Miete und Umsatzsteuer - Deutscher Mietgerichtstag

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Miete und Umsatzsteuer - Deutscher Mietgerichtstag
Privatdozentin Dr. Birgit Weitemeyer, Kiel und Dresden
Miete und Umsatzsteuer
I.
Grundlagen der Umsatzsteuer
1.
Konzeption der Umsatzsteuer
Anknüpfungspunkt für die Besteuerung ist nach § 1 UStG der Umsatz eines Unternehmers.
Hierzu gehören die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen
Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.1 Nach dem geltenden Recht wird die USt in
einem Allphasennettoverfahren erhoben. Das bedeutet, die Umsatzbesteuerung findet auf jeder
Wirtschaftsstufe statt, besteuert wird aber nur der Nettoumsatz. Der Unternehmer hat seinen gesamten Umsatz der Besteuerung zu unterwerfen. Die USt wird neben dem netto kalkulierten
Preis in der Rechnung gesondert ausgewiesen. Von dem sich hiernach ergebenden Gesamtbetrag
an USt kann der Unternehmer die ihm von seinen Lieferanten in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abziehen. Nur die Differenz ist die Zahllast, die an das Finanzamt abgeführt wird. Durch
dieses Mehrwertsteuersystem mit Vorsteuerabzug wird erreicht, dass auf jeder Wirtschaftsstufe
im Ergebnis nur noch der jeweils geschaffene Mehrwert steuerlich erfasst wird und die USt
selbst nicht ihrerseits nochmals besteuert wird. Da zum Vorsteuerabzug nur Unternehmer berechtigt sind (§ 15 UStG), trifft die USt wirtschaftlich den Letztverbraucher, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Von den steuerbaren Umsätzen sind bestimmte Umsätze nach §§ 4, 5 UStG steuerfrei. Darunter
fallen gem. § 4 Nr. 12 a UStG die Einnahmen aus der Vermietung von Grundstücken. Im Gegenzug ist nach § 15 II UStG die Steuer für Lieferungen und Einfuhr von Gegenständen sowie für
die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet,
vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Dies kann zu Härten führen, wenn etwa der Vermieter hohe umsatzsteuerpflichtige Bau- oder Reparaturleistungen durchgeführt hat. In § 9 I UStG wird
deshalb ein Verzicht auf die Steuerbefreiung zugelassen, wenn der Umsatz an einen anderen
Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Vermieter muss dann seine Mieteinnahmen versteuern, kann aber die Vorsteuer aus den auf die Vermietung entfallenden Rechnungen abziehen. Der gewerbliche Mieter erhält die auf dem Mietzins lastende USt in Rechnung
gestellt und kann sie seinerseits wieder abziehen. Diese Option ist nur zulässig, wenn auch der
mietende Unternehmer das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 II UStG).
2.
Rechtsquellen der Umsatzsteuer
Das Umsatzsteuerrecht wird in besonderer Weise durch Gemeinschaftsrecht überlagert. Die
6. Richtlinie 77/388/EWG vom 17.5.19772 (6. Mehrwertsteuer-Richtlinie) regelt bis ins Detail
das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Mit dem UStG 1980 vom 26.11.19793 erfolgte eine
Anpassung an diese Richtlinie. Die letzte grundlegende Reform stellt die Richtlinie 91/680/EWG
vom 16.12.1991 dar.4 Sie wurde mit dem USt-Binnenmarktgesetz vom 25.8.19925 umgesetzt.
1
Die Tatbestände der Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland (Einfuhrumsatzsteuer, § 1 I
Nr. 4 UStG) und der innergemeinschaftliche Erwerb (§ 1 I Nr. 5 UStG) haben bei Vermietungsleistungen nur geringe Bedeutung.
2
Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - vom
17.5.1977, ABl. EG Nr. L 145 S. 1.
3
BGBl I, 654.
4
Richtlinie 91/680/EWG zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie
77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung von Steuergrenzen vom 16.12.1991, ABl. EG Nr. L 376 S.1.
Die letzte europarechtsgeprägte Änderung im deutschen UStG erfolgte durch das RichtlinienUmsetzungsgesetz vom 9.12.2004.6
Das Auslegungsmonopol für die Richtlinie kommt dem EuGH zu. Da das deutsche UStG nach
der Einführung der entscheidenden 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie nicht grundlegend neu gestaltet,
sondern nur an die Richtlinie angepasst wurde, waren und sind immer noch viele Einzelregelungen im deutschen Recht nicht richtlinienkonform geregelt oder werden durch Rechtsprechung
und Finanzverwaltung nicht europarechtskonform angewandt. Bei Streitfragen lohnt sich daher
immer eine genauere Überprüfung. Insbesondere hat es der EuGH als Grundelement des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems herausgestellt, dass nur der Endverbraucher mit Steuer belastet
sein soll und die Steuerverwaltung letztlich keinen Steuerbetrag erheben darf, der den vom Endverbraucher gezahlten übersteigt, sog. Neutralitätsprinzip der Mehrwertsteuer.7
3.
Zuständigkeiten
Die USt wird von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes gem. Art. 108 III GG verwaltet. Die Finanzämter sind als örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der USt zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 21 AO. Für die USt zuständig ist das Finanzamt,
von dessen Bezirk der Unternehmer sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz
oder überwiegend betreibt (§ 21 I S. 1 AO).
II.
Umsatzsteuersteuerpflicht der Miete
Die Umsatzsteuer besteuert nicht Personen, sondern die konsumtive Einkommensverwendung
von Endverbrauchern. Anknüpfungspunkt für die steuerliche Belastung ist der Umsatz als Verkehrsvorgang. Gleichwohl bedarf auch die USt eines Steuersubjekts. Steuerschuldner ist grundsätzlich der Unternehmer (§ 13 II UStG). Der Begriff des Unternehmers ist in § 2 UStG geregelt.
Seine Funktion erschöpft sich jedoch nicht darin, den Steuerschuldner zu bestimmen. Er ist zugleich unerläßliches Tatbestandsmerkmal für den zu besteuernden Umsatz (§ 1 I Nr. 1, 2 UStG).
Nur Umsätze eines Unternehmers unterliegen hiernach der USt. Der Unternehmerbegriff ist daneben für den Verzicht auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze bedeutsam, da dies voraussetzt, dass an einen Unternehmer vermietet wird (§ 9 I UStG).
1.
Unternehmer und Unternehmen (§ 2 UStG)
Unternehmer ist nach § 2 I 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig
ausübt.
a)
Unternehmerfähigkeit
Unternehmer können natürliche Personen, juristische Personen und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen des Privatrechts sein. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nach § 2 III 1
UStG nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art im Sinne der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG und
mit land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben gewerblich oder beruflich tätig. Soweit die öffentliche Hand nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig ist, kann sie bei der Vermietung ihres Grundbesitzes nicht für die USt optieren und damit den Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen. Dem privaten Unternehmer, der an die öffentliche Hand vermietet, ist wegen § 9
I UStG die Option versagt.
Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich
alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnah5
BStBl I, 552, 1548.
BGBl I, 3310.
7
EuGH v. 24.10.1996 - Elida Gibbs, Slg. 1996, I-5339; v. 15.1.1998 - Ghent Coal, Slg. 1998, I-1, Rn. 15.
6
2
men außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 I S. 1 KStG). Nach § 4 I S. 2 KStG
ist eine Gewinnerzielungsabsicht und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
nicht erforderlich. Beispiele für derartige Betriebe sind vor allem die Versorgungs- und Verkehrsbetriebe (§ 4 III KStG). Nicht zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nach § 4 V S. 1
KStG Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen. Die entsprechende Vorschrift in Art. 4 V (1) der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie lautet: „Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige,
soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie in Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen
Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.“
Der EuGH definiert den Begriff der öffentlichen Gewalt als Tätigkeit, die Einrichtungen des
öffentlichen Rechts im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelungen ausüben, bei
denen also die Modalitäten der Tätigkeit durch ihr Sonderrecht bestimmt wird.8 Handelt die öffentliche Hand daher in den Formen des Privatrechts, ist sie Unternehmer. So ordnete der EuGH
die entgeltliche Auftragsforschung der Hochschulen als steuerbare Leistung ein, da die Hochschule bei der Auftragsforschung auf der Grundlage zivilrechtlicher Verträge gegenüber dem
Auftraggeber tätig wird und nicht im Rahmen öffentlicher Gewalt.9 Die frühere Steuerbefreiung
in § 4 Nr. 21a UStG für die Umsätze der staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit wurde
daraufhin aufgehoben.10 Der BFH folgt diesem Abgrenzungskriterium inzwischen11 und sieht
etwa die Tätigkeit einer städtischen Kindertagesstätte als unternehmerisch an, wenn die Kinder
auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit den Eltern betreut werden.12 Ein chemisches
Untersuchungsamt einer kommunalen Gebietskörperschaft, das im Auftrag der Polizeibehörden
Blutalkohol- und toxikologische Untersuchungen durchführt, ist ebenfalls steuerpflichtig.13 Seit
dem 1.7.1991 sind aufgrund der Postreform die Leistungen der TELEKOM als Nachfolgerin des
ehemaligen Hoheitsbetriebs der Deutschen Bundespost als unternehmerisch i.S. des § 2 III S. 1
UStG einzuordnen und eine Option durch deren Vermieter ist damit möglich.14
Handelt die juristische Person des öffentlichen Rechts dagegen in den Formen des öffentlichen
Rechts, ist die Tätigkeit als Korrektiv gegen eine „Flucht ins öffentliche Recht“ nach Art. 4 V (2)
der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie gleichwohl der Umsatzsteuer zu unterwerfen, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.15 So
stellte der BFH fest, dass trotz öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse
eines von einer Gemeinde betriebenen Parkhauses Steuerpflicht bestehe, weil die Nichtbesteue8
EuGH v. 17.10.1989 - Commune di Carpaneto Piacentino u.a., Slg. 1989, 3233 Rn. 16; EuGH v. 12.9.2000 Kommission/Niederlande, Slg. 2000, I-6417; EuGH v. 12.9.2000 - Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2000,
I-6355 in den konkreten Fällen für die Gestattung der Straßenbenutzung gegen Maut mangels Nachweis durch die
Kommission offengelassen; EuGH v. 14.12.2000 - Camara Municipal do Porto, Slg. 2000, I-11435, Rn. 19; bejaht
für Straßennutzung gegen Maut EuGH v. 8.3.2001-– Kommission/Portugiesische Republik, EWS 2001, 504, 505.
9
EuGH v. 20.6.2002 - Kommission/Deutschland, UR 2002, 316; zust. Reiß, RiW 2003, 199, 209; a.A. Strahl UR
2002, 374, 375.
10
SteuerÄndG 2003 v. 15.12.2003, BGBl I, 2645.
11
Wegen der Anknüpfung der USt an die Regelungen des KStG hatte der BFH früher auf die Definition des Betriebs gewerblicher Art i.S. des KStG abgestellt. Daraus ergaben sich Differenzen zur europarechtlichen Definition,
ebenso aufgrund noch nicht richtlinienkonformer Gesetzeslage, hierzu Bundesrechnungshof, Umsatzsteuerliche
Behandlung der öffentlichen Hand – Vorschläge für eine EG-konforme Besteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts, 2004; Weitemeyer, Die Körperschaftsbesteuerung der öffentlichen Hand, in Veröffentlichung.
12
BFH v. 18.12.2003, DStRE 2004, 985.
13
BFH v. 21.9.1989, BStBl II 1990, 95, 97.
14
BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Zurückverweisung an das FG Köln zur weiteren Tatsachenaufklärung.
15
EuGH v. 14.12.2000 – Camara Municipal do Porto, Slg. 2000, I-11435, Rn. 22, 24: öffentliche Parkplätze mit
Parkuhren.
3
rung zu größeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Parkhausbetreibern führen würde.16 Mit seiner Entscheidung vom 27.2.2003 hat der BFH inzwischen geklärt - hier ging es um
die Parkplatzbewirtschaftung mittels Parkuhren – dass es auf den tatsächlichen oder den potentiellen Wettbewerb zu Privaten ankomme, damit deren Marktzutritt nicht behindert werde.17 I
Eine weitere Diskrepanz zwischen der hergebrachten Begriffsbestimmung des Betriebs gewerblicher Art und der europarechtlichen Bestimmung des Steuerpflichtigen besteht bei der reinen
Vermietungstätigkeit durch die öffentliche Hand, die als bloße Vermögensverwaltung nach deutschem Recht keinen körperschaft- und damit auch keinen umsatzsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art begründet.18 Bei häufig wechselnden Mietern, einer umfangreicheren Verwaltung
des Grundstücks und der Erbringung weiterer Leistungen liegt aber bereits ein steuerpflichtiger
Betrieb gewerblicher Art vor, so z.B. bei der Vermietung von kommunalen Bürgerhäusern oder
Mehrzweckhallen an unterschiedliche Mieter.19 Auf eine Vorlage des BFH20 zur einer Verpachtung einer Gaststätte durch die Marktgemeinde Welden, die für die Umsatzsteuerpflicht optiert
hatte, entschied der EuGH, die deutsche Regelung sei deshalb nicht europarechtswidrig, weil
nach Art. 4 V (4) der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie Vermietungstätigkeiten generell von der
Steuerpflicht ausgenommen werden können. Daher könne der nationale Gesetzgeber diese Tätigkeiten auch begrenzt auf Einrichtungen des öffentlichen Rechts von der Steuerpflicht befreien.
Allerdings steht dies ebenfalls unter dem Korrektiv, dass die von Unterabsatz (2) des Art. 4 V
der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie geforderte wettbewerbsorientierte Beschränkung beachtet werde.21 Dabei geht es ausschließlich um die Frage, ob die Steuerfreiheit der Vermietungstätigkeiten
der öffentlichen Hand zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Der Staat kann sich demgegenüber nicht auf diese Einschränkung mit dem Argument berufen, die Versagung des Vorsteuerabzugs würde ihn benachteiligen.22 Hier müssen Gestaltungen gesucht werden, bei denen die
Vermietungstätigkeit in einen Betrieb gewerblicher Art oder in eine privatrechtliche Eigengesellschaft überführt werden. Offen und anhängig beim EuGH ist dagegen noch die Frage, ob sich ein
privater Dritter auf die Wettbewerbswidrigkeit der Steuerfreiheit der öffentlichen Hand berufen
darf.23
b)
Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
Nach § 2 I 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von
Einnahmen, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht fehlt oder eine Personenvereinigung nur
gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Der Begriff ist spezifisch umsatzsteuerrechtlich und
nicht mit dem Begriff des Gewerbebetriebs i.S. des Ertragsteuerrechts oder des HGB gleichzusetzen. Ob jemand im umsatzsteuerlichen Sinn Unternehmer ist, hängt maßgeblich davon ab, ob
er die berufliche oder gewerbliche Tätigkeit nachhaltig ausübt. Dies ist der Fall, wenn sie auf
Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist. Vermietet jemand regelmäßig Räume oder ein
Grundstück und erzielt daraus Einnahmen, liegen diese Voraussetzungen vor.24
16
BFH v. 10.12.1992, BStBl 1993 II, 380, 381.
BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2004, 431; ebenso BFH v. 1.7.2004, BFH/NV 2005, 252 für Militärflughafen; unklar
noch BFH v. 11.6.1997, BStBl II 1999, 420 für Vermietung von Strandkiosken.
18
So sei die Vermietung von Standorten für Mobilfunkanlagen durch die öffentliche Hand nicht steuerbar, OFD
Chemnitz, Vfg. v. 1.2.2005, DStR 2005, 333.
19
OFD Frankfurt a.M., Vfg. v. 25.6.2003, UR 2004, 38 ff.
20
BFH v. 21.3.1995, BFHE 177, 534.
21
EuGH v. 6.2.1997, C-247/95, Slg. 1997, I-779; Folgeentscheidung BFH v. 11.6.1997, BStBl II 1999, 418.
22
FG München v. 20.3.2003, EFG 2003, 1054, rkr.
23
Vorlage durch BFH v. 8.7.2004, BStBl II 2004, 1034; Az. des EuGH: C-430/04.
24
Plückebaum/Malitzky, UStG, 10. Aufl., Stand 2005, Bd. 11, § 3 Rn. 313; Schneider, DWW 2005, 53; anders bei
der Vermietung von Freizeitgegenständen, vgl. Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 2 Rn. 66 „Wohnmobilvermietung“.
17
4
c)
Selbständigkeit
Unternehmer kann nur sein, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Das UStG definiert in § 2 II den Begriff der Selbständigkeit negativ, indem es die Unselbständigkeit bestimmt. Natürliche Personen sind unselbständig, wenn sie einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind (Nr. 1).
Eine natürliche Person kann hinsichtlich verschiedener Tätigkeiten teils selbständig, teils nichtselbständig, etwa wenn ein Beamter eine Wohnung vermietet.
d)
Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft
Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen
beabsichtigt ist. Sie endet mit dem letzten Tätigwerden, d.h., wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem aufgegebenen Betrieb in Zusammenhang stehen.
e)
Umfang des Unternehmens
Das Unternehmen umfasst nach § 2 I 2 UStG die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
des Unternehmers. Der Begriff des Unternehmens ist im spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Sinne zu verstehen und nicht mit dem allgemeinen Sprachgebrauch gleichzusetzen. Für die USt haben auch Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte und Künstler ebenso wie Landwirte ein Unternehmen.
Das Gegenstück zur unternehmerischen Tätigkeit ist das private Handeln einer Person. Allein
daraus, dass ein Umsatz im persönlichen Lebenskreis erfolgt, wird er nicht der USt-Pflicht entzogen, sofern die Tätigkeit nachhaltig ist und der Erzielung von Einnahmen dient. Besonders
deutlich wird diese Zweiteilung in einen unternehmerischen und einen privaten Bereich bei den
Vorschriften über die unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 I Nr. 1 b UStG. Hier geht das Gesetz davon aus, dass die natürliche Person als Unternehmer derselben natürlichen Person als Privatmann gegenübersteht. Ein nichtsteuerbarer Innenumsatz liegt nicht vor, da die Ware den Unternehmensbereich verlässt.
2.
Steuerbare Umsätze (§§ 1, 3 UStG)
a)
Allgemeines
Gegenstand der Umsatzbesteuerung sind nach § 1 I Nr. 1 UStG die Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die ein Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausführt (Grundtatbestand), nach Nr. 4 die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in
das Inland (Einfuhrumsatzsteuer) und nach Nr. 5 der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland.
b)
Inland
Die Vermietung von Grundstücken ist eine sonstige Leistung, die nach § 1 I Nr. 1 UStG nur
steuerbar ist, wenn sie im Inland erfolgt. Vermietungsleistungen im Sinne des § 4 Nr. 12 UStG
werden dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt (§ 3a II Nr. 1 a UStG). Inland ist nach § 1 II
S. 1 UStG das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebietes von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 I S. 1 des Zollverwaltungsgesetzes (sog. Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die
zu keinem Zollgebiet gehören. Die Bedeutung des Inlandsumsatzes liegt darin, dass der Vorgang
bereits steuerbar ist, wenn der Umsatz im Inland ausgeführt wird, unabhängig davon, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder seinen Sitz im Inland hat oder
eine Betriebsstätte unterhält (§ 1 II 3 UStG).
5
Nach § 15 I Nr. 1 UStG kann auch ein Betreiber eines Immobilienfonds, der ein Gebäude im
Ausland vermietet, die auf Umsätze im Inland lastende Umsatzsteuer als Vorsteuer in Deutschland zurückfordern. Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 II Nr. 2 UStG zwar ausgeschlossen, wenn
der Unternehmer die Leistungsbezüge zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet, die
steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Das wäre bei Vermietungsumsätzen an
sich nach § 4 Nr. 12 UStG der Fall. Der BFH legt die Vorschrift des § 15 II Nr. 2 UStG jedoch
entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung25 gemeinschaftsfreundlich aus und bezieht die
Option nach § 9 UStG in die Prüfung der Steuerfreiheit ein.26
c)
Lieferungen und sonstige Leistungen (§ 1 I Nr. 1 UStG)
aa)
Leistung als Oberbegriff
Das Gesetz stellt auf Lieferungen und sonstige Leistungen als wichtigsten Steuergegenstand ab.
Daraus ist zu schließen, dass die Leistung Oberbegriff für beide Tatbestände ist. Es braucht sich
nicht um eine Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr zu handeln. Auch derjenige leistet,
der nur mit einem einzigen Empfänger in Geschäftsbeziehungen steht. Das UStG knüpft mit dem
Begriff der Leistung nicht an das Verpflichtungsgeschäft, sondern an das Erfüllungsgeschäft an.
Es ist also unerheblich, welches Schuldverhältnis einer Leistung zugrunde liegt und ob es wirksam ist. Da nur der tatsächliche Leistungsaustausch maßgebend ist, kommt es nicht auf die
Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts an, solange die Parteien das wirtschaftliche Ergebnis dieses
Rechtsgeschäfts eintreten und bestehen lassen (vgl. § 41 AO).
Maßgebend für die Besteuerung ist der einzelne Umsatz. Der Umfang wird vom Grundsatz der
Einheitlichkeit der Leistung bestimmt. Er bedeutet, dass ein nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise einheitlicher Vorgang auch für die Besteuerung als Einheit zu behandeln ist, selbst wenn
er von den Parteien rechtlich in mehrere Teile aufgespalten wird und gesonderte Rechnungen
ausgestellt werden (z.B. Verkauf einer Ware und Beförderungskosten sowie Mietkauf einheitlich
Lieferung). Dies ist bedeutsam, wenn für die einzelnen Teile an sich unterschiedliche Vorschriften hinsichtlich des Steuersatzes oder einer Steuerbefreiung in Betracht kommen. In besonderen
Fällen ist aber eine Aufteilung gesetzlich vorgeschrieben, so etwa bei der Vermietung von
Grundstücken nebst Bestandteilen und Zubehör wie Maschinen oder Betriebsvorrichtungen (§ 4
Nr. 12 a UStG).
bb)
Vermietung als sonstige Leistung
Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Es kann sich um ein Tun, Dulden oder Unterlassen handeln. Eine sonstige Leistung durch Dulden ist die Vermietung.
cc)
Ort und Zeit der sonstigen Leistung
Bei sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück wie der Vermietung wird
die Leistung nach der Sonderregelung des § 3a II Nr. 1 UStG dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt.27 Sonstige Leistungen sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung bewirkt,
können sich also im Gegensatz zur Lieferung auch über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Beim Dulden oder Unterlassen kann der Zeitpunkt allerdings nicht in dieser Weise fixiert werden. Bei Mietverträgen über eine längere Laufzeit, die in monatliche Zahlungs- und Leistungsab-
25
Abschn. 205 I UStR 2005.
BFH v. 6.5.2004, BStBl II 2004, 856.
27
S.o. II 2 b).
26
6
schnitte untergliedert ist, liegen Teilleistungen nach § 13 I UStG vor. Sie werden durch die monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert.28
d)
Entgelt
Lieferungen und sonstige Leistungen müssen gegen Entgelt ausgeführt werden, um steuerbar zu
sein. Der Tatbestand setzt demnach einen Leistungsaustausch voraus. Das Entgelt dient zugleich
als Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung (§ 10 I UStG). Auf die Klagbarkeit kommt
es nicht an, wie etwa bei unwirksamen Verträgen wegen Wuchers. Unerheblich ist es für die
Steuerbarkeit, wenn das Entgelt uneinbringlich ist oder sich mindert. Dies hat aber einen Einfluss
auf die Bemessungsgrundlage und kann zu einer nachträglichen Änderung der Umsatzsteuer
oder des Vorsteuerabzugs nach §§ 15a, 17 UStG führen.
Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ist ein Leistungsaustausch nicht bereits dann zu verneinen, wenn die Vereinbarungen nicht fremdüblich sind oder nicht vertragsgemäß vollzogen
werden. Voraussetzung ist aber, dass der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt zu
erhalten.29 So hatte ein Architekt ein Grundstück erworben, zum Hotel umgebaut und anschließend an seine Ehefrau unter Option für die Steuerpflicht verpachtet.30 Die Ehefrau sollte in einer
Anlaufphase von drei Jahren nur dann eine Pacht zahlen, wenn tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird.31 Der Architekt war nach Auffassung des BFH wegen des Prinzips der Neutralität
der Mehrwertsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil die objektiv belegbare Absicht, das
Grundstück später entgeltlich zu vermieten, ausreiche.32 Er scheitert auch nicht an der Vorschrift
des § 15 II Nr. 3 UStG, wonach der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist für Leistungen, die der
Unternehmer für unentgeltliche Leistungen verwendet, die steuerfrei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden. Da die zugrundeliegende 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie eine solche Einschränkung nicht vorsieht, kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf die ihm günstigere
Richtlinie berufen.33 Eine unentgeltliche nichtunternehmerische Leistung liegt auch dann nicht
vor, wenn wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Mieters für eine Weile auf die Miete verzichtet wird.34 An einer Leistung gegen Entgelt fehlt es aber, wenn ein Vermieter gegenüber dem
Mieter auf die Geltendmachung der Miete wegen dessen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ganz
verzichtet und die Miete auch nicht als Forderung bucht35 oder wenn bei einer Grundstücksveräußerung unter Angehörigen nicht vorgesehen ist, dass der Kaufpreis gezahlt wird.36
Bei der Nutzungsüberlassung an Angehörige gegen ein herabgesetzes Entgelt ist jedoch zu beachten, dass das Entgelt nach § 10 V Nr. 2 i.V.m. § 10 IV Nr. 2 UStG mit den bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Kosten zu bewerten ist (Mindestbemessungsgrundlage). Das
bedeutet aber nicht, dass die Mindestbemessungsgrundlage auch dann anzuwenden ist, wenn die
marktüblichen Mieten für eine Vermietung unter Fremden unter der Kostenmiete liegen würde,
da die deutsche Vorschrift insofern nicht von der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie gedeckt ist. In
diesem Fall besteht nämlich nicht die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder –umgehung.37
28
BFH v. 9.9.1993, BStBl II 1994, 269, 270; s.u. II 7 b.
BFH v. 22.6.1989, BStBl II 1989, 913; v. 26.11.2003, BFH/NV 2004, 383; v. 11.12.2003, BFHE 204, 349.
30
Der Fall ist bei einer Vermietung identisch zu lösen.
31
BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349.
32
BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349 unter Berufung auf EuGH v. 8.6.2000, – Breitsohl -, BStBl II 2003, 452;
BFH v. 8.3.2001, UR 2001, 214; BMF v. 24.4.2003, BStBl I, 313.
33
BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349.
34
BFH v. 7.7.2005, BStBl II 2005, 849 = NZM 2006, 186.
35
BFH v. 30.8.2005, BFH/NV 2006, 90; vgl. auch FG Berlin v. 3.9.2002, EFG 2004, 939,Rev. beim BFH anhängig
unter dem Az. V R 13/04.
36
BFH v. 26.11.2003, BFH/NV 2004, 383.
37
EuGH v. 29.5.1997, BStBl II 1997, 841 – Skripalle; Folgeentscheidung BFH v. 8.10.1997, BStBl II 1997, 840;
BMF v. 21.11.1997, BStBl I 1997, 1048.
29
7
3.
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 a UStG
a)
Bedeutung
In den §§ 4, 5 UStG ist ein Katalog von Steuerbefreiungen bei Lieferungen, sonstigen Leistungen und unentgeltlichen Wertabgaben enthalten. Die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze
verfolgt das Ziel, vor allem die Wohnungsmieten niedrig zu halten. Sie ist eine objektive Steuerbefreiungen. Ob sie eingreift, richtet sich allein nach dem Gegenstand des Umsatzes, nicht nach
der Person des Unternehmers. Von einer echten Steuerbefreiung kann aber nur die Rede sein,
wenn der Endverbraucher tatsächlich entlastet wird, also der Umsatz mit dem vollen Vorsteuerabzug ausgestattet ist.38 Bei der Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze handelt es sich hingegen
um eine unechte Steuerbefreiung, bei der Umsatz zwar steuerbefreit ist, dem Unternehmer insoweit aber der Vorsteuerabzug versagt wird. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die nicht abziehbare Vorsteuer im Wege der Kalkulation als Kostenbestandteil in den Preis seiner Leistung
einfließen lässt und auf den Endverbraucher abwälzt.
Nach der Umstellung der USt auf das Mehrwertsteuersystem kehrt sich der Zweck der Steuerbefreiung daher insbesondere für Neubauten in das Gegenteil um, weil die Steuerbefreiung den
Verlust des Vorsteuerabzugs zur Folge hat (§ 15 II Nr. 1 UStG). Ein Verzicht auf die Steuerfreiheit ist nur bei der Vermietung an umsatzsteuerpflichtige Unternehmer möglich (§ 9 I, II UStG).
Rechtspolitisch wäre daher zu erwägen, die Steuerbefreiung für Vermietungsumsätze ganz aufzugeben, um auch bei Neubauten sowie bei Modernisierungen von Altbauten im Wohnungsbau
den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Vermietern nur einer oder weniger Wohnungen würde die
Steuerbefreiung für Kleinunternehmer nach § 19 UStG zu Gute kommen, wenn sie hiervon Gebrauch machen wollen. In manchen Fällen ist allerdings die Steuerfreiheit der Mieteinnahmen
günstiger, so etwa bei der Vermietung von Standflächen auf Wochenmärkten durch eine Genossenschaft, die mangels größerer Aufwendungen für die Errichtung der Marktplätze keine nennenswerten Vorsteuerbeträge abzuziehen hat.39
b) Gegenstand der Vermietung und Verpachtung
Der steuerfreien Vermietung und Verpachtung unterfallen Grundstücke, grundstücksgleiche Berechtigungen und Hoheitsrechte betreffend der Nutzungen von Grund und Boden. Grundstücksgleiche Berechtigungen sind vor allem das Erbbaurecht und das Wohnungseigentum.40
c) Begriff der Vermietung
Der Begriff der Vermietung i.S. des Art. 13 Teil B lit. b der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie ist eigenständig gemeinschaftsrechtlich auszulegen, da er nicht von der zivilrechtlichen Auslegung in
den einzelnen Mitgliedstaaten abhängen kann.41 Vermietung in diesem Sinne liegt vor, wenn
dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.42 Keine steuerfreie Vermietung von Grundstücken ist daher in der
38
Dies ist nur in den Fällen des § 4 Nr. 1 – 7 UStG der Fall, die überwiegend Lieferungen und Leistungen in das
Ausland zum Gegenstand haben oder damit in Zusammenhang stehen. So bleiben gem. § 4 Nr. 1 b UStG innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei, weil und wenn die Belastung im Bestimmungsmitgliedstaat stattfindet.
39
Vgl. Hess. FG v. 14.12.2004, EFG 2005, 737, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 12/05.
40
Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 12.
41
EuGH v. 8.3.2003 - Seeling, BStBl II 2004, 378; Nachfolgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371;
EuGH v. 8.11.2004 - Temco Europe, UR 2005, 24.
42
EuGH v. 9.10.2001- Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257, Rn. 21; v. 8.11.2004 - Temco Europe,
UR 2005, 24.
8
Benutzung von Straßen gegen Mautgebühr.43 Ebenfalls keine steuerfreie Vermietung ist die Gestattung, einen Automaten in dem Lokal des Inhabers aufzustellen.44 Zahlt der Mieter einem Dritten ein Entgelt dafür, dass der Dritte an seiner Stelle in den Mietvertrag eintritt und seine Rechte
und Pflichten aus dem Mietverhältnis übernimmt, handelt es sich ebenfalls nicht um steuerfreie
Vermietungsumsätze, da der Mieter dem Dritten das Grundstück nicht selbst vermietet.45 Eine
steuerfreie Vermietung ist es dagegen, wenn der Mieter das Grundstück an den Dritten untervermietet oder wenn er dem Vermieter für seine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis
eine Entschädigung gezahlt hätte.46 Ebenfalls eine steuerfreie Vermietungsleistung ist es, wenn
der Mieter das Grundstück dem Vermieter vorzeitig zurückgibt und von diesem eine Gegenleistung hierfür erhält.47
Eine sonstige Leistung i.S. des § 4 Nr. 12 a UStG stellt auch die Vermietung von Dachflächen an
Mobilfunkunternehmen dar, die darauf Antennen errichten und betreiben48 sowie die Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung und die Überlassung des Rechts zur Überspannung
von Überlandleitungen.49
aa) Vermietete Fläche
Die vermietete Fläche muss nicht von vornherein feststehen, sie muss nur bestimmbar sein. Die
spätere Konkretisierung kann gem. § 315, 317 BGB durch beide Vertragsparteien, durch eine
Partei oder durch einen Dritten erfolgen.50 Besondere Bedeutung hatte diese Frage und damit die
Abgrenzung zur steuerpflichtigen Verwahrung für die Vermietung von Parkflächen für kurze
Zeit. Während die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen gem. § 4 Nr. 12 S.
2 UStG seit dem 1.1.1992 sowohl für die langfristige als auch für die kurzfristige Vermietung
von der Steuerbefreiung ausgenommen ist,51 blieb die Frage für die kurzfristige Vermietung von
Campingplätzen bedeutsam. Der BFH stellt aber nicht mehr auf die Bestimmbarkeit ab, sondern
darauf, ob das Schwergewicht der Vertragspflicht eher in der Obhutspflicht für die untergebrachten Sachen oder in der Gebrauchsüberlassung der Flächen liegt.
bb) Umfang der Steuerfreiheit
Steuerfrei sind neben den eigentlichen Vermietungsumsätzen auch die üblichen Nebenleistungen.52 Der BFH definiert die Nebenleistung danach, ob sie in engem Zusammenhang mit der
Hauptleistung steht, im Verhältnis zu dieser nebensächlich ist und in deren Gefolge üblicherweise vorkommt.53 Dazu gehört etwa die Lieferung von Heizwärme und Wasser, die Treppenhausund Flurreinigung oder die Überlassung von Waschmaschinen zur Nutzung.54 Nicht darunter
43
EuGH v. 12.9.2000 - Kommission/ Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355, zur Ausübung als Betrieb gewerblicher Art s. o. Fn. 8.
44
EuGH v. 12.6.2003 - Sinclair Collis Ltd., UR 2003, 348.
45
EuGH v. 9.10.2001 - Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257.
46
EuGH v. 9.10.2001 Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257 Rn. 31.
47
EuGH v. 15.12.1993 - Lubbock Fine, Slg. I 1993, 6665; v. 9.10.2001 - Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001
I, 07257, Rn. 26 ff.
48
Zur Folge für die Wirtschaftlichkeitsberechnung im preisgebundenen Wohnungsbau BGH v. 2.11.2005, WuM
2006, 26 = NJW-RR 2006, 380 = ZMR 2006, 188.
49
BFH v. 11.11.2004, BStBl. II 2005, 802.
50
BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585; v. 8.10.1991, BStBl II 1992, 209.
51
BMF v. 7.8.1992, BStBl I, 471; Lohse DStR 1992, 649; daher ist auch die Vermietung von Bootslegeplätzen steuerpflichtig, s. EuGH v. 3.3.2005 – Fonden Marselisborg Lystbadehavn, IStR 2005, 315; vgl. noch BFH v.
8.10.1991, BStBl II 1992, 368.
52
BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585; Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 25.
53
BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585.
54
BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585.
9
fallen dagegen die Bereitstellung einer Fernmeldeanlage in vermieteten Büroräumen55 oder die
Vermietung von Einrichtungsgegenständen.56
Problematisch sind Mischfälle zu beurteilen, in denen neben der Vermietungsleistung andere
Leistungen angeboten werden, wie etwa bei der Lagerhaltung, der Verwahrung, der Heimpflege,
der Krankenhausbehandlung oder der Überlassung von Standplätzen auf Märkten und Messen.
Lange Zeit ging die Rechtsprechung davon aus, dass die Umsätze aufzuteilen seien, wenn die
einzelnen Leistungselemente klar voneinander trennbar sind. So wurde bei der Vermietung von
Sportanlagen zwischen einer steuerfreien Grundstücksvermietung und einer steuerpflichtigen
Vermietung der Betriebsvorrichtungen unterschieden, etwa bei der Hallenmiete von Tennis- und
Squashanlagen (vgl. § 4 Nr. 12 letzter HS UStG).57 Keine Vermietung sondern ein Vertrag eigener Art sollte vorliegen, wenn dem Besucher einer Sportstätte deren Nutzung im Rahmen der
allgemeinen Benutzungsordnung ohne Ausschluss anderer Personen gestattet wird, so bei der
Schwimmbadbenutzung im allgemeinen Badebetrieb.58 Die danach notwendige Aufteilung in
einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil der Umsätze hat wegen § 15 II UStG auch
Auswirkungen auf die abzugsfähigen Vorsteuern aus der Errichtung und dem Betrieb der Sportanlagen. Mit einem Urteil vom 31.5.2001 hat der BFH die Nutzungsüberlassung von Sporteinrichtungen mit weiteren Nutzungsangeboten nunmehr als einheitliche steuerpflichtige Leistung
eingestuft, die durch die Möglichkeit geprägt werde, die Dienstleistung umfassend in Anspruch
zu nehmen, so dass künftig alle Leistungen steuerpflichtig sind.59 Grundlage ist eine Entscheidung des EuGH zu Steuerbefreiung von Vermietungsleistungen nach Art. 13 Teil B lit. b der 6.
Mehrwertsteuer-Richtlinie. Die Steuerbefreiungen in Art. 13 der Mehrwertsteuer-Richtlinie seien
eng auszulegen seien, so dass eine Steuerfreiheit bei der Vermietung von Sportstätten wegen der
Vermietung eines Grundstücks nicht in Betracht komme. Es fehle an der erforderlichen Dauer
der Nutzungsüberlassung. Die Steuerbefreiung für Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, seien nur auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben anwendbar, zudem seien sie möglichst als Gesamtheit zu würdigen.60 Durch das Gesetz zur Sicherstellung einer
Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen61 ist in § 27 VI UStG eine
Übergangsregelung geschaffen worden. Danach können Umsätze aus der Nutzungsüberlassung
von Sportanlagen bis zum 31.12.2003 noch in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und in
eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden. Durch Gesetz
vom 23.4.200462 ist die Übergangsregelung bis zum 31.12.2004 verlängert worden.
Umgekehrt wirkt sich diese Sichtweise auf die Überlassung von Standplätzen auf Messen und
Märkten aus. Diese sind bislang aufgeteilt worden in steuerfreie Vermietungsleistungen und
steuerpflichtige andere Leistungen wie die Bereitstellung von Strom, die Reinigung des Platzes,
die Aufsicht und Organisation des gesamten Marktes.63 Unter Berufung auf die Rechtsprechung
des EuGH und des BFH hat das Hess. FG die Bereitstellung von Wochenmarktveranstaltern gegenüber den Marktteilnehmern als einheitliche steuerfreie Vermietungsleistung eingestuft.64
55
Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 26; a.A. FG Düsseldorf EFG 1988, 209 rkr.
Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 26
57
BFH v. 10.2.1994, BStBl II 1994, 668.
58
BFH v. 21.10.1999, BFHE 190, 244 m. ausf. Darstellung.
59
BFH v. 31.5.2001, BStBl II 2001, 658 m. Anm. Küffner, DStR 2001, 1422; v. 21.5.2004, BFH/NV 2004, 1553; s.
auch BMF v. 15.10.2001, UR 2001, 509; BMF v. 17.4.2003, UR 2003, 304; Abschn. 86 I UStR 2005.
60
EuGH v. 18.1.2001, - Lindöpark, Slg. 2001, I-0493.
61
Gesetz v. 1.9.2002, BGBl I, 3441.
62
BGBl I, 601.
63
BFH v. 7.4.1960, BStBl III 1960, 261; v. 25.4.1968, BStBl II 1969, 94; OLG Köln DStR 1994, 1397; BMF v.
27.9.1995, DStR 1995, 1676; OFD Erfurt DStR 2000, 1351.
64
Hess. FG, Urteile v. 14.12.2004, EFG 2005, 737 u. 739, Rev. beim BFH anhängig unter den Az. V R 12/05, V R
13/05; vgl. bereits BFH v. 7.3.1995, BFH/NV 1995, 1027 für Standfläche auf Kongress.
56
10
Bei der Unterbringung im Altersheim werden die Umsätze bislang geteilt, da das Vermietungselement den Versorgungsleistungen gleichgestellt ist,65 anders ist dies bei Altenpflegeheimen
oder Krankenhäusern, wo die Pflegeleistungen überwiegen.66 Die weitere Entwicklung bleibt
hier abzuwarten.
cc) Ausschluss nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG
Nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG sind nicht steuerbefreit die Vermietung von Räumen zur kurzfristigen
Beherbergung, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Parkplätzen sowie die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen. Davon ist auch die kurzfristige Vermietung von Wohnräumen durch ein Studentenwerk an Nichtstudierende, die Bedienstete des Studentenwohnheims
sind, erfasst. Das Studentenwerk kann sich jedoch nach einem Urteil des EuGH vom 19.5.2005
unmittelbar auf Art. 13 Teil A I Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen, die eng mit dem
Hochschulunterricht verbundene Dienstleistungen steuerfrei stellt.67
4.
Option (§ 9 UStG)
a)
Voraussetzungen
aa) Begünstigte Umsätze
Nur die ausdrücklich in § 9 I UStG genannten steuerfreien Umsätze gestatten eine Option. Hierzu gehören nach § 4 Nr. 12 a UStG die hier interessierenden Vermietungsumsätze.
bb) Vermietung an einen anderen Unternehmer
Die Vermietung muss nach § 9 I UStG an einen anderen Unternehmer erfolgen. Ausgeschlossen
ist die Option daher bei der Vermietung an Privatpersonen oder an die öffentliche Hand außerhalb ihrer Betriebe gewerblicher Art.68 Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass nur der Unternehmer als Mieter in den Mietvertrag aufgenommen wird und nicht zusätzliche Personen wie
Ehegatten oder GmbH-Geschäftsführer, die an sich nur haften sollen. Deren Haftung ist über
eine Bürgschaft zu regeln.69 So hat es der BFH beanstandet, dass beide Ehegatten Pächter einer
Gaststätte waren, die Gaststätte jedoch nur durch den Ehemann als Unternehmer betrieben wurde.70
cc) Vermietung für dessen Unternehmen
Die Option setzt voraus, dass die Vermietungsleistung an den anderen Unternehmer für dessen
Unternehmen erfolgt. Problematisch ist die Verwendung eines Teils des vermieteten Grundstücks zu privaten Zwecken des anderen Unternehmers. Bislang ist die Rechtsprechung davon
ausgegangen, dass die unternehmensfremde Grundstücksnutzung steuerfrei ist, wenn eine entgeltliche Nutzungsüberlassung an einen fremden Dritten als Grundstücksvermietung unter § 4
Nr. 12 UStG fallen würde.71 Eine Option ist dann nicht möglich, die anteiligen Vorsteuerbeträge
konnten nicht abgezogen werden.72 Mit Urteil vom 8.3.2003 hat der EuGH entschieden, dass die
für den privaten Bedarf erfolgte Verwendung einer Wohnung in einem Gebäude, das der Unternehmer insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, nicht unter die eng auszulegende Steu-
65
Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 23; Abschn. 80 II UStR 2005.
BFH v. 21.4.1993, BStBl II 1994, 266, 268; Abschn. 81 II Nr. 12 UStR 2005.
67
BFH v. 19.5.2005, BStBl II 2005, 900.
68
S.o. II 1a).
69
Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 560.
70
BFH v. 7.11.2000, BFHE 194, 270.
71
So § 15 II S. 1 Nr. 3 UStG: BFH v. 29.10.1987, BStBl II 1988, 90; v. 10.2.1994, BStBl II 1994, 668.
72
BFH v. 2.10.1987, BStBl II 1987, 44, 48; v. 29.10.1987, BStBl II 1988, 90, 92.
66
11
erbefreiung nach Art. 13 Teil B lit. b der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie fällt.73 Das bedeutet, es
liegt eine unentgeltliche Wertabgabe des Unternehmers vor (§ 3 I b Nr. 1 UStG), die der Umsatzsteuer unterfällt und auch den Vorsteuerabzug zulässt.74 Damit erfolgt die Leistung bezüglich
des gesamten Grundstücks an den andern Unternehmer.
dd)
Kein Ausschluss nach § 9 II UStG
Nach § 9 II UStG ist bei Vermietungsumsätzen darüber hinaus erforderlich, dass der Leistungsempfänger, also der Mieter, das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Damit ist die Option ausgeschlossen bei der Vermietung an Unternehmer, die steuerfreie Umsätze tätigen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Darunter fallen etwa Banken (§ 4 Nr. 8 UStG), Versicherungen (§ 4
Nr. 10 UStG), Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen und andere
Heilberufe (§ 4 Nr. 14 UStG), die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung (§ 4 Nr. 15 UStG),
Krankenhäuser, Alte- und Pflegeheime (§ 4 Nr. 16 UStG), Bildungseinrichtungen (§ 4 Nr. 20, 22
UStG) und private Schulen (§ 4 Nr. 21 UStG).75 Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des §
9 II UStG in der seit dem 1.1.1994 geltenden Fassung76 sogenannte Vorschaltmodelle verhindern, bei denen Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen zur Anschaffung oder Herstellung eines
Gebäudes Dritte, meist Ehegatten oder von ihnen beherrschte Gesellschaften, vorschalten, die
das Gebäude errichten oder erwerben und unter Ausübung der Option steuerpflichtig an den Unternehmer vermieten.77 Die geltende Gesetzesfassung stellt jedoch nicht darauf ab, ob es sich um
ein derartiges Vorschaltmodell handelt, sondern schließt jede Vermietung an Unternehmer aus,
die nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen sind. Entgegen dem Wortlaut78 soll bei einer längeren
Kette hintereinander geschalteter Mietverträge die gesamten Unternehmenskette bis zum Endverbraucher einbezogen werden.79
Bedeutsam für die Möglichkeit der Option ist es daher, ob der Mieter steuerfreie Umsätze tätigt.
Dies ist nicht immer einfach festzustellen. So sind nach § 4 Nr. 9b UStG die Rennwetten am
Totalisator und beim Buchmacher, die inländischen öffentlichen Lotterien und Ausspielungen
sowie die staatliche Oddset-Wette80 umsatzsteuerfrei, weil sie der Steuerpflicht nach dem RennwLottG81 unterliegen. Das gilt aber nicht für die Vermittler von Wetten oder Lotterien, so dass
die Toto- und Lottoannahmestellen mit ihren Provisionen umsatzsteuerpflichtig bleiben.82 Bei
der Vermietung an diese Unternehmer ist die Option daher im vollen Umfang möglich. Nach § 4
Nr. 11b UStG sind die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG
73
EuGH v. 8.5.2003, – Seeling, BStBl II 2004, 378; Nachfolgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371;
BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469. Die Vorschrift des § 15 II S. 1 Nr. 3 UStG ist deswegen weitgehend obsolet geworden, Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 15 Rn. 275.
74
BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371.
75
Nicht privates Ballettstudio: FG München v. 18.11.2004, EFG 2005, 740, Rev. beim BFH anhängig unter dem
Az. V R 3/05.
76
Durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts - StMBG v.
21.12.1993, BGBl I, 2310; zur Übergangsregelung des § 27 II Nr. 3 UStG vgl. EuGH v. 8.6.2000, – Schloßstraße,
Slg. 2000, I-4279 = BStBl II 2003, 446; Folgeentscheidungen BFH v. 22.2.2001, BStBl II 2003, 426, u. v. 5.1.2005,
BFH/NV 2005, 1155; s. auch BFH v. 5.6.2003, BStbl II 2004, 28; v. 30.6.2005, BFH/NV 2005, 1882.
77
Begr. zum GEntw., BT-Drucks. 12/6530, S. 87.
78
Krit. insofern Jakob, Umsatzsteuer, 3. Aufl. 2005, Rn. 702.
79
BFH v. 21.4.1993, BStBl II 1994, 266.
80
Die nach einer Entscheidung des BVerfG vom 28.3.2006 weiterhin staatlicher Monopolbetrieb bleiben darf, vgl.
FAZ v. 29.3.2006, S. 13. Allerdings hat die Europäische Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland hiergegen beschlossen, vgl. FAZ v. 5.4.2006, S. 12.
81
RennwLottG i.d. Neufassung v. 19.3.1964, BGBl I, 213; zul. geändert durch Gesetz v. 17.5.2000, BGBl I, 714.
82
BFH v. 20.2.1951, BStBl III 1951, 59; ebenso OFD Frankfurt a.M. Vfg. v. 10.10.2002, UR 2004, 327 zu den
Verkaufsstellen der Süd- und Norddeutschen Klassenlotterie; Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Nr. 9 Rn. 13.
12
steuerfrei. Nach dem Inkrafttreten des PostG vom 22.12.199783 werden als unmittelbar dem
Postwesen dienend behandelt die Leistungen auf Grund der gesetzlichen Exklusivlizenz nach §§
51
ff.
PostG
sowie
die
Universaldienstleistungen
i.S.
der
Post84
Universaldienstleistungsverordnung vom 15.12.1999. Da die meisten Postfilialen zu einem
großen Teil diese Leistungen anbieten, ist bei der Vermietung an sie die Option nicht möglich.85
Über die Aufzählung der steuerfreien Umsätze in § 4 UStG hinaus und deren zumeist enger Anwendung durch den BFH und die Finanzverwaltung86 haben das BVerfG und der EuGH aufgrund
des steuerrechtlichen Neutralitätsgebots vergleichbare Leistungen ebenfalls für steuerfrei erklärt.
So sind nach § 4 Nr. 9b UStG die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken umsatzsteuerfrei, weil sie nach Maßgabe des Landesrecht bis zu 80 % ihrer Bruttoerträge als Spielbankabgabe abführen. Ungeachtet dieser Begründung hat der EuGH mit Urteil vom 17.2.200587 entschieden, dass Art. 13 Teil B lit. f der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie unmittelbare Wirkung entfaltet und nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die die Veranstaltung von Glückspielen und
Glücksspielgeräten aller Art in öffentlichen Spielbanken umsatzsteuerfrei stellen, während die
gleichen Tätigkeiten durch private Wirtschaftsteilnehmer steuerpflichtig sind. Damit sind gegenwärtig die privaten Betreiber von Spielkasinos88 ebenso steuerfrei wie die Betreiber von
Spielhallen,89 so dass eine Option durch deren Vermieter ins Leere geht. Nach einer Abstimmung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist es jedoch nicht zu
beanstanden, wenn in diesen Fällen der Vermieter seine bis zum 31.5.2005 an den Glücksspielveranstalter erbrachten Vermietungsleistungen entgegen § 9 II UStG als steuerpflichtig behandelt.90 Durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 17.3.2006
werden wegen der zu erwartenden Steuerausfälle im privaten Sektor künftig auch die öffentlichen Spielbanken der Umsatzsteuerpflicht unterworfen.91
83
Post G v. 22.12.1997, BGBl I, 3294.
BGBl I, 2418.
85
Anders vor Einführung von § 9 II UStG: BFH v. 31.5.1994, BFH/NV 1995, 455. Umstr. ist, ob die Steuerfreiheit
der Leistungen des Universaldienstes angemessen ist. Hierunter fällt ein Mindestangebot an Postdienstleistungen,
die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichem Preis erbracht werden müssen wie
die Beförderung von Briefen bis 2000 Gramm Gewicht, adressierte Pakete bis 20 Kilogramm und die Beförderung
von Zeitungen und Zeitschriften. Das Monopol der Post, in dem sie ausschließlich tätig sein darf, ist enger gezogen
und umfasst nur die Beförderung von Briefen bis 200 Gramm (Postgesetz v. 22.12.1997, BGBl I, 3294, geänd.
durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Postgesetzes v. 30.1.2002, BGBl I, 572). Diese exklusiven Dienste sollen bis 2007 stufenweise eingeschränkt werden (vgl. RegE eines Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes, BT-Dr.
14/9195). Während sich die Bundesregierung und die Deutsche Post AG auf den Standpunkt stellen, bereits die
Erbringung des Universaldienstes diene dem Gemeinwohl und solle daher nicht durch Steuern verteuert werden, ist
der Bundesrechnungshof der Ansicht, diese weite Umsatzsteuerbefreiung sei mit dem Sinn und Zweck des Postgesetzes und dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Umsatzsteuerrechts nicht zu vereinbaren. Da die Leistungen des Universaldienstes im Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern erbracht werden, könne die Post in diesem Bereich nicht von der Umsatzsteuer befreit werden (vgl. „Die Post profitiert von Steuervorteilen in Millionenhöhe“, FAZ v. 25.1.2002, S. 13; „Postdienste bleiben bis 2007 umsatzsteuerfrei“, FAZ v. 26.1.2002, S. 13; zuletzt
die Antw. des Parl. Staatssekretärs Karl Diller v. 24.2.2006, BT-Drucks. 16/755, S. 18.).
86
Modifiziert inzwischen Abschn. 90 UStR 2005.
87
EuGH v. 17.2.2005, – Edith Linneweber u. Savvas Akritidis, BFH/NV Beilage 2005, 94 = UR 2005, 194.
88
BFH v. 22.9.2005, DStR 2006, 374.
89
EuGH v. 17.2.2005, – Edith Linneweber u. Savvas Akritidis, BFH/NV Beilage 2005, 94 = UR 2005, 194; zu den
Rückforderungen der Spielhallenbetreibern s. Demuth FAZ v. 30.3.2005, S. 23. Allerdings unterliegen sie den
Spielgerätesteuern als örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern, s. hierzu die Entscheidungen des BVerwG v.
13.4.2005, NVwZ 2005, 1316 u. 1322.
90
Bayerisches Landesamt für Steuern Vfg. v. 25.1.2006, DB 2006, 363.
91
Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen, BR-Drucks. 199/06; vgl. Begr. zum
RegEntw., BR-Drucks. 937/05, S. 2, 4.
84
13
Während der BFH für die Annahme eines der in § 4 Nr. 14 UStG aufgeführten Katalogberufe
ähnlichen Heilberufs enge Voraussetzungen aufgestellt und insbesondere gefordert hatte, dass
der Beruf im Hinblick auf die staatliche Erlaubnis und Aufsicht den Katalogberufen gleichgestellt sein müsse, hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.10.199992 über einen Heileurythmisten93
entschieden, dass das Bestehen berufsrechtlicher Regelungen keinen hinreichenden Differenzierungsgrund für die unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung darstellt, sondern auf die Kostenübernahme durch die Sozialversicherungsträger abzustellen ist, da Zweck der Steuerbefreiung allein die Entlastung der Sozialversicherungsträger sei. In der Folgezeit hat der BFH auf
dieser Grundlage über die Umsatzsteuerpflicht einer Vielzahl von Heilberufen entschieden.
Steuerfrei sind die Umsätze des Dental-Hygienikers94 und des Ernährungsberaters im Rahmen
ärztlicher Anordnung.95 Überwiegend steuerfrei sind die Umsätze der Rettungsdienste.96 Offen
ist die Frage noch für die medizinische Fußpflege,97 die staatliche anerkannte Altenpflege,98 den
Sporttherapeuten99 und für Fußreflexzonenmassage.100 Steuerpflichtig ist dagegen die Tätigkeit
eines Schönheitschirurgen, wenn sie nicht der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder
einer anderen Gesundheitsstörung dient.101 Steuerfrei sind auch aufgrund unmittelbarer Anwendung des Art. 13 Teil A I lit. g der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie die Umsätze einer LegasthenieTherapeutin, wenn sie im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht und gegenüber dem Sozialversicherungsträger abgerechnet wird.102 Nach den Entscheidung des BVerfG vom 10.11.1999
zur Schwarzwaldklinik103 und des EuGH vom 10.9.2002104 in der Rs. Kügler GmbH sowie vom
6.11.2003105 in der Rs. Christoph-Dornier-Stiftung kommt es auch auf die Rechtsform, in der
Ärzte oder andere Angehörige von Heilberufen ihre Tätigkeit betreiben, nicht an.
Trotz des Wortlauts in § 9 II UStG können auch Grundstücksteile „ausschließlich“ für Umsätze
verwendet werden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (Teiloption). Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Bagatellgrenze nach Abschn. 148a III UStR 2005. Hiernach gilt gem. §
163 AO die Vereinfachungsregel, dass eine geringfügige Verwendung für vorsteuerausschließende Umsätze von 5 % im Kalenderjahr die Option nicht ausschließt. Für all dies ist der optierende Unternehmer gegenüber dem Finanzamt nach § 9 II S. 2 UStG nachweispflichtig. Das
kann Probleme bereiten, wenn der Vermieter nicht weiß, welche Umsätze der Mieter im Einzelnen tätigt. Fraglich ist auch, ob er einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Zusammensetzung der Umsätze des Mieters hat. Ein derartiger Anspruch sollte daher vorsorglich
im Mietvertrag vereinbart werden.
ee)
Zwischenvermietung
92
BVerfG v. 29.10.1999, BVerfGE 101, 132 = BStBl II 2000, 155.
BVerfG v. 29.10.1999, BStBl II 2000, 155; Verfahrensfortgang BFH v. 13.4.2000, BFHE 191, 441; BFH v.
11.11.2004, BStBl II 2005, 316: i.E. abgelehnt, weil Leistungen nicht regelmäßig von den Krankenkassen erstattet
werden; Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 13.4.2005, Az. 1
BvR 605/05.
94
BFH v. 12.10.2004, BStBl II 2005, 106.
95
BFH v. 7.5.2005, BStBl II 2005, 904.
96
Holland/Baum DB 2006, 11 ff.
97
BVerfG v. 10.11.1999, BStBl II 2000, 158; Verfahrensfortgang BFH v. 19.12.2002, BStBl II 2003, 532.
98
BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2003, 622 bejahend im summarischen Verfahren.
99
BFH v. 25.11.2004, BStBl II 2005, 190.
100
BFH v. 12.8.2004, BStBl II 2005, 227.
101
BFH v. 15.7.2004, BStBl II 2004, 862; Verfassungsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 1BvR 2241/04.
102
BFH v. 18.8.2005, BStBl II 2006, 143.
103
BVerfG v. 10.11.1999, BStBl II 2000, 160.
104
EuGH v. 10.9.2002, Slg. 2002, I-6833 - Kügler GmbH; Folgeentscheidung BFH v. 22.4.2004, BStBl II 2004,
849.
105
EuGH v. 16.11.2003 - Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie – UR 2003, 584; Folgeentscheidung
BFH v. 1.4.2004, BStBl II 2004, 681.
93
14
In der vor 1985 geltenden Gesetzesfassung war es möglich, bei der Vermietung an Nichtunternehmer den Vorsteuerabzug durch die Option nach § 9 UStG herbeizuführen, indem ein gewerblicher Zwischenvermieter eingeschaltet wurde.106 Die Zwischenvermieter haben dann steuerfrei
an die Bewohner der Wohnungen oder an die öffentliche Hand vermietet. Der BFH hat diese
Konstruktion unter dem Tatbestand der Steuerumgehung nach § 42 AO in der Vergangenheit
einer strengen Prüfung unterzogen, bei Vorliegen gewisser Kriterien aber gestattet.107 Auch nach
der ab dem 1.1.1994 geltenden Fassung ist bei der Zwischenvermietung keine Option mehr möglich, da der mietende Zwischenvermieter die gemieteten Räume bei der Weitervermietung als
Wohnräume für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen (§ 9 II
UStG).
ff)
Ausübung der Option
Die Ausübung der Option bedarf keiner besonderen Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Sie
wird durch die Abgabe der Umsatzsteuererklärung, der Umsatzsteuervoranmeldung108 oder
durch den gesondertem Ausweis der USt im Mietvertrag109 wirksam ausgeübt. Bei Miteigentümergemeinschaften wie Wohnungs- oder Teileigentumsgemeinschaften muss jeder Eigentümer
die Verzichtserklärung abgeben.110 Die Entscheidung kann für jeden einzelnen Umsatz so lange
getroffen werden, wie die betreffende Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig geworden ist.
Daher kann der Verzicht auch bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden. In diesem Fall wird der Vermietungsumsatz rückwirkend wieder steuerfrei. Der
Mieter verliert dann ebenfalls gem. § 175I S. 1 Nr. 2 AO rückwirkend den Vorsteuerabzug für
den Zeitraum, in dem er vorgenommen wurde.111
Für Vorsteuerbeträge aus der Zeit vor der Erzielung der steuerpflichtigen Umsätze hat es die
Rechtsprechung früher zugelassen, dass der Vermieter schon vor der Ausführung seiner Leistung
auf die Steuerfreiheit verzichten konnte, um die etwa bei der Errichtung eines Bürogebäudes
anfallenden Vorsteuerbeträge bereits geltend machen konnte. Die Finanzverwaltung hielt die
Veranlagung für dieses Jahr gem. §§ 164, 165 AO offen bis feststand, ob der Unternehmer tatsächlich optionsfähige Leistungen durchführte.112 Denn der BFH ging davon aus, dass die angestrebten Umsätze tatsächlich erfolgen mussten.113 Der erfolglose Unternehmer war daher umsatzsteuerlich Nichtunternehmer. Dem ist der EuGH nicht gefolgt, weil die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend aberkannt werden könne, es sei denn, es liege ein Fall von Betrug oder
Missbrauch vor.114 Inzwischen hat der BFH klargestellt, dass der Vorsteuerabzug auch dann
möglich ist, wenn der Vermieter im Zeitpunkt des Bezugs der mit Vorsteuer belasteten Leistungen die Vermietung an einen Unternehmer beabsichtigt hat und dies objektiv belegen kann, etwa
durch die besondere Ausstattung der Mieträume, durch Vertragsverhandlungen mit gewerblichen
Mietern etc., auch wenn es zur Ausführung dieser Umsätze nicht mehr kommt.115 In diesen Fäl106
§ 9 II UStG i.d.F. durch das SteuerbereinigungsG 1985 v. 14.12.1984, BGBl I, 1493, wonach der Unternehmer
nachweisen musste, dass das betreffende Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen
Zwecken gedient hat oder zu dienen bestimmt ist.
107
Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 9 Rn. 20.
108
BFH v. 16.7.1997, DStR 1997, 1606; BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Abschn. 148 III UStR 2005.
109
BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795.
110
BayObLG v. 13.6.1996, NJW-RR 1997, 79; BdF BStBl I 1989, 167 Tz. 11; zur gesonderten Feststellung s. VO v.
19.12.1986, BStBl I, 2.
111
BFH v. 6.10.2005, DStR 2006, 466; BFH v. 1.2.2001, BStBl II 2003, 673..
112
BdF BStBl I 1981, 508 Tz. 78.
113
BFH BStBl II 1987, 521.
114
EuGH v. 29.2.1996, Slg. 1996 I, 857; v. 8.6.2000, UR 2000, 329 – Breitsohl; v. 8.6.2000, UR 2000, 336 –
Schloßstraße.
115
BFH v. 8.3.2001, DStR 2001, 700 m. Anm. Klenk; v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Sächs. FG v. 19.8.2002,
DStRE 2004, 1092, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 74/03.
15
len kommt nur eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG für die letzten zehn Jahre in Betracht.116
b)
Rechtsfolgen
aa)
Steuerrechtliche Wirkungen
Die Steuerschuld entsteht, da die Vermietung eine Teilleistung ist, nach § 13 I Nr. 1 Satz 1 – 3
UStG mit Ablauf des Voranmeldezeitraums. Der Unternehmer hat nach § 18 I UStG bis zum
zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraum eine Voranmeldung, seit dem 1.1.2005 ausschließlich auf elektronischem Wege,117 abzugeben. Auf Antrag kann das Finanzamt aber zur
Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten, etwa wenn
der Vermieter nicht über einen Computer verfügt (§ 18 I S. 1 2. HS UStG). Der Vermieter hat
die Steuer für den Voranmeldungszeitraum als Vorauszahlung selbst zu berechnen. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr (§ 18 II S. 1 UStG). Hat die Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 6.136 € betragen, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum (§ 18 II S. 2 UStG). In beiden Fällen ist die Vorauszahlung am zehnten Tag nach
Ablauf des Voranmeldungszeitraums, d.h. zusammen mit der Voranmeldung, fällig (§ 18 I S. 3
UStG).
(1)
Miete
Durch die Option werden die steuerfreien Vermietungsleistungen umsatzsteuerpflichtig. Die
Umsatzsteuer bemisst sich daher gem. § 10 I S. 1 UStG nach der Miete als Entgelt.
(2)
Betriebskosten
Die Umsatzsteuerpflicht besteht nicht nur für die Nutzungsüberlassung der Räume als Hauptleistung, sondern auch für die gesamten damit in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen des
Vermieters.118 Daher zählen zum steuerpflichtigen Entgelt im Fall der Option auch die gesamten
Betriebskosten, unabhängig davon, ob die einzelne Betriebskostenart mit Vorsteuern belastet ist
oder nicht, wie z.B. bei öffentlichen Lasten. Es handelt sich nicht um durchlaufende Posten iS
des § 10 I S. 5 UStG, sondern um umsatzsteuerpflichtiges Entgelt i.S. des § 10 I S. 2 UStG,119
weil durchlaufende Posten nur vorliegen, wenn der Unternehmer eine fremde Schuld und nicht
eine eigene erfüllt.120
(3)
Ersatzleistungen
Keine steuerbare Leistung begründet ein echter Schadensersatz, da es an einem Leistungsaustausch fehlt.121 Der EuGH fasst allerdings den Leistungsbegriff weit und geht immer dann von
einer Vermietungsleistung aus, wenn für die Überlassung des Grundstücksgebrauchs ein Entgelt
gezahlt wird.122 Bereits der bewußte Verzicht auf die Ausführung einer Leistung gegen Entgelt
ist nach neuerer Rechtsprechung eine eigenständige steuerbare Leistung.123 Das ist etwa der Fall
bei dem durch den Mieter an den Vermieter zu leistenden Mietausfallschaden nach vorzeitiger
116
BFH v. 7.7.2005, BStBl II 2005, 907 auch zur Rückwirkungsproblematik der Übergangsvorschrift des § 27 VIII
UStG.
117
I.V.m. der Steuerdaten-ÜbermittlungsVO, eingeführt durch Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (SteuÄndG 2003) v. 15.12.2003, BGBl I, 2645.
118
S.o. II 3 c bb).
119
LG Hamburg ZMR 1998, 294; Schmid NZM 1999, 292, 294; a.A. OLG Schleswig ZMR 2001, 619.
120
BFH v. 2.3.1967, BStBl III 1967, 377; Abschn. 152 UStR 2005.
121
BGH v. 21.11.1991, NJW-RR 1992, 411; Abschn. 3 I UStR 2005.
122
EuGH v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257 Rn. 21 ff.
123
Vgl. BFH v. 6.5.2004, BFH/NV 2004, 1352; a.A. noch Hess. FG v. 28.4.2003, EFG 2003, 1421.
16
Vertragsbeendigung.124 Auch bei der Nutzungsentschädigungen nach § 546a I BGB handelt es
sich um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung.125 Ebenfalls eine Vermietungsleistung und kein
Schadensersatz liegt vor, wenn der Mieter das Grundstück dem Vermieter vorzeitig zurückgibt
und von diesem eine Gegenleistung hierfür erhält.126
Keine Umsatzsteuerpflicht entsteht, wenn der Vermieter für die Übernahme seiner Rechtsstellung durch einen anderen Unternehmer, der in den Mietvertrag eintritt, eine Entschädigung oder
Abfindung erhält. Es handelt sich um eine steuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1
I a UStG.127 Der Erwerber tritt lediglich in die umsatzsteuerliche Position des alten Vermieters
ein.
(4)
Zuschüsse
An einem steuerbaren Leistungsaustausch fehlt es ebenso bei echten Zuschüssen, die unabhängig
von einer bestimmten Leistung gewährt werden.128 Nach § 10 I S. 3 UStG gehört zum Entgelt
dagegen auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer als Zuschuss für
die Leistung gewährt. So liegt eine steuerpflichtiger sogenannter unechter Zuschuss vor, wenn
eine Stadt einem Vermieter von Parkstellplätzen für die Erstellung dieses Parkraums einen Baukostenzuschuss gewährt.129
bb) Zivilrechtliche Wirkungen
(1)
Optionspflicht?
Die Vertragspartner können eine Option zivilrechtlich vereinbaren.130 Ohne eine solche Vereinbarung ist der Vermieter hierzu aber nicht verpflichtet.131 Die Wirksamkeit der Option richtet
allein nach Steuerrecht.132
(2)
Zahlungspflicht des Mieters
Der Mieter ist zur Zahlung der Umsatzsteuer nur verpflichtet, wenn dies ausdrücklich vereinbart
wurde133 oder wenn sich der Vermieter die Berechnung der Umsatzsteuer vorbehalten hat für den
Fall seiner Option. Ein derartiger Vorbehalt kann als AGB nur dann vereinbart werden, wenn der
Mieter selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist.134 Haben die Vertragsparteien nur vereinbart, dass
USt auf die Nettokosten zu entrichten sind, ergibt die ergänzende Auslegung nach herrschender
Ansicht regelmäßig, dass entsprechend der steuerrechtlichen Wirkung auch die USt auf die Betriebskosten geschuldet ist.135
124
EuGH v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257, Rn. 31; a.A. noch BFH 24.8.1995,
BStBl. II 1995, 808 für Stornogebühren beim Leasing; wie jetzt aber schon immer für die Ausgleichszahlungen an
den Handelsvertreter nach § 89b HGB: BFH v. 25.6.1998, BStBl II 1999, 102.
125
BGH v. 11.5.1988, NJW 1988, 2665; vgl. auch BGH v. 22.10.1997, NZM 1998, 192.
126
EuGH v. 15.12.1993 – Lubbock Fine, Slg. I 1993, 6665; v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg.
2001 I, 07257 Rn. 26 ff.; BFH v. 27.2.1969, BStBl II 1969, 386; Abschn. 3 V UStR 2005.
127
Zu weiteren Rechtsfolgen FG Münster v. 24.5.2005, EFG 2005, 1392, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V
R 41/05; zur Veräußerung eines vermieteten Grundstücks BFH v. 1.4.2004, BStBl II 2004, 802; v. 18.1.2005, BFHE
208, 491.
128
Abschn. 150 UStR 2005.
129
BFH v. 18.7.2000, BFH/NV 2001, 71; v. 11.3.2005, BFH/NV 2005, 1162.
130
BGH v. 30.1.1991, UR 1991, 223.
131
BGH v. 30.1.1991, NJW-RR 1991, 647.
132
BFH v. 25.2.1993, UR 415 m. Anm. Weiß.
133
Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2003, § 535 Rn 85 m.w.Nachw.; Schmid NZM 1999, 292, 293.
134
BGH v. 25.7.2001, NZM 2001, 952.
135
OLG Düsseldorf v. 26.10.1995, NJW-RR 1996, 1035 = WuM 1996, 211 = DWW 1996, 251 = ZMR 1996, 82;
OLG Schleswig v. 17.11.2000, NZM 2001, 1127; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl. 2006, Rn. B 61.
17
Hat sich der Mieter zur Zahlung der jeweils gültigen Umsatzsteuer verpflichtet, fällt diese aber
gar nicht an, etwa weil der Vermieter nicht wirksam optieren konnte, kann die Auslegung ergeben, dass in diesem Fall die Umsatzsteuer nicht geschuldet ist und nach § 812 I 1 S. 1 1. Fall
BGB zurückgefordert werden kann.136 Häufiger es der Interessenlage allerdings entsprechen,
dass die Parteien die Höhe der Miete unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer und des möglichen Vorsteuerabzugs ausgehandelt haben und dann die Zahlung der Umsatzsteuer als zusätzlicher Nettobetrag unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung137 oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt.138 Denn wenn die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bei dem vergeblich optierenden Vermieter nicht besteht, liegt es nahe, dass die Zahlung
des ausgerechneten Umsatzsteuerbetrags der Kompensation hierfür dient.139 Diese Überlegungen
machte sich die Europäische Zentralbank zu eigen. Da sie als europäische Institution aufgrund
verschiedener Abkommen140 gegen die Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf Erstattung aller ihr in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge hat, obwohl sie selbst keine steuerpflichtigen Leistungen erbringt, verlangte sie die in ihre für den Eurotower und das Eurotheum gezahlte Mieten einkalkulierten höheren Beträge für den Wegfall des Vorsteuerabzugs beim Vermieter
von der Bundesrepublik zurück. Sie trage auf Umwegen eine Umsatzsteuer, da ihre Vermieter
mangels Vorsteuerabzugs höhere Mieten kalkulieren müssten. Der EuGH folgte dieser originellen Argumentation nicht.141
Wenn die USt bei einer missglückten Option im Mietvertrag bereits ausgewiesen war, stellt dies
einen unberechtigten Steuerausweis in einer Rechnung i.S. des § 14c II UStG dar. Dann schuldet
der Vermieter die Umsatzsteuer nach dieser Vorschrift, auch wenn die Umsätze an sich steuerfrei wählen.142 Er kann aber den Steuerbetrag gem. § 14 II UStG berichtigen, wie es der EuGH
auf Grund des Prinzips der Neutralität der Mehrwertsteuer umfassend gefordert hat.143
(3)
Herausgabepflicht des Vermieters nach VermG
Zu dem an den Berechtigten nach § 7 VII S. 2 VermG herausgegebenen Entgelt des früheren
Eigentümers gehört auch der Teil der Miete, der von dem Eigentümer als USt ausgewiesen worden ist. Diesen Teil kann er aber in dem Verhältnis kürzen, in dem die Vorsteuer seines Unternehmens zur Gesamtheit der als USt ausgewiesenen Mietanteile steht.144
5.
Steuersatz (§ 12 UStG)
Seit dem 1.4.1998 beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 III UStG). Damit liegt die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu
den anderen europäischen Staaten noch verhältnismäßig günstig.145 Im Rahmen der Rechtsver136
BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785.
BFH v. 15.6.2005, NJW 2005, 2775 = NZM 2005, 703.
138
BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785.
139
BFH v. 15.6.2005, NJW 2005, 2775 = NZM 2005, 703.
140
Art. 8 I des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der EZB über den Sitz
der EZB (BGBl II 1998, 2744) i.V.m. Art. 3 II und Art. 23 I des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der
Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13).
141
EuGH v. 8.12.2005, Rs. C-220/03, amtl. noch nicht veröff.
142
BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785.
143
EuGH v. 19.9.2000 – Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470.
144
BGH v. 10.10.2003, NZM 2004, 156.
145
Die Kommission hat eine Steuersatzrichtlinie erlassen, in der für Normalumsätze ein Mindestsatz von 15 v.H.
und für ermäßigte Umsätze ein Mindestsatz von 5 v.H. vorgeschrieben wird (Richtlinie 1999/85/EG zur Änderung
der Richtlinie 77/388/EWG, Abl. L 277 v. 28.10.1999, S. 34). Niedriger ist der Regelsteuersatz zur Zeit nur in Luxemburg, Zypern und Malta mit 15 %. Am höchsten ist der Steuersatz in Schweden, Dänemark und Ungarn (25 %),
Norwegen (23 %), Irland (21 %), Frankreich (20,6 %), Österreich (20 %) und den Niederlanden (17,5 %). Aber
Normalsatz in der Schweiz: 7,6 %, vgl. www.bff-online.de Umsatzsteuer: Umsatzsteuer im In- und Ausland.
137
18
einheitlichung in der EG und angesichts wachsender Haushaltsdefizite soll auch in Deutschland
der Normalsteuersatz zum 1.1.2007 auf 19 % ansteigen.
Nach § 12 II Nr. 1 UStG gilt für bestimmte Umsätze ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Der
ermäßigte Steuersatz ist für den Steuerpflichtigen vorteilhaft, weil er zum vollen Vorsteuerabzug
berechtigt bleibt. Für den Vermieter interessant ist die Vermietung an einen Unternehmer, der
überwiegend ermäßigte Umsätze tätigt, weil diese Umsätze auch nicht nach § 9 II UStG die Option für seine Vermietungsumsätze ausschließen. In Betracht kommt etwa die Vermietung an
einen Lebensmittel-, Buch- und Zeitschriften- oder Blumenhändler (§ 12 II Nr. 1 UStG i.V.m.
der Anlage 2). Nach § 12 II Nr. 6 UStG müssen auch Zahntechniker und nach Nr. 7 private146
Theater, Konzertunternehmen, Museen und Kinos nur den ermäßigten Steuersatz zahlen. Dazu
gehören nach einem Urteil des BFH vom 18.8.2005 wegen des Grundsatzes der steuerlichen
Neutralität der Umsatzsteuer auch sog. „Techno“-Veranstaltungen.147 Nach Nr. 8 sind Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, durch den ermäßigten
Steuersatz begünstigt. Hierunter fallen unter bestimmten Voraussetzungen etwa Unternehmen,
die Behinderte beschäftigen (Integrationsprojekte).148
6.
Steuerschuld
a)
Entstehung der Steuerschuld (§ 13 UStG)
Die Entstehung der Steuerschuld unterscheidet sich bei den einzelnen Arten steuerpflichtiger
Umsätze. Bei Lieferungen und sonstigen Leistungen kommt es zunächst darauf an, ob die Steuer
nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen ist. Im Regelfall ist die
Steuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, in
dem das schuldrechtliche Geschäft abgeschlossen worden ist, sondern auf die tatsächliche Ausführung des Umsatzes. Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die
Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen. In beiden Fällen ist es unerheblich, ob der Abnehmer das Entgelt schon entrichtet hat. Die Berechnung der Steuer nach
vereinnahmten Entgelten kann aufgrund des § 20 UStG auf Antrag vom Finanzamt solchen Unternehmern gestattet werden, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr
als 125.000 € betragen hat, oder die nicht buchführungspflichtig sind. Bis zum 31.12.2006 gilt
für Unternehmer in dem Beitrittsgebiet die höhere Umsatzgrenze von 500.000 € (§ 20 II UStG).
In diesen Fällen entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 I Nr. 1 b UStG).
b)
Umkehr der Steuerschuldnerschaft (§ 13b UStG)
Nach § 13 b II UStG findet bei bestimmten Umsätzen, insbesondere bei Bauleistungen, eine
Umkehr der Umsatzsteuerschuld statt. Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmen oder eine
juristische Person, hat er die Umsatzsteuer nicht an seinen Vertragspartner zu zahlen, sondern
direkt an das Finanzamt abzuführen. Er haftet nicht nur, sondern schuldet selbst und allein die
Steuer. Mit der 2001 eingefügten Vorschrift149 sollten Steuerausfälle vor allem in der hierfür
besonders anfälligen Bauwirtschaft vermieden werden.150 In einem Punkt können Vermieter aufatmen: Die geplante Erweiterung der Vorschrift auf Dienstleistungen zur Gebäudereinigung für
Vermieter von Geschäftsräumen oder mehr als zwei Wohnungen151 hat der Finanzausschuss im
Gesetzgebungsverfahren als zu bürokratisch kritisiert.152
146
Zu den entspr. öffentlichen Einrichtungen s.o. II 4 a dd).
BFH v. 18.8.2005, BStBl II 2006, 101.
148
BMF v. 2.3.2006, BStBl I, 242.
149
Art. 18 Nr. 5 StÄndG 2001 v. 20.12.2001, BGBl I, 3794.
150
BT-Drucks. 14/6877, S. 34 f.; BT-Drucks. 15/1502, S. 31.
151
RegEntw. eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen, BR-Drucks. 937/05, 5.
152
Empfehlungen des Finanzazusschusses, BR-Drucks. 937/1/05, S. 8.
147
19
7.
Vorsteuerabzug (§ 15 UStG)
a)
Allgemeines
Von der nach § 16 I UStG berechneten Steuer sind die in den Besteuerungszeitraum fallenden,
nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen (§ 16 II UStG). Dadurch wird die
Zahllast in der Regel gegenüber der zunächst berechneten Steuerschuld verringert. Nach § 15 I
UStG kann der Unternehmer die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte USt für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden
sind, abziehen. Es kommt nicht darauf an, ob der Unternehmer die Rechnung an seinen Vormann
bezahlt hat. Ebenso ist es unerheblich, ob dieser Vormann die in Rechnung gestellte USt schon
an das Finanzamt entrichtet hat.
b)
Rechnung
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass die Steuer von einem anderen Unternehmer gesondert in Rechnung gestellt worden ist (§ 15 I Nr. 1 UStG). Hierzu ist jeder Unternehmer auf
Verlangen des abnehmenden Unternehmers verpflichtet (§ 14 I UStG). Bei Mietverträgen stellt
sich die Frage, ob die Vertragsurkunde als solche als Rechnung i.S. der §§ 14 I, 15 I Nr. 1 S. 1
UStG ausreicht.153 Wenn eine Monatsmiete vereinbart ist, fehlt trotz eines gesonderten Ausweise
der USt nämlich die Abrechnung über den konkretisierten Leistungsgegenstand, also den einzelnen Monat. Deshalb ist eine einzelne Abrechnung erforderlich, die bezüglich der Einzelheiten
auf den Mietvertrag verweisen kann. Hierfür kann der Zahlungsbeleg für die einzelnen Leistungsabschnitte genügen.154
Einer Manipulation durch falsche Rechnungserteilung wird in § 14 UStG vorgebeugt. Danach
muss der Mietvertrag als Rechnung mit gesondertem USt-Ausweis im Sinne des § 14 I 1 UStG
den Anforderungen des § 14 IV UStG genügen. Seit dem 1.1.2004 ist auch die Angabe der Steuernummer oder der USt-Identifikationsnummer erforderlich. Bei vor diesem Zeitraum geschlossenen Dauerschuldverhältnissen muss der Vertrag nicht ergänzt werden.155 Nach § 14b I S. 1 – 4
UStG, der durch das StÄndG 2003 neu gefasst worden ist, hat der Unternehmer nicht nur seine
eigenen Rechnungen, sondern auch die empfangenen Rechnungen zehn Jahre lang aufzubewahren. Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Leistung an einem Grundstück aus, hat der
Empfänger, selbst wenn er nicht Unternehmer ist oder die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet, die Rechnung zwei Jahre lang aufzubewahren (§ 14b I S. 5 UStG).156
Außerdem muss der Unternehmer bei diesen Geschäften innerhalb von sechs Monaten eine
Rechnung ausstellen (§ 14 II S. 2 UStG). Hierdurch sollen die sog. „Ohne-Rechnung-Geschäfte“
im Umfeld des Eigenheims und der Privatwohnung eingedämmt werden.157
c)
Ausschluss (§ 15 II UStG)
Nach § 15 II UStG ist die Steuer für Lieferungen und Einfuhr von Gegenständen sowie für die
sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet,
vom Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen. Tätigt der Unternehmer teils steuerpflichtige,
teils steuerfreie Umsätze, ist die Vorsteuer aufzuteilen. Dies betrifft etwa den Fall der steuerpflichtigen und steuerfreien Vermietung von Teilen eines Grundstücks. Als nach § 15 IV S. 2
153
Zust. OLG Düsseldorf v. 24.5.2005, GE 2005, 989.
BFH v. 7.11.2000, BFHE 194, 270; OLG Düsseldorf v. 24.5.2005, GE 2005, 989; BMF v. 29.1.2004, BStBl I,
258, Tz. 47; Abschn. 202 III S. 6 UStR 2005.
155
BMF v. 29.1.2004, BStBl I, 258, Tz. 40; Abschn. 185 VIII UStR 2005.
156
Seit dem 1.8.2004, eingefügt durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit
zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004, BGBl I, 1842. Die Verletzung führt zu einer Ordnungswidrigkeit.
157
BT-Drucks. 15/2573, S. 33.
154
20
UStG sachgerechte Schätzung konnten die nicht eindeutig zuzuordnenden Vorsteuerbeträge nach
bisheriger Auffassung des BFH nach einem Umsatzschlüssel zugeordnet werden.158 Dies kann
gegenüber dem Flächenmaßstab günstiger sein, wenn die nach dem örtlichen Mietspiegel angesetzte Eigenmiete nur gering ist, etwa wegen einer ungünstiger Lage der Wohnung im Gewerbegebiet. Weil die Gewerbemieten meist über denen der Wohnungsmieten liegen, ist auch bei
Fremdvermietung eine Aufteilung nach den Ausgangsumsätzen vorteilhafter. Lässt der Vermieter das gesamte Grundstück von einem Generalunternehmer zu einem Pauschalfestpreis erstellen
oder sanieren, sollte es auch zulässig sein, dass der gesamte Betrag nach den Ausgangsumsätzen
aufgeteilt wird.159 Als Reaktion auf diese vermieterfreundliche Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit dem SteuÄndG 2003 vom 15.12.2003160 § 15 IV UStG geändert. In § 15 IV S. 3 UStG
heißt es nun, dass der Umsatzschlüssel nur anzuwenden sei, wenn keine andere wirtschaftliche
Zurechnung möglich ist.161 Da der Umsatzschlüssel allerdings in Art. 17 V Unterabs. 3 lit. c der
6. Mehrwertsteuer-Richtlinie als Regelaufteilungsmethode genannt ist, dürfte die Gesetzesänderung europarechtswidrig sein.162
Wenn ein optierender Unternehmer einen Teil eines vermieteten Grundstücks zu eigenen privaten Zwecken nutzt, hat er ein Wahlrecht. Er kann das gesamte Grundstück dem Unternehmen
zuordnen. Als Untergrenze muss nach § 15 I S. 2 UStG seit dem 1.4.1999 lediglich ein Prozentsatz von 10 % auf die unternehmerische Nutzung entfallen. In welcher Weise und wann die Entscheidung über die Zuordnung dokumentiert werden muss, ob der Unternehmer also noch nachträglich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann, ist noch nicht abschließend geklärt.163
Folge ist, dass die private Nutzung eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 IX a Nr. 1 UStG
darstellt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Verwendung abweichend von der früheren Einordnung durch den BFH nicht von der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 a UStG erfasst, da
gerade keine Vermietung vorliegt und die Steuerbefreiungsvorschriften eng auszulegen seien.164
Damit kann der Unternehmer sämtliche Vorsteuerbeträge für das Grundstück abziehen, da es
sich nicht um steuerfreie Umsätze handelt, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 II Nr. 1 UStG
ausgeschlossen ist.165 Die unentgeltliche Wertabgabe bemißt sich gem. § 10 IV Nr. 2 UStG nach
den Kosten.166 Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Wertabgabe sind die Abschreibungen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Grundstück nach den für die
Ertragsteuern maßgeblichen Werten auf eine Nutzungsdauer von 50 Jahren zu verteilen und
nicht auf den möglichen Zeitraum der Vorsteuerberichtigung von zehn Jahren nach § 15a
UStG.167 Entsprechendes gilt, wenn ein Unternehmen dem Geschäftsführer unentgeltlich eine
Wohnung auf dem Betriebsgelände überlässt. Die unentgeltliche Wertabgabe ist zu versteuern,
die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge können geltend gemacht werden.168
158
BFH v. 17.8.2001, BStBl II 2002, 833; v. 29.7.2003, BFH/NV 2004, 234; FG Düsseldorf v. 7.11.2003, FGReport
2005, 95, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 49/05; FG Brandenburg v. 9.3.2005, EFG 2005, 1235, Rev.
beim BFH anhängig unter dem Az. V R 55/05; FG Berlin v. 24.6.2003, EFG 2003, 1578, Rev. beim BFH anhängig
unter dem Az. V R 43/03; a.A. Nichtanwendungserlass BMF v. 19.11.2002, BStBl I, 1368.
159
FG Berlin v. 24.6.2003, EFG 2003, 1578, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 43/03.
160
BGBl I, 2645.
161
Begr. zum RegE, BT-Drucks. 630/03.
162
Schuck/Frenzel UR 2004, 184.
163
FG Nürnberg v. 26.4.2005, EFG 2005, 1895, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 37/05; Nds. FG v.
12.5.2005, DStRE 2006, 283, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 45/05.
164
EuGH v. 8.5.2003, – Seeling, BStBl II 2004, 378; Folgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371;
BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469.
165
BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469.
166
S.o. II 2 d).
167
Nds. FG v. 28.10.2004, EFG 2005, 72, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 56/04; a.A. FG Nürnberg v.
26.4.2005, EFG 2005, 1895, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 37/05; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469.
168
FG München v. 26.11.2003, EFG 2004, 608, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 6/04.
21
Der Unternehmer kann aber auch nur einen Teil des Grundstücks dem Unternehmen zuordnen.
Dann entfällt die Umsatzsteuerpflicht der privaten Nutzung, im Gegenzug muss er die Vorsteuerbeträge entsprechend der steuerpflichtigen und der nicht steuerbaren Umsätze aufteilen.
d) Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG)
Gem. § 15a UStG ist die Vorsteuer zu berichtigen, wenn sich die Verwendung von Gegenständen des Anlagevermögens ändert und sich hierdurch die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ändern. Die Frist beträgt für Grundstücke zehn Jahre ab dem Jahr der Anschaffung oder Herstellung (§ 15a I S. 2 UStG).
8.
Besteuerung der Kleinunternehmer (§ 19 UStG)
Nach § 19 UStG werden Kleinunternehmer mit einem Vorjahresumsatz von nicht mehr als
17.500 € von der Besteuerung ausgenommen, wenn ihr Umsatz im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen wird. Die Vorschriften über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9 UStG), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 IV
UStG), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifiaktionsnummern und über den Vorsteuerabzug (§§ 15, 15 a UStG) sind nicht anzuwenden (§ 19 I UStG). Der Unternehmer kann auf diese
Ausnahme von der Besteuerung verzichten, was vor allem bei hohen Vorsteuerbeträgen für ihn
günstig sein kann (§ 19 II UStG). Handelt es sich um steuerfreie Vermietungsumsätze spricht
man von einer „Doppeloption“. Dafür reicht die Abgabe der Steuererklärung, der Steuervoranmeldung oder der gesonderte Steuerausweis aus.169 Endet die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers, weil die maßgebenden Umsatzgrenzen überschritten werden oder weil der Unternehmer
für die Regelbesteuerung optiert, kann er innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren die für diese
Leistungen ursprünglich nicht abziehbare Vorsteuer nach § 15 a UStG berichtigen.170 Dabei ist
pro Jahr von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen (§ 15a II S. 1 UStG).
III.
Fazit
Das Umsatzsteuerrecht hat durch die jüngere Rechtsprechung vor allem des EuGH erhebliche
Änderungen erfahren. Die Rechtsangleichung des UStG an die europarechtlichen Vorgaben ist
längst noch nicht abgeschlossen. Für die Bearbeitung konkreter Umsatzsteuerfälle im Zusammenhang mit Vermietungen ist es daher unerläßlich, die aktuelle Entwicklung zu beobachten.
169
170
S.o. II a ff).
BFH v. 17.6.2004, BStBl II 2004, 858 m. Nachw. auf den Meinungsstand.
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