Miete und Umsatzsteuer - Deutscher Mietgerichtstag
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Miete und Umsatzsteuer - Deutscher Mietgerichtstag
Privatdozentin Dr. Birgit Weitemeyer, Kiel und Dresden Miete und Umsatzsteuer I. Grundlagen der Umsatzsteuer 1. Konzeption der Umsatzsteuer Anknüpfungspunkt für die Besteuerung ist nach § 1 UStG der Umsatz eines Unternehmers. Hierzu gehören die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.1 Nach dem geltenden Recht wird die USt in einem Allphasennettoverfahren erhoben. Das bedeutet, die Umsatzbesteuerung findet auf jeder Wirtschaftsstufe statt, besteuert wird aber nur der Nettoumsatz. Der Unternehmer hat seinen gesamten Umsatz der Besteuerung zu unterwerfen. Die USt wird neben dem netto kalkulierten Preis in der Rechnung gesondert ausgewiesen. Von dem sich hiernach ergebenden Gesamtbetrag an USt kann der Unternehmer die ihm von seinen Lieferanten in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abziehen. Nur die Differenz ist die Zahllast, die an das Finanzamt abgeführt wird. Durch dieses Mehrwertsteuersystem mit Vorsteuerabzug wird erreicht, dass auf jeder Wirtschaftsstufe im Ergebnis nur noch der jeweils geschaffene Mehrwert steuerlich erfasst wird und die USt selbst nicht ihrerseits nochmals besteuert wird. Da zum Vorsteuerabzug nur Unternehmer berechtigt sind (§ 15 UStG), trifft die USt wirtschaftlich den Letztverbraucher, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Von den steuerbaren Umsätzen sind bestimmte Umsätze nach §§ 4, 5 UStG steuerfrei. Darunter fallen gem. § 4 Nr. 12 a UStG die Einnahmen aus der Vermietung von Grundstücken. Im Gegenzug ist nach § 15 II UStG die Steuer für Lieferungen und Einfuhr von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Dies kann zu Härten führen, wenn etwa der Vermieter hohe umsatzsteuerpflichtige Bau- oder Reparaturleistungen durchgeführt hat. In § 9 I UStG wird deshalb ein Verzicht auf die Steuerbefreiung zugelassen, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Vermieter muss dann seine Mieteinnahmen versteuern, kann aber die Vorsteuer aus den auf die Vermietung entfallenden Rechnungen abziehen. Der gewerbliche Mieter erhält die auf dem Mietzins lastende USt in Rechnung gestellt und kann sie seinerseits wieder abziehen. Diese Option ist nur zulässig, wenn auch der mietende Unternehmer das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 II UStG). 2. Rechtsquellen der Umsatzsteuer Das Umsatzsteuerrecht wird in besonderer Weise durch Gemeinschaftsrecht überlagert. Die 6. Richtlinie 77/388/EWG vom 17.5.19772 (6. Mehrwertsteuer-Richtlinie) regelt bis ins Detail das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Mit dem UStG 1980 vom 26.11.19793 erfolgte eine Anpassung an diese Richtlinie. Die letzte grundlegende Reform stellt die Richtlinie 91/680/EWG vom 16.12.1991 dar.4 Sie wurde mit dem USt-Binnenmarktgesetz vom 25.8.19925 umgesetzt. 1 Die Tatbestände der Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland (Einfuhrumsatzsteuer, § 1 I Nr. 4 UStG) und der innergemeinschaftliche Erwerb (§ 1 I Nr. 5 UStG) haben bei Vermietungsleistungen nur geringe Bedeutung. 2 Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - vom 17.5.1977, ABl. EG Nr. L 145 S. 1. 3 BGBl I, 654. 4 Richtlinie 91/680/EWG zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung von Steuergrenzen vom 16.12.1991, ABl. EG Nr. L 376 S.1. Die letzte europarechtsgeprägte Änderung im deutschen UStG erfolgte durch das RichtlinienUmsetzungsgesetz vom 9.12.2004.6 Das Auslegungsmonopol für die Richtlinie kommt dem EuGH zu. Da das deutsche UStG nach der Einführung der entscheidenden 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie nicht grundlegend neu gestaltet, sondern nur an die Richtlinie angepasst wurde, waren und sind immer noch viele Einzelregelungen im deutschen Recht nicht richtlinienkonform geregelt oder werden durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht europarechtskonform angewandt. Bei Streitfragen lohnt sich daher immer eine genauere Überprüfung. Insbesondere hat es der EuGH als Grundelement des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems herausgestellt, dass nur der Endverbraucher mit Steuer belastet sein soll und die Steuerverwaltung letztlich keinen Steuerbetrag erheben darf, der den vom Endverbraucher gezahlten übersteigt, sog. Neutralitätsprinzip der Mehrwertsteuer.7 3. Zuständigkeiten Die USt wird von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes gem. Art. 108 III GG verwaltet. Die Finanzämter sind als örtliche Landesbehörden für die Verwaltung der USt zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 21 AO. Für die USt zuständig ist das Finanzamt, von dessen Bezirk der Unternehmer sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder überwiegend betreibt (§ 21 I S. 1 AO). II. Umsatzsteuersteuerpflicht der Miete Die Umsatzsteuer besteuert nicht Personen, sondern die konsumtive Einkommensverwendung von Endverbrauchern. Anknüpfungspunkt für die steuerliche Belastung ist der Umsatz als Verkehrsvorgang. Gleichwohl bedarf auch die USt eines Steuersubjekts. Steuerschuldner ist grundsätzlich der Unternehmer (§ 13 II UStG). Der Begriff des Unternehmers ist in § 2 UStG geregelt. Seine Funktion erschöpft sich jedoch nicht darin, den Steuerschuldner zu bestimmen. Er ist zugleich unerläßliches Tatbestandsmerkmal für den zu besteuernden Umsatz (§ 1 I Nr. 1, 2 UStG). Nur Umsätze eines Unternehmers unterliegen hiernach der USt. Der Unternehmerbegriff ist daneben für den Verzicht auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze bedeutsam, da dies voraussetzt, dass an einen Unternehmer vermietet wird (§ 9 I UStG). 1. Unternehmer und Unternehmen (§ 2 UStG) Unternehmer ist nach § 2 I 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. a) Unternehmerfähigkeit Unternehmer können natürliche Personen, juristische Personen und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen des Privatrechts sein. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nach § 2 III 1 UStG nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art im Sinne der § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG und mit land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben gewerblich oder beruflich tätig. Soweit die öffentliche Hand nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig ist, kann sie bei der Vermietung ihres Grundbesitzes nicht für die USt optieren und damit den Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen. Dem privaten Unternehmer, der an die öffentliche Hand vermietet, ist wegen § 9 I UStG die Option versagt. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnah5 BStBl I, 552, 1548. BGBl I, 3310. 7 EuGH v. 24.10.1996 - Elida Gibbs, Slg. 1996, I-5339; v. 15.1.1998 - Ghent Coal, Slg. 1998, I-1, Rn. 15. 6 2 men außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 I S. 1 KStG). Nach § 4 I S. 2 KStG ist eine Gewinnerzielungsabsicht und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich. Beispiele für derartige Betriebe sind vor allem die Versorgungs- und Verkehrsbetriebe (§ 4 III KStG). Nicht zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nach § 4 V S. 1 KStG Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen. Die entsprechende Vorschrift in Art. 4 V (1) der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie lautet: „Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie in Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.“ Der EuGH definiert den Begriff der öffentlichen Gewalt als Tätigkeit, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelungen ausüben, bei denen also die Modalitäten der Tätigkeit durch ihr Sonderrecht bestimmt wird.8 Handelt die öffentliche Hand daher in den Formen des Privatrechts, ist sie Unternehmer. So ordnete der EuGH die entgeltliche Auftragsforschung der Hochschulen als steuerbare Leistung ein, da die Hochschule bei der Auftragsforschung auf der Grundlage zivilrechtlicher Verträge gegenüber dem Auftraggeber tätig wird und nicht im Rahmen öffentlicher Gewalt.9 Die frühere Steuerbefreiung in § 4 Nr. 21a UStG für die Umsätze der staatlichen Hochschulen aus Forschungstätigkeit wurde daraufhin aufgehoben.10 Der BFH folgt diesem Abgrenzungskriterium inzwischen11 und sieht etwa die Tätigkeit einer städtischen Kindertagesstätte als unternehmerisch an, wenn die Kinder auf der Grundlage privatrechtlicher Verträge mit den Eltern betreut werden.12 Ein chemisches Untersuchungsamt einer kommunalen Gebietskörperschaft, das im Auftrag der Polizeibehörden Blutalkohol- und toxikologische Untersuchungen durchführt, ist ebenfalls steuerpflichtig.13 Seit dem 1.7.1991 sind aufgrund der Postreform die Leistungen der TELEKOM als Nachfolgerin des ehemaligen Hoheitsbetriebs der Deutschen Bundespost als unternehmerisch i.S. des § 2 III S. 1 UStG einzuordnen und eine Option durch deren Vermieter ist damit möglich.14 Handelt die juristische Person des öffentlichen Rechts dagegen in den Formen des öffentlichen Rechts, ist die Tätigkeit als Korrektiv gegen eine „Flucht ins öffentliche Recht“ nach Art. 4 V (2) der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie gleichwohl der Umsatzsteuer zu unterwerfen, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.15 So stellte der BFH fest, dass trotz öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung der Benutzungsverhältnisse eines von einer Gemeinde betriebenen Parkhauses Steuerpflicht bestehe, weil die Nichtbesteue8 EuGH v. 17.10.1989 - Commune di Carpaneto Piacentino u.a., Slg. 1989, 3233 Rn. 16; EuGH v. 12.9.2000 Kommission/Niederlande, Slg. 2000, I-6417; EuGH v. 12.9.2000 - Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355 in den konkreten Fällen für die Gestattung der Straßenbenutzung gegen Maut mangels Nachweis durch die Kommission offengelassen; EuGH v. 14.12.2000 - Camara Municipal do Porto, Slg. 2000, I-11435, Rn. 19; bejaht für Straßennutzung gegen Maut EuGH v. 8.3.2001-– Kommission/Portugiesische Republik, EWS 2001, 504, 505. 9 EuGH v. 20.6.2002 - Kommission/Deutschland, UR 2002, 316; zust. Reiß, RiW 2003, 199, 209; a.A. Strahl UR 2002, 374, 375. 10 SteuerÄndG 2003 v. 15.12.2003, BGBl I, 2645. 11 Wegen der Anknüpfung der USt an die Regelungen des KStG hatte der BFH früher auf die Definition des Betriebs gewerblicher Art i.S. des KStG abgestellt. Daraus ergaben sich Differenzen zur europarechtlichen Definition, ebenso aufgrund noch nicht richtlinienkonformer Gesetzeslage, hierzu Bundesrechnungshof, Umsatzsteuerliche Behandlung der öffentlichen Hand – Vorschläge für eine EG-konforme Besteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts, 2004; Weitemeyer, Die Körperschaftsbesteuerung der öffentlichen Hand, in Veröffentlichung. 12 BFH v. 18.12.2003, DStRE 2004, 985. 13 BFH v. 21.9.1989, BStBl II 1990, 95, 97. 14 BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Zurückverweisung an das FG Köln zur weiteren Tatsachenaufklärung. 15 EuGH v. 14.12.2000 – Camara Municipal do Porto, Slg. 2000, I-11435, Rn. 22, 24: öffentliche Parkplätze mit Parkuhren. 3 rung zu größeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Parkhausbetreibern führen würde.16 Mit seiner Entscheidung vom 27.2.2003 hat der BFH inzwischen geklärt - hier ging es um die Parkplatzbewirtschaftung mittels Parkuhren – dass es auf den tatsächlichen oder den potentiellen Wettbewerb zu Privaten ankomme, damit deren Marktzutritt nicht behindert werde.17 I Eine weitere Diskrepanz zwischen der hergebrachten Begriffsbestimmung des Betriebs gewerblicher Art und der europarechtlichen Bestimmung des Steuerpflichtigen besteht bei der reinen Vermietungstätigkeit durch die öffentliche Hand, die als bloße Vermögensverwaltung nach deutschem Recht keinen körperschaft- und damit auch keinen umsatzsteuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art begründet.18 Bei häufig wechselnden Mietern, einer umfangreicheren Verwaltung des Grundstücks und der Erbringung weiterer Leistungen liegt aber bereits ein steuerpflichtiger Betrieb gewerblicher Art vor, so z.B. bei der Vermietung von kommunalen Bürgerhäusern oder Mehrzweckhallen an unterschiedliche Mieter.19 Auf eine Vorlage des BFH20 zur einer Verpachtung einer Gaststätte durch die Marktgemeinde Welden, die für die Umsatzsteuerpflicht optiert hatte, entschied der EuGH, die deutsche Regelung sei deshalb nicht europarechtswidrig, weil nach Art. 4 V (4) der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie Vermietungstätigkeiten generell von der Steuerpflicht ausgenommen werden können. Daher könne der nationale Gesetzgeber diese Tätigkeiten auch begrenzt auf Einrichtungen des öffentlichen Rechts von der Steuerpflicht befreien. Allerdings steht dies ebenfalls unter dem Korrektiv, dass die von Unterabsatz (2) des Art. 4 V der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie geforderte wettbewerbsorientierte Beschränkung beachtet werde.21 Dabei geht es ausschließlich um die Frage, ob die Steuerfreiheit der Vermietungstätigkeiten der öffentlichen Hand zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Der Staat kann sich demgegenüber nicht auf diese Einschränkung mit dem Argument berufen, die Versagung des Vorsteuerabzugs würde ihn benachteiligen.22 Hier müssen Gestaltungen gesucht werden, bei denen die Vermietungstätigkeit in einen Betrieb gewerblicher Art oder in eine privatrechtliche Eigengesellschaft überführt werden. Offen und anhängig beim EuGH ist dagegen noch die Frage, ob sich ein privater Dritter auf die Wettbewerbswidrigkeit der Steuerfreiheit der öffentlichen Hand berufen darf.23 b) Gewerbliche oder berufliche Tätigkeit Nach § 2 I 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Der Begriff ist spezifisch umsatzsteuerrechtlich und nicht mit dem Begriff des Gewerbebetriebs i.S. des Ertragsteuerrechts oder des HGB gleichzusetzen. Ob jemand im umsatzsteuerlichen Sinn Unternehmer ist, hängt maßgeblich davon ab, ob er die berufliche oder gewerbliche Tätigkeit nachhaltig ausübt. Dies ist der Fall, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist. Vermietet jemand regelmäßig Räume oder ein Grundstück und erzielt daraus Einnahmen, liegen diese Voraussetzungen vor.24 16 BFH v. 10.12.1992, BStBl 1993 II, 380, 381. BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2004, 431; ebenso BFH v. 1.7.2004, BFH/NV 2005, 252 für Militärflughafen; unklar noch BFH v. 11.6.1997, BStBl II 1999, 420 für Vermietung von Strandkiosken. 18 So sei die Vermietung von Standorten für Mobilfunkanlagen durch die öffentliche Hand nicht steuerbar, OFD Chemnitz, Vfg. v. 1.2.2005, DStR 2005, 333. 19 OFD Frankfurt a.M., Vfg. v. 25.6.2003, UR 2004, 38 ff. 20 BFH v. 21.3.1995, BFHE 177, 534. 21 EuGH v. 6.2.1997, C-247/95, Slg. 1997, I-779; Folgeentscheidung BFH v. 11.6.1997, BStBl II 1999, 418. 22 FG München v. 20.3.2003, EFG 2003, 1054, rkr. 23 Vorlage durch BFH v. 8.7.2004, BStBl II 2004, 1034; Az. des EuGH: C-430/04. 24 Plückebaum/Malitzky, UStG, 10. Aufl., Stand 2005, Bd. 11, § 3 Rn. 313; Schneider, DWW 2005, 53; anders bei der Vermietung von Freizeitgegenständen, vgl. Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl. 2005, § 2 Rn. 66 „Wohnmobilvermietung“. 17 4 c) Selbständigkeit Unternehmer kann nur sein, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das UStG definiert in § 2 II den Begriff der Selbständigkeit negativ, indem es die Unselbständigkeit bestimmt. Natürliche Personen sind unselbständig, wenn sie einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind (Nr. 1). Eine natürliche Person kann hinsichtlich verschiedener Tätigkeiten teils selbständig, teils nichtselbständig, etwa wenn ein Beamter eine Wohnung vermietet. d) Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft Die Unternehmereigenschaft beginnt mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen beabsichtigt ist. Sie endet mit dem letzten Tätigwerden, d.h., wenn der Unternehmer alle Rechtsbeziehungen abgewickelt hat, die mit dem aufgegebenen Betrieb in Zusammenhang stehen. e) Umfang des Unternehmens Das Unternehmen umfasst nach § 2 I 2 UStG die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Der Begriff des Unternehmens ist im spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Sinne zu verstehen und nicht mit dem allgemeinen Sprachgebrauch gleichzusetzen. Für die USt haben auch Freiberufler wie Rechtsanwälte, Ärzte und Künstler ebenso wie Landwirte ein Unternehmen. Das Gegenstück zur unternehmerischen Tätigkeit ist das private Handeln einer Person. Allein daraus, dass ein Umsatz im persönlichen Lebenskreis erfolgt, wird er nicht der USt-Pflicht entzogen, sofern die Tätigkeit nachhaltig ist und der Erzielung von Einnahmen dient. Besonders deutlich wird diese Zweiteilung in einen unternehmerischen und einen privaten Bereich bei den Vorschriften über die unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 I Nr. 1 b UStG. Hier geht das Gesetz davon aus, dass die natürliche Person als Unternehmer derselben natürlichen Person als Privatmann gegenübersteht. Ein nichtsteuerbarer Innenumsatz liegt nicht vor, da die Ware den Unternehmensbereich verlässt. 2. Steuerbare Umsätze (§§ 1, 3 UStG) a) Allgemeines Gegenstand der Umsatzbesteuerung sind nach § 1 I Nr. 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausführt (Grundtatbestand), nach Nr. 4 die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet in das Inland (Einfuhrumsatzsteuer) und nach Nr. 5 der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland. b) Inland Die Vermietung von Grundstücken ist eine sonstige Leistung, die nach § 1 I Nr. 1 UStG nur steuerbar ist, wenn sie im Inland erfolgt. Vermietungsleistungen im Sinne des § 4 Nr. 12 UStG werden dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt (§ 3a II Nr. 1 a UStG). Inland ist nach § 1 II S. 1 UStG das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebietes von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 I S. 1 des Zollverwaltungsgesetzes (sog. Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Die Bedeutung des Inlandsumsatzes liegt darin, dass der Vorgang bereits steuerbar ist, wenn der Umsatz im Inland ausgeführt wird, unabhängig davon, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder seinen Sitz im Inland hat oder eine Betriebsstätte unterhält (§ 1 II 3 UStG). 5 Nach § 15 I Nr. 1 UStG kann auch ein Betreiber eines Immobilienfonds, der ein Gebäude im Ausland vermietet, die auf Umsätze im Inland lastende Umsatzsteuer als Vorsteuer in Deutschland zurückfordern. Der Vorsteuerabzug ist nach § 15 II Nr. 2 UStG zwar ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die Leistungsbezüge zur Ausführung von Umsätzen im Ausland verwendet, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden. Das wäre bei Vermietungsumsätzen an sich nach § 4 Nr. 12 UStG der Fall. Der BFH legt die Vorschrift des § 15 II Nr. 2 UStG jedoch entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung25 gemeinschaftsfreundlich aus und bezieht die Option nach § 9 UStG in die Prüfung der Steuerfreiheit ein.26 c) Lieferungen und sonstige Leistungen (§ 1 I Nr. 1 UStG) aa) Leistung als Oberbegriff Das Gesetz stellt auf Lieferungen und sonstige Leistungen als wichtigsten Steuergegenstand ab. Daraus ist zu schließen, dass die Leistung Oberbegriff für beide Tatbestände ist. Es braucht sich nicht um eine Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr zu handeln. Auch derjenige leistet, der nur mit einem einzigen Empfänger in Geschäftsbeziehungen steht. Das UStG knüpft mit dem Begriff der Leistung nicht an das Verpflichtungsgeschäft, sondern an das Erfüllungsgeschäft an. Es ist also unerheblich, welches Schuldverhältnis einer Leistung zugrunde liegt und ob es wirksam ist. Da nur der tatsächliche Leistungsaustausch maßgebend ist, kommt es nicht auf die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts an, solange die Parteien das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts eintreten und bestehen lassen (vgl. § 41 AO). Maßgebend für die Besteuerung ist der einzelne Umsatz. Der Umfang wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung bestimmt. Er bedeutet, dass ein nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise einheitlicher Vorgang auch für die Besteuerung als Einheit zu behandeln ist, selbst wenn er von den Parteien rechtlich in mehrere Teile aufgespalten wird und gesonderte Rechnungen ausgestellt werden (z.B. Verkauf einer Ware und Beförderungskosten sowie Mietkauf einheitlich Lieferung). Dies ist bedeutsam, wenn für die einzelnen Teile an sich unterschiedliche Vorschriften hinsichtlich des Steuersatzes oder einer Steuerbefreiung in Betracht kommen. In besonderen Fällen ist aber eine Aufteilung gesetzlich vorgeschrieben, so etwa bei der Vermietung von Grundstücken nebst Bestandteilen und Zubehör wie Maschinen oder Betriebsvorrichtungen (§ 4 Nr. 12 a UStG). bb) Vermietung als sonstige Leistung Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Es kann sich um ein Tun, Dulden oder Unterlassen handeln. Eine sonstige Leistung durch Dulden ist die Vermietung. cc) Ort und Zeit der sonstigen Leistung Bei sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück wie der Vermietung wird die Leistung nach der Sonderregelung des § 3a II Nr. 1 UStG dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt.27 Sonstige Leistungen sind grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung bewirkt, können sich also im Gegensatz zur Lieferung auch über einen längeren Zeitraum erstrecken. Beim Dulden oder Unterlassen kann der Zeitpunkt allerdings nicht in dieser Weise fixiert werden. Bei Mietverträgen über eine längere Laufzeit, die in monatliche Zahlungs- und Leistungsab- 25 Abschn. 205 I UStR 2005. BFH v. 6.5.2004, BStBl II 2004, 856. 27 S.o. II 2 b). 26 6 schnitte untergliedert ist, liegen Teilleistungen nach § 13 I UStG vor. Sie werden durch die monatlichen Zahlungsaufforderungen oder -belege konkretisiert.28 d) Entgelt Lieferungen und sonstige Leistungen müssen gegen Entgelt ausgeführt werden, um steuerbar zu sein. Der Tatbestand setzt demnach einen Leistungsaustausch voraus. Das Entgelt dient zugleich als Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung (§ 10 I UStG). Auf die Klagbarkeit kommt es nicht an, wie etwa bei unwirksamen Verträgen wegen Wuchers. Unerheblich ist es für die Steuerbarkeit, wenn das Entgelt uneinbringlich ist oder sich mindert. Dies hat aber einen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage und kann zu einer nachträglichen Änderung der Umsatzsteuer oder des Vorsteuerabzugs nach §§ 15a, 17 UStG führen. Im Verhältnis zwischen nahen Angehörigen ist ein Leistungsaustausch nicht bereits dann zu verneinen, wenn die Vereinbarungen nicht fremdüblich sind oder nicht vertragsgemäß vollzogen werden. Voraussetzung ist aber, dass der Leistende ernsthaft damit gerechnet hat, ein Entgelt zu erhalten.29 So hatte ein Architekt ein Grundstück erworben, zum Hotel umgebaut und anschließend an seine Ehefrau unter Option für die Steuerpflicht verpachtet.30 Die Ehefrau sollte in einer Anlaufphase von drei Jahren nur dann eine Pacht zahlen, wenn tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet wird.31 Der Architekt war nach Auffassung des BFH wegen des Prinzips der Neutralität der Mehrwertsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil die objektiv belegbare Absicht, das Grundstück später entgeltlich zu vermieten, ausreiche.32 Er scheitert auch nicht an der Vorschrift des § 15 II Nr. 3 UStG, wonach der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist für Leistungen, die der Unternehmer für unentgeltliche Leistungen verwendet, die steuerfrei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden. Da die zugrundeliegende 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie eine solche Einschränkung nicht vorsieht, kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf die ihm günstigere Richtlinie berufen.33 Eine unentgeltliche nichtunternehmerische Leistung liegt auch dann nicht vor, wenn wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Mieters für eine Weile auf die Miete verzichtet wird.34 An einer Leistung gegen Entgelt fehlt es aber, wenn ein Vermieter gegenüber dem Mieter auf die Geltendmachung der Miete wegen dessen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ganz verzichtet und die Miete auch nicht als Forderung bucht35 oder wenn bei einer Grundstücksveräußerung unter Angehörigen nicht vorgesehen ist, dass der Kaufpreis gezahlt wird.36 Bei der Nutzungsüberlassung an Angehörige gegen ein herabgesetzes Entgelt ist jedoch zu beachten, dass das Entgelt nach § 10 V Nr. 2 i.V.m. § 10 IV Nr. 2 UStG mit den bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Kosten zu bewerten ist (Mindestbemessungsgrundlage). Das bedeutet aber nicht, dass die Mindestbemessungsgrundlage auch dann anzuwenden ist, wenn die marktüblichen Mieten für eine Vermietung unter Fremden unter der Kostenmiete liegen würde, da die deutsche Vorschrift insofern nicht von der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie gedeckt ist. In diesem Fall besteht nämlich nicht die Gefahr einer Steuerhinterziehung oder –umgehung.37 28 BFH v. 9.9.1993, BStBl II 1994, 269, 270; s.u. II 7 b. BFH v. 22.6.1989, BStBl II 1989, 913; v. 26.11.2003, BFH/NV 2004, 383; v. 11.12.2003, BFHE 204, 349. 30 Der Fall ist bei einer Vermietung identisch zu lösen. 31 BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349. 32 BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349 unter Berufung auf EuGH v. 8.6.2000, – Breitsohl -, BStBl II 2003, 452; BFH v. 8.3.2001, UR 2001, 214; BMF v. 24.4.2003, BStBl I, 313. 33 BFH v. 11.12.2003, BFHE 204, 349. 34 BFH v. 7.7.2005, BStBl II 2005, 849 = NZM 2006, 186. 35 BFH v. 30.8.2005, BFH/NV 2006, 90; vgl. auch FG Berlin v. 3.9.2002, EFG 2004, 939,Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 13/04. 36 BFH v. 26.11.2003, BFH/NV 2004, 383. 37 EuGH v. 29.5.1997, BStBl II 1997, 841 – Skripalle; Folgeentscheidung BFH v. 8.10.1997, BStBl II 1997, 840; BMF v. 21.11.1997, BStBl I 1997, 1048. 29 7 3. Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 a UStG a) Bedeutung In den §§ 4, 5 UStG ist ein Katalog von Steuerbefreiungen bei Lieferungen, sonstigen Leistungen und unentgeltlichen Wertabgaben enthalten. Die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze verfolgt das Ziel, vor allem die Wohnungsmieten niedrig zu halten. Sie ist eine objektive Steuerbefreiungen. Ob sie eingreift, richtet sich allein nach dem Gegenstand des Umsatzes, nicht nach der Person des Unternehmers. Von einer echten Steuerbefreiung kann aber nur die Rede sein, wenn der Endverbraucher tatsächlich entlastet wird, also der Umsatz mit dem vollen Vorsteuerabzug ausgestattet ist.38 Bei der Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze handelt es sich hingegen um eine unechte Steuerbefreiung, bei der Umsatz zwar steuerbefreit ist, dem Unternehmer insoweit aber der Vorsteuerabzug versagt wird. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die nicht abziehbare Vorsteuer im Wege der Kalkulation als Kostenbestandteil in den Preis seiner Leistung einfließen lässt und auf den Endverbraucher abwälzt. Nach der Umstellung der USt auf das Mehrwertsteuersystem kehrt sich der Zweck der Steuerbefreiung daher insbesondere für Neubauten in das Gegenteil um, weil die Steuerbefreiung den Verlust des Vorsteuerabzugs zur Folge hat (§ 15 II Nr. 1 UStG). Ein Verzicht auf die Steuerfreiheit ist nur bei der Vermietung an umsatzsteuerpflichtige Unternehmer möglich (§ 9 I, II UStG). Rechtspolitisch wäre daher zu erwägen, die Steuerbefreiung für Vermietungsumsätze ganz aufzugeben, um auch bei Neubauten sowie bei Modernisierungen von Altbauten im Wohnungsbau den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Vermietern nur einer oder weniger Wohnungen würde die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer nach § 19 UStG zu Gute kommen, wenn sie hiervon Gebrauch machen wollen. In manchen Fällen ist allerdings die Steuerfreiheit der Mieteinnahmen günstiger, so etwa bei der Vermietung von Standflächen auf Wochenmärkten durch eine Genossenschaft, die mangels größerer Aufwendungen für die Errichtung der Marktplätze keine nennenswerten Vorsteuerbeträge abzuziehen hat.39 b) Gegenstand der Vermietung und Verpachtung Der steuerfreien Vermietung und Verpachtung unterfallen Grundstücke, grundstücksgleiche Berechtigungen und Hoheitsrechte betreffend der Nutzungen von Grund und Boden. Grundstücksgleiche Berechtigungen sind vor allem das Erbbaurecht und das Wohnungseigentum.40 c) Begriff der Vermietung Der Begriff der Vermietung i.S. des Art. 13 Teil B lit. b der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie ist eigenständig gemeinschaftsrechtlich auszulegen, da er nicht von der zivilrechtlichen Auslegung in den einzelnen Mitgliedstaaten abhängen kann.41 Vermietung in diesem Sinne liegt vor, wenn dem Mieter auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.42 Keine steuerfreie Vermietung von Grundstücken ist daher in der 38 Dies ist nur in den Fällen des § 4 Nr. 1 – 7 UStG der Fall, die überwiegend Lieferungen und Leistungen in das Ausland zum Gegenstand haben oder damit in Zusammenhang stehen. So bleiben gem. § 4 Nr. 1 b UStG innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei, weil und wenn die Belastung im Bestimmungsmitgliedstaat stattfindet. 39 Vgl. Hess. FG v. 14.12.2004, EFG 2005, 737, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 12/05. 40 Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 12. 41 EuGH v. 8.3.2003 - Seeling, BStBl II 2004, 378; Nachfolgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371; EuGH v. 8.11.2004 - Temco Europe, UR 2005, 24. 42 EuGH v. 9.10.2001- Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257, Rn. 21; v. 8.11.2004 - Temco Europe, UR 2005, 24. 8 Benutzung von Straßen gegen Mautgebühr.43 Ebenfalls keine steuerfreie Vermietung ist die Gestattung, einen Automaten in dem Lokal des Inhabers aufzustellen.44 Zahlt der Mieter einem Dritten ein Entgelt dafür, dass der Dritte an seiner Stelle in den Mietvertrag eintritt und seine Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis übernimmt, handelt es sich ebenfalls nicht um steuerfreie Vermietungsumsätze, da der Mieter dem Dritten das Grundstück nicht selbst vermietet.45 Eine steuerfreie Vermietung ist es dagegen, wenn der Mieter das Grundstück an den Dritten untervermietet oder wenn er dem Vermieter für seine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis eine Entschädigung gezahlt hätte.46 Ebenfalls eine steuerfreie Vermietungsleistung ist es, wenn der Mieter das Grundstück dem Vermieter vorzeitig zurückgibt und von diesem eine Gegenleistung hierfür erhält.47 Eine sonstige Leistung i.S. des § 4 Nr. 12 a UStG stellt auch die Vermietung von Dachflächen an Mobilfunkunternehmen dar, die darauf Antennen errichten und betreiben48 sowie die Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung und die Überlassung des Rechts zur Überspannung von Überlandleitungen.49 aa) Vermietete Fläche Die vermietete Fläche muss nicht von vornherein feststehen, sie muss nur bestimmbar sein. Die spätere Konkretisierung kann gem. § 315, 317 BGB durch beide Vertragsparteien, durch eine Partei oder durch einen Dritten erfolgen.50 Besondere Bedeutung hatte diese Frage und damit die Abgrenzung zur steuerpflichtigen Verwahrung für die Vermietung von Parkflächen für kurze Zeit. Während die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen gem. § 4 Nr. 12 S. 2 UStG seit dem 1.1.1992 sowohl für die langfristige als auch für die kurzfristige Vermietung von der Steuerbefreiung ausgenommen ist,51 blieb die Frage für die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen bedeutsam. Der BFH stellt aber nicht mehr auf die Bestimmbarkeit ab, sondern darauf, ob das Schwergewicht der Vertragspflicht eher in der Obhutspflicht für die untergebrachten Sachen oder in der Gebrauchsüberlassung der Flächen liegt. bb) Umfang der Steuerfreiheit Steuerfrei sind neben den eigentlichen Vermietungsumsätzen auch die üblichen Nebenleistungen.52 Der BFH definiert die Nebenleistung danach, ob sie in engem Zusammenhang mit der Hauptleistung steht, im Verhältnis zu dieser nebensächlich ist und in deren Gefolge üblicherweise vorkommt.53 Dazu gehört etwa die Lieferung von Heizwärme und Wasser, die Treppenhausund Flurreinigung oder die Überlassung von Waschmaschinen zur Nutzung.54 Nicht darunter 43 EuGH v. 12.9.2000 - Kommission/ Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355, zur Ausübung als Betrieb gewerblicher Art s. o. Fn. 8. 44 EuGH v. 12.6.2003 - Sinclair Collis Ltd., UR 2003, 348. 45 EuGH v. 9.10.2001 - Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257. 46 EuGH v. 9.10.2001 Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257 Rn. 31. 47 EuGH v. 15.12.1993 - Lubbock Fine, Slg. I 1993, 6665; v. 9.10.2001 - Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257, Rn. 26 ff. 48 Zur Folge für die Wirtschaftlichkeitsberechnung im preisgebundenen Wohnungsbau BGH v. 2.11.2005, WuM 2006, 26 = NJW-RR 2006, 380 = ZMR 2006, 188. 49 BFH v. 11.11.2004, BStBl. II 2005, 802. 50 BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585; v. 8.10.1991, BStBl II 1992, 209. 51 BMF v. 7.8.1992, BStBl I, 471; Lohse DStR 1992, 649; daher ist auch die Vermietung von Bootslegeplätzen steuerpflichtig, s. EuGH v. 3.3.2005 – Fonden Marselisborg Lystbadehavn, IStR 2005, 315; vgl. noch BFH v. 8.10.1991, BStBl II 1992, 368. 52 BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585; Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 25. 53 BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585. 54 BFH v. 9.12.1993, BStBl II 1994, 585. 9 fallen dagegen die Bereitstellung einer Fernmeldeanlage in vermieteten Büroräumen55 oder die Vermietung von Einrichtungsgegenständen.56 Problematisch sind Mischfälle zu beurteilen, in denen neben der Vermietungsleistung andere Leistungen angeboten werden, wie etwa bei der Lagerhaltung, der Verwahrung, der Heimpflege, der Krankenhausbehandlung oder der Überlassung von Standplätzen auf Märkten und Messen. Lange Zeit ging die Rechtsprechung davon aus, dass die Umsätze aufzuteilen seien, wenn die einzelnen Leistungselemente klar voneinander trennbar sind. So wurde bei der Vermietung von Sportanlagen zwischen einer steuerfreien Grundstücksvermietung und einer steuerpflichtigen Vermietung der Betriebsvorrichtungen unterschieden, etwa bei der Hallenmiete von Tennis- und Squashanlagen (vgl. § 4 Nr. 12 letzter HS UStG).57 Keine Vermietung sondern ein Vertrag eigener Art sollte vorliegen, wenn dem Besucher einer Sportstätte deren Nutzung im Rahmen der allgemeinen Benutzungsordnung ohne Ausschluss anderer Personen gestattet wird, so bei der Schwimmbadbenutzung im allgemeinen Badebetrieb.58 Die danach notwendige Aufteilung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil der Umsätze hat wegen § 15 II UStG auch Auswirkungen auf die abzugsfähigen Vorsteuern aus der Errichtung und dem Betrieb der Sportanlagen. Mit einem Urteil vom 31.5.2001 hat der BFH die Nutzungsüberlassung von Sporteinrichtungen mit weiteren Nutzungsangeboten nunmehr als einheitliche steuerpflichtige Leistung eingestuft, die durch die Möglichkeit geprägt werde, die Dienstleistung umfassend in Anspruch zu nehmen, so dass künftig alle Leistungen steuerpflichtig sind.59 Grundlage ist eine Entscheidung des EuGH zu Steuerbefreiung von Vermietungsleistungen nach Art. 13 Teil B lit. b der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie. Die Steuerbefreiungen in Art. 13 der Mehrwertsteuer-Richtlinie seien eng auszulegen seien, so dass eine Steuerfreiheit bei der Vermietung von Sportstätten wegen der Vermietung eines Grundstücks nicht in Betracht komme. Es fehle an der erforderlichen Dauer der Nutzungsüberlassung. Die Steuerbefreiung für Dienstleistungen, die mit Sport und Körperertüchtigung zusammenhängen, seien nur auf Einrichtungen ohne Gewinnstreben anwendbar, zudem seien sie möglichst als Gesamtheit zu würdigen.60 Durch das Gesetz zur Sicherstellung einer Übergangsregelung für die Umsatzbesteuerung von Alt-Sportanlagen61 ist in § 27 VI UStG eine Übergangsregelung geschaffen worden. Danach können Umsätze aus der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen bis zum 31.12.2003 noch in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und in eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden. Durch Gesetz vom 23.4.200462 ist die Übergangsregelung bis zum 31.12.2004 verlängert worden. Umgekehrt wirkt sich diese Sichtweise auf die Überlassung von Standplätzen auf Messen und Märkten aus. Diese sind bislang aufgeteilt worden in steuerfreie Vermietungsleistungen und steuerpflichtige andere Leistungen wie die Bereitstellung von Strom, die Reinigung des Platzes, die Aufsicht und Organisation des gesamten Marktes.63 Unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH und des BFH hat das Hess. FG die Bereitstellung von Wochenmarktveranstaltern gegenüber den Marktteilnehmern als einheitliche steuerfreie Vermietungsleistung eingestuft.64 55 Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 26; a.A. FG Düsseldorf EFG 1988, 209 rkr. Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 26 57 BFH v. 10.2.1994, BStBl II 1994, 668. 58 BFH v. 21.10.1999, BFHE 190, 244 m. ausf. Darstellung. 59 BFH v. 31.5.2001, BStBl II 2001, 658 m. Anm. Küffner, DStR 2001, 1422; v. 21.5.2004, BFH/NV 2004, 1553; s. auch BMF v. 15.10.2001, UR 2001, 509; BMF v. 17.4.2003, UR 2003, 304; Abschn. 86 I UStR 2005. 60 EuGH v. 18.1.2001, - Lindöpark, Slg. 2001, I-0493. 61 Gesetz v. 1.9.2002, BGBl I, 3441. 62 BGBl I, 601. 63 BFH v. 7.4.1960, BStBl III 1960, 261; v. 25.4.1968, BStBl II 1969, 94; OLG Köln DStR 1994, 1397; BMF v. 27.9.1995, DStR 1995, 1676; OFD Erfurt DStR 2000, 1351. 64 Hess. FG, Urteile v. 14.12.2004, EFG 2005, 737 u. 739, Rev. beim BFH anhängig unter den Az. V R 12/05, V R 13/05; vgl. bereits BFH v. 7.3.1995, BFH/NV 1995, 1027 für Standfläche auf Kongress. 56 10 Bei der Unterbringung im Altersheim werden die Umsätze bislang geteilt, da das Vermietungselement den Versorgungsleistungen gleichgestellt ist,65 anders ist dies bei Altenpflegeheimen oder Krankenhäusern, wo die Pflegeleistungen überwiegen.66 Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten. cc) Ausschluss nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG Nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG sind nicht steuerbefreit die Vermietung von Räumen zur kurzfristigen Beherbergung, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Parkplätzen sowie die kurzfristige Vermietung von Campingplätzen. Davon ist auch die kurzfristige Vermietung von Wohnräumen durch ein Studentenwerk an Nichtstudierende, die Bedienstete des Studentenwohnheims sind, erfasst. Das Studentenwerk kann sich jedoch nach einem Urteil des EuGH vom 19.5.2005 unmittelbar auf Art. 13 Teil A I Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen, die eng mit dem Hochschulunterricht verbundene Dienstleistungen steuerfrei stellt.67 4. Option (§ 9 UStG) a) Voraussetzungen aa) Begünstigte Umsätze Nur die ausdrücklich in § 9 I UStG genannten steuerfreien Umsätze gestatten eine Option. Hierzu gehören nach § 4 Nr. 12 a UStG die hier interessierenden Vermietungsumsätze. bb) Vermietung an einen anderen Unternehmer Die Vermietung muss nach § 9 I UStG an einen anderen Unternehmer erfolgen. Ausgeschlossen ist die Option daher bei der Vermietung an Privatpersonen oder an die öffentliche Hand außerhalb ihrer Betriebe gewerblicher Art.68 Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass nur der Unternehmer als Mieter in den Mietvertrag aufgenommen wird und nicht zusätzliche Personen wie Ehegatten oder GmbH-Geschäftsführer, die an sich nur haften sollen. Deren Haftung ist über eine Bürgschaft zu regeln.69 So hat es der BFH beanstandet, dass beide Ehegatten Pächter einer Gaststätte waren, die Gaststätte jedoch nur durch den Ehemann als Unternehmer betrieben wurde.70 cc) Vermietung für dessen Unternehmen Die Option setzt voraus, dass die Vermietungsleistung an den anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erfolgt. Problematisch ist die Verwendung eines Teils des vermieteten Grundstücks zu privaten Zwecken des anderen Unternehmers. Bislang ist die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die unternehmensfremde Grundstücksnutzung steuerfrei ist, wenn eine entgeltliche Nutzungsüberlassung an einen fremden Dritten als Grundstücksvermietung unter § 4 Nr. 12 UStG fallen würde.71 Eine Option ist dann nicht möglich, die anteiligen Vorsteuerbeträge konnten nicht abgezogen werden.72 Mit Urteil vom 8.3.2003 hat der EuGH entschieden, dass die für den privaten Bedarf erfolgte Verwendung einer Wohnung in einem Gebäude, das der Unternehmer insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, nicht unter die eng auszulegende Steu- 65 Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Rn. 23; Abschn. 80 II UStR 2005. BFH v. 21.4.1993, BStBl II 1994, 266, 268; Abschn. 81 II Nr. 12 UStR 2005. 67 BFH v. 19.5.2005, BStBl II 2005, 900. 68 S.o. II 1a). 69 Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl. 2005, Rn. 560. 70 BFH v. 7.11.2000, BFHE 194, 270. 71 So § 15 II S. 1 Nr. 3 UStG: BFH v. 29.10.1987, BStBl II 1988, 90; v. 10.2.1994, BStBl II 1994, 668. 72 BFH v. 2.10.1987, BStBl II 1987, 44, 48; v. 29.10.1987, BStBl II 1988, 90, 92. 66 11 erbefreiung nach Art. 13 Teil B lit. b der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie fällt.73 Das bedeutet, es liegt eine unentgeltliche Wertabgabe des Unternehmers vor (§ 3 I b Nr. 1 UStG), die der Umsatzsteuer unterfällt und auch den Vorsteuerabzug zulässt.74 Damit erfolgt die Leistung bezüglich des gesamten Grundstücks an den andern Unternehmer. dd) Kein Ausschluss nach § 9 II UStG Nach § 9 II UStG ist bei Vermietungsumsätzen darüber hinaus erforderlich, dass der Leistungsempfänger, also der Mieter, das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Damit ist die Option ausgeschlossen bei der Vermietung an Unternehmer, die steuerfreie Umsätze tätigen, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Darunter fallen etwa Banken (§ 4 Nr. 8 UStG), Versicherungen (§ 4 Nr. 10 UStG), Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen und andere Heilberufe (§ 4 Nr. 14 UStG), die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung (§ 4 Nr. 15 UStG), Krankenhäuser, Alte- und Pflegeheime (§ 4 Nr. 16 UStG), Bildungseinrichtungen (§ 4 Nr. 20, 22 UStG) und private Schulen (§ 4 Nr. 21 UStG).75 Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 9 II UStG in der seit dem 1.1.1994 geltenden Fassung76 sogenannte Vorschaltmodelle verhindern, bei denen Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen zur Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes Dritte, meist Ehegatten oder von ihnen beherrschte Gesellschaften, vorschalten, die das Gebäude errichten oder erwerben und unter Ausübung der Option steuerpflichtig an den Unternehmer vermieten.77 Die geltende Gesetzesfassung stellt jedoch nicht darauf ab, ob es sich um ein derartiges Vorschaltmodell handelt, sondern schließt jede Vermietung an Unternehmer aus, die nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen sind. Entgegen dem Wortlaut78 soll bei einer längeren Kette hintereinander geschalteter Mietverträge die gesamten Unternehmenskette bis zum Endverbraucher einbezogen werden.79 Bedeutsam für die Möglichkeit der Option ist es daher, ob der Mieter steuerfreie Umsätze tätigt. Dies ist nicht immer einfach festzustellen. So sind nach § 4 Nr. 9b UStG die Rennwetten am Totalisator und beim Buchmacher, die inländischen öffentlichen Lotterien und Ausspielungen sowie die staatliche Oddset-Wette80 umsatzsteuerfrei, weil sie der Steuerpflicht nach dem RennwLottG81 unterliegen. Das gilt aber nicht für die Vermittler von Wetten oder Lotterien, so dass die Toto- und Lottoannahmestellen mit ihren Provisionen umsatzsteuerpflichtig bleiben.82 Bei der Vermietung an diese Unternehmer ist die Option daher im vollen Umfang möglich. Nach § 4 Nr. 11b UStG sind die unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutsche Post AG 73 EuGH v. 8.5.2003, – Seeling, BStBl II 2004, 378; Nachfolgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469. Die Vorschrift des § 15 II S. 1 Nr. 3 UStG ist deswegen weitgehend obsolet geworden, Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 15 Rn. 275. 74 BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371. 75 Nicht privates Ballettstudio: FG München v. 18.11.2004, EFG 2005, 740, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 3/05. 76 Durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts - StMBG v. 21.12.1993, BGBl I, 2310; zur Übergangsregelung des § 27 II Nr. 3 UStG vgl. EuGH v. 8.6.2000, – Schloßstraße, Slg. 2000, I-4279 = BStBl II 2003, 446; Folgeentscheidungen BFH v. 22.2.2001, BStBl II 2003, 426, u. v. 5.1.2005, BFH/NV 2005, 1155; s. auch BFH v. 5.6.2003, BStbl II 2004, 28; v. 30.6.2005, BFH/NV 2005, 1882. 77 Begr. zum GEntw., BT-Drucks. 12/6530, S. 87. 78 Krit. insofern Jakob, Umsatzsteuer, 3. Aufl. 2005, Rn. 702. 79 BFH v. 21.4.1993, BStBl II 1994, 266. 80 Die nach einer Entscheidung des BVerfG vom 28.3.2006 weiterhin staatlicher Monopolbetrieb bleiben darf, vgl. FAZ v. 29.3.2006, S. 13. Allerdings hat die Europäische Kommission die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland hiergegen beschlossen, vgl. FAZ v. 5.4.2006, S. 12. 81 RennwLottG i.d. Neufassung v. 19.3.1964, BGBl I, 213; zul. geändert durch Gesetz v. 17.5.2000, BGBl I, 714. 82 BFH v. 20.2.1951, BStBl III 1951, 59; ebenso OFD Frankfurt a.M. Vfg. v. 10.10.2002, UR 2004, 327 zu den Verkaufsstellen der Süd- und Norddeutschen Klassenlotterie; Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 4 Nr. 9 Rn. 13. 12 steuerfrei. Nach dem Inkrafttreten des PostG vom 22.12.199783 werden als unmittelbar dem Postwesen dienend behandelt die Leistungen auf Grund der gesetzlichen Exklusivlizenz nach §§ 51 ff. PostG sowie die Universaldienstleistungen i.S. der Post84 Universaldienstleistungsverordnung vom 15.12.1999. Da die meisten Postfilialen zu einem großen Teil diese Leistungen anbieten, ist bei der Vermietung an sie die Option nicht möglich.85 Über die Aufzählung der steuerfreien Umsätze in § 4 UStG hinaus und deren zumeist enger Anwendung durch den BFH und die Finanzverwaltung86 haben das BVerfG und der EuGH aufgrund des steuerrechtlichen Neutralitätsgebots vergleichbare Leistungen ebenfalls für steuerfrei erklärt. So sind nach § 4 Nr. 9b UStG die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken umsatzsteuerfrei, weil sie nach Maßgabe des Landesrecht bis zu 80 % ihrer Bruttoerträge als Spielbankabgabe abführen. Ungeachtet dieser Begründung hat der EuGH mit Urteil vom 17.2.200587 entschieden, dass Art. 13 Teil B lit. f der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie unmittelbare Wirkung entfaltet und nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die die Veranstaltung von Glückspielen und Glücksspielgeräten aller Art in öffentlichen Spielbanken umsatzsteuerfrei stellen, während die gleichen Tätigkeiten durch private Wirtschaftsteilnehmer steuerpflichtig sind. Damit sind gegenwärtig die privaten Betreiber von Spielkasinos88 ebenso steuerfrei wie die Betreiber von Spielhallen,89 so dass eine Option durch deren Vermieter ins Leere geht. Nach einer Abstimmung zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn in diesen Fällen der Vermieter seine bis zum 31.5.2005 an den Glücksspielveranstalter erbrachten Vermietungsleistungen entgegen § 9 II UStG als steuerpflichtig behandelt.90 Durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 17.3.2006 werden wegen der zu erwartenden Steuerausfälle im privaten Sektor künftig auch die öffentlichen Spielbanken der Umsatzsteuerpflicht unterworfen.91 83 Post G v. 22.12.1997, BGBl I, 3294. BGBl I, 2418. 85 Anders vor Einführung von § 9 II UStG: BFH v. 31.5.1994, BFH/NV 1995, 455. Umstr. ist, ob die Steuerfreiheit der Leistungen des Universaldienstes angemessen ist. Hierunter fällt ein Mindestangebot an Postdienstleistungen, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichem Preis erbracht werden müssen wie die Beförderung von Briefen bis 2000 Gramm Gewicht, adressierte Pakete bis 20 Kilogramm und die Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften. Das Monopol der Post, in dem sie ausschließlich tätig sein darf, ist enger gezogen und umfasst nur die Beförderung von Briefen bis 200 Gramm (Postgesetz v. 22.12.1997, BGBl I, 3294, geänd. durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Postgesetzes v. 30.1.2002, BGBl I, 572). Diese exklusiven Dienste sollen bis 2007 stufenweise eingeschränkt werden (vgl. RegE eines Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes, BT-Dr. 14/9195). Während sich die Bundesregierung und die Deutsche Post AG auf den Standpunkt stellen, bereits die Erbringung des Universaldienstes diene dem Gemeinwohl und solle daher nicht durch Steuern verteuert werden, ist der Bundesrechnungshof der Ansicht, diese weite Umsatzsteuerbefreiung sei mit dem Sinn und Zweck des Postgesetzes und dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Umsatzsteuerrechts nicht zu vereinbaren. Da die Leistungen des Universaldienstes im Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern erbracht werden, könne die Post in diesem Bereich nicht von der Umsatzsteuer befreit werden (vgl. „Die Post profitiert von Steuervorteilen in Millionenhöhe“, FAZ v. 25.1.2002, S. 13; „Postdienste bleiben bis 2007 umsatzsteuerfrei“, FAZ v. 26.1.2002, S. 13; zuletzt die Antw. des Parl. Staatssekretärs Karl Diller v. 24.2.2006, BT-Drucks. 16/755, S. 18.). 86 Modifiziert inzwischen Abschn. 90 UStR 2005. 87 EuGH v. 17.2.2005, – Edith Linneweber u. Savvas Akritidis, BFH/NV Beilage 2005, 94 = UR 2005, 194. 88 BFH v. 22.9.2005, DStR 2006, 374. 89 EuGH v. 17.2.2005, – Edith Linneweber u. Savvas Akritidis, BFH/NV Beilage 2005, 94 = UR 2005, 194; zu den Rückforderungen der Spielhallenbetreibern s. Demuth FAZ v. 30.3.2005, S. 23. Allerdings unterliegen sie den Spielgerätesteuern als örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern, s. hierzu die Entscheidungen des BVerwG v. 13.4.2005, NVwZ 2005, 1316 u. 1322. 90 Bayerisches Landesamt für Steuern Vfg. v. 25.1.2006, DB 2006, 363. 91 Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen, BR-Drucks. 199/06; vgl. Begr. zum RegEntw., BR-Drucks. 937/05, S. 2, 4. 84 13 Während der BFH für die Annahme eines der in § 4 Nr. 14 UStG aufgeführten Katalogberufe ähnlichen Heilberufs enge Voraussetzungen aufgestellt und insbesondere gefordert hatte, dass der Beruf im Hinblick auf die staatliche Erlaubnis und Aufsicht den Katalogberufen gleichgestellt sein müsse, hat das BVerfG mit Beschluss vom 29.10.199992 über einen Heileurythmisten93 entschieden, dass das Bestehen berufsrechtlicher Regelungen keinen hinreichenden Differenzierungsgrund für die unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung darstellt, sondern auf die Kostenübernahme durch die Sozialversicherungsträger abzustellen ist, da Zweck der Steuerbefreiung allein die Entlastung der Sozialversicherungsträger sei. In der Folgezeit hat der BFH auf dieser Grundlage über die Umsatzsteuerpflicht einer Vielzahl von Heilberufen entschieden. Steuerfrei sind die Umsätze des Dental-Hygienikers94 und des Ernährungsberaters im Rahmen ärztlicher Anordnung.95 Überwiegend steuerfrei sind die Umsätze der Rettungsdienste.96 Offen ist die Frage noch für die medizinische Fußpflege,97 die staatliche anerkannte Altenpflege,98 den Sporttherapeuten99 und für Fußreflexzonenmassage.100 Steuerpflichtig ist dagegen die Tätigkeit eines Schönheitschirurgen, wenn sie nicht der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dient.101 Steuerfrei sind auch aufgrund unmittelbarer Anwendung des Art. 13 Teil A I lit. g der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie die Umsätze einer LegasthenieTherapeutin, wenn sie im Rahmen der Eingliederungshilfe erbracht und gegenüber dem Sozialversicherungsträger abgerechnet wird.102 Nach den Entscheidung des BVerfG vom 10.11.1999 zur Schwarzwaldklinik103 und des EuGH vom 10.9.2002104 in der Rs. Kügler GmbH sowie vom 6.11.2003105 in der Rs. Christoph-Dornier-Stiftung kommt es auch auf die Rechtsform, in der Ärzte oder andere Angehörige von Heilberufen ihre Tätigkeit betreiben, nicht an. Trotz des Wortlauts in § 9 II UStG können auch Grundstücksteile „ausschließlich“ für Umsätze verwendet werden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (Teiloption). Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Bagatellgrenze nach Abschn. 148a III UStR 2005. Hiernach gilt gem. § 163 AO die Vereinfachungsregel, dass eine geringfügige Verwendung für vorsteuerausschließende Umsätze von 5 % im Kalenderjahr die Option nicht ausschließt. Für all dies ist der optierende Unternehmer gegenüber dem Finanzamt nach § 9 II S. 2 UStG nachweispflichtig. Das kann Probleme bereiten, wenn der Vermieter nicht weiß, welche Umsätze der Mieter im Einzelnen tätigt. Fraglich ist auch, ob er einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Zusammensetzung der Umsätze des Mieters hat. Ein derartiger Anspruch sollte daher vorsorglich im Mietvertrag vereinbart werden. ee) Zwischenvermietung 92 BVerfG v. 29.10.1999, BVerfGE 101, 132 = BStBl II 2000, 155. BVerfG v. 29.10.1999, BStBl II 2000, 155; Verfahrensfortgang BFH v. 13.4.2000, BFHE 191, 441; BFH v. 11.11.2004, BStBl II 2005, 316: i.E. abgelehnt, weil Leistungen nicht regelmäßig von den Krankenkassen erstattet werden; Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG v. 13.4.2005, Az. 1 BvR 605/05. 94 BFH v. 12.10.2004, BStBl II 2005, 106. 95 BFH v. 7.5.2005, BStBl II 2005, 904. 96 Holland/Baum DB 2006, 11 ff. 97 BVerfG v. 10.11.1999, BStBl II 2000, 158; Verfahrensfortgang BFH v. 19.12.2002, BStBl II 2003, 532. 98 BFH v. 27.2.2003, BStBl II 2003, 622 bejahend im summarischen Verfahren. 99 BFH v. 25.11.2004, BStBl II 2005, 190. 100 BFH v. 12.8.2004, BStBl II 2005, 227. 101 BFH v. 15.7.2004, BStBl II 2004, 862; Verfassungsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 1BvR 2241/04. 102 BFH v. 18.8.2005, BStBl II 2006, 143. 103 BVerfG v. 10.11.1999, BStBl II 2000, 160. 104 EuGH v. 10.9.2002, Slg. 2002, I-6833 - Kügler GmbH; Folgeentscheidung BFH v. 22.4.2004, BStBl II 2004, 849. 105 EuGH v. 16.11.2003 - Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie – UR 2003, 584; Folgeentscheidung BFH v. 1.4.2004, BStBl II 2004, 681. 93 14 In der vor 1985 geltenden Gesetzesfassung war es möglich, bei der Vermietung an Nichtunternehmer den Vorsteuerabzug durch die Option nach § 9 UStG herbeizuführen, indem ein gewerblicher Zwischenvermieter eingeschaltet wurde.106 Die Zwischenvermieter haben dann steuerfrei an die Bewohner der Wohnungen oder an die öffentliche Hand vermietet. Der BFH hat diese Konstruktion unter dem Tatbestand der Steuerumgehung nach § 42 AO in der Vergangenheit einer strengen Prüfung unterzogen, bei Vorliegen gewisser Kriterien aber gestattet.107 Auch nach der ab dem 1.1.1994 geltenden Fassung ist bei der Zwischenvermietung keine Option mehr möglich, da der mietende Zwischenvermieter die gemieteten Räume bei der Weitervermietung als Wohnräume für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen (§ 9 II UStG). ff) Ausübung der Option Die Ausübung der Option bedarf keiner besonderen Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Sie wird durch die Abgabe der Umsatzsteuererklärung, der Umsatzsteuervoranmeldung108 oder durch den gesondertem Ausweis der USt im Mietvertrag109 wirksam ausgeübt. Bei Miteigentümergemeinschaften wie Wohnungs- oder Teileigentumsgemeinschaften muss jeder Eigentümer die Verzichtserklärung abgeben.110 Die Entscheidung kann für jeden einzelnen Umsatz so lange getroffen werden, wie die betreffende Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig geworden ist. Daher kann der Verzicht auch bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung rückgängig gemacht werden. In diesem Fall wird der Vermietungsumsatz rückwirkend wieder steuerfrei. Der Mieter verliert dann ebenfalls gem. § 175I S. 1 Nr. 2 AO rückwirkend den Vorsteuerabzug für den Zeitraum, in dem er vorgenommen wurde.111 Für Vorsteuerbeträge aus der Zeit vor der Erzielung der steuerpflichtigen Umsätze hat es die Rechtsprechung früher zugelassen, dass der Vermieter schon vor der Ausführung seiner Leistung auf die Steuerfreiheit verzichten konnte, um die etwa bei der Errichtung eines Bürogebäudes anfallenden Vorsteuerbeträge bereits geltend machen konnte. Die Finanzverwaltung hielt die Veranlagung für dieses Jahr gem. §§ 164, 165 AO offen bis feststand, ob der Unternehmer tatsächlich optionsfähige Leistungen durchführte.112 Denn der BFH ging davon aus, dass die angestrebten Umsätze tatsächlich erfolgen mussten.113 Der erfolglose Unternehmer war daher umsatzsteuerlich Nichtunternehmer. Dem ist der EuGH nicht gefolgt, weil die Unternehmereigenschaft nicht rückwirkend aberkannt werden könne, es sei denn, es liege ein Fall von Betrug oder Missbrauch vor.114 Inzwischen hat der BFH klargestellt, dass der Vorsteuerabzug auch dann möglich ist, wenn der Vermieter im Zeitpunkt des Bezugs der mit Vorsteuer belasteten Leistungen die Vermietung an einen Unternehmer beabsichtigt hat und dies objektiv belegen kann, etwa durch die besondere Ausstattung der Mieträume, durch Vertragsverhandlungen mit gewerblichen Mietern etc., auch wenn es zur Ausführung dieser Umsätze nicht mehr kommt.115 In diesen Fäl106 § 9 II UStG i.d.F. durch das SteuerbereinigungsG 1985 v. 14.12.1984, BGBl I, 1493, wonach der Unternehmer nachweisen musste, dass das betreffende Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken gedient hat oder zu dienen bestimmt ist. 107 Heidner, in: Bunjes/Geist (o. Fn. 24), § 9 Rn. 20. 108 BFH v. 16.7.1997, DStR 1997, 1606; BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Abschn. 148 III UStR 2005. 109 BFH v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795. 110 BayObLG v. 13.6.1996, NJW-RR 1997, 79; BdF BStBl I 1989, 167 Tz. 11; zur gesonderten Feststellung s. VO v. 19.12.1986, BStBl I, 2. 111 BFH v. 6.10.2005, DStR 2006, 466; BFH v. 1.2.2001, BStBl II 2003, 673.. 112 BdF BStBl I 1981, 508 Tz. 78. 113 BFH BStBl II 1987, 521. 114 EuGH v. 29.2.1996, Slg. 1996 I, 857; v. 8.6.2000, UR 2000, 329 – Breitsohl; v. 8.6.2000, UR 2000, 336 – Schloßstraße. 115 BFH v. 8.3.2001, DStR 2001, 700 m. Anm. Klenk; v. 5.2.2004, BStBl II 2004, 795; Sächs. FG v. 19.8.2002, DStRE 2004, 1092, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 74/03. 15 len kommt nur eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG für die letzten zehn Jahre in Betracht.116 b) Rechtsfolgen aa) Steuerrechtliche Wirkungen Die Steuerschuld entsteht, da die Vermietung eine Teilleistung ist, nach § 13 I Nr. 1 Satz 1 – 3 UStG mit Ablauf des Voranmeldezeitraums. Der Unternehmer hat nach § 18 I UStG bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldezeitraum eine Voranmeldung, seit dem 1.1.2005 ausschließlich auf elektronischem Wege,117 abzugeben. Auf Antrag kann das Finanzamt aber zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten, etwa wenn der Vermieter nicht über einen Computer verfügt (§ 18 I S. 1 2. HS UStG). Der Vermieter hat die Steuer für den Voranmeldungszeitraum als Vorauszahlung selbst zu berechnen. Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr (§ 18 II S. 1 UStG). Hat die Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 6.136 € betragen, ist das Kalendervierteljahr der Voranmeldungszeitraum (§ 18 II S. 2 UStG). In beiden Fällen ist die Vorauszahlung am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums, d.h. zusammen mit der Voranmeldung, fällig (§ 18 I S. 3 UStG). (1) Miete Durch die Option werden die steuerfreien Vermietungsleistungen umsatzsteuerpflichtig. Die Umsatzsteuer bemisst sich daher gem. § 10 I S. 1 UStG nach der Miete als Entgelt. (2) Betriebskosten Die Umsatzsteuerpflicht besteht nicht nur für die Nutzungsüberlassung der Räume als Hauptleistung, sondern auch für die gesamten damit in Zusammenhang stehenden Nebenleistungen des Vermieters.118 Daher zählen zum steuerpflichtigen Entgelt im Fall der Option auch die gesamten Betriebskosten, unabhängig davon, ob die einzelne Betriebskostenart mit Vorsteuern belastet ist oder nicht, wie z.B. bei öffentlichen Lasten. Es handelt sich nicht um durchlaufende Posten iS des § 10 I S. 5 UStG, sondern um umsatzsteuerpflichtiges Entgelt i.S. des § 10 I S. 2 UStG,119 weil durchlaufende Posten nur vorliegen, wenn der Unternehmer eine fremde Schuld und nicht eine eigene erfüllt.120 (3) Ersatzleistungen Keine steuerbare Leistung begründet ein echter Schadensersatz, da es an einem Leistungsaustausch fehlt.121 Der EuGH fasst allerdings den Leistungsbegriff weit und geht immer dann von einer Vermietungsleistung aus, wenn für die Überlassung des Grundstücksgebrauchs ein Entgelt gezahlt wird.122 Bereits der bewußte Verzicht auf die Ausführung einer Leistung gegen Entgelt ist nach neuerer Rechtsprechung eine eigenständige steuerbare Leistung.123 Das ist etwa der Fall bei dem durch den Mieter an den Vermieter zu leistenden Mietausfallschaden nach vorzeitiger 116 BFH v. 7.7.2005, BStBl II 2005, 907 auch zur Rückwirkungsproblematik der Übergangsvorschrift des § 27 VIII UStG. 117 I.V.m. der Steuerdaten-ÜbermittlungsVO, eingeführt durch Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (SteuÄndG 2003) v. 15.12.2003, BGBl I, 2645. 118 S.o. II 3 c bb). 119 LG Hamburg ZMR 1998, 294; Schmid NZM 1999, 292, 294; a.A. OLG Schleswig ZMR 2001, 619. 120 BFH v. 2.3.1967, BStBl III 1967, 377; Abschn. 152 UStR 2005. 121 BGH v. 21.11.1991, NJW-RR 1992, 411; Abschn. 3 I UStR 2005. 122 EuGH v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257 Rn. 21 ff. 123 Vgl. BFH v. 6.5.2004, BFH/NV 2004, 1352; a.A. noch Hess. FG v. 28.4.2003, EFG 2003, 1421. 16 Vertragsbeendigung.124 Auch bei der Nutzungsentschädigungen nach § 546a I BGB handelt es sich um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung.125 Ebenfalls eine Vermietungsleistung und kein Schadensersatz liegt vor, wenn der Mieter das Grundstück dem Vermieter vorzeitig zurückgibt und von diesem eine Gegenleistung hierfür erhält.126 Keine Umsatzsteuerpflicht entsteht, wenn der Vermieter für die Übernahme seiner Rechtsstellung durch einen anderen Unternehmer, der in den Mietvertrag eintritt, eine Entschädigung oder Abfindung erhält. Es handelt sich um eine steuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 I a UStG.127 Der Erwerber tritt lediglich in die umsatzsteuerliche Position des alten Vermieters ein. (4) Zuschüsse An einem steuerbaren Leistungsaustausch fehlt es ebenso bei echten Zuschüssen, die unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt werden.128 Nach § 10 I S. 3 UStG gehört zum Entgelt dagegen auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer als Zuschuss für die Leistung gewährt. So liegt eine steuerpflichtiger sogenannter unechter Zuschuss vor, wenn eine Stadt einem Vermieter von Parkstellplätzen für die Erstellung dieses Parkraums einen Baukostenzuschuss gewährt.129 bb) Zivilrechtliche Wirkungen (1) Optionspflicht? Die Vertragspartner können eine Option zivilrechtlich vereinbaren.130 Ohne eine solche Vereinbarung ist der Vermieter hierzu aber nicht verpflichtet.131 Die Wirksamkeit der Option richtet allein nach Steuerrecht.132 (2) Zahlungspflicht des Mieters Der Mieter ist zur Zahlung der Umsatzsteuer nur verpflichtet, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde133 oder wenn sich der Vermieter die Berechnung der Umsatzsteuer vorbehalten hat für den Fall seiner Option. Ein derartiger Vorbehalt kann als AGB nur dann vereinbart werden, wenn der Mieter selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist.134 Haben die Vertragsparteien nur vereinbart, dass USt auf die Nettokosten zu entrichten sind, ergibt die ergänzende Auslegung nach herrschender Ansicht regelmäßig, dass entsprechend der steuerrechtlichen Wirkung auch die USt auf die Betriebskosten geschuldet ist.135 124 EuGH v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257, Rn. 31; a.A. noch BFH 24.8.1995, BStBl. II 1995, 808 für Stornogebühren beim Leasing; wie jetzt aber schon immer für die Ausgleichszahlungen an den Handelsvertreter nach § 89b HGB: BFH v. 25.6.1998, BStBl II 1999, 102. 125 BGH v. 11.5.1988, NJW 1988, 2665; vgl. auch BGH v. 22.10.1997, NZM 1998, 192. 126 EuGH v. 15.12.1993 – Lubbock Fine, Slg. I 1993, 6665; v. 9.10.2001 – Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001 I, 07257 Rn. 26 ff.; BFH v. 27.2.1969, BStBl II 1969, 386; Abschn. 3 V UStR 2005. 127 Zu weiteren Rechtsfolgen FG Münster v. 24.5.2005, EFG 2005, 1392, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 41/05; zur Veräußerung eines vermieteten Grundstücks BFH v. 1.4.2004, BStBl II 2004, 802; v. 18.1.2005, BFHE 208, 491. 128 Abschn. 150 UStR 2005. 129 BFH v. 18.7.2000, BFH/NV 2001, 71; v. 11.3.2005, BFH/NV 2005, 1162. 130 BGH v. 30.1.1991, UR 1991, 223. 131 BGH v. 30.1.1991, NJW-RR 1991, 647. 132 BFH v. 25.2.1993, UR 415 m. Anm. Weiß. 133 Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2003, § 535 Rn 85 m.w.Nachw.; Schmid NZM 1999, 292, 293. 134 BGH v. 25.7.2001, NZM 2001, 952. 135 OLG Düsseldorf v. 26.10.1995, NJW-RR 1996, 1035 = WuM 1996, 211 = DWW 1996, 251 = ZMR 1996, 82; OLG Schleswig v. 17.11.2000, NZM 2001, 1127; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl. 2006, Rn. B 61. 17 Hat sich der Mieter zur Zahlung der jeweils gültigen Umsatzsteuer verpflichtet, fällt diese aber gar nicht an, etwa weil der Vermieter nicht wirksam optieren konnte, kann die Auslegung ergeben, dass in diesem Fall die Umsatzsteuer nicht geschuldet ist und nach § 812 I 1 S. 1 1. Fall BGB zurückgefordert werden kann.136 Häufiger es der Interessenlage allerdings entsprechen, dass die Parteien die Höhe der Miete unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer und des möglichen Vorsteuerabzugs ausgehandelt haben und dann die Zahlung der Umsatzsteuer als zusätzlicher Nettobetrag unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung137 oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt.138 Denn wenn die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs bei dem vergeblich optierenden Vermieter nicht besteht, liegt es nahe, dass die Zahlung des ausgerechneten Umsatzsteuerbetrags der Kompensation hierfür dient.139 Diese Überlegungen machte sich die Europäische Zentralbank zu eigen. Da sie als europäische Institution aufgrund verschiedener Abkommen140 gegen die Bundesrepublik Deutschland einen Anspruch auf Erstattung aller ihr in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge hat, obwohl sie selbst keine steuerpflichtigen Leistungen erbringt, verlangte sie die in ihre für den Eurotower und das Eurotheum gezahlte Mieten einkalkulierten höheren Beträge für den Wegfall des Vorsteuerabzugs beim Vermieter von der Bundesrepublik zurück. Sie trage auf Umwegen eine Umsatzsteuer, da ihre Vermieter mangels Vorsteuerabzugs höhere Mieten kalkulieren müssten. Der EuGH folgte dieser originellen Argumentation nicht.141 Wenn die USt bei einer missglückten Option im Mietvertrag bereits ausgewiesen war, stellt dies einen unberechtigten Steuerausweis in einer Rechnung i.S. des § 14c II UStG dar. Dann schuldet der Vermieter die Umsatzsteuer nach dieser Vorschrift, auch wenn die Umsätze an sich steuerfrei wählen.142 Er kann aber den Steuerbetrag gem. § 14 II UStG berichtigen, wie es der EuGH auf Grund des Prinzips der Neutralität der Mehrwertsteuer umfassend gefordert hat.143 (3) Herausgabepflicht des Vermieters nach VermG Zu dem an den Berechtigten nach § 7 VII S. 2 VermG herausgegebenen Entgelt des früheren Eigentümers gehört auch der Teil der Miete, der von dem Eigentümer als USt ausgewiesen worden ist. Diesen Teil kann er aber in dem Verhältnis kürzen, in dem die Vorsteuer seines Unternehmens zur Gesamtheit der als USt ausgewiesenen Mietanteile steht.144 5. Steuersatz (§ 12 UStG) Seit dem 1.4.1998 beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 III UStG). Damit liegt die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Staaten noch verhältnismäßig günstig.145 Im Rahmen der Rechtsver136 BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785. BFH v. 15.6.2005, NJW 2005, 2775 = NZM 2005, 703. 138 BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785. 139 BFH v. 15.6.2005, NJW 2005, 2775 = NZM 2005, 703. 140 Art. 8 I des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der EZB über den Sitz der EZB (BGBl II 1998, 2744) i.V.m. Art. 3 II und Art. 23 I des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, Nr. 152, S. 13). 141 EuGH v. 8.12.2005, Rs. C-220/03, amtl. noch nicht veröff. 142 BGH v. 28.7.2004, NZM 2004, 785. 143 EuGH v. 19.9.2000 – Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470. 144 BGH v. 10.10.2003, NZM 2004, 156. 145 Die Kommission hat eine Steuersatzrichtlinie erlassen, in der für Normalumsätze ein Mindestsatz von 15 v.H. und für ermäßigte Umsätze ein Mindestsatz von 5 v.H. vorgeschrieben wird (Richtlinie 1999/85/EG zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG, Abl. L 277 v. 28.10.1999, S. 34). Niedriger ist der Regelsteuersatz zur Zeit nur in Luxemburg, Zypern und Malta mit 15 %. Am höchsten ist der Steuersatz in Schweden, Dänemark und Ungarn (25 %), Norwegen (23 %), Irland (21 %), Frankreich (20,6 %), Österreich (20 %) und den Niederlanden (17,5 %). Aber Normalsatz in der Schweiz: 7,6 %, vgl. www.bff-online.de Umsatzsteuer: Umsatzsteuer im In- und Ausland. 137 18 einheitlichung in der EG und angesichts wachsender Haushaltsdefizite soll auch in Deutschland der Normalsteuersatz zum 1.1.2007 auf 19 % ansteigen. Nach § 12 II Nr. 1 UStG gilt für bestimmte Umsätze ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Der ermäßigte Steuersatz ist für den Steuerpflichtigen vorteilhaft, weil er zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt bleibt. Für den Vermieter interessant ist die Vermietung an einen Unternehmer, der überwiegend ermäßigte Umsätze tätigt, weil diese Umsätze auch nicht nach § 9 II UStG die Option für seine Vermietungsumsätze ausschließen. In Betracht kommt etwa die Vermietung an einen Lebensmittel-, Buch- und Zeitschriften- oder Blumenhändler (§ 12 II Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage 2). Nach § 12 II Nr. 6 UStG müssen auch Zahntechniker und nach Nr. 7 private146 Theater, Konzertunternehmen, Museen und Kinos nur den ermäßigten Steuersatz zahlen. Dazu gehören nach einem Urteil des BFH vom 18.8.2005 wegen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität der Umsatzsteuer auch sog. „Techno“-Veranstaltungen.147 Nach Nr. 8 sind Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, durch den ermäßigten Steuersatz begünstigt. Hierunter fallen unter bestimmten Voraussetzungen etwa Unternehmen, die Behinderte beschäftigen (Integrationsprojekte).148 6. Steuerschuld a) Entstehung der Steuerschuld (§ 13 UStG) Die Entstehung der Steuerschuld unterscheidet sich bei den einzelnen Arten steuerpflichtiger Umsätze. Bei Lieferungen und sonstigen Leistungen kommt es zunächst darauf an, ob die Steuer nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen ist. Im Regelfall ist die Steuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, in dem das schuldrechtliche Geschäft abgeschlossen worden ist, sondern auf die tatsächliche Ausführung des Umsatzes. Die Steuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen. In beiden Fällen ist es unerheblich, ob der Abnehmer das Entgelt schon entrichtet hat. Die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten kann aufgrund des § 20 UStG auf Antrag vom Finanzamt solchen Unternehmern gestattet werden, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 125.000 € betragen hat, oder die nicht buchführungspflichtig sind. Bis zum 31.12.2006 gilt für Unternehmer in dem Beitrittsgebiet die höhere Umsatzgrenze von 500.000 € (§ 20 II UStG). In diesen Fällen entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 I Nr. 1 b UStG). b) Umkehr der Steuerschuldnerschaft (§ 13b UStG) Nach § 13 b II UStG findet bei bestimmten Umsätzen, insbesondere bei Bauleistungen, eine Umkehr der Umsatzsteuerschuld statt. Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmen oder eine juristische Person, hat er die Umsatzsteuer nicht an seinen Vertragspartner zu zahlen, sondern direkt an das Finanzamt abzuführen. Er haftet nicht nur, sondern schuldet selbst und allein die Steuer. Mit der 2001 eingefügten Vorschrift149 sollten Steuerausfälle vor allem in der hierfür besonders anfälligen Bauwirtschaft vermieden werden.150 In einem Punkt können Vermieter aufatmen: Die geplante Erweiterung der Vorschrift auf Dienstleistungen zur Gebäudereinigung für Vermieter von Geschäftsräumen oder mehr als zwei Wohnungen151 hat der Finanzausschuss im Gesetzgebungsverfahren als zu bürokratisch kritisiert.152 146 Zu den entspr. öffentlichen Einrichtungen s.o. II 4 a dd). BFH v. 18.8.2005, BStBl II 2006, 101. 148 BMF v. 2.3.2006, BStBl I, 242. 149 Art. 18 Nr. 5 StÄndG 2001 v. 20.12.2001, BGBl I, 3794. 150 BT-Drucks. 14/6877, S. 34 f.; BT-Drucks. 15/1502, S. 31. 151 RegEntw. eines Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen, BR-Drucks. 937/05, 5. 152 Empfehlungen des Finanzazusschusses, BR-Drucks. 937/1/05, S. 8. 147 19 7. Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) a) Allgemeines Von der nach § 16 I UStG berechneten Steuer sind die in den Besteuerungszeitraum fallenden, nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen (§ 16 II UStG). Dadurch wird die Zahllast in der Regel gegenüber der zunächst berechneten Steuerschuld verringert. Nach § 15 I UStG kann der Unternehmer die ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte USt für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Es kommt nicht darauf an, ob der Unternehmer die Rechnung an seinen Vormann bezahlt hat. Ebenso ist es unerheblich, ob dieser Vormann die in Rechnung gestellte USt schon an das Finanzamt entrichtet hat. b) Rechnung Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass die Steuer von einem anderen Unternehmer gesondert in Rechnung gestellt worden ist (§ 15 I Nr. 1 UStG). Hierzu ist jeder Unternehmer auf Verlangen des abnehmenden Unternehmers verpflichtet (§ 14 I UStG). Bei Mietverträgen stellt sich die Frage, ob die Vertragsurkunde als solche als Rechnung i.S. der §§ 14 I, 15 I Nr. 1 S. 1 UStG ausreicht.153 Wenn eine Monatsmiete vereinbart ist, fehlt trotz eines gesonderten Ausweise der USt nämlich die Abrechnung über den konkretisierten Leistungsgegenstand, also den einzelnen Monat. Deshalb ist eine einzelne Abrechnung erforderlich, die bezüglich der Einzelheiten auf den Mietvertrag verweisen kann. Hierfür kann der Zahlungsbeleg für die einzelnen Leistungsabschnitte genügen.154 Einer Manipulation durch falsche Rechnungserteilung wird in § 14 UStG vorgebeugt. Danach muss der Mietvertrag als Rechnung mit gesondertem USt-Ausweis im Sinne des § 14 I 1 UStG den Anforderungen des § 14 IV UStG genügen. Seit dem 1.1.2004 ist auch die Angabe der Steuernummer oder der USt-Identifikationsnummer erforderlich. Bei vor diesem Zeitraum geschlossenen Dauerschuldverhältnissen muss der Vertrag nicht ergänzt werden.155 Nach § 14b I S. 1 – 4 UStG, der durch das StÄndG 2003 neu gefasst worden ist, hat der Unternehmer nicht nur seine eigenen Rechnungen, sondern auch die empfangenen Rechnungen zehn Jahre lang aufzubewahren. Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Leistung an einem Grundstück aus, hat der Empfänger, selbst wenn er nicht Unternehmer ist oder die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet, die Rechnung zwei Jahre lang aufzubewahren (§ 14b I S. 5 UStG).156 Außerdem muss der Unternehmer bei diesen Geschäften innerhalb von sechs Monaten eine Rechnung ausstellen (§ 14 II S. 2 UStG). Hierdurch sollen die sog. „Ohne-Rechnung-Geschäfte“ im Umfeld des Eigenheims und der Privatwohnung eingedämmt werden.157 c) Ausschluss (§ 15 II UStG) Nach § 15 II UStG ist die Steuer für Lieferungen und Einfuhr von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet, vom Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen. Tätigt der Unternehmer teils steuerpflichtige, teils steuerfreie Umsätze, ist die Vorsteuer aufzuteilen. Dies betrifft etwa den Fall der steuerpflichtigen und steuerfreien Vermietung von Teilen eines Grundstücks. Als nach § 15 IV S. 2 153 Zust. OLG Düsseldorf v. 24.5.2005, GE 2005, 989. BFH v. 7.11.2000, BFHE 194, 270; OLG Düsseldorf v. 24.5.2005, GE 2005, 989; BMF v. 29.1.2004, BStBl I, 258, Tz. 47; Abschn. 202 III S. 6 UStR 2005. 155 BMF v. 29.1.2004, BStBl I, 258, Tz. 40; Abschn. 185 VIII UStR 2005. 156 Seit dem 1.8.2004, eingefügt durch das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung v. 23.7.2004, BGBl I, 1842. Die Verletzung führt zu einer Ordnungswidrigkeit. 157 BT-Drucks. 15/2573, S. 33. 154 20 UStG sachgerechte Schätzung konnten die nicht eindeutig zuzuordnenden Vorsteuerbeträge nach bisheriger Auffassung des BFH nach einem Umsatzschlüssel zugeordnet werden.158 Dies kann gegenüber dem Flächenmaßstab günstiger sein, wenn die nach dem örtlichen Mietspiegel angesetzte Eigenmiete nur gering ist, etwa wegen einer ungünstiger Lage der Wohnung im Gewerbegebiet. Weil die Gewerbemieten meist über denen der Wohnungsmieten liegen, ist auch bei Fremdvermietung eine Aufteilung nach den Ausgangsumsätzen vorteilhafter. Lässt der Vermieter das gesamte Grundstück von einem Generalunternehmer zu einem Pauschalfestpreis erstellen oder sanieren, sollte es auch zulässig sein, dass der gesamte Betrag nach den Ausgangsumsätzen aufgeteilt wird.159 Als Reaktion auf diese vermieterfreundliche Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit dem SteuÄndG 2003 vom 15.12.2003160 § 15 IV UStG geändert. In § 15 IV S. 3 UStG heißt es nun, dass der Umsatzschlüssel nur anzuwenden sei, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.161 Da der Umsatzschlüssel allerdings in Art. 17 V Unterabs. 3 lit. c der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie als Regelaufteilungsmethode genannt ist, dürfte die Gesetzesänderung europarechtswidrig sein.162 Wenn ein optierender Unternehmer einen Teil eines vermieteten Grundstücks zu eigenen privaten Zwecken nutzt, hat er ein Wahlrecht. Er kann das gesamte Grundstück dem Unternehmen zuordnen. Als Untergrenze muss nach § 15 I S. 2 UStG seit dem 1.4.1999 lediglich ein Prozentsatz von 10 % auf die unternehmerische Nutzung entfallen. In welcher Weise und wann die Entscheidung über die Zuordnung dokumentiert werden muss, ob der Unternehmer also noch nachträglich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen kann, ist noch nicht abschließend geklärt.163 Folge ist, dass die private Nutzung eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 IX a Nr. 1 UStG darstellt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist diese Verwendung abweichend von der früheren Einordnung durch den BFH nicht von der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 a UStG erfasst, da gerade keine Vermietung vorliegt und die Steuerbefreiungsvorschriften eng auszulegen seien.164 Damit kann der Unternehmer sämtliche Vorsteuerbeträge für das Grundstück abziehen, da es sich nicht um steuerfreie Umsätze handelt, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 II Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.165 Die unentgeltliche Wertabgabe bemißt sich gem. § 10 IV Nr. 2 UStG nach den Kosten.166 Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Wertabgabe sind die Abschreibungen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Grundstück nach den für die Ertragsteuern maßgeblichen Werten auf eine Nutzungsdauer von 50 Jahren zu verteilen und nicht auf den möglichen Zeitraum der Vorsteuerberichtigung von zehn Jahren nach § 15a UStG.167 Entsprechendes gilt, wenn ein Unternehmen dem Geschäftsführer unentgeltlich eine Wohnung auf dem Betriebsgelände überlässt. Die unentgeltliche Wertabgabe ist zu versteuern, die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge können geltend gemacht werden.168 158 BFH v. 17.8.2001, BStBl II 2002, 833; v. 29.7.2003, BFH/NV 2004, 234; FG Düsseldorf v. 7.11.2003, FGReport 2005, 95, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 49/05; FG Brandenburg v. 9.3.2005, EFG 2005, 1235, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 55/05; FG Berlin v. 24.6.2003, EFG 2003, 1578, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 43/03; a.A. Nichtanwendungserlass BMF v. 19.11.2002, BStBl I, 1368. 159 FG Berlin v. 24.6.2003, EFG 2003, 1578, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 43/03. 160 BGBl I, 2645. 161 Begr. zum RegE, BT-Drucks. 630/03. 162 Schuck/Frenzel UR 2004, 184. 163 FG Nürnberg v. 26.4.2005, EFG 2005, 1895, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 37/05; Nds. FG v. 12.5.2005, DStRE 2006, 283, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 45/05. 164 EuGH v. 8.5.2003, – Seeling, BStBl II 2004, 378; Folgeentscheidung BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469. 165 BFH v. 24.7.2003, BStBl II 2004, 371; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469. 166 S.o. II 2 d). 167 Nds. FG v. 28.10.2004, EFG 2005, 72, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 56/04; a.A. FG Nürnberg v. 26.4.2005, EFG 2005, 1895, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 37/05; BMF v. 13.4.2004, BStBl I, 469. 168 FG München v. 26.11.2003, EFG 2004, 608, Rev. beim BFH anhängig unter dem Az. V R 6/04. 21 Der Unternehmer kann aber auch nur einen Teil des Grundstücks dem Unternehmen zuordnen. Dann entfällt die Umsatzsteuerpflicht der privaten Nutzung, im Gegenzug muss er die Vorsteuerbeträge entsprechend der steuerpflichtigen und der nicht steuerbaren Umsätze aufteilen. d) Vorsteuerberichtigung (§ 15a UStG) Gem. § 15a UStG ist die Vorsteuer zu berichtigen, wenn sich die Verwendung von Gegenständen des Anlagevermögens ändert und sich hierdurch die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ändern. Die Frist beträgt für Grundstücke zehn Jahre ab dem Jahr der Anschaffung oder Herstellung (§ 15a I S. 2 UStG). 8. Besteuerung der Kleinunternehmer (§ 19 UStG) Nach § 19 UStG werden Kleinunternehmer mit einem Vorjahresumsatz von nicht mehr als 17.500 € von der Besteuerung ausgenommen, wenn ihr Umsatz im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen wird. Die Vorschriften über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9 UStG), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 IV UStG), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifiaktionsnummern und über den Vorsteuerabzug (§§ 15, 15 a UStG) sind nicht anzuwenden (§ 19 I UStG). Der Unternehmer kann auf diese Ausnahme von der Besteuerung verzichten, was vor allem bei hohen Vorsteuerbeträgen für ihn günstig sein kann (§ 19 II UStG). Handelt es sich um steuerfreie Vermietungsumsätze spricht man von einer „Doppeloption“. Dafür reicht die Abgabe der Steuererklärung, der Steuervoranmeldung oder der gesonderte Steuerausweis aus.169 Endet die Steuerfreiheit des Kleinunternehmers, weil die maßgebenden Umsatzgrenzen überschritten werden oder weil der Unternehmer für die Regelbesteuerung optiert, kann er innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren die für diese Leistungen ursprünglich nicht abziehbare Vorsteuer nach § 15 a UStG berichtigen.170 Dabei ist pro Jahr von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen (§ 15a II S. 1 UStG). III. Fazit Das Umsatzsteuerrecht hat durch die jüngere Rechtsprechung vor allem des EuGH erhebliche Änderungen erfahren. Die Rechtsangleichung des UStG an die europarechtlichen Vorgaben ist längst noch nicht abgeschlossen. Für die Bearbeitung konkreter Umsatzsteuerfälle im Zusammenhang mit Vermietungen ist es daher unerläßlich, die aktuelle Entwicklung zu beobachten. 169 170 S.o. II a ff). BFH v. 17.6.2004, BStBl II 2004, 858 m. Nachw. auf den Meinungsstand. 22