30.6.08 PR I Lösung

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30.6.08 PR I Lösung
Assessmentprüfung im Privatrecht I vom
*
30. Juni 2008 bei Prof. Ernst – Lösungsvorschlag
Aufgabe I
I. Anspruch des E gegen den K auf Wiederausgrabung und Rückgabe der im
Grundstück des K eingepflanzten 40 Olivenbäume, rei vindicatio 1
Mit der Vindikation kann der nicht besitzende Eigentümer die ihm gehörende Sache vom besit2
zenden Nichteigentümer herausverlangen .
– K ist als gegenwärtiger Besitzer der in seinem Grundstück eingepflanzten Olivenbäume passivlegitimiert.
– Vorliegend unterhält E eine Plantage und war als Grundeigentümer der Plantage ursprünglich
auch Eigentümer der Olivenbäume als Bestandteile des Grundstücks («superficies solo cedit»)3. Fraglich ist, ob E das Eigentum an seinen Olivenbäumen in der Folge durch das Ausgraben, den Abtransport, den Verkauf an K und das Einpflanzen in K’s Grundstück verloren hat.
1. Das unbefugte Ausgraben und der Abtransport durch D haben an den Eigentumsverhältnissen
nichts geändert. Die Olivenbäume wurden bewegliche Sachen und fielen, als ursprüngliche Be4
standteile des Grundstücks, in das Eigentum des Grundstückeigentümers, des E .
2. Dadurch, dass D die 40 Olivenbäume dem K verkaufte und übergab, könnte K das Eigentum
daran erworben haben.
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Die Olivenbäume stellen res nec mancipi dar . Bei solchen führt eine traditio ex iusta causa
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zum sofortigen Eigentumserwerb, falls der Veräusserer zur Eigentumsübertragung befugt war . K
hat aber vom Nichteigentümer D erworben [s. oben 1.]. Gemäss dem Grundsatz, dass niemand
mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat, war K nach dem Kauf ebenfalls Nichteigentümer
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der Olivenbäume («nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet») .
3. Da der Verkauf an den Eigentumsverhältnissen nichts geändert hat, fragt sich, ob E das Eigentum an seinen Olivenbäumen verloren hat, indem K diese in sein eigenes Grundstück einpflanzte.
Werden bewegliche Sachen derart mit einem Grundstück verbunden, dass eine einheitliche
Sache entsteht, geht das Eigentum an ihnen im Grundeigentum auf («superficies solo cedit»,
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Akzessionsprinzip) . Was gesetzte Pflanzen im Besonderen betrifft, so werden diese mit dem
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Anwurzeln Eigentum des Grundeigentümers (inplantatio) .
Vorliegend pflanzt K die Olivenbäume im Winter auf sein Grundstück ein. Als E sich nach der
nächsten Ernte an K wendet, sind die Bäume im Hinblick auf die inzwischen vergangene Zeit
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(mehr als ein halbes Jahr ) fest im Erdreich verwurzelt; gemäss Sachverhalt gedeihen die Bäume
denn auch prächtig.
Für den originären Eigentumserwerb kommt es weiter auf den guten Glauben und die Furtivi11
tät der betreffenden Sache nicht an , daher spielt es keine Rolle, dass K in casu gutgläubig war.
Fazit: E hat sein Eigentum an den im Grundstück des K eingepflanzten 40 Olivenbäumen verloren. K wurde originär Eigentümer; er braucht die Bäume nicht wieder auszugraben und
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dem E herauszugeben .
II. Anspruch des E gegen den K auf Herausgabe der von K geernteten Oliven,
rei vindicatio
Mit der Vindikation kann der nicht besitzende Eigentümer die ihm gehörende Sache vom besit13
zenden Nichteigentümer herausverlangen .
– K ist als gegenwärtiger Besitzer der sich auf seinem Grundstück in Körben befindlichen Olivenernte passivlegitimiert.
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– Es fragt sich, ob E Eigentümer der Ernte geworden ist und diese deshalb von K herausverlangen kann.
Hier geht es um das Eigentum an den Oliven. Die Oliven sind nicht Gegenstand selbständiger
Eigentumszuordnung, solange sie am Baum hängen. Sonderrechtsfähig werden sie erst im Mo14
ment der Trennung .
Natürliche Früchte fallen mit der Trennung (separatio) grundsätzlich in das Eigentum desjeni15
gen, dem die Muttersache gehört . Vorliegend ist K Eigentümer der 40 in seinem Grundstück
eingepflanzten Olivenbäume [s. oben I. i.f.]. Durch die Ernte erwarb er als Eigentümer der Muttersache somit originär Eigentum an den Früchten, den Oliven
Für den originären Eigentumserwerb kommt es, wie bereits erwähnt, auf den guten Glauben
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und die Furtivität der betreffenden Sache nicht an , daher spielt es keine Rolle, ob K bös- oder
(wie hier vorliegend:) gutgläubig gehandelt hat.
Fazit: K wurde originär Eigentümer der von ihm geernteten Oliven und muss sie dem E nicht
herausgeben.
III. Anspruch des E gegen den K auf Herausgabe der Bereicherung, die beim
K durch das Einpflanzen der 40 Olivenbäume sowie der Ernte entsteht,
condictio als Bereicherungsklage
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Eine condictio setzt eine Leistung (datio) des Entreicherten an den Bereichterten voraus .
Vorliegend ist E zwar um die 40 Olivenbäume «entreichert», die im Grundstück des K eingepflanzt sind, und K insofern «bereichert». Allerdings hat E dem K die Olivenbäume nie übereignet, vielmehr war es der D, welcher dem K die Bäume verkaufte und übergab; eine datio von E
an K fand nie statt. Ferner ist eine Eingriffskondiktion, die vorliegend gegeben wäre, dem römi18
schen Recht nur in Ausnahmefällen bekannt ; eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor.
Was die Olivenernte betrifft, so steht dem E ebenfalls keine condictio zu, weil die Ernte schon
gar nie in seinem Eigentum stand [hierzu oben II.].
Fazit: E hat gegenüber K keine Ansprüche aus Bereicherung.
IV. Anspruch19 des E gegen den D auf Bezahlung des doppelten Sachwerts der 40
Olivenbäume, actio furti nec manifesti
Ein furtum könnte darin liegen, dass D des Nachts 40 Olivenbäume mit einer Gruppe von Sklaven aus E’s Grundstück ausgrub und dann wegtransportierte.
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Ein furtum unterliegt folgenden kumulativen Voraussetzungen :
a) Bewegliche Sache. Ein Diebstahl ist nur an beweglichen Sachen möglich.
Vorliegend waren die Olivenbäume ursprünglich Teil von E’s Grundstück, einer unbe21
weglichen Sache . Allerdings wurden sie mit dem Ausgraben zu beweglichen Sachen [s.
oben I.1] und damit zu tauglichen Diebstahlsobjekten.
b) Fremde Sache. Nach dem Ausgraben standen die Olivenbäume immer noch im Eigentum
des E [s. oben I.1]; sie stellten daher für D fremde Sachen dar.
c) Contrectatio. Ein Ansichnehmen ist allenfalls bereits im Ausgraben, jedoch gewiss im
Abtransport der Bäume zu erblicken.
d) Bereicherungsabsicht. D musste die Absicht gehegt haben, sich mit den Olivenbäumen
des E zu bereichern.
(Spätestens) durch den Verkauf der ausgegrabenen Olivenbäume an K und den Erhalt
des Kaufpreises von K geht die Absicht des D hervor, sich durch das Ausgraben und den
Abtransport der Bäume bereichern zu wollen.
e) Handhaftigkeit. Da E den D nicht auf handhafter Tat ertappte, liegt in casu ein furtum
nec manifestum vor22.
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Fazit: Es liegt ein furtum nec manifestum vor. E kann von D eine Geldbusse in der Höhe des
doppelten – nicht vierfachen – Werts der 40 gestohlenen Olivenbäume verlangen.
V. Anspruch des E gegen den D auf Ersatz des Sachwerts der 40 Olivenbäume
(Schadloshaltung), condictio furtiva
Mit dem furtum [oben IV.] ist ohne Weiteres – in kumulativer Weise – die condictio furtiva gegeben, die entweder auf Herausgabe des Diebesguts oder auf Ersatz des Interesses gerichtet ist,
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falls das Diebesgut beim Dieb nicht mehr erhältlich ist . Für die condictio furtiva sind keine wei24
teren Voraussetzungen erforderlich , weshalb sich weitergehende Erörterungen erübrigen.
Die condictio furtiva steht dem Eigentümer alternativ neben der Vindikation zu. Da die Vindiation im Vorliegenden nicht gegeben ist – K wurde Eigentümer aller Bäume [s. oben I.] –, ist als
zusätzliche Klage neben der actio furti nur die condictio furtiva möglich.
Fazit: E kann von D mit der condictio furtiva Ersatz für seine 40 Olivenbäume verlangen.
VI. Anspruch des E gegen den D auf Ersatz des Sachwerts der 40 Olivenbäume,
actio de dolo
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Die actio de dolo ist gegenüber allen anderen Ansprüchen subsidiär und scheidet daher im
vorliegenden Fall aus.
VII. Anspruch des E gegen den K auf Bezahlung des doppelten Sachwerts der im
Grundstück des K eingepflanzten 40 Olivenbäume, actio furti nec manifesti
Es fragt sich, ob K seinerseits ein furtum begangen hat, indem er dem D 40 gestohlene [hierzu
oben III.] Olivenbäume abkaufte. Gemäss Sachverhalt war K über die Herkunft der Bäume gut26
gläubig – m.a.W. hegte er keine Bereicherungsabsicht –, weswegen kein Diebstahl vorliegen
kann.
VIII. Anspruch des K gegen den D auf Rückzahlung des Kaufpreises, actio empti
1. Zwischen K und D wurde gemäss Sachverhalt ein Kaufvertrag (emptio venditio) abgeschlossen: K
und D waren sich über Kaufsache (40 Olivenbäume) und Preis (die genaue Höhe geht aus dem
Sachverhalt nicht hervor) – die essentialia negotii – einig. Damit ist ein Konsens gegeben und
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der Kaufvertrag gültig zustande gekommen . Dabei sind keine Förmlichkeiten zu beachten.
2. Der Kaufvertrag verpflichtet den Verkäufer nicht nur, die Kaufsache dem Käufer zu übergeben,
sondern der Verkäufer hat auch dafür einzustehen, dass der Käufer die Sache behalten kann
(sog. «uti frui habere licere»). Dabei haftet der Verkäufer grundsätzlich nur für Eviktion, d.h. die
Haftung des Verkäufers beschränkt sich auf den Fall, dass die Sache dem Käufer von einem Drit28
ten erfolgreich abgestritten wird . Eine Ausnahme wird allerdings gemacht, falls der Verkäufer
arglistig handelte, etwa weil er – wie ihm vorliegenden Fall – wissentlich eine fremde Sache
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veräusserte .
Vorliegend wusste D, dass er dem K furtive Sachen verkaufte, denn er hatte sie selbst gestoh30
len . Deshalb handelte er dolos und verstiess bereits beim Verkauf gegen die bona fides.
3. Allerdings gereicht D’s Verhalten dem K nicht zum Schaden, denn K wurde durch die inplantatio
originär Eigentümer der Olivenbäume (auch die Ernte fiel in K’s Eigentum) [hierzu oben I. und
II.]. Da K als originärer Eigentümer der Bäume (wie der Ernte) keine Ansprüche von niemandem
befürchten muss, kann K gegenüber D kein Interesse geltend machen.
Fazit: K kann aus der actio empti von D die Rückzahlung des Kaufpreises nicht verlangen.
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Aufgabe II
I. Anspruch des B gegen den P auf Rückzahlung des Darlehens (100'000),
condictio bzw. actio certae creditae pecuniae
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Im römischen Recht war die Konstruktion der direkten Stellvertretung nicht bekannt . Deshalb
kann, selbst wenn das Geld letztlich für P bestimmt ist, kein Darlehen direkt zwischen P und B
entstehen («alteri stipulari nemo potest»). Ferner handelt F im Vorliegenden in eigenem Namen,
von P ist mithin nie die Rede.
Aus diesen Gründen kann nur eine indirekte Stellvertretung vorliegen, d.h. das Darlehen kann
nur zwischen B und F entstanden sein.
Zudem handelt es sich beim Darlehen um einen Realkontrakt [hierzu unten II.]: Da dem P die 100'000 nicht übereignet
wurden und dieser m.a.W. nie Eigentum daran erlangte, kann (auch) deswegen kein Darlehen zwischen ihm und B entstanden sein.
Fazit: B kann mangels Bestehens eines Darlehens von P die Zahlung von 100'000 nicht verlangen.
II. Anspruch des B gegen den F auf Rückzahlung des Darlehens (100'000),
condictio bzw. actio certae creditae pecuniae
Beim Darlehen handelt es sich um einen Realkontrakt. Das heisst, es entsteht erst durch die mit
Übereignung verbundene Hingabe (datio) einer bestimmten Menge fungibler Sachen im Einverständnis, dass der Empfänger nach einer bestimmten Zeit ebensoviel derselben Gattung («tantundem eiusdem generis») zurückgeben soll32.
Gemäss Sachverhalt hat B dem F das Darlehen im Einverständnis ausbezahlt, dass dieser es
ihm nach drei Monaten zurückzahle. Da m.a.W. die 100'000 dem F übereignet wurden, ist ein
Darlehen zwischen B und F zustande gekommen.
Weiter fragt sich, ob im Vorliegenden eine befreiende Unmöglichkeit vorliegt. Dies ist nicht
der Fall, denn die Schuld ist beim Darlehen generisch bestimmt. Daher ist es irrelevant, ob in casu
die Geldsumme dem F nachträglich gegen seinen Willen und ohne jegliches Verschulden abhanden
gekommen ist. Aus dem mutuum schuldet F dem B in jedem Fall Rückzahlung.
Fazit: B kann von F die Rückzahlung der 100'000 verlangen.
III. Anspruch des P gegen den F auf Zahlung des aus dem Auftrag Erlangten
(100'000), actio mandati directa
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1. Der Auftrag (mandatum) ist die Vereinbarung einer unentgeltlichen Tätigkeit in fremdem Interesse. Es handelt sich um ein bonae fidei iudicium : Der Auftrag kommt formlos durch Konsens
zustande. Gegenstand des Auftrags können rechtliche oder faktische Tätigkeiten jeder Art sein,
sofern sie nur erlaubt sind.
In casu kommen P und F überein, dass F dem P ein Darlehen besorgen soll; die Besorgung
liegt also im Interesse des P. Weiter wird kein Entgelt für die Tätigkeit vereinbart. Überdies handelt es sich auch nicht um ein Gefälligkeitsverhältnis; die detaillierten Abreden lassen auf einen
genügenden Rechtsbindungswillen des F schliessen. In der Folge nimmt F denn auch das Darlehen auf.
Demnach liegt ein Auftrag zwischen P und F vor.
2. Die Klage des Auftraggebers geht nicht nur auf die vertragsgemässe Ausführung des Auftrags
[dazu unten IV.], sondern auch auf Herausgabe all dessen, was der Beauftragte zur Erfüllung des
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Auftrags oder bei dessen Ausführung vom Auftraggeber oder von Dritten erhalten hat .
Das Darlehen nahm F im Rahmen des zwischen ihm und P bestehenden Auftrags auf; es
wurde dem F ausbezahlt [hierzu oben II.]. Allerdings ist die Darlehenssumme im Zuge des Schiffbruchs untergegangen, weshalb P sie nicht mehr von F verlangen kann.
Fazit: P kann von F keine Zahlung in Höhe von 100'000 verlangen.
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IV. Anspruch des P gegen den F auf Schadenersatz (100'000), actio mandati directa
1. Zwischen P und F liegt ein Auftragsverhältnis vor [s. oben III.1].
2. Aus dem Auftrag haftet der Mandatar dem Mandanten bei Nichterfüllung oder nicht vertrags35
gemässer Durchführung auf das Interesse (id quod interest) . Der Mandatar haftet dabei für
dolus, in den man jedoch schwere Nachlässigkeiten, die sich als Treuverstoss kennzeichnen,
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einbezieht .
Vorliegend nimmt F das Darlehen zu 100'000 auf, allerdings geht das Geld bei einem Schiffbruch verloren. Der Auftrag wird damit nicht erfüllt, doch ist dies dem F nicht anzulasten, denn
er kann für den Schiffbruch und den dadurch verursachten Verlust des Geldes nicht verantwortlich gemacht werden; ihn trifft dafür weder der Vorwurf von Vorsatz noch von Fahrlässigkeit.
Fazit: P kann von F keine Zahlung in Höhe von 100'000 verlangen.
V. Anspruch des F gegen den P auf Erstattung der 100'000, actio mandati contraria
1. Qualifikation des Vertrags [Nur sofern nicht bereits unter III.1 behandelt.]
2. Der Mandant hat dem Mandatar Aufwendungen zu ersetzen, die diesem bei ordnungsgemässer
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Ausführung des Auftrags erwachsen .
Wie oben [II.] dargelegt wurde, kann B von F erfolgreich die Rückzahlung des Darlehens, also
der 100'000, verlangen. Da das Darlehen eine Aufwendung im Rahmen des Auftrags darstellt,
kann F Ersatz für die an B zu zahlenden 100'000 – mithin bereits einen «Vorschuss» – verlangen.
Fazit: F kann von P einen Geldbetrag in Höhe des aufgenommenen Darlehens fordern, nämlich
100'000.
VI. Anspruch des F gegen den P auf Ersatz für das Lösegeld, actio mandati contraria
1. Qualifikation des Vertrags [Nur sofern nicht bereits unter III.1 behandelt.]
2. Schäden, die der Mandatar im Zuge der Ausführung des Mandats erleidet, führen zu einem Ersatzanspruch, wenn sie mit dem Auftrag in einem unmittelbaren Konnex stehen – m.a.W. man38
datsspezifisch sind – und nicht dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen sind .
Vorliegend wird F von Piraten entführt und muss sich deswegen durch eine Lösegeldzahlung
freikaufen. Es handelt sich hierbei um einen Schaden und nicht um eine Aufwendung, denn die
Lösegeldzahlung ergab sich nicht aus der gewöhnlichen Erledigung des Auftrags.
Da F gemäss Sachverhalt unabhängig vom Auftrag nach Rom (und wieder zurück) gereist
wäre, ist die Entführung dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen, weswegen P diesen Schaden nicht ersetzen muss.
Fazit: F kann von P keinen Ersatz für das Lösegeld verlangen.
Aufgabe II – Zusatzaufgabe
Stellvertretung im Schweizer Recht
1. Auch im Schweizer Recht kann F im Interesse und für Rechnung des P auftreten und dabei in
eigenem [F’s] Namen tätig werden. Diesfalls liegt wie im römischen Recht eine indirekte Stellvertretung vor, wobei zwischen F und P ein Auftragsverhältnis (Art. 394 ff. OR) besteht.
Die Wirkungen des Rechtsgeschäfts treffen nur den Handelnden selbst; nur er wird berechtigt
und verpflichtet. Damit die Wirkungen auf den Auftraggeber [i.c. P] übergeleitet werden, bedarf
es einer Abtretung der Forderung bzw. einer Schuldübernahme (s. Art. 32 Abs. 3 und 401 Abs. 1
OR).
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2. Freilich ist die direkte Stellvertretung im Schweizer Recht im Gegensatz zum römischen Recht
möglich. Hierfür verlangt Art. 32 Abs. 1 OR zunächst, dass der Vertreter zur Vertretung ermächtig ist. Diese sog. Vertretungsmacht kann sich zum einen aus Rechtsgeschäft und zum anderen
aus dem Gesetz ergeben. Die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht wird als Vollmacht
bezeichnet.
Weiter ist es nach Art. 32 Abs. 1 OR Voraussetzung, dass der Vertreter im Namen des Vertretenen handelt. Dies kann ausdrücklich erfolgen oder es kann sich nach Art. 32 Abs. 2 OR aus
den Umständen ergeben, dass jemand für eine andere Person handelt. In diesem Fall muss für
den Dritten erkennbar sein, dass der Handelnde nicht sich selbst, sondern einen anderen berechtigen und verpflichten will.
Mithin kann P den F vorliegend dazu ermächtigen, in P’s Namen das Darlehen aufzuneh39
men . Dieses entsteht unter den beschriebenen Voraussetzungen direkt zwischen B und P.
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Aufbau, Darstellung, Argumentation
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Total: 106 Punkte
6
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Die Endnoten dienen der Erläuterung und Vertiefung; sie reflektieren nicht die Klausuranforderungen.
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Die actio de arboribus succisis bleibt ausser Betracht, da sie nicht Gegenstand der Vorlesung bildet.
KASER/KNÜTEL, § 27 RZ. 1; HONSELL, § 22 I i.i.
Dazu HAUSMANINGER/SELB, 161; HONSELL, § 21 IV.
Hierzu HONSELL, § 21 III und KASER/KNÜTEL , § 18 RZ. 16.
Dazu HONSELL, § 14 I; KASER/KNÜTEL, § 18 Rz. 8.
HONSELL, § 19 II.
Hierzu ERNST WOLFGANG/FÖGEN MARIE THERES, Skriptum Privatrecht I. Studienjahr 2007/08, Textstelle 86.
KASER/KNÜTEL, § 26 RZ. 10.
HONSELL, § 21 IV 1 i.f.
Oliven werden nämlich frühesten ab Mitte Oktober geerntet. [Dieses Wissen wurde weder vorausgesetzt
noch bepunktet.]
HAUSMANINGER/SELB, 163 u.
Ein Fall der actio de tigno iuncto liegt nicht vor; im Vorliegenden ging es nicht um Bau holz.
KASER/KNÜTEL, § 27 RZ. 1; HONSELL, § 22 I i.i.
Hierzu KASER/KNÜTEL , § 18 RZ. 16.
HONSELL, § 21 III.
HAUSMANINGER/SELB, 163 u.
KASER/KNÜTEL, § 48 RZ. 6.
Zu den angesprochenen Ausnahmen KASER/KNÜTEL, § 48 RZ. 10.
Aktiv- wie Passivlegitimation sind im Vorliegenden problemlos gegeben: E als ehemaliger Eigentümer (oben I.) des Diebesguts hat ein Interesse an der Erhebung der Klage und ist damit aktivlegitimiert; D ist als
Dieb passivlegitimiert (unten IV.d).
HONSELL, § 59 I; HAUSMANINGER/SELB, 278 ff.
Dazu HAUSMANINGER/SELB, 161; HONSELL, § 21 IV.
Hierzu KASER/KNÜTEL, § 51 RZ. 2.
HONSELL, § 59 III; KASER/KNÜTEL, § 51 RZ. 7.
HONSELL, § 59 III.
HAUSMANINGER/SELB, 286 f.; HONSELL, § 62 I.
Hierzu oben IV.d.
HONSELL, § 44 II.
HAUSMANINGER/SELB, 239 ff.
HAUSMANINGER/SELB, 240 u.
Zum furtum oben IV.
HONSELL, § 10 I; ERNST/FÖGEN, vor Textstelle 202.
HAUSMANINGER/SELB, 213 f.
Hierzu HONSELL, § 53 I; eingehend KASER/KNÜTEL, § 44 RZ. 1 ff.
HONSELL, § 53 III 1; KASER/KNÜTEL, § 44 RZ. 8.
HONSELL, § 53 III.
KASER/KNÜTEL, § 44 RZ. 8.
KASER/KNÜTEL, § 44 RZ. 8.
KASER/KNÜTEL, § 44 RZ. 10.
Beim Darlehen handelt es sich im Übrigen nicht um ein vertretungsfeindliches Geschäft.
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