nzz_games_20080318
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B6 Neuö Zürcör Zäitung MOBIL DIGITAL Dienstag, 18. März 2008 Nr. 65 iPhone sucht Anschluss DIGITAL IN KÜRZE Apple umschwärmt Business-Kunden Orange testet Voip an Hot Spots. Orange und «ewl energie wasser luzern» testen zurzeit im öffentlichen WLAN-Netz der Stadt Luzern Internet-Telefonie (Voip). Auf dem Prüfstand sind unter anderem das Benutzerverhalten, die Gesprächsqualität, die Mechanismen der Authentifizierung und die allgemeine Kompatibilität von Mobilfunk und Public-WLANNetzen. Für die Schweiz ist der Pilotbetrieb laut Orange eine Premiere. Sind die Erfahrungen positiv, will die Mobilfunkanbieterin noch dieses Jahr für Geschäftskunden ein Angebot für Voip-Telefonie im firmeneigenen WLAN lancieren. Für «ewl» soll der Test unter anderem darüber Aufschluss geben, ob den Benutzerinnen und Benutzern des Luzerner WLAN künftig Mobiltelefonie im öffentlichen Raum angeboten werden soll. set. set. Weil Apple sein Betriebssystem nicht an Online-Erweiterung für die Büro-Suite Office. Microsoft bindet seine Office-Programme enger ans Internet an: Mit Office Live Workspace, das jetzt in einer Betaversion vorgestellt wurde, erhalten OfficeNutzer einen Online-Zugriff auf ihre Dokumente. Diese können auch anderen zur Verfügung gestellt werden. Ein Aktivitätenfeld zeigt alle Tätigkeiten in einem virtuellen Arbeitsraum an. Daneben gibt es E-Mail-Benachrichtigungen und die Möglichkeit, mehrere Dateien auf einmal auf den Server hochzuladen. Das Angebot soll auch in der finalen Version kostenlos sein. (ap) Search.ch bringt Luftbilder in höherer Auflösung. Die Suchmaschine Search.ch hat gestern eine neue Version ihrer Website map.search.ch aufgeschaltet. Die Konzerngesellschaft der Post hat die Ansicht der Strassenkarten grafisch überarbeitet und bietet Luftaufnahmen aktuelleren Datums mit einer höheren Auflösung. Die Flugaufnahmen stammen von Swisstopo (Bundesamt für Landestopografie). Die Bildqualität ist verbessert, in einigen Regionen wie zum Beispiel Zürich kommt ausserdem erstmals Fotomaterial von 2006 zum Zug, das Swisstopo mit einer digitalen Kamera von Leica erfasst hat. Bis 2010 soll die ganze Schweiz digital erfasst und in hoher Auflösung auf der Website abrufbar sein. Verbessert wurde auch die Zoomfunktion, welche Details wie Fussgängerstreifen oder Parkfelder besser erkennbar macht. Gegenüber der Konkurrentin Google, die bisher in der Bildqualität die Nase vorn hatte, ist Search.ch nach wie vor führend bei der Integration von Orten von Bedeutung (POI). Diese zeigen dynamisch Informationen in Echtzeit an wie etwa die Abfahrtszeiten von Bussen und Bahnen in der ganzen Schweiz, die Belegung von Parkhäusern oder aktuelle Bilder von Webcams. set. PD Nachspiel Spiele im Spiel Ein Spielchen in Ehren kann niemand verwehren, doch zu viele Spielchen können unter Umständen den Brei verderben, denn irgendwann erreicht jede Toleranz einmal das Ende der Fahnenstange. Sogenannte Mini-Games existieren wie Sand am Meer, und dazu werden für einmal nicht nur die 1001 Vertreter von Tetris, Moorhuhn und Co. gezählt, sondern die bei Herstellern immer beliebteren und zahlreicheren Auflockerungsvarianten, die den Spielfluss während grösserer Computerspiele unterbrechen. Obwohl sie sich als simple Bonus-Level, knackige Zwischenrätsel oder stupide Tastendrückereien outen, zielt diese Spielegattung eigentlich immer auf ein heterogenes Spielerlebnis ab; leider allzu oft, ohne dass sich die Macher offenbar die Frage nach dem Sinn gestellt haben. Deshalb gleich einen Schuss ins Blaue zu wagen und alle zu verteufeln, wäre weit gefehlt. Denn schon früh demonstrierten vor allem die Adventures aus dem Hause Lucas Arts, wie man Yin und Yang harmonisch vereint und die Spieler so glücklich in den siebten Himmel geleitet. Spiele neueren Datums zeigen damit erheblich mehr Mühe, bereiten den kleinen Intermezzi aber dennoch wenig Schande. So stehen die Mini-Games beim Spiel zur Fernsehserie «Lost» dem Hauptprogramm sogar in der Sonne, oder «Bioshock» überlässt den Spielern wohlweislich die Entscheidung zum Wechsel ins Mini-Spiel selbst. Wie viele Mini-Games es schliesslich verträgt, ist schwer zu sagen, denn über Geschmack lässt sich bekanntlich gut streiten. Ein Damoklesschwert schwebt allerdings schon von vorneherein über Spielen, die sich aus lauter Mini-Games zusammensetzen, welche sich teilweise nur als schweisstreibende Sisyphus-Aufgaben entpuppen. Das schon etwas ältere «Leisure Suit Larry» schiesst in dieser Hinsicht wohl mit «magna cum laude» so den Vogel ab, dass sogar Hamlet seine Frage nach dem «Sein oder Nichtsein» problemlos hätte beantworten können, und auch beim jüngsten «Kiss before Midnight» verfliegt die Romantik dank fehlender Liebe im Nu. Michel Pescatore Gut 500 Franken teuer und 900 Gramm leicht – der Eee PC kommt ab Mai offiziell in die Schweiz. PD Zahlbare Leichtigkeit des Seins Der Mini-PC von Asus hat das Nötigste an Bord und ist schon Kult hag. Eigentlich hatten nicht nur Journalisten und andere Sklaven mobiler Schreibarbeit immer auf ein solches Gerät gehofft: ein federleichter und kleiner Mini-Computer mit brauchbarer Tastatur, Web-Kamera, raschem Systemstart und zügigem Zugang ins Internet, einem Akku mit Ausdauer, Anschlüssen für optionale Peripherie – und dies alles zum Schnäppchenpreis. Just diese Hoffnungen hat ein gewisser Jerry Shen, seines Zeichens Chef des IT-Giganten Asus aus Taiwan, erhört. Er ist der geistige Vater eines ultramobilen Rechners, den er Eee PC taufte, wobei die drei E für «easy to learn», «easy to work» und «easy to play» stehen. Schon die Entstehung des rund 900 Gramm leichten Teils im A5-Format hat Kultcharakter: Shen liess seine Ingenieure zwischen Februar und Juni 2007 in einem Raum einschliessen, den er «The Big Room» nannte, um so die gegenseitige intellektuelle Befruchtung hoch zu halten. Nach diesem typisch fernöstlichen Effort wurden 800 Rechner an Asus-Mitarbeiter zum Härtetest verteilt und deren Feedbacks auch sogleich für das Serienmodell umgesetzt. Die dann lancierte Marketing-Kampagne für den Eee PC glich auffallend jener von Apples Kult-Handy iPhone. Der Rechner wurde nach Ländern gestaffelt – erst in Japan, den USA und England, seit Januar auch in Deutschland – eingeführt. Zudem wurde er, da er auf dem frei programmierbaren Linux-Betriebssystem läuft, sehr rasch ein begehrtes Objekt der internationalen Hacker-Gemeinde. An der diesjährigen Cebit in Hannover war das Eee-PC-Testgelände ein veritabler Publikumsmagnet. Unser Schnelltest zeigte: Auf dem Winzling lässt sich komfortabel tippen. Auch laufen nach Einschub einer SD-Karte zügig die gespeicherten Fotos als Diaschau ab, der Internet-Zugang erfolgt rasant. Zwar sind von einem 7-Zoll-Bildschirm mit 800×480 Pixeln Auflösung keine Wunder zu erwarten, doch sind Auflösung und Kontrast des Eee PC erstaunlich gut. Die Akku-Laufzeit gibt Asus mit drei Stunden an. Apropos Akku: Von Jerry Shen musste man an der Cebit hören, dass die Lieferengpässe für den Eee PC erst im Mai behoben sein würden, wenn der Akku-Nachschub endlich gesichert sei. So gesehen sind schon die bisherigen Verkaufszahlen beeindruckend: Bis heute will Asus laut Shen weltweit schon über 700 000 Eee PC abgesetzt haben. Im Mai wird der Kult-Rechner offiziell auch in der Schweiz ausgeliefert, schon heute ist er aber als Import-Gerät bei einzelnen Internet-Anbietern für rund 500 Franken zu haben. Allerdings ist dann schon das Nachfolgemodell – der Eee PC 900 mit einem auf 8,9 Zoll vergrösserten Display und neustem Atom-Prozessor von Intel – in Reichweite. Dieser wird mit 1 GByte RAM und bereits installiertem Windows XP für knapp 400 Euro im Sommer in Deutschland zu haben sein. USA-Reisende können sich den Neuling bereits ab April zum Preis von 499 Dollar zulegen. Damit hat der Eee PC zwar seinen Schnäppchen-Nimbus verloren, das Konzept aber scheint ausbaubar und zukunftsträchtig zu sein. andere Hersteller lizenziert hat, konnte sich die Firma nie richtig aus der Enge eines Nischenmarkts befreien. Dazu trug auch bei, dass die Produkte eher auf Einzelanwender oder kleine Arbeitsgruppen zugeschnitten waren als auf die Bedürfnisse von Unternehmen. Mit dem Erfolg des Gespanns iPod und iTunes hat Apple die Nische verlassen und zugleich eine Brücke zu Microsoft-Anwendern geschlagen. Produkte wie iTunes, Apple TV oder Safari verstehen sich auch mit Windows. Nun treibt Firmenchef Steve Jobs die Öffnung weiter voran, um dem iPhone zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist auch nötig, denn allem Hype zum Trotz ist der Absatz noch weit von der bis Ende Jahr angestrebten Marke von 10 Millionen Stück entfernt. Um die Verbreitung anzukurbeln, hat Apple vor zwei Wochen ein Entwickler-Kit für das Erstellen von Programmen vorgestellt, die direkt auf dem Smartphone laufen. Zurzeit gibt es zwar schon rund 1000 Anwendungen, doch diese laufen auf einem Web-Server und setzen eine Online-Verbindung voraus. Zugleich versucht Apple die vernachlässigten Geschäftskunden zu umgarnen und hat hierzu Microsofts Exchange ActiveSync lizenziert. Dies wird iPhone-Besitzern mit dem für Juni angekündigten Update der Software erlauben, auf einen mit Microsoft Exchange betriebenen Server zuzugreifen, um Mails, Termine und Adressen von Outlook automatisch über die Luft zu synchronisieren. Der Administrator hat zudem drahtlos Zugriff auf das Handy, um zum Beispiel im Fall eines Diebstahls die Daten zu löschen. Über eine Verschlüsselungstechnik von Cisco soll ausserdem der sichere Zugang (VPN) ins Firmennetzwerk möglich sein. In der Pipeline sind weitere Anwendungen für Geschäftskunden. So will Sun eine Java-Version für das iPhone entwickeln, was Hunderten von Programmen die Türe öffnet, SAP hat ein Programm für den Zugriff auf ihre führende Unternehmenssoftware angekündigt. Dass Apples Strategie aufgehen könnte, zeigt der von der Investmentfirma Kleiner Perkins Caufield & Byers geschaffene iFund, der mit 100 Millionen Dollar die Entwicklung von iPhone-Programmen fördern will. Die Firma wurde mit Ideen überrannt, und Apples Rechner waren überfordert, weil in vier Tagen 100 000 Entwickler das Kit herunterluden. «One more thing», wie Steve Jobs kurz vor Ende seiner Ankündigungen jeweils zu sagen pflegt, braucht es allerdings noch, um das iPhone als Business-Smartphone attraktiv zu machen: eine Tastatur. So innovativ die Touch-Technik für das Surfen und Blättern in Alben und im Adressbuch per Finger ist, beim Tippen von Mails sind Soft-Tasten definitiv ein Show-Stopper. Nachdem Apple mit dem Macbook Air seine Affinität für Ultraflaches einmal mehr bewiesen hat, könnte Jobs bei der nächsten Präsentation ja durchaus ein Smartphone mit iKeyboard vorstellen und in der Rubrik «One more thing» die Lancierung des iPhone in der Schweiz ankünden. Was Epidemiologen von Videospielen alles lernen können An der zweiten internationalen Computerspiele-Konferenz in Köln eröffneten sich neue Perspektiven mdb. Für James Paul Gee, Professor für Literatur an der Arizona State University und Autor des Standardwerks «What Video Games Have to Teach Us about Learning and Literacy», sind Videospiele eine ideale Plattform, um sich neue Sichtweisen anzueignen: «Games eröffnen dem Spieler ungeahnte Perspektiven», sagt der 60-jährige Akademiker. Wo sonst lässt sich die Welt aus dem Blickwinkel eines zehn Zentimeter kleinen Putzroboters begutachten oder können endlose Varianten für eine komplexe Problemlösung durchgespielt werden? Gerade in Letzteres setzt Gee grosse Hoffnungen und weist auf das eingangs seiner Präsentation im Rahmen von «Clash of Realities», der zweiten internationalen Videospiele-Konferenz in Köln, präsentierte Rechenbeispiel hin. Es zeigte den enormen Aufwand zur Gewinnung von Benzin aus Getreide, wie sie derzeit in den USA in Betracht gezogen wird. «Das kann nicht die Lösung sein», meinte er und fügte spitz an: «Was sagt es eigentlich über eine Nation aus, die ihre Nahrungsmittel in Treibstoff umwandelt?» Für den Literaturprofessor könnte über eine geschickt konzipierte, aber vergleichbare Problemstellung in einem Videospiel eine sinnvollere Lösung gefunden werden. Schliesslich knobeln Millionen von Spielern – allein oder im Online-Verbund – fürs Leben gern an ähnlich gelagerten Mysterien. Dass die Wissenschaft bereits «the wisdom of the masses – die Weisheit der Massen» nutzt, berichtete Claus Pias, Professor für Erkenntnistheorie an der Universität Wien. Der Kenner der digitalen Medien rief eine kleinere Katastrophe in Erinnerung, deren Schrecken noch heute in den Gliedern der World-of-Warcraft-(WoW-) Gemeinde steckt. Im September 2005 entfachte WoW-Hersteller Blizzard Entertainment in dem heute über zehn Millionen Abonnenten zählenden Online-Spiel eine verheerende Epidemie. Eigentlich war die Herausforderung namens «Corrupted Blood – verseuchtes Blut» nur für die Besten der Besten gedacht, doch das Virus, das vom geflügelten Schlangenmonster Hakkar «Die perfekte Versuchsanordnung zum Studium ansteckender Krankheiten»: World of Warcraft. auf die Kämpfer übertragen wurde, machte nicht bei ihnen halt. Unerwarteterweise sprang das Virus auch auf weniger hochqualifizierte Spielfiguren über und löschte ganze Landstriche aus. In der renommierten britischen Fachzeitschrift «The Lancet Infectious Diseases» veröffentlichten die beiden Wissenschafter Eric Lofgren und Nina Fefferman von der Tufts-Universität einen Artikel, in dem sie World of Warcraft als «die perfekte Versuchsanordnung zum Studium ansteckender Krankheiten» lobten, denn die Sorge der Spieler um ihre über viele Jahre gehätschelten Avatars entspricht einem geradezu menschlichen Verhalten, das PD sich mit herkömmlichen Simulationen nicht befriedigend rekonstruieren lässt. Die von Gee und Pias geforderte beziehungsweise aufgezeigte Erweiterung des Forschungsgebiets «Videospiele» zählte zweifellos – nebst den immer wieder erfrischend präsentierten Facts and Figures des Ökonomen Jörg Müller-Lietzkow – zu den Höhepunkten der zweiten internationalen Computerspiele-Konferenz «Clash of Realities», die selbstverständlich auch die üblichen Themen wie Computerspielsucht und mögliche Auswirkungen von Gewaltdarstellungen aufgriff, aber deren Präsentatoren in diesem Bereich wenig Neues zu berichten wussten.