMR
1994, 527 [528] = NJW-RR 1995, 397). Sie drfen dabei
zu erwartende Zahlungsausflle bei den Wohnungseigentmern bercksichtigen (Senat, Beschluss vom 15.6.1989 …
V ZB 22/88 …, BGHZ 108, 44 [48 f.]; Merle, in: Brmann,
a. a. O., § 28 Rdn. 40; Einsiedler, ZMR 2009, 573 [574]).
bb) (1) Die Stadt hat der Gemeinschaft zwar nach Abschluss der Sanierung die restlichen Frdermittel von
190 000,… . ausgezahlt, was zu einem berschuss fhrt,
der jetzt an die Wohnungseigentmer, die auf die Sonderumlage gezahlt haben, verteilt werden soll. Gleichwohl
liegt in der Beschlussfassung kein Versto gegen die Grundstze ordnungsmiger Verwaltung. Die Gemeinschaft konnte, wie sich aus der von dem Klger selbst vorgelegten Mitteilung der Stadt ergibt, diesen Teil der Frdermittel nur erhalten, wenn sie die Sanierung vorfinanzierte.
ZMR 2012, 381
(2) Dazu wre die zustzliche Sonderumlage nicht erforderlich gewesen, htte die Gemeinschaft ber ausreichende Mittel verfgt. Das war nicht der Fall. Die Wohnungseigentmer sind bei ihren Beschlssen vom 2.7.2009 ber
die Sonderumlagen von der in der Liquidittsplanung der
Verwalterin ausgewiesenen Finanzierungslcke von ber
500 000,… . fr das Geschftsjahr 2009 ausgegangen. . . .
c) Nicht schlssig vorgetragen ist der Einwand des Klgers, die Immobiliengesellschaften htten bei der Beschlussfassung ber die zustzliche Sonderumlage nicht
mitstimmen drfen.
aa) Mit diesem Einwand ist der Klger nicht nach § 46
Abs.1 Satz 2 WEG ausgeschlossen. Das wre er zwar, wenn
er ihn im Berufungsverfahren erstmals vorgetragen htte.
Ein Beschluss, der auf Grund der rechtsmissbruchlichen
Stimmabgabe eines so genannten Mehrheitseigentmers
zustande kommt, ist nmlich nicht nichtig, sondern anfechtbar (Senat, Beschluss vom 19.9.2002 … V ZB 30/02 …,
BGHZ 152, 46 [61] = ZMR 2002, 930 [936]; Elzer, in: Jennien, a. a. O., § 25 Rdn.118; Merle, in: Brmann, a. a. O.,
§ 25 Rdn.180). Das hat zur Folge, dass eine Beschlussanfechtungsklage hierauf nur gesttzt werden kann, wenn
dieser Anfechtungsgrund in der Klagebegrndungsfrist seinem wesentlichen Kern nach vorgetragen worden ist. Das
ist hier aber geschehen. Der Klger hat am Ende seiner
Klageschrift die Befrchtung geuert, er knne mit der
Stimmenmehrheit der Immobiliengesellschaften gezwungen werden, die auf diese entfallenden Fehlbetrge nachzufinanzieren. Damit wird der Anfechtungsgrund seinem
wesentlichen Kern nach beschrieben.
bb) Dem Vortrag des Klgers sind keine Umstnde zu entnehmen, die sich als rechtsmissbruchlich, nmlich als
Versto gegen die Pflicht zur Rcksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft und damit gegen die Grundstze ordnungsmiger Verwaltung darstellen, wie etwa bei
der Verschaffung unangemessener Vorteile oder der Bestellung eines persnlich ungeeigneten oder fachlich unfhigen Verwalters (Senat, Beschluss vom 19.9.2002 … V ZB
30/02 …, BGHZ 152, 46 [62] = ZMR 2002, 930 [936]).
Veruerungszustimmung
27. WEG § 12:
1. Eine Veruerung aller Wohneinheiten unterfllt
nach Sinn und Zweck nicht dem gem § 12 Abs.1
WEG vereinbarten Zustimmungserfordernis
2. Da das Zustimmungserfordernis nicht nur den
schuldrechtlichen Vertrag, sondern auch die dingliche
Rechtsnderung betrifft, muss die Verfgungsbefugnis
des Berechtigten grundstzlich in dem Augenblick vorhanden sein, in dem die Zustimmung wirksam werden
soll. Verliert der Zustimmende seine Verfgungsbefugnis, weil er sein Sondereigentum zwischenzeitlich veruert hat, ist deshalb grundstzlich die Zustimmung
des neuen Eigentmers einzuholen.
Saarlndisches OLG, Beschluss vom 7.11.2011
5 W 214/11-96
ZMR 2012, 382
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Sachverhalt:
forderliche Zustimmung erteilt ist (§ 12 Abs. 3 Satz 1
WEG). Nach der in Ziffer 9 der Teilungserklrung getroffenen Regelung ist die Zustimmung vom „anderen Sondereigentmer“ zu erteilen. Da das Zustimmungserfordernis
nicht nur den schuldrechtlichen Vertrag, sondern auch die
dingliche Rechtsnderung betrifft, muss die Verfgungsbefugnis des Berechtigten grundstzlich in dem Augenblick
vorhanden sein, in dem die Zustimmung wirksam werden
soll. Das ist regelmig (vgl. aber §§ 873 Abs. 2, 878 BGB)
der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs durch Einigung des
Berechtigten und des Erwerbers und Eintragung der
Rechtsnderung im Grundbuch (§ 873 Abs.1 BGB). Verliert der Zustimmende seine Verfgungsbefugnis, weil er
sein Sondereigentum zwischenzeitlich veruert hat, ist
deshalb grundstzlich die Zustimmung des neuen Eigentmers einzuholen (OLG Celle, NZM 2005, 260; OLG
Hamm, ZMR 2011, 145 [146] = NJW-RR 2010, 1524; Palandt/Bassenge, a. a. O., § 12 WEG Rdn. 7; MnchKomm.Commichau, BGB, a. a. O., § 12 WEG Rdn.19; Brmann/
Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 19. Aufl., § 12 Rdn. 26;
a. A. fr den Fall, dass die Person des zustimmungsberechtigten Verwalters gewechselt hat, OLG Dsseldorf, DNotZ
2011, 625; OLG Mnchen … 34 Wx 135/11 …; MnchKomm.-Commichau, BGB, a. a. O., § 12 WEG Rdn.14).
I. Mit notarieller Urkunde vom 5.6.1997 des Notars Dr. H. (UR Nr. 723/
1997) vereinbarten die Eheleute W.W. und H.H. bezglich ihres im
Grundbuch von Sch., Blatt 2315, eingetragenen Grundbesitzes die Aufteilung gem § 8 WEG in zwei 1/2 Miteigentumsanteile. Die Teilungserklrung enthlt unter Ziffer 9 folgende Bestimmung: „Die Veruerung einer
Eigentumseinheit, ausgenommen die Veruerung im Wege der Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandrechtglubigers, bedarf der Zustimmung des anderen Sondereigentmers Die Zustimmung darf nur aus
einem wichtigen Grund versagt werden“. Die beiden 1/2 Miteigentumsanteile wurden im Grundbuch von Sch. unter Blatt 2824 und Blatt
2825 eingetragen. In der Folge erwarben die Eheleute G. und E.S.Sch. auf
Grund notarieller Urkunden vom 5.6.1997 (UR 727/1997) und vom
30.7.2004 (UR 1018/2004) jeweils hlftiges Miteigentum an beiden Miteigentumsanteilen Mit notarieller Urkunde vom 23.7.2010 des Notars Dr.
B. (UR 868/2010) veruerten sie den unter Blatt 2824 eingetragenen 1/2
Miteigentumsanteil an die Beschwerdefhrer. Der Vertrag enthlt im Abschnitt E unter Ziffer V folgende Bestimmung: „Vorsorglich stimmt der
Veruerer als Sondereigentmer des im Wohnungsgrundbuch von Sch.
Blatt 2825 eingetragenen Wohnungseigentums der vorstehenden Veruerung in vollem Umfang zu“. Mit weiterer notarieller Urkunde vom selben
Tage (UR 870/2010) veruerten sie auch den unter Blatt 2825 eingetragenen 1/2 Miteigentumsanteil an Herrn C.S. und Frau J.J. Dieser Vertrag enthlt im Abschnitt E unter Ziffer V eine gleichlautende Zustimmungserklrung bezglich des in Blatt 2824 eingetragenen Wohnungseigentums. Auf
Antrag der Erwerber vom 2.11.2010 wurde bezglich des 1/2 Miteigentumsanteils Nr. 2825 der Eigentmerwechsel im Grundbuch vollzogen.
Die Beschwerdefhrer haben mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmchtigten vom 4.3.2011 u. a. die Eintragung des Eigentumswechsels bezglich des
von ihnen erworbenen 1/2 Miteigentumsanteils Nr. 2824 beantragt. Das AG
Saarbrcken … Saarlndisches Grundbuchamt … hat unter dem 14.3.2011
eine Zwischenverfgung erlassen, wonach der beantragten Eintragung entgegenstehe, dass die Veruerung gem § 12 WEG der Zustimmung des
anderen Wohnungseigentmers Blatt 2825, C.S. und J.J., bedrfe, die nicht
vorliege. Hiergegen richtet sich die mit Schreiben des Notars Dr. B. vom
26.8.2011 eingelegte Beschwerde
Aus den Grnden:
2. Das in der angefochtenen Zwischenverfgung vom AG
Saarbrcken … Grundbuchamt … angenommene Eintragungshindernis … die fehlende Zustimmung der neuen
Eigentmer des unter Blatt 2825 eingetragenen 1/2 Miteigentumsanteils … besteht nicht.
a) Allerdings weist das Grundbuchamt zu Recht darauf
hin, dass die Veruerung einer Eigentumseinheit (ausgenommen die Veruerung im Wege der Zwangsversteigerung auf Antrag eines Grundpfandrechtglubigers) gem
Ziffer 9 der Teilungserklrung vom 5.6.1997 grundstzlich
der Zustimmung des anderen Sondereigentmers bedarf.
Ein solches nach § 12 Abs.1 WEG zulssiges Zustimmungserfordernis beschrnkt den betroffenen Wohnungseigentmer in seiner Verfgungsbefugnis und stellt eine
Ausnahme von dem Grundsatz des § 137 Satz 1 BGB dar,
wonach die Befugnis zur Verfgung ber ein veruerliches Recht blicherweise nicht eingeschrnkt werden kann
(BGH, Beschluss vom 21.2.1991 … V ZB 13/90 …, ZMR
1991, 230 [231] = NJW 1991, 1613; OLG Celle, NZM
2005, 260; OLG Hamm, ZMR 2011, 145 [146] = NJW-RR
2010, 1524; Bassenge, in: Palandt, BGB, 69. Aufl., § 12
WEG Rdn.1; MnchKomm.-Commichau, BGB, 5. Aufl.,
§ 12 WEG Rdn.1; zu § 5 ErbbauVO: BGH, Urteil vom
27.9.1962 … III ZR 83/61 …, NJW 1963, 36; a. A. … Inhaltsbeschrnkung des Eigentums: OLG Dsseldorf, DNotZ
2011, 625, mw. Nachw auch zur Gegenauffassung).
Wurde … wie hier … eine Vereinbarung gem § 12 Abs.1
WEG als Inhalt des Sondereigentums getroffen, so ist eine
Veruerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag,
durch den sich der Wohnungseigentmer zu einer solchen
Veruerung verpflichtet, unwirksam, solange nicht die er-
b) Dennoch durfte das Grundbuchamt hier die Wirksamkeit der Veruerung der Einheit 2824 und die Eintragung
der neuen Eigentmer in das Grundbuch nicht davon abhngig machen, dass die Erwerber die Zustimmung der
zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragenen neuen
Eigentmer der Einheit 2825 beibringen. Denn der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass die Veruerer
als Eigentmer des gesamten Anwesens neben der hier gegenstndlichen Wohneinheit 2824 auch die einzige weitere Wohneinheit Nr. 2825 und damit das Grundstck insgesamt veruert haben. Eine solche Veruerung aller
Wohneinheiten unterfllt nach Sinn und Zweck nicht
dem gem § 12 Abs.1 WEG vereinbarten Zustimmungserfordernis (H. Kreuzer, in: Staudinger, BGB, 13. Bearb.
2005, § 12 WEG Rdn.19; Brmann/Pick, a. a. O., § 12
Rdn. 26; Hgel, in: BeckOK WEG, § 12 Rdn. 6).
aa) Als rechtlich zulssige Ausnahme zu § 137 Satz 1 BGB
ist eine gem § 12 Abs.1 WEG zulssigerweise vereinbarte Verfgungsbeschrnkung eng und nicht weiter auszulegen, als es Sinn und Zweck erfordert (BayObLG, DNotZ
1992, 229; OLG Dsseldorf, ZMR 2005, 971 [973] =
NJW-RR 2005, 1254; Palandt/Bassenge, a. a. O., § 12 WEG
Rdn.1; MnchKomm.-Commichau, BGB, a. a. O., § 12
WEG Rdn.1; Brmann/Pick, a. a. O., § 12 Rdn. 6). Dieser
besteht hier in der Kenntnis ber die Zusammensetzung
der Wohnungseigentmergemeinschaft zum Schutze der
Gemeinschaft, die vor nachteiligen Vernderungen im
weitesten Umfange geschtzt und durch das Mitbestimmungsrecht bei Veruerungen von Sondereigentum in
die Lage versetzt werden soll, erkennbar problematischen
Eintritten eines neuen Wohnungseigentmers in die Gemeinschaft zu begegnen (OLG Celle, NZM 2005, 260; Hgel, in: BeckOK, a. a. O., § 12 WEG Rdn.1; MnchKomm.Commichau, BGB, a. a. O., § 12 Rdn. 7 ff.).
bb) Werden … wie hier … alle Wohnungseinheiten des gesamten Grundstcks veruert, so bestehen die aufgezeigten Grnde, die das Erfordernis einer Zustimmung des anderen Sondereigentmers rechtfertigen knnten, nicht.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Die Erwerber treten hier nicht in eine bereits bestehende,
in ihrer Zusammensetzung auf Dauer angelegte Gemeinschaft ein, sondern die Gemeinschaft wird durch den Veruerungsakt gerade erst neu gebildet. Der Zweck des Zustimmungserfordernisses, die Gemeinschaft vor Erwerbern
zu schtzen, die eine Schdigung des Gemeinschaftsinteresses befrchten lassen, ist in einem solchen Fall ersichtlich nicht tangiert (H. Kreuzer, in: Staudinger, BGB,
13. Bearb. 2005, § 12 WEG Rdn.19; Brmann/Pick, a. a. O.,
§ 12 Rdn. 26; Hgel, in: BeckOK WEG, § 12 Rdn. 6; vgl.
auch OLG Hamm, ZMR 2010, 216 [218] = NZM 2009,
914 zum Erwerb einer Einheit durch den Wohnungseigentmerverband). Weder bedarf es des Schutzes des Bestandes vor ungewollten Eintritten in die Gemeinschaft, noch
besteht auf Seiten der Erwerber berechtigte Hoffnung auf
Beitritt in einen bekannten und gefestigten Bestand. Die
gegenteilige Auffassung htte zur … ersichtlich nicht gewollten … Konsequenz, dass bei Veruerung eines gesamten Objektes an mehrere unterschiedliche Personen der
zeitlich zuerst eingetragene Erwerber es in der Hand htte,
die erst spter vollzogenen weiteren Veruerungen zu torpedieren, ohne dass ihm hierfr ein rechtliches Interesse
zuzubilligen wre. Schlielich steht auch der Wortlaut der
Teilungserklrung dieser finalen Auslegung nicht entgegen
Vielmehr zeigt die Wendung, wonach es bei Veruerung
„einer“ Eigentumseinheit der Zustimmung „des anderen“
Sondereigentmers bedarf, dass der hier gegenstndliche
Fall einer Veruerung aller Einheiten durch ein und denselben Eigentmer nicht erfasst werden sollte
Einsender: 5. Zivilsenat des Saarlndischen OLG
Zustimmung des Verwalters zur Veruerung
28. WEG § 12; GBO §§ 71, 78:
Bei der Eintragung eines Eigentumswechsels im Grundbuch muss fr die Wirksamkeit der nach § 12 WEG erforderlichen Zustimmung des Verwalters dessen Bestellung bis zu dem nach § 878 BG mageblichen Zeitpunkt fortbestanden haben (Anschluss OLG Celle,
NZM 2005, 260; OLG Hamburg ZMR 2011. 815; OLG
Hamm ZMR 2011, 145 [146] = ZfIR 2011, 528 = NJWRR 2010, 1524; entgegen OLG Dsseldorf, DNotZ
2011, 625 und OLG Mnchen, MittBayNot 2011, 486).
OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.12.2011
20 W 321/11
Sachverhalt:
I. Als Eigentmer des Wohnungseigentums sind im Grundbuch eingetragen die Antragsteller zu 1 und 2 als Miteigentmer zu je 1/2-Anteil. Im Bestandsverzeichnis ist als Veruerungsbeschrnkung vermerkt, dass die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist. Mit notariell beurkundetem Vertrag aus dem Jahr 2010 veruerten die Antragsteller zu 1 und 2 das Wohnungseigentum an den Antragsteller zu 3. Zu Gunsten des Antragstellers
zu 3 wurde 2010 eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.
Der verfahrensbevollmchtigte Notar reichte bei dem Grundbuchamt unter dem 7.4.2011 eine Ausfertigung des Kaufvertrages sowie die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes und die noch im Jahr 2010 notariell beglaubigte Zustimmungserklrung der Verwalterin P1 (Firma Hausverwaltung P1) mit dem Antrag auf Wahrung der Eigentumsumschreibung
und Lschung der Vormerkung ein.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes beanstandete mit Zwischenverfgung vom 7.4.2011, da sich aus einem in der Grundakte befindlichen Protokoll ergebe, dass die Hausverwaltung nur bis zum 31.12.2010 bestellt sei,
bedrfe es des Nachweises der Verlngerung der Verwalterbestellung in der
ZMR 2012, 383
Form des § 26 Abs. 3 i. V. m. § 24 Abs. 6 WEG oder der Zustimmung eines
neu bestellten Verwalters in ffentlich beglaubigter Form unter gleichzeitigem Nachweis der Bestellung.
Aus den Grnden:
II. Es ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, wie
es sich auswirkt, wenn der Verwalter seine Zustimmung
zur Veruerung eines Wohnungseigentums zwar erklrt
hat, dessen Zustimmungsberechtigung jedoch entfallen
ist, bevor der Antrag auf Umschreibung des Eigentums bei
dem Grundbuchamt eingegangen ist.
Die bisher wohl herrschende Auffassung geht davon aus,
dass die erforderliche Zustimmung der brigen Wohnungseigentmer oder des Verwalters gem § 12 Abs.1
und 3 WEG nur dann wirksam ist, wenn die zugrunde liegende Berechtigung zur Zustimmung … in Gestalt der Verwalterbestellung oder der Eigentmerstellung zu dem
nach § 878 BGB mageblichen Zeitpunkt des Einganges des
Antrages beim Grundbuchamt noch gegeben ist (so insbesondere OLG Celle, NZM 2005, 260 = RNotZ 2005, 542 =
NJW-Spezial 2005, 102 und OLG Hamm, NZM 2010, 709;
MitBayNot 2010, 469 = NJW-RR 2010, 1524 = Rpfleger
2011, 28 = DNotZ 2011, 375; OLG Hamburg, MittBayNot
2011, 487 = ZMR 2011, 815 = ZfIR 2011, 528; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 12 WEG Rdn. 7; Demharter, GBO,
27. Aufl., Anh. zu § 3 Rdn. 38; Erman/Grziwotz, BGB,
12. Aufl., § 12 WEG Rdn. 4 jeweils m. w. Nachw.).
Im Unterschied hierzu wird nunmehr in Rechtsprechung
und Literatur vermehrt auch die Auffassung vertreten, es
komme allein auf den Zeitpunkt an, zu welchem die Zustimmung bezglich des schuldrechtlichen Vertrages
durch Zugang der Zustimmungserklrung bei dem Notar
oder den Vertragsparteien wirksam werde, so dass das Entfallen der Zustimmungsberechtigung nach diesem Zeitpunkt auch fr das Grundbuchverfahren unschdlich sei
(OLG Dsseldorf, ZMR 2011, 814 [815] = WuM 2011,
380 = WE 2011, 72 = DNotZ 2011, 625; OLG Mnchen,
MittBayNot 2011, 486; Bauer/von Oefele/Kssinger, GBO,
2. Aufl., § 19 Rdn.199 [202]; Niedenfhr/Kmmel, WEG,
9. Aufl., § 12 Rdn. 38; Brmann/Klein, WEG, 11. Aufl., § 12
Rdn. 32 [33] jeweils m. w. Nachw.; vgl. zum Meinungsstand insgesamt auch: Bttcher, Rpfleger 2011, 573 [583,
584]; Gutachten in DNotI-Report 2010, 209; Kssinger,
MittBayNot 2011, 487 ff.).
Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung. Er vermag
sich der neueren Auffassung, wonach allein der in aller Regel frher eintretende Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Zustimmung zum schuldrechtlichen Kaufvertrag mageblich sein soll, nicht anzuschlieen. Zwar ist es nachvollziehbar, dass Bedenken dagegen geuert werden, dass
trotz der in § 12 Abs. 3 WEG sowohl fr die Veruerung
als auch fr das Verpflichtungsgeschft als Wirksamkeitsvoraussetzung geforderten Zustimmung ansonsten die
Gltigkeit des Grundgeschftes mglicherweise ber einen
lngeren Zeitpunkt in der Schwebe bleiben knnte. Die
Mageblichkeit des Zeitpunktes der Wirksamkeit in Bezug
auf das dingliche Rechtsgeschft im Grundbuchverfahren
folgt jedoch aus der rechtssystematischen Trennung zwischen Kausalgeschft und dinglichem Vollzug.
Fr das Grundbuchverfahren kommt es allein auf den
dinglichen Rechtserwerb an, so dass nach § 183 Satz 1
BGB von einer Widerruflichkeit der Einwilligung bis zu
ZMR 2012, 384
dem im Grundbuchverkehr auch im brigen insoweit
mageblichen Zeitpunkt der §§ 873 Abs. 2, 878 BGB auszugehen ist. Aus dogmatischen Grnden vermag sich der
Senat der zur Begrndung der zweiten Auffassung nunmehr herangezogenen Argumentation, es handele sich bei
der Zustimmung nach § 12 WEG nicht um eine Verfgungsbeschrnkung, sondern um eine inhaltliche Beschrnkung des Rechts dahingehend, dass die Fungibilitt
durch das Erfordernis einer Zustimmung erschwert werde
(so OLG Dsseldorf, a. a. O., m. w. Nachw.), nicht anzuschlieen (ablehnend auch OLG Hamburg, a. a. O.). Vielmehr sprechen aus der Sicht des Senats die besseren dogmatischen Grnde fr die Beibehaltung der Einordnung
des § 12 WEG als Beschrnkung der Verfgungsbefugnis.
Anderenfalls kme es im brigen auch zu nicht erklrbaren Widersprchen im Verhltnis zu der Parallelvorschrift
des § 5 ErbbauRG, fr welche … soweit ersichtlich … die
Einordnung des Zustimmungserfordernisses als Beschrnkung der Verfgungsmacht des jeweiligen Eigentmers allgemein anerkannt ist (vgl. BGHZ 33, 76 [85]; OLG Kln,
MittRhNotK 1996, 275 und OLG Dsseldorf, MittRhNotK 1976, 276).
Auf der Grundlage der rechtlichen Einordnung des § 12
Abs. 3 WEG als Verfgungsbeschrnkung erweist sich die
Zwischenverfgung, mit welcher alternativ der Nachweis
der Verlngerung der Verwalterbestellung oder der Zustimmung eines etwa neu bestellten Verwalters verlangt wurde,
als rechtmig.
Im Hinblick auf die in Rechtsprechung und Literatur gerade in jngster Zeit erheblich umstrittene und hchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage des mageblichen
Zeitpunktes der Wirksamkeit der Verwalterzustimmung
nach § 12 Abs. 3 WG hat der Senat gem § 78 Abs. 2
GBO wegen der grundstzlichen Bedeutung sowie zum
Zwecke der Rechtsfortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Rechtsbeschwerde zugelassen, damit eine fr die weitere Grundbuchpraxis gebotene
Klrung durch den BGH herbeigefhrt werden kann.
Nichtladung des WEG-Verwalters
29. WEG §§ 26, 24; BGB § 242:
1. Verweigert der WEG-Verwalter pflichtwidrig die Einberufung einer auerordentlichen Eigentmerversammlung, so kann der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats
einberufen.
2. Soll in einer solchen Versammlung der Verwalter abberufen und sein Vertrag gekndigt werden, bedarf es
nicht zwingend einer Ladung des amtierenden Verwalters; zumindest ist es treuwidrig, wenn dieser trotz
Kenntnis sich auf die fehlende Ladung beruft.
LG Dsseldorf, Urteil vom 3.11.2011
19 S 45/11
Sachverhalt:
Die Klgerin ist die frhere Verwalterin, die Beklagten sind die Mitglieder
einer Wohnungseigentmergemeinschaft in Meerbusch. Mit der Beschlussanfechtungsklage wendet sich die Klgerin gegen den Beschluss der Wohnungseigentmerversammlung vom 8.7.2010 zu TOP 3, mit dem die Klgerin als Verwalterin mit sofortiger Wirkung abberufen wurde und alle Vertrge
mit der Klgerin fristlos mit sofortiger Wirkung gekndigt werden sollten.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Aus den Grnden:
Der Beschluss ber die sofortige Abberufung der Klgerin
als Verwalterin und deren fristlose Kndigung ist formell
ordnungsgem ergangen und entspricht den Grundstzen ordnungsgemer Verwaltung.
Die Eigentmerversammlung vom 8.7.2010 wurde ordnungsgem gem § 24 Abs. 3 WEG durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats einberufen, weil die Klgerin als damalige Verwalterin pflichtwidrig die Einberufung
einer auerordentlichen Wohnungseigentmerversammlung gem § 24 Abs. 2, 2. Fall WEG verweigert hat, indem
sie unangemessen lange unttig geblieben ist (vgl. OLG
Dsseldorf, Beschluss vom 25.8.2003 … I-3 Wx 217/02 …,
NZM 2004, 110; LG Hamburg, Urteil vom 18.8.2010 …
318 S 77/09 …, ZMR 2011, 744).
Die Klgerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen,
dass sie zu der Wohnungseigentmerversammlung nicht
eingeladen wurde, da das Berufen hierauf unter Bercksichtigung der Umstnde des vorliegenden Falles treuwidrig (§ 242 BGB) ist.
Das Gesetz enthlt keine ausdrckliche Regelung dazu,
wer zu einer Wohnungseigentmerversammlung zu laden
ist. Fr die Frage, wer zu laden ist, muss daher an die Funktionen der Eigentmerversammlung angeknpft werden
(Elzer, in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 24 Rdn. 41). Die Eigentmerversammlung dient dem Meinungsaustausch
und der Meinungsbildung, ferner der Information und der
Beschlussfassung; zur Eigentmerversammlung ist daher
jedenfalls zu laden, wer ein Stimmrecht besitzt, ferner der,
der zwar kein Stimmrecht, in der Eigentmerversammlung
aber ein Rede-, Teilnahme- und ein Antragsrecht besitzt.
Fr den amtierenden Verwalter, der aber nicht Wohnungseigentmer ist, ist weitgehend anerkannt, dass dieser ein
Teilnahmerecht hat und dementsprechend grundstzlich
zur Eigentmerversammlung zu laden ist (Elzer, a. a. O.,
Rdn. 50). Der Verwalter ist zwar nur Funktionsgehilfe der
Versammlung, die Wohnungseigentmer knnen deshalb
einen anderen zum Versammlungsleiter bestimmen, sie
knnen den Verwalter im Hinblick auf § 27 Abs.1 Nr.1 WEG
aber nicht von der Versammlung ausschlieen (Elzer, a. a. O.,
Rdn. 60). Der Verwalter hat auerdem ein aus § 46 Abs.1
Satz 1 WEG folgendes Anfechtungs- und damit ein Anwesenheitsrecht. Fr ein Teilnahmerecht spricht auch die Pflicht
des Verwalters, die Beschluss-Sammlung zu fhren.
Im vorliegenden Fall kann sich die Klgerin als Verwalterin jedoch nicht auf die fehlende Einladung berufen.
Denn die Klgerin hat pflichtwidrig die Einberufung einer
auerordentlichen Wohnungseigentmerversammlung gem § 24 Abs. 2, 2. Fall WEG verweigert, indem sie unangemessen lange unttig geblieben ist, und hatte darber hinaus Kenntnis davon, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats eine auerordentliche Eigentmerversammlung fr den 8.7.2010 einberufen hatte, in der ber die Abberufung der Klgerin als Verwalterin beschlossen werden
sollte. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Klgerin
vom 1.7.2010. Die Klgerin htte daher an der Eigentmerversammlung vom 8.7.2010 teilnehmen knnen. Ob der
Fall anders zu bewerten wre, wenn die Klgerin an der Eigentmerversammlung htte teilnehmen wollen und die
Wohnungseigentmer ihr die Teilnahme verweigert htten, bedarf keiner Entscheidung, da die Klgerin … beru-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
hend auf einer eigenen Entscheidung … an der Eigentmerversammlung nicht teilgenommen hat.
Unter Bercksichtigung der vorstehend genannten Umstnde ist es daher treuwidrig, wenn sich die Klgerin auf
einen Einberufungsmangel beruft, whrend sie selbst die
Durchfhrung einer fristgerechten Eigentmerversammlung vereitelt hat und darber hinaus Kenntnis von der
durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats einberufenen Eigentmerversammlung hatte.
Der Beschluss der Eigentmerversammlung ber die Abberufung der Klgerin als Verwalterin und die fristlose
Kndigung der Verwaltervertrge entspricht ordnungsgemer Verwaltung. Die pflichtwidrige Verweigerung, eine
(auerordentliche) Wohnungseigentmerversammlung gem § 24 Abs. 2, 2. Fall WEG einzuberufen, um dadurch
die beabsichtigte ordentliche Abberufung und Kndigung
ihres Verwaltervertrages zum 31.12.2010 zu verhindern,
stellt einen Grund fr eine sofortige Abberufung und fristlose Kndigung dar, weil das Vertrauensverhltnis zerstrt
ist und eine Fortsetzung der Verwaltung durch die Klgerin den Wohnungseigentmern nicht mehr zugemutet
werden kann (vgl. OLG Dsseldorf, Beschluss vom
2.2.1998 … 3 Wx 345/97 …, ZMR 1998, 449 [450] = NZM
1998, 517; vgl. auch BGH, Beschluss vom 20.6.2002 … V ZB
39/01 …, ZMR 2002, 766 [773] = NJW 2002, 3240). Dies gilt
insbesondere unter den vorliegenden erschwerenden Umstnden, dass die Verweigerung der zeitnahen Einberufung
einer Eigentmerversammlung offensichtlich das Ziel hatte,
die fristgerechte Abberufung der Klgerin und Kndigung
der Vertrge zum Ende des Jahres 2010 zu vermeiden.
Einsender: Rechtsanwalt Andreas Skrobek, Dsseldorf
Wichtiger Grund; Verwalterwahl; Berufsbild
30. ZPO §§ 89 Abs.1 Satz 3, 88, 517; WEG § 26:
1. Bei der Verwalterwahl sind an einen wichtigen
Grund schrfere Anforderungen zu stellen als bei der
Abberufung.
2. Ein WEG-Verwalter fr grere Anlagen muss ber
berufliche Qualifikation (Ausbildung im Bereich der
Immobilienverwaltung) verfgen sowie Erfahrung bei
der Verwaltung von WEG-Anlagen.
3. Hat ein Klagevertreter seine Vollmacht nicht beibringen knnen, so ist die Klage abzuweisen mit entsprechender Kostenlast fr den Klgervertreter.
LG Hamburg, Urteil vom 30.11.2011
318 S 201/10
Leitstze der Redaktion
Sachverhalt:
I. Die Parteien bilden die WEG X-Str. Sie streiten um die Gltigkeit der zu
TOP 2 auf der Eigentmerversammlung vom 14.1.2010 gefassten Beschlsse ber die Bestellung der Firma A. zur WEG-Verwalterin (lit. a), die Hhe
der Verwaltervergtung (lit. b) und die Ermchtigung des Beiratsvorsitzenden zum Abschluss des auf der Versammlung vorgelegten Verwaltervertrages (lit. c).
Bereits vor Aufteilung des Objekts in Wohnungseigentum hatte der damalige Eigentmer smtliche Wohnungen des Gebudes mit Mietvertrag vom
3.12.1975 an eine „Mietergruppe M.“ vermietet und diesen im Mietvertrag
weitgehende Rechte eingerumt. Der Mietvertrag enthlt u. a. die Regelung, dass die Mietergruppe bestimmt, wer in das Gebude einziehen darf.
Die Miethhe ist an § 28 Abs. 2 II. Berechnungsverordnung und damit an
ZMR 2012, 385
die Preisentwicklung der Mieten im sozialen Wohnungsbau gekoppelt. Die
Mietergruppe wurde bei Abschluss des Mietvertrages von drei Mitgliedern
vertreten, u. a. durch die geschftsfhrende Alleingesellschafterin der auf
der Eigentmerversammlung vom 14.1.2010 bestellten WEG-Verwalterin.
Frau Y. ist seit dem Jahr 1975 Mitglied der Mietergruppe.
Die Aufteilung des Objekts in Wohnungseigentum erfolgte im Jahr 1979
gem der Teilungserklrung vom 28.12.1979. Die Eigentmer der 24
Wohnungseigentumseinheiten bilden seitdem die so genannte Vermietergemeinschaft. Von den insgesamt 24 Wohnungen befinden sich 13 im Eigentum von Mitgliedern der Mietergruppe. Die brigen 11 Wohnungen
stehen im Eigentum von externen, d. h. nicht zur Mietergruppe gehrenden Personen. Dabei handelt es sich um die Klger zu 1…11. In der Vergangenheit wurden aus den Reihen der Klger Rechtsstreitigkeiten mit dem
Ziel angestrengt, das Mietverhltnis mit der Mietergruppe zu beenden. Diese Bemhungen blieben erfolglos, da fr die Kndigung des Mietvertrages
nach der Rechtsprechung des HansOLG ein einstimmiger Beschluss der
Vermietergemeinschaft erforderlich sei, der nicht vorlag. In gegen die Mitglieder der Mietergemeinschaft gefhrten Rechtsstreitigkeiten stand u. a.
die Geschftsfhrerin der WEG-Verwalterin in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der Mietergruppe (einer GbR) auf Beklagtenseite.
Frau Y. bewohnt als Mitglied der Mietergruppe eine Wohnung in der . . .
41, ist aber nicht Wohnungseigentmerin. Sie ist seit Jahrzehnten fr die
Finanzen der Mietergruppe zustndig. Frau Y. ist alleinige Gesellschafterin
und Geschftsfhrerin.
Auf der Eigentmerversammlung vom 14.1.2010 fassten die Wohnungseigentmer zu TOP 2 sodann die angefochtenen Beschlsse.
Die Klger haben die zu TOP 2 gefassten Beschlsse mit einer am
15.2.2010 bei Gericht eingegangenen Klage angefochten und die Klage mit
einem am 15.3.2010 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begrndet. Die
Klger haben vorgetragen, dass der Gewhlten die fachliche Qualifikation
fehle, da sie keinerlei Erfahrungen und Kenntnisse auf dem Gebiet der Verwaltung von Wohnungseigentum besitze. Ihr fehle auch die persnliche
Integritt, weil sie seit Jahrzehnten an der Spitze der Mietergemeinschaft
stehe und in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten gegen sie … die Klger … beteiligt gewesen sei. Die Gewhlte stehe im Lager der Beklagten und weise daher nicht die fr den WEG-Verwalter notwendige Neutralitt auf. Der Abschluss des Verwaltervertrages widerspreche ordnungsgemer Verwaltung,
da er den Eigentmern nicht vor der Versammlung vorgelegt worden sei
und zahlreiche AGB-rechtlich unwirksame Regelungen zum Nachteile der
Wohnungseigentmergemeinschaft enthalte.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben insbesondere darauf verwiesen, dass fr die Anfechtung eines Bestellungsbeschlusses hhere Anforderungen an das Vorliegen des wichtigen Grundes zu stellen seien
als bei der Abberufung. Die WEG-Verwalterin sei mit den Besonderheiten
und speziellen Verhltnissen des Objekts vertraut und verfge ber die notwendige Qualifikation und Unparteilichkeit.
Aus den Grnden:
II. 1. Das Berufungsverfahren war durchzufhren, obwohl sich kein Nachweis ber die Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils an den Klger zu 10 in der Akte befindet. Auch bei fehlender oder fehlerhafter Zustellung beginnt die Berufungsfrist nach Ablauf von 5 Monaten ab
Verkndung (§ 517 ZPO), ohne dass es darauf ankommt,
ob die betreffende Partei Kenntnis von der Entscheidung
erlangen konnte (BGH, MDR 2004, 406; Zller/Heler,
ZPO, 28. Aufl., § 517 Rdn.18). Das amtsgerichtliche Urteil
ist am 15.7.2010 verkndet worden. Im brigen war der
Klger zu 10 durch das amtsgerichtliche Urteil auch nicht
beschwert.
2. Im Hinblick auf die namens des Klgers zu 10 von den
Prozessbevollmchtigten der Klger erhobene Klage gilt:
Auf die Vollmachtsrge der Beklagten (§ 88 ZPO) haben
die Klgervertreter trotz Aufforderung durch die Kammer
nicht die ihnen vom Klger zu 10 erteilte Prozessvollmacht vorgelegt. Dies fhrt zur Abweisung der Klage mit
der entsprechenden Kostenlast fr die Klgervertreter (vgl.
Zller/Vollkommer, § 88 Rdn.11). Die Kostenfolge des § 89
Abs.1 Satz 3 ZPO war dagegen nicht auszusprechen, da
das AG die Klgervertreter im Hinblick auf den Klger zu
10 nicht einstweilen zur Prozessfhrung zugelassen hat.
ZMR 2012, 386
3. Die Kammer entscheidet trotz des Antrags der Klger
zu 1, 2, 4…9 und 11 und der Beklagten, das amtsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurckzuverweisen, gem § 538 Abs.1 ZPO in der Sache.
Zwar geht die Kammer auf Grund des Sitzungsprotokolls
der mndlichen Verhandlung vor dem AG vom 22.4.2010
davon aus, dass die Parteien die Antrge nicht gestellt haben. Auch hat das AG nicht den bergang in das schriftliche Verfahren angeordnet (§ 128 Abs. 2 ZPO). In der Gewhrung gestaffelter Schriftsatzfristen fr die Parteien liegt
nicht die Anordnung des schriftlichen Verfahrens.
Bei der Nichtstellung der Antrge im ersten Rechtszug
handelt es sich um einen wesentlichen Mangel des Verfahrens, da das AG gegen § 308 Abs.1 Satz 1 ZPO verstoen
hat, indem es ber lediglich schriftstzlich angekndigte,
aber nicht im Termin gestellte (§§ 137 Abs.1, 297 ZPO)
Antrge entschieden hat (OLG Hamm, Urteil vom
11.5.2005 … 8 U 156/04 … [BeckRS 2005, 09385]; OLG
Koblenz, NJOZ 2002, 1745 unter Hinweis auf OLG Kln,
MDR 1972, 1044 [1045] [jeweils zu § 539 ZPO a. F.]; Zller/Heler, § 538 Rdn.18).
Es kann dahinstehen, ob der Verfahrensmangel dadurch
geheilt worden ist, dass nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils … auch in der Form gem dem Berichtigungsbeschluss vom 25.10.2010 … die Antrge gestellt
worden sind und dies gem § 314 Satz 1 ZPO beweist,
dass die Antrge gestellt worden sind, weil diese Tatsache
nicht gem § 314 Satz 2 ZPO durch im Sitzungsprotokoll
getroffene ausdrckliche oder doch unzweideutig widersprechende Feststellungen entkrftet wurde, da das Sitzungsprotokoll ber die Antragstellung schweigt (so OLG
Hamm, a. a. O.).
Denn das Berufungsgericht darf gem § 538 Abs. 2 Satz 1
Ziffer 1 ZPO die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung
erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurckweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses
Mangels eine umfangreiche und aufwndige Beweisaufnahme erforderlich ist, und eine Partei die Zurckverweisung beantragt. Da auf Grund der unterbliebenen Antragsstellung im Berufungsverfahren keine umfangreiche und
aufwndige Beweisaufnahme erforderlich ist, sondern die
Sache entscheidungsreif ist, hat die Kammer in der Sache
zu entscheiden. Die Zurckweisungstatbestnde der § 538
Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1…7 ZPO sind als Ausnahmevorschriften eng auszulegen und einer Analogie nur sehr beschrnkt zugnglich. ber die gesetzlich genannten Flle
hinaus ist die Zurckweisung auch dann nicht mglich,
wenn sie zweckmig oder wnschenswert wre, selbst
wenn beide Parteien sie beantragen (Oberheim, in: Prtting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 538 Rdn.10).
4. Die Beklagten verfgen fr die Berufung ber das notwendige Rechtsschutzbedrfnis, weil der Bestellungszeitraum der am 14.1.2010 bestellten WEG-Verwalterin nicht
mit dem 31.12.2010 geendet hat. Mangels Kndigung des
Verwaltervertrages hat sich der Bestellungszeitraum … nach
bereinstimmendem Vortrag beider Parteien … bis zum
31.12.2012 verlngert. Wird der Verwaltervertrag nicht ge-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
kndigt, verlngert sich der Bestellungszeitraum bis
31.12.2014.
5. Die Klger zu 1…9 und 11 haben die Anfechtungsfrist
(§ 46 Abs.1 Satz 2 WEG) durch den Eingang der Klage am
15.2.2010 (einem Montag) und deren demnchst erfolgte
Zustellung am 15.3.2010 gewahrt. . . .
6. Im Ergebnis zu Recht hat das AG die unter TOP 2 a)…c)
gefassten Beschlsse fr ungltig erklrt.
a) Der Begrndung des AG vermag die Kammer nicht zu
folgen. Zwar teilt die Kammer die Rechtsauffassung des
AG, dass vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentmer ber die Bestellung eines neuen Verwalters Angebote
von mehreren Verwaltern eingeholt werden mssen
(BGH, NZM 2011, 515; so auch bereits HansOLG, ZMR
2001, 997 [999] = ZWE 2002, 483; OLG Schleswig, ZMR
2006, 803 [805] = NJW-RR 2006, 1525). Dies hatten die
Klger jedoch nicht innerhalb der Klagebegrndungsfrist
(§ 46 Abs.1 Satz 2 WEG) gergt, so dass dieser Umstand …
der nur zur Anfechtbarkeit und nicht zur Nichtigkeit der
Beschlsse fhrt … vom AG nicht htte bercksichtigt werden drfen.
b) Die angefochtenen Beschlsse entsprechen nicht ordnungsgemer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG), weil die
neue Verwalterin nicht die Gewhr dafr bietet, die Verwaltung mit der gebotenen Neutralitt gegenber allen
Wohnungseigentmern zu fhren.
Ein wichtiger Grund gegen die Bestellung des Verwalters
ist gegeben, wenn unter Bercksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstnde nach Treu
und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem gewhlten
Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhltnis von vornherein nicht zu erwarten ist. Dies wird
der Fall sein, wenn Umstnde vorliegen, die den Gewhlten als unfhig oder ungeeignet fr das Amt erscheinen
lassen (Brmann/Merle, WEG, 11. Aufl., § 26 Rdn. 40 f.;
Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 26
Rdn.17). Da sich aber bei der Bestellung im Gegensatz zur
Abberufung eine Mehrheit der Wohnungseigentmer fr
den Verwalter ausgesprochen hat, sind an die Beurteilung
dessen, was ein wichtiger Grund ist, schrfere Mastbe
anzulegen als bei der Abberufung. Das Gericht wird deshalb ohne zwingende Notwendigkeit nicht in die Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentmer eingreifen
(HansOLG, ZMR 2005, 71 [72]; KG, ZMR 2007, 801
Tz. 7; OLG Dsseldorf, ZMR 2006, 870 [873] = NJW
2006, 3645 Tz. 58).
Eine Ausnahme gilt dann, wenn nur der Mehrheitseigentmer fr die Verlngerung der Verwalterbestellung gestimmt hat, whrend die brigen Eigentmer dagegen waren, und der Verwalter mit dem Mehrheitseigentmer verwandtschaftlich eng verbunden ist. Setzt der Mehrheitseigentmer sein absolutes Stimmenbergewicht gegen die
Mehrheit nach Kpfen fr eine seinen Interessen einseitig
verbundene Person ein, ist die persnliche und fachliche
Eignung des Verwalters besonders kritisch zu prfen
(BayObLG, ZMR 2000. 846 [850] = NZM 2001, 672
Tz. 53).
Das erforderliche Vertrauensverhltnis zwischen den Klgern und der Geschftsfhrerin der WEG-Verwalterin ist
von vornherein nicht zu erwarten, da sich die Klger und
die Geschftsfhrerin der Verwalterin in der Vergangen-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
heit bereits in das Objekt betreffenden Rechtsstreitigkeiten
in entgegen gesetzten Parteirollen gegenberstanden. Der
latente Konflikt zwischen den Klgern und der Mietergruppe existiert nach wie vor, da die Klger auf Grund der
besonderen Regelungen in dem vom frheren Gebudeeigentmer mit der Mietergruppe im Jahre 1975 geschlossenen Mietvertrag daran gehindert sind, ihre Wohnungen
selbst zu nutzen oder an eine Person ihrer Wahl zu einer
Miete oberhalb der im sozialen Wohnungsbau zu entrichtenden Miete zu vermieten.
Die geschftsfhrende Alleingesellschafterin der WEGVerwalterin ist unstreitig seit den 1970er Jahren Mitglied
der so genannten Mietergruppe. Bei dieser Mietergruppe
handelt es sich rechtlich um eine Gesellschaft brgerlichen Rechts (GbR), die Mieterin aller Eigentumseinheiten
in dem Objekt ist. Die Geschftsfhrerin der Verwalterin
nimmt eine exponierte Stellung innerhalb der Mietergruppe ein, was sich daraus ergibt, dass diese als eine von drei
Vertretern der Mietergruppe den Mietvertrag fr das Objekt unterzeichnet hat und seit Jahrzehnten fr die Verwaltung der Finanzen der Mietergruppe zustndig ist. Ebenfalls unstreitig haben die Klger, die so genannten Fremdeigentmer, in der Vergangenheit wiederholt vergeblich
Rechtsstreitigkeiten gegen die Mietergruppe gefhrt mit
dem Ziel, das Mietverhltnis hinsichtlich ihrer Sondereigentumseinheiten zu beenden. Als eine der Gesellschafterinnen der GbR „Mietergruppe“ war auch die Geschftsfhrerin der Verwalterin Prozesspartei.
Hinzu kommt, dass die geschftsfhrende Gesellschafterin
der WEG-Verwalterin zwar auf Grund ihrer beruflichen
Ttigkeit in einer Unternehmensberatung Kenntnisse in
der Buchfhrung und auf Grund ihrer Ttigkeit als Beauftragte fr Finanzen der Mietergruppe Erfahrung mit mietrechtlicher Verwaltungsttigkeit hat. Sie verfgt jedoch unstreitig ber keine Ausbildung im Bereich der Immobilienverwaltung und hat keinerlei berufliche Erfahrung als Verwalterin von Wohnungseigentum. Die Kammer verkennt
nicht, dass die WEG-Verwalterin seit ihrer Bestellung bereits einige Eigentmerversammlungen einberufen hat, auf
der zum Teil allstimmige Beschlsse gefasst worden sind,
u. a. auch ber den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung. Auch will die Kammer der WEG-Verwalterin nicht
Bemhen und Engagement bei ihrer Ttigkeit absprechen,
insbesondere auch im Hinblick auf die Aufarbeitung des
pflichtwidrigen Verhaltens der Vorverwaltung und dadurch fr die Wohnungseigentmergemeinschaft eingetretene Schden. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass ein
Wohnungseigentmer bei einem Objekt dieser Gre
grundstzlich verlangen kann, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums von einer gewerblichen externen Verwaltung durchgefhrt wird, deren Mitarbeiter ber
die berufliche Qualifikation und Erfahrung bei der Verwaltung von Wohnungseigentmergemeinschaften verfgen.
Dass die Klger von der WEG-Verwalterin vorgelegten Beschlussantrgen zugestimmt und diese entlastet haben, ndert nichts daran, dass ihnen die Zusammenarbeit mit der
WEG-Verwalterin nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist, weil die geschftsfhrende Alleingesellschafterin
dem anderen von zwei verfestigten Lagern innerhalb der
Wohnungseigentmergemeinschaft zuzuordnen ist. Auf
ein Verschulden der Geschftsfhrerin der Verwalterin
kommt es dabei nicht an.
ZMR 2012, 387
Die Kammer sieht hier die von der Rechtsprechung geforderten zwingenden Grnde, um in die Mehrheitsentscheidung der Gemeinschaft einzugreifen und die zu TOP 2 gefassten Beschlsse fr ungltig zu erklren. Die bestehenden Interessengegenstze zwischen den Klgern und der
geschftsfhrenden Gesellschafterin der WEG-Verwalterin
als Mitglied der Mietergruppe lassen die Begrndung eines
unbelasteten, fr die Ttigkeit des Verwalters erforderlichen Vertrauensverhltnisses zu ihnen als ausgeschlossen
erscheinen (vgl. BayObLG, ZMR 2000, 846 [850] = NZM
2001, 672, Tz. 53). Gerade wegen der tiefen Grben, die
auf Grund der Besonderheiten in der Historie dieses Objekts zwischen den externen Eigentmern und den Mietergruppe-Eigentmern bestehen, erscheint eine neutrale
WEG-Verwaltung, die weder persnlich noch von ihrem
Interesse her der einen oder anderen Seite nahe steht oder
verpflichtet ist, in besonderem Mae angezeigt zu sein.
Denn whrend es den ihr Wohnungseigentum selbst nutzenden Eigentmern etwa im Rahmen von Instandsetzungsmanahmen am Gemeinschaftseigentum typischerweise darauf ankommen wird, einen hohen Standard zu erreichen, steht dem das Interesse der Klger, die ihr Wohnungseigentum weder selbst nutzen noch zu einer ortsblichen Vergleichsmiete vermieten knnen, diametral
entgegen. Dass die Interessen von selbst nutzenden und
vermietenden Eigentmern sich in finanziellen Fragen im
Zusammenhang mit Instandsetzungsmanahmen nicht
decken, ist im Bereich des Wohnungseigentumsrechts
zwar nicht ungewhnlich. Dieser Interessengegensatz wird
in der Wohnungseigentmergemeinschaft der Parteien
aber in erheblicher Weise dadurch verstrkt, dass die vermietenden Eigentmer nur Mieten in Hhe der im sozialen Wohnungsbau zu zahlenden Mieten verlangen knnen.
Die vorgenannten Bedenken an der erforderlichen Neutralitt der Verwalterin bestehen gerade auch im Hinblick auf
die WEG-Verwaltung, so dass es nicht darauf ankommt,
ob diese Bedenken noch in erheblich grerem Umfang
bestehen, soweit die WEG-Verwalterin auch zur Verwalterin der Vermietergemeinschaft bestellt worden ist. Die Bedenken der Beklagten, dass eine externe gewerbliche
WEG-Verwaltung den Besonderheiten des Objekts (Bestehen einer Mietergruppe, die alle Wohnungen des Objekts
en bloc gemietet hat, und einer Vermietergemeinschaft)
nicht gerecht werden knnte, teilt die Kammer nicht.
Die Kammer verkennt auch nicht, dass sich auf der Eigentmerversammlung vom 14.1.2010 die Mehrheit der Kpfe (14 Ja-Stimmen) fr die . . . als WEG-Verwalterin ausgesprochen haben. Dabei ist allerdings zu bercksichtigen,
dass in dieser Wohnungseigentmergemeinschaft zwei
Gruppen existieren, die in ungewhnlich starkem Mae
verfestigt sind, und zwar die 13 Wohnungseigentmer, die
zugleich der Mietergruppe angehren (= die Beklagten),
und die 11 Wohnungseigentmer, die ihr Sondereigentum
wegen des sich auf alle Wohnungen beziehenden Mietvertrages weder selbst nutzen noch zur ortsblichen Vergleichsmiete vermieten knnen (= die Klger). Die 13
Wohnungseigentmer, die zugleich Mitglieder der Mietergruppe sind, reprsentieren zwar die Mehrheit der Kpfe
in dieser Wohnungseigentmergemeinschaft. Diese seit
Jahrzehnten stark verfestigte Eigentmergruppe hat ihre
Mehrheit jedoch dahingehend ausgenutzt, ein Mitglied
ZMR 2012, 388
der Mietergruppe, d. h. eine Gesellschafterin der MieterGbR, der auch sie angehren, zur WEG-Verwalterin zu bestellen. Auf Grund dessen hlt es die Kammer fr gerechtfertigt, die „Mietergruppen-Wohnungseigentmer“ wertungsmig hnlich einem Mehrheitseigentmer zu behandeln. Zwar bestehen keine „engen verwandtschaftlichen Beziehungen“ zwischen den 13 Wohnungseigentmern, die Mitglieder der Mietergruppe sind, und der geschftsfhrenden Gesellschafterin der WEG-Verwalterin.
Es besteht aber ein hnlich enges Vertrauensverhltnis,
weil . . . Mitgesellschafterin der GbR „Mietergruppe“ ist
und schon seit Jahrzehnten die Finanzen der Mietergruppe verwaltet.
8. Notwendiger Weise sind auch die Beschlsse zu TOP
2 b) und c) fr ungltig zu erklren, wenn der Beschluss zu
TOP 2 a) fr ungltig erklrt wird.
Einsender: Rechtsanwalt Dr. Jan-Hendrik Schmidt, Hamburg
Alternativangebote; Instandsetzungsmanahme; Rechtsschutzinteresse
31. WEG §§ 21, 46, 43 Nr. 4, 27 Abs.1 Nr. 3:
1. Bei (greren) Instandsetzungsmanahmen ist der
Verwalter gehalten Alternativangebote einzuholen.
2. Auch nach durchgefhrter Manahme entfllt nicht
(automatisch) das Rechtsschutzinteresse fr eine Anfechtungsklage.
3. Eine Notmanahme liegt nicht vor, wenn ausreichend Zeit fr eine auerordentliche Eigentmerversammlung bestand.
4. Ein blo mndliches Angebot eines Fachunternehmens ist in der Regel ungeeignet.
LG Hamburg, Urteil vom 18.1.2012
318 S 164/11
Sachverhalt:
I. Die Parteien bilden die WEG W.-strae 4 und streiten um die Gltigkeit
eines Beschlusses ber Reparaturarbeiten am Dach.
Das AG hat den auf der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 zu TOP
4 b) gefassten Beschluss mit Urteil vom 7.7.2011 fr ungltig erklrt. In den
Entscheidungsgrnden hat das AG ausgefhrt, dass es der Anfechtungsklage auch nach Ausfhrung der Arbeiten nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedrfnis fehle. Der Beschluss widerspreche ordnungsgemer Verwaltung, weil im Vorfeld der Versammlung versumt worden sei, zumindest zwei weitere Alternativangebote einzuholen. Im Vorfeld der Eigentmerversammlung habe lediglich ein aussagekrftiges Angebot der Fa. H.
vorgelegen. Dass der Verwalter im Vorfeld mndliche Verhandlungen mit
der Fa. R. gefhrt habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Auf Notgeschftsfhrung knnten sich die Beklagten nicht berufen, weil deren Voraussetzungen nicht dargetan seien. Zudem seien Leckagen von der Mieterin bereits im Jahr 2009 angezeigt worden.
Aus den Grnden:
1. a) Den Klgern fehlt trotz zwischenzeitlicher Durchfhrung der Dachreparatur nicht das erforderliche Rechtsschutzbedrfnis fr die Anfechtungsklage. Auch nach
Vollzug des angefochtenen Beschlusses besteht ein Rechtsschutzbedrfnis fr die Beschlussanfechtungsklage, solange Auswirkungen der Beschlussanfechtung auf Folgeprozesse nicht sicher auszuschlieen sind (BGH, ZMR 2011,
732 [734] = NJW 2011, 2660). Die Klger machen geltend, dass sie den Verwalter und die Wohnungseigent-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
mergemeinschaft auf Schadensersatz in Anspruch nehmen
wollten.
b) Unerheblich ist, ob der Verwalter das Abstimmungsergebnis (5 Ja-Stimmen, 0 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen) richtig protokolliert hat. Denn selbst wenn die Klger
dem nun von ihnen angefochtenen Beschluss zugestimmt
haben sollten, wrde das ihrem Rechtsschutzbedrfnis an
der Anfechtungsklage nicht entgegen stehen (vgl. Brmann/Klein, WEG, 11. Aufl., § 46 Rdn. 6).
2. a) Der zu TOP 4 b) gefasste Instandsetzungsbeschluss
entspricht bereits deshalb nicht ordnungsgemer Verwaltung, weil der WEG-Verwalter zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht drei Vergleichsangebote ber die
durchzufhrenden Arbeiten eingeholt und den Eigentmern vorgelegt hatte.
Die Vergabe eines Auftrags zur Durchfhrung von Instandsetzungsarbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum
setzt regelmig voraus, dass der Verwalter mehrere Alternativ- und Konkurrenzangebote einholt. Durch die Einholung von Konkurrenz- und Alternativangeboten soll gewhrleistet werden, dass einerseits technische Lsungen
gewhlt werden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mngeln und Schden versprechen, dass aber andererseits auf
Wirtschaftlichkeit geachtet wird und keine berteuerten
Auftrge erteilt werden (Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten,
WEG, 9. Aufl., § 21 Rdn. 68).
Unstreitig lag auf der Eigentmerversammlung vom
20.8.2010 nur das schriftliche Angebot der Dachdeckerei
H. vom 14.8.2010 vor. Dieses Angebot bezog sich auf eine
Steildachsanierung mit Gesamtkosten von 26 553,77 .
(inkl. MwSt.). Soweit die Beklagten vortragen, es habe auf
der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 ein weiteres
Angebot der Fa. R. vorgelegen, so handelte es sich dabei
lediglich um ein mndliches Angebot, das am Tag der Versammlung im Anschluss an eine von dem Mitarbeiter Ro.
der Fa. R. durchgefhrten Dachbesichtigung gegenber
dem Verwalter abgegeben worden war. Das besagte Angebot bezog sich auf eine partielle Instandsetzung des Daches und nach Art und Umfang noch unbestimmte weitere Arbeiten, die sich erst im Zuge der Durchfhrung der
Arbeiten bestimmen lassen wrden.
Dass der angefochtene Beschluss vorsah, dass die Fa. R.
nur beauftragt werden sollte, wenn nicht innerhalb der
nchsten 4 Werktage aus den anderen Auftragsverhandlungen sich ein gnstigeres Angebot ergebe, ndert daran
nichts, da die Vergleichsangebote den Wohnungseigentmern zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen mssen und auf der Eigentmerversammlung unklar war, ob
berhaupt weitere schriftliche Angebote innerhalb der
Frist eingehen wrden. Zudem htten sich eingehende weitere Angebote angesichts des nicht klar festgelegten Auftragsumfangs und des Fehlens eines schriftlichen Angebots gar nicht objektiv nachvollziehbar mit dem mndlichen Angebot der Fa. R. vergleichen lassen.
b) Die Beklagten knnen sich nicht darauf berufen, dass
es sich bei den Arbeiten um eine Notmanahme gehandelt habe, da die Mieterin der Dachgeschosswohnung erst
am 9.8.2010 gegenber dem Verwalter das Eindringen von
Wasser in die Dachgeschosswohnung gemeldet habe.
Gem § 27 Abs.1 Ziffer 2 WEG besteht die Pflicht des
Verwalters darin, die zur Beseitigung von Mngeln am ge-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
meinschaftlichen Eigentum erforderlichen Manahmen
festzustellen, die Wohnungseigentmer hierber zu unterrichten und deren Entscheidung herbeizufhren. In erster
Linie ist es Sache der Wohnungseigentmer selbst, fr die
Beseitigung von Mngeln des gemeinschaftlichen Eigentums zu sorgen (§ 21 Abs. 5 Ziffer 2 WEG). Fr eine eigenmchtige Auftragserteilung durch den Verwalter ist grundstzlich kein Raum (BayObLG, NZM 2004, 390; Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, § 27 Rdn.15). Etwas anderes
gilt gem § 27 Abs.1 Ziffer 3 WEG ausnahmsweise nur in
dringenden Fllen fr Manahmen, die erforderlich sind,
um Schaden vom gemeinschaftlichen Eigentum abzuwenden. Dringend sind Flle, die wegen ihrer Eilbedrftigkeit
eine vorherige Einberufung der Eigentmerversammlung
nicht zulassen. Entscheidend ist, ob die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gefhrdet wre, wenn nicht
umgehend gehandelt wrde (BayObLG, a. a. O.; Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, § 27 Rdn. 32 f.).
Zwar ist nicht zu verkennen, dass auf Grund des von der
Mieterin der Dachgeschosswohnung am 9.8.2010 gemeldeten Wassereinbruchs in ihre Wohnung erneut Handlungsbedarf hinsichtlich der Dachreparatur bzw. -sanierung bestand. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits
eine Eigentmerversammlung fr den 20.8.2010 einberufen, so dass die Herbeifhrung einer Beschlussfassung
ber das weitere Vorgehen mglich war. Die Beklagten behaupten selbst nicht, dass die Situation so kritisch war,
dass zum Schutz des gemeinschaftlichen Eigentums sofortige Notmanahmen erforderlich gewesen wren, die ein
Abwarten der Versammlung unmglich gemacht htten.
Andernfalls htte der Verwalter trotz der 11 Tage spter
stattfindenden Versammlung unverzglich Arbeiten zur
Beseitigung der Undichtigkeit des Daches beauftragt. Dies
war aber nicht der Fall. Sofern die Zeit bis zur Eigentmerversammlung nicht ausreichte, um die erforderlichen Feststellungen zur Schadensursache und dem erforderlichen
Sanierungsumfang zu treffen sowie mehrere Vergleichsangebote einzuholen, htte hier die Mglichkeit bestanden,
kurzfristig eine zustzliche auerordentliche Eigentmerversammlung anzuberaumen oder die ordentliche Eigentmerversammlung zu verlegen. Dabei ist auch zu bercksichtigen, dass es sich um eine sehr kleine Wohnungseigentmergemeinschaft handelt (so auch BayObLG,
a. a. O.). Die Eigentmerversammlung verfgt nur ber
drei Eigentmer(ehe)paare, so dass die kurzfristige Abstimmung eines Termins auch realistisch erscheint. Der Verwalter war nicht berechtigt, mehr oder weniger eigenmchtig zu entscheiden, welche konkreten Arbeiten fr den beschlossenen Kostenrahmen von 12 000,… . am Dach auszufhren waren.
2. Aus den genannten Grnden geht auch der Einwand
der Beklagten fehl, die Beschlussfassung habe dazu gedient, dem Verwalter hinsichtlich der erforderlichen Reparaturarbeiten am Dach innerhalb eines bestimmten Kostenrahmens „freie Hand“ zu geben.
Zu Recht weisen die Klger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Verlagerung der Entscheidungskompetenz von der Eigentmerversammlung auf den Verwalter
hinsichtlich des Umfangs der Sanierungsarbeiten und der
Beauftragung des konkreten Unternehmens durch Mehrheitsbeschluss nur in eng begrenzten Ausnahmefllen
wirksam ist (LG Mnchen I, ZMR 2009, 398; Niedenfhr/
ZMR 2012, 389
Kmmel/Vandenhouten, § 21 Rdn. 46). Zwar handelte es sich
bei dem Gegenstand des Beschlusses um eine konkrete Sanierungsmanahme und das Kostenrisiko der Wohnungseigentmer war auf Grund des beschlossenen Kostenrahmens von 12 000,… . berschaubar und begrenzt. Gleichwohl waren sowohl Art und Umfang der durchzufhrenden Arbeiten derart unbestimmt als auch die Kriterien dafr, welches Unternehmen mit den Arbeiten beauftragt
werden sollte, derart vage, dass das Recht der einzelnen
Wohnungseigentmer ausgehhlt wurde, an der Entscheidung ber jede einzelne Manahme mitzuwirken.
3. Es widerspricht unabhngig davon bereits ordnungsgemer Verwaltung, die Durchfhrung von Sanierungsmanahmen zu beschlieen, ohne dass eine Bestandsaufnahme ber den Umfang der Schden und deren mgliche Ursachen erfolgt ist (Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, § 21 Rdn. 67).
Im vorliegenden Fall bestand Einigkeit zwischen den
Eigentmern, dass das Dach sanierungsbedrftig war. In
welchem Umfang das Dach aber beschdigt war und ob
eine teilweise Sanierung ausreichend erschien oder eine
vollstndige Sanierung erforderlich sein wrde, war zum
Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht hinreichend geklrt.
Dies wird daran deutlich, dass der Beschluss neben der
„eingegrenzte[n] Teilsanierung fr max. 4000,… .“ einen
Kostenrahmen von weiteren 8000,… . fr nach Art und
Umfang noch vllig unklare Arbeiten vorsah. Zu bercksichtigen ist auch, dass es seit dem Jahr 2009 immer wieder
zum Eindringen von Wasser in die Dachgeschosswohnung gekommen war, so dass es angezeigt erschien, die gesamte Dachkonstruktion einer nheren Prfung insbesondere hinsichtlich der Ursache der Durchfeuchtungen zu unterziehen, um eine geeignete Entscheidungsgrundlage zu erlangen, ob aus wirtschaftlicher Sicht weitere Teilreparaturen
oder Ausbesserungen berhaupt sinnvoll erschienen.
4. Schlielich drften die Klger in der Klagebegrndung
auch zu Recht gergt haben, dass der Beschluss inhaltlich
unbestimmt ist und auch deshalb den Grundstzen ordnungsgemer Verwaltung widerspricht.
Der Wortlaut des zu TOP 4 b) gefassten Beschlusses
nimmt Bezug auf das „vorgestellte“ Angebot der Fa. R.
Dachwerk. Das Angebot wird nicht nher bezeichnet
(etwa mit dem Datum). Fr einen nicht auf der Versammlung anwesenden Dritten ergibt sich nicht, welchen Inhalt
das Angebot hatte, insbesondere welche Arbeiten zu welcher Vergtung dieses beinhaltete. Das vorgestellte Angebot existierte zum Zeitpunkt der Versammlung unstreitig
gar nicht in schriftlicher Form. Die sich aus dem Protokoll
ergebenden mndlichen Ausfhrungen des Verwalters lassen lediglich erkennen, dass das Angebot eine „eingegrenzte Teilsanierung fr max. 4000,… .“ vorsah und auf
der Basis der erst dabei mglichen genauen Untersuchung
eine „zweite, umfassendere Sanierung fr max. 8000,… .
nach Schadensstand“. Dies lsst in keiner Weise erkennen,
welche Arbeiten durchgefhrt werden sollten, weder hinsichtlich der Teilsanierung noch hinsichtlich der zweiten
umfassenderen Sanierung. Im Rahmen ordnungsgemer
Verwaltung kann die Eigentmerversammlung nicht beschlieen, dass fr einen vorher festgelegten maximalen
Kostenrahmen (hier in Hhe der noch nicht verbrauchten
Instandsetzungsrcklage) „irgendwelche“ Reparaturarbeiten am Dach durchgefhrt werden sollen, wenn sich deren
ZMR 2012, 390
Umfang weder aus dem Beschluss selbst noch aus einem
in Bezug genommenen (schriftlichen) Angebot ergibt.
Vielmehr wre der richtige Weg gewesen, zunchst den
Umfang der erforderlichen Sanierung festzulegen, dann
Vergleichsangebote einzuholen und sodann ber die Auftragsvergabe einschlielich der Finanzierung der Manahme zu beschlieen.
Einsender: Rechtsanwalt Jan-Hendrik Schmidt, Hamburg
˜nderung der Kostenverteilung; Vergemeinschaftung;
Individualanspruch; Streitwert
32. WEG §§ 10 Abs. 2 Satz 3, Abs. 6 Satz 3, 15 Abs. 3;
BGB § 1004; GKG § 49 a:
1. Eine rckwirkende ˜nderung der Kostenverteilung
kann ein Wohnungseigentmer nicht beanspruchen.
2. Der einzelne Wohnungseigentmer hat keinen Anspruch auf Vergemeinschaftung von Unterlassungsansprchen, die er als Individualansprche auch selbst
durchsetzen knnte.
3. Bei einer Totalanfechtung des Beschlusses ber die
Jahresabrechnung sind pauschal 20 % als Streitwert anzusetzen; begrenzt nach oben durch das 5-fache Eigeninteresse des Anfechtenden.
LG Itzehoe, Urteil vom 24.1.2012
11 S 16/11
Aus den Grnden:
Die in der Eigentmerversammlung vom 17.6.2010 zu den
TOP 1.1, 1.5 und 2 gefassten Beschlsse waren nicht fr
unwirksam zu erklren und den Klgern steht auch kein
Anspruch auf ˜nderung der Kostenverteilungsschlssel
und Durchsetzung der Unterbindung von unzulssigen
Nutzungen von Keller- und Bodenrumen zu.
1. Zu TOP 1.1 ist der Antrag der Klger abgelehnt worden,
fr das Kalenderjahr 2009 einen von der Teilungserklrung abweichenden Kostenverteilungsschlssel zu beschlieen. Der TOP 2 betraf die Beschlussfassung ber die
Gesamt- und Einzelabrechnung des Jahres 2009, der die
alten Kostenverteilungsschlssel zugrunde lagen.
Den Klgern steht ein Anspruch auf ˜nderung der anzuwendenden Kostenverteilungsschlssel, bei denen die
Nutzung der Keller- und Bodenrume dergestalt Bercksichtigung findet, dass nicht die Miteigentumsanteile, sondern die Nutzflche zur Verteilung bestimmter Kosten herangezogen wird, bereits deshalb nicht zu, weil die begehrten ˜nderungen abgeschlossene Zeitrume betreffen. Eine
rckwirkende ˜nderung von Kostenverteilungsschlsseln
ist nicht mglich, da die Wohnungseigentmer grundstzlich darauf vertrauen drfen, dass die bis zu einer ˜nderung des Verteilungsschlssels angefallenen Kosten nach
dem bis dahin geltenden Schlssel umgelegt werden. Nur
in seltenen Ausnahmefllen kann bei Vorliegen besonderer Umstnde, weil der bisherige Schlssel z. B. unbrauchbar oder in hohem Mae unpraktikabel ist oder dessen
Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen fhrt, in bereits abgeschlossene Abrechnungszeitrume rckwirkend
eingegriffen werden (siehe u. a. BGH vom 9.7.2010 …
IV ZR 202/2009 …, Rdn.11).
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Die Beschlsse zu TOP 1.1 und TOP 2 der Eigentmerversammlung vom 17.6.2010 betrafen das bereits abgeschlossene Kalenderjahr 2009, so dass mangels Vorliegens einer
der genannten Ausnahmeflle bereits aus Vertrauensschutzgesichtspunkten eine ˜nderung der anzuwendenden Kostenverteilungsschlssel nicht mglich ist.
2. Der Negativbeschluss zu TOP 1.5 und der unter Ziffer
3 gestellte Antrag beziehen sich beide auf die Unterlassung einer bestimmten Art und Weise der Nutzung von
solchen Keller- und Bodenrumen, die von einzelnen
Wohnungen direkt zugnglich sind.
Das mit den vorgenannten Antrgen verfolgte Rechtsschutzziel des Klgers geht dahin, die Wohnungseigentmer durch Fassung eines entsprechenden Vergemeinschaftungsbeschlusses zu verpflichten, Beseitigungs- bzw. Unterlassungsansprche, § 1004 Abs.1 BGB i. V. m. § 15
Abs. 3 WEG, gegenber mglichen Strens durchzusetzen. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nicht.
Soweit die tatschliche Nutzung bestimmter Rumlichkeiten durch einzelne Wohnungseigentmer nicht den Regelungen der Teilungserklrung entsprechen sollte, ist ein
mglicher Unterlassungsanspruch nach den Regelungen
des Wohnungseigentumsrechts grundstzlich ein den einzelnen Eigentmern zustehender Individualanspruch
(Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2011,
§ 15 Rdn. 29 f.; Brmann/Klein, WEG, 11. Aufl. 2010, § 13
Rdn.136 ff.)
Diesen Individualanspruch knnen die Wohnungseigentmer durch Mehrheitsbeschluss auch zu einer eigenen Angelegenheit machen und mgliche Verste gegen die Gebrauchsregelungen der Teilungserklrung als Gemeinschaft durchsetzen, § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG
(Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, § 10 WEG Rdn. 74).
Die Entscheidung darber, ob sie derartige Individualansprche zur Angelegenheit der Gesamtheit der Wohnungseigentmer machen, steht jedoch in ihrem Ermessen. Dass
das Ermessen auf Grund bestimmter Umstnde derart reduziert ist, dass allein ein entsprechender Vergemeinschaftungsbeschluss ordnungsgemer Verwaltung entsprechen
wrde, ist nicht ersichtlich, zumal die Klger selber noch
keinem mglichen Strer gegenber den vermeintlichen
Unterlassungsanspruch durchzusetzen versucht haben.
Eine Ermessensreduzierung tritt auch nicht vor dem Hintergrund ein, dass eine genderte Nutzung einzelner
Rumlichkeiten ggf. zu einer „ungerechteren“ Verteilung
der nach Miteigentumsanteilen zu verteilenden Kosten
fhrt. Bei Unbilligkeit des in der Teilungserklrung vereinbarten Kostenverteilungsschlssels durch ˜nderung der
tatschlichen Nutzungsverhltnisse, knnten die Klger lediglich … bei Vorliegen der Voraussetzungen … eine ˜nderung des Kostenverteilungsschlssels beanspruchen.
Der Streitwert fr die erste und zweite Instanz war auf jeweils 8898,… . festzusetzen, §§ 49 a, 63 Abs. 3 GKG.
Die Beschlussanfechtung zu TOP 1.1 (Negativbeschluss zu
der beantragten ˜nderung des Kostenverteilungsschlssels
fr das Jahr 2009) sowie der Antrag zu 2) betreffen beide
die begehrte ˜nderung des Kostenverteilungsschlssels
unter Zugrundelegung der tatschlichen Nutzflchen statt
… wie bisher … der Miteigentumsanteile. Wegen Identitt
des Rechtsschutzziels sind die beiden Antrge nicht gesondert zu bewerten.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Der Hhe nach sind diese beiden Antrge genauso zu bewerten wie die Beschlussanfechtung des TOP 2 (Jahresabrechnung 2009), die mit der Anwendbarkeit des genderten Kostenverteilungsschlssels begrndet wird.
Steht die gesamte Jahresabrechnung im Streit, bestimmt
sich das Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung
grundstzlich nicht nach dem Nennbetrag der in der Jahresabrechnung eingestellten Kosten. Das Interesse der
Wohnungseigentmer an der gerichtlichen Entscheidung
kann nicht mit deren Gesamtvolumen gleich gesetzt werden, denn auch bei durchgreifenden Beanstandungen bleiben stets erhebliche Ausgaben der Eigentmergemeinschaft fr Betriebskosten, Verwaltung. Instandhaltung und
Instandsetzung bestehen, so dass die Beanstandungen allenfalls zu einer Verminderung der Lasten und Kosten,
nicht aber zu deren vlligen Wegfall fhren knnen. Die
Kammer setzt in solchen Fllen einen dem jeweiligen Einzelfall angemessenen Bruchteil des Gesamtvolumens der
Abrechnung als Streitwert an, den es vorliegend mit 20 %
bewertet (s. u. a. Jennien/Suilmann, WEG, § 49 a GKG
Rdn.16 m. w. Nachw.; LG Nmberg-Frth, ZMR 2008, 737
und ZMR 2009, 555).
Die Gesamtsumme der Jahresabrechnung 2009 beluft
sich auf 59 127,… . x 20 % = 11 825,40 . x 50 % =
5913,… ..
Dieser Betrag ist gem § 49 a Abs.1 Satz 2 WEG begrenzt
durch das fnffache Einzelinteresse der Klger. Das Einzelinteresse entspricht 20 % der auf die Klger im Jahr
2009 entfallenden Kosten i. H. v. 2449,… . = 489,80 ., so
dass sich das 5-fache Einzelinteresse auf 2449,… . beluft.
Dieser Betrag ist einerseits fr die Anfechtung des unter
TOP 2 gefassten Beschlusses und andererseits fr die Anfechtung des TOP 1.1 (einschlielich des Antrages zu 2)
anzusetzen.
Die Anfechtung der ebenfalls unter TOP 2 beschlossenen
Verwalterentlastung ist mit 1000,… . zu bewerten (siehe
BGH vom 31.3 2011 … V ZB 236/10 …). Die Beschlussanfechtung zu TOP 1.5 (Untersagung Schwarznutzung) und
der Antrag zu 3) entsprechen sich und sind mit 3000,… .
zu bewerten.
Einsender: Rechtsanwalt Michael Krger, Hamburg
Haftungsbeschrnkte Unternehmergesellschaft als WEGVerwalter?
33. WEG § 26:
1. Die Bestellung einer haftungsbeschrnkten Unternehmergesellschaft zur Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage entspricht grundstzlich nicht ordnungsgemer Verwaltung. Die Bestellung kann daher
in der Regel angefochten werden. Etwas anderes kann
allerdings dann der Fall sein, wenn fr die Gesellschaft
eine Berufshaftpflichtversicherung mit ausreichender
Deckungssumme besteht, sonstige Sicherheiten gestellt
werden oder eine freiwillige Mitgliedschaft in einem Berufsverband besteht. Die isolierte Bestellung eines Verwalters ohne gleichzeitige Regelung der Vertragsdauer
und der Verwaltervergtung widerspricht in der Regel
hingegen nicht ordnungsmiger Verwaltung.
ZMR 2012, 391
2. Der Umstand, dass nicht der Anbieter mit dem niedrigsten Vergtungsverlangen gewhlt worden ist, fhrt …
wie auch bei der Erteilung von Auftrgen fr Instandsetzungsarbeiten … nicht allein schon zur Ungltigerklrung des Beschlusses ber die Verwalterbestellung.
LG Karlsruhe, Urteil vom 28.6.2011
11 S 7/10
Sachverhalt:
Die Anlage wurde bis etwa Ende 2005 von der . . . verwaltet. Danach whlten die Eigentmer mehrheitlich die Beklagte zu 5 zur Verwalterin. Die entsprechenden Beschlussfassungen wurden jedoch fr ungltig erklrt.
Am 23.9.2009 stimmte die Gemeinschaft erneut ber die Wahl eines Verwalters ab.
Aus den Grnden:
Auf die Anfechtungsklage des Klgers hin war der von der
Eigentmerversammlung am 23.9.2009 gefasste Beschluss
zur Verwalterbestellung fr ungltig zu erklren.
a) Es teilt die Kammer nicht die Auffassung, dass dies bereits daraus folge, dass nur ein Alternativangebot eingeholt
worden sei.
b) Auch der Umstand, dass nicht der Anbieter mit dem
niedrigsten Vergtungsverlangen gewhlt worden ist, fhrt
… wie auch bei der Erteilung von Auftrgen fr Instandsetzungsarbeiten … nicht zur Ungltigerklrung des Beschlusses. Den Wohnungseigentmern ist vielmehr ein gewisser
Beurteilungsspielraum zuzubilligen, der hier, was die Vergtungsvorstellungen der gewhlten Verwalterin angeht,
nicht berschritten ist.
c) Nicht fr durchgreifend erachtet die Kammer auch den
Einwand, der Beschluss ber die Bestellung des Verwalters
halte sich nicht im Rahmen ordnungsmiger Verwaltung,
weil die Bestellung nicht wenigstens die wichtigsten Elemente des Verwaltervertrages, nmlich Vertragslaufzeit
und Vergtung mitregele.
d) Durchgreifende Bedenken hegt die Kammer jedoch dagegen, dass mit dem angefochtenen Beschluss eine haftungsbeschrnkte Unternehmergesellschaft nach § 5 a
GmbHG zur Verwalterin bestellt worden ist. Die Kammer
hlt die Bestellung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) zum Verwalter zwar nicht fr nichtig,
aber grundstzlich fr nicht ordnungsgemer Verwaltung
entsprechend, da sie dem Interesse der Gesamtheit der
Wohnungseigentmer nach billigem Ermessen (§ 21 Abs. 4
WEG) in der Regel nicht entspricht (dazu aa), und damit
fr anfechtbar. Zumindest im vorliegenden Fall kommen
weitere Umstnde hinzu, die letztlich dazu fhren, dass
die Bestellung der . . . zur Verwalterin der Gemeinschaft
fr ungltig zu erklren war (dazu bb).
aa) Allerdings enthlt das Wohnungseigentumsgesetz keine Regelung darber, wer Verwalter sein kann und welche
subjektiven Voraussetzungen er erfllen muss. Das Gesetz
setzt weder einen Befhigungsnachweis noch andere persnliche Qualifikationen voraus. Anders als die Gesellschaft brgerlichen Rechts, der die Rechtsprechung (BGH,
ZMR 2006, 375 [377] = ZWE 2006, 183 = NJW 2006,
2189 = NZM 2009, 547) trotz Rechtsfhigkeit der AuenGbR nach wie vor die Eignung zum Verwalter abspricht,
steht der Eignung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) auch nicht entgegen, dass sie als rechtlich selb-
ZMR 2012, 392
stndige Einheit nicht handlungsfhig wre oder nicht
durch ein ffentliches Register Kenntnis darber erlangt
werden knne, wer zum Gesellschafterkreis gehrt und wie
sich die Vertretungsbefugnisse gestalten.
Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) nach
§ 5 a Abs. 3 GmbHG zeichnet sich jedoch dadurch aus,
dass sie als existenzgrnderfreundliche Variante der
GmbH mit einem geringeren Stammkapital als dem fr
die gewhnliche GmbH vorgeschriebenen Mindeststammkapital von 25 000,… . gegrndet werden kann. Fr die Bestellung einer GmbH zur Verwalterin ist seit der Entscheidung des BayObLG vom 5.5.1993 (… 2Z BR 29/93 …, WuM
1993, 488) anerkannt, dass diese trotz der beschrnkten
Haftung der GmbH unter dem Blickwinkel der ordnungsgemen Verwaltung nicht zu beanstanden ist.
Auf die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt)
lsst sich diese Argumentation nicht bertragen. Bei dieser
muss zwar das Stammkapital sofort in voller Hhe als Bareinlage eingezahlt werden (§ 5 a Abs. 2 GmbHG), allerdings muss es lediglich mindestens 1,… . betragen. Davon,
dass bei einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) ausreichend Vorsorge dafr getroffen wre, dass
etwaige Ansprche der Wohnungseigentmer gegen den
Verwalter realisiert werden knnen, kann daher im Regelfall keine Rede sein. Auch wenn wie im vorliegenden Fall
das Stammkapital immerhin 500,… . betrgt, ist dies im
Hinblick darauf, dass bei der Eigenart der Ttigkeit eines
Verwalters, die insbesondere auch die Verwaltung fremden
Vermgens und fremder Gelder umfasst, bereits bei einem
einzigen Fall fahrlssigen Handelns schnell wesentlich hhere Schden entstehen knnen, ein verschwindend geringer Betrag. Bercksichtigt man weiter, dass vom Stammkapital auch noch die Grndungskosten abgehen, und dass
ein gewerbsmig ttiger Verwalter regelmig nicht nur
ein Objekt, sondern mehrere verwaltet, ist die fr eine
eventuelle Haftung zur Verfgung stehende Summe ersichtlich nicht ausreichend, um die Verwalterbestellung
noch als ordnungsgemer Verwaltung entsprechend qualifizieren zu knnen, denn die Inanspruchnahme des Verwalters auf Schadensersatz im Falle etwaiger Pflichtverletzungen liefe regelmig wirtschaftlich gesehen ins Leere.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) im Einzelfall auch
ein hheres Stammkapital aufweisen kann und insbesondere nach einigen Jahren, wenn sie ihrer Verpflichtung
zum Aufbau einer gesetzlichen Rcklage nach § 5 a Abs. 3
GmbHG nachgekommen ist, auch Unternehmergesellschaften, die mit niedrigem Stammkapital gegrndet wurden, ber eine grere Haftungsmasse verfgen knnen.
Realiter zeichnet sich die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) jedoch gerade dadurch aus, dass sie typischerweise ber eine niedrige Kapitalausstattung verfgt.
Den Verwalter einer Wohnungseigentmergemeinschaft
trifft als so genanntes Fremdorgan, das die Wohnungseigentmer im Rahmen seiner Vertretungsmacht nach auen unbeschrnkt und gesamtschuldnerisch (gemeint
wohl in Hhe der Quote nach § 10 Abs. 8 WEG gesamtschuldnerisch nur mit dem Verband!) verpflichten kann
(vgl. z. B. Staudinger/Bub, BGB, 13. Bearb., § 26 WEG
Rdn. 99), jedoch eine hohe Verantwortung. Gerade wegen
des fehlenden Schutzes durch ffentlich-rechtliche Vorschriften (die Ausbung des Verwalterberufes bedarf kei-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
ner Zulassung und keines Befhigungsnachweises) und der
wichtigen Funktion des Verwalters haben die Wohnungseigentmer bei der Auswahl in besonderem Mae sorgfltig vorzugehen. Einen Bewerber, dem die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfhigkeit und/oder der Wille, das
wirtschaftliche Risiko seiner Ttigkeit mglichst nicht persnlich tragen zu mssen, bereits „auf die Stirn geschrieben steht“, zum Verwalter zu bestellen, entspricht angesichts der damit einhergehenden erheblichen Gefahren fr
die Wohnungseigentmer regelmig nicht ordnungsgemer Verwaltung.
Die Kammer ist sich auch dessen bewusst, dass es auch natrliche oder juristische Personen als Bewerber um das
Verwalteramt gibt, um deren wirtschaftliche Leistungsfhigkeit es nicht zum Besten bestellt ist, ohne dass fr die
Ordnungsmigkeit der Verwalterbestellung natrlicher
oder juristischer Personen generell verlangt wird, dass ein
Nachweis ausreichender finanzieller Mittel vorliegt. . . .
Die Kammer hlt es wegen der geschilderten Gefahren, wegen des trotz des Grundrechts der Berufsfreiheit nicht zu
vernachlssigenden Schutzbedrfnisses aller Wohnungseigentmer und auch wegen der Bedeutung des Rechtsguts
Wohnung fr das Gemeinwesen jedoch nicht fr verantwortbar, zunchst abzuwarten, bis sich die bestehenden
Gefahren in der Realitt in Form von insolventen Immobilienverwaltungsgesellschaften und Wohnungseigentmern, fr deren Schden niemand haftbar gemacht werden kann, verwirklicht haben.
bb) Im vorliegenden Fall sprechen im brigen weitere
Umstnde gegen die Bestellung der gewhlten Verwalterin. Das Stammkapital von lediglich 500,… . … bei zeitgleicher Regelung, die Grndungskosten seien bis zu einem
Betrag von 300,… . von der Gesellschaft zu tragen … ist extrem gering. Die Gesellschaft ist erst etwa ein halbes Jahr
vor ihrer Bestellung zur Verwalterin gegrndet worden.
Bei dem Geschftsfhrer . . . handelt es sich aber nicht um
einen Existenzgrnder, fr die die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrnkt) in erster Linie geschaffen wurde. Er ist vielmehr eigenen Angaben zufolge bereits seit
fast 16 Jahren als Verwalter mehrerer Wohnanlagen ttig.
Grund dafr, dass er sich dazu entschieden hat, die zuvor
offensichtlich jahrelang in anderer Rechtsform gefhrte
Ttigkeit nunmehr als UG (haftungsbeschrnkt) mit einem
Stammkapital von lediglich 500,… . fortzufhren, drfte
mangelnde Verfgbarkeit hheren Kapitals und/oder der
Wille, seine Haftung zu beschrnken und damit das wirtschaftliche Risiko seiner Ttigkeit mglichst nicht tragen
zu mssen, gewesen sein. Eine bernahme der persnlichen Haftung hatte der Geschftsfhrer auch ausdrcklich
abgelehnt. Hinzu kommt, dass trotz des geringen Stammkapitals nach eigenen Angaben des Geschftsfhrers der
Verwalterin bereits mehr als sieben Wohnanwesen verwaltet werden (vgl. die vorgelegte Referenzliste).
Wasserschaden im Sondereigentum; Verwalterhaftung
34. BGB §§ 280 ff., 675:
Den WEG-Verwalter trifft kein Vorwurf, wenn er nach
einem gemeldeten Wasserschaden Reparaturen durch
Fachunternehmen organisiert.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Auf Erledigungsvermerke eines Hauswarts darf sich der
Verwalter grundstzlich verlassen, wenn die Manahme
(„Gartenschlauchprfung“) in sein Aufgabenfeld gehrt.
LG Lneburg, Beschluss vom 8.12.2011
9 S 16/11
Sachverhalt:
… s. AG Neustadt a. Rbg., ZMR 2011, 517 ….
Aus den Grnden:
Im Beschluss vom 3.11.2011 hie es bereits:
Die Klgerin vermag den Beklagten nicht mit Erfolg auf
Schadensersatz wegen Verletzung seiner Verwalterpflichten in Anspruch zu nehmen.
Hinsichtlich des Schadens vom 2.1.2008 hat der Beklagte
seine Verwalterpflichten nicht schuldhaft verletzt, ihm ist
der Schaden erstmals unter dem Datum des 2.1.2008 angezeigt worden, so dass er vorab nicht reagieren konnte.
Zum Zeitpunkt des zweiten Wassereintritts am 22.6.2008
hatte der Beklagte bereits alles aus seiner Sicht Erforderliche getan, weitere Schden zu vermeiden. Die Wartungsarbeiten der Firma M. vom 22.5.2008 waren insoweit abgeschlossen, dass diese nicht zureichen wrden, war nicht ersichtlich. Ob hier zustzlich noch im Rahmen der berwachung entsprechender Manahmen ein Dichtigkeitstest
erfolgen musste, kann dahinstehen. Denn soweit der Ehemann der Klgerin am 23.5.2008 einen auch architektenseits fr sinnvoll erachteten Dichtigkeitstest erbat, hat der
Beklagte dem durch Einschaltung des Hausmeisters ausreichend Rechnung getragen. Darauf, ob dieser Test tatschlich durchgefhrt wurde, kommt es aus Sicht der Kammer
nicht an. Insoweit durfte sich die beklagte Hausverwaltung
auf den handschriftlichen Erledigungsvermerk des Hausmeisters verlassen. Soweit die Klgerin eingewandt hat,
dieser Vermerk sei missverstndlich, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Nach dem an den Hausmeister weitergeleiteten Schreiben vom 5.6.2008 hatte dieser u. a. gerade die Aufgabe, die „Gartenschlauchprfung“ zu bernehmen. Der Erledigungsvermerk konnte aus Sicht der Beklagten als Empfngerin dieser Nachricht daher nur so zu
verstehen sein, dass alle im Schreiben vom 5.6.2008 angefhrten Arbeiten ausgefhrt wurden. Eine berwachungspflicht dahin, der „Gartenschlauchprfung“ beizuwohnen,
bestand ebenso wenig, wie eine Kontrollpflicht, ob eine
Prfung tatschlich vorgenommen worden war. Beides
htte die Pflichten der Verwaltung berspannt. Die Verwaltung durfte diese Aufgabe dem Hausmeister bertragen
und nach Erhalt des Erledigungsvermerkes den Vorgang
zu den Akten legen.
Dem Beklagten ist insoweit auch insbesondere nicht vorzuwerfen, vor Einschaltung der Firma M. keinen (weiteren) Sachverstndigen eingeschaltet zu haben. Dass sich
die Undichtigkeiten nicht durch bloe Wartungsarbeiten
beheben lassen wrden, musste sich dem Beklagten nicht
etwa aufdrngen. Insoweit konnte er grundstzlich davon
ausgehen, dass eine Fachfirma darauf hinweisen wrde,
wenn die beauftragten Arbeiten nicht zielfhrend wren.
Dass nach dem Wassereinbruch vom 22.6.2008 weitergehende Schden eingetreten sind, ist klgerseitig nicht vorgetragen.
ZMR 2012, 393
Im brigen hlt auch die zweite tragende amtsgerichtliche
Begrndung, nach der zur Schadenshhe nicht ausreichend vorgetragen ist. Geht man von den zwei schadensrelevanten Wassereintritten aus, wre aus den o. g. Grnden
der erste Schaden vom 2.1.2008 nicht zu bercksichtigen.
Die Kammer vermag jedoch auch unter Bercksichtigung
des (erstmals zweitinstanzlich vorgenommenen) etwas
konkreteren Vorbringens zu den Schden vom 2.1.2008
anhand der Bilder vom 17.1.2008 selbst unter sachverstndiger Hilfe nicht festzustellen, inwieweit sich der zweite
Wassereinbruch vom 22.6.2008 schadensbegrndend bzw.
-verstrkend ausgewirkt hat. Den Bereich der betroffenen
Flchen hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete
Klgerin weder ausreichend dargetan noch hinreichend
unter Beweis gestellt. Letztlich kommt es jedoch darauf
aus den vorgenannten Grnden nicht allein an.
˜nderung des Kostenverteilerschlssels
35. WEG § 16 Abs. 3:
1. Wenn ein Verwalter sein Honorar nach Anzahl der
Einheiten zu bekommen hat, steht ihm bei Zusammenlegung von Einheiten insgesamt ein entsprechend niedrigeres Honorar zu.
2. Die ˜nderung der internen Kostenverteilung fr die
Verwaltergebhr von Einheiten auf Miteigentumsanteile kann bei einzelnen groen Einheiten gegen den
Grundsatz ordnungsmiger Verwaltung verstoen.
LG Lneburg, Urteil vom 10.1.2012
5 S 61/11
Leitstze der Redaktion
Sachverhalt:
Die Klgerin begehrt den Beschluss der Wohnungseigentmergemeinschaft vom 27.3.2011 zu TOP 3 (Verwalterentlastung) sowie den Beschluss
zu TOP 5, soweit die ˜nderung des Kostenverteilungsschlssels fr die Verwaltergebhren von Einheiten auf Miteigentumsanteile beschlossen wurde,
fr ungltig zu erklren.
Aus den Grnden:
Die zu TOP 5 beschlossene ˜nderung des Kostenverteilungsschlssels hinsichtlich der Verwaltergebhren von
Einheiten auf Miteigentumsanteile widerspricht ordnungsgemer Verwaltung.
Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundstzen einer
ordnungsgemen Verwaltung entspricht, ist zu bercksichtigen, dass den Wohnungseigentmern bei ˜nderungen des Umlageschlssels nach § 16 Abs. 3 WEG auf
Grund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingerumt ist (BGH, Urteil vom 1.4.2011
… V ZR 162/10 …, ZMR 2011, 652). Die Wohnungseigentmer drfen danach jeden Mastab whlen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentmer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner fhrt
(BGH, ZMR 2011, 652). Dabei drfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlssels nicht zu
strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede ˜nderung des Verteilungsmastabes zwangslufig auf die
Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentmers auswirkt.
ZMR 2012, 394
Gemessen daran kann die Umstellung des Verteilerschlssels von Einheiten auf Miteigentumsanteile keinen Bestand haben. Die ˜nderung fhrt zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner. Die Klgerin msste bei einer Abrechnung nach Miteigentumsanteilen doppelt so
viel zahlen wie bei der Abrechnung nach Einheiten. Diese
Benachteiligung der Klgerin ist ungerechtfertigt. Es ist
kein Grund fr eine solche Benachteiligung ersichtlich.
Dagegen spricht vielmehr schon, dass auch der Verwalter
nach Einheiten abrechnet.
Auch der Beschluss zu TOP 3 war fr ungltig zu erklren.
Einer Entlastung des Verwalters fr das Jahr 2010 steht
entgegen, dass Rckforderungsansprche gegen den Verwalter bestehen. Dieser hat nach 46 Einheiten abgerechnet, htte aber nur nach 45 Einheiten abrechnen drfen,
da es nur 45 Einheiten sind. Zu dieser Reduzierung der
Einheiten von 46 auf 45 kam es durch die Zusammenlegung zweier Einheiten durch die Klgerin. Im Falle der Zusammenlegung zweier Einheiten kann der Verwalter die
Vergtung nur fr eine Einheit verlangen (vgl. Brmann/
Pick, WEG, 19. Aufl., § 26 Rdn. 32).
Einsender: Rechtsanwalt Dr. Andreas Brinkmann, Hannover
Anmerkung:
In seiner Entscheidung vom 1.4.2011 … V ZR 162/10 … hat
der BGH klargestellt, dass den Wohnungseigentmern bei
der ˜nderung eines Umlageschlssels nach § 16 Abs. 3
WEG ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Danach
entsprechen Beschlsse ber die Kostenverteilung ordnungsgemer Verwaltung, wenn sowohl das „Ob“ als
auch das „Wie“ der ˜nderung nicht willkrlich sind. Was
unter dem Begriff der „Willkr“ in diesem Sinne praktisch
zu verstehen ist, hat der BGH in dieser Entscheidung
nicht weiter konkretisiert. Dazu verhlt sich die insoweit
bedeutsame Entscheidung des LG. Dass eine Verdopplung
der Kostenlast einer Eigentmerin (hier der Klgerin) nach
˜nderung des Verteilungsschlssels zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung fhrt und daher „willkrlich“ im
Sinne der Rechtsprechung des BGH sein soll, lsst sich
ohne Weiteres annehmen. Konkret ergab sich fr die
Wohnungseigentmerin nach der Zusammenlegung ihrer
beiden Wohneinheiten sogar eine Kostenmehrbelastung
von ber 200 % durch die beschlossene Abrechnung der
Verwaltervergtung nach Miteigentumsanteilen anstelle
einer Verteilung dieser Kosten nach der Anzahl der Einheiten. Tritt durch ˜nderung des Umlageschlssels eine
solche Kostenmehrbelastung ein, lsst sich ein solcher Beschluss sachlich nicht mehr rechtfertigen. Allein dies gengte schon, den angefochtenen Beschluss fr ungltig zu
erklren. Deswegen musste das LG in den Entscheidungsgrnden zu einem weiteren interessanten Aspekt keine
Stellung nehmen: bis zum Jahre 2008 wurden die Verwalterkosten in der Anlage nmlich nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Da dies als unbillig empfunden
wurde, beschlossen die Wohnungseigentmer damals, diese Kosten … was ja auch gngiger Praxis entspricht … knftig nach Einheiten zu verteilen. Dabei lieen sie allerdings
unbercksichtigt, dass es in der Anlage tatschlich nicht
46 Einheiten, sondern (nach der Zusammenlegung zweier
Einheiten) nur 45 Einheiten gab. Nachdem die Klgerin
den Beschluss aus dem Jahr 2008 zur Kostenverteilung
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
nach 46 Einheiten erfolgreich angefochten hatte und diese
Entscheidung im Jahre 2009 rechtskrftig wurde, entschied
die Eigentmerversammlung im Jahr 2010, wieder zu dem
vorigen Schlssel nach Miteigentumsanteilen zurckzukehren. Nach Ansicht der Klgerin lag darin ein willkrliches
„Hin und Herspringen“ bei der Wahl des Umlageschlssels
fr die Verwaltergebhren. Ob und nach welchen Kriterien
ein Zweitbeschluss ber die Kostenverteilung nach bereits erfolgter erstmaliger ˜nderung des Umlageschlssels zulssig
gewesen wre, hat das Gericht in seiner Entscheidung nicht
behandelt. So blieb letztlich die Frage offen, ob ein solches
„Hin- und Herspringen“ bei der Kostenverteilung stets mglich ist oder ob ein gewisser zeitlicher Abstand zum Erstbeschluss oder weitere Grnde hinzutreten mssen, damit ein
Umlageschlssel erneut gendert werden kann, der an sich
ordnungsgemer Verwaltung entspricht.
Hervorzuheben ist an der Entscheidung zudem, dass das
LG angenommen hat, dass eine Reduzierung der Anzahl
der Wohneinheiten auch zu einer Reduzierung der Verwaltergebhren fhrt, wenn einzelne Einheiten zusammengelegt werden und im Verwaltervertrag (wie regelmig) eine Vergtung pro Einheit vereinbart ist. Dies hat
das LG zu Recht angenommen, weil der Verwalter durch
Vereinbarung eines Festpreises einer Redzierung seines
Honorars im Falle einer Verringerung der Anzahl der Einheiten Rechnung tragen kann.
Rechtsanwalt Dr. Andreas C. Brinkmann, LL.M.,
Hannover
Einrohrheizung; Verteilerschlssel; Abberufungsverlangen
36. HeizKV § 9 a; WEG §§ 10 Abs. 2 Satz 3, 16, 28:
1. Die Ablehnung (= Negativbeschluss) gegen eine Verurteilung ins Rechtsmittel zu gehen, ist nicht mit einem
positiven Zweit-Beschluss gleichzusetzen.
2. Ein Beschlussantrag ist zu unbestimmt, wenn er pauschal fr die Heizkostenabrechnung auf § 9 a HeizKV
verweist.
3. Trotz der §§ 2 und 3 HeizKV bedarf es einer Umsetzung durch Vereinbarung oder Beschluss, um abweichend vom Verteilerschlssel nach der Gemeinschaftsordnung gem Heizkostenverordnung innerhalb der
WE-Gemeinschaft abrechnen zu knnen.
4. Fhrt die Kostenverteilung nach der Gemeinschaftsordnung zu „vllig unbilligen Ergebnissen“, bestnde
ein Anspruch auf ˜nderung der Kostenverteilung fr
die Zukunft.
5. Die Einzelabrechnungen sind aus der Gesamtjahresabrechnung abzuleiten.
6. Ein Wirtschaftsplan darf nicht fr ein abgelaufenes
Jahr beschlossen werden. Ausnahme: Position „Rcklagen“.
7. Bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ besteht
kein Zwang zur Abberufung des Verwalters.
LG Mnchen I, Urteil vom 14.11.2011
1 S 4681/11
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Aus den Grnden:
1. Die vier Berufungsfhrer und Beklagten waren auf
Grund des in der Eigentmergemeinschaft vom 3.3.2011
zu TOP 3 gefassten Beschluss, mit dem der Antrag, gegen
das Urteil des AG Mnchen vom 4.2.2011 … 481 C 1082/
10 WEG … Berufung einzulegen, mehrheitlich abgelehnt
wurde, nicht daran gehindert, auf eigenes Risiko und eigene Kosten Berufung gegen das Urteil einzulegen. Sie sind
vom Klger zusammen mit den brigen Eigentmern der
WEG A.-str. 6 verklagt worden. Soweit der Klage mit Urteil des AG Mnchen vom 4.2.2011 stattgegeben und den
Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden,
sind die Berufungsfhrer durch das erstinstanzliche Urteil
daher beschwert. Den Berufungsfhrern fehlt auch nicht
das Rechtsschutzinteresse an der Durchfhrung des
Rechtsmittels. Dies knnte allenfalls dann der Fall sein,
wenn die Eigentmer einen mit dem Urteilstenor inhaltsgleichen positiven Beschluss bestandskrftig gefasst htten. Denn dann wren die Berufungsfhrer selbst bei einer
Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht an die dort festgesetzten Rechtsfolgen auf
Grund der inhaltsgleichen Beschlussfassung gebunden.
Ein derart weitreichender Wille kann jedoch der bloen
Ablehnung des Antrags, gegen das erstinstanzliche Urteil
Berufung einzulegen, nicht entnommen werden, da die
Ablehnung beispielsweise auch allein aus Kostengrnden
erfolgt sein kann.
2. Die in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 gefassten Beschlsse zu TOP 2 b, zu TOP 6 bezglich der
Genehmigung der Gesamt- und Einzelwirtschaftsplne fr
die Jahre 2010 und 2011, zu TOP 8.1, zu TOP 8.b sowie
zu TOP 8.c entsprachen ordnungsgemer Verwaltung.
a. Der vom Klger zu TOP 2 b in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 gestellte Beschlussantrag war zu
unbestimmt, so dass es schon aus diesem Grunde ordnungsgemer Verwaltung i. S. des § 21 Abs. 3 WEG entsprach, dass der Antrag mehrheitlich abgelehnt wurde.
Der Antrag lautete:
„Der Miteigentmer S. stellt den Antrag, dass korrekte
Heizkostenabrechnungen, in denen die Heizkosten nach
Magabe der Heizkostenverordnung (§ 9 a) verteilt werden, erstellt werden . . .“. Denn § 9 a HeizKV sieht grundstzlich verschiedene Mglichkeiten zur Verteilung der
Heizkosten vor. . . . Aus dem vom Klger gestellten Antrag
geht indes nicht hervor, welcher der in § 9 a HeizKV genannten Verteilungsschlssel auf die Heizkosten angewandt werden soll und wie diese konkret auf die einzelnen
Eigentmer verteilt werden sollen. Des Weiteren ergibt
sich aus dem Antrag nicht eindeutig, ob dieser nur die
Heizkostenverteilung fr bereits abgelaufene Wirtschaftsjahre betrifft oder ob (auch) eine ˜nderung des Verteilungsschlssels fr zuknftige Jahre bezweckt wird.
Damit htte aber ein Beschluss mit dem vom Klger zu
TOP 2 b der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 zur
Abstimmung gestellten Wortlaut nicht den Grundstzen
ordnungsgemer Verwaltung gengt. Denn der Inhalt eines Beschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlsse gebunden
ist, klar und bestimmt oder zumindest bestimmbar sein,
andernfalls ist er nichtig (Brmann, 11. Aufl., § 23 WEG
Rdn. 51 und 148; Spielbauer/Then, § 23 WEG Rdn. 31).
ZMR 2012, 395
Umstnde auerhalb des protokollierten Beschlusses knnen nur bercksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhltnissen des Einzelfalls fr jedermann ohne
Weiteres erkennbar sind (Spielbauer/Then, § 23 WEG
Rdn. 26; Brmann, 11. Aufl., § 23 WEG Rdn. 53). Unerheblich, weil aus dem von ihm gestellten Antrag nicht ersichtlich, ist, dass der Klger, wie aus seinem schriftstzlichen
Vortrag hervorgeht, eine Verteilung der Heizkosten nach
§ 9 a Abs. 2 HeizKV erreichen wollte und nicht nach § 9 a
Abs.1 HeizKV. Letztlich wre aber auch ein Antrag auf
Verteilung der Heizkosten nach § 9 a Abs. 2 HeizKV inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, nachdem auch nach
dieser Vorschrift mehrere Verteilungsschlssel in Betracht
kommen.
b. Der Beschluss zu TOP 6 vom 20.8.2010, betreffend die
Genehmigung des Gesamtwirtschaftsplanes sowie der zugehrigen Einzelwirtschaftsplne fr 2010 und die Beibehaltung dieser Wirtschaftsplne mit den darin ausgewiesenen Wohngeldvorauszahlungen auch im Jahr 2011 war
rechtmig.
aa. Es hindert auch die Tatsache, dass fr die vergangenen
Jahre keine wirksame Beschlussfassung ber eine Jahresabrechnung vorliegt, die Eigentmer nicht an einer Beschlussfassung ber einen Wirtschaftsplan fr noch nicht
abgeschlossene Wirtschaftsjahre. Andernfalls knnten seitens der Gemeinschaft von den einzelnen Eigentmern
nmlich keine Wohngelder eingefordert und die laufenden Verbindlichkeiten nicht bedient werden.
bb. Zwar hat die Verteilung der Kosten im Wirtschaftsplan grundstzlich nach dem jeweils mageblichen Kostenverteilungsschlssel zu erfolgen. Dass die beschlossenen Wirtschaftsplne fr 2010 und 2011 hinsichtlich der
Verteilung insbesondere der Heizkosten fehlerhaft wren,
weil sie nicht den mageblichen Kostenverteilungsschlssel zugrunde legen, ist jedoch nicht ersichtlich. Wie sich
aus dem Wirtschaftsplan 2010 ergibt, wurden die darin
eingestellten Gesamtheizkosten nach dem Vorjahresverbrauch geschtzt und die Verteilung auf die einzelnen Eigentmer in etwa nach der von der Firma B. fr das Vorjahr erstellten Heizkostenabrechnung, der wiederum eine
Aufteilung der Heizkosten zu 70 % nach dem gemessenen
Verbrauch und zu 30 % nach Wohnflche zugrunde lag,
vorgenommen. Dies entspricht demnach der Teilungserklrung vom 22.9.1997 mageblichen Verteilungsschlssel
und ist nicht zu beanstanden, zumal die Heizkosten sowohl in der Gesamthhe und im Falle einer verbrauchsabhngigen Verteilung auch im Verhltnis der Miteigentmer untereinander stark schwanken knnen und auch
aus diesem Grund eine grozgige Handhabung bei der
Schtzung zulssig ist. Die Jahresabrechnung wird durch
eine solche Handhabung nicht prjudiziert.
cc. Demgegenber kann der Klger nicht erfolgreich einwenden, die Heizkosten htten hier gem § 9 a Abs. 2
HeizKV i. V. m. §§ 7 Abs.1 Satz 5, 8 Abs.1 HeizKV nach
dem Verhltnis der Wohn- oder Nutzflchen oder des umbauten Raumes auf die einzelnen Eigentmer verteilt werden mssen. Denn die Voraussetzungen fr eine Anwendung des § 9 a HeizKV und die Verteilung der Heizkosten
nach dieser Vorschrift sind vorliegend nicht gegeben.
Daran ndert auch die Entscheidung des AG Mnchen
vom 15.7.2008 … 481 UR II 947/06 … nichts, da diese einen
ZMR 2012, 396
anderen Streitgegenstand betraf. Die Frage, ob die Heizkostenabrechnung der Eigentmergemeinschaft nach § 9 a
HeizKV erfolgen muss, war hingegen nicht Gegenstand
des dortigen Verfahrens bzw. allenfalls eine rechtliche Vorfrage, deren Beurteilung durch das Gericht jedoch nicht in
Rechtskraft erwchst.
Auszugehen ist auch im vorliegenden Fall davon, dass die
Abrechnung solange nach dem gesetzlichen, dem in der
Gemeinschaftsordnung festgelegten bzw. dem von den Eigentmern gem § 16 Abs. 3 WEG beschlossenen Verteilungsschlssel zu erfolgen hat, bis dieser Schlssel wirksam abgendert wird (BayObLG, NZM 1999, 908; 2001,
754; OLG Karlsruhe, WuM 2001, 458). Dies wrde selbst
dann gelten, wenn der in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene Verteilungsschlssel nicht mit der Heizkostenverordnung bereinstimmt, da auch in diesem Fall die Gemeinschaftsordnung nicht nichtig wre (OLG Karlsruhe,
WuM 2001, 458; OLG Mnchen vom 6.6.2005 … 32 Wx
59/05 …). Die Heizkostenverordnung ist deshalb trotz der
Vorschriften der §§ 2,3 HeizKV auf die Verteilung der der
Heizkosten in einer Wohnungseigentmergemeinschaft
erst dann anwendbar, wenn die Wohnungseigentmer eine dahingehende Vereinbarung geschlossen oder einen dahingehenden Beschluss gem § 16 Abs. 3 WEG gefasst haben (Riecke/Schmid, Kommentar zum WEG, 3. Aufl., § 3
HeizKV Rdn.1).
Es fehlte bereits an einem schlssigen Vortrag zum anzuwendenden Verteilungsschlssel und zur Anwendbarkeit
der Heizkostenverordnung. Dieser Punkt konnte von den
Parteien auch nicht unstreitig gestellt werden, weil es sich
bei der Anwendbarkeit der Heizkostenverordnung nicht
um eine Tatsache, sondern um eine Rechtsfrage handelt,
die vom Gericht anhand der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen zu beurteilen ist. Der Inhalt der Teilungserklrung samt verschiedener Nachtrge war bei der Entscheidung zu bercksichtigen.
In Ziffer III b) aa) der Teilungserklrung vom 22.9.1997 ist
geregelt, dass die Kosten der Beheizung und der Warmwasserversorgung zu 30 % von den Eigentmern nach der
beheizbaren Flche und zu 70 % nach dem Verbrauch getragen werden, wobei die Verbrauchsregistrierung durch
Wrme- und Warmwassermesser, die von der mit der Abrechnung beauftragten Firma montiert, justiert und abgelesen werden, erfolgt.
Damit sind vorliegend die Heiz- und Warmwasserkosten
grundstzlich zu 30 % nach der beheizbaren Flche und
zu 70 % nach dem mittels der installierten Zhler gemessenen Verbrauch umzulegen. Das ist auch mglich, weil die
installierten elektronischen Verbrauchserfassungsgerte
tatschlich Daten liefern. Es wurde zudem von keiner Partei behauptet, dass die installierten elektronischen Verbrauchserfassungsgerte ausgefallen oder technisch defekt
wren. Vielmehr ist unstreitig, dass die Gerte den ber
die in den Wohnungen befindlichen Heizkrper abgenommenen Wrmeverbrauch ordnungsgem erfassen.
Wie sich aus dem Gutachten des Sachverstndigen Dipl.Ing. (FH) Sch. vom 1.2.2008 ergibt, sind die eingesetzten
Verbrauchserfassungsgerte insbesondere fr die vorliegende Anwendung zugelassen. Der Klger wendet hier
auch lediglich ein, bei der hier vorhandenen Einrohrheizung werde Wrme in die Wohnungen nicht allein ber
die Heizkrper sondern zu einem nicht unerheblichen
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Teil auch ber die im Boden verlegte Ringleitung abgegeben, wobei die letztgenannte Wrmezufuhr ber die Ringleitung durch die vorhandenen elektronischen Verbrauchserfassungsgerte nicht bercksichtigt werde. Dies
ndert jedoch nichts daran, dass der von den Eigentmern
vereinbarte Verteilungsschlssel weiterhin bis zu einer etwaigen abweichenden Vereinbarung oder Beschlussfassung anzuwenden ist. Fr die Anwendung des § 9 a
HeizKV ist daher kein Raum, ein Fall der nicht ordnungsgemen Verbrauchserfassung im Sinne dieser Vorschrift
liegt hier gerade nicht vor.
Dem Klger knnte daher allenfalls dann, wenn eine Verteilung der Heizkosten nach dem in der Teilungserklrung
vereinbarten Schlssel zu vllig unbilligen Ergebnissen
fhren wrde, ein Anspruch auf Abnderung des bestehenden Verteilungsschlssels zustehen. Eine solche Abnderung knnte dann aber erst ab einer entsprechenden Beschlussfassung durch die Eigentmergemeinschaft fr die
Zukunft wirken.
c. Aus den vorstehenden Ausfhrungen folgt, dass die
mehrheitliche Ablehnung der vom Klger in der Eigentmerversammlung gestellten Antrge zu TOP 8.1 (Erstellung der Jahresabrechnungen 2004 bis 2009 auf der
Grundlage jeweiliger Heizkostenabrechnungen, in denen
die Heizkosten nach Magabe der Heizkostenverordnung
unter den Eigentmern verteilt werden [Kostenverteilung
bei nicht ordnungsgemer Verbrauchserfassung]), 8.b
(Erstellung eines Wirtschaftsplanes fr das Kalenderjahr
2010 auf der Grundlage der Jahresabrechnung 2009. Im
Rahmen der Jahresabrechnung 2009 sind die Heizkosten
nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung zu verteilen, weil die Verbrauchserfassungsgerte den tatschlichen Verbrauch nicht erfasst haben) und 8.c (Erstellung
eines Wirtschaftsplanes fr das Kalenderjahr 2011 auf der
Grundlage der Jahresabrechnung 2010. Im Rahmen der
Jahresabrechnung 2010 sind die Heizkosten nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung zu verteilen, weil die
Verbrauchserfassungsgerte den tatschlichen Verbrauch
nicht erfasst haben) rechtmig war.
Eins Beschlussfassung mit dem vom Klger beantragten
Inhalt htte schon mangels hinreichender Bestimmtheit
nicht den Grundstzen ordnungsgemer Verwaltung entsprochen. Selbst wenn man die Antrge dahingehend auslegt, dass hier eine Verteilung der Heizkosten in den Jahresabrechnungen bzw. den Wirtschafsplnen nach § 9 a
HeizKV erfolgen soll, ergibt sich aus den Antrgen wiederum nicht, welcher der nach § 9 a HeizKV mglicher Verteilungsschlssel konkret angewandt werden soll.
Darber hinaus liegen die Voraussetzungen fr eine Anwendung des § 9 a HeizKV nach Auffassung der Kammer
nicht vor.
3. Nachdem die mehrheitliche Ablehnung der vom Klger in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 zu
TOP 2 b, TOP 8.1 beantragten Beschlussfassung ordnungsgemer Verwaltung entsprach, bestand kein Anspruch
des Klgers auf eine entsprechende Beschlussfassung.
Ebenso wenig besteht ein Anspruch des Klgers auf eine
Beschlussfassung der Eigentmer mit dem Inhalt, die
Hausverwaltung anzuweisen, fr 2011 einen Wirtschaftsplan auf der Grundlage der Jahresabrechnung 2010 zu er-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
stellen unter Bercksichtigung von § 9 a i. V. m. § 7
HeizKV.
4. Nicht ordnungsgemer Verwaltung entsprach hingegen der in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010
unter TOP 5 gefasste Beschluss ber die Genehmigung der
Gesamtabrechnung sowie der Einzelabrechnungen 2009
soweit es die in den Einzelabrechnungen enthaltene Position „Heizkosten/WW/KW“ betrifft. Gleiches gilt fr den
in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 zu TOP 6
gefassten Beschluss ber die Genehmigung des Gesamtwirtschaftsplanes einschlielich der zugehrigen Einzelwirtschafsplne fr 2009 allerdings mit Ausnahme der dort
enthaltenen Position „Rcklagen“ wendet.
b. Die Beschlussfassung ber die Genehmigung der Gesamtjahresabrechnung 2009 sowie der Einzelabrechnungen 2009 war bezglich der dort enthaltenen Position
„Heizkosten/WW/KW“ fehlerhaft, weil von der Genehmigung die Einzelheizkostenabrechnungen des Klgers sowie
des weiteren Miteigentmers H. ausgenommen worden
sind. Die Jahresabrechnung muss nmlich eine geordnete
und bersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung
smtlicher Einnahmen und Ausgaben des betreffenden
Wirtschaftsjahres enthalten (Brmann, 11. Aufl., § 28 WEG
Rdn. 67). Dabei sind die jeweiligen Einzelabrechnungen
aus der Gesamtabrechnung abzuleiten, indem nach Magabe des Kostenverteilungsschlssels der auf den einzelnen Eigentmer entfallende Anteil an den Gesamtausgaben festgestellt wird (Brmann, 11. Aufl., § 28 WEG
Rdn. 85). Die in der Gesamtabrechnung enthaltenen Kosten mssen somit in den Einzelabrechnungen vollstndig
auf die Eigentmer verteilt werden. Dies ist hier jedoch
nicht geschehen, weil die Kosten fr Heizung, Warmwasser und Kaltwasser, die nach der von der Firma B. erstellten Abrechnung eigentlich auf den Klger und den Eigentmer H. entfallen wrden, von der Beschlussfassung ausgenommen wurden, so dass die Summe der in den beschlossenen Einzelabrechnung unter der Position „Heizkosten/WW/KW“ aufgefhrten Betrge nicht mit dem in
der Gesamtabrechnung unter dieser Position aufgefhrten
Betrag bereinstimmt. Es verbleibt vielmehr ein Differenzbetrag bei dem nach der erfolgten Beschlussfassung nicht
klar ist, wie und von wem er letztlich aufzubringen ist. Damit sind die beschlossenen Jahreseinzelabrechnungen
2009 in der Position „Heizkosten/WW/KW“ falsch und
waren aufzuheben. Im brigen ergeben sich jedoch keine
Anhaltspunkte fr Fehler in der beschlossenen Jahresgesamtabrechnung 2009 sowie den Einzelabrechnungen
2009.
c. Die Mitglieder der Eigentmergemeinschaft waren des
Weiteren nicht berechtigt, am 20.8.2010 noch einen Wirtschaftsplan fr das bereits abgelaufene Wirtschafsjahr
2009 aufzustellen.
Nach Ablauf des Wirtschafsjahres knnen die tatschlichen Einnahmen und Ausgaben nmlich nur noch in der
Jahresabrechnung verteilt werden, weil eine Vorausplanung mittels Wirtschaftsplan sinnlos ist, wenn die tatschlichen Einnahmen und Ausgaben feststehen und das zu
planende Wirtschafsjahr bereits abgeschlossen ist (Brmann, 11. Aufl., § 28 WEG Rdn.13).
Einzige Ausnahme hiervon bilden die Zahlungen der Eigentmer auf die Instandhaltungsrcklage. Fr die Zahlun-
ZMR 2012, 397
gen schafft der Wirtschaftsplan die erforderliche Anspruchs- und Rechtsgrundlage, damit die Zahlungen gefordert werden und bei der Eigentmergemeinschaft verbleiben knnen. Ohne den Wirtschaftsplanbeschluss mssten
die Zahlungen fr die Instandhaltungsrcklage ber die
Jahresabrechnung wieder an die Eigentmer zurckbezahlt werden, da diesen Einnahmen keine Ausgaben im
Wirtschaftsjahr gegenberstehen. Die Jahresabrechnung
enthlt daher auch lediglich eine Darstellung zur Entwicklung der Instandhaltungsrcklage, begrndet insoweit aber
keine eigenstndigen Zahlungspflichten (vgl. Brmann,
11. Aufl., § 28 WEG Rdn. 72). Soweit der Wirtschaftsplan
2009 eine Position „Rcklagen“ enthlt, war folglich eine
Beschlussfassung hierber neben der Beschlussfassung
ber die Jahresabrechnung 2009 erforderlich und entsprach dies ordnungsgemer Verwaltung. Die Position
„Rcklagen“ war deshalb von der Ungltigerklrung der
Beschlussfassung ber die Genehmigung des Wirtschafsplanes 2009 auszunehmen.
III. Die mehrheitliche Ablehnung des vom Klger in der
Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 zu TOP 8.3 gestellten Antrags, die aktuelle Hausverwaltung mit sofortiger Wirkung abzuberufen und den Verwaltervertrag aus
wichtigem Grund zu kndigen, ist frei von Ermessensfehlern und entsprach daher ordnungsgemer Verwaltung
i. S. des § 21 Abs. 3 WEG. Demzufolge hat der Klger auch
keinen Anspruch gem § 21 Abs. 4 WEG darauf, dass die
Eigentmer einen Beschluss zur Abberufung des Verwalters und Kndigung des Verwaltervertrags fassen.
Es sind die Eigentmer, wenn ein wichtiger Grund zur Abberufung des Verwalters vorliegt, nicht zwangslufig auch
dazu verpflichtet, den Verwalter abzuberufen. Vielmehr
steht ihnen grundstzlich ein Beurteilungsspielraum zu,
ob sie im Hinblick auf die bisherigen Leistungen des Verwalters und das Risiko einer Neubestellung von einer Abberufung absehen. Ein einzelner Wohnungseigentmer
kann die Abberufung des Verwalters daher nur verlangen,
wenn die Nichtabberufung nicht mehr vertretbar erscheint
(Brmann, 11. Aufl., § 26 WEG Rdn. 226). Letzteres ist hier
jedoch unter Abwgung smtlicher Gesichtspunkte nicht
der Fall.
Der Klger sttzt sein Verlangen auf Abberufung der Verwaltung darauf, dass diese ihrer Verpflichtung korrekte Abrechnungen zu erstellen, seit 2004 nicht nachgekommen
sei. Nach dem zuvor Gesagten kann es hierbei allein auf
den Zeitraum seit 29.7.2009 ankommen, weil etwaige davor liegende Versumnisse bei der Beschlussfassung ber
die Neubestellung der Verwaltung bereits bekannt waren.
Aus dem Vortrag des Klgers ergab sich allerdings schon
nicht hinreichend deutlich, ob die Verwaltung hier berhaupt keine Abrechnungen erstellt oder diese … nach Ansicht des Klgers … lediglich fehlerhaft erstellt hat. Zweifel
daran, dass die Verwaltung keinerlei Jahresabrechnungen
seit 2004 gestellt hat, begrndeten zudem die protokollierten Antrge des Klgers in der Eigentmerversammlung
vom 20.8.2010 zu TOP 8.1 und TOP 8.2, die dahin gingen, die Jahresabrechnungen 2004 bis 2009 bzw. 2005 bis
2009 neu bzw. erstmalig zu erstellen. Eine Neuerstellung
ist nmlich nur mglich, wenn bereits eine Abrechnung
vorliegt. Die Jahresabrechnungen 2006 bis 2008 seien … so
Beklagte … zwar erstellt und den Eigentmern vorgelegt
worden, es wurden aber keine gltigen Beschlsse hierber
ZMR 2012, 398
gefasst, weil diese jeweils erfolgreich angefochten worden
seien. . . . ber die Jahresabrechnung 2009 ist schlielich
in der Eigentmerversammlung vom 20.8.2010 abgestimmt worden. Nachdem somit von der Verwaltung Abrechnungen seit 2004 grundstzlich erstellt wurden, ber
die berwiegend zudem auch abgestimmt wurde, kann ihr
eine derart gravierende Pflichtverletzung, die eine Nichtabberufung als nicht mehr vertretbar erscheinen lassen
wrde, nicht vorgeworfen werden. Die bloe Tatsache,
dass Abrechnungen inhaltliche Fehler aufwiesen und auf
die Anfechtungsklage einzelner Eigentmer hin aufgehoben wurden, begrndet fr sich im Allgemeinen noch keinen Grund fr eine Abberufung der Verwaltung. Soweit
ber erstellte Abrechnungen keine Beschlussfassung erfolgt ist, kann der Fehler nicht allein bei dem Verwalter gesehen werden, sondern liegt auch bei den Eigentmern,
die eine entsprechende Abstimmung ja htten beantragen
knnen. . . .
Der Klger kann sein Abberufungsverlangen des Weiteren
nicht darauf sttzten, dass der Verwalter in der mndlichen Verhandlung gesagt habe, er mchte erst dann wieder ttig werden und Abrechnungen erstellen, wenn ein
Gericht ihm sage, wie richtig abzurechnen sei. Denn die
Abstimmung in der Eigentmerversammlung vom
20.8.2010 ber den Antrag des Klgers auf Abberufung der
Verwaltung folgte vor diesem Zeitpunkt, die erst spter erfolgte Aussage des Verwalters konnte hierbei deshalb keine
Rolle spielen. Da eine Vorbefassung der Eigentmerversammlung zu diesem Gesichtspunkt somit noch nicht
stattgefunden hat, kann auch eine Verurteilung der Eigentmer, dem vom Klger gestellten Antrag auf Abberufung
der Verwaltung zuzustimmen, hierauf nicht gesttzt werden.
Einsender: Norbert Deul, Pommelsbrunn
Anfechtungsklage des einzelnen Bruchteilseigentumsberechtigten; Richtige Beklagte
37. BGB § 1011; WEG §§ 46, 48 Abs.1:
Grundstzlich hat der einzelne Bruchteilseigentumsberechtigte am Wohnungseigentum das Recht, allein die
Gltigkeit von Beschlssen im Wege der Anfechtungsklage klren zu lassen. Die Berechtigung hierfr ist
§ 1011 BGB zu entnehmen und fhrt dazu, dass der alleine klagende Miteigentmer gesetzlicher Prozessstandschafter der anderen Bruchteilseigentumsberechtigten ist. Die brigen Bruchteilseigentumsberechtigten
sind durch den alleine klagenden Miteigentmer nicht
mitzuverklagen. Die Rechtskrafterstreckung auf sie
kann durch eine Beiladung analog § 48 Abs.1 Satz 1
WEG erreicht werden.
LG Mnchen I, Urteil vom 12.1.2012
36 S 6417/11
Sachverhalt:
Der Klger, der die Miteigentumsanteile an der streitgegenstndlichen
Wohnungseigentmergemeinschaft in Bruchteilsgemeinschaft mit seiner
Ehefrau hlt, hat alleine Beschlussanfechtungsklage erhoben. Dabei hat er
ausdrcklich erklrt, seine Ehefrau werde nicht als Beklagte benannt.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Aus den Grnden:
Klarzustellen ist, dass die hier zu beurteilende Anfechtungsklage ordnungsgem von Anfang an gegen die brigen Eigentmer gerichtet wurde. Damit stehen hier nicht
Probleme eines bergangs von einem Beklagten beispielsweise zu einer Beklagtenmehrheit inmitten, was in besonders gelagerten Konstellationen darber hinaus aber auch
hchstrichterlich als zulssig erachtet wurde. In der vom
Klger vor dem Schluss der mndlichen Verhandlung beigegebenen Eigentmerliste ist die Ehefrau enthalten. Auf
Grund dieser Sachlage ist hier vielmehr das Problem zu beurteilen, inwieweit sich die Erklrung des Klgers auswirkt,
die in der Eigentmerliste enthaltene Ehefrau sei nicht als
Beklagte anzusehen. Dieser Ansicht ist vom Klger auch
bis zum Schluss der entscheidenden mndlichen Verhandlung vor dem AG so aufrecht erhalten worden; sie stellt
sich letztendlich auch als zutreffend dar.
Das Berufungsgericht folgt nun nicht der Ansicht, dass die
Ehefrau des Klgers hier als Beklagte zu benennen gewesen wre. Dabei wird es von der herrschenden Meinung als
unstreitig betrachtet, dass der einzelne Bruchteilsberechtigte am Wohnungseigentum das Recht hat, die Gltigkeit
von Beschlssen im Wege der Anfechtungsklage gerichtlich klren zu lassen (OLG Frankfurt, ZMR 2007, 291
[293] = NZM 2007, 490; KG, ZMR 1993, 430 [432] =
NJW-RR 1994, 278 ff.; Klein, in: Brmann, WEG, 11. Aufl.,
§ 46 Rdn. 24; Becker, Die Anfechtungsklage des Mitberechtigten am Wohnungseigentum, ZWE 2011, 405 ff.). Da
nach weit berwiegender Ansicht diese Berechtigung dem
§ 1011 BGB entnommen wird (OLG Frankfurt, a. a. O.;
Suilmann, in: Jennien, WEG, 2. Aufl., § 46 Rdn. 25; Niedenfhr, in: Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG,
9. Aufl., § 46 Rdn. 8), muss man ebenso deutlich zu dem
Ergebnis gelangen, dass der alleine klagende Miteigentmer gesetzlicher Prozessstandschafter der anderen
Bruchteilseigentumsberechtigten ist (Bassenge, in: Palandt,
BGB, 71. Aufl., § 1011 Rdn. 4). Soweit die Beklagten unter
Verweis auf die ihrer Ansicht nach hier gegebene Anwendbarkeit des § 744 BGB geltend machen, der Klger drfe
keine gesetzliche Prozessstandschaft ausben, da § 744
Abs.1 BGB vorsehe, dass bei der hier gegebenen Zustimmung der Ehefrau des Klgers die Verwaltung eben nur gemeinschaftlich erfolgen drfe, § 744 BGB mithin den
herrschender Meinung angenommenen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft hier verbiete, so trifft dies nach
Ansicht des Berufungsgerichts nicht zu. Die Bruchteilsgemeinschaft zwischen dem Klger und seiner Ehefrau besteht darin, den oder die entsprechenden Miteigentumsanteile an der streitgegenstndlichen Wohnungseigentmergemeinschaft zu halten. In diesem Fall sind die
§§ 1008 ff. BGB neben den §§ 741 ff. BGB vorrangig anzuwenden (Sprau, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 741 Rdn.1).
Dies erklrt die stndige Anwendung des § 1011 BGB in
Fllen wie dem hier vorliegenden durch die Rechtsprechung. Aus diesem Grund ergeben sich auch keine ˜nderungen durch den Einwand der Beklagten, die hier vom
Berufungsgericht angefhrte Rechtsprechung sei samt und
sonders vor den weitreichenden ˜nderungen des WEG ergangen, und finde so keine Anwendung. Die hier gemachten Darlegungen stellen zwingende Annahmen aus der
sich aus dem BGB ergebenden Rechtslage dar, eine Rechtslage, fr die die ˜nderungen im WEG ohne Belang sind.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Die Annahme ber die Anwendbarkeit des § 1011 BGB
rechtfertigt sich daher unabhngig von den im WEG eingetretenen ˜nderungen.
Notwendige Folge hieraus ist aber, dass der klagebefugte
Mitberechtigte die Anfechtungsklage gem § 46 Abs.1
WEG nur gegen die brigen Wohnungseigentmer, nicht
aber gegen die brigen Mitberechtigten zu richten hat, deren Gestaltungsklagerecht er mit der Klage geltend macht,
die nicht klagenden Mitberechtigten werden selbst nicht
Partei des Rechtsstreits (Becker, a. a. O.). Vor diesem Hintergrund sind die Ausfhrungen des AG im angefochtenen
Endurteil ber die damit zusammenhngenden Probleme
der Rechtskrafterstreckung durchaus zutreffend und beachtlich. Es erscheint dem Berufungsgericht jenseits der
im Weiteren zu treffenden Annahmen allerdings bereits
fraglich, ob sich auf Grund dieser eintretenden Probleme
zwingend die Annahme ergibt, dass die vorhergehenden
Darlegungen nicht zutreffend wren und die nach herrschender Meinung angenommene Einzelklagebefugnis des
einzelnen Mitberechtigten in Prozessstandschaft fr die
brigen Mitberechtigten, ohne Weiteres ausscheidet.
berdies knnte eine Rechtskrafterstreckung jedenfalls fr
die Flle zu bejahen sein, in denen die anderen Rechtsinhaber der Prozessfhrung durch den Prozessstandschafter
zustimmen (abwgend Becker, a. a. O.). Dem AG ist aber
weiterhin darin beizupflichten, dass es die brigen Mitberechtigten durchaus nicht in der Hand haben drfen, mit
der Entscheidung ber ihre Zustimmung die Entscheidung ber die Rechtskrafterstreckung einer Beschlussmngelklage des WEG in der Hand zu haben. Diesem Problem
wird jedoch mit einer analogen Anwendung von § 48
Abs.1 WEG beizukommen sein. Das Berufungsgericht
folgt hier der sich im Schrifttum ausprgenden Ansicht darber, dass eine entsprechende Regelungslcke gegeben
ist, die durch eine entsprechende Anwendung des § 48
Abs.1 Satz 1 WEG zu schlieen ist (Becker, a. a. O.; Niedenfhr, a. a. O., Rdn.10). Soweit die Beklagten dem entgegentreten, trifft es zwar im Ansatz zu, dass § 48 Abs.1 WEG
verschiedene Flle einer mglichen Beiladung klar umreit. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann hieraus
aber nicht der Schluss gezogen werden, dass im Falle der
nicht ausdrcklich von § 48 Abs.1 WEG genannten Einzelklage eines Mitberechtigten am Wohnungseigentum
den brigen Mitberechtigten die Mglichkeit rechtlichen
Gehrs gerade versagt werden sollte. Es ist vielmehr davon
auszugehen, dass dieser besondere Fall vom Gesetzgeber
nicht mitbedacht wurde (so ausfhrlich mit nherer Erluterung des Gesetzgebungsverfahrens Becker, a. a. O.).
Die Annahme darber, dass die brigen Mitberechtigten
nicht als Beklagte im Rahmen der Anfechtungsklage durch
den einzeln klagenden Mitberechtigten als Beklagte zu benennen sind, ist aus der Annahme der gesetzlichen Prozessstandschaft heraus zwingend. Aus diesem Grund kann
der tragenden Erwgung des AG im angefochtenen Endurteil ber die Unbegrndetheit der Anfechtungsklage wegen Versumen der Klageerhebungsfrist des § 46 Abs.1
WEG nicht gefolgt werden. Obschon die Erwgung des
AG in dieser Hinsicht, wie ausgefhrt, durchaus beachtlich waren, hat das AG auf Grund dieser Ansicht … aus seiner Sicht konsequent … die Klage ohne jegliche weitere
Sachprfung abgewiesen. Es ist verwunderlich, dass die
Berufungsbegrndung den insgesamt bestrittenen klgeri-
ZMR 2012, 399
schen Sachvortrag als unstreitig bezeichnet und hauptschlich von der Mglichkeit einer eigenen Sachentscheidung fr das Berufungsgericht ausgeht. . . .
Einsender: Richter am LG Dr. Ulrich Steiner, Mnchen
Fassadensanierung; Kostenverteilung
38. WEG §§ 16 Abs. 4, 5, 21 Abs. 5; GG Art.14:
1. Auch wenn die Gemeinschaftsordnung das Objektprinzip beim Stimmrecht regelt, ist wegen § 16 Abs. 5
WEG die doppelt qualifizierte Mehrheit nach § 16
Abs. 4 WEG mit 75 % nach Kpfen und mehr als 50 %
nach Miteigentumsanteilen zu berechnen.
2. Die Sanierung der durch Korrosionsfortschritt auf
Grund eindringenden Tauwassers entstandenen Schden in der Tiefgarage stellen einen Einzelfall i. S. des
§ 16 Abs. 4 WEG dar.
3. § 16 Abs. 4 WEG ist verfassungsgem.
LG Stuttgart, Urteil vom 29.6.2011
10 S 19/10
Sachverhalt:
Am 2.3.2011 haben die Beklagten den Untersuchungsbericht des Dipl.-Ing.
K. vom 16.2.2011 vorgelegt. Danach belaufen sich die Sanierungskosten
nicht, wie ursprnglich angenommen, auf 5 100 000,… ., sondern auf ca.
2 600 000,… ..
Aus den Grnden:
Der angefochtene Beschluss der Eigentmergemeinschaft
zu TOP 2 b) der Eigentmerversammlung vom 19.6.2009
ist sowohl formell als auch materiell wirksam und war daher nicht fr ungltig zu erklren.
Mit dem streitgegenstndlichen Beschluss haben die Wohnungseigentmer eine Kostenregelung fr Instandhaltungsmanahmen am Gemeinschaftseigentum nach § 16
Abs. 4 WEG i. V. m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG getroffen, welche einerseits die Sanierung der Fassaden an den Hochbauten, andererseits die Sanierung der Tiefgarage betrifft.
Die Klger fechten den Beschluss hinsichtlich der Kostenverteilung fr die Instandhaltung der Tiefgarage an. Durch
den Beschluss wurden diese Kosten ausschlielich den
Tiefgaragenstellplatzeigentmern entsprechend ihrer jeweiligen diesbezglichen Anteile auferlegt.
1. Der Beschluss der Eigentmergemeinschaft zu TOP
2 b) der Eigentmerversammlung vom 19.6.2009 ist formell wirksam.
a) Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG liegen
vor.
aa. Nach dem in § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG verankerten
Kopfprinzip hat jeder Wohnungseigentmer eine Stimme.
Es bestimmt sich die Anzahl der nach § 16 Abs. 4 Satz 2
WEG Stimmberechtigten nach der Summe aller Wohnungseigentmer und Tiefgaragenstellplatzeigentmer.
Ob es sich hierbei insgesamt um 55 oder um 56 Eigentmer handelt, kann letztlich dahinstehen. Denn mit „Ja“
haben insgesamt 47 Eigentmer gestimmt, welche in jedem Fall einen Anteil von ber drei Vierteln ausmachen.
bb. Auch die Mehrheit aller Miteigentumsanteile ist erreicht. Die 47 Ja-Stimmen zu dem Beschluss der Eigent-
ZMR 2012, 400
mergemeinschaft unter TOP 2 b) der Eigentmerversammlung vom 19.6.2009 reprsentieren einen Miteigentumsanteil von 6283,16/10 000.
b) Die Regelung in § 7 unter Abschnitt III (Gemeinschaftsordnung) der Teilungserklrung steht dem Erreichen der erforderlichen Mehrheit nach § 16 Abs. 4 Satz 2
WEG nicht entgegen. Dort ist zwar geregelt, dass jede
Wohneinheit und jeder Tiefgaragenstellplatz eine Stimme
hat (Objektprinzip). Insgesamt gbe es daher vorliegend
321 Stimmen (265 Tiefgaragenstellpltze, 54 Eigentumswohnungen und 2 Gewerbeeinheiten), so dass bei 204
Nein-Stimmen schon keine Mehrheit erreicht wre. Eine
Abnderung des in § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG normierten
Kopfprinzips ist jedoch gem § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG nur
mglich, soweit nicht etwas anderes ausdrcklich bestimmt ist. Die Befugnisse im Sinne der Abstze 3 und 4
des § 16 WEG knnen jedoch nach § 16 Abs. 5 WEG
durch Vereinbarung der Wohnungseigentmer nicht eingeschrnkt oder ausgeschlossen werden. Das gilt sowohl
fr knftige als auch fr geltende Vereinbarungen und somit auch fr die vorliegende Gemeinschaftsordnung unter
Abschnitt III der Teilungserklrung vom 5.11.1996
(MnchKomm., BGB, 5. Aufl. 2009, § 16 WEG Rdn. 21;
Brmann, a. a. O., § 16 WEG Rdn.136 und § 25 WEG
Rdn. 31). Vereinbarungen, die Beschlusskompetenzen vertragswidrig einschrnken oder ausschlieen, sind gem
§ 134 BGB nichtig. Auch Vereinbarungen ber eine vom
gesetzlichen Kopfprinzip abweichende Stimmkraft (Wertoder Objektprinzip) schrnken die Befugnis der gesetzlich
vorgesehenen Mehrheit nach Kpfen ein, einen abweichenden Verteilungsmastab zu beschlieen. Sie finden daher gem Abs. 5 auf Beschlsse nach Abs. 3 und Abs. 4
keine Anwendung (Brmann, a. a. O.).
2. Der Beschluss der Eigentmergemeinschaft zu TOP
2 b) der Eigentmerversammlung vom 19.6.2009 ist darber hinaus auch materiell wirksam.
Gem § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG knnen die Wohnungseigentmer im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung i. S. des § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG durch Beschluss
die Kostenverteilung abweichend regeln, wenn der abweichende Mastab dem Gebrauch oder der Mglichkeit des
Gebrauchs durch die Wohnungseigentmer Rechnung
trgt. Dabei haben die Wohnungseigentmer ein nur eingeschrnkt berprfbares Gestaltungsermessen. Der Kostenverteilungsmastab darf jedoch nicht von anderen Gesichtspunkten bestimmt werden, als dem in der Vorschrift
genannten Verbrauchsmastab (BGH, ZMR 2010, 866
[869] = NJW 2010, 2513). Der Grundsatz ordnungsgemer Verwaltung ist zu beachten, ohne dass dies in § 16
Abs. 4 Satz 1 WEG ausdrcklich normiert wurde (vgl. BTDrucks. 16/887, S. 24; BGH, a. a. O.).
a) Bei den fr die Sanierung der Tiefgarage anfallenden
Kosten handelt es sich um Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG. Hierunter fallen Manahmen, die den ursprnglichen Zustand des Gemeinschaftseigentums erhalten, einen mangelhaften Zustand beseitigen und einen ordnungsgemen Zustand
erstmals oder wieder herstellen (Brmann, a. a. O., § 16
Rdn.111). Durch die Sanierungsarbeiten an der Tiefgarage
sollen die durch Korrosionsfortschritt auf Grund eindringenden Tauwassers eingetretenen Schden beseitigt werden. Zugleich soll hierdurch das Gemeinschaftseigentum
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
insgesamt erhalten bleiben und fr die Zukunft ein ordnungsgemer Zustand hergestellt werden.
b) Die angegriffene Kostenregelung fr die Sanierung der
Tiefgarage betrifft zudem einen Einzelfall. Durch die geplanten Instandhaltungsmanahmen soll dauerhaft ein
ordnungsgemer Zustand der Tiefgarage erreicht werden
und das Eindringen von chloridhaltigem Tauwasser in die
Bodensubstanz verhindert werden.
c) Die vorgenommene Kostenverteilung trgt darber hinaus auch dem Gebrauch bzw. der Mglichkeit des Gebrauchs Rechnung.
Denn die Tiefgarage wird ganz berwiegend von den Stellplatzeigentmern genutzt, weshalb die Verteilung der Kosten nur unter diesen Eigentmern dem Gebrauch der Tiefgarage Rechnung trgt. Zwar befinden sich in der Tiefgarage neben den Parkdecks auch die Treppenhuser und Aufzugsschchte, die Fahrrad- und Abstellrume, die Kellerrume, der zentrale Technikraum sowie der Heizraum mit
der Zentralheizung fr die gesamte Wohnungseigentumsanlage. Diese Rume werden ebenfalls genutzt, ohne dass
diese Nutzung lediglich mit der Nutzung der Tiefgaragenstellpltze in Zusammenhang steht. Gleichwohl wird die
Tiefgarage hauptschlich zum Zwecke des Parkens und damit durch die Stellplatzeigentmer gebraucht. Deshalb
trgt es dem Gebrauch Rechnung, wenn die Kosten fr die
Sanierung der Tiefgarage unter den Stellplatzeigentmern
verteilt werden. Eine exakte Abbildung des Gebrauchs
oder der Mglichkeit des Gebrauchs ist dabei nicht erforderlich. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Gebrauch
den mit den Kosten belasteten Eigentmern exklusiv zusteht, wie etwa bei einem Balkon (BGH, ZMR 2010, 866
[869] = NJW 2010, 2513). Hinzu kommt, dass die o. g. gemeinschaftlichen Rume, welche von smtlichen Eigentmern und nicht lediglich von den Tiefgaragenstellplatzeigentmern genutzt werden, keine Schden aufweisen und
daher auch nicht saniert werden mssen, auch wenn sie
mglicherweise von den Sanierungsmanahmen betroffen
sind.
Soweit die Klger vortragen, die Tiefgarage wrde hauptschlich von den Wohnungseigentmern genutzt, weil die
Wohnungseigentumsanlage zu keinem Zeitpunkt seit der
Erstellung von der ffentlichkeit als ffentlicher Parkplatz
akzeptiert worden, geschweige denn in nennenswertem
Umfang genutzt worden sei, wurde dies von den Beklagten zum einen bestritten. Zum anderen spricht dagegen,
dass die Schden in den Ebenen -1 und -2 im Vergleich zu
den Schden in der Ebene -3, welche von den Wohnungseigentmern genutzt wird, mageblich ausgeprgter sind.
Das hat sowohl die Sachverstndige Dipl.-Ing. S. in ihrem
Gutachten vom 19.4.2007, als auch der Sachverstndige
Dipl.-Ing. K. in seinem Untersuchungsbericht vom
16.2.2011 festgestellt. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil es nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG ausreichend ist,
wenn der Verteilungsmastab der Mglichkeit des Gebrauchs Rechnung trgt.
Dagegen kann auch nicht eingewandt werden, dass die
Tiefgarage mit dem Gebude in einem bautechnischen Zusammenhang stehe, weil die Tiefgarage das Fundament fr
die darauf errichteten Hochbauten bilde und durchgngige Treppenhuser und Aufzugsschchte bestnden. Zwar
droht letztlich auf Grund der eingetretenen Schden ein
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Versagen der gesamten statischen Konstruktion. Deshalb
kommt die Sanierung der Tiefgarage letzten Endes allen
Eigentmern zugute, weil sie zur existenziellen Sicherung
der gesamten Wohnungseigentumsanlage erforderlich ist.
Dabei ist jedoch zu bercksichtigen, dass die Sanierungsbedrftigkeit in einem untrennbaren Zusammenhang mit
der Nutzung der Tiefgarage durch die Stellplatzeigentmer steht. Denn die eingetretenen Schden resultieren aus
eindringendem, tausalzhaltigem Schmelzwasser, welches
in der Regel Natriumchlorid enthlt. Es wird beim Befahren der Tiefgarage durch die Fahrzeuge eingebracht. Das
Chlorid fhrt zur Bewehrungskorrosion, wobei der Korrosionsfortschritt stark abhngig vom Feuchtegehalt im Beton ist. Je mehr Fahrzeuge Wasser in die Tiefgarage transportieren, desto hher ist der Feuchtigkeitsgehalt.
Dass das Problem der chloridinduzierten Korrosion zum
Zeitpunkt der Erbauung der Tiefgarage im Jahre 1998 in der
Fachwelt bereits umfassend bekannt war und der Verzicht auf
eine erforderliche, wirkungsvolle Abdichtung daher streng
genommen als Planungsfehler zu bewerten ist, fhrt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Instandsetzung betrifft nur
diejenigen Bereiche, in welchen Tauwasser eingedrungen ist.
Allein der Baumangel in Form der fehlenden Abdichtung hat
demnach fr sich, ohne Nutzung der Tiefgarage durch die
Stellplatzeigentmer, keine Auswirkung.
Hinzu kommt, dass die Sanierung der Tiefgarage nicht lediglich dazu dient, die bereits eingetretenen Schden auszubessern, sondern insbesondere auch dazu dient, die
Tiefgarage weiterhin befahrbar zu machen, ohne die statische Konstruktion zu gefhrden. Das weitere Befahren der
Tiefgarage ohne eine solche Abdichtung wrde zur Gefahr
des Zusammenbrechens der statischen Konstruktion fhren, weil auf Grund des weiteren Eintrags von Tausalz ein
weiterer Querschnittsverlust an der Bewehrung auftrte.
Die getroffene Kostenverteilungsregelung trgt dem Gebrauch bzw. der Mglichkeit des Gebrauchs Rechnung.
Daneben trgt sie auch dem Verursachungsprinzip Rechnung. Die Bercksichtigung auch dieses Prinzips liegt im
Ermessensspielraum der Wohnungseigentmer, welcher
nur eingeschrnkt berprfbar ist. Sofern die Kostenregelung dem Gebrauch bzw. der Mglichkeit des Gebrauchs
Rechnung trgt, drfen die Wohnungseigentmer auch
andere Kriterien heranziehen, um zu einer sachgerechten
Lsung zu gelangen (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 24).
d) Die getroffene Kostenverteilungsregelung entspricht
auch im brigen der Verteilungsgerechtigkeit und damit
ordnungsgemer Verwaltung.
Die Wohnungseigentmergemeinschaft hat von Beginn
an getrennte Rcklagen fr Tiefgarage und Hochbauten
gebildet. Bereits aus § 5 der Gemeinschaftsordnung unter
Abschnitt III der Teilungserklrung vom 5.11.1996 ergibt
sich, dass getrennte Abrechnungen erfolgen sollen. Auch
wenn sich dem keine hinreichend bestimmte Regelung
ber die Kostenverteilung entnehmen lsst, ist zumindest
der ursprngliche Wille der Wohnungseigentmer erkennbar (vgl. hierzu BayObLG, ZMR 2004, 765), die Kosten
fr die Instandhaltung der Tiefgarage den Tiefgarageneigentmern und die Kosten fr die Instandhaltung der
Hochbauten den Wohnungseigentmern aufzuerlegen,
weshalb ein diesbezglich schtzenswertes Vertrauen der
Wohnungseigentmer besteht.
ZMR 2012, 401
Hinzu kommt, dass mit der nun vorgenommenen Kostenverteilung vermieden wird, dass Wohnungseigentmer,
welche kein Teileigentum an einem Stellplatz haben, mit
Kosten fr die Sanierung belastet werden, obwohl sie die
Tiefgarage kaum nutzen und die Schden nicht verursacht
haben. Das betrifft vorliegend die Seniorengesellschaft,
welche anderenfalls mit erheblichen Kosten belastet wrde.
Letztlich entspricht die getroffene Kostenverteilung auch
auf Grund des Umstands, dass die Wohnungseigentmer
einer derart groen, berwiegend ffentlichen Tiefgarage,
wie der vorliegenden, nicht bedurft htten, der Verteilungsgerechtigkeit. Die Wohnungseigentmer nutzen lediglich die Ebene -3, an welcher die eingetretenen Schden am geringsten sind. Sie nun mit den Kosten fr die
gesamte Tiefgarage zu belasten, wre grob unbillig und widersprche daher ordnungsgemer Verwaltung.
3. Die in § 16 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. Abs. 5 WEG getroffene
Regelung ist letztlich nicht verfassungswidrig. Im brigen
hat auch der BGH die Regelung in § 16 Abs. 4 und 5 WEG
in der Vergangenheit angewandt, ohne deren Verfassungsmigkeit in Zweifel zu ziehen. Ein Versto gegen Art.14
GG oder Art. 20 Abs. 3 GG ist darin nicht zu erblicken.
a) Wohnungseigentum ist zwar verfassungsrechtlich geschtztes Eigentum nach Art.14 Abs.1 Satz 1 GG. Bei der
Erweiterung der Mehrheitsbefugnisse, wie sie in Art.16
Abs. 4 WEG erfolgt ist, handelt es sich zudem auch um
eine eigentumsrelevante Manahme, nmlich eine Inhaltsund Schrankenbestimmung (vgl. Rhlicke, ZMR 2002, 713
[719]: „Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausdehnung von Mehrheitskompetenzen im WEG“), welche
durch Grnde des ffentlichen Interesses unter Bercksichtigung des Grundsatzes der Verhltnismigkeit gerechtfertigt sein muss. Das ist jedoch sowohl hinsichtlich
knftigen, als auch hinsichtlich bestehenden Wohnungseigentums der Fall. Die in § 16 Abs. 4 WEG normierte Erweiterung der Mehrheitskompetenzen verfolgt einen legitimen Zweck, ist zur Verwirklichung dieses Zwecks geeignet,
erforderlich und darber hinaus auch angemessen.
aa. Zweck des § 16 Abs. 4 WEG ist nach der Gesetzesbegrndung die Erleichterung der Willensbildung. Zuvor bedurfte es hinsichtlich der Kosten von Manahmen i. S. des
§ 16 Abs. 4 WEG gem § 10 Abs.1 Satz 2 WEG grundstzlich einer Vereinbarung, sofern die Wohnungseigentmer
von der gesetzlichen Verteilung des § 16 Abs. 2 WEG nach
Miteigentumsanteilen oder von einem vereinbarten Verteilungsmastab abweichen wollten. Dies fhrte in der
Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten (vgl. BT-Drucks. 16/
887, S. 23 und 24). § 16 Abs. 5 WEG soll nach der Gesetzesbegrndung die Entscheidungsbefugnisse der Mehrheit
insbesondere gegen abweichende Vereinbarungen absichern, die auf der einseitigen Gestaltungsmacht des teilenden Eigentmers nach §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 und nicht auf
einer privatautonomen Entscheidung der Erwerber beruhen (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 25).
bb. Diese legitimen Zwecke werden durch die getroffenen
Regelungen erreicht bzw. gefrdert. § 16 Abs. 4 WEG ermglicht, dass die ganz berwiegende Mehrheit der Wohnungseigentmer eine Kostenregelung i. S. des § 16 Abs. 4
WEG treffen kann. § 16 Abs. 5 WEG stellt sicher, dass die
Wohnungseigentmer nicht auf Grund einer Vereinba-
ZMR 2012, 402
rung in der Gemeinschaftsordnung auf Dauer festgelegt
sind, weil eine einstimmige ˜nderung der ursprnglich
festgelegten Regelung nicht erreicht werden kann.
cc. Die in § 16 Abs. 4 i. V. m. Abs. 5 WEG getroffene Regelung war aus Grnden der Klarstellung und im Interesse
der Rechtssicherheit und Funktionalitt der Gemeinschaft
der Wohnungseigentmer erforderlich. Es handelt sich
nicht um eine allgemeine ffnungsklausel, sondern um eine auf einen bestimmten Bereich begrenzte Erweiterung
der Mehrheitsbefugnisse, welche sich als mildestes Mittel
zur Erreichung dieses Zwecks darstellt.
dd. Auch die Verhltnismigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) ist gegeben. Denn neben der Privatntzigkeit des Eigentums ist dessen Sozialbindung zu beachten
(Art.14 Abs. 2 GG). Der Gebrauch des Eigentums soll
nicht nur dem Einzelnen, sondern zugleich auch dem
Wohle der Allgemeinheit dienen. Die Gestaltungsfunktion des Gesetzgebers ist umso grer, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen
Funktion steht (BVerfGE 50, 290 [341]). Wohnungseigentum hat einen erheblichen sozialen Bezug und eine ausgeprgte soziale Funktion. Der Gesetzgeber darf daher einseitige Interessen einzelner Wohnungseigentmer nicht
einseitig bevorzugen (Rhlicke, a. a.O, S. 720). Dem trgt
die Regelung des § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG mit ihren Einschrnkungen Rechnung (s.o.). Auerdem muss der
Grundsatz ordnungsgemer Verwaltung gewahrt werden,
welcher vor einer unbilligen Benachteiligung Einzelner
schtzt (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 24). Ein gerechter Interessenausgleich wird zudem ber die in § 16 Abs. 4 Satz 2
WEG getroffene Regelung herbeigefhrt (s.o.). Hierdurch
ist sowohl sichergestellt, dass ein Beschluss ber die ˜nderung der Kostenverteilung nur gefasst werden kann, wenn
dies dem Willen und der ganz berwiegenden Mehrheit
entspricht, als auch, dass die Wohnungseigentmer mit
verhltnismig groen Miteigentumsanteilen, die im Allgemeinen auf Grund der Regelung in § 16 Abs. 2 WEG einen greren Kostenanteil beisteuern, ausreichend bercksichtigt werden (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 25).
b) Die Erweiterung der Mehrheitsbefugnisse verstt
auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3
GG). Auf dem Rechtsstaatsprinzip beruht auch die Beschrnkung der Rckwirkung von Gesetzen, welche in
Art.14 Abs.1 Satz 1 GG eine eigenstndige Ausprgung gefunden hat. Die Regelung des § 16 Abs. 4, 5 WEG wirkt
auf gegenwrtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte
und Rechtsbeziehungen fr die Zukunft und stellt sich somit als unechte Rckwirkung dar. Ein schtzenswertes
Vertrauen darauf, dass eine abweichende Kostenverteilung
fr in § 16 Abs. 4 WEG genannte Manahmen nur durch
Vereinbarung und somit nur einstimmig getroffen werden
knne, ist zu bejahen. Das gilt auch im vorliegenden Fall,
in dem die Wohnungseigentmer in schtzenswerter Weise darauf vertrauen durften, dass zur ˜nderung des Verteilungsschlssels (Verteilung nach Miteigentumsanteilen,
§ 6 Nr.1 der Gemeinschaftsordnung) eine (bei auergewhnlichen Aufwendungen qualifizierte) Mehrheit erforderlich ist, welche sich nicht nach dem Kopfprinzip, sondern nach dem Objektprinzip berechnet (siehe hierzu § 6
Nr. 4 i. V. m. § 7 der Gemeinschaftsordnung). Im Rahmen
des Rechtsstaatsprinzips ist eine unechte Rckwirkung jedoch in der Regel zulssig. Dem liegt die Erwgung zu-
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
grunde, dass sich der Brger im Allgemeinen nicht auf den
Fortbestand einer fr ihn vorteilhaften Gesetzeslage verlassen kann (BVerfGE 38, 61 [83]). Die Grnde (s.o.) fr die
getroffenen Regelungen sind im ffentlichen Interesse und
derart gewichtig, dass sie unter Bercksichtigung des Verhltnismigkeitsgrundsatzes Vorrang genieen.
4. Die Festsetzung des Streitwerts fr das Berufungsverfahren beruht auf der Regelung des § 49 a Abs.1 Satz 3
GKG.
Geht man von einem ursprnglichen Wert der insgesamt
265 Stellpltze von jeweils ca. 11 000,… ., einer aktuellen
Instandhaltungsrcklage von ca. 156 000,… . und Instandhaltungskosten von ber 2 600 000,… . aus, so erscheint es
angemessen, pro Stellplatz einen Wert von nicht mehr als
2000,… . anzusetzen. Dafr spricht auch, dass die Klger
vorgetragen haben, die Tiefgarage sei zu keinem Zeitpunkt
in der ffentlichkeit als Parkplatz akzeptiert, geschweige
denn in nennenswertem Umfang genutzt worden.
Bei insgesamt 204 Stellpltzen der Klger ergibt sich bei
einem Wert des einzelnen Stellplatzes i. H. v. 2000,… . ein
Streitwert von 408 000,… ..
Einsender: Rechtsanwalt Horst Mller, Mnchen
Notwendige Bestandteile einer Jahresabrechnung; kein
bloer Ergnzungsanspruch
39. WEG § 28:
Anfangs- und Endbestand der Bankkonten der Gemeinschaft sind zwingende Bestandteile der Jahresabrechnung, deren Fehlen zur Ungltigerklrung des (gesamten) Beschlusses ber die Jahresabrechnung fhrt. Der
Eigentmer kann grundstzlich nicht darauf verwiesen
werden, dass er sich die entsprechenden Kenntnisse
von den Kontenstnden durch Einsichtnahme in die
Unterlage unschwer verschaffen kann oder dass der
Verwalter, etwa im Anfechtungsprozess, fehlende Angaben nachliefert.
AG Charlottenburg, Urteil vom 6.1.2012
73 C 124/11
Leitstze des Einsenders
Sachverhalt:
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentmergemeinschaft X.
Die Klgerin ist Eigentmerin mehrerer Wohnungen in dieser Anlage. Der
Prozessbevollmchtigte der Beklagten zu 1…5 und 8 ist gleichzeitig der bestellte Verwalter der Wohnanlage.
Grundlage der Gemeinschaft ist die Teilungserklrung mit Gemeinschaftsordnung (= GO) vom 16.6.1971. In § 13 dieser GO heit es, dass die Kosten der Gemeinschaft in der Regel nach Miteigentumsanteilen umzulegen
sind. In § 28 Abs.1 b der GO heit es jedoch, dass die Einheiten des so genannten Bungalows von den Wasser- und Stromkosten und den Kosten
der Treppenhaus- und Wegereinigung befreit sind.
Der bestellte Verwalter der Gemeinschaft hat die Jahresabrechnung fr das
Jahr 2010 erstellt.
Diese Abrechnung wurde zu TOP 4 der Eigentmerversammlung vom
26.7.2011 mehrheitlich gegen die Stimmen der Klgerin genehmigt.
Die Klgerin rgt zahlreiche Fehler der beschlossenen Abrechnung.
Aus den Grnden:
Die Anfechtungsklage ist begrndet.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Jedenfalls eine der Rgen der Klgerin fhrt zur Unwirksamkeit des Beschlusses, da sie mit Recht geltend macht,
dass der hier beschlossenen Abrechnung ein zwingender
Bestandteil fehlt, der zu ihrer Plausibilitt und Nachvollziehbarkeit erforderlich ist. Unstreitig enthlt die Abrechnung nicht den Anfangs- und den Endbestand der der Gemeinschaft gehrenden bzw. finanziell zuzurechnenden
Bankkonten (Fremdgeldkonten des Verwalters). Zur vollstndigen Abrechnung nach WEG gehrt aber die Entwicklung der Konten der Gemeinschaft. In die Abrechnung muss deshalb der Kontenstand zu Beginn und zum
Ende des Wirtschaftsjahres aufgenommen werden
(st. Rspr. der Obergerichte, vgl. BGH, ZMR 2003, 942
[943] = NJW 2003, 3554 [3555]; Timme/Batschari, BeckOK, WEG, § 28 Rdn. 68; Brmann/Merle, WEG,
11. Aufl., § 28 Rdn. 68). Sinn der Mitteilung dieser Kontenstnde ist eine einfache berprfung der Richtigkeit der
Abrechnung. Da es sich um eine einfache Einnahme/Ausgaberechnung handelt, soll in der Regel der Anfangsbestand der Konten vermehrt um die Geldzuflsse und unter
Abzug der Abflsse den Endstand der Konten ergeben.
Das Fehlen eines zwingenden Bestandteils der Abrechnung muss, unabhngig davon, ob sich der Fehler auf das
Gesamtergebnis oder die Salden der einzelnen Eigentmer
auswirkt, zur Ungltigerklrung des Beschlusses fhren,
damit der Weg frei wird fr die Beschlussfassung ber eine
insgesamt fehlerfreie Abrechnung. Der Eigentmer kann,
insoweit in Abweichung von lterer Rechtsprechung,
grundstzlich nicht darauf verwiesen werden, dass sie sich
die entsprechenden Kenntnisse von den Kontenstnden
durch Einsichtnahme in die Unterlage unschwer verschaffen knnen oder dass der Verwalter, etwa im Anfechtungsprozess, fehlende Angaben nachliefert (LG Mnchen I,
ZMR 2010, 554 [556] = ZWE 2010, 138; Timme/Batschari,
a. a. O., § 28 Rdn. 83). Gerade die Angaben, die zur rechnerischen Schlssigkeit erforderlich sind, sollen den Eigentmer in Stand versetzen, alleine auf Grund der Abrechnung zu entscheiden, ob er die dort mitgeteilten Daten
durch eine Belegeinsicht einer genauen berprfung unterziehen will oder nicht. Wrde man ihn auf einen bloen Ergnzungsanspruch verweisen, wrde dies zu der Folge fhren, dass er einen Mangel, der etwa durch die fehlende rechnerische Schlssigkeit der Abrechnung aufgedeckt
wird, nicht mehr rgen knnte, soweit die Klagefrist bzw.
die Klagebegrndungsfrist fr den eigentlichen Abrechnungsgenehmigungsbeschluss abgelaufen ist. Nachgelieferte Ausknfte des Verwalters wrden ihm insoweit keine
rechtliche Handhabe mehr liefern, um gegen die fehlerhafte Abrechnung vorzugehen. Es ist auerdem widersprchlich, einen bestimmten Bestandteil der Abrechnung fr
zwingend zu erklren, sein Fehlen aber fr folgenlos fr
ihren Bestand zu lassen.
Im brigen kommt die alte Rechtsprechung zum Ergnzungsanspruch gegen den Verwalter in Konflikt mit der
neueren Rechtsprechung des BGH, wonach ein einzelner
Eigentmer grundstzlich nur Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen verlangen kann. Einen gerichtlich
durchsetzbaren Anspruch auf Auskunft zu der Jahresabrechnung hat er in der Regel erst, wenn nicht die gesamte
Gemeinschaft in der Versammlung entsprechende Auskunft verlangt hat (BGH, NJW 2011, 1137). In der Versammlung ist es aber regelmig schon zu spt, um Un-
ZMR 2012, 403
klarheiten der Abrechnung aufzuklren. Wird die Abrechnung beschlossen, sollte der Eigentmer schon wissen
knnen, ob und ggf. mit welcher Begrndung er diese Abrechnung erfolgreich anfechten kann.
Soweit die Beklagten zu 6 und 7 keinen Antrag zur Sache
gestellt haben, hindert dies nicht daran, den vorliegenden
Rechtsstreit insgesamt durch streitiges Urteil zu entscheiden. Da smtliche beklagten Wohnungseigentmer nach
§ 46 Abs.1 WEG notwendige Streitgenossen i. S. des § 62
Abs.1 ZPO sind, werden die sumigen Streitgenossen im
Termin durch die nichtsumigen vertreten (§ 62 Abs. 2
ZPO). Der von einigen der beklagten Wohnungseigentmer gestellte Klageabweisungsantrag wirkt insoweit, auch
gegen oder ohne den Willen der brigen Beklagten, fr
und gegen sie.
Einsender: Rechtsanwalt Hardy Scheffler Rechtsanwalt, Berlin
Nutzungsgestattung des vermietenden Sondereigentmers;
ffentlich-rechtliche Genehmigung; unzulssige Nutzung
40. WEG §§ 10, 14; BGB §§ 903, 1004:
1. Der Sondereigentmer hat nicht die Kompetenz seinem Mieter die Nutzung eines Teileigentums zur Auenbewirtschaftung zu gestatten, solange ihm insoweit
kein Sondernutzungsrecht zusteht.
2. Die Erteilung einer ffentlich-rechtlichen Genehmigung ist fr das Innenverhltnis der Wohnungseigentmer ohne Bedeutung.
I. AG Hamburg-St.Georg, Urteil vom 31.5.2011
980 C 153/10
II. LG Hamburg, Beschluss vom 5.1.2012
318 S 137/11
Leitstze der Redaktion
I. AG Hamburg-St.Georg
Sachverhalt:
Die Klgerin begehrt von der Beklagten zu 1, Teileigentmerin der in der
Teilungserklrung mit Nr.16 bezeichneten Gewerbeflchen im Souterrain,
sowie von der Beklagten zu 2, die einen Teil dieser Flche von der Beklagten zu 1 gemietet hat und dort einen gastronomischen Betrieb unterhlt,
die Beseitigung von auerhalb des Gebudes durch die Beklagte zu 2 angebrachten Installationen zu dem Zweck, eine Auennutzung der Freiflche vor dem Gebude durch die Beklagte zu 2 zu ermglichen. Insbesondere handelt es sich dabei um Elektroinstallationen, ein Zeltdach, Beleuchtung sowie angebrachte Plastikwnde bzw. einen Plastikwindschutz.
In der Teilungserklrung vom 19.12.1983 wurde in dem Gebude Wohnungs- und Teileigentum gebildet. Im Kellergeschoss befinden sich zwei
gewerblich genutzte Einheiten, Nr.15 (ursprnglich Tabakladen) und
Nr.16 (gem Teilungserklrung: Restaurant). Eine Teilflche des Teileigentums Nr.16 befindet sich, wenn man auf das Gebude blickt, rechts
von der Eingangstreppe. Ein weiterer Teil liegt links von der Treppe im
nrdlichen Gebudeteil. Diese Flche haben die Beklagten zu 1 an die Beklagte zu 2 vermietet. In der zur Teilungserklrung gehrenden Miteigentumsordnung ist in § 5 Ziffer 1 geregelt, dass jeder Eigentmer das Recht
der alleinigen Nutzung seines Sondereigentums hat. Die Flche vor dem
Gebude im Bereich der von der Beklagten zu 2 betriebenen Gastronomie
wurde seit 2002 von unterschiedlichen gastronomischen Betrieben genutzt.
Eine ausdrckliche Genehmigung seitens der Wohnungseigentmergemeinschaft wurde zu keinem Zeitpunkt erteilt.
Mit Bescheid des Bezirksamtes Hamburg-Nord wurde der Beklagten zu 2
die ihr erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft auf die auerhalb des Gebudes vor dem Lokal befindliche Auenflche von 7,8 m2 erweitert. Enthalten war die Erlaubnis zur Nutzung der Flche zum Aufstellen von Tischen und Sthlen. Eine ausdrckliche Erlaubnis erteilte das Bezirksamt Nord mit Bescheid vom 12.11.2010. Der Beklagte zu 1 stimmte
der Auennutzung ausdrcklich zu.
ZMR 2012, 404
Im Sommer 2010 nahm die Beklagte zu 2 im Bereich der Auenflche Installationen vor. Sie baute eine berdachung, installierte eine Beleuchtung, grenzte den Auenbereich zur Straenfront durch einen Plastikvorhang ab, stellte Sthle und Tische auf.
Mit Schreiben vom 9.11.2010 forderte der Klgervertreter den Bevollmchtigten der Beklagten zu 2 auf, die baulichen Vernderungen zu beseitigen.
Die Klgerin behauptet, auf der Versammlung vom 15.10.2010 sei es zum
TOP 3 zu einer Beschlussfassung mit Stimmenmehrheit gekommen, wonach die Verwaltung ermchtigt worden sei, den Eigentmer und auch etwaige Nutzer aufzufordern, smtliche bauliche Vernderungen zu entfernen und insoweit einen Rechtsanwalt zu beauftragen sowie die Forderungen ggf. gerichtlich durchzusetzen.
Aus den Grnden:
1. Gem § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG ist die Wohnungseigentmergemeinschaft als Klgerin berechtigt, die Individualansprche der einzelnen Wohnungseigentmer auf Beseitigung und Unterlassung zu verfolgen.
Die Klage wurde ordnungsgem erhoben. Die notwendige Berechtigung des Verwalters, einen Rechtsanwalt zu beauftragen und auf die Erhebung der Klage hinzuwirken
(vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG) ist gegeben. Auf Grund der
durchgefhrten Beweisaufnahme ist das Gericht davon
berzeugt, dass zum TOP 3 ein entsprechender Beschluss
mit Stimmenmehrheit gefasst und ordnungsgem verkndet wurde. . . .
2. Die Begrndetheit der Klage folgt aus der Anwendung
der §§ 14 Nr.1, 2, 15 Abs. 3 WEG i. V. m. § 1004 BGB gegenber der Beklagten zu 1 und aus § 1004 BGB gegenber der Beklagten zu 2. Die Beklagte zu 1 verstt mit
der Duldung der Auennutzung durch die Beklagte zu 2
gegen ihre Pflichten als Teileigentmerin im Verhltnis zu
den brigen Teil- und Wohnungseigentmern. Die Nutzung der Auenflche, die nicht zum Sondereigentum der
Beklagten zu 1 gehrt, ist rechtswidrig. Die Nutzung dieser Flche steht smtlichen Wohnungseigentmern, nicht
dagegen ausschlielich der Beklagten zu 1 zu. Demgem
hatte die Beklagte zu 1 nicht die Kompetenz, ihrem Mieter die Nutzung zur Auenbewirtschaftung im Rahmen
des von der Beklagten zu 2 gefhrten gastronomischen Betriebes zu gestatten. § 5 Ziffer 1 der Miteigentumsordnung
ndert an dieser Bewertung nichts. Danach hat jeder Eigentmer und somit auch die Beklagte zu 1 das Recht der
alleinigen Nutzung lediglich des eigenen Sondereigentums. In Bezug auf Gemeinschaftseigentum besteht ein
Nutzungsrecht nur insoweit, als sich dieses im Bereich des
Sondereigentums befindet und ausschlielich diesem zu
dienen bestimmt ist. Damit gemeint sind z. B. Bauteile innerhalb der Rumlichkeiten der Beklagten zu 1, die dem
Sondereigentum zuzurechnen sind, wie z. B. Fenster, tragende Wnde und Rohrleitungen. § 5 Ziffer 1 der Miteigentumsordnung kann indes nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass auch Gemeinschaftsflchen
von dem Nutzungsrecht des Sondereigentmers erfasst
werden, die dem eigenen Sondereigentum „vorgelagert“
sind, wie im vorliegenden Fall die Auenflche vor der betriebenen Gastronomieeinheit. Eine derartige Auslegung
geht ber den Inhalt der Regelung in der Miteigentumsordnung hinaus. Dem Gericht sind Teilungserklrungen bekannt, in denen derartige Gestattungen enthalten
sind. Diese werden dann stets so formuliert, dass die Bezugnahme auf die im Bereich der Gastronomie liegende
Auenflche ausdrcklich hervorgehoben wird. Der Umstand, dass die Teilungserklrung vom 19.12.1983 stammt,
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
ist ein weiteres Argument gegen die von den Beklagten favorisierte Auslegung des § 5 Ziffer 1 der Miteigentumsordnung. Seinerzeit waren derartige Auennutzungen im innerstdtischen Bereich in Hamburg ausgesprochen ungewhnlich. Vor diesem Hintergrund htte es in
der Miteigentumsordnung der notwendigen deutlichen
Hervorhebung bedurft, um ein entsprechendes Recht der
Beklagten zu 1 anzuerkennen.
Die Erteilung einer ffentlich-rechtlichen Genehmigung
zum Betrieb im Auenbereich hat selbstverstndlich nicht
zur Konsequenz, darin zugleich die notwendige wohnungseigentumsrechtliche Gestattung zu sehen. Die Zielsetzung der behrdlichen Genehmigung ist eine andere,
nmlich die Beachtung notwendiger ordnungsrechtlicher
Vorgaben. Demgegenber geht es im Verhltnis der Wohnungseigentmer u. a. um Beachtung der Interessen der
Wohnungseigentmer an einem mglichst ungestrten
Gebrauch ihres Wohnungseigentums. Selbstverstndlich
ist mit jeder Form der gastronomischen Benutzung eine
gewisse Beeintrchtigung verbunden. Diese wird aber auf
jeden Fall dann verstrkt, wenn eine Auennutzung zugelassen wird. Demgem ist es allein vertretbar, die ausdrckliche Erlaubnis durch die Wohnungseigentmer fr
eine derartige Ausnutzung zu verlangen. Ob es sich bei
den von der Beklagten zu 2 vorgenommenen Installationen um bauliche Vernderungen handelt, kann dahinstehen. Ausschlielich entscheidend ist, dass eine Beeintrchtigung stattfindet. Konkrete Strungen mssen insoweit
nicht vorgetragen werden. Es reicht die Nutzungsart aus,
die von der Beklagten zu 2 praktiziert wird. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass damit Beeintrchtigungen verbunden sind.
Der Anspruch der Klger umfasst neben der Beseitigung
der angebrachten Bedachung der Freiflche und des Abschlusses durch eine Plastikplane nach vorne hin die Entfernung der vorgenommenen Installationen. Nur so kann
erreicht werden, dass der Zustand wieder hergestellt wird,
der ursprnglich bestand, nmlich das Vorhandensein einer Freiflche. Entsprechend vorstehenden Ausfhrungen
gehrt zu der Verpflichtung der Beklagten die Unterlassung, jegliche Form der Auenbewirtschaftung fortzusetzen, wobei die Beklagte zu 1 unter wohnungseigentumsrechtlichen Aspekten die Verpflichtung trifft, gegenber
der Beklagten zu 2 darauf hinzuwirken, dass smtliche
Baulichkeiten beseitigt werden und eine weitere Auennutzung nicht stattfindet.
II. LG Hamburg
Aus den Grnden:
1. Die Berufung der Beklagten zu 1 ist nach § 522 Abs.1
ZPO als unzulssig zu verwerfen. Zur Vermeidung von
Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die fortbestehenden Grnde ihres Hinweis-Beschlusses vom
29.11.2011.
2. Die Berufung der Beklagten zu 2 ist nach § 522 Abs. 2
ZPO zurckzuweisen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer Bezug auf die fortbestehenden
Grnde ihres Hinweis-Beschlusses vom 29.11.2011.
Im Beschluss vom 29.11.2011 heit es:
zu 1. Die Berufung der Beklagten zu 1 ist unzulssig und
daher nach § 522 Abs.1 ZPO zu verwerfen. Die Kammer
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
vermag die von der Beklagten zu 1 vertretene Rechtsauffassung, nach welcher die benannten Ausfhrungen des
BGH (NJW 1993, 3333 [3334]) zu den formalen Anforderungen fr eine Bezugnahme auf die Schriftstze Dritter
auf Grund von berholung keinerlei Gltigkeit mehr beanspruchen knnen sollen, nicht zu teilen, zumal diese
Meinung in der Literatur auch keine Sttze findet (vgl. etwa nur Ball, in: Musielak, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 520
Rdn. 43; Wulf, in: BeckOK-ZPO, [6/2011], § 520 Rdn. 27).
Ferner ist die Berufungsbegrndung der Beklagten zu 2
auch erst nach Ablauf der fr die Beklagte zu 1 geltenden
Berufungsbegrndungsfrist zur Akte gelangt. Es kommt
hier ergnzend noch hinzu, dass sich in dem Schriftsatz der
Beklagten zu 1 auch keine konkrete Auseinandersetzung
mit der rechtlichen und tatschlichen Wrdigung des AG in
seiner angefochtenen Entscheidung wiederfindet; die bloe
Bezugnahme auf das Vorbringen in 1. Instanz ist nach … weiterhin … herrschender Meinung unzulssig.
zu 2. Die Berufung der Beklagten zu 2 ist nach § 522
Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurckzuweisen. Der letzte Schriftsatz rechtfertigt eine davon abweichende Wrdigung der Sach- und Rechtslage durch die
Kammer nicht. Die Beklagte zu 2 ist durch das AG verurteilt worden, es zu unterlassen, eine im Tenor der angefochtenen Entscheidung nher bestimmte Freiflche vor
dem Gebude zur Auenbewirtschaftung zu nutzen und
entsprechende bauliche Vernderungen zu beseitigen
nebst Wiederherstellung des ursprnglichen Zustandes; eine Bezugnahme im Antrag der Klgerin auf die Einheit
Nr.16 war und ist nicht gegeben. Es ist von der Klgerin
jedenfalls substantiiert dargetan worden … und von der
Versammlung am 15.10.2010 so auch gewollt gewesen …,
dass die Beklagte zu 2 als Nutzerin des Restaurants (nicht
des anderen Restaurants) die Nutzung der durch Vorlage
entsprechender Zeichnungen konkretisierte Teilflche vor
dem Haus zu unterlassen hat. Nach wie vor vermag die Beklagte zu 2 die wohnungseigentumsrechtlichen Bindungen, denen die Beklagte zu 1 unterlegen ist, nicht zu erkennen: das Recht zum „Mitgebrauch“ verleiht kein ausschlieliches Nutzungsrecht der Flchen, weder fr einen
Miteigentmer noch einen etwaigen Mieter. Mit der hiesigen Nutzung schliet die Beklagte zu 1 die brigen Eigentmer der WEG von der Nutzung der Freiflche aber gerade aus. Etwas anderes ergibt sich aus der hier mageblichen Teilungserklrung nicht.
Einsender: Rechtsanwalt Dr. Patrick Khnemund, Hamburg
Feststellungsklage; bauliche Vernderung
41. ZPO § 256; WEG §§ 14, 22; BGB § 1004:
Eine Feststellungsklage kann trotz der grundstzlich
vorrangigen Mglichkeit Leistungsklage … hier auf Duldung oder Zustimmung im Rahmen eines Beschlusses
gem § 22 WEG … zu erheben dann zulssig sein,
wenn die Durchfhrung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu
einer sinnvollen und sachgemen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte fhrt (BGH, NJW 1978, 1520
[1521]; BGH vom 17.1.2012 … XI ZR 254/10 …).
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 4.4.2012
539 C 24/11
ZMR 2012, 405
Sachverhalt:
Die (jetzigen) Parteien bilden die Wohnungseigentmergemeinschaft I.-Str.
Die Verwalterin lud auf den 31.8.2011 zur Eigentmerversammlung ein.
Zu TOP 3 wurde einstimmig folgender Beschlussantrag angenommen:
„Die Eigentmerin P. wird aufgefordert, die vorgenommenen baulichen Vernderungen im Bereich der Garage zurck zu bauen. Sofern
die Eigentmerin P. dem Rckbau nicht nachkommt, soll gerichtliche
Hilfe in Anspruch genommen werden.“
Das Vorziehen des Garagentores erfolgte, da der Ehemann der Klgerin
sich bei der Fa. Mercedes einen CLS 500 gekaufte hatte, der entgegen den
Prospektangaben berlange aufwies. Daraufhin hatte sich Mercedes Benz
am 30.5.2011 verpflichtet, den Umbau des Garagentores kostenmig zu
bernehmen und ca. 3500,… . hierfr zur Verfgung zu stellen.
Mit Schreiben vom 11.1.2012 hat die Firma J. (Schlosserei) besttigt, dass
bautechnisch das Garagentor kein tragendes bzw. statisches Bauteil sei, welches die Tragkraft der Decke oder der Wnde in irgendeiner Weise verndere.
Mit Schreiben vom 3.2.2012 hat ein Ingenieurbro diese Angaben besttigt.
Die Beklagten sehen in der durchgefhrten Baumanahme, der Versetzung
des Garagentors um 17 cm nach vorne auf Grund der fotografisch festgehaltenen Asymmetrie eine zustimmungspflichtige bauliche Vernderung.
Auerdem sind sie der Auffassung, dass fr den Feststellungsantrag das
Rechtschutzinteresse fehle, ebenso wie fr den Beschlussanfechtungsantrag.
Aus den Grnden:
2. Dem Anfechtungsantrag fehlt insbesondere nicht das
Rechtschutzinteresse. Die Klgerin konnte und durfte sich
im Wege der Beschlussanfechtung nach § 43 Nr. 4 WEG
gegen die Aufforderung zum Rckbau und gegen die Androhung gerichtlicher Manahmen mit fristgebundender
Anfechtungsklage zur Wehr setzen.
Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begrndet, weil die
Eigentmergemeinschaft bei der Geltendmachung der gebndelten Individualansprche der Beklagten ebenso wie
bei gemeinschaftsbezogenen Ansprchen ein weites Ermessen hat, ob derartige Ansprche verfolgt werden sollen
oder nicht (vgl. OLG Mnchen, ZMR 2011, 316). Auerdem waren die Beklagten berechtigt, auch bei nicht gerade
hohen Erfolgsaussichten im Rahmen ihres Verwaltungsermessens eine entsprechende (bloe) Aufforderung mit Klagandrohung gegenber der Klgerin auszusprechen.
So hat etwa das OLG Mnchen (ZMR 2010, 469) zutreffend festgestellt:
„Beschlieen Wohnungseigentmer, einen Rechtsanwalt im Namen und auf Kosten der Wohnungseigentmergemeinschaft zur Durchfhrung von gerichtlichen
Manahmen gegen einen Wohnungseigentmer zu beauftragen, entspricht dies nicht nur dann ordnungsmiger Verwaltung, wenn tatschlich ein Anspruch besteht, sondern bereits, wenn die Eigentmerversammlung das Bestehen des Anspruchs fr plausibel halten
darf.“
Ein solcher Fall war im Zeitpunkt der Beschlussfassung …
darauf kommt es hier an …, nmlich am 31.8.2011, zu bejahen. Bei der Beschlussanfechtung ist in der Regel auf den
Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen. Hellseherische Fhigkeiten knnen den Beklagten nicht angesonnen
werden.
Zu diesem Zeitpunkt war den beschlieenden Wohnungseigentmern lediglich die eigenmchtige bauliche Vernderung bekannt und das uere Erscheinungsbild.
ZMR 2012, 406
Von den Besttigungen der Schlosserei J. vom 11.1.2012
und der Ingenieure vom 3.2.2012 sowie dem Umfang der
Arbeiten im Garageninneren war ihnen nichts bekannt.
Der Beschluss ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil
er etwa konstitutiv einen derartigen Beseitigungs- oder
Rckbauanspruch begrnden wollte. Dies wre entgegen
der Rechtsprechung des OLG Hamburg (vgl. ZMR 2009,
307) nicht mglich (vgl. Riecke/Schmidt, ZMR 2005, 252;
BGH, ZMR 2010, 777).
Auch wenn es sich hier um Individualansprche der einzelnen Beklagten handelte, war die Eigentmergemeinschaft berechtigt, durch Mehrheitsbeschluss die Sache an
sich zu ziehen (vgl. OLG Hamm, ZMR 2010, 389).
3. Der Feststellungsantrag ist zulssig.
Im vorliegenden Fall sind ausnahmsweise keine Wertungswidersprche im Verhltnis von Leistungs- zu Feststellungsklage zu besorgen. Eine Feststellungsklage kann trotz
der grundstzlich vorrangigen Mglichkeit Leistungsklage
… hier auf Duldung oder Zustimmung im Rahmen eines
Beschlusses gem § 22 WEG … zu erheben dann zulssig
sein, wenn die Durchfhrung des Feststellungsverfahrens
unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu
einer sinnvollen und sachgemen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte fhrt (BGH, NJW 1978, 1520
[1521]).
Diese Ansicht hat der BGH erst jngst in der Entscheidung vom 17.1.2012 … XI ZR 254/10 … besttigt.
Im brigen ist hier zu bercksichtigen, dass eine Vorbefassung der Eigentmerversammlung bereits erfolgt ist und
der hier mit Klagantrag 1 angegriffene Beschluss vom
31.8.2011 zulasten der Klgerin gefllt wurde, d. h. eine
Zustimmung eindeutig versagt ist.
Im brigen ist auch das Verweisen auf eine Erzwingung
einer Beschlussfassung zugunsten der Klgerin nicht unproblematisch. Will man die Klgerin auf dieses Verfahren
verweisen, knnte sich zum Nachteil der Beklagten ergeben, dass diese anteilig mit Kosten belastet wrden. Insoweit wird Bezug genommen auf das Urteil des BGH vom
11.11.2011 … V ZR 65/11 …. Dort heit es:
„Stimmt ein Wohnungseigentmer einer baulichen
Manahme gem § 22 Abs.1 WEG nicht zu, ist er gem § 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG von den damit
verbundenen Kosten befreit; es kommt nicht darauf
an, ob seine Zustimmung gem § 22 Abs.1 i. V. m.
§ 14 Nr.1 WEG erforderlich war oder nicht.“
Dieses „Dilemma“ lsst sich vermeiden, indem man die
Feststellungsklage als zulssig ansieht.
4. Die Feststellungsklage ist begrndet.
Eine ber das in § 14 Nr.1 WEG festgelegte Ma hinausgehende Beeintrchtigung ist durch das Vorziehen des Garagentores um 17 cm nicht gegeben. Bereits die vorgelegten
Fotos zeigen, dass die Garagenoptik durch diese Manahme lediglich marginal betroffen ist.
Auf Grund des Schreibens des Ingenieurbros steht sptestens seit 3.2.2012 fest, dass die statischen Verhltnisse
durch die Umbauarbeiten im Bereich der Garage nicht gendert/verschlechtert wurden. Der tragende Stahlbetonsturz und die Mauerauflager sind unverndert tragfhig.
Rechtsprechung Wohnungseigentumsrecht
Dies deckt sich im brigen mit der Besttigung der
Schlosserei J. vom 11.1.2012, wonach kein tragendes Bauteil verndert worden sei im Rahmen der Umbauarbeiten.
Substantiierten Vortrag, der diese Einschtzung erschttern knnte und zur Einholung eines Sachverstndigengutachtens zwnge, haben die Beklagten nicht geliefert.
Dass die Klgerin sogar einen Anspruch auf Duldung der
von ihr eigenmchtig umgesetzten Baumanahme hat, ergibt sich im brigen auch aus der BGH-Rechtsprechung
zum nachtrglichen Einbau einer Videoanlage im Einzelinteresse eines Wohnungseigentmers (BGH, ZMR 2011,
734). In diesem Verfahren hat der BGH die theoretische
Mglichkeit einer manipulativen Vernderung der Anlage
als Nachteil nicht anerkannt.
Einsender: Richter am AG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Beseitigungsanspruch wegen einer baulichen Vernderung
am Gemeinschaftseigentum
42. WEG § 22; BGB §§ 199, 214, 1004:
Macht eine Wohnungseigentmergemeinschaft einen
Beseitigungsanspruch wegen einer baulichen Vernderung am Gemeinschaftseigentum geltend, so beginnt
die Verjhrungsfrist am Ende des Jahres, in dem die
bauliche Vernderung ausgefhrt wurde, auch wenn
keine positive Kenntnis der Wohnungseigentmer gegeben ist, da der Verwalter auf Grund seiner Pflicht zur
regelmigen berprfung des Gemeinschaftseigentums die bauliche Vernderung bemerken msste und
somit eine Unkenntnis auf Grund grober Fahrlssigkeit
des Verwalters i. S. des § 199 Abs.1 Nr. 2 BGB vorliegt,
dies sich die Wohnungseigentmergemeinschaft anrechnen lassen muss.
AG Wiesbaden, Urteil vom 10.2.2012
92 C 5584/11
Sachverhalt:
Die Klgerin ist die Wohnungseigentmergemeinschaft A-Str. Die Beklagten sind Eigentmer des Sondereigentums an der Wohnung Nr. 9 im 4.
OG. In der Eigentmerversammlung am 28.4.2010 beantragten die Beklagten die Zustimmung zum Austausch ihres Kchenfensters. Dieses neue
Fenster sollte … im Gegensatz zu den brigen Fenstern im Haus … im unteren Drittel des Fensters eine feststehende Fensterflche besitzen und nur in
den oberen zwei Dritteln beweglich sein. Dieser Antrag der Beklagten wurde auf die nchste ordentliche Eigentmerversammlung am 6.7.2011 verschoben. Am 6.11.2011 wurde der Antrag unter TOP 11 erneut diskutiert.
Im Rahmen dieser Diskussion wurde … ausweislich des Protokolls … festgestellt, dass die Beklagten an der Rckseite des Hauses bereits Fenster in der
von ihnen gewnschten Form ausgetauscht hatten, ohne die vorherige Zustimmung der Eigentmerversammlung einzuholen. Die Eigentmer beschlossen daher, die Beklagten unter Fristsetzung zum fachgerechten Rckbau aufzufordern und die Verwaltung bei Nicht-Erfllung des Beschlusses
zu ermchtigen, die notwendigen Zwangsmanahmen durchzufhren.
Mit der vorliegenden Klage, die den Beklagten am 16.11.2011 zugestellt
wurde, macht die Klgerin den Rckbau der Fenster geltend. . . . Die Klgerin bestreitet mit Nichtwissen, dass der Fensteraustausch bereits im Jahre
2007 stattfand. Sie behauptet, die Klgerin habe erst mit dem Antrag der
Beklagten zur Eigentmerversammlung am 28.3.2010 von dem Fensteraustausch Kenntnis erlangt.
Die Beklagten sind der Auffassung, der vorgenommene Fensteraustausch
sei auch ohne Zustimmung der brigen Wohnungseigentmer zulssig gewesen, da die Fenster trotz ihrer abweichenden Gestaltung nicht auffallen
wrden und somit der optische Gesamteindruck der Wohnungseigentumsanlage nicht gestrt werde.
Rechtsprechung Grundstcksrecht
Aus den Grnden:
Ein etwaiger Beseitigungsanspruch ist verjhrt (§ 214 Abs.1
BGB).
Der streitgegenstndliche Austausch zweier Fenster stellt
eine bauliche Vernderung i. S. des § 22 Abs.1 WEG dar.
Der Austausch eines Fensters ist grundstzlich geeignet,
das optische Erscheinungsbild der Anlage zu verndern.
Ob die Vernderung im vorliegenden Fall jedoch so erheblich ist, dass sie das nach § 14 Nr.1 WEG zu duldende
Ma bersteigt, muss bezweifelt werden, da die Vernderung … nach dem eigenen Vortrag der Klgerin … ber einen lngeren Zeitraum keinem Wohnungseigentmer aufgefallen ist.
Letztlich kann dies jedoch dahin gestellt bleiben, da ein
etwaiger Beseitigungsanspruch der Klgerin mittlerweile
verjhrt ist.
Da die Beklagten hinsichtlich des streitgegenstndlichen
Fensteraustausches die Rechnung der ausfhrenden Firma
vom 1.6.2007 vorgelegt haben, sieht es das Gericht als erwiesen an, dass der streitgegenstndliche Fensteraustausch
im Jahre 2007 erfolgte. Da somit ein etwaiger Beseitigungsanspruch der Wohnungseigentmergemeinschaft im Jahre
2007 entstand, begann am 31.12.2007 der Beginn der Verjhrungsfrist, da dass Gericht davon ausgehen muss, das
der Verwalter die Vernderungen htte bemerken mssen.
Da es zu den Aufgaben des Verwalters gehrt, die fr die
erforderliche Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Manahmen
zu treffen (§ 27 Abs.1 Nr. 2 WEG), hat der Verwalter das
Gemeinschaftseigentum regelmig daraufhin zu kontrollieren, ob es sich in einem ordnungsgemen Zustand befindet und hierfr die Wohnanlage regelmig zu begehen
(s. Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. Kln 2010, § 27 Rdn. 22,
m. w. Nachw.). Das Gericht muss daher davon ausgehen,
dass der Verwalter den streitgegenstndlichen Fensteraustausch im Laufe des Jahres 2007 bemerkt htte, wenn er
seiner Verpflichtung, die Wohnanlage regelmig zu berprfen, ordnungsgem nachgekommen wre. Da er dies
somit offensichtlich nicht ordnungsgem gehandhabt
hat, beruht die Unkenntnis des Verwalters auf grober Fahrlssigkeit.
Soweit die Klgerin eine Unkenntnis auf Grund grober
Fahrlssigkeit verneint und dies mit der Entscheidung des
OLG Mnchen vom 4.3.2008 (… 32 Wx 15/08 …) begrndet, so verkennt sie, dass diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist. In dem Verfahren,
dass das OLG Mnchen zu entscheiden hatte, klagte ein
einzelner Wohnungseigentmer gegen einen anderen
Wohnungseigentmer, insoweit hat das OLG festgestellt,
das keine grobe Fahrlssigkeit vorliege, da insbesondere
bei einer vermieteten Eigentumswohnung keine besondere
Kontrollveranlassung fr den Wohnungseigentmer gegeben sei. Dies wird u. a. gerade damit begrndet, dass wesentliche Verwaltungsaufgaben, in der Regel auch die Verkehrssicherungspflicht, durch den Verwalter wahrgenommen werde. Das heit die Entscheidung des OLG Mnchen sttzt gerade das gefundene Ergebnis. Whrend den
einzelnen Wohnungseigentmer keine berprfungspflicht trifft und damit nicht von einer Unkenntnis auf
Grund grober Fahrlssigkeit ausgegangen werden kann,
ZMR 2012, 407
trifft den Verwalter dagegen gerade diese berprfungspflicht und damit muss man bei dem Verwalter zu einer
Unkenntnis auf Grund grober Fahrlssigkeit kommen.
Da sich der klagende Verband der Wohnungseigentmergemeinschaft diese grobe Fahrlssigkeit des Verwalters anrechnen lassen muss (s. OLG Hamm, Urteil vom 3.3.2009
… 15 Wx 96/08 …), beruhte somit die Unkenntnis der Klgerin auf grober Fahrlssigkeit und die Verjhrung eines
etwaigen Beseitigungsanspruches der Klgerin begann am
31.12.2007 zu laufen (§ 199 Abs.1 Nr. 2 BGB), so dass ein
etwaiger Beseitigungsanspruch der Klgerin am 1.1.2011
verjhrt war (§ 188 Abs. 2 BGB) und die vorliegende Klage
die Verjhrung nicht mehr hemmen konnte.
Einsender: Richter am AG Thomas Kirst, Wiesbaden
Grundstcksrecht
Wohnrecht; beschrnkte persnliche Dienstbarkeit
43. BGB §§ 1004, 1027, 1090, 875:
Der Inhaber eines Wohnrechts auf Grund beschrnkt
persnlicher Dienstbarkeit kann den Teilabriss eines
Gebudes verlangen, wenn dies sein Recht beeintrchtigt und ein Teilverzicht auf das Wohnrecht nicht im
Grundbuch eingetragen ist.
Eine Teilverzichtserklrung ohne Grundbucheintragung ist bis Baubeginn frei widerruflich.
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.11.2011
5 U 77/10
Sachverhalt:
I. Die im Jahr 1937 geborene Klgerin ist Inhaberin einer beschrnkt persnlichen Dienstbarkeit in Form eines Wohnrechtes und begehrt von den
Beklagten Unterlassung sowie Beseitigung von Manahmen, die sie in der
Ausbung dieses Wohnrechtes beeintrchtigen.
Mit Grundstckskaufvertrag vom 15.12.2006 verkaufte die Klgerin den Beklagten die Flurstcke (1292 m2) zum Kaufpreis von 20 000,… .. Unter B.
des Vertrages (Vereinbarung eines lebenslnglichen Wohnungsrechtes fr
den Veruerer) heit es:
„Der Veruerer behlt sich am heutigen Vertragsgegenstand ein
lebenslngliches unentgeltliches Wohnungsrecht nachfolgenden Inhalts vor:
Der Veruerer ist hiernach berechtigt, auf Lebenszeit die im Wohnund Stallgebude gelegene abgeschlossene Wohnung im Erdgeschoss,
bestehend aus 2 Zimmern, Kche, Bad und Flur, sowie den Boden,
allein und unter Ausschluss des Grundstckseigentmers zu nutzen.
Er ist ferner berechtigt, den am Wohnhaus angebauten Entenstall
sowie die Gartenflche, welche in dem als Anlage zu dieser Urkunde
genommenen Lageplan rot umrandet und schraffiert eingezeichnet ist,
allein und unter Ausschluss des Grundstckseigentmers zu nutzen.
(. . .)
Die Erwerber beabsichtigen kurzfristig das Stallgebude fr Wohnzwecke umzubauen und im Zuge dessen im gesamten Wohn- und Stallgebude ein modernes Heizungssystem auf eigene Kosten einzubauen.
(. . .)
Der jeweilige Grundstckseigentmer hat jedoch smtliche auf die von
der Berechtigten genutzten Wohnung entfallenden nichtverbrauchsabhngigen Kosten zur inneren und ueren Instandhaltung, einschlielich der Schnheitsreparaturen zu tragen, so dass die Wohnung in
einem jederzeit bewohnbaren und beheizbaren Zustand ist.“
Auf Grund entsprechender Bewilligung der Beklagten ist das Wohnungsrecht der Klgerin als beschrnkt dingliche Dienstbarkeit in das Grundbuch an rangerster Stelle eingetragen worden.
ZMR 2012, 408
Aus den Grnden:
1. Die Klgerin kann von den Beklagten beanspruchen, eine Beeintrchtigung der Gartenflche zu unterlassen, auf
die sich das ihr eingerumte dingliche Wohnrecht bezieht.
Nach §§ 1090 Abs. 2, 1027 BGB i. V. m. § 1004 Abs.1 BGB
kann der Berechtigte einer beschrnkt persnlichen
Dienstbarkeit die Beseitigung der die Ausbung des
Rechts strenden Beeintrchtigungen verlangen. Hinsichtlich des rumlichen Umfangs haben die Parteien klargestellt, dass sich die „Gartenflche“, die Teil des dinglichen
Wohnrechts ist, auf die in der Anlage zum Notarvertrag
rot schraffierte Flche beschrnkt.
Zu dem „berbau“ waren die Beklagten nicht auf Grund
einer Zustimmung der Klgerin berechtigt. Das lebzeitige
Erlschen eines dinglichen Wohnungsrechtes erfolgt regelmig durch Aufgabeerklrung des Berechtigten gem
§ 875 BGB (Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1093
Rdn.19). Das Recht erlischt erst, wenn der Berechtigte eine entsprechende Erklrung abgibt und zustzlich das
Recht im Grundbuch gelscht ist. Die Aufgabeerklrung
ist durch Erklrung gegenber ihrem Adressaten einseitig
widerrufbar.
Die Ausfhrungen der Beklagten zu dem vermeintlich von
der Klgerin zu einem nicht nher bezeichneten Zeitpunkt
im Sommer 2007 erklrten (Teil-)Verzicht sind bereits deshalb unerheblich, weil die Beklagten die Baugenehmigung
fr die Halle unstreitig erst im September 2007 beantragten. In diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen des
§ 875 BGB nicht vor, eine etwaige Aufgabeerklrung wre
also noch widerrufbar gewesen. Ein derartiger Widerruf
wre jedenfalls im Widerspruch der Klgerin vom
12.2.2008 gegen die Baugenehmigung bezglich der Halle
zu sehen gewesen. Sptestens ab diesem Zeitpunkt konnten die Beklagten redlicherweise nicht mehr annehmen,
dass ein etwa zuvor erklrter Verzicht noch Bestand haben
sollte. Dass sie dies auch tatschlich nicht angenommen
haben, folgt aus dem Umstand, dass sie die Klgerin im
November 2007 um eine schriftliche Besttigung der Baumanahmen und Vernderungen der Gartenflche baten.
Die Beklagten haben die Bitte um schriftliche Besttigung
damit begrndet, dass das Verhltnis zur Klgerin nach
dem Sommer 2007 „extrem ambivalent“ geworden sei, sie
htten jedoch darauf vertraut, mit ihr „per Saldo“ schon
klarzukommen. Der Umstand, dass diese Besttigung
nicht erteilt, statt dessen aber der Baugenehmigung widersprochen wurde, dokumentiert unmissverstndlich das
fehlende Einverstndnis der Klgerin. Im Hinblick auf das
von den Beklagten selbst als sehr wechselhaft wahrgenommene Verhalten der Klgerin hatten diese bei Zugrundelegung ihres eigenen Vortrages keine Veranlassung, den behaupteten mndlich erteilten Verzicht zur Grundlage
weitreichender Dispositionen zu machen und insofern
Vertrauensschutz zu beanspruchen. Der Umstand, dass ihnen die Rechtslage nicht bewusst gewesen sein mag, ist
rechtlich unerheblich.
Die Wiederholungsgefahr ist auf Grund der vorangegangenen rechtswidrigen Beeintrchtigung indiziert. Anhaltspunkte, auf Grund derer eine Wiederholungsgefahr ausnahmsweise ausgeschlossen werden knnte, tragen die Beklagten nicht vor; sie sind auch sonst nicht ersichtlich, zumal die Beklagten nach wie vor die Auffassung vertreten,
Rechtsprechung Grundstcksrecht
zur einer Verletzung des dinglich gesicherten Wohnungsrechts berechtigt gewesen zu sein.
Eine Duldungspflicht folgt auch nicht aus § 242 BGB. Soweit die Beklagten meinen, der bereilungsschutz spiele
im Hinblick auf die angebotenen und teilweise auch erbrachten „Gegenleistungen“ keine Rolle, kann ihnen nicht
gefolgt werden. Die Beklagten haben der Klgerin diese
Gegenleistungen in der Hoffnung angeboten bzw. teilweise gewhrt, die Klgerin damit zu einem Teilverzicht bewegen zu knnen. Wenn sich diese Erwartung nicht erfllt
hat, knnen sich hieran entsprechende Rckgewhransprche anknpfen, nicht aber die Schlussfolgerung, die
Klgerin msse sich so behandeln lassen, als habe sie die
erwnschte Erklrung abgegeben.
Auch andere Anstze fr ein treuwidriges Verhalten der
Klgerin sind nicht erkennbar. In einem vom RG entschiedenen Fall bot die dort streitgegenstndliche Grunddienstbarkeit infolge einer bei ihrer Begrndung nicht vorauszusehenden Entwicklung, vom Standpunkt vernnftiger
Wirtschaft aus gesehen, keinen Vorteil mehr fr das herrschende Grundstck, whrend sich zugleich die Nachteile
fr das dienende so stark vermehrt hatten, dass der Nutzen
nunmehr auer Verhltnis zu dem Schaden stand. Das RG
hat dem Belasteten angesichts der vlligen ˜nderung der
Grundlagen, auf denen die Grunddienstbarkeit ursprnglich entstanden war, in Ausdehnung der Vorschrift des
§ 1020 Satz 1 BGB und in entsprechender Anwendung des
Rechtsgedankens, der dem § 1169 BGB zugrunde liegt, die
Befugnis zugebilligt, der weiteren Ausbung des Nutzungsrechts zu widersprechen und, sofern der Vernderung nicht durch eine bloe Einschrnkung der Wegebenutzung Rechnung getragen werden knne, von dem Berechtigten sogar den Verzicht auf sein Recht zu verlangen
(RGZ 169, 180).
Ob diesem Ansatz gefolgt werden kann, hat der BGH spter offen gelassen (BGH, NJW 1965, 1229). Fr den vorliegenden Fall lsst sich daraus auch deshalb nichts zu Gunsten der Beklagten ableiten, weil das Interesse der Klgerin
an der uneingeschrnkten Gartennutzung fortbesteht; der
Umstand, dass sich die Grundstcksaufteilung fr die Beklagten im Nachhinein als ungnstig herausgestellt hat,
stellt keine in rechtlicher Hinsicht beachtliche ˜nderung
der der Wohnrechtbestellung zugrunde liegenden Situation dar.
2. Auch in Bezug auf den Dachboden hat das LG einen
Unterlassungsanspruch zu Recht angenommen. Der Senat
hat bereits im Berufungsurteil des einstweiligen Verfgungsverfahrens vom 2.7.2009 … 5 U 26/09 … ausgefhrt,
dass es sich bei den ohne Berechtigung begonnenen Abriss- und Ausbauarbeiten, dem Einbau von sechs Dachgauben, der ffnung der Giebelwand sowie dem Abriss der
Treppe zum Erdgeschoss um Besitzstrungen bzw. (bezglich der Treppe) … entziehungen im Wege verbotener
Eigenmacht (§ 858 BGB) handelte. An dieser Bewertung
hat sich auch im Hauptsacheverfahren nichts gendert.
Soweit die Beklagten geltend machen, zur Durchfhrung
aus Grnden der Verkehrssicherung verpflichtet gewesen
zu sein, kann dies jedenfalls nicht den Einbau von Dachgauben, die ffnung der Giebelwand sowie das „Berumen“ des Dachbodens betreffen. Im brigen durften die
Beklagten, auch wenn das Dach selbst nicht Teil des din-
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glichen Wohnungsrechts wre, Arbeiten hieran nicht eigenmchtig vornehmen, da sie hierzu notwendig den vom
Nutzungsrecht der Klgerin umfassten Dachboden betreten bzw. betreten lassen mussten.
Gem § 1093 Abs.1 Satz 2 BGB i. V. m. § 1044 BGB hat
der Berechtigte allerdings, sofern er erforderlich gewordene Ausbesserungen oder Erneuerungen nicht selbst vornimmt, dem Eigentmer die Vornahme und die Verwendung der in § 1043 BGB bezeichneten Grundstcksbestandteile zu gestatten. Der Duldungsanspruch ist einklagbar und nach §§ 890, 892 ZPO vollstreckbar; eigenmchtige Vornahme ist hingegen verbotene Eigenmacht (Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 1044 Rdn.1; Lenders, in:
jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 1044 BGB Rdn. 5).
ber die Behauptung der Beklagten, die Klgerin habe im
gegen die Beklagten gerichteten Strafverfahren eingerumt, ber Beginn und Durchfhrung der Manahmen
unterrichtet gewesen zu sein und diesen nicht widersprochen zu haben, ist in diesem Zusammenhang kein Beweis
zu erheben. Es ist nmlich unstreitig, dass die Prozessbevollmchtigten der Klgerin die Beklagten mit Schreiben
vom 18.6.2008 zur sofortigen Einstellung der Bauarbeiten
am Dachboden aufforderten; hierber durften sich die Beklagten demnach auch dann nicht eigenmchtig hinwegsetzen, wenn die Klgerin zuvor in Kenntnis der geplanten
Manahmen diesen nicht widersprochen haben sollte. Es
kommt deshalb nicht darauf an, dass der diesbezgliche
Vortrag der Beklagten bereits nicht plausibel ist, da nicht
angenommen werden kann, dass die Klgerin „nicht widersprochen“ htte, wenn ihr bekannt gewesen wre, dass die
Beklagten Manahmen planten, die zur Unbeheizbarkeit
ihrer Wohnung fhrten. Schlielich ist es bei dieser Sachlage unerheblich, ob allein fehlender Widerspruch ausgereicht htte, um die Beklagten zur Beeintrchtigung des
Nutzungsrechts der Klgerin zu berechtigen.
3. Der Rumungsanspruch ist ebenfalls mit zutreffender
Begrndung zugesprochen worden. Ohne Erfolg wenden
die Beklagten sich gegen die Feststellung, dass sie das Leistungshindernis zu vertreten htten, § 275 Abs. 2 Satz 2
BGB.
Angesichts der vorstehend dargestellten zeitlichen Abfolge
bestand fr die Beklagten bei Beginn der Bauarbeiten mit
der Halle keinerlei Veranlassung, von einem (fortbestehenden) Einverstndnis der Klgerin mit einem berbau
der Gartenflche auszugehen. Das Risiko eines spter erforderlich werdenden und mit erheblichen Kosten verbundenen Teilabrisses sind sie bewusst eingegangen. Die Klgerin hatte der Baugenehmigung widersprochen und mit
Schreiben vom 1.4.2008 die Einstellung der Arbeiten verlangt; mehr musste sie nicht tun, um ein etwaiges Vertrauen der Beklagten in die Rechtmigkeit ihres Vorhabens
zu zerstren. Zudem weist die Klgerin zutreffend auf den
Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass die Klgerin
einerseits im Sommer 2007 einen wirksamen Verzicht auf
ein im Grundbuch eingetragenes Recht erklrt haben soll,
die Beklagten aber andererseits im Oktober 2007 einen Antrag auf Betreuung und Unterbringung der Klgerin gestellt haben, gesttzt u. a. auf die Behauptung, diese sei
„nicht bei Sinnen“.
Einsender: Rechtsanwalt Jens Mader, Strausberg
ZMR 2012, 409
Verkehrssicherungspflicht auf dem Parkplatz einer Bank
44. BGB §§ 253, 276, 278, 311, 823:
ffentliche Parkpltze mssen auch dann nicht umfassend schnee- und eisfrei sein, wenn sie nicht von einer
Kommune im Interesse der Allgemeinheit, sondern von
einem Wirtschaftsunternehmen fr dessen Kundschaft
unterhalten werden (hier: 50 cm Eisflche auf dem ansonsten gefahrlos begehbaren Parkplatz einer Sparkasse).
OLG Koblenz, Beschluss vom 10.1.2012
5 U 1418/11
Sachverhalt:
Der Klger begab sich am 11.3.2010 gegen 16.30 Uhr zu einer Niederlassung der beklagten Sparkasse. Dazu fuhr er seitlich des Sparkassengebudes
in den dahinter liegenden Kundenparkplatz ein. Dort stellte er sein Auto
im rckwrtigen Teil mit der Front zur Grenzmauer hin ab. Als er es verlassen und das Fahrzeugheck passiert hatte, glitt er auf einer Eisflche aus und
strzte. Dabei zog er sich rechtsseitig eine Sprunggelenksdistorsion zu, die
operativ und anhaltend physiotherapeutisch versorgt werden musste. Noch
heute bereitet lngeres Gehen Schmerzen. Auerdem ist es zu einer Fehlhaltung der Wirbelsule mit neurologischen Folgeerscheinungen im Bein
gekommen. Dafr und fr begleitende materielle Schden, zu denen insbesondere eine Verdiensteinbue gehrt, macht der Klger die Beklagte verantwortlich. Er hat ihr angelastet, den Parkplatz nicht hinlnglich gerumt
zu haben. Weite Bereiche seien vereist gewesen.
Die Beklagte hat das bestritten und entgegen gehalten, dass der Parkplatz
bereits in etwa 50 cm Entfernung von der Wagenstellflche des Klgers
groflchig eisfrei gewesen sei und man von dort an das Sparkassengebude sicheren Fues habe erreichen knnen. Damit habe sie ihrer Verkehrssicherungspflicht gengt. Unabhngig davon treffe den Klger der Vorwurf
der Unachtsamkeit.
Das LG hat das Klageverlangen, mit dem eine materielle Ersatzleistung von
2640,… ., ein mit mindestens 2000,… . zu bezifferndes Schmerzensgeld,
die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Feststellung
der weitergehenden Haftung der Beklagten geltend gemacht worden ist, abgewiesen. Nach seiner Sachverhaltsbeurteilung gab es auf dem Parkplatz
nur vereinzelt vereiste Stellen, denen der Klger htte ausweichen knnen.
Damit fehle es an einem Pflichtversto der Beklagten, und der Klger habe
seinen Sturz selbst zu verantworten.
Aus den Grnden:
Der Klger vermag mit seinem Begehren nicht durchzudringen. Er hat zugestanden, dass das von dem Zeugen S.
zu den Akten gereichte Foto „die rtlichen Gegebenheiten
zum Zeitpunkt des Sturzes“ korrekt wiedergibt. Allerdings
weist er darauf hin, dass die Parksituation anders als abgebildet gewesen sei. Deshalb habe er nicht die Wahl gehabt,
sein Fahrzeug andernorts abzustellen, und sei gezwungen
gewesen, die im Heckbereich des Wagens vorhandene Eisflche zu betreten; sie mit einem groen Schritt zu bersteigen, sei wegen der Bodenbeschaffenheit nicht in Betracht gekommen.
Es kann auf sich beruhen, ob das den tatschlichen Verhltnissen gerecht wird. Denn die Beklagte haftet auch
dann nicht, wenn die Sachverhaltsbeschreibung des Klgers zutrifft. Die vereiste Stelle, auf der der Klger strzte,
befand sich unstreitig in unmittelbarer Nhe der angefahrenen Parkbucht und hatte dabei lediglich eine Ausdehnung von etwa 50 cm. Etwas anderes ergibt sich auch
nicht aus der Fotodokumentation. Hatte man sie berquert, befand man sich auf ungefhrlichem Terrain und
konnte … unter Meidung sonst noch vorhandener Eisreste
… sicheren Fues in das Sparkassengebude gelangen. Unter derartigen Umstnden war der Verkehrssicherungs-
ZMR 2012, 410
pflicht der Beklagten Genge getan. Dass unterlassen wurde, die verbliebenen Eisansammlungen zu beseitigen, war
kein haftungsbegrndendes Versumnis.
Es ist anerkannt, dass ffentliche Parkpltze nicht uneingeschrnkt schnee- und eisfrei gehalten zu werden brauchen.
Vielmehr ist … selbst wenn sie belebt sind … hinzunehmen,
dass die Fahrzeugbenutzer kurze Strecken („wenige Schritte“) auf nicht gerumtem und nicht gestreutem Terrain zurcklegen, ehe sie verkehrssichere Flchen erreichen
(BGH, NJW 1966, 202; VersR 1983, 162; OLG Celle,
MDR 2004, 554; OLG Jena, DAR 2001, 80; OLG Kln,
VersR 1983, 162). So lagen die Dinge auch im konkreten
Fall. Die Auffassung des Klgers, dieser Grundsatz habe
hier nicht gegolten, weil der Parkplatz, auf dem sich der
Unfall ereignete, nicht von einer Kommune im Interesse
der Allgemeinheit, sondern von der Beklagten als Wirtschaftsunternehmen mit Rcksicht auf die eigene Kundschaft unterhalten wurde, trifft nicht zu. Es gibt keine
Rechtfertigung dafr, insoweit einen Unterschied zu machen. In beiden Fllen geht es um einen Parkplatz, der einer unbestimmten Vielzahl von Benutzern erffnet worden ist. Deren Schutzbedrfnis hngt nicht davon ab, wer
den Parkplatz mit welcher Motivation betreibt. Deshalb
unterliegen die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht jeweils den gleichen Regeln (OLGReport Koblenz
1999, 396; OLG Mnchen, VersR 1992, 210; OLG Mnchen, Beschluss vom 21.6.2010 … 1 U 2681/10 …; abweichend OLG Dsseldorf, NJW-RR 2000, 696).
Einsender: 5. Zivilsenat des OLG Koblenz
Vergtungsanspruch einer Winterdienstfirma: Rechtliche
Einordnung des Vertrages und Rechtsfolgen mangelhafter
Leistung
45. BGB §§ 275, 280, 611, 631:
Bei einem pauschal vergteten Winterdienstvertrag
handelt es sich nicht um einen Geschftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter (so aber LG Berlin
vom 18.11.2010 … 52 S 67/10 …, GE 2011, 201), es wird
vielmehr ein bestimmter (Werk-)Erfolg, nicht nur die
bernahme einer Verkehrssicherungspflicht geschuldet.
Der Unternehmer schuldet die erfolgreiche Bekmpfung von Schnee- und Eisgltte.
Zahlt die Eigentmergemeinschaft ein nicht evident unberechtigtes behrdliches Verwarngeld, so steht ihr in
dieser Hhe ein Schadensersatzanspruch gegen den unzuverlssigen Unternehmer zu.
Wird der Winterdienst teilweise nicht oder zu spt erbracht, kann der Vergtungsanspruch gemindert werden, es besteht nicht nur die Mglichkeit, den Vertrag
zu kndigen oder mit Schadensersatzansprchen aufzurechnen.
AG Spandau, Urteil vom 1.11.2011
70 C 73/11
Sachverhalt:
Am 21.6./23.6.1999 kam ein Vertrag ber die „Beseitigung/Bekmpfung
von Schnee, Schnee- und Eisgltte“ auf dem ffentlichen Gehweg vor der
Wohnanlage in Berlin-Spandau zustande. Das Entgelt fr diese Leistung,
Rechtsprechung Grundstcksrecht
bei der 60 Meter Gehweg per Hand zu reinigen waren, war mit 322,47 . fr
eine Saison vereinbart. In der Wintersaison 2010/2011 behielt die Beklagte
unstreitig einen Betrag i. H. v. 107,49 . wegen von ihr behaupteter Schlechtleistung der Klgerin ein.
Die Beklagte zeigte am 10.12.2010 und am 17.12.2010 bei der Beschwerdeannahmestelle der Klgerin an, dass erforderliche Winterdienstarbeiten
nicht durchgefhrt wurden.
Das Ordnungsamt verhngte gegen die Eigentmer und den Winterdienst
wegen Verstoes gegen § 4 Abs. 4 Satz 1 des StrRGBln ein Verwarngeld
i. H. v. je 35,… ., das diese bezahlt und an die Beklagte zwecks Erstattung
weitergereicht haben.
Aus den Grnden:
Der Klgerin steht gegen die Beklagte zwar ein Anspruch
auf Zahlung der restlichen Vergtung aus dem „Winterdienstvertrag“ i. H. v. 59,12 . gem § 631 Abs.1 BGB zu,
dieser Anspruch ist jedoch durch Aufrechnung erloschen.
Der zugrunde liegende Vertrag stellt zunchst nach Auffassung des Gerichts einen Werkvertrag dar. Die rechtliche
Einordnung des Winterdienstvertrages ist umstritten. Einen Anhaltspunkt zur rechtlichen Einordnung bietet § 1
der AGB, denn danach schuldet die Klgerin auf der Flche Schnee zu rumen sowie Schnee- und Eisgltte zu bekmpfen. Dies korrespondiert mit der Regelung des § 3
Abs.1 StrRGBln, da es Sinn und Zweck des Vertrages war,
dass die Klgerin die der Gemeinschaft obliegende Pflicht
zur Durchfhrung des Winterdienstes bernimmt. Die
Klgerin schuldete danach nicht nur lediglich die Erbringung einer Ttigkeit. Zwar war es auch Aufgabe der Klgerin, die Wetterlage zu beobachten und demgem die Entscheidung zu treffen, ob und welche Manahmen zur Erfllung der Verkehrssicherungspflichten erforderlich sind.
Dies mag man zwar als eine Ttigkeit ansehen. Insgesamt
betrachtet entspricht dies aber weder der Interessenlage
der Parteien noch dem Wesen des Vertrages insgesamt.
Dem Verkehrssicherungspflichtigen, also der Gemeinschaft, ist nicht damit gedient, dass der Unternehmer lediglich versucht, die Schnee- und Eisgltte zu bekmpfen.
Dies findet auch in § 3 StrRGBln keine Sttze. Vielmehr
ist die Schnee- und Eisgltte erfolgreich zu bekmpfen,
um den Vorgaben des Gesetzes Genge zu tun. Der Gehweg ist daher so zu bearbeiten, dass er auch in der Wintersaison gefahrlos benutzt werden kann. Es ist daher insgesamt von einem werkvertraglichen Charakter des Vertrages
auszugehen (so auch AG Schneberg, GE 2011, 1234 mit
Zustimmung des LG Berlin; Keinert, GE 2011, 865 f.; Briesemeister, GE 2011, 385 f.; Beuermann, GE 2010, 942 und
GE 2011, 1197; MnchKomm.-Busche, § 631 Rdn. 287).
Die anders lautenden Entscheidungen des LG (vgl. GE
2011, 201 f.; 953) berzeugen nicht. Die bernahme der
Verkehrssicherungspflicht und die damit einhergehende
berprfung der Wetter- und Straenverhltnisse sind
nicht Hauptbestandteil des Vertrages, sondern die Herstellung von Verhltnissen auf dem Gehweg, die ein gefahrloses Passieren ermglichen. Dies ist aber ein immer wiederkehrender Erfolg, so dass im Ergebnis Werkvertragsrecht
Anwendung findet. Die Art der Vergtung lsst nach Auffassung des Gerichts keinen Schluss auf die Rechtsnatur
des Vertrages zu.
Die Klgerin hat in der Saison 2010/2011 den Winterdienst am Objekt der Beklagten mangelhaft durchgefhrt,
so dass ihr Werklohn um 15 % des jhrlichen Reinigungsentgelts, das entspricht einem Betrag von 48,37 ., nach
Rechtsprechung ZV-Recht
§§ 638 Abs. 3, 634 Nr. 3, 633 Abs.1 BGB gemindert ist. Die
Beklagte schuldet daher lediglich einen restlichen Werklohn i. H. v. 59,12 .. Die Beklagte hat die Schlechterfllung des Vertrages am 2.12.2010, 9.12.2010, 10.12.2010
und 17.12.2010 dargetan. Es war auch ihre Aufgabe,substantiiert zu den Mngeln vorzutragen und diese zu
beweisen.
Am 2.12.2010 schneite es fast den ganzen Tag. Nach den
Angaben der Beklagten fhrte die Klgerin an diesem Tag
keine Arbeiten durch. Es habe berfrorene Gltte bestanden. Die Klgerin hat zwar den Angaben insoweit widersprochen, als um 11.45 Uhr eine Zwischenrumung erfolgt
sei. Dem Vortrag, dass sich anschlieend Gltte gebildet
hat, ist sie hingegen nicht weiter entgegengetreten. Nach
dem StrRGBln wre die Klgerin verpflichtet gewesen,
nach Beendigung des Schneefalls ttig zu werden und
Gltte zu beseitigen. Dies ist an diesem Tage aber unstreitig nicht erfolgt. Die Ttigkeit, erst am Folgetag um 8.20
Uhr, war in jedem Falle versptet. Die Klgerin htte, um
ihre Pflichten ordnungsgem zu erfllen, noch in den
Nachmittagsstunden fr gefahrlose Verhltnisse sorgen
mssen. Dass dies nicht erforderlich oder mglich war, ist
nicht ersichtlich. Auch am 9.12.2010 waren die Reinigungsarbeiten der Klgerin versptet. Whrend die Tour
um 5.10 Uhr morgens begann, wurde vor dem Grundstck
der Beklagten eine Bearbeitung erst um 12.28 Uhr vorgenommen. Angesichts des Umstands, dass grundstzlich
sptestens bis 7.00 Uhr morgens die Winterarbeiten ausgefhrt sein mssen, war dies zu spt. Dass die Klgerin am
10.12.2010 mangelhaft gearbeitet hat, steht fr das Gericht
auf Grund der durchgefhrten Beweisaufnahme fest.
Eine Minderungsquote von 15 % erscheint im Hinblick
auf die in der Saison insgesamt durchzufhrenden Ttigkeiten und die Umstnde zu Art und Dauer der Schlechtleistung angemessen. Unter Bercksichtigung der bereits
geleisteten Zahlungen der Beklagten verbleibt damit ein
restlicher Vergtungsanspruch von 59,12 ..
Diesen kann die Klgerin nicht mehr mit Erfolg gegen die
Beklagte geltend machen, da der Werklohnanspruch auf
Grund der hilfsweisen Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch nach §§ 634 Nr. 4, 280 BGB gem § 389
BGB erloschen ist. Der Beklagten ist hinsichtlich der Verwarngelder von insgesamt 70,… ., die gegen zwei ihrer Mitglieder verhngt wurden, ein Schaden entstanden, fr den
die Klgerin einzustehen hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fr das Gericht fest, dass die Klgerin
es am 10.12.2010 versumt hat, den Gehweg am Nachmittag in einen Zustand zu versetzen, der den Vorgaben des
§ 3 StrRGBln gengt. Schnee war nicht gerumt, der Weg
war uneben und glatt. Es kann der Beklagten auch nicht
zum Vorwurf gemacht werden, diese habe gegen die Schadensminderungspflicht verstoen, da die Bescheide gegen
zwei Eigentmer greifbar gesetzwidrig gewesen seien. Es
ist dabei zu bercksichtigen, dass kein Bugeldbescheid
erging, sondern als Vorstufe das ausgewiesene Verwarngeld bezahlt wurde und die Sache damit erledigt war. Wer
Adressat eines etwaigen Bugeldbescheides htte sein knnen, ist rechtlich nicht ganz eindeutig (vgl. dazu Helmich,
NZM 2010, 457). Der Prozessbevollmchtigte der Klgerin
vertritt insoweit die Auffassung, dies knne im Falle einer
WEG niemand sein. Dies erscheint zumindest fraglich. Im
brigen sieht das Gericht in dem Akzeptieren des Ver-
ZMR 2012, 411
warngeldes kein vorwerfbares Verhalten. Die Beklagte ist
nicht gehalten, jedes mgliche Rechtsmittel aufzubieten,
um die behrdlich festgesetzte Geldzahlung abzuwehren.
Im vorliegenden Fall ist bereits der Erfolg eines rechtlichen Vorgehens fraglich, zumal die Beklagte die Bescheide
in der Sache fr gerechtfertigt hielt. Ein rechtliches Vorgehen war der Beklagten unter den gegebenen Umstnden
jedenfalls nicht zumutbar (vgl. dazu BGH, MDR 1991,
1139). Angesichts der Geringfgigkeit der Zahlung und
dem ungewissen Ausgang einer streitigen Auseinandersetzung mit der Behrde war die Zahlung des angebotenen
Verwarngeldes sinnvoll.
ZV-Recht
Vollstreckung gegen einen WEG-Verwalter
46. ZPO § 888:
Wie ist gegen einen WEG-Verwalter dessen Verpflichtung zu vollstrecken, a) die Jahresabrechnung und den
Wirtschaftsplan zu erstellen, b) eine WE-Versammlung
einzuberufen, c) Kontoauszge herauszugeben? Zu den
Auswirkungen eines zwischenzeitlichen Beschlusses
der Wohnungseigentmer, einen anderen Verwalter
mit diesen Aufgaben zu betrauen.
AG Halle/S., Beschlusss vom 11.1.2012
120 C 121/11
Leitsatz des Einsenders
Sachverhalt:
Die Glubiger erwirkten am 12.5.2011 ein Urteil gegen die Schuldnerin/
Verwalterin u. a. mit folgendem Urteilsausspruch:
„1. Die Beklagte wird verurteilt, bezglich der Wohnungseigentmergemeinschaft Z. in Halle eine ordnungsgeme Abrechnung fr die Zeit vom
1.1.2008 bis zum 31.12.2008 (Jahresabrechnung 2008) zu erstellen und vorzulegen, des Weiteren eine ordnungsgeme Abrechnung fr die Zeit vom
1.1.2009 bis zum 31.12.2009 (Jahresabrechnung 2009).
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Klgern die Kopien der Bankkontoumstze fr den Zeitraum vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2009 und vom 1.1.2010
bis zum 31.12.2010 herauszugeben.
3. Die Beklagte wird verurteilt, eine Wohnungseigentmerversammlung
zur Beschlussfassung fr die Jahresabrechnungen 2008 und 2009 einzuberufen sowie den Wirtschaftsplan fr das Jahr 2011 zu erstellen.“
Zwischenzeitlich hatte die Schuldnerin eine Wohnungseigentmerversammlung einberufen. In dieser Versammlung fasste die Wohnungseigentmergemeinschaft den Beschluss ber die Bestellung einer neuen Verwalterin. Diesen Beschluss haben die Glubiger angefochten. Das entsprechende Gerichtsverfahren ist noch nicht beendet. Die Schuldnerin legte ihrerseits ihr Amt als Verwalterin nieder.
Die Glubiger betreiben die Vollstreckung des bezeichneten Urteils. Sie beantragen die Festsetzung eines jeweiligen Zwangsgeldes fr die Verpflichtungen der Schuldnerin aus Ziffern 1…3 des Urteils.
Aus den Grnden:
Der Antrag ist nicht statthaft.
1. Ein Schuldner ist dann durch Zwangsgeld zur Vornahme einer Handlung anzuhalten, wenn diese durch einen
Dritten nicht vorgenommen werden kann und sie ausschlielich vom Willen des Schuldners abhngt (§ 888
Abs.1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfllt.
2. Die Jahresabrechnung ist eine geordnete und bersichtliche, inhaltlich zutreffende Aufstellung smtlicher Einnahme und Ausgaben fr das betreffende Wirtschaftsjahr
ZMR 2012, 412
(Brmann/Merle, WEG, § 28 Rdn. 67). Ihre Erstellung ist
nicht personengebunden. Auch ein sachkundiger Dritter
ist in der Lage, diese Kriterien zu erfllen. So ist es nach
allgemeiner Ansicht mglich, nach einem Verwalterwechsel den neuen Verwalter mit einer noch nicht erledigten
Jahresabrechnung zu betrauen (vgl. Brmann/Merle, § 28
Rdn. 64, m. w. Nachw.). Dem Beschluss des KG (vom
30.6.1972 … 1 W 1386/71 …, MDR 1973, 145) lsst sich ein
Gegenargument nicht entnehmen. Der BGH-Beschluss
(vom 11.5.2006 … I ZB 94/05 …) befasst sich nicht mit der
Jahresabrechnung, sondern mit einer Betriebskostenabrechnung des Vermieters. In der Sache ist die Erstellung
der Jahresabrechnung jedem mglich, der ber die ntigen
Kenntnisse, die Gemeinschaftsordnung und die Zahlungsbelege verfgt (Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, WEG,
§ 28 Rdn.119; Brmann/Merle, § 28 Rdn. 63; BayObLG
vom 15.11.1988 … 2Z 142/87 …), weshalb die Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO vorzunehmen ist.
3. Die Herausgabe bestimmter beweglicher Sachen geschieht durch die Wegnahme des Gerichtsvollziehers
(§ 883 Abs.1 ZPO). Abweichend davon kommt im Einzelfall eine Vollstreckung durch Verhngung eines Zwangsgeldes (nach § 888 ZPO) in Betracht, wenn ein Vollstreckungstitel ber die „Herausgabe aller Verwaltungsunterlagen“ vorliegt, in dem die hinterlegten Dokumente nicht
im Einzelnen bezeichnet werden (HansOLG Hamburg
vom 20.8.2007 … 2 Wx 117/06 …, ZMR 2008, 148). In einem solchen Falle dient die Herausgabe der Unterlagen
der Rechenschaftspflicht, stellt somit eine hchstpersnliche Verpflichtung dar und ist nach § 888 ZPO zu vollstrecken. Geht es aber nur um die Herausgabe einzelner genau
bezeichneter Unterlagen, ist ein solcher Titel auf Herausgabe von Verwaltungsunterlagen wie jeder Herausgabetitel
nach § 883 ZPO zu vollstrecken (Niedenfhr/Kmmel/Vandenhouten, § 26 Rdn.124). Letztere Konstellation ist hier gegeben. Es sind genau benannte Bankauszge mit exakten
zeitlichen Grenzen herauszugeben.
Rechtsprechung ZV-Recht
4. Hinsichtlich des Wirtschaftsplanes fr das Jahr 2011
gelten die vorstehenden Ausfhrungen zur Jahresabrechnung entsprechend. Auch insoweit handelt es sich um keine hchstpersnliche Leistung. Die Vollstreckung kann
nicht (nach § 888 ZPO) durch die Androhung eines
Zwangsgeldes erfolgen.
5. Was die begehrte Einberufung einer Wohnungseigentmerversammlung betrifft, so ist diese der Schuldnerin … inzwischen … unmglich. Das Zwangsgeld dient dazu, den
Schuldner zur Erfllung seiner geschuldeten Handlung anzuhalten (Zller/Stber, ZPO, § 888 Rdn.1). Dieser Zweck
kann nicht (mehr) erreicht werden, wenn der Schuldner
nicht (mehr) in der Lage ist, die fragliche Handlung vorzunehmen.
So liegt es hier. Die Versammlung der Wohnungseigentmer wird grundstzlich vom Verwalter einberufen (§ 24
Abs.1 WEG). Nach der neuerlichen Wohnungseigentmerversammlung hat die Schuldnerin die Stellung als Verwalterin an ihre Nachfolgerin verloren. Die diesbezglich
erfolgte Anfechtung dieses Beschlusses ist hierfr nicht
von Bedeutung (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Nach dieser Vorschrift ist ein Beschluss so lange gltig, wie er nicht durch
rechtskrftiges Urteil fr ungltig erklrt wird. Soweit ersichtlich ist das Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskrftig abgeschlossen.
6. Schlielich und hilfsweise gilt folgendes:
Selbst wenn man die Grundkonstellation des § 888 ZPO
als einschlgig ansieht, darf ein Zwangsgeld nur verhngt
werden, wenn die Handlungen ausschlielich vom Willen
des Schuldners abhngen (§ 888 Abs.1 Satz 1 ZPO). Daran
fehlt es vorliegend. Unstreitig ist eine neue Verwalterin bestellt, die mit der Durchfhrung der streitgegenstndlichen Aufgaben betraut wurde. Ihre Bestellung ist … jedenfalls momentan (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) … auch wirksam.
Damit steht der Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentmergemeinschaft gegen ein Ttigwerden der Schuldnerin.
Einsender: Richter am AG Thomas Puls, Halle/S.
Literatur
„Mnchener Kommentar zum Brgerlichen Gesetzbuch“, Band I, Allgemeiner Teil, Verlag C.H. Beck, 6. Aufl., 2011, 2716 Seiten, Leinen,
248,… ., ISBN: 978-3-406-61461-3
Auch im Mietrecht soll es fr das Kndigungsrecht aller Mieter auf das
Ausma der konkreten Beeintrchtigung durch die zur Prostitution
genutzte Nachbarwohnung ankommen.
2011 startete der Mnchener Kommentar in die 6. Auflage. Dies bedeutet, dass smtliche Bnde in engem zeitlichen Zusammenhang (Verlagsziel ist es, innerhalb von nur drei Jahren das komplette 11-bndige
Gesamtwerk herauszubringen) neu erscheinen sollen.
Die mietrechtlich relevante Vorschrift des § 19 Abs. 5 Satz 2 AGG kommentiert Thsing (§ 19 AGG Rdn.111 f.). Thsing weist darauf hin
(Rdn.112), dass das gesetzliche Regelbeispiel des § 19 Abs. 5 Satz 2 AGG
zu weit geht und nicht mehr durch europarechtliche Vorgaben gedeckt
sei. Es knne nicht angehen, dass ein Vermieter, der Wohnungen in
einem Hochhaus vermietet, in dem er selbst wohnt, komplett vom
Benachteiligungsverbot ausgeschlossen werde. In diesem Fall sei die Privatsphre des Vermieters gar nicht mehr betroffen.
Damit unterscheidet sich der Mnchener Kommentar etwa von Werken
wie dem Grokommentar von Staudinger, der nur thematisch begrenzt
Neuauflagen erfhrt.
Whrend etwa bei anderen Werken wie dem Nomos-Kommentar … eine
quasi hauseigene Konkurrenz … Einzelbnde, erhltlich sind, besteht
beim Mnchener Kommentar immer noch eine Abnahmeverpflichtung
fr das Gesamtwerk (Kosten ca. 2800,… .).
Band 1 enthlt neben den §§ 1…240 BGB auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (Seiten 2275…2614).
Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhltnisse der Prostituierten ist im
Anhang zu § 138 BGB kommentiert (Seiten 1517…1532).
Etwas unglcklich ist, dass im Inhaltsverzeichnis dieser Anhang nicht
drucktechnisch hervorgehoben wurde.
Dies wird auch nicht kompensiert durch die Angaben im Sachverzeichnis. Dort heit es unter „Prostitution“, „Prostitutionsvertrag“ etc. jeweils
nur unter welcher Randnummer zu welchen Paragraphen des Prostitutionsgesetzes die entsprechende Kommentierung zu finden ist. Dass das
gesamte Gesetz ein Anhang zu § 138 BGB ist, darauf muss der Leser …
auch wenn es nicht sehr schwierig ist … selbst kommen.
Herausgeber und Verlag haben sich zum Ziel gesetzt, auch durch wissenschaftliche Ausarbeitung allgemeine „gemeineuropische“ Rechtsprinzipien aufzuzeigen. Dies gilt insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzrechts.
In der Einleitung werden unter IX. „die Europisierung des Privatrechts“, der Einfluss des EU-Rechts auf das nationale Privatrecht, das
Verhltnis von nationalem und Unionsprivatrecht sowie der inhaltliche
Einfluss des EU-Rechts auf das Schuldrecht systematisch dargestellt
(Einleitung Rdn. 213 f.).
Vor dem Hintergrund des immer weiter zunehmenden Internethandels
werden die Auswirkungen des EU-Rechts auf E-Commerce behandelt
(Rdn. 240).
Grundlagen des Zivilrechts wie die Kriterien methodengerechter Gesetzesauslegung findet der Leser in der Einleitung Rdn.133 ff. in gewohnter
anspruchsvoller Form, und zwar einschlielich der integrationsfreundlichen Auslegung von Normen EU-rechtlichen Ursprungs (Rdn.145).
In Ziffer VIII. der Einleitung (Rdn.182 ff.) findet der Leser ein gesamtes
Kapitel unter der berschrift (elektronische Willenserklrungen …
Wandlungen der Rechtsgeschftslehre im Zeitalter des Internets?). In
diesem Zusammenhang werden etwa Fragen behandelt, wie Softwarefehler, die zu einer Abweichung der Erklrung vom Willen gefhrt haben
(Einleitung Rdn.190).
Da eine elektronisch bermittelte Erklrung als verkrpert gilt, kann die
Empfangstheorie der herrschenden Meinung fr den Zugang insbesondere bei Funktionsstrungen der elektronischen Empfangsvorrichtung
(Absturz der EDV-Anlage) nicht ohne Modifikationen angewandt werden (Einleitung, Rdn.198, 199).
Die Kommentierung Armbrster hat zum Prostitutionsgesetz verdeutlicht, dass heute weder die Erbeinsetzung einer Prostituierten sittenwidrig ist, noch Bordellpacht oder Mietvertrge mit Prostituierten, Darlehensvereinbarungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Bordells
sowie entsprechende Gesellschaftsvertrge. Auch ein Maklervertrag,
gerichtet auf die Vermittlung entgeltlicher sexueller Dienste, scheitert
weder an der Sittenwidrigkeit noch an § 656 BGB (§ 1 Prostitutionsgesetz, Rdn. 28).
Das Sondereigentum nach WEG darf nach Armbrster … entgegen Klein
in Brmann, § 14 Rdn.11 … nicht generell der Prostitutionsausbung
entzogen werden. Nach Armbrster msse jeweils … da Sittenwidrigkeit
zu verneinen sei … geprft werden, ob konkrete Nachteile i. S. des § 14
Nr.1 WEG fr die brigen Wohnungseigentmer entstnden.
Die „50-Wohnungen-Vermutung“ in § 19 Abs. 5 Satz 3 AGG wird
zurecht (Rdn.119) als von groer praktischer Bedeutung dargestellt, da
hierdurch ein Groteil des privaten Vermieter nicht mehr unter das
zivilrechtliche Gleichbehandlungsgebot bezglich der Merkmale
Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter und sexueller Identitt fllt.
Auch diese Vorschrift muss sich an den Vorgaben der Richtlinie 2004/
113/EG messen lassen.
Einsele kommentiert die in der Praxis wichtige Vorschrift des § 130 BGB
ber den Zugang von Willenserklrungen. Hierbei errtert sie u. a. das
der Praxis immer wichtiger werdende „Sprachproblem“ (130 Rdn. 31 f.).
Sie kommt zu dem Ergebnis, dass insoweit kein Zugangsproblem vorlge, sondern die fr die Verteilung des Sprachrisikos geltenden Grundstze mssten auch dann zur Anwendung kommen, wenn es fr die Wirksamkeit der Erklrung gar nicht auf den Zugang der Erklrung
ankommt. Es handelt sich insoweit um ein Auslegungs- und Verstndnisproblem, dass dogmatisch bei den §§ 133, 157 BGB anzusiedeln sei.
In hohem Mae praxisrelevant sind auch die Ausfhrungen zu den
Zugangshindernissen (§ 130 Rdn. 34 f.). Hierbei geht es insbesondere um
die Behandlung nicht abgeholter bergabe-Einschreiben (§ 130
Rdn. 38), die unberechtigte Annahmeverweigerung sowie die arglistige
Zugangsvereitelung (vgl. Fn.133: OLG Bamberg, WuM 2010, 1457).
Schramm behandelt die im Rechtsverkehr hufig streitige Duldungs- und
Anscheinsvollmacht (167 Rdn. 46 f.).
Die Duldungsvollmacht bezeichnet Schramm als eine ber die §§ 170 ff.
BGB hinaus rechtsfortbildend entwickelte Rechtscheinshaftung fr wissentlich geschaffene Scheintatbestnde (§ 167 Rdn. 51).
Unter der Rubrik „Sonderflle“ behandelt Schramm auch die Rechtsprobleme der Duldungsvollmacht im Zusammenhang mit dem Erwerb von
Eigentumswohnungen sowie der Beteiligung an Immobilienfonds (§ 167
Rdn. 52 a.)
In Fn.129 zu § 167 BGB wird auf die Rechtsprechung zu den sog.
Schrottimmobilien vor dem Hintergrund des Rechtsberatungsgesetzes
bzw. ab 1.1.2008 des Rechtsdienstleistungsgesetzes Stellung genommen.
Grothe kommentiert das Verjhrungsrecht. Hier ist aus mietrechtlicher
Sicht die Kommentierung zu § 200 BGB von Interesse. Hier werden
(Rdn. 2) die „Ersatzansprche und Wegnahmerechte aus dem Mietvertrag als unter die Sondervorschrift des § 548 BGB fallend angesehen. Ob
z. B. auch Schadensersatzansprche des Mieters wegen durchgefhrter
nur vermeintlich geschuldeter Schnheitsreparaturen … so der BGH …
hierunter fallen, wird nicht erwhnt. Gegebenenfalls htte es sich hier
angeboten, auf die Kommentierung zu § 548 BGB hinzuweisen. Zutreffend verweist Grothe darauf, dass § 200 BGB eine Auffangnorm darstellt.
Er vertritt auch die aktuell herrschende Auffassung, dass die Verjhrung
von Ersatzansprchen des Vermieters schon vor Entstehung/Flligkeit
des Anspruchs zu laufen beginnen kann.
Bedauerlich ist, dass abweichende Ansichten in den Funoten (vgl.
§ 203 Fn. 6) nicht durch ein fettgedrucktes a.A. gekennzeichnet werden
und (in der selben Funote) mehrfach der Anwaltskommentar zitiert
wird, obwohl er in zweiter Auflage als Nomos-Kommentar jedenfalls
mit Band 1 schon lngere Zeit auf dem Markt war.
Tatschlich ist der Nomos-Kommentar im Abkrzungsverzeichnis auch
nicht erwhnt. Lediglich unter der Abkrzung fr den Anwaltskommentar findet sich der Hinweis „2. Auflage Nomos-Kommentar, zitiert NK/
Bearbeiter.“ NK sucht man im Abkrzungsverzeichnis ebenfalls vergebens.
Das ehrgeizige Ziel innerhalb von drei Jahren die 11 Bnde in 6. Auflage
auf den Markt zu bringen, ist zu begren. Allerdings gibt es Rechtsgebiete wie BGB AT und BGB Sachenrecht, die sicherlich nicht so oft
aktualisiert werden mssen wie etwa das Schuldrecht.
VI
Durch die Gesamtabnahmeverpflichtung wird sich mancher Leser berlegen, ob er ca. 2800,… . fr den Mnchener Kommentar ausgibt, oder
sich den kleinen Bruder Nomos-Kommentar jeweils nur mit den Bnden zulegt, die er fr die tgliche Praxis hufiger verwendet.
Das Werk hat einen dreimonatigen Praxistest in einer Zivilabteilung des
AG erfolgreich berstanden, wird den meistens Kollegen allerdings
wohl nur ber Beck-online zur Verfgung stehen.
RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
Redaktionsbeirat:
Dr. Dr. Andrik Abramenko, Richter am LG, Idstein • Prof. Dr. Christian Armbrster, Freie Universitt Berlin • Dr. Lothar Briesemeister,
Vors. Richter am KG a. D., Berlin • Dr. Michael Casser, Verwalter, Kln • Dr. Wolf-Dietrich Deckert, Rechtsanwalt, Mnchen • Wolfgang
Dtsch, Richter am LG, Brhl • Johannes Drabek, Rechtsanwalt, Nrnberg • Prof. Dr. Hans-Joachim Driehaus, Vors. Richter am BVerwG
a. D., Berlin • Dr. Oliver Elzer, Richter am KG, Berlin • Gnther Geldmacher, Richter am OLG, Dsseldorf • Prof. Dr. Martin Hublein,
Freie Universitt Berlin • Dr. Werner Hinz, Vors. Richter am LG, Itzehoe • Prof. Dr. Stefan Hgel, Weimar • Prof. Dr. Florian Jacoby,
Bielefeld • Dr. Georg Jennien, Rechtsanwalt, Kln • Wilfried J. Khler, Rechtsanwalt, Kln • Prof. Dr. Siegbert Lammel, Richter am LG,
Frankfurt/M. • Dr. Klaus Ltzenkirchen, Rechtsanwalt, Kln • Horst Mller, Rechtsanwalt, Mnchen • Dr. Marcel M. Sauren, Rechtsanwalt, Aachen • Edwin Schlger, Assessor, Dsseldorf • Dr. Michael J. Schmid, weiland Richter am BayObLG, Mnchen • Dr. Jan-Hendrik
Schmidt, Rechtsanwalt, Hamburg • Prof. Wolfgang Schneider, Dipl.-Rechtspfleger, Berlin • FerrØol Jay von Seldeneck, Rechtsanwalt und
Notar, Berlin • Prof. Dr. Friedemann Sternel, Vors. Richter am LG a. D., Hamburg • Dr. A. Olrik Vogel, Rechtsanwalt, Mnchen • Dr.
Joachim Wichert, Rechtsanwalt, Frankfurt/Main
Zeitschrift fr Miet- und Raumrecht (ZMR)
65. Jahrgang 2012. Erscheint 12mal jhrlich jeweils zu Beginn eines Monats bei Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Luxemburger Strae
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Redaktion: RA Heiko Ormanschick, Blankeneser Bahnhofstr. 46, 22587 Hamburg, E-Mail: [email protected]; RiAG Dr. Olaf
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Die Neuauflage berücksichtigt vor allem die Flut neu ergangener
Entscheidungen, insbesondere zu den Themen„Schönheitsreparaturen,
Betriebskostenabrechnung und Eigenbedarfskündigung“.
Das Werk enthält Arbeitshilfen zu u. a. folgenden Themengebieten:
• Mietrecht einschließlich Pacht sowie Verfahrens-, Vollstreckungsund Gebührenrecht mit RVG • Wohnungseigentumsrecht einschließlich Wohnungserbbaurecht und Dauerwohnrecht einschließlich
Verfahrens-, Vollstreckungs- und Gebührenrecht mit RVG
Dieser Kommentar enthält alle Gesetze zum Mietrecht in einem
Band.
Zahlreiche Entscheidungen zu Schönheitsreparaturen und Gewährleistung sind ebenso eingearbeitet wie wichtige Entscheidungen
zu Kündigung und Mieterhöhung. Kommentiert ist die inzwischen
erfolgte Neufassung der Heizkosten V. Die Neuregelung zur Zuweisung der Ehewohnung infolge Aufhebung der HausratVO war zu
berücksichtigen. Neu aufgenommen ist das WBVG.
Da das Mietrecht zahlreiche Bezüge zu anderen Rechtsgebieten
aufweist, werden auch Vorschriften aus den Rechtsgebieten Familienrecht, Steuerrecht, Insolvenzrecht und Prozessrecht kommentiert.
Wolters Kluwer Deutschland GmbH • Postfach 2352 • 56513 Neuwied
Telefon 02631 8012222 • Fax 02631 8012223 • [email protected] • www.wolterskluwer.de
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Fortsetzung von 2. Umschlagseite
Fehlerhafter Umlagemastab in der Jahresabrechnung
WEG §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 5:
Verwendet der Verwalter einer Wohnungseigentmergemeinschaft bei der Hausgeldabrechnung einen fehlerhaften Umlageschlssel und wird die Abrechnung
von der Eigentmerversammlung genehmigt, ist dieser
Beschluss nicht nichtig, sondern allenfalls fristgebunden anfechtbar.
OLG Rostock, Beschluss vom 20.12.2011
3 W 67/09
Verwalterbestellung als Blankett?
ZPO § 91 a; WEG § 26:
Trotz Trennungstheorie mssen bereits im Bestellungsbeschluss des WEG-Verwalters die Dauer und
die Eckdaten fr die Vergtung geregelt sein.
LG Dsseldorf, Beschluss vom 30.12.2011
16 S 30/10
Entziehung des Wohnungseigentums
WEG § 18:
Zur Auslegung einer Regelung in der Teilungserklrung wonach der Entziehungsbeschluss einer 2/3Mehrheit bedarf.
LG Hamburg, Urteil vom 14.12.2011
318 S 42/11
Verwaltervertrag; Kostenfestsetzungsverfahren; Sondervergtung; notwendige Kosten der Rechtsverteidigung
ZPO §§ 91, 104; WEG § 50:
ber die umstrittene Berechtigung/Notwendigkeit von
Sondervergtungen und die Wirksamkeit folgender
Bestimmung im Formularverwaltervertrag „Bei Bearbeitung von Gerichtsverfahren (auer Hausgeldklagen) wird vom Verwalter ein Stundensatz von 40,… .
(Basis kaufmnnischer Mitarbeiter des Verwalters)
zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer erhoben.“ ist
nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden.
LG Kln, Beschluss vom 11.7.2011
29 T 47/11
Beschlussanfechtung; Passivlegitimation
WEG §§ 44, 46:
Die Wohnungseigentmergemeinschaft A. bestehend
aus den Wohnungseigentmern 1…14 ist nicht passivlegitimiert fr eine Beschlussanfechtungsklage; es liegt
kein Parteiwechsel auf die „brigen Wohnungseigentmer“ vor.
AG Dippoldiswalde, Urteil vom 20.1.2012
4 C 689/11
Kopf- oder Objektprinzip? Stimmrecht; Teileigentmer
WEG §§ 25, 49 Abs. 2:
Ist in einer Gemeinschaftsordnung das Objektprinzip
vereinbart, besitzt auch der Teileigentmer eine Stimme in der Eigentmerversammlung.
AG Wiesbaden, Urteil vom 13.1.2012
92 C 4523/11
Maklerklausel; Vorkaufsrecht
BGB § 652:
1. Bei Ausbung des Vorkaufsrechts ist der Mieter verpflichtet, die im Kaufvertrag durch eine Maklerklausel
dokumentierte Provision zu zahlen, soweit nicht die
Provisionszahlung nur fr den Fall der Ausbung des
Vorkaufsrechts vereinbart wurde.
2. Auch wenn dem Makler bereits 14 Jahre vor Abschluss des Kaufvertrages eine im Auenverhltnis unbeschrnkte Vollmacht erteilt wurde, liegt kein Fall
der so genannten unechten Verflechtung vor, wenn er
im Innenverhltnis zu den Verkufern den strikten Beschrnkungen unterliegt, die einen Vertragsschluss auf
Grund eigener Willensbildung gerade ausschlieen.
LG Kln, Urteil vom 10.1.2012
21 S 15/11
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