Eick_Neueste_BGH-Rechtsprechung-zum-zivilen
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Neueste Rechtsprechung des BGH zum zivilen Baurecht 22. Februar 2013 in Weimar RiBGH Dr. Wolfgang Eick Teil A: • Allgemeines Bauvertragsrecht und • VOB/B RiBGH Dr. W. Eick 2 1. Rechnungsumschreibung ist noch keine Schuldübernahme • BGH, Urteil vom 12. April 2012 – VII ZR 13/11 • Fundstellen: − − − − NJW-RR 2012, 741-742 NZBau 2012, 362-363 ZfBR 2012, 457-458 BauR 2012, 1102-1104 RiBGH Dr. W. Eick 3 Sachverhalt VII ZR 13/11 Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn für Elektroinstallationsarbeiten. Die Parteien streiten im Revisionsverfahren darüber, ob der Beklagte passivlegitimiert ist. Der Beklagte und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in A. Ein Teil des Anwesens ist an die S. GmbH vermietet, die dort ein Ladengeschäft betreibt. Der Beklagte ist leitender Angestellter der S. GmbH, seine Ehefrau Geschäftsführerin. Am 3. Mai 2007 beauftragte der Beklagte mündlich die Klägerin mit der Durchführung von Elektroinstallationsarbeiten anlässlich der Sanierung des Gebäudes. Ob er dabei zum Ausdruck brachte, dass er für die S. GmbH handelte, ist streitig. Die Klägerin erstellte unter dem 11. Oktober 2007 eine erste Abschlagsrechnung, die nach ihrem Vortrag auf den Beklagten persönlich ausgestellt war. Streitig ist, ob der Beklagte die Rechnung erhalten hat. Jedenfalls sandte das für den Beklagten tätige Planungsbüro die Rechnung an die Klägerin zurück mit der Bitte, sie auf die S. GmbH auszustellen. Dem kam die Klägerin nach und richtete auch ihre zweite Abschlagsrechnung und die Schlussrechnung an die S. GmbH. Beide Abschlagsrechnungen wurden von dieser bezahlt. Die Klägerin hat den Schlussrechnungsbetrag von 48.249,88 € nebst Zinsen eingeklagt. RiBGH Dr. W. Eick 4 Leitsatz VII ZR 13/11 § 414 BGB Allein das Ausstellen einer Rechnung auf einen am Werkvertrag nicht beteiligten Dritten und deren Begleichung durch diesen stellt keine Schuldübernahme durch den Dritten dar. RiBGH Dr. W. Eick 5 2. Abschlagszahlungen für nicht vereinbarte Nachträge? • BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 – VII ZR 34/11 • Fundstellen: − − − − − MDR 2012, 903 NJW-RR 2012, 981-982 NZBau 2012, 493-494 BauR 2012, 1395-1396 ZfBR 2012, 651-652 RiBGH Dr. W. Eick 6 Sachverhalt VII ZR 34/11 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Verzugszinsen, weil die Beklagte Abschlagsrechnungen nicht rechtzeitig bezahlt habe. Die Abschlagsforderungen stützen sich auf erbrachte Leistungen, die die Beklagte auf der Grundlage eines im Jahr 2005 unter Einbeziehung der VOB/B geschlossenen Bauvertrages zusätzlich gefordert hat. Die Beklagte praktiziert ein Prüfungsverfahren für Nachtragsforderungen, das erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann, und begleicht die sich aus ihrer Sicht als berechtigt erweisenden Forderungen erst nach Abschluss dieses Verfahrens. Zuvor zahlt sie nach dem Ergebnis ihrer Vorprüfung einen bestimmten prozentualen Abschlag auf die Forderungen. Die Parteien haben sich im Zuge dieses Prüfungsverfahrens auf eine der Klägerin für die zusätzlich geforderten Leistungen zustehende Vergütung geeinigt, die unterhalb der zunächst beanspruchten Nachtragsvergütung liegt. Die Klägerin hat die Abschlagsrechnungen vor Abschluss des Prüfungsverfahrens erteilt und Nachfristen gesetzt. Sie macht den Anspruch auf Zinsen gemäß § 16 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B (2002) unter Zugrundelegung der Vergütung geltend, auf die sich die Parteien geeinigt haben. RiBGH Dr. W. Eick 7 Leitsatz VII ZR 34/11 VOB/B (2002) § 2 Nr. 6, § 16 Nr. 1 Der Auftragnehmer ist berechtigt, auch dann Abschlagszahlungen für eine vom Auftraggeber geforderte zusätzliche Leistung unter den Voraussetzungen des § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B zu fordern, wenn eine Einigung über deren Vergütung nicht stattgefunden hat. RiBGH Dr. W. Eick 8 3. Keine Zahlungsverweigerung des HU wegen mögl. Vertragsstrafe des Bestellers • BGH, Urteil vom 6. September 2012 – VII ZR 72/10 • Fundstellen: − − − − − NJW 2012, 3371-3372 ZfBR 2012, 760-761 BauR 2012, 1946-1948 VersR 2013, 68-69 NZBau 2012, 763-764 RiBGH Dr. W. Eick 9 Sachverhalt VII ZR 72/10 Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Sie war als Nachunternehmerin der Beklagten, die für die ARGE W./HBM (künftig nur HBM) die Haustechnik auszuführen hatte, bei der Errichtung einer Sportarena tätig. Die Beklagte beauftragte die Klägerin auf der Grundlage der VOB/B (Ausgabe 2002) mit Vertrag vom 28. Juni/7. Juli 2004 mit Leistungen zur Fernmeldetechnik einschließlich Brand- und Einbruchsmeldung. Die für den 12. August 2005 vereinbarte Gesamtfertigstellung durch die Klägerin erfolgte erst am 19. Oktober 2005. Die Beklagte beruft sich gegenüber dem Werklohnverlangen der Klägerin auf ein Zurückbehaltungsrecht, weil sie wegen der von der Klägerin zu vertretenden Verzögerung von der HBM auf eine den Werklohnanspruch der Klägerin übersteigende Vertragsstrafe in Anspruch genommen werde. Die HBM verweigere deshalb die Zahlung des der Beklagten zustehenden Werklohns. Die Beklagte führt über ihren Werklohnanspruch gegen die HBM einen Rechtsstreit, in dem sie die Aufrechnung mit dem Vertragsstrafenanspruch als unberechtigt zurückweist. Sie macht u.a. geltend, die Vertragsstrafe sei nicht wirksam vereinbart. Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie dürfe den Werklohn der Klägerin bis zur Klärung des Vertragsstrafenanspruchs der HBM zurückhalten. RiBGH Dr. W. Eick 10 Leitsatz VII ZR 72/10 BGB § 249 Abs. 1 Ein Hauptunternehmer ist nicht berechtigt, die Zahlung des dem Nachunternehmer zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis in einem Rechtsstreit zwischen ihm und seinem Auftraggeber geklärt ist, ob der Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch des Hauptunternehmers zu Recht mit einer von diesem bestrittenen Vertragsstrafe aufrechnet, die der Auftraggeber wegen einer Verzögerung der Nachunternehmerleistung geltend macht. RiBGH Dr. W. Eick 11 4. Schadensersatz statt der Leistung bei Verweigerung der Mangelbeseitigung wegen Unverhältnismäßigkeit • BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012 – VII ZR 179 und 180/11 (Mutter, Sohn) • Fundstellen: − MDR 2012, 1404-1405 − BauR 2013, 81-84 RiBGH Dr. W. Eick 12 Sachverhalt VII ZR 179/11 Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Restwerklohn für Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten. Mit der Widerklage beansprucht der Beklagte mangelbedingten Schadensersatz. Der Beklagte hat Mängel der seine Doppelhaushälfte betreffenden Werkleistungen behauptet, die mit einem die Klageforderung übersteigenden Kostenaufwand beseitigt werden müssten und gemeint, die Bezahlung der Restwerklohnforderung jedenfalls bis zur Beseitigung der Mängel verweigern zu dürfen. Im Berufungsverfahren hat der Beklagte Widerklage erhoben, mit der er die zuvor zur Begründung seines mangelbedingten Leistungsverweigerungsrechts geltend gemachten Kosten für die Beseitigung von Mängeln an der Dämmung bzw. der Befestigung der auf der Bodenplatte verlegten Warm- und Kaltwasserleitungen in Höhe von 43.923,73 € nunmehr im Wege des Schadensersatzes verlangt. Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt gehalten, weil die Klägerin die Mängelbeseitigung wegen des unverhältnismäßig hohen Nachbesserungsaufwandes zu Recht verweigert habe und der Beklagte sich deshalb insoweit auf eine Minderung des Werklohns verweisen lassen müsse. Hierfür hat es den nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen wegen der unzureichenden Isolierung der Warmwasserrohre verbleibenden technischen Minderwert von 1.000 € von der Klageforderung abgezogen; die Widerklage hat es abgewiesen. RiBGH Dr. W. Eick 13 Leitsatz VII ZR 179/11 BGB § 635 Abs. 3, § 251 Abs. 2 Satz 1, § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 a) Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat. b) Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gemäß § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind. RiBGH Dr. W. Eick 14 5. AGB-Klausel über erste Abschlagszahlung • BGH, Urteil vom 8.11.2012 – VII ZR 191/12 • Fundstellen: − EBE/BGH 2012, 402-403 − MDR 2013, 26-27 − NJW 2013, 219-220 RiBGH Dr. W. Eick 15 Sachverhalt VII ZR 191/12 Der Kläger verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, eine in ihren vorformulierten Vertragsbestimmungen enthaltene Klausel beim Abschluss von Verträgen über die Errichtung von Häusern und Eigentumswohnungen mit Verbrauchern zu verwenden. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher wahrzunehmen, und er ist in die beim Bundesministerium der Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Häuser und Eigentumswohnungen errichtet. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit verwendet sie ihren Kunden gegenüber ein von ihr vorformuliertes Vertragsmuster, das in § 6 unter der Überschrift "Zahlungsplan" folgende Regelung enthält: "Zahlungen sind gemäß folgendem Zahlungsplan zu leisten: Nach Fertigstellung des ersten Entwurfs 7% Die angegebenen Prozentsätze beziehen sich auf die Gesamtsumme des zu zahlenden Pauschalpreises.“ RiBGH Dr. W. Eick 16 Leitsatz VII ZR 191/12 BGB § 307 Abs. 1, § 632a Abs. 3 Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmers enthaltene Klausel, die isoliert die Fälligkeit und die Höhe der ersten Abschlagszahlung in einem Werkvertrag mit einem Verbraucher über die Errichtung oder den Umbau eines Hauses regelt (hier: 7 % der Auftragssumme nach Fertigstellung des ersten Entwurfs), ohne auf die nach § 632a Abs. 3 BGB gesetzlich geschuldete Sicherheitsleistung des Unternehmers einzugehen, ist unwirksam, weil sie den Verbraucher von der Geltendmachung seines Rechts auf diese Sicherheitsleistung abhalten kann. RiBGH Dr. W. Eick 17 6. Keine wirksame Verkürzung der Verjährungsfrist für Werklohnansprüche in AGB • BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII ZR 15/12 • Fundstellen: − − − − NSW BGB § 195 (BGH-intern) NSW BGB § 307 Bf (BGH-intern) NSW BGB § 307 Cj (BGH-intern) ibr-online RiBGH Dr. W. Eick 18 Sachverhalt VII ZR 15/12 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restvergütung aus einem Werkvertrag vom 9. November 2004 über die Ausführung von Elektroarbeiten an einem Bauvorhaben in B., den die Rechtsvorgänger der Parteien (im Folgenden: Klägerin und Beklagte) geschlossen haben. Die VOB/B und C in den seinerzeit gültigen Fassungen sind Vertragsbestandteil. Teil B Ziffer VIII 4 des Vertrags lautet: "Die Gewährleistungsfrist beträgt abweichend von § 13 Nr. 4 VOB 5 Jahre; ansonsten verbleibt es bei den Regelungen der VOB." Teil B Ziffer IX des Vertrags lautet: "1.) Die Ansprüche des AN auf Werklohn verjähren in zwei Jahren.„ Bei diesen beiden Bestimmungen handelt es sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen. RiBGH Dr. W. Eick 19 Leitsatz VII ZR 15/12 §§ 195, 307 BGB Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. RiBGH Dr. W. Eick 20 7. Vertragsstrafe für NichtEinhaltung einer Zwischenfrist • BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – VII ZR 133/11 • Fundstellen: − NSW BGB § 307 Ch (BGH-intern) − ibr-online RiBGH Dr. W. Eick 21 Sachverhalt VII ZR 133/11 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe. Ein Deichverband beauftragte die Klägerin im April 2008 unter Vereinbarung der VOB/B mit Bauleistungen zur Sanierung eines Deiches. Gegenstand des Werkvertrags waren unter anderem der Abriss des alten und die Herstellung und Montage eines neuen Deichtores. Die Arbeiten sollten insgesamt bis Ende August 2009 abgeschlossen werden. Für den Hochwasserschutz erforderliche Bestandteile waren bis spätestens 31. Oktober 2008 herzustellen, da nach der Deichschutzverordnung (DSchVO) Bautätigkeiten innerhalb der Deichschutzzone grundsätzlich nur in der hochwasserfreien Zeit vom 1. April bis 31. Oktober erfolgen dürfen. Die in dieses Vertragsverhältnis einbezogenen Besonderen Vertragsbedingungen des Deichverbandes legen neben dem Fertigstellungstermin folgende verbindliche Fristen (= Vertragsfristen) fest: Herstellen der Rohrleitungsgräben für die Gas- und Wasserleitungen sowie der provisorischen Deichtor-Umfahrung bis spätestens zum 30. Mai 2008 Herstellen aller für den Hochwasserschutz erforderlichen Bestandteile bis spätestens zum 31. Oktober 2008. Darüber hinaus ist geregelt, dass der Auftragnehmer als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs sowohl bei Überschreitung der Ausführungsfrist als auch bei Überschreitung von Einzelfristen 5.000 € zu zahlen hat, wobei die Vertragsstrafe auf insgesamt 5,0% der Auftragssumme begrenzt ist. Die Klägerin lieferte das Deichtor erst am 25. November 2008 und schloss die Montagearbeiten am 5. Dezember 2008 ab. Der Deichverband rechnet mit der Vertragsstrafe gegen den Werklohn auf. RiBGH Dr. W. Eick 22 Leitsatz VII ZR 133/11 § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags getroffene Vertragsstrafenregelung, die eine für die schuldhafte Überschreitung einer Zwischenfrist zu zahlende Vertragsstrafe auf höchstens 5% der Gesamtauftragssumme festlegt, ist unwirksam. RiBGH Dr. W. Eick 23 8. Mangel der Planung eines Architekten, der den Schallschutz für Geschoßwohnungen (einschalige Trennwände) statt für Reihenhäuser plant • BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – VII ZR 209/11 • Fundstellen: − − − NSW BGB § 635 aF (BGH-intern) NSW BGB § 254 C (BGH-intern) ibr-online RiBGH Dr. W. Eick 24 Sachverhalt VII ZR 209/11 Die Klägerin, eine Bauträgerin, macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Architektenvertrag geltend. Die Klägerin errichtete 2001 in K. ihrem äußeren Erscheinungsbild nach zwei Reihenhauszeilen mit jeweils fünf Reihenhäusern und einer zwischen den Gebäudezeilen liegenden Tiefgarage. Mit der Planung und Bauüberwachung hatte sie den Beklagten mündlich beauftragt. Dieser plante die Objekte mit einschaligen Trennwänden (weil er die Idee hatte, billiger bauen zu können und die Objekte als „vertikal getrennte Geschoßwohnungen nach WEG“ zu verkaufen), wodurch ein durchschnittlicher Schallschutz für Reihenhäuser nicht erreicht werden konnte. Die Klägerin veräußerte die Wohneinheiten als "Reihenhäuser in Form von Wohnungseigentum". In drei Rechtsstreitigkeiten gegen die Erwerber konnte sie den von ihr beanspruchten restlichen Erwerbspreis im Hinblick auf Mängel ua. des Schallschutzes nicht realisieren. Die insoweit angeblich entstandenen Kosten und Auslagen in Höhe von 23.110,40 € verlangte sie von dem Beklagten ersetzt. In zwei weiteren Verfahren verlangten die Erwerber die Feststellung, dass die restlichen Vergütungspflichten aus den Bauträgerverträgen infolge Minderung erfüllt seien und die Klägerin zur teilweisen Rückzahlung des Erwerbspreises verpflichtet sei. Insoweit begehrt sie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten. RiBGH Dr. W. Eick 25 Leitsatz VII ZR 209/11 § 635 BGB a.F. a) Die Planung eines Architekten für einen Bauträger ist ungeachtet der mit diesem getroffenen Vereinbarung, Trennwände einschalig zu planen, mangelhaft, wenn sie den von den Vertragsparteien vorausgesetzten Zweck nicht erfüllt, eine mangelfreie Veräußerung des so errichteten Bauwerks an die Erwerber zu ermöglichen, weil diesen eine zweischalige Ausführung der Trennwände geschuldet wird. b) Den Bauträger trifft ein erhebliches Mitverschulden an dem durch Inanspruchnahme der Erwerber wegen unzureichenden Schallschutzes entstandenen Schaden, wenn er blind auf die rechtliche Annahme des Architekten vertraut hat, Reihenhäuser müssten keine doppelschalige Ausführung haben, wenn sie als „senkrecht geteilte Wohneinheiten“ verkauft würden. RiBGH Dr. W. Eick 26 Teil B: • Architekten- und Ingenieurvertragsrecht: Honorarrecht und Urheberrechtsschutz RiBGH Dr. W. Eick 27 1. Baukostengarantie und Prämie • BGH, Urteil vom 22.11.2012 – VII ZR 200/10 • Fundstellen: − − − − NSW HOAI § 1 F.: 1991 (BGH-intern) NSW HOAI § 2 F.: 1991 (BGH-intern) NSW HOAI § 5 F.: 1991 (BGH-intern) ibr-online RiBGH Dr. W. Eick 28 Sachverhalt VII ZR 200/10 Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob den beklagten Architekten eine vereinbarte Prämie für die Unterschreitung der vorgesehenen Baukosten zusteht. Der Kläger fordert den überwiegenden Teil der Prämie unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurück. Der Kläger beauftragte durch Einheits-Architektenvertrag vom 27. Juli 1995 die Beklagten, Architektenleistungen für die Errichtung eines Wohnhauses mit Tiefgarage zu erbringen. Der Kläger gab alle Grundleistungen und zusätzlich Besondere Leistungen in Auftrag und vereinbarten mit den Beklagten ein Pauschalhonorar von 250.000 DM einschließlich Mehrwertsteuer. Den Höchstbetrag ermittelten die Beklagten mit 276.512,42 DM (Honorarhöchstsatz für Grundleistungen der Honorarzone 4 für Wohnhäuser mit überdurchschnittlicher Ausstattung: 184.157 DM, vereinbarte Besondere Leistungen: 45.900 DM, Nebenkosten: 10.388,59 DM, jeweils zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer). Der Kläger hatte den Wunsch, die Gesamtkosten des Bauvorhabens zu begrenzen. Ebenfalls am 27. Juli 1995 trafen die Parteien des Architektenvertrages daher gesondert eine sogenannte "Zusatzvereinbarung“, in der es u.a. heißt: "Die Architekten verpflichten sich, die Gesamtkosten von DM 2.200.000,- incl. 15% MWSt. nicht zu überschreiten. ….. RiBGH Dr. W. Eick 29 Sachverhalt 2 Bei Kostenüberschreitung werden die Mehrkosten von den Architekten getragen. Bei Kostenunterschreitung erhalten die Architekten die Minderkosten als Prämie..." Das Bauvorhaben wurde Ende 1996/Anfang 1997 abgeschlossen. Die Baukosten beliefen sich auf 2.003.778,29 DM. Die Beklagten verlangten das Pauschalhonorar von 250.000 DM sowie eine Prämie von 196.221,71 DM brutto aufgrund der Baukostenunterschreitung. Der Kläger und seine Schwester vertraten die Auffassung, dass die Prämie aufgrund von Skonti zu kürzen sei und vereinbarten mit den Beklagten eine Prämie von 180.000 DM brutto. Im Laufe des Jahres 1997 erhielten die Beklagten so insgesamt 430.000 DM. Im Jahr 2003 forderte der Kläger die Prämie in Höhe von 78.476,95 € zurück. Er machte unter anderem geltend, dass der Honorarhöchstsatz nach HOAI insoweit überschritten sei (430.000 DM minus 276.512,42 DM = 153.487,58 DM/ 78.476,95 €). RiBGH Dr. W. Eick 30 Leitsatz VII ZR 200/10 HOAI (1991) §§ 1, 2, 5 Abs. 4 Eine Vereinbarung zwischen den Parteien eines Architektenvertrages, wonach der Architekt eine Baukostengarantie übernimmt, während er bei Kostenunterschreitung die Minderkosten als Prämie erhält, unterliegt nicht der Preiskontrolle am Maßstab der HOAI. RiBGH Dr. W. Eick 31 2. Nutzungsrecht an bestellten und bezahlten Bauplänen eines Architekten • BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 – VII ZR 259/11 • Fundstellen: − NSW BGB § 157 C (BGH-intern) − NSW BGB § 812 (BGH-intern) − ibr-online RiBGH Dr. W. Eick 32 Sachverhalt VII ZR 259/11 Der Beklagte erbrachte viele Jahre Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für Gebäude, die der Kläger als Bauträger realisierte. Im Jahr 2008 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Planung einer Altenwohnanlage auf einem nicht im Eigentum des Klägers stehenden Grundstück in D., beschränkt auf die Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI a.F. Der Beklagte erstellte die Planungen und holte eine Baugenehmigung für das Projekt ein. Mit Schlussrechnung vom 5. Dezember 2008 stellte der Beklagte dem Kläger unter Anrechnung einer Zahlung von 5.837,46 € einen Restbetrag von 18.410,48 € in Rechnung. Dem Kläger gelang es nicht, das genannte Grundstück zu erwerben und das Bauvorhaben zu realisieren. Mit notariellem Kaufvertrag vom 13. April 2010 wurde dieses Grundstück an die B. GmbH, ein Bauunternehmen, verkauft. Diese erwarb vom Beklagten die seinerzeit für den Kläger erstellten Planungen und zahlte hierfür an den Beklagten gemäß dessen Rechnung vom 22. April 2010 23.800 €. Die zunächst dem Kläger erteilte Baugenehmigung wurde sodann auf die B. GmbH umgeschrieben, die das Bauvorhaben in der Folge ohne Planungsänderungen realisierte. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Rückzahlung der auf das Honorar gezahlten Beträge zu verurteilen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 15.000 € zu zahlen. RiBGH Dr. W. Eick 33 Leitsatz VII ZR 259/11 § 157 BGB; § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB a) Beauftragt ein Bauträger einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für die Errichtung eines Bauwerks auf einem bestimmten Grundstück und sind die Pläne nicht urheberrechtsschutzfähig, so ist der Architektenvertrag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, dahin auszulegen, dass es dem Bauträger gestattet ist, die erstellten Pläne für die einmalige Errichtung des betreffenden Bauwerks auf dem konkreten Grundstück – sei es auch im Wege der Weiterübertragung der Errichtungsbefugnis auf einen Dritten – verwenden zu dürfen, und dass der Beklagte eine Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat. B) Die Nicht- oder Schlechterfüllung eines schuldvertraglich begründeten Anspruchs stellt – auch im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander – keinen Eingriff in eine Rechtsposition des Anspruchsinhabers mit Zuweisungsgehalt dar und löst deshalb keinen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB aus. RiBGH Dr. W. Eick 34