Eick_Neueste_BGH-Rechtsprechung-zum-zivilen

Transcription

Eick_Neueste_BGH-Rechtsprechung-zum-zivilen
Neueste Rechtsprechung des
BGH zum zivilen Baurecht
22. Februar 2013 in Weimar
RiBGH Dr. Wolfgang Eick
Teil A:
• Allgemeines Bauvertragsrecht
und
• VOB/B
RiBGH Dr. W. Eick
2
1. Rechnungsumschreibung
ist noch keine
Schuldübernahme
• BGH, Urteil vom 12. April 2012 –
VII ZR 13/11
• Fundstellen:
−
−
−
−
NJW-RR 2012, 741-742
NZBau 2012, 362-363
ZfBR 2012, 457-458
BauR 2012, 1102-1104
RiBGH Dr. W. Eick
3
Sachverhalt VII ZR 13/11
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für Elektroinstallationsarbeiten. Die
Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob der Beklagte
passivlegitimiert ist.
Der Beklagte und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Wohn- und
Geschäftshauses in A. Ein Teil des Anwesens ist an die S. GmbH vermietet,
die dort ein Ladengeschäft betreibt. Der Beklagte ist leitender Angestellter der
S. GmbH, seine Ehefrau Geschäftsführerin. Am 3. Mai 2007 beauftragte der
Beklagte mündlich die Klägerin mit der Durchführung von
Elektroinstallationsarbeiten anlässlich der Sanierung des Gebäudes. Ob er
dabei zum Ausdruck brachte, dass er für die S. GmbH handelte, ist streitig. Die
Klägerin erstellte unter dem 11. Oktober 2007 eine erste Abschlagsrechnung,
die nach ihrem Vortrag auf den Beklagten persönlich ausgestellt war. Streitig
ist, ob der Beklagte die Rechnung erhalten hat. Jedenfalls sandte das für den
Beklagten tätige Planungsbüro die Rechnung an die Klägerin zurück mit der
Bitte, sie auf die S. GmbH auszustellen. Dem kam die Klägerin nach und
richtete auch ihre zweite Abschlagsrechnung und die Schlussrechnung an die
S. GmbH. Beide Abschlagsrechnungen wurden von dieser bezahlt.
Die Klägerin hat den Schlussrechnungsbetrag von 48.249,88 € nebst Zinsen
eingeklagt.
RiBGH Dr. W. Eick
4
Leitsatz VII ZR 13/11
§ 414 BGB
Allein das Ausstellen einer Rechnung auf
einen am Werkvertrag nicht beteiligten
Dritten und deren Begleichung durch diesen
stellt keine Schuldübernahme durch den
Dritten dar.
RiBGH Dr. W. Eick
5
2. Abschlagszahlungen für
nicht vereinbarte Nachträge?
• BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 –
VII ZR 34/11
• Fundstellen:
−
−
−
−
−
MDR 2012, 903
NJW-RR 2012, 981-982
NZBau 2012, 493-494
BauR 2012, 1395-1396
ZfBR 2012, 651-652
RiBGH Dr. W. Eick
6
Sachverhalt VII ZR 34/11
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Verzugszinsen, weil die Beklagte
Abschlagsrechnungen nicht rechtzeitig bezahlt habe. Die
Abschlagsforderungen stützen sich auf erbrachte Leistungen, die die Beklagte
auf der Grundlage eines im Jahr 2005 unter Einbeziehung der VOB/B
geschlossenen Bauvertrages zusätzlich gefordert hat. Die Beklagte praktiziert
ein Prüfungsverfahren für Nachtragsforderungen, das erhebliche Zeit in
Anspruch nehmen kann, und begleicht die sich aus ihrer Sicht als berechtigt
erweisenden Forderungen erst nach Abschluss dieses Verfahrens. Zuvor zahlt
sie nach dem Ergebnis ihrer Vorprüfung einen bestimmten prozentualen
Abschlag auf die Forderungen. Die Parteien haben sich im Zuge dieses
Prüfungsverfahrens auf eine der Klägerin für die zusätzlich geforderten
Leistungen zustehende Vergütung geeinigt, die unterhalb der zunächst
beanspruchten Nachtragsvergütung liegt. Die Klägerin hat die
Abschlagsrechnungen vor Abschluss des Prüfungsverfahrens erteilt und
Nachfristen gesetzt. Sie macht den Anspruch auf Zinsen gemäß § 16 Nr. 5
Abs. 3 VOB/B (2002) unter Zugrundelegung der Vergütung geltend, auf die
sich die Parteien geeinigt haben.
RiBGH Dr. W. Eick
7
Leitsatz VII ZR 34/11
VOB/B (2002) § 2 Nr. 6, § 16 Nr. 1
Der Auftragnehmer ist berechtigt, auch dann
Abschlagszahlungen für eine vom Auftraggeber
geforderte zusätzliche Leistung unter den
Voraussetzungen des § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B zu
fordern, wenn eine Einigung über deren Vergütung
nicht stattgefunden hat.
RiBGH Dr. W. Eick
8
3. Keine Zahlungsverweigerung des HU
wegen mögl. Vertragsstrafe des
Bestellers
• BGH, Urteil vom 6. September 2012 –
VII ZR 72/10
• Fundstellen:
−
−
−
−
−
NJW 2012, 3371-3372
ZfBR 2012, 760-761
BauR 2012, 1946-1948
VersR 2013, 68-69
NZBau 2012, 763-764
RiBGH Dr. W. Eick
9
Sachverhalt VII ZR 72/10
Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Sie war als Nachunternehmerin der
Beklagten, die für die ARGE W./HBM (künftig nur HBM) die Haustechnik
auszuführen hatte, bei der Errichtung einer Sportarena tätig. Die Beklagte
beauftragte die Klägerin auf der Grundlage der VOB/B (Ausgabe 2002) mit Vertrag
vom 28. Juni/7. Juli 2004 mit Leistungen zur Fernmeldetechnik einschließlich
Brand- und Einbruchsmeldung. Die für den 12. August 2005 vereinbarte
Gesamtfertigstellung durch die Klägerin erfolgte erst am 19. Oktober 2005.
Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Werklohnverlangen der Klägerin auf ein
Zurückbehaltungsrecht, weil sie wegen der von der Klägerin zu vertretenden
Verzögerung von der HBM auf eine den Werklohnanspruch der Klägerin
übersteigende Vertragsstrafe in Anspruch genommen werde. Die HBM verweigere
deshalb die Zahlung des der Beklagten zustehenden Werklohns. Die Beklagte führt
über ihren Werklohnanspruch gegen die HBM einen Rechtsstreit, in dem sie die
Aufrechnung mit dem Vertragsstrafenanspruch als unberechtigt zurückweist. Sie
macht u.a. geltend, die Vertragsstrafe sei nicht wirksam vereinbart. Die Beklagte
vertritt die Auffassung, sie dürfe den Werklohn der Klägerin bis zur Klärung des
Vertragsstrafenanspruchs der HBM zurückhalten.
RiBGH Dr. W. Eick
10
Leitsatz VII ZR 72/10
BGB § 249 Abs. 1
Ein Hauptunternehmer ist nicht berechtigt, die Zahlung des
dem Nachunternehmer zustehenden Werklohns so lange
zu verweigern, bis in einem Rechtsstreit zwischen ihm und
seinem Auftraggeber geklärt ist, ob der Auftraggeber gegen
den Werklohnanspruch des Hauptunternehmers zu Recht
mit einer von diesem bestrittenen Vertragsstrafe
aufrechnet, die der Auftraggeber wegen einer Verzögerung
der Nachunternehmerleistung geltend macht.
RiBGH Dr. W. Eick
11
4. Schadensersatz statt der Leistung bei
Verweigerung der Mangelbeseitigung
wegen Unverhältnismäßigkeit
• BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012 –
VII ZR 179 und 180/11 (Mutter, Sohn)
• Fundstellen:
− MDR 2012, 1404-1405
− BauR 2013, 81-84
RiBGH Dr. W. Eick
12
Sachverhalt VII ZR 179/11
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Restwerklohn für Heizungs- und
Sanitärinstallationsarbeiten. Mit der Widerklage beansprucht der Beklagte
mangelbedingten Schadensersatz.
Der Beklagte hat Mängel der seine Doppelhaushälfte betreffenden Werkleistungen
behauptet, die mit einem die Klageforderung übersteigenden Kostenaufwand beseitigt
werden müssten und gemeint, die Bezahlung der Restwerklohnforderung jedenfalls bis
zur Beseitigung der Mängel verweigern zu dürfen.
Im Berufungsverfahren hat der Beklagte Widerklage erhoben, mit der er die zuvor zur
Begründung seines mangelbedingten Leistungsverweigerungsrechts geltend gemachten
Kosten für die Beseitigung von Mängeln an der Dämmung bzw. der Befestigung der auf
der Bodenplatte verlegten Warm- und Kaltwasserleitungen in Höhe von 43.923,73 €
nunmehr im Wege des Schadensersatzes verlangt. Das Berufungsgericht hat die
Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt gehalten, weil die Klägerin die
Mängelbeseitigung wegen des unverhältnismäßig hohen Nachbesserungsaufwandes zu
Recht verweigert habe und der Beklagte sich deshalb insoweit auf eine Minderung des
Werklohns verweisen lassen müsse. Hierfür hat es den nach den Feststellungen des
gerichtlichen Sachverständigen wegen der unzureichenden Isolierung der
Warmwasserrohre verbleibenden technischen Minderwert von 1.000 € von der
Klageforderung abgezogen; die Widerklage hat es abgewiesen.
RiBGH Dr. W. Eick
13
Leitsatz VII ZR 179/11
BGB § 635 Abs. 3, § 251 Abs. 2 Satz 1, § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, §
281 Abs. 1
a)
Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs.
1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt
der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der
Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß §
635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat.
b)
Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe
der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die
Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251
Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gemäß §
635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen
Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.
RiBGH Dr. W. Eick
14
5. AGB-Klausel über erste
Abschlagszahlung
• BGH, Urteil vom 8.11.2012 – VII ZR
191/12
• Fundstellen:
− EBE/BGH 2012, 402-403
− MDR 2013, 26-27
− NJW 2013, 219-220
RiBGH Dr. W. Eick
15
Sachverhalt VII ZR 191/12
Der Kläger verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, eine in ihren
vorformulierten Vertragsbestimmungen enthaltene Klausel beim Abschluss von
Verträgen über die Errichtung von Häusern und Eigentumswohnungen mit
Verbrauchern zu verwenden.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es
gehört, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, und er ist in die beim
Bundesministerium der Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4
UKlaG eingetragen.
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Häuser und Eigentumswohnungen errichtet.
Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit verwendet sie ihren Kunden gegenüber ein
von ihr vorformuliertes Vertragsmuster, das in § 6 unter der Überschrift
"Zahlungsplan" folgende Regelung enthält:
"Zahlungen sind gemäß folgendem Zahlungsplan zu leisten:
Nach Fertigstellung des ersten Entwurfs 7%
Die angegebenen Prozentsätze beziehen sich auf die Gesamtsumme des zu
zahlenden Pauschalpreises.“
RiBGH Dr. W. Eick
16
Leitsatz VII ZR 191/12
BGB § 307 Abs. 1, § 632a Abs. 3
Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines
Unternehmers enthaltene Klausel, die isoliert die Fälligkeit
und die Höhe der ersten Abschlagszahlung in einem
Werkvertrag mit einem Verbraucher über die Errichtung
oder den Umbau eines Hauses regelt (hier: 7 % der
Auftragssumme nach Fertigstellung des ersten Entwurfs),
ohne auf die nach § 632a Abs. 3 BGB gesetzlich
geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers
einzugehen, ist unwirksam, weil sie den Verbraucher von
der Geltendmachung seines Rechts auf diese
Sicherheitsleistung abhalten kann.
RiBGH Dr. W. Eick
17
6. Keine wirksame Verkürzung
der Verjährungsfrist für
Werklohnansprüche in AGB
• BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 –
VII ZR 15/12
• Fundstellen:
−
−
−
−
NSW BGB § 195 (BGH-intern)
NSW BGB § 307 Bf (BGH-intern)
NSW BGB § 307 Cj (BGH-intern)
ibr-online
RiBGH Dr. W. Eick
18
Sachverhalt VII ZR 15/12
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restvergütung aus einem
Werkvertrag vom 9. November 2004 über die Ausführung von Elektroarbeiten
an einem Bauvorhaben in B., den die Rechtsvorgänger der Parteien (im
Folgenden: Klägerin und Beklagte) geschlossen haben. Die VOB/B und C in
den seinerzeit gültigen Fassungen sind Vertragsbestandteil.
Teil B Ziffer VIII 4 des Vertrags lautet:
"Die Gewährleistungsfrist beträgt abweichend von § 13 Nr. 4 VOB
5 Jahre; ansonsten verbleibt es bei den Regelungen der VOB."
Teil B Ziffer IX des Vertrags lautet:
"1.) Die Ansprüche des AN auf Werklohn verjähren in zwei Jahren.„
Bei diesen beiden Bestimmungen handelt es sich um von der Beklagten
gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen.
RiBGH Dr. W. Eick
19
Leitsatz VII ZR 15/12
§§ 195, 307 BGB
Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag
gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der
die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des
Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist
unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen
den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligt.
RiBGH Dr. W. Eick
20
7. Vertragsstrafe für NichtEinhaltung einer Zwischenfrist
• BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII
ZR 133/11
• Fundstellen:
− NSW BGB § 307 Ch (BGH-intern)
− ibr-online
RiBGH Dr. W. Eick
21
Sachverhalt VII ZR 133/11
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe.
Ein Deichverband beauftragte die Klägerin im April 2008 unter Vereinbarung der VOB/B mit
Bauleistungen zur Sanierung eines Deiches. Gegenstand des Werkvertrags waren unter anderem der
Abriss des alten und die Herstellung und Montage eines neuen Deichtores. Die Arbeiten sollten
insgesamt bis Ende August 2009 abgeschlossen werden. Für den Hochwasserschutz erforderliche
Bestandteile waren bis spätestens 31. Oktober 2008 herzustellen, da nach der
Deichschutzverordnung (DSchVO) Bautätigkeiten innerhalb der Deichschutzzone grundsätzlich nur in
der hochwasserfreien Zeit vom 1. April bis 31. Oktober erfolgen dürfen.
Die in dieses Vertragsverhältnis einbezogenen Besonderen Vertragsbedingungen des
Deichverbandes legen neben dem Fertigstellungstermin folgende verbindliche Fristen
(= Vertragsfristen) fest:
Herstellen der Rohrleitungsgräben für die Gas- und Wasserleitungen sowie der provisorischen
Deichtor-Umfahrung bis spätestens zum 30. Mai 2008
Herstellen aller für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile bis spätestens zum
31. Oktober 2008.
Darüber hinaus ist geregelt, dass der Auftragnehmer als Vertragsstrafe für jeden Werktag des
Verzugs sowohl bei Überschreitung der Ausführungsfrist als auch bei Überschreitung von Einzelfristen
5.000 € zu zahlen hat, wobei die Vertragsstrafe auf insgesamt 5,0% der Auftragssumme begrenzt ist.
Die Klägerin lieferte das Deichtor erst am 25. November 2008 und schloss die Montagearbeiten am
5. Dezember 2008 ab. Der Deichverband rechnet mit der Vertragsstrafe gegen den Werklohn auf.
RiBGH Dr. W. Eick
22
Leitsatz VII ZR 133/11
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des
Auftraggebers eines Bauvertrags getroffene
Vertragsstrafenregelung, die eine für die
schuldhafte Überschreitung einer Zwischenfrist zu
zahlende Vertragsstrafe auf höchstens 5% der
Gesamtauftragssumme festlegt, ist unwirksam.
RiBGH Dr. W. Eick
23
8. Mangel der Planung eines Architekten, der
den Schallschutz für Geschoßwohnungen
(einschalige Trennwände) statt für
Reihenhäuser plant
• BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – VII ZR 209/11
• Fundstellen:
−
−
−
NSW BGB § 635 aF (BGH-intern)
NSW BGB § 254 C (BGH-intern)
ibr-online
RiBGH Dr. W. Eick
24
Sachverhalt VII ZR 209/11
Die Klägerin, eine Bauträgerin, macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche
aus einem Architektenvertrag geltend.
Die Klägerin errichtete 2001 in K. ihrem äußeren Erscheinungsbild nach zwei
Reihenhauszeilen mit jeweils fünf Reihenhäusern und einer zwischen den Gebäudezeilen
liegenden Tiefgarage. Mit der Planung und Bauüberwachung hatte sie den Beklagten
mündlich beauftragt. Dieser plante die Objekte mit einschaligen Trennwänden (weil er die
Idee hatte, billiger bauen zu können und die Objekte als „vertikal getrennte
Geschoßwohnungen nach WEG“ zu verkaufen), wodurch ein durchschnittlicher
Schallschutz für Reihenhäuser nicht erreicht werden konnte. Die Klägerin veräußerte die
Wohneinheiten als "Reihenhäuser in Form von Wohnungseigentum". In drei
Rechtsstreitigkeiten gegen die Erwerber konnte sie den von ihr beanspruchten restlichen
Erwerbspreis im Hinblick auf Mängel ua. des Schallschutzes nicht realisieren. Die
insoweit angeblich entstandenen Kosten und Auslagen in Höhe von 23.110,40 €
verlangte sie von dem Beklagten ersetzt. In zwei weiteren Verfahren verlangten die
Erwerber die Feststellung, dass die restlichen Vergütungspflichten aus den
Bauträgerverträgen infolge Minderung erfüllt seien und die Klägerin zur teilweisen
Rückzahlung des Erwerbspreises verpflichtet sei. Insoweit begehrt sie Feststellung der
Schadensersatzverpflichtung des Beklagten.
RiBGH Dr. W. Eick
25
Leitsatz VII ZR 209/11
§ 635 BGB a.F.
a) Die Planung eines Architekten für einen Bauträger ist ungeachtet der
mit diesem getroffenen Vereinbarung, Trennwände einschalig zu
planen, mangelhaft, wenn sie den von den Vertragsparteien
vorausgesetzten Zweck nicht erfüllt, eine mangelfreie Veräußerung des
so errichteten Bauwerks an die Erwerber zu ermöglichen, weil diesen
eine zweischalige Ausführung der Trennwände geschuldet wird.
b) Den Bauträger trifft ein erhebliches Mitverschulden an dem durch
Inanspruchnahme der Erwerber wegen unzureichenden Schallschutzes
entstandenen Schaden, wenn er blind auf die rechtliche Annahme des
Architekten vertraut hat, Reihenhäuser müssten keine doppelschalige
Ausführung haben, wenn sie als „senkrecht geteilte Wohneinheiten“
verkauft würden.
RiBGH Dr. W. Eick
26
Teil B:
• Architekten- und Ingenieurvertragsrecht:
Honorarrecht und Urheberrechtsschutz
RiBGH Dr. W. Eick
27
1. Baukostengarantie und
Prämie
• BGH, Urteil vom 22.11.2012 – VII ZR 200/10
• Fundstellen:
−
−
−
−
NSW HOAI § 1 F.: 1991 (BGH-intern)
NSW HOAI § 2 F.: 1991 (BGH-intern)
NSW HOAI § 5 F.: 1991 (BGH-intern)
ibr-online
RiBGH Dr. W. Eick
28
Sachverhalt VII ZR 200/10
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob den beklagten Architekten eine
vereinbarte Prämie für die Unterschreitung der vorgesehenen Baukosten zusteht. Der
Kläger fordert den überwiegenden Teil der Prämie unter dem Gesichtspunkt der
ungerechtfertigten Bereicherung zurück.
Der Kläger beauftragte durch Einheits-Architektenvertrag vom 27. Juli 1995 die
Beklagten, Architektenleistungen für die Errichtung eines Wohnhauses mit Tiefgarage zu
erbringen. Der Kläger gab alle Grundleistungen und zusätzlich Besondere Leistungen in
Auftrag und vereinbarten mit den Beklagten ein Pauschalhonorar von 250.000 DM
einschließlich Mehrwertsteuer. Den Höchstbetrag ermittelten die Beklagten mit
276.512,42 DM (Honorarhöchstsatz für Grundleistungen der Honorarzone 4 für
Wohnhäuser mit überdurchschnittlicher Ausstattung: 184.157 DM, vereinbarte Besondere
Leistungen: 45.900 DM, Nebenkosten: 10.388,59 DM, jeweils zuzüglich 15 %
Mehrwertsteuer).
Der Kläger hatte den Wunsch, die Gesamtkosten des Bauvorhabens zu begrenzen.
Ebenfalls am 27. Juli 1995 trafen die Parteien des Architektenvertrages daher gesondert
eine sogenannte "Zusatzvereinbarung“, in der es u.a. heißt:
"Die Architekten verpflichten sich, die Gesamtkosten von DM 2.200.000,- incl. 15%
MWSt. nicht zu überschreiten. …..
RiBGH Dr. W. Eick
29
Sachverhalt 2
Bei Kostenüberschreitung werden die Mehrkosten von den Architekten
getragen. Bei Kostenunterschreitung erhalten die Architekten die Minderkosten
als Prämie..."
Das Bauvorhaben wurde Ende 1996/Anfang 1997 abgeschlossen. Die
Baukosten beliefen sich auf 2.003.778,29 DM. Die Beklagten verlangten das
Pauschalhonorar von 250.000 DM sowie eine Prämie von 196.221,71 DM
brutto aufgrund der Baukostenunterschreitung. Der Kläger und seine
Schwester vertraten die Auffassung, dass die Prämie aufgrund von Skonti zu
kürzen sei und vereinbarten mit den Beklagten eine Prämie von 180.000
DM brutto. Im Laufe des Jahres 1997 erhielten die Beklagten so insgesamt
430.000 DM.
Im Jahr 2003 forderte der Kläger die Prämie in Höhe von 78.476,95 €
zurück. Er machte unter anderem geltend, dass der Honorarhöchstsatz nach
HOAI insoweit überschritten sei (430.000 DM minus 276.512,42 DM
= 153.487,58 DM/ 78.476,95 €).
RiBGH Dr. W. Eick
30
Leitsatz VII ZR 200/10
HOAI (1991) §§ 1, 2, 5 Abs. 4
Eine Vereinbarung zwischen den Parteien eines
Architektenvertrages, wonach der Architekt eine
Baukostengarantie übernimmt, während er bei
Kostenunterschreitung die Minderkosten als
Prämie erhält, unterliegt nicht der Preiskontrolle
am Maßstab der HOAI.
RiBGH Dr. W. Eick
31
2. Nutzungsrecht an bestellten und
bezahlten Bauplänen eines Architekten
• BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 – VII ZR
259/11
• Fundstellen:
− NSW BGB § 157 C (BGH-intern)
− NSW BGB § 812 (BGH-intern)
− ibr-online
RiBGH Dr. W. Eick
32
Sachverhalt VII ZR 259/11
Der Beklagte erbrachte viele Jahre Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4
gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für Gebäude, die der Kläger als Bauträger realisierte.
Im Jahr 2008 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Planung einer
Altenwohnanlage auf einem nicht im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück in D.,
beschränkt auf die Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. Der Beklagte
erstellte die Planungen und holte eine Baugenehmigung für das Projekt ein. Mit
Schlussrechnung vom 5. Dezember 2008 stellte der Beklagte dem Kläger unter
Anrechnung einer Zahlung von 5.837,46 € einen Restbetrag von 18.410,48 € in
Rechnung.
Dem Kläger gelang es nicht, das genannte Grundstück zu erwerben und das
Bauvorhaben zu realisieren. Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. April 2010 wurde dieses
Grundstück an die B. GmbH, ein Bauunternehmen, verkauft. Diese erwarb vom
Beklagten die seinerzeit für den Kläger erstellten Planungen und zahlte hierfür an den
Beklagten gemäß dessen Rechnung vom 22. April 2010 23.800 €. Die zunächst dem
Kläger erteilte Baugenehmigung wurde sodann auf die B. GmbH umgeschrieben, die das
Bauvorhaben in der Folge ohne Planungsänderungen realisierte.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Rückzahlung der auf das Honorar gezahlten
Beträge zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 15.000 € zu
zahlen.
RiBGH Dr. W. Eick
33
Leitsatz VII ZR 259/11
§ 157 BGB; § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB
a) Beauftragt ein Bauträger einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 4
nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für die Errichtung eines Bauwerks auf einem
bestimmten Grundstück und sind die Pläne nicht urheberrechtsschutzfähig, so
ist der Architektenvertrag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes
ergibt, dahin auszulegen, dass es dem Bauträger gestattet ist, die erstellten
Pläne für die einmalige Errichtung des betreffenden Bauwerks auf dem
konkreten Grundstück – sei es auch im Wege der Weiterübertragung der
Errichtungsbefugnis auf einen Dritten – verwenden zu dürfen, und dass der
Beklagte eine Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des
geplanten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat.
B) Die Nicht- oder Schlechterfüllung eines schuldvertraglich begründeten
Anspruchs stellt – auch im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander – keinen
Eingriff in eine Rechtsposition des Anspruchsinhabers mit Zuweisungsgehalt
dar und löst deshalb keinen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1
Fall 2 BGB aus.
RiBGH Dr. W. Eick
34