Dokumentation des Assessment Centers
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Dokumentation des Assessment Centers
Dokumentation AC iUF Assessment Center iUF Dokumentation Fachhochschule Vorarlberg Kompetenzzentrum für Entrepreneurship 1 1.1.AC iUF Studiengang iUF Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 2 Inhalt 1. FH-STUDIENGANG „INTERNATIONALE UNTERNEHMENSFÜHRUNG“ 1.1. 1.2. 1.3. STUDIENINHALTE BETÄTIGUNGSFELDER ZUKÜNFTIGER IUF-ABSOLVENTINNEN AUFBAU DES AUSWAHLVERFAHRENS 4 4 7 10 2. ASSESSMENT CENTER 11 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 11 12 13 16 17 HISTORISCHE ENTWICKLUNG DEFINITION EINSATZBEREICHE UND ZIELE DES ASSESSMENT CENTERS RAHMENBEDINGUNGEN ZUR DURCHFÜHRUNG EINES ACS SCHWACHPUNKTE DES ACS 3. SÄULEN DES ASSESSMENT CENTERS 20 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 20 22 23 25 27 ANFORDERUNGEN ÜBUNGEN BEOBACHTERINNEN DER BEOBACHTUNGSPROZESS IM AC BEOBACHTERTRAINING 4. AC IUF PROJEKTPLANUNG 29 4.1. 4.2. 30 32 PROJEKTSTRUKTURPLAN ABLAUFPLAN ZUR PHASE „PLANUNG, KONZEPTION AC IUF“ LITERATUR 35 ABBILDUNGS- / TABELLENVERZEICHNIS 37 ANHANG 38 STANDARDS DER ASSESSMENT CENTER-TECHNIK 1. ANFORDERUNGSORIENTIERUNG 2. VERHALTENSORIENTIERUNG 3. PRINZIP DER KONTROLLIERTEN SUBJEKTIVITÄT 4. SIMULATIONSPRINZIP 5. TRANSPARENZPRINZIP 6. INDIVIDUALTITÄTSPRINZIP 7. SYSTEMPRINZIP 8. LERNORIENTIERUNG DES VERFAHRENS SELBST 9. ORGANISIERTE PROZEßSTEUERUNG VERZERRUNGS- UND VERFÄLSCHUNGSTENDENZEN 38 41 41 42 43 45 46 47 49 49 51 Studiengang iUF 3 Dokumentation AC iUF Einführung Ab Herbst 2001 wird die Fachhochschule Vorarlberg um den Studiengang „Internationale Unternehmensführung“ (weiters iUF genannt) erweitert. Mit diesem neuen Weiterbildungsangebot betritt die Fachhochschule in zweierlei Hinsicht Neuland. Zum einen bieten wir erstmalig die Möglichkeit eines berufsbegleitenden Präsenzstudiums an. Dieses Studium mit wirtschaftlicher Ausrichtung setzt Schwerpunkte im internationalen Management und in der Förderung und Entwicklung des unternehmerischen Denken und Handelns im Sinne des Entrepreneuships. Zum anderen werden wir unser Auswahlverfahren zur Zulassung zum Fachhochschulstudium um einen Baustein erweitern, welcher unter dem Namen „Assessment Center“ Einzug in Personalauswahl und –entwicklung zahlreicher mittlerer und großer Unternehmen gehalten hat. An Fachhochschulen wird kommt ein ACVerfahren relativ selten zum Einsatz, daher stellt dieses Instrument in der spezifischen Anwendung „Studierfähigkeit in einem interaktiven Lernfeld“ eine Neuheit dar. So sehen wir in der Aufgabe der erstmaligen Konzeption und Durchführung eines solchen Assessment Centers ein spannendes Vorhaben, mit welchem wir den ersten Schritt zum Ausbau einer zusätzlichen Wissensplattform bzw. eines Kompetenzbereiches an der Fachhochschule Vorarlberg setzen wollen. Diese Arbeit soll als erste umfassende Dokumentation unseres Vorhabens „Assessment Center iUF“ (weiters „AC iUF“ genannt) eine Grundlage für weitere Diskussionen und Anregungen bieten und allen am Projekt beteiligten Personen einen Überblick über das weitere Vorgehen geben. Zu diesem Zweck haben wir dieses Dokument in drei Teilbereiche gegliedert. Die ersten beiden Teile stellen die theoretische Grundlage zur Projektplanung im dritten Teil dar. Unter Punkt eins finden Sie Informationen zum Studiengang iUF, welche sich auf das Berufsbild der iUF-AbsolventInnen und iUF-Studieninhalte beziehen. Damit wird es den LeserInnen möglich, sich ein Bild der zukünftigen iUF-AbsolventInnen bzw. – StudentInnen zu machen. Im zweiten Teil gehen wir insbesondere auf den theoretischen Hintergrund zum Assessment Centers ein, welcher ein gemeinsames Grundverständnis bei allen beteiligten und interessierten Personengruppen schaffen soll. Im dritten Teil – der Projektplanung zum AC iUF – werden Informationen aus den ersten beiden Kapiteln genutzt, um unser Vorhaben und die zur Umsetzung notwendigen Arbeitspakete zu beschreiben. Besonders jenen Personen, die uns im weiteren Vorgehen und in der Implementierung bzw. Durchführung unterstützend zur Seite stehen, soll damit ein erster Überblick über das Projekt „AC iUF“ geboten werden. Studiengang iUF 4 Dokumentation AC iUF 1. FH-Studiengang „Internationale Unternehmensführung“ Die Konzeption eines Assessment Centers geht von einer Analyse der betreffenden Zielfunktion aus. Eine Zielfunktion bezeichnet jenen Aufgabenbereich bzw. jene Stelle, welche durch einen oder mehrere Personen besetzt werden soll und deren spezifische Eignung im Assessment Center beurteilt wird. Aufgrund dieser Beschreibung der Zielfunktion kann ein, von zukünftigen Stellen- bzw. StudienplatzinhaberInnen zu erfüllendes Anforderungsprofil abgeleitet werden. Die Beschreibung der Zielfunktion erfolgt indem Studieninhalten und späteren Betätigungsfelder von iUF-AbsolventenInnen dem Antrag auf die Anerkennung des Fachhochschul-Studienganges „Internationale Unternehmensführung“ (2001) entnommen werden. Diese Beschreibung stellt die Grundlage für die durchzuführende Anforderungsanalyse dar. 1.1. Studieninhalte Der Studiengang iUF umfasst insgesamt acht Studiensemester, von denen die ersten drei der Vermittlung von Grundlagenwissen dienen. In den darauffolgenden Semestern ist eine Vertiefung mit Schwerpunkten in den Wissensfeldern „Internationales Management“ und „Business Development“ vorgesehen. Durch die Gliederung der Studieninhalte in Ausbildungseinheiten ergeben sich 28 Module, welche in sich geschlossene Themenfelder darstellen, die sich über ein oder mehrere Semester ziehen. Die Module können zu neun Gruppen zusammengefasst werden, anhand derer die Studieninhalte wie folgt komprimiert dargestellt werden. 1. Ökonomische Modelle Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges: • Mikroökonomie Befähigung • Makroökonomie entscheidungsrelevanten • Systemisches Management ökonomischen betrieblichen der StudentInnen Zuordnung Informationen zu von in den Managementprozess im internationalen Kontext. Studiengang iUF 5 Dokumentation AC iUF 2. Wertketten-Management Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges: • Logistik Vermittlung • Marktstrategien, Marketing Management & eines Sales Verständnisses prozessbasierten der Betriebswirtschaftslehre. Fähigkeit zum modernen Entwicklung Erkennen der Leistungsprozess für der den relevanten Wertschöpfungsketten mit dem Ziel der Optimierung des Kundennutzens. 3. Erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges: • Management Accounting Erwerb von Kenntnissen der wichtigsten • Bilanzierung und Bilanzpolitik prozessorientierten Methoden und Verfahren • Unternehmensgründung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (Prozesskostenrechnung) Aneignung von internationalen sowie die Kenntnissen der Accounting Richtlinien. Fähigkeit zur Handhabung eines „bestpractice“ Controlling-Instrumentariums. 4. Unterstützende Funktionen Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges • Investition und Finanzierung Erarbeitung von Kenntnissen der wichtigsten • Personalmanagement Supportfunktionen • Qualitätsmanagement und Management- gesteuerten Unternehmen. qualität von prozessbasiert Studiengang iUF 6 Dokumentation AC iUF 5. Sprachen Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges • Spanisch Implizites Training der Englischen Sprache • Französisch durch englische Vorlesungen. Erwerb von • Russisch Grundkenntnissen einer weiteren Welthandelssprache (Russisch/Französisch/Spanisch) mit der Möglichkeit zur individuellen Wahl. 6. Schlüsselqualifikationen / Wissenschaftliches Arbeiten Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges • Lern- und Arbeitstechniken Schlüsselqualifikationen • Teamentwicklung Persönlichkeitsentwicklung und –förderung • Präsentationstechniken als • Kreativität und Innovation Führungsfunktionen • Kommunikation Umfeld. Entwicklung von Sozialkompetenz in • Wissenschaftliches Arbeiten Bezug auf Teamarbeit in der interkulturellen • Rhetorik Umgebung. • Negotiation Training • Performance Training Fundament zur - Übernahme im von internationalen Wissenschaftliches Arbeiten - Beherrschung des Grundlageninstrumentariums des wissenschaftlichen Arbeitens. Befähigung zur Weiterqualifizierung für ein Master- oder Doktoratstudium. 7. Cross-Cultural Management Inhalte: Beitrag zum Ziel des Studienganges • CCM European Union Kenntnisse um die spezifischen kulturellen • CCM America und • CCM Eastern Europe Marketplace‘ der verschiedenen Kulturräume. • CCM Asia and Others wirtschaftlichen ‚Rules of the Studiengang iUF 7 Dokumentation AC iUF 8. Internationales Management Inhalte: • Rechtliche Beitrag zum Ziel des Studienganges und Ökonomische Kenntnisse Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft • Internationale Strategien, der ökonomischen rechtlichen und Rahmenbedingungen der insbesondere von OE Weltwirtschaft, internationaler Unternehmen internationalen Wirtschaftsorganisationen und • CC Leadership Competencies supranationalen Rechtsräumen. Befähigung • Internationales Projektmanagement zur • Internationales Finanzmanagement internationaler Gestaltung Qualifizierung und Umsetzung Geschäftsstrategien. der Studierenden zur Zusammenarbeit in und zur Leitung von internationalen Geschäftseinheiten und Projekten. 9. Business Development Inhalte: • Beitrag zum Ziel des Studienganges Innovations- und Vermittlung einer unternehmerischen Denk- Technologiemanagement und • Start-Up-Financing selbstverantwortliches • Internationales Marketing intrinsische Motivation geprägt ist. Schafft die • Business Development, Voraussetzung, um Entrepreneurship als Entrepreneurship Modell Handlungsweise, der Unternehmen welche durch Handeln und Arbeitsorganisation oder als im zukünftige(r) Selbständige(r) lebbar zu machen. Die Wissensvermittlung in diesen neun Themenfeldern soll zukünftige AbsolventInnen in der erfolgreichen Ausfüllung ihrer jeweiligen Managementfunktionen unterstützen. Besondere Eignung erlangen sie für die, im nachfolgenden Punkt beschriebenen, Tätigkeitsfelder. 1.2. Betätigungsfelder zukünftiger iUF-AbsolventInnen Mögliche Berufsfelder der zukünftigen iUF-AbsolventInnen finden sich vor allem in innovativen und international tätigen Wirtschaftsunternehmen, in Wirtschaftsverbänden und internationalen Forschungsorganisationen. Besondere Eignung werden iUF- AbsolventenInnen in teamorientierten Fach- und Führungsaufgaben in internationalen Studiengang iUF 8 Dokumentation AC iUF Geschäftsfeldern vorweisen können, wobei durch das Studium speziell Qualifikationen für Tätigkeiten im Management von prozessorientierten Unternehmen als Vertriebsverantwortliche, TeamleiterInnen und ProjektleiterInnen erworben werden. Konkret ergeben sich daraus folgende Einsatzfelder für zukünftige iUF-AbsolventInnen: - strategische Planungsaufgaben in internationalen Konzernunternehmen, - Entwicklung und Umsetzung internationaler Marketing- und Vertriebskonzepte, - Managementaufgaben im internationalen Projektmanagement mit TeammitarbeiterInnen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, - Internationales Finanzmanagement mit den Aufgaben der internationalen Konzernrechnungslegung und des Treasurings, - Gestaltung und Umsetzung von Supply-Chain-Management Konzepten in den Feldern Sourcing, Strategie und Logistik, - Aufgaben der länderübergreifenden Personal- und Organisationsentwicklung, - länder- und kulturübergreifende Managementaufgaben bei Firmenkooperationen und Joint-Ventures und - Technologie- und Innovationsmanagement. Anforderungen an zukünftige iUF-AbsolventInnen Entwicklungen, wie die Entstehung neuer Märkt durch Verflechtung nationaler Volkswirtschaften, die zunehmende Globalisierung und die damit verbundene Verstärkung des weltweiten Wettbewerbs führen zu einer Veränderung des Anforderungsprofils an Fachund Führungskräfte des betriebswirtschaftlichen Bereiches. Von betriebswirtschaftlichen Entscheidungsträgern wird die Fähigkeit gefordert, in einem internationalen wirtschaftlichen Umfeld professionell und souverän zu agieren. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigen mit internationalen Aufgaben betraute MitarbeiterInnen ein Qualifikationsniveau, welches ihnen die hierfür notwendigen Kernkompetenzen vermittelt. Diese Kompetenzen sind insbesondere: - vorhandenes Grundverständnis internationaler ökonomischer Gesamtzusammenhänge, insbesondere mikro- und makoökonomische Grundlagen, Geldtheorie und Außenwirtschaftstheorie, - prozessorientiertes Denken und Handeln in den Zusammenhängen von Wertketten, - Kenntnis verschiedener Steuerungs- und Lenkungsmodelle der unternehmerischen Leistungserstellung, insbesondere des Projektmanagements, Studiengang iUF - 9 Dokumentation AC iUF Befähigung zur Gestaltung interkultureller Geschäftsbeziehungen (Cross-Cultural Management), - fundierte Kenntnisse des internationalen Finanzmanagements, - Gestaltungskompetenz für globales Marketing- und Vertriebsaktivitäten, - verhandlungssichere Beherrschung der Fremdsprache Englisch sowie einer weiteren Welthandelssprache, - Methodenkompetenz und Sozialkompetenz zur effizienten Gestaltung interaktiver Leistungsprozesse und - die Selbstkompetenz zur authentischen Übernahme von Führungsfunktionen. Kernkompetenzen zukünftiger iUF-AbsolventInnen IUF-AbsolventInnen finden ein breites Beschäftigungsfeld vor. Besonders qualifiziert sind sie für alle Geschäftstätigkeiten im internationalen Umfeld, insbesondere in Marketing und Vertrieb, im internationalen Controlling, in der Unternehmensplanung sowie in internationalen Consultingtätigkeiten. Das mit diesem Studiengang verfolgte Ziel ist die Implementierung eines Studiums für zukünftige UnternehmerInnen. Darunter wird sowohl die selbstverantwortlich handelnde Führungskraft im Unternehmen, wie auch zukünftige selbständige UnternehmerInnen verstanden. Die angeregten Lernprozesse im Studiengang iUF sollen besonders auf Arbeitsmethodik, Diskurs- und Teamfähigkeit sowie auf autonomes Lernen der Studierenden abzielen. Damit eignen sich die Studierenden spezielle Kompetenzen in sozialen bzw. methodischen Bereichen an. Sozial- und Methodenkompetenz Schwerpunkte im Studiengang iUF liegen auf der Verstärkung bzw. Festigung der sozialen Kompetenz, der Methodenkompetenz sowie der Selbstkompetenz der Studierenden. Zukünftige AbsolventInnen sollen sich durch ihre Innovationsfreudigkeit und Initiative auszeichnen. Innovationsfreudigkeit wird dabei wie folgt als Lernziel formuliert: Die Befähigung, aus der Vielzahl kreativer Ideen und Impulse marktfähige Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, neue Marktpotentiale auch international zu erschließen und risikobehaftete unternehmerische Entscheidungsprozesse zielgerichtet und konsequent umzusetzen. Studiengang iUF 10 Dokumentation AC iUF Diese Anforderungen sozialer, methodischer und fachlicher Art an Studierende bzw. AbsolventInnen des Studiengangs iUF werden bei der Konzeption des, aus zwei Teilbereichen bestehenden Auswahlverfahrens, berücksichtigt. 1.3. Aufbau des Auswahlverfahrens Pro Jahrgang stehen im Studiengang iUF 35 Studienplätze zur Verfügung. Übersteigt die Anzahl der StudienbewerberInnen die Anzahl der Studienplätze, so ist ein Reihungsverfahren durchzuführen. Dieses Reihungsverfahren für den FH-Studiengang iUF setzt sich aus zwei Teilbereichen – einem schriftlichen Reihungstest und einem Gruppen-Assessment-Center - zusammen. Schriftlicher Reihungstest Alle BewerberInnen nehmen an einem schriftlichen Reihungstest teil. Dieser Reihungstest stellt ein objektives eignungsdiagnostisches Instrument dar, welches an alle BewerberInnen dieselben Anforderungen stellt. Er prüft zentrale intellektuelle Fähigkeiten, welche für eine erfolgreiche Bewältigung des Studiums von Bedeutung sind und welche den speziellen Anforderungen des FH-Studienganges iUF entsprechen. Die nach dem schriftlichen Reihungstest 80 erstgereihten BewerberInnen werden zur Teilnahme am zweiten Teilbereich des Aufnahmeverfahrens - einem Gruppen-Assessment-Center - eingeladen. Gruppen-Assessment-Center Im Rahmen dieses Assessment Centers wird den BewerberInnen die Gelegenheit gegeben weitere, für den Studiengang iUF relevante Fähigkeiten nachzuweisen. Sie erhalten so die Chance, ihre persönlichen Motivation und Eignung unter besondere Berücksichtigung der großen zeitlichen Belastung eines nebenberuflichen Studienganges zu klären. Aufgrund der Ergebnisse des Reihungstests und des Assessment Centers werden die bestgeeigneten BewerberInnen zum Studium zugelassen. Dabei werden die Ergebnisse der beiden Teile des Aufnahmeverfahrens jeweils zu 50% in der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Studiengang iUF 11 Dokumentation AC iUF 2. Assessment Center Zur Konzeption, Durchführung und Evaluation des an der FH-Vorarlberg geplanten Assessment Centers bedarf es dem Auf- und Ausbau einer nachhaltigen Kompetenz im Bereich der AC-Technik. Dazu ist ein Wissen um die theoretischen Grundlagen zum Thema AC erforderlich, welches Schritt für Schritt um praktische Erfahrungswerte erweitert wird. Mit diesem ersten Beitrag soll nun der Grundstein zum Ausbau einer „Assessment Center Wissensplattform“ an der FH-Vorarlberg gelegt werden. Damit wollen wir es allen an der Entwicklung und Durchführung beteiligten Personen ermöglichen, sich einen Überblick über relevante Themen zum AC iUF zu verschaffen. Dieses Kapitel startet mit einem Überblick über die Entstehung und Entwicklung der ACTechnik. Nach einer Definition und Beschreibung eines AC, werden mögliche Einsatzbereiche dieses Verfahrens, erforderliche Rahmenbedingungen zur Durchführung sowie dessen Ziele aufgezeigt. Das Kapitel schließt mit einer kurzen Diskussion der Schwachstellen des AC-Verfahrens. 2.1. Historische Entwicklung Die Ursprünge des uns heute bekannten Assessment Center-Verfahrens finden sich zur Zeit der Weimarer Republik, als psychologische Testverfahren in der Offiziersauswahl der deutschen Streitkräfte eingesetzt wurden. Danach wurden ähnliche Verfahren von der britischen Armee und dem amerikanischen Geheimdienst übernommen, wo sie seit 1942/43 zur Auswahl geeigneter BewerberInnen eingesetzt werden. Der Terminus „Assessment Center“ wurde schließlich vom Psychologen Murray geprägt, welcher an der Konzeptionalisierung dieses Verfahrens maßgeblich beteiligt war. (Fisseni, Fennekels 1995, S.6) Zur Anwendung kam das AC-Verfahren weiterhin hauptsächlich in militärischen Beurteilungsprogrammen, in denen vor allem individuelle und gruppenbezogene Arbeitsproben, Interviews, Intelligenz- und Persönlichkeitstest zur Beurteilung der einzelnen Kandidaten herangezogen wurden. Damit sah man nicht nur die Möglichkeit einer Diagnose der Gesamtpersönlichkeit von Kandidaten, sondern setzte damit auch einen ersten Schritt zum Abbau von sozial diskriminierenden Auswahlprinzipien. (vgl. dazu Fisseni und Fennekels 1995, Schuler und Stehle 1992, Neuberger 1999) Studiengang iUF 12 Dokumentation AC iUF Mit der Management Progress Study, einer Langzeitstudie welche in der American Telephone and Telegraph Company (AT&T) durchgeführt wurde, kam das AC 1956 erstmalig in einem wirtschaftlichen Umfeld zum Einsatz. Ziel dieser Studie war die Überprüfung der Vorhersagegenauigkeit von Assessment Centern. Dazu wurden 422 im Unternehmen beschäftigte Nachwuchsführungskräfte als Kandidaten in ein AC eingeladen, deren Verhalten in Übungen, die z.T. heute noch zum Einsatz kommen (Postkorbübung, Wirtschaftsspiel, führerlose Gruppendiskussion), beobachtet wurde. Die Beobachter sollten die Kandidaten anhand von 25 Merkmalen beurteilen und dabei einschätzen, ob die Kandidaten im Laufe der nächsten 10 Jahre eine Karriere bis ins mittlere Management machen würden und sollten. Die im Assessment Center gewonnenen Daten und Ergebnisse wurden sowohl vor den betroffenen Kandidaten als auch vor deren Vorgesetzten geheimgehalten, um die weitere Karriere der Kandidaten nicht zu beeinflussen. Nach sechs Jahren wurden Beurteilungen und Karriereerwartungen mit dem tatsächlich eingetretenen Karriereerfolg verglichen. Die Studie ergab, dass zwischen den im AC formulierten Prognosen und den tatsächlichen Berufskarrieren der Kandidaten eine hohe Übereinstimmung ersichtlich war. (vgl. Bray 1964) In folgenden Jahren breitete sich die Durchführung von Assessment Centern, angetrieben von zahlreichen Publikationen, rasch in den USA aus. Schließlich übernahmen in den 70er Jahren auch Industriestaaten in Europa das AC-Verfahren als Instrument zur Personalauswahl und –entwicklung. (Fisseni und Fennekels 1995, S.7) Zum heutigen Zeitpunkt setzen, nach Einschätzung des Arbeitskreises Assessment Center in Deutschland, rund 180 Unternehmen bei der Personalauswahl auf Assessment Center. 2.2. Definition Der Begriff „Assessment Center“ wird zur Bezeichnung von Auswahlverfahren benutzt, die, auch wenn sie einen gleichen Hintergrund haben, in der konkreten Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein können. So lassen sich in der Literatur verschiedene Definitionen finden, die jedoch meist den selben Kern aufweisen. Demnach wird unter dem Begriff AC ein Verfahren zu Potentialeinschätzung bei der Auswahl und Beurteilung von Leistungsträgern verstanden. Eine gute und gesamtheitliche Definition liefern Fisseni und Fennekels (1995, S. 15) in einer Einführung für Praktiker. Demnach ist ein Assessment Center • „ein systematisches und flexibles Verfahren • zur kontrollierten und qualifizierten Feststellung von Studiengang iUF 13 Dokumentation AC iUF • Verhaltensleistungen und –defiziten, • das von mehreren Beobachtern gleichzeitig • für mehrere Teilnehmer • in bezug auf vorher festgelegte Übungen und • bestimmten Anforderungen • vornehmlich zur Mitarbeiterauswahl und –weiterentwicklung eingesetzt wird.“ Zusammengefasst ist ein Assessment Center ein Verfahren, in dem mehrere BeobachterInnen eine(n) bzw. mehrere KandidatInnen anhand von Verhaltensausprägungen beurteilen, um deren Eignung zur Erfüllung klar definierter Anforderungen zu bewerten. Neben KandidatInnen und den BeobachterInnen nimmt der Moderator/die Moderatorin eine entscheidende Rolle im AC ein. Vor der Durchführung des AC ist er/sie meist maßgeblich an der Konzeption beteiligt und macht die BeobachterInnen mit ihrer konkreten Aufgabe vertraut. Zu diesem Zweck führt er/sie ein Beobachtertraining durch. Während der Durchführung des AC macht er/sie die KandidatInnen mit den einzelnen Übungen vertraut, erklärt ihnen das Ziel und die Bewertungskriterien jeder Aufgabe und sorgt damit für die nötige Transparenz des Ablaufes. Die Rolle des Moderators/der Moderatorin ist für die reibungslose Durchführung des AC ausschlaggebend und sollte daher von einer, auf dem Gebiet der Moderation erfahrenen Person, übernommen werden. 2.3. Einsatzbereiche und Ziele des Assessment Centers Die grundlegenden Einsatzmöglichkeiten eines AC lassen sich anhand einiger Punkte zusammenfassen. Demnach sieht Jeserich (1990, S. 581 – 582) die folgenden drei Hauptanwendungsbereiche: 1) Personalentwicklung und Potentialsuche Dem Einsatz eines AC als Instrument zur Potentialsuche und Personalentwicklung fällt eine verhältnismäßig grosse Bedeutung zu. Ein AC eignet sich einerseits zur Beurteilung von Führungspotential und anderseits können damit weitere Fördermaßnahmen, welche einzelnen Personen zukommen sollen, gezielt formuliert werden. Ab einer gewissen Zielebene werden daher Potentialanalyse und Personalentwicklungsaspekte meist miteinander kombiniert. 2) Bewerberauswahl In fast allen grossen Unternehmungen kommen in Auswahlverfahren mit internen oder externen BewerberInnen ACs oder zumindest Komponenten eines ACs zum Einsatz. Studiengang iUF 14 Dokumentation AC iUF 3) Erhöhung der sozialen Kompetenz BeobachterInnen wird die Möglichkeit geboten, qualifizierte Personalentscheidungen vorzubereiten und zu treffen. KandidatInnen erhalten die Chance, die eigenen Stärken und Schwächen, gemessen am Anforderungsprofil für höhere Führungskräfte kennenzulernen. Ausgehend von diesen Einsatzbereichen ist das Ziel eines Assessment Centers die „Führungskompetenzen eines Teilnehmers festzustellen: zu ermitteln, welche Potentiale ihm dafür zur Verfügung stehen, Potentiale in einer Position, die eine oder zwei Ebenen über der Ebene liegt, auf der er sich gegenwärtig befindet“. (Fisseni und Fennekels 1995, S. 17) Ähnlich sehen auch Schulte und Stehle (1992, S. 4) die „wichtigste ‚manifestierte‘ Zielsetzung des Assessment Centers“ in der „Auswahl oder Förderung von Führungskräften.“ Als Anteil an Verfahren, welche dieser Kategorie zuzurechnen sind führt Neuberger (1999) in Anlehnung an die Schätzung von Thornton und Byham ca. 95% an. Nicht-Ziel eines Assessment Centers ist jedoch ausdrücklich die Erfassung der Fachkompetenz eines Teilnehmers/einer Teilnehmerin. (Fisseni und Fennekels 1995, S. 17) Studiengang iUF 15 Dokumentation AC iUF Eine weitere sehr gute und vollständigere Darstellung der Leitideen1 eines ACs bietet Gloor (2000, S. 26). I. Leitideen eines Assessment Centers II. III. Beurteilung und Auswahl von Persönlichkeits- und Kultur- und Stilentwicklung Nachwuchspersonen für führungsorientierte der Organisation obere und oberste Positionen Weiterbildung für Kandidaten und Assessoren (Beobachter) Auswahl sinngemäß zitierter AC-Leitlinien aus der Literatur • Potentialerfassung und – • Förderung und • Steigerung der sozialen einschätzung zum Zweck Entwicklung von Kompetenz der der Personalplanung und Mitarbeitern bzw. von Führungskräfte, die als Personalentwicklung potentiellen Kadern Beobachter/Assessoren an Assessment Centers • Qualitative und • Bewußtseinsförderung teilgenommen haben. quantitative der Linien-Manager in bezug auf Ihre Aufgabe in • Explizite, klare und Personalbedarfsplanung der Personalführung und weitzugängliche • Auswahl von –entwicklung Entwicklung einer Nachwuchskräften im Management- und Hinblick auf Besetzungs- • Ausbildung der Führungsphilosophie und entscheidungen Linienmanager in der ihrer Konsequenzen für „Kunst“ der fairen, • Risikominderung für das Managementverhalten begründeten und Dept. Technik bei der und Denkweise der transparenten Auswahl von Führungskräfte Mitarbeiterbeurteilung Spitzenkadern • Ermittlung des Aus- und • Ausbildung der • Bereitstellung von Weiterbildungsbedarfs Linienmanager im Entscheidungsgrundlagen Durchführen von für Feedbackgesprächen, um - Selektionsentscheide gezielte - AusbildungsEntwicklungsmaßnahmen entscheide und Laufbahnent- Rotationsentscheide scheidungen in Gang zu setzen. • Für Assessoren: Förderung der Einsicht in die eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Potentiale sowie in deren Grenzen (Selbsteinschätzung) Tab. 1: „Leitideen des Assessment Centers“ (Gloor 2000, S. 26) 1 Gloor (2000, S. 25) siedelt in seiner Darstellung den Begriff der „Leitidee“ in der Hierarchie der Planungsbegriffe unterhalb der Vision und oberhalb der Strategie bzw. dem Ziel an. Demnach definieren Leitideen Grundorientierungen, enthalten aber keine Kriterien, mit denen sich der Grad der Effektivität feststellen ließe. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 16 2.4. Rahmenbedingungen zur Durchführung eines ACs Um ein Auswahl- bzw. Entwicklungsverfahren als Assessment Center bezeichnen zu können, sind nach Gloor (2000, S. 38 ff.) verschiedene Bedingungen bzw. Voraussetzungen zu erfüllen. 1. Organisatorische Voraussetzungen • ACs sind firmenspezifisch Ein Assessment Center sollte so konzipiert werden, dass es auf die jeweiligen Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten ist. Ob dies nun bedeutet, dass ein AC für jedes Unternehmen grundlegend neu geschaffen wird oder ob die Grundzüge eines bereits bestehenden Verfahrens übernommen werden können, darüber ist man sich auch in der Literatur nicht einig. Grundsätzlich herrscht aber Einigung darüber, dass die Durchführung von zugekauften Standard-Assessment Centern nicht zweckmäßig und daher keinesfalls zu empfehlen ist. • Klarheit über den Zweck des ACs Alle am AC beteiligten Personengruppen sollen sich im Klaren über grundlegende Fragen zum AC sein. Die Informationen sollten Antworten auf die folgenden Fragestellungen (Neuberger 1989, S. 292f.) geben: - Welche Ziele und beabsichtigten Anwendungen werden mit der Durchführung des ACs verfolgt? - Wie und mit wem wird das Verfahren entwickelt? - Welche Verhaltensweisen sind erfolgsbestimmend (Anforderungsanalyse)? - Wie und von wem werden die TeilnehmerInnen des ACs ausgewählt? - Wie werden die Beobachtungen zu Einzelbewertungen und anschließend zu Gesamturteilen verdichtet? 2. Methodische Voraussetzungen • BeobachterInnen Die Rolle der BeobachterInnen sollten Führungskräfte einnehmen, die jedoch keine persönlichen Vorgesetzten der KandidatInnen sind. Studiengang iUF • 17 Dokumentation AC iUF Übungen Übungen sollten von den Anforderungen in den jeweiligen Positionen abgeleitet werden, um eine Beurteilung der tatsächlich erfolgsrelevanten Verhaltensmerkmale zu ermöglichen. • Das AC als lernfähiges System Ein AC soll kein festgefügtes sondern ein lernfähiges System sein. „...man kann kein AC derart entwerfen, daß alles auf Anhieb funktioniert, wie man sich das vorgestellt hat. ACs sind soziale Biotope, die atmen, wachsen und sich verändern.“ (Gloor 2000, S. 44) • Transparenz des ACs2 Grundsätzlich sollen allen Beteiligen Informationen zu allen AC-Vorgängen und – Dokumenten zur Verfügung stehen. • Verpflichtende Präsenz Alle Personen, die an der Durchführung eines ACs beteiligt sind, müssen während der gesamten Dauer des ACs präsent sein. Als AC-TeilnehmerIn nicht geeignet sind KandidatInnen, die zwischendurch für ein paar Stunden abwesend sind oder BeobachterInnen, die während ihres Einsatzes anderen Tätigkeiten nachgehen. 2.5. Schwachpunkte des ACs Da dieses Dokument vor allem einem Informationszweck dient, wollen wir auf Punkte eingehen, welche dem Assessment Center häufig zum Vorwurf gemacht werden. Wir wollen so eine Plattform zur Diskussion bzw. zum Diskurs schaffen, auf welcher die potentiellen Gefahren bzw. Schwächen unseres zukünftigen AC iUF angesprochen und sinnvolle Lösungsansätze gefunden werden. Zu den, in der Literatur am häufigsten genannten Schwachstellen zählen der hohe Zeit- und Kostenaufwand zur Konzeption und Durchführung eines Assessment Centers. Der hohe Kostenaufwand ist dabei im Zusammenhang mit der strittigen Validität der AC-Ergebnisse zu nennen. Hier ergaben umfassende Untersuchungen der derzeitigen Praxis und Forschung im Bereich des AC-Verfahrens, dass man bei diesem kostenmäßig relativ aufwendigen Auswahlinstrument oft zu enttäuschenden Ergebnissen in der Verläßlichkeit kommt. (Gloor 2000, S. 48) Aus welchem Grund man zu solch enttäuschenden Ergebnissen kam und ob die Durchführung des AC bzw. dessen Konzeption sinnvoll durchgeführt wurde, bleibt allerdings unklar. 2 Näheres zu diesem Grundsatz entnehmen sie bitte den, im Anhang nachzulesenden Qualitätsstandards eines ACs. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 18 Jedenfalls sollte man sich aber immer der besonderen Situation bewusst sein, in welcher sich die BewerberInnen befinden. Es ist durchaus anzunehmen, dass BewerberInnen in hohem Maße dazu neigen, das zu zeigen, was sie glauben zeigen zu müssen und weniger das was sie tatsächlich sind. (Gloor 2000, S. 55) Laborbedingte Verhaltensverzerrungen müssen als ein nicht zu unterschätzender Schwachpunkt des AC in Kauf genommen werden. (Schuler und Stehle 1992, S. 104) Solche Verhaltensverzerrungen entstehen durch Hypothesen, die jeder der Teilnehmer bezüglich der, in den Übungen beobachteten Verhaltensausprägungen bildet. Zur Veranschaulichung dieser Problematik wollen wird kurz auf eine von Schuler und Stehle (1992) durchgeführte Studie eingehen. 40 TeilnehmerInnen eines AC wurden einige Wochen nach Abschluss des Verfahrens zu ihrer jeweiligen Hypothesenbildung und den danach gerichteten Verhaltensstrategien befragt. Den TeilnehmerInnen war bei der Beantwortung der Fragen die tatsächliche Zielsetzung der Übungen nicht bekannt. Bei Fragen zu einer Präsentationsaufgabe sagten 35 von den 40 TeilnehmerInnen aus, dass sie vor Beginn der Präsentation bewusst eine Hypothese über die Zielsetzung der Aufgabe entwickelt hatten. Insgesamt konnten 18 verschiedene Hypothesen differenziert werden, aus denen die TeilnehmerInnen noch vor der Übung bestimmte Verhaltenspläne abgeleitet hatten. Wer z.B. glaubte, es handle sich um einen Gedächtnistest, versuchte den Text möglichst in voller Länge wiederzugeben. Jene TeilnehmerInnen, welche der Übung den richtigen Aspekt als Zielsetzung (tatsächlich beobachtet wurde die ‚sprachliche Ausdrucksweise‘) unterstellt hatten, erhielten die besseren Werte, als jene, die eine z.B. einen Gedächtnistest vermutet hatten. Aus dieser Studie lässt sich u.a. die Konsequenz ableiten, dass neben der gesamten Assessment Center Situation, insbesondere auch die Bewertung der Übung transparent sein muss um sicherzustellen, dass KandidatInnen auch jene Verhaltensmuster zeigen können, welche auch beobachtet werden sollen. Einen weiteren Ansatzpunkt zur Kritik sehen Schule und Stehle (1992, S. 13) im Umstand, dass die Einschätzung der tatsächlichen Bereitschaft und Fähigkeit von KandidatenInnen zu überdauernden Kräfteeinsatz nur sehr beschränkt an kurzen Verhaltensstichproben ablesbar ist. Diesem Problem kann teilweise Abhilfe geschaffen werden, indem die AC-Übungen auf anforderungsanalytischem Wege zustande kommen. Ein weiterer Schwachpunkt des ACs liegt in den unvermeidbaren Wahrnehmungsfiltern der BeobachterInnen (Assessoren). Hier besteht die Gefahr, dass „die Assessoren in der Rolle des Beobachters das Verhalten der Kandidaten selektiv wahrnehmen und entsprechend verzerrt protokollieren. Diesem Aspekt ist in der Literatur unter den Stichworten ‚Halo-Effekt‘, ‚impression-error‘, ‚primacy-effect‘, ‚fundamentaler Attributionsfehler‘ grosse Aufmerksamkeit Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 19 geschenkt worden.“ (Schule und Stehle 1992, S. 107) Die gängigsten Verzerrungs- und Verfälschungstendenzen werden im Anhang angeführt. Weiters häufig genannte Schwachstellen eines ACs: - Gefahr der Delegation von Führungsverantwortung an das AC - Entmachtungsängste der Linienchefs - Revidierung der Vorgesetzten-Meinung über einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin - „Öffentlichkeit“ der Beurteilungsfragen - Problematik der „gescheiterten“ AC-AbsolventInnen - Akzeptanzprobleme - Realitätsferne der Übungen / Zweifel an der Relevanz - Fragen des Persönlichkeitsschutzes Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 20 3. Säulen des Assessment Centers Die Qualität der Ergebnisse eines AC sind maßgeblich davon abhängig, wie in der Konzeption der Übungen vorgegangen wird. Daher widmen wir dieser Konzeptionsfrage ein eigenes Kapitel, in welchem wir das Fundament eines AC vorstellen. Fisseni und Fennekels (1995, S. 18) beschreiben dieses Fundament als „die Säulen eines Assessment Centers“, wonach ein AC auf „Anforderungen“, „Übungen“ und „Beobachter“ aufbaut. Wir greifen diese Säulen als Fundament auf und beschreiben die Aufgabe der Konzeption ausgehend von einer Anforderungsanalyse über die Konzeption der Übungen und schließen das Kapitel mit der Rolle der BeobachterInnen. 3.1. Anforderungen Mit Hilfe eines AC soll die Eignung von Personen für deren Einsatz in bestimmten Positionen bzw. für die Übernahme bestimmter Funktionen beurteilt werden. Dies kann nur dann sinnvoll geschehen, wenn festgelegt wird, welchen Anforderungen diese Person zur erfolgreichen Bewältigung der Aufgaben gerecht werden muss. Daher stellt die Erhebung der sich aus der Zielfunktion ergebenden Anforderungen eine zentrale Rolle in der Konzeption des AC dar und bildet eine „entscheidende Grundlage zur Güte des Verfahrens“. (Arbeitskreis Assessment Center e.V., 1996) Eine Anforderungsanalyse sollte zumindest die • Identifikation der zu besetzenden Position als Zielebene, eine • Analyse der in der Zielebene derzeit und zukünftig relevanten erfolgskritischen Situationen und eine • Erhebung der in diesen Situationen geeigneten Verhaltensbandbreiten umfassen. (Fisseni und Fennekels 1995, S. 35) 1. Beschreibung der Zielfunktion Eine Beschreibung der Zielfunktion ist vorzunehmen, da das Potential bzw. Stärken und Schwächen der KandidatInnen nicht absolut sondern immer in bezug auf Anforderungen einer bestimmten Funktion festgelegt wird. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, sich auf mehr als nur eine Zielfunktion zu einigen wenn diese eine grosse Ähnlichkeit aufweisen und damit durch viele gemeinsame Anforderungssituationen gekennzeichnet sind. (Arbeitskreis Assessment Center e.V. 1995, S. 73) Studiengang iUF 21 Dokumentation AC iUF 2. Erheben der erfolgskritischen Situationen der vereinbarten Zielfunktion In diesem Schritt wird nach Situationen gesucht, die in der Zielfunktion immer wieder vorkommen und welche dabei gleichzeitig für den Erfolg in der Funktion von ausschlaggebender Bedeutung sind. Gewählt werden sollten vor allem einstellungs- und verhaltensbedingte Situationen und keine Situationen, welche schnell erlernbare Anforderungen an eine Person stellen. Diese kritischen Situationen können nach einzelnen Interaktionspartnern (z.B. Kollegen, Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kunden) sortiert werden. (Schuler und Stehle, 1992) Da allerdings nicht alle Situationen im AC simuliert werden können, muss eine Rangreihe nach der jeweiligen Priorität der einzelnen Situationen erstellt werden. Dabei können die folgenden Sortierfragen als Hilfestellung herangezogen werden: • „Welches sind die für den Erfolg in der Funktion ausschlaggebenste Situationen?“ • „Welche dieser Situationen gewinnen in Zukunft an Bedeutung für die erfolgreiche Wahrnehmung der Funktion?“ (Arbeitskreis Assessment Center e.V. 1995, S. 73) 3. Bestimmung von geeigneten Verhaltensbandbreiten Für jede im zweiten Schritt als erfolgskritisch befundene Situation wird nun das gewünschte bzw. nicht gewünschte Verhalten erhoben. In diesem Schritt der Anforderungserhebung soll ein möglichst breites Spektrum an Verhaltensbandbreiten generiert werden. Daher ist es hier methodisch von einem einfachen Brainstorming abzusehen. Anstelle dessen rät der Arbeitskreis Assessment Center (1995) zu einem Verfahren der „differenzierten Verhaltensbeschreibungen“. Dabei werden im Rahmen eines bestimmten Abfragemusters „gute“ mit „schwachen“ FunktionsinhaberInnen verglichen, indem die Unterschiede im jeweiligen Verhalten aufgezeigt werden. Die beschriebenen „guten“ bzw. „schlechten“ Verhaltensweisen in einer bestimmten Situation werden im nächsten Schritt danach geordnet, welche Bewältigungsfaktoren (z.B. kompromißbereite Haltung) wirksam sind, um die Situation erfolgreich zu meistern. In einem weiteren Verdichtungsschritt werden die Bewältigungsfaktoren zu Anforderungsdimensionen zusammengefasst (z.B. kompromißbereite Haltung + überzeugende Gesprächsführung + Wertschätzung des Gesprächspartners = offene, faire Gesprächsführung). In den später im AC verwendeten Beurteilungsblättern tauchen diese Anforderungsdimensionen als Überschriften auf, denen die jeweiligen Verhaltensweisen (von „guten“ FunktionsinhaberInnen) untergeordnet werden. Studiengang iUF 22 Dokumentation AC iUF Die eben beschriebene Anforderungsanalyse bildet die Grundlage zur Gestaltung der Übungen im AC. 3.2. Übungen Nach der Definition der Zielfunktion und einer, von den erfolgskritischen Situationen ausgehenden Anforderungsanalyse, muss überlegt werden, wie eine Situation in einer Übung abgebildet bzw. simuliert werden kann. Dazu bieten sich mehrere Möglichkeiten an, welche u.a. am Assessment Center Kongreß 20013 besprochen und im folgenden angeführt werden. 1. Situationen mit ähnlicher Anforderungscharakteristik werden in einer Klasse zusammengefasst, und eine der Situationen wird stellvertretend für alle anderen simuliert. 2. In einer Übung können Elemente aus mehreren Situationen abgebildet werden, die in der Realität häufig getrennt vorkommen. So lassen sich z.B. die wesentlichen Inhalte eines Zielvereinbarungsgesprächs, eines Kritikgesprächs und eines Motivationsgesprächs in einer Übung simulieren. 3. Eine wesentliche Herausforderung besteht bei manchen Situationen darin, sie überhaupt aufzusuchen und sie nicht zu unterlassen. Die Anforderung einer solchen Situation wird ein Teilnehmer nur im Kontext einer übergreifenden Aufgabenstellung wirklich erleben können. Deshalb ist es sinnvoll, eine Reihe kleinerer Situationen zu einer komplexen und umfangreichen Übung zusammenzufügen. So nimmt ein Kandidat beispielsweise in einer Übung „Führen einer Mitarbeitergruppe beim Erledigen der Tagesarbeit“ Situationen wahr wie: Überwachen der Tätigkeiten, Hilfestellung geben bei Problemen, Delegieren von Aufgaben, Eingreifen bei Störungen, Organisieren des aktuellen Arbeitsablaufs, Rücksprache mit Mitarbeitern, Information der Mitarbeiter über Neuerungen. 4. Schließlich wird für alle Übungen eine Gesamtkontext entworfen, welcher der Realität im Unternehmen weitgehend entspricht, jedoch vereinfacht oder verfremdet wird. Grundsätzlich ist in der Konstruktion der Übungen darauf zu achten, dass das Verhalten, welches in der entsprechenden Zielfunktion zu realisieren ist, durch den Aufbau der Übung hervorgerufen wird. (Fisseni und Fennekels 1995) Die wichtigsten im AC gebräuchlichen Übungen sind (Schuler und Stehle 1992, S. 5): • Individuell auszuführende Arbeitsproben und Aufgabensimulationen (Organisations-, Planungs-, Entscheidungs-, Controlling – und Analyseaufgaben) 3 Die angeführten Möglichkeiten Situationen in eine Übung zu überführen, stammen sinngemäß aus einem Handout zum Referat von Ernst-August Bolte und Katrin Sünderhauf zum Thema „Konstruktion von Übungen“. Studiengang iUF 23 Dokumentation AC iUF • Gruppendiskussionen mit und ohne Rollenvergabe • Gruppenaufgaben mit Wettbewerbs- und/oder Kooperationscharakteristik • Vorträge und Präsentationen • Selbstvorstellung • Wirtschaftsspiele • Fähigkeits- und Leistungstests • Biographische Fragebogen • Lockerungsübungen Zusammenfassend ist der gesamte Prozess zur Konstruktion der AC-Übungen in Abbildung 1 vereinfacht dargestellt. Konstruktion AC-Übungen Beschreibung der Zielfunktion Definition erfolgskritischer Situationen Verhaltensbeschreibung „guter“ und „schlechter“ Stelleninhaber Definition Bewältigungsfaktoren je Situation Zusammenfassung d. Bewältigungsfaktoren zu Anforderungsdimensionen Ergebnis I: Ergebnis II: Übungskonzept Schreiben der Übungen Entwurf Gesamtkontext Abbildung der Situationen in Übungen Liste kritischer Situationen der Zielfunktion Anforderungsdimensionen (inkl. Verhaltensbeschreibungen) je Situation Abb. 1: Konstruktion von AC-Übungen 3.3. BeobachterInnen BeobachterInnen nehmen eine zentrale Rolle im AC-Verfahren ein. Die Anzahl der BeobachterInnen soll so gewählt werden, dass „einem Beobachter jeweils höchstens zwei Teilnehmer zugeordnet werden“. (Fisseni und Fennekels 1995, S. 79) Die Organisation des Beobachtungsvorganges kann auf mehrerlei Arten erfolgen. Oft bekommt ein Beobachter/eine Beobachterin eine(n) oder zwei KandidatInnen zugeteilt, welche er/sie im Verlauf des gesamten ACs beobachtet (fixe Zuteilung). Bei einem solchen Vorgehen geht allerdings der Vorteil eines AC verloren, dass man sich in der Beurteilung der KandidatInnen auf mehrere Meinungen stützen kann. Geeigneter scheint es, jedem Kandidaten/jeder Kandidatin eine(n) „HauptbeobachterIn“ zuzuteilen. Diese(r) Studiengang iUF 24 Dokumentation AC iUF „HauptbeobachterIn“ beobachtet und beurteilt eine(n) Kandidaten/Kandidatin, und diese Beobachtung wird von anderen BeobachterInnen ergänzt (Halb-fixe Zuteilung). Eine dritte Möglichkeit ist es, in jeder Übung die Zuteilung KandidatIn – BeobachterIn zu wechseln (lose Zuteilung). Welche der angeführten Varianten zum Einsatz kommt, ist u.a. von der Anzahl der BeobachterInnen abhängig, die für das AC zur Verfügung stehen. Alle drei Möglichkeiten werden in Abbildung 2 dargestellt. Dabei stellen die schwarzen Kreise die BeobachterInnen dar, die weißen Kreise die KandidatenInnen, die durchgezogenen Linien die fixen Beobachter-Kandidat-Verbindungen und die gestrichelte Linien die, in jeder Übung wechselnden Beobachter-Kandidaten-Verbindungen dar. Fixe Zuteilung Halb-fixe Zuteilung Lose Zuteilung B e o b a c h t e r K a n d i d a t e n Abb. 2: Zuteilung Beobachter - Kandidaten Beobachtet und protokolliert werden während den Übungen die Verhaltensausprägungen der KandidatInnen. Diese Verhaltensorientierung ist eines der entscheidenden Qualtitätskriterien des Arbeitskreis Assessment Center (1992). Sie baut auf dem Grundsatz auf, dass „protokollierte Verhaltensbeschreibungen“ das einzige Mittel darstellen, um „zwischen tatsächlichem Teilnehmerverhalten und Interpretation oder Schlussfolgerungen der Beobachter zu unterscheiden. (...) Beobachtbares Verhalten ist das zentrale Kommunikationsmittel, mit dem Beobachter ihre Eindrücke und Schlussfolgerungen austauschen.“ Studiengang iUF 25 Dokumentation AC iUF Abbildung 5 zeigt einen kurzen Leitfaden für BeobachterInnen, der u.a. die Aufgabe der Verhaltensprotokollierung und –bewertung berücksichtigt. „Leitfaden für Beobachter“ Überblick: Während des AC gilt: - Die Beobachter protokollieren Verhalten. - Die Beobachter bewerten Verhalten. Am Ende des AC gilt: - Die Beobachter fassen die Stärken und Schwächen zusammen. - Die Beobachter geben Empfehlungen für Entwicklungsmaßnahmen. Einzelaufgaben - Während einer Übung protokolliert ein Beobachter die Wortbeiträge sowie das nichtverbale Verhalten der (zwei) Teilnehmer, die ihm zugewiesen werden. - Nach der Übung bewertet er das Verhalten aufgrund seiner Notizen und stimmt diese Bewertung mit anderen Beobachtern ab. Wichtig ist, dass alle Beobachter mit der Bewertung einverstanden sind.“ - Am Schluss des AC fassen die Beobachter die in den einzelnen Bewertungen beschriebenen Stärken und Schwächen zusammen, und zwar getrennt nach jeder Anforderungsdimension. - Auch das End-Gutachten wird im Beobachter-Gremium solange besprochen, bis alle Beobachter einverstanden sind. Abb. 3: „Leitfaden für Beobachter“ (Fisseni und Fennekels 1995, S. 80) 3.4. Der Beobachtungsprozess im AC Der Prozess von der einzelnen Verhaltensbeobachtung während einer AC-Übung bis zur Entscheidungsfindung läuft wie folgt ab: 1. Während der AC-Übung werden KandidatInnen bzw. deren Verhalten von BeobachterInnen beobachtet. Dies geschieht nach einem zuvor angefertigten Plan, der festlegt, welche(r) BeobachterIn welche(n) TeilnehmerIn in welcher Übung beobachtet. Hilfsmittel ist ein Beobachtungsblatt, auf welchem die Beobachtungen verhaltensnah festgehalten werden. Studiengang iUF 26 Dokumentation AC iUF Beispiel Beobachtungsblatt:4 Beobachtungsblatt, Übung: Beobachter: Name des Teilnehmers: Zeit Beobachtungen 2. Nach der Übung ziehen sich die BeobachterInnen in einen Beobachterraum zurück. Dort füllt jede(r) BeobachterIn mit Hilfe der dokumentierten Beobachtungen am Beobachtungsblatt ein Auswertungsblatt aus. Vor oder während dieser Aufgabe sollten sich die BeobachterInnen nicht miteinander austauschen, da keine gegenseitige Beeinflussung stattfinden soll. Beispiel: Auswertungsblatt10 Auswertungsblatt Teilnehmer: Übung: MA-Gespräch Anforderungsdimension Beobachter: Beobachtetes Verhalten Zwischenmenschlicher Umgang - schafft gute Gesprächsatmosphäre hört zu ist ruhig, sachlich und fair erkennt Argumente des MA an, nimmt Vorschläge ernst zeigt Verständis Zusammenfassung Stärken: Zusammenfassung Schwächen: 4 Die Vorlagen zum Beobachtungs- und Auswertungsblatt stammen aus einer Übung, welche mit den Besuchern Studiengang iUF 27 Dokumentation AC iUF „Die Organisation des Beuteilungsprozesses wird von folgender Regel geleitet: Zuerst beobachten und dann beurteilen!“ (Kompa 1999, S. 42) 3. Nach Abschluss aller Übungen treffen die BeobachterInnen in der Beobachterkonferenz zusammen. Dort werden alle Eindrücke über KandidatInnen ausgetauscht und diskutiert. Auf Basis des so entstehenden Gesamtbildes eines/einer Kandidaten/Kandidatin wird dann eine Entscheidung getroffen. Der Prozess der Entscheidungsfindung kann nach einer Empfehlung des Arbeitskreis Assessment Center e.V. (1995) wie folgt gestaltet werden: i. Vorstellung des beruflichen Werdegangs der jeweiligen TeilnehmerIn ii. Vorlesen der Stärken und Schwächen der TeilnehmerIn iii. Klärung eventueller Unklarheiten iv. Herausarbeiten charakteristischer Verhaltensweisen der TeilnehmerIn durch Verdichtung der Stärken und Schwächen (Resümee). Als charakteristisch werden in der Regel nur Merkmale bezeichnet, die in mehreren Übungen beobachtet werden konnten, d.h. einen ‚gewissen Grad von Situationsunabhängigkeit‘ aufweisen. v. Entscheidung in Hinblick auf die Eignung bzw. den Grad der Eignung zur Übernahme der Zielfunktion. Die Entscheidung über die Eignung der KandidatInnen kann von den Beobachtern allerdings nur dann begründet getroffen werden, wenn sie gründlich auf ihre Aufgabe im AC vorbereitet wurden. 3.5. Beobachtertraining Ein AC sollte nicht ohne Training der BeobachterInnen durchgeführt werden. In einem Beobachtertraining müssen zumindest folgende Ziele verfolgt werden: (Arbeitskreis Assessment Center e.V. 1995, S. 103f.) • Sensibilisierung der BeobachterInnen für Fehlerquellen im Rahmen der Personenwahrnehmung und -beurteilung. • Verdeutlichung der Tatsache, dass Personenwahrnehmung und –beurteilung subjektiv und von den Erfahrungen und Einstellungen des jeweiligen Beobachters geprägt sind. des Assessment Center Kongresses 2001 durchgeführt wurde. Studiengang iUF • 28 Dokumentation AC iUF Durchspielen einzelner AC-Übungen, um die Situation der TeilnehmerInnen aus eigener Erfahrung kennenzulernen. • Anleitung zur klaren Trennung von Verhaltensbeschreibungen und Verhaltensbeurteilungen. • Sicherstellung eines einheitlichen Vorgehens bei der Datenerhebung (Verhaltensbeobachtung) und Beurteilung. Als weitere Zielsetzung eines Beobachertrainings führen Fisseni und Fennekels (1995) folgende Punkte an: • Die BeobachterInnen haben eine sichere Kenntnis der eingesetzten Materialien. • Die aktive Einübung des Beobachtungs- und Beurteilungsprozesses wird berücksichtigt. • Aufmerksamkeit für gängige, spontane Wahrnehmungsverzerrungen wird erzeugt. • Gegenseitiger Respekt und Unterstützung in der Aufgabe wird durch Teambildung gefördert. • Rückmeldungsgespräche mit den KandidatInnen werden geprobt. Studiengang iUF 29 Dokumentation AC iUF 4. AC iUF Projektplanung Nachdem im vorangegangen Teil des Dokumentes die Ausgangslage zur Konzeption eines Assessment Centers dargestellt wurde, geht dieser nun folgende Teil auf die Grobplanung des Projektes „AC iUF“ ein. Inhalt des Projektes ist sowohl die eigentliche Konzeption des Assessment Centers und die zur Durchführung notwendigen Vorbereitungsarbeiten als auch die Durchführung des Assessment Centers an sich. Weiters Bestandteil des Projektes ist die Dokumentation und Evaluation des ACs, welcher eine wichtige Rolle in der Weiterentwicklung des AssessmentVerfahrens an der Fachhochschule zukommt. Vor-Projekt Projekt . . Planung, Konzeption AC iUF Durchführung AC iUF Abb. 4: Kontextanalyse Projekt AC iUF Nach-Projekt Evaluation AC iUF Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 30 4.1. Projektstrukturplan Der Projektstrukturplan zum Projekt „AC iUF“ gliedert sich in sieben Arbeitspakete, welche sich in drei Projektphasen einordnen lassen: Planung, Konzeption AC iUF: • Konzeption Übungen • BeobachterInnen schulen • Ablaufplanung Durchführung AC iUF • Durchführung AC iUF • Endgutachten erstellen • Rückmeldung an KandidatInnen Evaluation AC iUF Die Evaluation und Weiterentwicklung des AC iUF soll im Rahmen des Projektmanagements stattfinden. Studiengang iUF 31 Dokumentation AC iUF Projektstrukturplan „Assessment Center iUF“ AC IUF Beobachter schulen Konzeption Übungen Ablaufplanung Durchführung AC IUF Endgutachten erstellen PM teilnehmende Beobachter festlegen Anforderungsanalyse Ablaufplan erstellen Projektdokumentation Vorbereitung Beobachterschulung Entwurf Übungsdesign Räumlichkeiten, Ausstattung, Hilfsmaterialien festlegen, Evaluation AC IUF Erstellen Leitfaden AC Erstellen Übungsmappen Durchführung Schulung Erstellen Bewertungsmappen Abb. 5: Projektstrukturplan AC iUF Studiengang iUF 32 Dokumentation AC iUF 4.2. Ablaufplan zur Phase „Planung, Konzeption AC iUF“ Jene Arbeitspakte, die in der Planung und Konzeption des AC iUF eine Rolle spielen, werden in Abbildung 6 noch einmal in einem Ablaufplan dargestellt. Dieser Plan soll dem strukturierten Vorgehen in der Konzeption des AC iUF dienen und die verschiedenen Abhängigkeiten zwischen den Arbeitspaketen aufzeigen. Nicht enthalten sind Termine oder zeitliche Vorgaben innerhalb derer die einzelnen Arbeitspakete erledigt werden müssen. Ablaufplan „Konzeption AC IUF“ teilnehmende Beobachter festlegen Fortsetzung Informationsmaterial zusenden Ablaufplan erstellen Workshop „Andforderungsanalayse“ Vorbereitung Beobachterschulung Fertigstellung „Anforderungsanalyse“ Entwurf Übungsdesign und -mappe Erstellen Bewertungsmappen Beobachterschulung AC IUF Abb. 6: Ablaufplan zur Konzeption des AC iUF Die in Abbildung 6 dargestellten Arbeitspakte (AP) werden weiters mit den jeweils zu erledigenden Aufgaben angeführt. AP 1: Teilnehmende BeobachterInnen festlegen und Informationsmaterial zusenden Aufgaben Ø Erstellen einer Liste mit möglichen BeobachtInnen (FH-intern und –extern) Ø Informationsblatt mit geplantem Ablauf des Workshops an Beobachter versenden AP 2: Workshop „Anforderungsanalyse“ Aufgaben Ø Festlegen der Zielfunktion für das AC iUF Ø Erhebung von Situationen, die typisch und wichtig für die Zielfunktion sind Ø Gewichtung der aufgezählten Situationen nach ihrer jeweiligen Priorität für die Zielfunktion Ø Erklärung des Formulars FunktionsinhaberInnen in zur Beschreibung erfolgskritischen von Situationen des und Verhaltens der durchzuführenden Verhaltensbeschreibung Ø Einigung auf einen Termin zur Rücksendung der ausgefüllten Formulare von individuell Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 33 AP 3: Fertigstellung „Anforderungsanalyse“ Aufgaben Ø Sammlung der ausgefüllten Formulare mit den Verhaltensbeschreibung „guter, schlechter“ FunktionsinhaberInnen Ø Ableitung von Faktoren zur erfolgreichen Bewältigung der jeweiligen Situation Ø Zusammenfassung der Bewältigungsfaktoren zu Anforderungsdimensionen Ø Versendung der erarbeiteten Anforderungen und Verhaltensbeschreibungen an die BeobachterInnen zur nochmaligen Durchsicht AP 3: Entwurf Übungsdesign und –mappe Aufgaben Ø Festlegen, welche Situationen in Übungen abgebildet werden sollen Ø Zusammenfassung von ähnlichen Situationen in Situationsklassen (Voraussetzung – Ähnlichkeit der Anforderungen) Ø Prüfen, ob mehrere Situationen (hintereinander) in einer Übung simuliert werden können Ø Gesamtkontext, in dem die Übungen stattfinden sollen, festlegen Übungen schreiben Ø Allgemeine Ausgangslage beschreiben (Hintergrund für alle Übungen eines ACs) Ø Beschreibung der Ereignisse um die einzelnen Übungen (als Ergänzung zur „allgemeinen Ausgangslage“) Ø Beschreibung der einzelnen Übungen Ø Beschreibung von Meta-Informationen zur Übung (Sinn der Übung, Aufgabenstellung, Vorbereitungszeit, Material, Hilfsmittel, Hinweise auf RollenspielpartnerInnen, etc.) Ø Erstellung einer Übungsmappe mit den Ergebnissen der eben genannten Aufgaben AP 4: Bewertungsmappen erstellen Aufgaben Ø Für jede AC-Übung: Erstellung von Beobachtungsblättern und Auswertungsblättern AP 5: Ablaufplan erstellen Aufgaben Ø Bestimmung der Abfolge der Übungen und Anforderungen Ø Erstellung von Zeitplänen für die Auswertung Ø Rotation von BeobachtInnen und BewerberInnen planen Ø Räum- und Material-/Ausstattungspläne erstellen Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 34 Ø Erstellung von Ablaufplänen für die TeilnehmerInnen (ModeratorIn, BeobachterInnen und KandidatInnen) AP 6: Beobachterschulung vorbereiten Ø Ablauf und Inhalte der Schulung planen Ø Informationsmaterial Wahrnehmungsverzerrungen, AC-Übungen, Bewertungsdimensionen, Beobachtungsvorgang zusammenstellen Ø Probe-Durchlauf einer Übung planen Ø Ablaufpläne für BeobachterInnen durchgehen Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 35 Literatur ARBEITSKREIS ASSESSMENT-CENTER – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften: Projektgruppe ‚Qualtitätsstandards‘. (Hg.). „Standards der Assessment-Center Technik.“ München, 1992. ARBEITSKREIS ASSESSMENT CENTER e.V. (Hg.), „Assessment Center in der betrieblichen Praxis: Erfahrungen und Perspektiven.“, 2. überarbeitete Auflage, Hamburg: Windmühle GmbH, 1995. ARBEITSKREIS ASSESSMENT CENTER e.V. (Hg.), „Assessment Center als Instrument der Personalentwicklung: Schlüsselkompetenzen, Qualitätsstandards, Prozessoptimierung.“, 1. Auflage, Hamburg: Windmühle GmbH, 1996. BRAY, D.W., „The management process study.“ American Psychologist, 19, 419 – 420. FACHHOCHSCHULE VORARLBERG, „Antrag auf die Anerkennung eines FachhochschulStudienganges: iUF ‚Internationale Unternehmensführung‘.“, Dornbirn: Januar 2001. FENNEKELS, G.P., „Validität des Assessment Centers bei Führungskräfteauswahl und –entwicklung.“, Phil. Diss., Bonn. FISSENI, H.-J., FENNEKELS, G. P., „Das Assessment-Center: Eine Einführung für Praktiker.“, Göttingen: Hogrefe – Verlag für Psychologie, 1995. GLOOR, A., „Die AC-Methode, Assessment Center: Führungskräfte beurteilen und fördern.“, 3. Auflage, Zürich: Orell Füssli Verlag AG, 2000. JESERICH, W., „Mitarbeiter auswählen und fördern. Assessment-Center-Verfahren.“ 5. unveränderter Nachdruck, München: Hanser, 1990. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 36 KOMPA, A., „Assessment Center: Bestandsaufnahme und Kritik.“, 6. verb. Auflage, München; Mering: Rainer Hampp Verlag, 1999. NEUBERGER, O., „Assessment Center-, ein Handel mit Illusionen?“ In: Lattman 1989. SCHULER, H., STEHLE, W., „Assessment Center als Methode der Personalentwicklung.“, 2. Auflage, Stuttgart: Verlag für Angewandte Psychologie, 1992. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 37 Abbildungs- / Tabellenverzeichnis Tabelle 1: GLOOR, A., „Die AC-Methode, Assessment Center: Führungskräfte beurteilen und fördern.“, 3. Auflage, Zürich: Orell Füssli Verlag AG, 2000. Abbildung 1: „Konstruktion von AC-Übungen“ Abbildung 2: „Zuteilung Beobachter – Kandidaten“ Abbildung 3: FISSENI, H.-J., FENNEKELS, G. P., „Das Assessment-Center: Eine Einführung für Praktiker.“, Göttingen: Hogrefe – Verlag für Psychologie, 1995. Abbildung 4: „Kontextanalyse Projekt AC iUF“ Abbildung 5: „Projektstrukturplan AC iUF“ Abbildung 6: „Ablaufplan zur Konzeption des AC iUF“ Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 38 Anhang Standards der Assessment Center-Technik Arbeitskreis Assessment Center e.V. (Hrsg.), „Das Assessment Center in der betrieblichen Praxis: Erfahrungen und Perspektiven“, 2. überarbeitete Auflage, Hamburg: Windmühle Verlag und Vertrieb von Medien, 1995. Vorbemerkungen Der „Arbeitskreis Assessment Center e.V.“ besteht aus einer Gruppe von Personalexperten und –verantwortlichen, die sich seit Mitte der 70er Jahre mit Fragen der Auswahl und Entwicklung von Führungskräften in Unternehmen und im öffentlichen Dienst befassen. Privatwirtschaftliche Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Dienstes aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bündeln im „Arbeitskreis Assessment Center – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften“ ihr wissenschaftliches und vor allem praktisches Wissen über die Assessment Center-Technik und ihren praktischen Einsatz bei der Auswahl und Entwicklung von Führungskräften. Mit den hier veröffentlichten Standards stellt der „Arbeitskreis Assessment Center – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften“ Qualitätskriterien für die Entwicklung, Durchführung und Einebnung von Assessment Centern im Unternehmen zur Verfügung. Die Qualitätskriterien spiegeln die Summe der praktischen Erfahrungen wider, die der Arbeitskreis in den letzten 10 bis 15 Jahren im Umgang mit Assessment Centern und mit Problemen der Führungskraftentwicklung sammeln konnte. Ziele der Qualitätsstandards • Die Standards stellen die Grundlage für die zukünftige Arbeit des Arbeitskreises bezüglich der Anwendung der Assessment Center-Technik dar. Die Standards sollen potentielle Anwender in die Lage versetzten, Angebote zur Assessment CenterEntwicklung auf ihre Güte hin zu prüfen. Studiengang iUF • 39 Dokumentation AC iUF Die Standards sollen von firmeninternen Verantwortlichen als Argumentationshilfe genutzt werden können, um Verbesserungsnotwendigkeiten an Assessment Centern auch gegenüber ihrem eigenen Firmenumfeld besser begründen zu können. • Schließlich sollen die Standards einer interessierten Öffentlichkeit als Beurteilungsgrundlage für die Güte von in der Praxis eingesetzten Assessment Centern dienen. Aufbau der Standards Insgesamt hat der Arbeitskreis neun Standards aufgestellt. In der nachfolgenden Darstellung wird zu jedem Standard ein Grundsatz angegeben, der den Inhalt des jeweiligen Standards im Kern umreißt. Anschließend werden Umsetzungshinweise gegeben, wie dieser Standard in einem Assessment Center konkret verwirklicht werden kann. Schließlich wird unter der Überschrift „Verstöße“ angegeben, welche in der Praxis auch anzutreffenden Vorgehensweisen gegen den jeweiligen Standard verstoßen. Der „Ausschlußkatalog“ dient der konkreten Eingrenzung der Auslegungsbandbreite, die solchen allgemeinen Prinzipien oft innewohnt. Die hier vorgelegten Standards werden ergänzt durch die vom „Arbeitskreis Assessment Center – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften“ zur Zeit entwickelten „Grundsätze systematischer Personalentwicklung“. Die Standards wurden von den Mitgliedern der Projektgruppe „Qualitätsstandards“ im „Arbeitskreis Assessment Center – Auswahl und Entwicklung von Führungskräften“ im Jahr 1991 erarbeitet. Die Standards wurden vom Gesamtarbeitskreis im Januar 1992 grundsätzlich verabschiedet und anschließend noch zur hier vorliegenden Fassung redaktionell überarbeitet. Das Copyright für die Qualitätsstandards liegt beim Arbeitskreis Assessment Center e.V., München. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF Autoren der Projektgruppe „Qualitätsstandards“ Dr. Peter Jung (Allianz Versicherungs-AG) Dr. Georg Fennekels (Universität Bonn) Helmut Methner (Deutsche Telekom) Rainer Neubauer (Neubauer und Kooperationspartner) Rainer Schmidt (Vereinte Versicherungs-AG) Dr. Bernd Wolf (DGP, Hannover) 40 Studiengang iUF 41 Dokumentation AC iUF 1. Anforderungsorientierung Grundsatz Eignung ohne Analyse des konkreten Wofür ist sinnleer. Umsetzungshinweise Ein Assessment Center genügt nur dann den hier vertretenen Standards, wenn die Entwicklung der Assessment Center – Materialien auf der Grundlage einer unternehmensspezifischen Anforderungsanalyse erfolgte. Dies Analyse umfasst mindestens: • Identifikation einer eingegrenzten Gruppe von Positionen als Zielebene; • Analyse der in dieser Gruppe derzeit und künftig relevanten Eignungssituationen; • Erhebung der in diesen Situationen geeigneten Verhaltensbandbreiten. Grundlage der Anforderungsanalyse ist die Beteiligung der Personengruppen, die die tatsächliche Zielebene wesentlich mitgestalten (Entscheider, Stelleninhaber). Verstöße • Verzicht auf Anforderungsanalyse; • Einfache Übernahme der Merkmale anderer Zielgruppen oder gar Unternehmungen; • Übernahme von Merkmalskatalogen externer Berater; Festlegung der Anforderungen nach den Fähigkeiten vorhandener eignungsdiagnostischer Mittel (Motto: Wir haben eine interessante Übung, einen Test, der folgendes mißt, das machen wir zur Anforderung); • Verzicht auf Situationsanalyse zugunsten allgemeiner Listen von Fähigkeitsmerkmalen (z.B. Eigenschaftslisten aus der allgemeinen Führungsstilforschung). 2. Verhaltensorientierung Grundsatz Protokollierte Verhaltensbeschreibungen sind das einzige Mittel, zwischen tatsächlichen Teilnehmerverhalten und Interpretationen oder Schlußfolgerungen der Beobachter zu unterscheiden. Studiengang iUF 42 Dokumentation AC iUF Umsetzungshinweise Basis der Beobachtung und Bewertung von Eignung im Assessment Center ist das beobachtbare Verhalten der Teilnehmer, welches den wirklichkeitsnächsten Bezug zur gerechten Beschreibung und Eignungsbewertung darstellt. Beobachtbares Verhalten ist das zentrale Kommunikationsmittel, mit dem Beobachter ihre Eindrücke und Schlußfolgerungen austauschen. Fähigkeitsbegriffe (wie „Selbständigkeit“ oder „Kooperationsbereitschaft“) werden dagegen lediglich als bewußt eingesetzten Ordnungsmittel gedanklicher Art aufgefaßt, die die tatsächlichen Verhaltensbandbreiten des Teilnehmers nicht aus sich heraus erfassen und widerspiegeln können. Verstöße • Einsatz diagnostischer Mittel, deren Bezug zu realem Verhalten nicht hinreichend nachgewiesen ist (die meisten Testverfahren); • Einsatz diagnostischer Mittel, deren Erkenntnisgewinn weder Beobachtern noch Teilnehmern entsprechend deren Verständnismöglichkeiten und Vorkenntnissen vermittelbar sind (z.B. Persönlichkeitstests, projektive Verfahren wie TAT); • Methoden, deren Nützlichkeit nur für ganz andere Zielgruppen nachgewiesen ist (manche Testbatterien; Einsatz von Beratungsmittel wie Interessenstests für Auswahlzwecke usw.); • Methoden, bei denen der Verhaltensbezug lediglich gedanklich-theoretisch vorstellbar ist (z.B. Interview mit Thema „Stellen Sie sich vor, Ihr Mitarbeiter käme immer zu spät. Wie würden Sie sich verhalten?“). 3. Prinzip der kontrollierten Subjektivität Grundsatz Die objektive Wahrheit ist uns nicht zugänglich. Jeder, der über andere entscheidet, kann dies prinzipiell nur auf der Grundlage seiner subjektiven Erkenntnisse tun. Umsetzungshinweise Im Assessment Center gilt, daß die Personen, die dank ihrer Funktion Entscheidungen über andere zu treffen haben, diese Funktion auch im Assessment Center verantwortlich wahrnehmen (in der Hauptsache Linienvorgesetzte). Da jeder Mensch zwangsläufig subjektiv beobachtet und beurteilt, werden im Assessment Center mehrere Beobachter Studiengang iUF 43 Dokumentation AC iUF eingesetzt, die sich gegenseitig dabei unterstützten und kontrollieren, daß sie ihre gemeinsame Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen bewältigen. Ein Assessment Center darf erst dann durchgeführt werden, wenn die Beobachter für ihre Aufgabe hinreichend trainiert wurden. Ein Beobachtertraining muß mindestens folgende Ziele verfolgen: sicherer Kenntnis der eingesetzten Materialien; aktive Einübung des Beobachtungs- und Beurteilungsprozesses; Aufmerksamkeit für gängige, Wahrnehmungsverzerrungen; gegenseitiger Respekt und Unterstützung durch Teambildung; Einübung von Rückmeldungsgesprächen (siehe Prinzip 5 und 6). Durch die konkrete Berücksichtigung dieses Prinzips wird eine verantwortungsvolle Beurteilung erst ermöglicht und zudem erreicht, daß Beobachter aus der Assessment Center – Erfahrung für ihr eigenes Führungsverhalten profitieren können. Verstöße • Verzicht auf Beobachtertraining; • Überwiegender Einsatz von Nicht-Entscheidern (Mitarbeiter der Personalabteilung, externe Berater); • Einsatz nur eines Beobachters • Erzwingen von pseudoobjektiven Urteilen durch Vergabe von Notenstufen unter Verzicht auf qualitativ verhaltensbeschreibende Darstellung; • Arithmetische Gesamtmittelwertbildung über alle Merkmalsdimensionen; • Mittelwertbildung pro Merkmalsdimension aus verschiedenen Beobachtungssituationen ohne Berücksichtigung der tatsächlich beobachteten Verhaltensbandbreiten des Teilnehmers; • Erzwingung einer rein formalen Übereinstimmung zwischen Beobachtern bei der Sicht von Teilnehmerverhalten durch einfache Mehrheitsabstimmung anstelle von integrativer Konsensbildung durch Diskussion der verschiedenen Sichtweisen. (Einigkeit muß letztlich nur bei einer gegebenenfalls zu treffenden Gesamtentscheidung erzielt werden). 4. Simulationsprinzip Grundsatz Die jeweilige Aufgabensituation stellt eine so starke Rahmenbedingung für die Eignung von Verhaltensweisen dar, daß Verhalten nur in diesem Kontext realistisch beobachtet und beurteilt werden kann. Umsetzungshinweise Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 44 Im Assessment Center wird Verhalten in Situationen beobachtet und beurteilt, die denen nachgebildet sind, die in der Wirklichkeit der Zielpositionen über die Effizienz des Positionsinhabers entscheiden. Das Simulationsprinzip umfaßt dabei auch den Versuch, die simulierten Situationen in ihrer Anzahl und Vielfalt so zu gestalten, wie sie in Wirklichkeit anzutreffen sind. Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 45 Verstöße • Kein Einsatz von Simulationen; • Einsatz von Methoden, in denen der Simulationscharakter lediglich gedacht erfolgen kann (z.B. Interview zum Thema „Versetzen Sie sich in die Lage..., was würden Sie tun?); • Simulationen, in denen die Assessment Center – Wirklichkeit der zu simulierenden paradox widerspricht (z.B. Einsatz eines Beobachters (hochrangiger Linienvorgesetzter) oder Teilnehmers (Konkurrent oder Freund) als Rollenspieler für ein vom Teilnehmer zu führendes die Kritikgespräch. Der Teilnehmer soll sich dabei vorstellen, daß der tatsächliche Vorgesetzte oder Konkurrent/Freund ein zu kritisierender Mitarbeiter sei); • Überbetonung einzelner Übungstypen aus Ökonomiegründen (z.B. Einsatz vieler Gruppendiskussionen unter Verzicht auf die in der Praxis möglicherweise wichtigere Zweiergespräche; hohe Dominanz mündlicher Übungen unter Verzicht auf auch wichtige schriftliche Situationen). 5. Transparenzprinzip Grundsatz Wer nicht weiß, worum es geht, kann sich auch nicht geeignet verhalten oder geeignetes Verhalten beobachten. Umsetzungshinweise Das Assessment Center ist so anzulegen, daß alle Beteiligten (Teilnehmer, Beobachter, Entwickler) eine maximale Chance haben, Grundziel, Ablauf und Bedeutung des Verfahrens für das Individuum verstehen zu können. Das Verfahren wird deshalb möglichst transparent gestaltet. Die Transparenz beginnt vor der Verfahrensdurchführung mit einer eingehenden Information der Teilnehmer über Ziel, Ablauf und Chancen/Risiken einer Teilnahme. Diese Information erfolgt sinnvollerweise vor der individuellen Teilnahmeentscheidung. Die Beobachter werden durch das Beobachtertraining auf das Verfahren eingestimmt und vorbereitet. Während des Verfahrens werden die Teilnehmer über jede Übungsart informiert (konkrete Ziele und Ergebinserwartungen). Ziel der Übungsinformation ist es auch, unterschiedliche Wissenshintergründe zwischen den Teilnehmern auszugleichen. Nach dem Assessment Center werden die Teilnehmer über Ergebnisse, Anschlußmaßnahmen und Konsequenzen informiert. Verstöße Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 46 • Keine Vorinformation der Teilnehmer; • Keine klare Zielvorgabe vor jeder Übung; • Verschweigen oder Verschleiern der Beobachtungsschwerpunkte in der Übung; • Einbau unvermuteter oder verleugneter Beobachtungsquellen (beim „geselligen Beisammensein“, nach der Anreise, bei den Mahlzeiten); • Keine klare Rückmeldungen; • Kein Aufzeigen der nächsten Schritte nach dem Assessment Center; • Verschleierte Informationsweitergabe ohne Einverständnis an Vorgesetzte. 6. Individualtitätsprinzip Grundsatz Erkenntnisse sind nur dann nützlich, wenn der Erkennende sie individuell sinnvoll nutzen kann. Umsetzungshinweise Verhaltensänderungen kann nur das Individuum selbst anstreben und umsetzen. Im Assessment Center wird deshalb den Teilnehmern direkt Rückmeldung gegeben in einer Form, die jeder Teilnehmer individuell sinnvoll nutzen kann. Der Begriff „individuell sinnvoll“ beinhaltet nicht zwangsläufig „individuell erfreulich“, sondern meint konkret hilfreich im Sinne der Verhaltensänderung. Dies setzt voraus, daß die Assessment Center – Beobachtungen und –Beurteilungen für die Rückmeldung in einer Form aufbereitet werden, die folgenden Kriterien gerecht wird: Die Rückmeldungen sollen konkret auf die Individualität des Teilnehmers zugeschnitten sein. Sie sollen sich auf die Merkmale und Situationen konzentrieren, die für diese Teilnehmer besondere Beiträge zu einem abgerundeten Gesamtbild leisteten. Der Teilnehmer soll spüren, daß er von den Beobachtern sorgfältig, gewissenhaft und mit einer positiven Grundbereitschaft betrachtet wurde; d.h., die Betonung liegt auf den Stärken des Teilnehmers. Diese Grundeinstellung sorgt auch dafür, daß dem Teilnehmer negative Rückmeldungen klar und eindeutig gegeben werden können. Statt dessen werden Einsatzmöglichkeiten gesucht, die im Bereich der potentiellen Entwicklungsmöglichkeiten der Gesamtperson liegen. Jeder Beobachter trägt die persönliche Verantwortung dafür, daß wertvolle Mitarbeiterqualifikationen nicht durch leichtfertige oder falsche Rückmeldungen Studiengang iUF 47 Dokumentation AC iUF zerstört werden. Die Beobachter werden durch entsprechende Maßnahmen (z.B. im Beobachtertraining) in dieser Aufgabe vorbereitend und begleitende unterstützt. Verstöße • Verzicht auf Rückmeldung; • Lediglich Verkündung von Gesamtergebnissen (Rangreihenplatz, Gesamtpunktanzahl, Auswahlentscheidung, Merkmalsmittelwerte); • Persönlichkeitsorientierte Globalbotschaften; • Rückmeldungen, die der Teilnehmer nicht verstehen kann (Testscores); • Rückmeldung ohne Beobachterbeteiligung; • Rückmeldung nur durch Zusendung schriftlicher Gutachten; • Unangemessen lange Zeitspanne bis zur Rückmeldung. 7. Systemprinzip Grundsatz Ein Assessment Center ohne gezielte Einbettung in das Gesamtsystem der Personalund Organisationsentwicklung kann auf Dauer auch seine ureigensten Zwecke nicht erfüllen. Umsetzungshinweise Wie jede andere methodische Strategie der Personalauswahl und/oder –entwicklung muß das Assessment Center in das es umgebende System eingebettet sein/werden. Diese Einbettung betrifft zumindest die Frage der Vorauswahl und die Schnittstelle zu nachfolgenden Trainingsmaßnahmen. Erfahrungsgemäß reicht diese Minimaleinbettung nicht aus und kann nur in den Fällen als Erfüllung des Systemprinzips betrachtet werden, in denen eine Anwenderorganisation keinerlei systematische Mittel der Personalentwicklung besitzt. Längerfristig betrachtet gelten für das Assessment Center die Grundsätze systematischer Personalentwicklung (sPE), die derzeit von der Arbeitsgruppe „Systematische Personal- und Organisationsentwicklung“ innerhalb des Arbeitskreises entwickelt werden. Verstöße Studiengang iUF • Dokumentation AC iUF 48 Keine Berücksichtigung der Themen Vorauswahl, On-the-job-Training, Aus- und Fortbildung; • Reine „Stabilitätsdiagnostik“ (d.h. Eignung wird als unveränderbar, über die Zeit stabile Grundausstattung des Teilnehmers betrachtet); • Keine Beteiligung der Stellen, die in der Unternehmung für die Gestaltung von organisatorischen Rahmenbedingungen oder Teilen der Personalentwicklung zuständig sind. Werden Probleme, die ihre Ursachen in organisatorischen Rahmenbedingungen und anderen Umweltbedingungen haben, als Eignungsprobleme behandelt, so stellt auch dies einen Verstoß gegen das Prinzip dar. Probleme der Organisationsentwicklung lassen sich nicht mit dem Mittel Assessment Center lösen. Studiengang iUF 49 Dokumentation AC iUF 8. Lernorientierung des Verfahrens selbst Grundsatz Ohne Güteprüfung und Qualitätskontrolle wird ein Assessment Center zu einem sinnlosen Ritual. Umsetzungshinweise Ein neu entwickeltes Assessment Center ist zunächst ein sorgfältig konstruiertes Hypothesengebäude über den Zusammenhang zwischen Verhalten und Effizienz in definierten Situationen. Eine fortlaufende Qualitätsprüfung und –sicherung des Assessment Centers stellt sicher, daß das Verfahren ständig verbessert wird, daß Fehler behoben und Wandlungen in der Eignungslandschaft (z.B. Technologie, Märkte, Organisationsänderungen) angemessen berücksichtigt werden. Verstöße • Einmaliger Aufbau des Assessment Centers ohne Güteprüfung; • Statt empirischer Güteprüfung sich begnügen mit Bestätigung durch Akzeptanz, positiver Einzelrückmeldungen; • Güteprüfung in „wissenschaftlicher unternehmensspezifischen Relevanz, Güte Tradition“ und ohne Aussagekraft Prüfung der der gewählten Gütekriterien (z.B. Aufstiegsgeschwindigkeit, Gehaltszuwachs). 9. Organisierte Prozeßsteuerung Grundsatz Die Ergebnisse chaotischer Entwicklungen sind zufällig; erzwungene Ordnung führt nicht zwangsläufig zu wahren Ergebnissen. Organisierte Prozeßgestaltung steuert das Assessment Center durch diese beiden Klippen. Umsetzungshinweise Das Assessment Center stellt einen sehr komplexen und dynamischen Prozeß dar, dessen Ablauf durch klar strukturierte und allen Beteiligte entlastende Organisationshilfsmittel geregelt werden muß. En in das Verfahren integriertes Korsett von Ordnungshilfen (Zeitpläne, Beobachtungs- und Beurteilungsbögen, Zuordnungsschemata) sorgt dafür, daß Studiengang iUF 50 Dokumentation AC iUF alle Beteiligten sich voll auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Dabei ist darauf zu achten, daß die Hilfsmittel nicht die Beobachtungs- oder Beurteilungsergebnisse selbst determinieren. Eine ganz wesentliche Rolle in der Prozeßsteuerung spielt der Moderator des Verfahrens. Er achtet auf die Qualität des Prozesses insgesamt und leitet die Beobachterkonferenz. Ohne spezifische Ausbildung und Erfahrung ist der Moderator nicht in der Lage, die ihm im Verfahren zwangsläufig offenen Möglichkeiten der Ergebniseinflußnahme bewußt im Sinne der Prozeßsteuerung, nicht jedoch im Sinne der Ergenisbeeinflussung wahrzunehmen. Die Rolle des Moderators wird deshalb sowohl Teilnehmern als auch Beobachtern vor dem Verfahren eindeutig und klar erläutert. Sind mehrere Moderatoren im Einsatz, muß klargestellt sein, welcher Moderator welche Funktion ausübt. Der Einsatz DV-unterstützter Systeme erfolgt im Assessment Center nur im Sinne einer verwaltungstechnischen Hilfe, dient jedoch nicht als „Vorentscheidungsinstanz“. Im Assessment Center sind die Beobachter die Entscheider. Deshalb kann ihnen niemand die Qual eigenen Nachdenkens und ihre Verantwortung abnehmen. Verstöße Verzicht auf Moderator; Doppelbelastung eines Beobachters mit Moderatorenaufgabe als Regelfall; Einsatz von Moderatoren, die nicht die Akzeptanz der Entscheider bzw. Beobachter finden (z.B. mit dem Material vertraute Praktikanten); Einsatz von Ordnungsmittel, die den Beobachtern die Entscheidungsverantwortung abnehmen (z.B. pseudoobjektive Entscheidungsregeln, festgelegte Gesamtpunktezahlen für das „Bestehen“ des Assessment Centers); Qualtitätsmindernde Rechnerunterstützung (z.B. Rückmeldung anhand abgespeicherter Standardtexte; Auswertung komplexer Übungen anhand Musterlösungen – z.B. bei manchen elektronischen Postkörben). rechnergespeicherter Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 51 Verzerrungs- und Verfälschungstendenzen Fisseni, Herman-Josef und Fennekels, Georg P., „Das Assessment Center – Eine Einführung für Praktiker“, Göttingen: Hogrefe – Verlag für Psychologie, 1995. Hof-Effekt oder Überstrahlungs-Effekt: Ein Beurteiler orientiert sich an einem Gesamteindruck oder an einem hervorstechenden Merkmal. Aus der Präsenz eines Merkmals schließt er auf die Präsenz eines anderen Markmals. Beispiel: Ein Befragter erlebt einen Teilnehmer im Gespräch als sehr ‚warmherzig‘. Darum schreibt er ihm – ohne weiter Überprüfung – andere Verhaltensweisen zu, die zu Warmherzigkeit ‚passen‘, etwa Kontaktbereitschaft, Kooperationsbereitschaft. Positions-Effekt: Der erst oder letzte Eindruck steuern die gesamte Beurteilung. Beispiel: Weil ein Teilnehmer elegant gekleidet zum Assessment Center erscheint und eloquent Kontakte knüpft (erster Eindruck), werden ihm auch Intelligenz und Kreativität zugesprochen – ohne weitere Überprüfung. Milde-Effekt (Strenge-Effekt): Der Fehler, der seinen Namen von der ‚Milde‘ erhält, wird unterschiedlich beschrieben. Erstens bezeichnet er die Tendenz, generell günstige Urteile abzugeben (generosity-error). Beispiel: Ein Beobachter gibt generell ‚gute‘ Noten. – Zweitens bezeichnet Milde-Effekt die Neigung, solche Personen günstig zu beurteilen, die dem Beurteiler sympathisch sind (leniency-error). Beispiel: Bei Teilnehmern, die einem Beobachter sympathisch sind, konvergieren alle Noten bei einer Vier (gute Leistung). – Wird sich ein Beurteiler seiner Milde-Tendenz bewußt, könnte er zum Gegenteil neigen: zur überstrengen Urteilen. Zentrale Tendenz: Der Beurteiler bevorzugt neutrale Urteile und meidet extreme Urteile. Beispiel: Studiengang iUF Dokumentation AC iUF 52 Ein Beobachter vergibt bei numerischen Urteilen nur mittlere Werte; so etwa verfährt jemand, der fast immer die Note Drei, fast nie die Note Eins oder Fünf verteilt. Kontrastfehler, Ähnlichkeitsfehler: Der Beobachter neigt dazu, beim Teilnehmer Eigenschaften zu erkennen, die er sich selber abspricht. Beispiel: Ein Beurteiler, der bei sich selber ‚weiches Verhalten‘ unterdrückt, könnte dafür desibilisiert sein, bei einem Gesprächspartner weiche Verhaltensweisen ‚festzustellen‘. – Der Beobachter könnte aber auch dazu neigen, beim Teilnehmer Eigenschaften zu ‚entdecken‘, die er sich selber zuschreibt. Beispiel: Ein Beobachter, der sich für einfühlsam hält, könnte dazu tendieren, bei einem Teilnehmer Empathie zu identifizieren – ohne weiter Überprüfung. Erwartungs-Effekt (self-fullfilling prophecy) Ein Beurteiler läßt sich in seinen Schlußfolgerungen von ungeprüften Hypothesen leiten. Beispiel: Ein Beobachter sie der Meinung, der zweite Bildungsweg vermittle einen besonders praxisnahe Schulbildung. Nun habe er einen Teilnehmer vor sich, der den zweiten Bildungsweg gegangen ist. Aufgrund seiner Vorannahme könnte der Beobachter dazu neigen, den Teilnehmer als besonders qualifiziert zu klassifizieren – ohne weiter Überprüfung. Dieses Verhalten ist der Neigung zum ‚Stereotypisieren‘ verwandt.