FAQ – Arbeitsrecht FAQ – Arbeitsrecht
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FAQ – Arbeitsrecht Lohnfortzahlungspflicht Der Anspruch auf Lohnfortzahlung wird pro Dienstjahr berechnet und beginnt in jedem Dienstjahr von Neuem. Mehrere Absenzen im gleichen Jahr werden zusammengezählt. Zur Lohnfortzahlung gehört nicht nur das Fixum, sondern auch alle weiteren Lohnbestandteile, sofern diese ohne Arbeitsunfähigkeit angefallen wären. Bei unregelmässigem Lohn wird auf eine repräsentative Periode von bis zu einem Jahr abgestellt. Basler Skala BS | BL 1. Dienstjahr 2. Dienstjahr 3. Dienstjahr 4. Dienstjahr 5. Dienstjahr 6. Dienstjahr 7. Dienstjahr 8. Dienstjahr 9. Dienstjahr 10. Dienstjahr 11. Dienstjahr 3 Wochen 2 Monate 2 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 4 Monate FAQ – Arbeitsrecht Berner Skala BE | AG | OW SG | Wst-CH 3 Wochen 1 Monat 2 Monate 2 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 3 Monate 4 Monate 4 Monate Zürcher Skala ZH | GR Gibt es einen Anspruch auf freie Tage aus besonderem Anlass? 3 Wochen 8 Wochen 9 Wochen 10 Wochen 11 Wochen 12 Wochen 13 Wochen 14 Wochen 15 Wochen 16 Wochen 17 Wochen Wer muss die Arbeitsunfähigkeit beweisen? Arztzeugnis Beweispflichtig ist der Arbeitnehmer. Er hat dem Arbeitgeber auf sein Verlangen ein Arztzeugnis einzureichen, aus welchem ersichtlich sein muss, ob der Arbeitnehmer ganz oder teilweise arbeitsunfähig ist. Bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit muss das Ausmass der Einschränkung angegeben werden, z.B. wie viele Stunden Arbeitstätigkeit pro Tag zumutbar sind. Eine Diagnose soll das Arztzeugnis nicht enthalten. Lohnleistungspflicht Ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für diese Absenzen Lohn zu leisten hat, richtet sich nach denselben Regeln wie bei Krankheit eines nicht versicherten Arbeitnehmers. Arbeitsrecht | © Keiser Verlag 2012 6 Freizeit und Feiertage Grundsätzlich haben Arbeitgeber das Recht, ein Arztzeugnis bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zu verlangen. Viele Arbeitsverträge schreiben jedoch ein Arztzeugnis erst ab dem 3. oder 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit vor. Bei länger dauernder Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer verpflichtet, unaufgefordert periodisch neue Arztzeugnisse einzureichen. Krankentaggeldversicherung begnügen sich – vor allem bei länger dauernder Arbeitsunfähigkeit – oft nicht mit Zeugnissen des behandelnden Arztes, sondern ordnen eine vertrauensärztliche Untersuchung an. Dieses Recht steht auch dem Arbeitgeber zu, wenn er die Lohnfortzahlung leistet. Der Vertrauensarzt darf der Versicherung und dem Arbeitgeber nur Auskunft über die Arbeitsfähigkeit geben, keinesfalls aber über die medizinische Diagnose. Die Kosten der vertrauensärztlichen Untersuchung gehen zu Lasten der Versicherung bzw. des Arbeitgebers. Hat ein Elternteil das Recht, zu Hause zu bleiben, wenn sein Kind krank ist oder muss er Ferien beziehen? In gewissem Umfang hat er ein solches Recht und muss sein Ferienkonto nicht belasten. Der Arbeitgeber hat Arbeitnehmern mit Familienpflichten gegen Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses die zur Betreuung kranker Kinder erforderliche Zeit (je nach Alter und Gesundheitszustand des Kindes) im Umfang bis zu drei Tagen frei zugeben. Diese Regelung gilt je Krankheitsfall. Unter Umständen kann ein Arbeitnehmer aber auch länger von der Arbeit befreit werden, wenn dies gerechtfertigt ist. Diese Arbeitsbefreiung wird der unverschuldeten Verhinderung an der Arbeitsleistung im Sinne von Art. 324a OR gleichgestellt. So ist im Krankheitsfall für eine beschränkte Zeit der Lohn geschuldet nach denselben Regeln wie bei Krankheit eines nicht versicherten Arbeitnehmers. Die Eltern haben sich allerdings zu bemühen, nach geeigneten Ersatzlösungen (z. B. Pflege des kranken Kindes durch Verwandte oder Bekannte) zu suchen. Diese Pflicht entfällt, wenn die Anwesenheit der Eltern notwendig ist (schwere Krankheit eines Säuglings). Das Gesetz (Art. 329 Abs. 3 OR) sieht vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit für besondere Anlässe die erforderliche Zeit (sog. «übliche freie Tage und Stunden») zu gewähren hat. Zu beachten ist, dass der Bezug mit dem Arbeitgeber abzusprechen ist. Besondere Anlässe sind: > Erledigung von persönlichen Angelegenheiten: Wohnungswechsel, Aufsuchen einer Behörde, Arztbesuch etc. > Familienereignisse: Todesfall, Geburt eigener Kinder, schwere Erkrankung oder Hochzeit naher Angehöriger > Freizeit zur Suche einer neuen Arbeitsstelle (nach erfolgter Kündigung) Vom Gesetz her nicht vorgeschrieben ist die Freizeitgewährung für die Teilnahme an Bildungs-, kulturellen, sportlichen, gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen. Derartige Ansprüche können sich jedoch aus dem Einzelarbeitsvertrag oder einem GAV ergeben. Eine Ausnahme im Sinne eines gesetzlichen Anspruchs existiert für Jugend und Sport bei unter 30-jährigen. Der Begriff des besonderen Anlasses oder «üblichen freien Tage und Stunden» wird in der Praxis oftmals durch GAV, Firmenreglemente oder durch den Einzelarbeitsvertrag kon-kretisiert. Diese können die Dauer der Freizeit regeln, welche aufgrund eines besonderen Anlasses gewährt wird. Im Weiteren existieren unverbindliche Empfehlungen (Hrsg.: Schweiz. Arbeitgeberverband, Schweizerischer Gewerbeverband, KV Schweiz, Schweizerische Kader-Organisation), welche folgende Richtwerte aufstellen: Besonderer Anlass Dauer Hochzeit des Kindes Geburt eines Kindes Militärische Rekrutierung und Inspektion, Ausmusterung Gründung oder Umzug des eigenen Haushalts sofern damit kein Stellenwechsel verbunden ist Tod von nahen Verwandten oder Bekannten Teilnahme an einer Bestattung 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag 1 Tag Eigene Hochzeit 2 Tage Pflege kranker in Hausgemeinschaft lebender Familienmitglieder, soweit die Pflege nicht anderweitig organisiert werden kann Tod von anderen Familienangehörigen nach Notwendigkeit bis 3 Tage Tod von Ehefrau | Ehehmann oder Kindern im eigenen Haushalt 3 Tage Höhere, vom BBT anerkannte Fachprüfungen, öffentliche oder staatlich subventionierte Berufsprüfung bis 6 Tage bis 3 Tage Arbeitsrecht | © Keiser Verlag 2012 7 FAQ – Arbeitsrecht Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn infolge Freizeit, die aus besonderem Anlass gewährt wird? Ein Lohnanspruch besteht nur dann, wenn es vereinbart oder üblich ist. Für Arbeitnehmende im Monatslohn ist es üblich, dass für diese Abwesenheiten der Lohn bezahlt wird, d. h. es erfolgt keine Kürzung des Monatslohnes. Bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn gibt es dagegen einen Lohnanspruch nur, wenn die Voraussetzungen von Art. 324a OR erfüllt sind: Die Verhinderung von der Arbeitsleistung muss in der Person des Arbeitnehmers liegen, muss unverschuldet sein und darf das zeitliche Ausmass, das Art. 324a OR vorgibt, zusammen mit allfälligen andern Absenzen wegen Krankheit, Schwangerschaft, Militärdienst etc. nicht überschreiten. Selbstverständlich ist eine vertragliche Vereinbarung, wonach alle erlaubten Kurzabsenzen auch zu bezahlen sind, zulässig (siehe dazu Frage «Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aus anderen Gründen an der Arbeitsleistung verhindert ist?»). Für die Stellensuche gilt – nach erfolgter Kündigung – als Regel, dass Arbeitnehmende Anspruch auf eine halben Arbeitstag pro Woche haben. Dies ist aber abhängig von den konkreten Umständen. Vor allem in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist der Zeitbedarf häufig grösser. Auch individuelle Umstände (Alter des betreffenden Arbeitnehmers, kurze Dauer der Kündigungsfrist usw.) können zu einem erhöhten Zeitbedarf führen. FAQ – Arbeitsrecht Verhinderung durch Ereignisse (ohne Verschulden), die: Gründe Arbeitnehmende dürfen auch die nötige freie Zeit für Arzt- und Zahnarztbesuche sowie Behördengänge in Anspruch nehmen. Derartige Kurzabsenzen sind jedoch nur zulässig, wenn die entsprechenden Verrichtungen ausserhalb der Arbeitszeit nicht möglich sind. Bei Arbeitnehmenden in Teilzeit oder mit gleitender Arbeitszeit gilt ein strengerer Massstab. An den gesetzlich anerkannten Feiertagen darf grundsätzlich nicht gearbeitet werden. Die ausgefallene Arbeitszeit muss nicht nachgeholt werden. Umgekehrt gibt es auch kein Recht auf Nachbezug von Feiertagen, die auf einen arbeitsfreien Tag fallen. Es gelten allerdings die gleichen Ausnahmen wie bei der Sonntagsarbeit. Für die Beschäftigung von Arbeitnehmenden an Feiertagen, die den Sonntagen gleichgestellt sind, benötigen die Betriebe, die dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, eine arbeitsgesetzliche Bewilligung für Sonntagsarbeit (und allenfalls auch eine Polizeierlaubnis nach kantonalem Ruhetagsgesetz). Keine arbeitsgesetzliche Bewilligung ist notwendig für Betriebe, die in der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz vom Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen sind (z. B. SpitexBetriebe, Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztpraxen). Arbeitnehmende haben zudem das Recht, an nicht gesetzlich anerkannten religiösen Feiertagen die Arbeit auszusetzen. Sie müssen dies jedoch dem Arbeitgeber spätestens drei Tage im Voraus anzeigen (Art. 20a Abs. 2 ArG). Auf diese Bestimmung können sich vor allem auch Angehörige anderer als der christlichen Religion stützen. einen grösseren Personenkreis betreffen (objektiv) im Gesetz aufgeführte Gründe (Art. 324a Abs. 1 OR) > Unfall > Schwangerschaft und Mutterschaft > Erfüllung gesetzlicher Pflichten (z.B. Militärdienst) > Ausübung eines öffentlichen Amtes Beispiele: > Stau > Stromausfall > gesperrte Verkehrsstrasse > Streichung eines Fluges Weitere Gründe (nicht abschliessende Aufzählung) > Heirat > Geburt eigener Kinder > Tod eines nahen Verwandten > Pflege von nahen Angehörigen Feiertage Der 1. August (Bundesfeiertag) ist der einzige eidgenössische Feiertag. Er ist arbeitsgesetzlich den Sonntagen gleichgestellt. Nach Art. 20a des Arbeitsgesetzes dürfen die Kantone höchstens acht weitere Feiertage den Sonntagen gleichstellen. Demnach ist es von Kanton zu Kanton verschieden, welche Feiertage gesetzlich anerkannt sind. den Arbeitnehmer speziell betreffen (subjektiv) Rechtsfolge > der Arbeitnehmer hat das Recht von der Arbeit fernzubleiben (es besteht keine Pflicht zum Nachholen der ausgefallenen Arbeitszeit). > Bei Unfall erhält der Arbeitnehmer Taggelder in der Höhe von 80% des Lohnes durch die obligatorische Unfallversicherung. > Bei Mutterschaft und Militärdienst besteht Anrecht auf Taggelder der Mutterschaftsversicherung bzw. Erwerbsersatzforderung. > In den Fällen von obligatorischen Versicherungen ist die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers durch die Versicherungsleistung abgegolten, sofern diese 80% des Lohnes abdeckt. Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich das Risiko selber zu tragen, d. h. für den Arbeitgeber besteht keine Lohnfortzahlungspflicht. Hat die Arbeitsverhinderung ihren Grund jedoch nicht in der Person des Arbeitnehmers, sondern in betrieblichen Umständen (z. B. Auftragsmangel, Maschinendefekt, Brand), so fällt dies in das Betriebsrisiko des Arbeitgebers, mit der Folge, dass dieser den Lohn trotz Ausfalls der Arbeit dennoch bezahlen muss. > In allen anderen Fällen gilt bezüglich Lohnfortzahlung die gleiche Regelung wie bei Krankheit des Arbeitnehmers. Einige Kantone kennen mehr Feiertage, als die vom Arbeitsgesetz vorgesehenen 9 pro Jahr. Diese zusätzlichen kantonalen Feiertage werden arbeitsrechtlich wie Werktage behandelt. Hier ist auch eine Kompensationspflicht für die ausgefallene Arbeitszeit zulässig. Arbeitnehmende im Monatslohn erhalten den Lohn auch für die Feiertage. Bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn ist dies nur der Fall, wenn dies Einzelarbeitsvertrag oder GAV ausdrücklich vorsehen. Als einziger Feiertag muss der 1. August auch bei Arbeitnehmenden im Stundenlohn von Gesetzes wegen bezahlt werden. Arbeitsrecht | © Keiser Verlag 2012 8 Arbeitsrecht | © Keiser Verlag 2012 9