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Feindbilder-Serie
von (n·k)² und Zora Sanssouci (14.12.2002, 21:32 Uhr)
Hasta la victoria siempre. Warum tragen 16jährige
Mainstream-Jungkapitalisten-Teenager eigentlich Che Guevara T-shirts?
Wissen die denn, wer ERNESTO überhaupt war? Und überhaupt: Wer ist so blöd und
trägt kapitalistisch vermarktete Symbole des Sozialismus? Es ist wirklich eine Kunst, so
wenig zu verstehen. Doch steckt nicht in jedem von und zu auch ein
Rebell?
Sie sind unter uns: Aufgetakelte Tussis, die uns erschrecken mit ihrer Kriegsbemalung,
mit den überlangen Fingernägeln, für die sie einen Waffenschein bräuchten, mit den
hochgepushten Silikonbusen, die nichts daran ändern, daß man dem solariumgebräunten
Dekoltee den nahenden Brustkrebs ansieht.
Sie sind nicht zu übersehen, meist rosa, lila oder leopardengemustert promenieren sie
wackelnd auf hohen Stöckeln ihren knöchernen Arsch durch die Stadt mit einem
siegessicheren, Prosecco verschleierten Blick auf dem erstarrten Pamela-Gesicht, und so
zerren sie hinter sich - einen im Partnerlook gestylten
Pudel her.-SEITENUMBRUCH-Es sind Herdentiere, wir können sie von weitem
riechen. Ihre Ausdünstungen sind eine feine Mischung aus rohem Gemüse,
Räucherstäbchen und versäuerter Muttermilch. Von der Figur her entweder elefantös
oder frigide-knochig treffen wir sie nie ohne ihr Regenbogentuch an, in dem ein
bemitleidenswerter verfilzter Säugling ein jämmerliches Dasein als Überhüteter und vor
Mutterliebe Erstickender fristet.
Nicht nur Herden-, nein sie sind auch Säugetiere, deren lose herumbaumelnder
Hängebusen unter dem verwaschenen Greenpeace-T-shirt eine Beleidigung für das
menschliche Auge ist. Meist mümmeln sie rohe Karotten, selbstgebackenes
Vollkornbrot und haben mit liebevoller Hingabe bunte Wollfäden in ihr fettiges
Haar geflochten.
Wer kennt sie nicht und wer erschaudert nicht bei ihrem Anblick: Bierbäuchige, eklige
Männer, bekleidet mit weißen Tennissocken und braunen Sandalen, ausgestattet mit
erotischen, maskulinen Gorillarücken voller schwarzer Haare, die dem Kopf vor langer
Zeit schon verloren gingen (wandern diese Haare??).
Meist trifft man diese Zeitgenossen mit einer Bild-Zeitung unter dem Arm und einem
dämlichen Stammtisch-Spruch auf den Lippen. Mit all ihren intellektuellen Fähigkeiten
geben sie zeitkritische Kommentare ab, sei es nun über die unfähigen
Politiker, den letzten Sieg unserer Nationalhelden Hanni & Schumi oder über den
Nachbarn, der weder Gartenzwerge, noch einen gut geschnittenen Rasen hat und damit
eindeutig ein Feind der guten Ordnung ist.-SEITENUMBRUCH-Sie gehören zum
Inventar einer jeden Straßenbahn, prollige Teenager-Gruppen. Ihre Erkennungszeichen:
Handys von denen ihr Leben abhängt, eine Britney Spears-Hüfthose über die der
Babyspeck quillt bei den Girls, die außerdem jedem Regenbogen Konkurrenz machen
und deren hirnloses Gelabere sich immer um die pickeligen Jungs dreht. Diese tragen
Baggy Pants, die sie ohne die Hosenträger ihres Opas ständig verlieren würden, und
versuchen so verkrampft cool zu sein. Doch hinter Balzgehabe, Chewing Gum, Kippen
und Rap bricht immer noch das Milchgesicht hervor, dass am liebsten den Pudding von
Mutti ißt. Sie verständigen sich mit Hilfe von diversen Hip Hop-Lauten,
Türkisch-Deutsch und Ami-Vulgaritäten. "Ey man, voll abgefuckt, haste die Bitch
gesehen, echt fett!"
Und wir machen uns jedes Mal bei ihrem Anblick Sorgen um unsere Altersversorgung,
die schließlich von dieser Generation abhängt.
(c) 2003-2017 Lichtwolf - Zeitschrift trotz Philosophie - URL dieses Artikels:
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