"Brecht meets Graffiti"(a³)
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"Brecht meets Graffiti"(a³)
Brecht meets Graff iti Aktionen zum Weltalphabetisierungstag 2009 in Gelsenkirchen Inhalt Einleitende Worte Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. 03 Einleitende Worte 05 Wieso, weshalb, warum? 09 Wer, wie, was? Berliner Platz 8-10 48143 Münster 10 _Vorbereitung 14 _Ausstellung Andreas Brinkmann Fon: +49 (0)2 51.49 09 96-41 Fax: +49 (0)2 51.49 09 96-44 [email protected] 15 _Kursgestaltung Am 08. September ist Weltalphabetisierungstag. Dieser wird seit 1966 begangen. Alphabetisierungs- und Grundbildungspädagogen1 sowie Journalisten haben dieses Datum dick im Terminkalender vorgemerkt. Der Weltalphabetisierungstag wurde von der UNESCO im Anschluss an die Weltkonferenz zur Beseitigung des Analphabetentums im September 1965 in Teheran ins Leben gerufen. 28 _Pressegespräch 29 _Lesung 38 _Alphabetisierung in Gelsenkirchen 42 _Netzwerk 46 Fazit 47 Quellen und Links Projekt „Chancen erarbeiten - a³ Alphabetisierung, Arbeitswelt, Ausbildung“ Katja Erzkamp Fon: +49 (0)2 51.49 09 96-42 Fax: +49 (0)2 51.49 09 96-44 [email protected] Layout: Katrin Ziel fukomedia.de Einleitende Worte Impressum Der Tag erinnert an die Problematik des Analphabetismus, denn weltweit können rund ein Fünftel der erwachsenen Menschen, nach der letzten UNESCO-Studie etwa 776 Millionen, weder lesen noch schreiben. In Deutschland haben nach Schätzungen vier Millionen Menschen Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Gelsenkirchen ist eine Stadt mit 263.305 Einwohnern2 und liegt im Herzen des Ruhrgebietes. Statistisch leben somit 13.394 Menschen in Gelsenkirchen, die Schwierigkeiten mit der geschriebenen Sprache haben. Neben zahlreichen Veranstaltungen, die weltweit auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Analphabetismus hinweisen, werden zum Weltalphabetisierungstag drei Literaturpreise von der UNESCO vergeben. Ergebnisse aus Alphabetisierungskursen zeigen, dass auch Analphabeten literarische Kunstwerke hervorbringen können. Um Literatur und Kunstwerke ging es auch am 08.09.2009 in Gelsenkirchen! 2 Zusammen mit lokalen Institutionen des Netzwerks Alphabetisierung und engagierten 3 Einzelpersonen wurden vielfältige Aktionen am 08. September 2009 verwirklicht, die rund um das Thema „Brecht meets Graffiti“ angeboten wurden. Wir freuen uns, wenn die Aktion auf Interesse stößt. Bevor die Idee der Aktion sowie die beteiligten Institutionen vorgestellt werden und engagierte und involvierte Personen zu Wort kommen, bedankt sich das Projekt a³ insbesondere bei folgenden Einrichtungen und Menschen, die den Weltalphabetisierungstag 2009 in Gelsenkirchen zu einem vollen Erfolg gemacht haben: Zum nächsten Weltalphabetisierungstag planen wir eine Weiterentwicklung unserer Aktion. Wir freuen uns auf Ideen und Kritik. Oberbürgermeister Frank Baranowski Autorin Nina Ude Graffiti-Künstler Malte und Marian Lerner Halit Götze Mitarbeiter des Bildungszentrums des Handels e.V. Mitarbeiter der Bewegungs-KiTa Niefeldstraße Mitarbeiter des Förderkorbs Mitarbeiter von RE/init e.V. und Ruhr/init e.V. Mitarbeiter der Volkshochschule Gelsenkirchen Mitarbeiter der Stadtbibliothek Gelsenkirchen Mitarbeiter der Buchhandlung Junius und bei den vielen engagierten Teilnehmenden der genannten Institutionen für ihre aktive und produktive Auseinandersetzung mit dem Thema „Brecht meets Graffiti“ 4 Kopieren ist erlaubt! Katja Erzkamp und Andreas Brinkmann Wieso, weshalb, warum? 5 Graffitis als das Auftreten von und der Umgang mit Schriftsprache im öffentlichen Raum. Oft wird nach einem Vergleich gesucht, wie sich Betroffene in einer Welt voller Buchstaben fühlen… Wer hieran Interesse hat, dem legen wir das Verbundvorhaben „Grundlagen für Alphabetisierung und Grundbildung“, Teilprojekt „Literalität als soziale Praxis - ein Stadtteil unter der Lupe. Erhebung zu soziokulturellen und subjektiven Sichtweisen auf Literalität.“ der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg ans Herz. Graffitis sind ein Weg, nachzuempfinden, wie die Buchstaben aussehen könnten und wie man sich fühlt, wenn man sie nicht entziffern kann. Manchmal kommen sie vielleicht verschnörkelt daher, in Pastellfarben, verschlungen mit farbenfrohen, runden Formen. Sie malen bunte Assoziation in unserem Kopf und lassen uns staunen und träumen. Aber es geht auch anders, sagt die Erfahrung mit dem geschriebenen Wort, nicht nur mit Graffitis: Kühle oder grelle Farben blenden uns, die eckigen und spitzen Formen wirken bedrohlich und das, was sie aussagen sollen, können und wollen wir uns nicht ausmalen. Egal, wie das ästhetische Empfinden ist, Graffitis sind eine Art, sich kreativ mit der geschriebenen Sprache auseinanderzusetzen, sich mit ihr in einer anderen Art zu befassen, ungezwungen und nicht funktionalisiert mit dieser umzugehen. Graffitis können in verschiedener Weise betrachtet werden: Zwei, die für die Alphabetisierung interessant scheinen, sind: 6 Graffitis als kreativer Schreib- und Lernanlass in der Alphabetisierungspraxis. Der zweite Punkt beschäftigte die Mitarbeiter des Projekts a³ besonders. Können Graffitis zum kreativen Schreiben anregen? Sind Graffitis ein Weg, Jugendliche und junge Erwachsene zu motivieren, sich der Schriftsprache zu nähern? Sind sie ein Weg, Betroffenen aufzuzeigen, dass sie verstanden werden und dass sie ihre Gefühle auch in der bildenden Kunst als Graffiti zum Ausdruck bringen können? Kreatives Schreiben ist in der Alphabetisierungspraxis eine gängige Methode. So befasst sich z.B. ein Artikel im ersten Alfa-Rundbrief aus dem Jahr 1985 mit dem Schreiben zu einer Karikatur (vgl. Hubertus, 1985, S. 11-12). Auch der Zusammenhang zwischen Schreiben, Malen, Lesen und Zeichnen wurde in der Literatur oft aufgegriffen und diskutiert (vgl. Voß-Freytag/Lübs 1994, S. 11-12; Lassen/Schladebach 2006, S. 103-107). Die Projektmitarbeiter bauten auf den vorhandenen Erfahrungen und Theorien auf und versuchten, einen Aspekt der zeitgenössischen Kunst für Jugendliche erfahrbar zu machen. Um nah bei der Zielgruppe zu bleiben, wurde eine Kunstform gewählt, die besonders von Jugendlichen verwendet und bewundert wird: Graffitis. Das Projekt a³, als ein Teilprojekt des Verbundvorhabens Chancen erarbeiten beim Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V., hat das Ziel, jugendgerechte lebensweltund arbeitsweltorientierte Lehr- und Lernmaterialien zu entwickeln, die den Übergang Schule-Ausbildung bzw. Schule-Beruf erleichtern. Die Aktionen zum Weltalphabetisierungstag dienten primär dazu, Graffitis als ein Weg zur Schriftsprache für Jugendliche und junge Erwachsene zu identifizieren und andererseits, mit den Institutionen des Netzwerks Alphabetisierung Lehrmethoden zu testen. Zudem wurde das Ziel der Sensibilisierung der lokalen Öffentlichkeit verfolgt. Wie können diese Ziele für die Aktionen umgesetzt werden? Wie können die einzelnen Aktionen aufeinander aufbauen und sich somit aufeinander beziehen? Vor dieser Herausforderung standen die Mitarbeiter vom Projekt a³. Katja Erzkamp nahm diese an. Ein wichtiger Aspekt der Aktionen zum 08. September 2009 in Gelsenkirchen war die Deutlichkeit und Anschaulichkeit des Themas „Brecht meets Graffiti“ in allen Einzelaktionen. Zudem sollten verschiede Zielgruppen in Gelsenkirchen angesprochen werden: Bildungsund Beratungseinrichtungen, pädagogisch Handelnde, Teilnehmende und Lernende aus lokalen Bildungskursen, allgemeine Öffentlichkeit, Kulturinteressierte. Geplant waren Kursgestaltungen in Einrichtungen des Gelsenkirchener Netzwerks, ein Pressegespräch und eine Lesung zum Thema. Aus dieser groben Planung entstand folgendes Konzept zum Weltalphabetisierungstag: Als Mittelpunkt der Aktionen zum Weltalphabetisierungstag dienten Graffitis der Künstler Malte und Marian, die sich vom Thema inspirieren ließen. Wieso, weshalb, warum? „Für viele ist das, was an die Wand gesprüht ist, nicht zu lesen. Tausende Menschen in den Straßen stehen vor diesem Problem, denn sie haben Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben. Nicht nur mit Graffitis.“ Die Graffitis wurden nach ihrer Fertigstellung in der Stadtbibliothek Gelsenkirchen, dem Bildungszentrum und der Buchhandlung Junius ausgestellt. Als kreativer Schreibanlass dienten die Graffitis in Einrichtungen des Netzwerks Alphabetisierung direkt am 08. September. In Alphabetisierungskursen, in denen Anonymität und Sensibilität gewährleistet werden müssen, wurden die Graffitis von den Kursleitenden vor Ort eingesetzt. Die entstandenen Texte wurden am 08. September gebündelt und an die Autorin Nina Ude überreicht, die diese Texte in den vorbereiteten Lesungsablauf einband. Die Lesung fand in den Ausstellungsräumen der Graffitis statt. 7 Nach der Planung des Konzepts war der Name, unter dem der Weltalphabetisierungstag 2009 in Gelsenkirchen stand, nicht weit entfernt. „Brecht meets Graffiti“ beschreibt zum einen den zeitlichen Ablauf der Planung und Durchführung des Konzept und zum anderen die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Elementen des Konzepts, die sich immer auf zwei Aspekte der Kunst beziehen: auf bildende Kunst und Literatur. Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. Postfach 10 02 53 Berliner Platz 8-10 48143 Münster 48051 Münster Katja Erzkamp Fon: +49 (0)2 51.49 09 96-42 Fax: +49 (0)2 51.49 09 96-44 Mobil: +49 (0)1 63.170 63 97 [email protected] Presse-Information 31.08.2009 Brecht meets Graffiti in Gelsenkirchen am 08.09.09 Aktionen zum Weltalphabetisierungstag gesprüht ist, nicht zu lesen. In GelsenFür viele ist das, was an die Wand in den Straßen vor diesem Problem, kirchen stehen ca. 13.000 Menschen nur mit dem Lesen und Schreiben. Nicht denn sie haben Schwierigkeiten Teil des Verbundprojekts: mit Im Verbund mit Graffitis. und Marian ließen sich von der ThemaDie Gelsenkirchener Künstler Malte und kreierten vielfältige Graffititik „Lesen und Schreiben“ inspirieren der Stadtbibliothek Gelsenkirchen, in Werke. Diese werden ab dem 01.09. Bundesverband Alphabetisierung Junius ausgestellt und sollen und Grundbildung e.V. Postfach 10 02 53 48051 Münster diedem Bildungszentrum und der Buchhandlung wird am 08.09. gestillt. Die Graffitis Lust auf mehr machen. Das „Mehr“ den in Lesung am Abend stattfindende Tagesablauf für den nen als Etappenmarkierung für die 08.09.2009 von und mit Nina Ude und Katja Ausstellungsorten. Beginn der Lesung Stadtbibliothek Gelsenkirchen (Ebertstra- Aktionen zum Weltalph Erzkamp ist um 17:30 Uhr in der bis Junius abetisier ungstag wird in der Buchhandlung ße 19). Nach einer kleinen Stärkung darf zu Klassikern wie Brecht werden Gelauscht . ca. 19 Uhr weitergelesen Lernenden aus Alphabetisierungskurund Rilke, aber auch zu Texten von unterschiedlichen Einrichtungen desSeit 01.09. sind die Graffitis, die am 08.09. in als kreativer Einrichtungen des Gelsenkir sen. Am 08.09. werden die Graffitis chener Netzwerks Alphabet Schreibanlass in ng als kreativer Schreibanlass isierung dienen, an am Abend stattfindenden Gelsenkirchener Netzwerks Alphabetisieru um des Handels e.V., in der den Orten dervom Lesung ausgestellt. Gefördert genutzt. Geschrieben wird im Bildungszentr bei RE/init e.V. und in der VHS Gelsen-Anleitung zum kreativen KiTa Niefeldstraße, im Förderkorb, Schreiben und Auseinan he“ Texte, die in die Lesung am Abend Thema Lesen und Schreibe dersetzung mit dem „zeitgenössisc kirchen. So entstehen n an Hand der ausgeste llten Graffitis: eingebunden werden. 8:00 bis 9:30 Uhr Bildungszentrum des Baranowski unterstützt die Frank eister 10:00 Oberbürgerm Handels Uhr bis 11:30 Uhr e.V. Der im Amt bestätigte Bewegungs-KiTa Niefeldstr sierungstag und wird am 12:00 Uhr aße bis 13:30 Uhr Gelsenkirchener Aktionen zum Weltalphabeti von Förderkorb um 14 Uhr in den Räumlichkeiten Mitglied im Pressegespräch, das am 08.09. ) stattfindet, als Gesprächspartner Pressegespräch in einer RE/init e.V. (Paulstraße 6, Gelsenkirchen Einrichtung, die im Vorfeld Alphabetisierungskursen ihre Lernenden in zur Verfügung stehen. angeleitet hat, zu den Graffitis Texte zu erstellen. 14:00 Uhr bis 15:00 Uhr RE/init e.V. Gesprächspartner: Geschäftsstelle isierungstag: Gerhard Specht, Hintergrund zum Weltalphabet 02 53 Postfach 10 Geschäft sführer RE/init e.V. von der UNESCO ins Leben gerufen Heidrun Schumac 48051 Münster Der Weltalphabetisierungstag wurde her, Lehrende bei RE/init 08.09. begangen. e.V. Katja Erzkamp, Initiatorin und wird alljährlich seit 1966 am Platz 8-10 des Netzwerks Alphabet rund ein Fünftel der Erwachsenen Halit Götze,Berliner isierung Münster eines Lerner 48143 Der Tag erinnert daran, dass weltweit Marian Kneip, Graffiti-K Lese- und Schreibkurses bei RE/init e.V. weder lesen noch schreiben können. 96-0 Erwachsene Fon: +49 (0)251.49 09 ünstler aus Gelsenkirchen Millionen vier Frank Baranow 09 96-86 (0)251.49 ski, Fax: +49 Nach Schätzungen verfügen in Deutschland Oberbürg ermeister der Stadt isse wie ein Grundschulkind in Schreibkenntn und Leseüber so geringe @ alphabetisierung.de ergibt sich hieraus eine statistische Moderation:bundesverband der zweiten Klasse. In Gelsenkirchen www.alphabetisierung.de Stephanie Müller und Zahl von 13.394 Menschen. Agnes Jaworski Von 17:30 Uhr bis 19:00 Geschäftsführer Uhr findet in den Räumen Bildungszentrums der Stadtbibliothek, des Peter Hubertus und der klassischen und zeitgenös Buchhandlung Junis eine Lesung von sischen Texten statt. Eingebun die Texte, dieUSt.-IdNr. den werden hier am 813428370 DE Tag und Gelsenkirchen entstande die Tage zuvor in den Bildungskursen in n sind. Vereinsregister Berliner Platz 8-10 48143 Münster Katja Erzkamp Fon: +49 (0)2 51.49 09 96-42 Fax: +49 (0)2 51.49 09 96-44 Mobil: +49 (0)1 63.170 63 97 [email protected] Teil des Verbundprojek ts: Im Verbund mit Gefördert vom Wer, wie, was? Mitglied im 4381 beim Amtsgericht Münster Geschäftsstelle Postfach 10 02 53 48051 Münster Berliner Platz 8-10 48143 Münster Fon: +49 (0)251.49 09 96-0 Fax: +49 (0)251.49 09 96-86 bundesverband@ alphabetisierung .de www.alphabetisierung.de Geschäftsführer Peter Hubertus 8 USt.-IdNr. DE 813428370 Vereinsregister 4381 beim Amtsgericht Münster 9 Wie erstellt man Graffitis, die solide für eine Ausstellung sein müssen, die als kreativer Schreibanlass dienen sollen und zudem verschiedene Zielgruppen das Thema näher bringen sollen? Man nehme: Zwei engagierte GraffitiKünstler aus der Region, vier Spanplatten aus dem Baumarkt im Maß 1,50 x 1,00 Meter, Sprühdosen aus dem Fachhandel, in vielfältigen Farben, die die Künstler sich aussuchen und einen Platz zum Sprühen. 10 Nach zwei Wochen war es dann soweit: Die Graffitis konnten in die Ausstellungsorte gebracht werden. Innerhalb der zwei Wochen wurden Informationen über Telefonate und Emails ausgetauscht. Die Künstler informierten sich über die Lebenswelt von Betroffenen und erhielten Sachinformationen über Analphabetismus. Hierzu dienten in erster Linie Betroffenentexte, die die Künstler sich zu Gemüte führten. Wie entstanden die Graffitis? Der Graffiti-Künstler Marian Kneip berichtet… „Die Leinwände, die für den Weltalphabetisierungstag entstanden sind, waren Projektionen unserer Empathie. Wir versetzten uns in die Lage von einem Analphabeten, um uns zu erschließen, in welcher Lage man sich befinden müsste, wenn man nicht lesen und schreiben kann. Wer, wie, was? Vorbereitung Lesen und Schreiben sind Errungenschaften der Menschheit, die miteinander geteilt werden und zur Kommunikation dienen. Dadurch wird auch ein Zugehörigkeitsgefühl gestärkt. Wie muss man sich wohl fühlen, wenn man genau diese Fähigkeiten nicht einsetzen kann? Man fühlt sich ausgeschlossen, einsam, unbeholfen. Um genau diese Gefühle darstellen zu können, haben wir uns überlegt, Bilder zu sprühen, die einerseits diese Gefühle widerspiegeln, jedoch auf der anderen Seite zeigen, dass das Miteinander doch noch da ist. Dass der Betroffene sich nicht unterkriegen lassen sollte und sich Unterstützung bei anderen Menschen holen kann. Das „WIR“ ist gefragt. Auch wenn es für jeden einfach klingt, ist dieses „WIR“ doch nicht immer gegeben. Es ist wichtig mit anzupacken, dass diese Menschen wieder aufleben können. Beim Umsetzen der Bilder auf die Leinwände haben wir Kontraste von Farben und Formen genutzt, um das Thema der „Angst“ der Analphabeten widerzuspiegeln. 11 Vorerst hatten wir viele Skizzen gezeichnet. Nachher, als es ins Eingemachte ging, haben wir die besten Ideen ausgesucht und sie dann so gut wie möglich in die Tat umgesetzt. Beim Sprühen der Leinwände rauschten uns viele Dinge durch den Kopf. Wir konnten uns gut in die Lage versetzen und mitfühlen, wie unbeholfen man sich doch fühlen muss, wenn man nicht lesen und schreiben kann. Schriftsprache im Sozialsystem verdeutlicht, aber auch die Komplexität und Gestaltungsmöglichkeiten mit der geschriebenen Sprache aufgezeigt. Zu der Vorbereitung der Aktionen gehörte auch die Kontaktaufnahme mit Kursleitern verschiedener Institutionen in Gelsenkirchen, die „reine“ Alphabetisierungskurse anbieten, in denen keine Kursgestaltung am 08. September aus bekannten Gründen durchgeführt werden konnte. Wer, wie, was? Uns fiel es nicht schwer, dieses in die Tat umzusetzen, da unsere Empathie uns half, Angst und Hilflosigkeit dieser Leute nachzuempfinden. So wurde ein Anschreiben verfasst und verteilt. Unsere Ziele, die wir mit den Leinwänden verfolgten, waren zwei Wesentliche: Als erstes die Mitmenschen auf das (weltweite) Problem des Analphabetismus aufmerksam zu machen. Ihnen sollen auch genau diese Dinge durch den Kopf gehen, wie uns, wenn sie unsere Bilder sehen, damit ihr Tatendrang geweckt wird, etwas dagegen zu tun. Als zweites die Lebenswelt der Analphabeten darstellen und Ihnen so zeigen, dass wir versuchen, sie zu verstehen und dass sie nicht allein sind.“ 12 Die entstandenen Graffitis sind mannigfach und bieten für Menschen, die das Lesen und Schreiben lernen, wie auch für Menschen, die das Lesen und Schreiben beherrschen, viele Interpretationsmöglichkeiten. Durch die verschiedenen Motive werden Gefühle und Lebenswelten Betroffener dargestellt, Aspekte der Bundesverband Alphabetisieru ng und Grundbildung e.V. Postfach 10 02 53 48051 Münster Berliner Platz 8-10 48143 Münster Sehr geehrte Kursleiterinne in Alphabetisierungs- und n und Kursleiter Grundbildungskursen in Gelsenkirchen! Am 08.09.2009 ist Weltalp Der Weltalphabetisierungshabetisierungstag! tag wurde von der UNESC und wird alljährlich seit O ins Leben gerufen 1966 am 08.09. begang Der Tag erinnert daran, en. dass weltweit rund ein Fünftel der erwachsenen Menschen weder lesen noch Nach Schätzungen verfüge schreiben können. n in Deutsc hland vier Millionen Erwach über so geringe Lesesene und der 2. Klasse. In Gelsen Schreibkenntnisse wie ein Grundschulkind in kirchen ergibt sich hieraus von 13.394 Menschen. eine statistische Zahl Wir, das ist das Projekt a³ sierung, veranstalten aus und das Gelsenkirchener Netzwerk Alphab etidiesem Anlass am 08.09. nen in Gelsenkirchen. verschiedene AktioUnterstützt werden wir bei diesem Vorhaben zwei Gelsenkirchener von Künstlern, die sich von der Thematik Lesen und Schreiben inspirieren ließen und vier Graffiti werke dem 01.09.2009 in der Stadtbibliothek, dem Bildungkreierten. Diese sind ab Buchhandlung Junius szentrum und der zu sehen. Wir würden uns freuen, wenn eigene Texte zu den Graffiti Sie Ihre Teilnehmer dazu motivieren, selbst Bilder als kreativen Schreib kunstwerken zu schreiben. Sie könnten die anlass in Ihren Unterri würden Sie am 01.09.2 cht einbinden. Die Bilder 009 sprechpartnerin ist hierfür erhalten, digital und/oder ausgedruckt. AnFragestellungen wie „Was Frau Erzkamp. das Bild bei dir aus? Was siehst du? Was empfindest du dabei? Was löst etwas? Was strahlt das gefällt dir an dem Bild? Erinnert dich das Bild Bild für dich aus? Fällt an dir eine Geschichte dazu ein?“ könnten dabei hilfreic h sein. In der Stadtbibliothek findet der Buchhandlung Junius um 17:30 Uhr eine Lesung statt, die dann in ihren Abschl uss findet. Klassiker wie Brecht Rilke, aber auch Texte von Teilnehmern aus Alphab und werden vorgetragen. etisierungskursen Fragen Sie bitte die Teilneh mer, ob wir ihre Origina einbinden können. Bei ltexte in die Lesung Interesse hinterlegen Sie die Herrn Müller, VHS Gelsen kirchen. Sie werden dann Texte hierfür bitte bei 16:00 Uhr abgeholt. am 08.09.2009 um Natürlich sind Sie alle herzlich zu unseren Lesung en eingeladen! Viele Grüße Katja Erzkamp Katja Erzkamp Fon: +49 (0)2 51.49 09 96-42 Fax: +49 (0)2 51.49 09 96-44 Mobil: +49 (0)1 63.170 63 97 k.erzkamp@alphabetisie rung.de Teil des Verbundprojekts: Im Verbund mit Gefördert vom Mitglied im Geschäftsstelle Postfach 10 02 53 48051 Münster Berliner Platz 8-10 48143 Münster 13 Kursgestaltung Eine Woche vor dem Weltalphabetisierungstag wurden die Graffitis in der Stadtbibliothek Gelsenkirchen, dem Bildungszentrum und der Buchhandlung Junius ausgestellt. Dies diente zur Werbung für die Lesung in den Ausstellungsräumen am 08. September sowie zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Die Vermutung war, dass interessierte Menschen die Mitarbeiter der Stadtbibliothek und der Buchhandlung auf die „ungewöhnlichen“ und großen Kunstwerke ansprechen. Berichte der Mitarbeiter in den Ausstellungsräumen bestätigten, dass viele Menschen sich beim Kauf oder der Buchleihe nach den Graffitis erkundigten. Das Team war gut präpariert: Neben der mündlichen Erläuterung gab es zudem eine Einladung zur Lesung, die einen kurzen Informationstext zum Weltalphabetisierungstag enthielt. Am 08. September gestalteten Katja Erzkamp, Agnes Jaworski und Stefanie Müller in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Institutionen Kursstunden. Dabei standen die Graffitis im Mittelpunkt. Gemeinsam bedienten die Akteure diese unterschiedlichen Zielgruppen: Im Bildungszentrum des Handels e.V. motivierten die Graffitis Teilnehmende eines Kurses für den nachholenden Hauptschulabschluss, sich mit der Schriftsprache auseinander zu setzen, in der Bewegungs-KiTa Niefeldstraße motivierten die Graffitis Kinder bis sechs Jahren über ihre eigenen Erfahrung mit der Schriftsprache zu sprechen sowie ihre Fähigkeiten zu demonstrieren und beim Förderkorb spornten die Graffitis Kursteilnehmende aus dem Projekt „Schulverweigerung - Die 2. Chance“ zur Auseinandersetzung an. Das Kursstundenkonzept wurde je nach Zielgruppe variiert und die verwendeten Materialien und Methoden abgewandelt. am 08.09.2009 Einladung zur Lesung Brecht meets Graffiti schmaus. össische Texte als Ohren und klassische wie zeitgen werden ern kreiert. Gelauscht Gelsenkirchenern Künstl zwei von n wurde is Die Graffit den aus auch zu Texten von Lernen Brecht und Rilke, aber darf zu Klassikern wie Graffitis als Blickfang en. lokalen Bildungseinrichtung verfassen ren Menschen Texte zu er Malte und Marian motivie Die Graffitis der Künstl is anderzusetzen. Ein Ergebn und Schreiben ausein Lesen Thema dem und sich mit und Abend des 08.09. sehen n Sie bei der Lesung am dieses Prozesses könne hören. 14 der n, dem Bildungszentrum, 01.09. in den Lesungsorte Die Graffitis sind seit dem stellt. andlung Junius, ausge kirchen und der Buchh Stadtbibliothek Gelsen traße 19). Gelsenkirchen (Eberts in der Stadtbibliothek Beginn ist um 17:30 Uhr andlung Junius geht es weiter in die Buchh ng Stärku kleinen Nach einer 19:00 Uhr. Ende ist ca. 19:00 (Sparkassenstraße 4). tatt. Allgemein wurden folgende Materialien gebraucht: Laptop, Beamer, Internetzugang, Fotokamera Vorbereitete Blätter (Lesetext, youtube-Text) Große weiße Pappe, kleine Blätter, Stifte, Pappe für Schablonen, Schere, Schreibpapier, Sprühkreide Als erstes wurde den Teilnehmenden kurz erläutert, warum wir die Stunde mit ihnen gestalten. Hierzu wurde ein leicht lesbarer Text zum Weltalphabetisierungstag genutzt. Die Graffitis wurden vorgestellt und die Teilnehmenden wurden gebeten, sich in Gruppen aufzuteilen, je nachdem wie sie mit den Bildern arbeiten wollten: Sie konnten zu den Graffitis etwas schreiben, eine Spray-Schablone entwickeln oder ein Graffiti auf Karton gestalten. Innerhalb der Gruppe konnten die Teilnehmenden entscheiden, ob sie jeder für sich ein Bild auswählen oder gemeinsam ein Graffiti aussuchen und zusammen ein Ergebnis erarbeiten. Dafür wurden die Graffitis auf Fotopapier im Format A4 ausgelegt und den Teilnehmenden die Arbeitsweise erläutert. Die selbstständige Einteilung in Gruppen wurde als Methode gewählt, um die Fragen nach der Verwendung von Graffitis in Alphabetisierungskursen für die Projektmitarbeiter zu beantworten. Am Ende der Einheit wurden die entstandenen Schablonen genutzt, indem die Werke mit Sprühkreide auf den Boden vor dem Gelände gesprüht wurden. Als Ausklang wurde der youtube-Spot „Read a Book – Bomani ‘D’mite‘ Armah“ gezeigt und der Text des Liedes (Original und Übersetzung) ausgeteilt. Die genutzte Zeit für die komplette Gestaltung belief sich auf 1 Stunde und 30 Minuten. Wer, wie, was? Ausstellung 15 Dieser Text wurde in Zusammenarbeit mit Eva Steffens-Elsner erarbeitet. Diese Jugendlichen haben kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Sie schämen sich und die Angst, Der Welttag der Alphabetisierung ist jedes Jahr am 8. September. jemand könnte etwas mitbekommen, Die UNESCO*) hat diesen Tag zum Welttag der Alphabetisierung erklärt, ist für die Betroffenen oft der größte Horror. denn weltweit gibt es mehr als 781 Millionen Menschen, die nicht lesen und schreiben können. Im Alltag gibt es Probleme beim Formulare ausfüllen, Diese Menschen sind Analphabeten. Bewerbungen schreiben, Verträge lesen, Sie leben vor allem in den sogenannten Entwicklungsländern Fahrkarten – Automaten bedienen und so weiter. Wer, wie, was? Welttag der Alphabetisierung Der Gestaltungsprozess wie Afrika, Asien und auch Südamerika. Dort ist der fehlende Schulbesuch die Hauptursache für den Analphabetismus. Eine Kampagne des Bundesverbandes In Deutschland gibt es etwa vier Millionen Erwachsene, für Alphabetisierung und Grundbildung lautet: die nur so lesen und schreiben können wie Kinder in der ersten oder zweiten Klasse. Alleine in Bielefeld sind dies über 15.000 Jugendliche und Erwachsene, „Schreib dich nicht ab, lern lesen und schreiben!“ die älter als 15 Jahre sind. Es wird deutlich gemacht, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, Man nennt sie funktionale Analphabeten. Lesen und Schreiben zu lernen, In der Schule lernt man Lesen und Schreiben, auch wenn es in der Schule nicht richtig geklappt hat. aber man kann es wieder verlernen, Durch Förderung in der Berufsschule wenn man es nicht regelmäßig nutzt. oder durch spezielle Kurse an den Volkshochschulen Wer selten liest, kann in der Folge immer schlechter lesen. bekommt man eine zweite Chance. Dasselbe gilt für das Schreiben. Und eins ist klar: Bekommt man neben der Schule Mit Dummheit hat Analphabetismus nichts zu tun! keine ausreichende Unterstützung von den Eltern, oder überwiegen zu Hause andere Probleme, wie zum Beispiel Trennung der Eltern, Arbeitslosigkeit, Alkohol- oder Drogensucht, Weitere Informationen: dann wird die Zeit in der Schule oft nur abgesessen www.alphabetisierung.de und nach neun Jahren verlässt man die Schule ohne Schulabschluss www.ich-will-schreiben-lernen.de und ohne ausreichende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und oft auch im Rechnen. www.chancen-erarbeiten.de *)UNESCO = Abkürzung für United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, 16 eine Unterorganisation der Vereinten Nationen (UN) für Erziehung, Wissenschaft und Kultur. 17 „Lesende Hände Menschen Blut Himmel schwarzen Pfeil Grünes T-Shirt Kappe braun? wissen wir nicht“ c r u d g n u t l a t s e g s der Kur „Baum mit ABC Affe oder Mensch? Affe versucht, ABC zu holen Buchstaben, um zu lesen“ „Ein Baum, wo die Blüten Buchstaben sind, der Baum steht auf einen bergigen Untergrund, auf dem Untergrund ist noch ein Mensch zu sehen.“ Anonym Patrick Anonym „Buchstaben Mann mit erhobener Hand Mann streckt sich nach dem K Welches Wort wird mit K geschrieben? Ergeben die Buchstaben zusammen ein Wort? unten ist es dunkel ohne Lernen ist es dunkel, wenn man lernt, ist es hell.“ 18 Anonym „Schrift gelb, grün grün, blau blau, orange orange, blau „Baum Berg BuchstabenbaumBaum Wiese Mensch, kein Zwerg Der kann sich Buchstaben und Blätter nehmen“ grün?“ Anonym „Wenn ich mir das Bild betrachte und ich das Gesicht sehe, kommen in einem viele Gefühle hoch. Das Gesicht, was ich sehe auf dem Bild, sieht nicht glücklich aus, denn im Gegenteil, es sieht richtig unglücklich aus. Ich finde, die Person auf dem Bild hat gar nicht richtig den Durchblick. Es sieht sehr traurig und müde aus. Wer, wie, was? e s s i n b e Erg h Um das Gesicht herum sehe ich lauter Buchstaben, die verschwommen sind, und jeder Buchstabe hat eine eigene Farbe. Dazu sind es keine glücklichen Farben, sondern eher sehr dunkle Farben, die sehr traurig, so wie das Gesicht, aussehen, bzw. optisch von der Farbe zusammen passen. Um das Gesicht darum herum ist es blau, es passt alles sehr, sehr gut zusammen, denn das Gesicht ist traurig. Die einzelnen Buchstaben sehen nicht schön aus und dann noch der Hintergrund: es ist nicht toll, so etwas zu sehen, denn ich finde es viel schöner, wenn alle glücklich sind, was auf dem Bild leider nicht so ist, da es der Person nicht so gut geht, wahrscheinlich, oder andere Probleme hat, die belasten. Das ist überhaupt nicht gut und nicht schön.“ Jaqueline Wagner Anonym „Buchstaben bluten Affenmensch kann nicht hoch Geist isst, um lesen und Schreiben zu lernen Gesicht ist kaputt Mond guckt unglücklich“ Anonym 19 der Kursge 20 Wer, wie, was? e s s i n b e Erg staltung durch 21 Kursgestaltung bei RE/init e.V. und in der VHS GE Wer, wie, was? Bei RE/init e.V. und in der VHS Gelsenkirchen wurden die Graffitis ebenfalls als kreativer Schreibanlass genutzt. Die Kursleitenden vor Ort haben die Werke in den Kursablauf integriert und sich länger als eine Kurseinheit mit diesen beschäftigt. Frau Schumacher und Herr Götze (RE/init e.V.) berichten über ihre Erfahrungen mit den Graffitis. „Frau Schumacher, Sie haben mit den Graffitis in Ihrem Kurs gearbeitet. Wie war das für Sie und welche Ergebnisse sind entstanden?“ Foto: Martin Möller „Erst mal war ich selber ganz beeindruckt von den Graffitis, besonders von dem mit dem Baum. Der Kurs hat als Gruppe zum ersten Mal zusammen gearbeitet. Dafür haben die Teilnehmer schon sehr viel geschrieben. Sie haben sich einiges einfallen lassen, waren zum Teil auch sehr bewegt. Bei dem, was geschrieben wurde, kann man sehen, was so einigen im Einsatz eingefallen ist von Traum über Horror über Außenseiter-Dasein. Wir haben gemeinsam überlegt, was es für den Einzelnen bedeutet, lesen zu können, was es für ihn eröffnet. Ich war angenehm überrascht, was ihnen eingefallen ist und mir nicht.“ „So auf den ersten Blick, vielleicht fehlt mir auch der künstlerische Sachverstand, würde ich jetzt nicht drauf kommen, dass die Bilder was mit Analphabetismus zu tun haben?“ 22 „Vielleicht liegt es daran, wie man sich mit der Sache beschäftigt. Für die Teilnehmer war es relativ klar. Da kam ganz schnell raus, dass da „Lernen“ steht, nicht „Lesen“. Die Teilnehmer sind eigentlich sofort darauf eingegangen, haben sich damit identifiziert.“ „Herr Götze, Sie sind Teilnehmer im Kurs von Frau Schumacher. Was können Sie mit den Graffitis anfangen, was hat das bei Ihnen ausgelöst?“ Foto: Martin Möller „Was haben die Graffitis bei mir ausgelöst? Die haben eigentlich unser Seelenheil beschrieben. Eins zeigt zum Beispiel, wie man in seiner eigenen Welt im Dunkeln lebt und ausgeschlossen ist und unbedingt zu der hellen Stelle will, aber es geht nicht. Und dann fühlt man sich irgendwann verloren und traurig und irgendwann tickt man auch aus: Wenn man immer was tut und es kommt einfach nichts, irgendwann ist man auch frustriert. Und deswegen bin ich auch froh, dass ich eine neue Chance bekommen habe und wieder lernen kann.“ 23 Wer, wie, was? e s s i n b e Erg n… „Lesen bringt nur Hoffnung.“ (D.A.) aus dem Kurs vo „Lesen hat mir die Welt geöffnet.“ (H.S.) „Lesen hilft mir dabei, die Wirtschaft zu verstehen.“ (K.K.) „Lesen verbindet.“ (H.G.)“ „Lesen bedeutet Mut für mich.“ (S.P.) „Lesen bildet mich weiter.“ (D.A.) „Ich schaffe es nur, die Zeitung zu lesen – zu viel Arbeit.“ (S.C.) „Lesen lässt einem die Welt anders sehen.“ (H.G.) „Lesen macht Spaß.“ (M.Ö.) „Lesen bedeutet ein Stück Freiheit für mich.“ (H.G.) „Lesen bedeutet Wissen für mich.“ (D.A.) 24 25 e s s i n b e Erg der „Der Baum, der Früchte gibt. Die Leute, die nicht schreiben und lesen können, kommen nicht weiter im Leben. aus den Kursen chule Volkshochs iterin der die AkEine Kursle n berichtete, dass he banlass Gelsenkirc Graffitis als Schrei die r t de al z e an zept r, wi abhängig wa d junge Lernende mit davon en hr sind. Wä Bildern Lernenden te mit den hrungsängs eine gerü n Be re e te in Äl ke es bei den Motive. Ältere b ga , en hatt er ahl der vi hr, gezielte Ausw s Bild des Baumes se t, der da ch n begrüßte t dem Gesi dem Bild mi ug. n vo t lg fo tz dem Schrif Gruppe und Doch wer lesen und schreiben kann, der ist viel selbstständiger. Gut lesen und schreiben können bedeutet: Ich und das und „Ich sehe viele Buchstaben mit viel roter Farbe. Mit den Buchstaben kann ich viele Wörter schreiben. Ich brauche immer viele Buchstaben, wenn ich Wörter schreiben will. kann die Zeitung lesen verstehe, Internet zu benutzen was Neues zu lernen. In der jetzigen Zeit braucht man Bildung, dass heißt, man muss sich gut ausdrücken können, um weiter zu kommen. Die Menschen mit Bildung sind noch offener und freier. Bildung ist für die Zukunft sehr wichtig.“ Nargül Ich schreibe Briefe und Karten an meine Familie und Freunde, Einkaufszettel, an meinem Arbeitsplatz mache ich Notizen.“ Chandrika „Der Baum mit den Buchstaben ist für mich der erste Schritt zwischen Mensch und Natur. Die hängenden Buchstaben sind ein Anfang für den Menschen zum Lernen und das ist der erste Schritt in die Zukunft.“ Die Menschen zeigen mit ihren Händen einige Buchstaben. Der Mensch auf der rechten Seite des Bildes, welcher braun gekleidet ist, zeigt das L. Der grüne Herr oder die grüne Dame -natürlich ist hiermit die Kleidung gemeintzeigt das E. Wer, wie, was? „Menschen LE Liebt Euch Was Buchstaben alles können? Menschen verbinden, zusammen leben, eine Gruppe sein, eine Sprache sprechen und sich verstehen. Buchstaben und Worte verbinden uns. Wir können mit allen Menschen auf diese Weise in Kontakt treten. Wir hoffen, dass jeder Mensch die gleichen Chancen erhält. Eine Sprache, die verbindet, ein Volk, welches zusammenhält, ach, wie schön ist doch die Welt.“ Angelika Fatime 26 27 In den Räumlichkeiten von RE/init e.V. fand nach den Kurseinheiten ein Pressegespräch statt. Gesprächspartner für Funk-, TV- und Printmedien waren der im Amt bestätigte Oberbürgermeister Frank Baranowski, Gerd Specht (Geschäftsführer von RE/init e.V.), Heidrun Schumacher (Lehrende in Angeboten von RE/init e.V.), Halit Götze (Lerner in dem Angebot LEGA bei RE/init e.V.) und Katja Erzkamp (Mitarbeiterin im Projekt a³ und Initiatorin des Netzwerks Alphabetisierung in Gelsenkirchen). Thematisiert wurden Aspekte wie die gestalteten Graffitis, Methoden in der Alphabetisierung und die Lebenswelt von Lese- und Schreibunkundigen. Lesung W GELSENKIRCHEN WGE_2 NR.210 Aktionsabend gegen Homophobie im Fan-Laden Tobias Mühlenschulte Sogar schwule Borussen waren da. Und das ist selbstverständlich nicht als Beleidigung gemeint, sondern als Fakt. Die Schalker Fan-Initiative, das Fan-Projekt und das schwul-lesbische Jugendzentrum „The Point” hatten jetzt zu einem Aktionsabend gegen Homophobie in den FanLaden an der Hansemannstraße eingeladen. Dabei wurde etwa aus Ronny Blaschkes „Versteckspieler” vorgelesen, der biografischen „Geschichte des schwulen Fußballer Marcus Urban”. Außerdem liefen auf der Leinwand kurze Ausschnitte der preisgekrönten DSF-Dokumentation „Das große Tabu – Homosexualität und Fußball”. Als Höhepunkt bekam Schalkes kommissarischer Pressesprecher Thomas Spiegel eine Kopie der von Felix Magath und Josef Schnusenberg unterzeichneten „Erklärung gegen Diskriminierung” überreicht. Susanne Franke, erste Vorsitzende der Fan-Ini, freute sich besonders über das Kommen der (zwei) Mitglieder der „Rainbow-Borussen”, dem ersten offiziellen schwul-lesbischen Fanclub in der verbotenen Stadt. Das gab auch tatsächlich Applaus von Homound Hetero-Schalkern. A wie Alphabetisierung Die Welt ist grau. Traurig. Ein bisschen bedrohlich gar. Eine schwarze Gestalt versucht sich zum Himmel zu strecken. Denn dort oben, in den Ästen eines Baums, hängen die Buchstaben, die ihr Eintritt verschaffen können in eine bessere, bunte Welt. Das Graffiti bringt es plakativ auf den Punkt: Wer nicht lesen und schreiben kann, dem bleiben viele Lebensbereiche verschlossen. Wie Analphabeten geholfen werden kann, stand im Mittelpunkt des gestrigen Weltalphabetisierungstages. Um das Thema anschaulich zu machen, hat der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung, kurz a3, Graffitikünstler beauftragt, die Problematik darzustellen – auch, weil die verschnörkelte Sprayer-Schrift oft auch für Lesende schlecht zu entziffern ist. Zu sehen sind die Bilder zurzeit in der Stadtbibliothek und in der Buchhandlung Junius. Über vier Millionen Menschen in Deutschland können nicht richtig lesen und schrei- Auch Jana Hansjürgen, nach fünf Jahren scheidende Leiterin des Jugendzentrums „The Point” hatte allen Grund zu lachen: „Ich freue mich riesig. Ich habe das mit der Erklärung gepusht.” Diese basiert auf dem Fünf-Punkte-Plan des „Bündnis Aktiver Fußball Fans” und von „Football Against Racism in Europe”. Schalke hat dieses Jahr unterschrieben. „Endlich”, sagte Jana Hansjürgen. „Es hat gedauert.” Dafür habe es dann schließlich nur zwei Minuten mit der Entscheidung gedauert, erinnnerte sich Thomas Spiegel an das Signieren der „sehr sinnvollen Erklärung”. Diese Fuballvereine haben übrigens auch schwul-lesbische Fanclubs: VfB Stuttgart, Arminia Bielefeld, FC Bayern, 1. FC Köln, HSV, St. Pauli. . . ben, sagt die Statistik. Für Gelsenkirchen bedeutet dies, dass etwa fünf Prozent der Gelsenkirchener zu den sogenannten funktionalen Analphabeten. Einer von ihnen ist Halit Götze (29). Seit Anfang September nimmt er am Projekt „Lega” (Lebens- und Erwerbsweltbezogene Grundbildung im Rahmen von Aktiv-Jobs) bei RE/init teil. Zwei Tage pro Woche büffelt er an der Paulstraße Lesen und Schreiben, drei Tage wird er im Gartenund Landschaftsbau seine Qualifikation erweitern. Viele Anläufe hat der ehemalige Sonderschüler bereits GELSENKIRCHEN Fremdsprachenkurse bleiben bei der VHS der Renner, bereits jetzt verzeichnet man an die 1200 Anmeldungen für das zweite Halbjahr. Keine Frage zudem, dass sich an der VHS auch bei den Fremdsprachen spiegelt, dass die Bevölkerung in Gelsenkir- Zustellung, Buchbestellung, Anzeigen (Familie, Auto, Wohnung), und Adressänderung: Sie erreichen uns: Mo. bis Fr. von 6 - 20 Uhr, Sa. 6 - 14 Uhr, So. 15 - 20 Uhr, (Anzeigenannahme: mo. bis fr. 7.30-18 Uhr) Telefon ................... 01802 4040-72* Fax ....................... 01802 4040-82* E-Mail ................ [email protected] Anzeigenberatung Online Anzeigen aufgeben: ...................www.online-aufgeben.de Telefon ................... 01802 4040-32* Sie erreichen uns: Mo. bis Fr. 7.30 - 18 Uhr E-Mail .. [email protected] *6 Cent pro Anruf/Fax aus dem deutschen Festnetz, abweichender Mobilfunktarif Ausstellungen die insel, Kirchstr. 6, 0209 1493505, 10-18.30 Uhr: „Ausstelllung Ines Legewie”. Finanzamt Gelsenkirchen-Süd, Zeppelinallee 9-13, 7 Uhr: „"Vielfalt in Farbe" - Petra Pauen Malerei und Grafik”. Kunstmuseum Gelsenkirchen, Horster Straße 5-7, 0209 1694361, 11-18 Uhr: „Bernhard Schwichtenberg: Aus meinem Repertoire - Bilder und Objekte aus 50 Jahren”. : „Kunst des späten 19. Jahrhunderts bis Heute”. Künstlersiedlung Halfmannshof, Halfmannsweg 50, 0209 20 65 14, 19 Uhr: „Rolf Glasmeier - Freunde II”, bis zum 16. Oktober freitags 19 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 4024145. Quartiersladen Tossehof, Ravenbusch 2, 10-16 Uhr: „Blaufieber - wir sind heiß auf Blau"”. 13 394 Menschen in Gelsenkirchen können laut Statistik nicht richtig lesen und schreiben Heidrun Schumacher LESERSERVICE TIPPS & TERMINE Nina Estermann „Es hat gedauert” Morgenpost Lokalredaktion: Oliver Schmeer, Stellvertreter: Jörn Stender. Sport: Wolfgang Kerkhoff. Geschäftsstelle, Anzeigen, Redaktion: Ahstraße 12, 45879 Gelsenkirchen; Buer, Horst und Westerholt: Hochstraße 68, 45894 Gelsenkirchen. Druck: Druckhaus WAZ GmbH & Co. Betriebs KG, Friedrichstraße 34-38, 45128 Essen. Erscheint täglich außer sonntags. Für unverlangte Sendungen keine Gewähr. Bezugsänderungen sind nur zum Quartalsende möglich. Die Bezugsänderung ist schriftlich bis zum 5. des letzten Quartalsmonats an den Verlag zu richten. Bei Nichtbelieferung im Falle höherer Gewalt, bei Störungen des Betriebsfriedens, Arbeitskampf (Streik, Aussperrung) bestehen keine Ansprüche gegen den Verlag. Redaktion GE . . . . . . . . . . . . . . . 0209 17094-30 Sportredaktion . . . . . . . . . . . . . . 0209 17094-50 Fax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0209 17094-49 E-Mail . . . . . . . . [email protected] Redaktion Buer . . . . . . . . . . . . . . 0209 93092-29 Fax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0209 93092-30 E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . [email protected] Anzeigen: E-Mail . . . . . . . . . [email protected] Geschäftskunden: Am Bugapark 1b/c, 45899 Gelsenkirchen Telefon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0209 38076-10 Fax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0209 38076-40 Mittwoch, 9. September 2009 Vorträge Bergmannsheil und Kinderklinik, Schernerweg 4, 18 Uhr: „Patientenseminar: Nackenschmerzen - Verschleiß der Halswirbelsäule”. NOTDIENSTE Halit Götze hat ein Ziel: Er will seinem Sohn vorlesen, und ihn bei später bei den Hausaufgaben unterstützen können. unternommen, endlich zu den Lesenden und Schreibenden zu gehören. „In der Schule haben uns die Lehrer irgendwann einfach aufgegeben”, erzählt er. Später versuchte er es bei der Volkshochschule mit einem Alphabetisierungskurs. „Jetzt kann ich schon lesen, nur schreiben kann ich noch nicht.” Das Lernen falle ihm schwer. Und doch will er unbedingt weitermachen. „Man kann ja noch nicht mal eine SMS schreiben. Man ist einfach ausgeschlossen.” Dass er sich trotz aller Schwierigkeiten nicht aufgegeben hat, und einmal mehr von vorne anfängt, daran hat sein kleiner Sohn großen Anteil. „Ich möchte ja nicht, dass er so wird wie ich – ich will ihm auch bei den Hausaufgaben helfen, und ihm aus Büchern vorlesen”, sagt er. Helfen will ihm dabei seine Lehrerin Heidrun Schumacher. Die ehemalige Grundschullehrerin hat schon meh- Fotos: Martin Möller rere Alphabetisierungskurse betreut. „Es ist eine Frage der Motivation”, sagt sie. Wichtig sei es, den Schülern Zeit zu lassen, in Ruhe lesen und schreiben zu lernen. Da stimmt auch Oberbürgermeister Frank Baranowski zu. Der ehemalige Deutschlehrer sagt: „Ich weiß, was das, was geschrieben steht, einem eröffnen kann.” Bald wird es auch Halit Götze wissen. Marienhospital/Kinderklinik Gelsenkirchen: Virchowstraße 135, 0209 172-0. Notruf für vergewaltigte und sexuell missbrauchte Frauen und Mädchen: Kirchstraße 14, 0209 207764. Tierärztlicher Notdienst: 01805451234. Notfallpraxis Buer: Buer, Schernerweg 4, , 13-22 Uhr, Kinderarzt 17-19 Uhr. Notfallpraxis Gelsenkirchen: Dickampstraße 1, , 13-22 Uhr, Kinderarzt 15-17 Uhr. MODELLPROJEKT Netzwerkarbeit Das „Netzwerk Alphabetisie- rung” mit Institutionen wie VHS, RE/init und Integrationscenter für Arbeit kümmert sich in Gelsenkirchen in einem Modellprojekt um Erwachsene, die Lesen und Schreiben lernen wollen. Oftmals wird dabei die Alphabetisierung mit beruflicher Bildung verknüpft. „Man will unbedingt raus aus diesem dunklen Loch”: So interpretiert Halit Götze das Graffiti. Interesse an Fremdsprachen nimmt zu Volkshochschule verzeichnet schon 1200 Anmeldungen für das zweite Halbjahr. Angebote in den Nachbarstädten chen bunter geworden ist. Dorothea Ewering, Programmbereichsleiterin an der VHS: „Infolge der Zuwanderung steigt auch das Interesse an Sprachen wie Polnisch, Türkisch, Russisch und Kroatisch. Immer mehr Menschen lernen eine andere Sprache als Türöff- ner zum neuen Bekanntenkreis oder zur neuen Verwandtschaft. Die Gelsenkirchener machen hier wahr, dass die Integration für sie keine Einbahnstraße ist.“ Frisch erschienen ist jetzt der regionale Übersichtskatalog „Sprachen öffnen Türen“, entstanden in Zusammenarbeit mit 13 Nachbarstädten. Der Katalog gibt einen Überblick über besondere Sprachkurse an den Volkshochschulen im nördlichen Ruhrgebiet. Die Volkshochschulen koordinieren ihr Angebot in der Region und treffen Programmab- sprachen bei den „kleineren“ Sprachen. Im Katalog sind insgesamt 24 Sprachen vertreten, auch solche, die in Gelsenkirchen nicht angeboten werden können. Auskünfte dazu gibt es unter 169-2697 und im Internet unter „www.sprachen-lernen-nrw.de” Anzeige Hand in Hand DGB-Chef und Oberbürgermeister haben viele Schnittmengen www.DerWesten.de/waz „Die Krise ist noch nicht beendet. Ich freue mich über jeden Silberstreif am Horizont, aber auf dem Arbeitsmarkt ist die Krise noch nicht angekommen”, erklärte der DGB-Bundesvorsitzende Michael Sommer am Dienstag auf DGB-Regionalkonferenz im MaritimHotel. Zwei Tage berieten die Vorsitzenden der 86 DGB-Bezirke bei ihrem bundesweitem Treffen in Gelsenkirchen den Beitrag der Gewerkschaften zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Abwrackprämie, Kurzarbeit und Konjunkturprogramm hätten die Gefahr von Massenentlassungen stoppen können, so Sommer, doch der DGB-Chef fürchtet nach der Bundestagswahl „deutliche Schleifspuren” auf DGB–Chef Michael Sommer dem Arbeitsmarkt. Gegenkonzepte des DGB: eine Ausweitung der Mitbestimmung und der Mindestlohnregelungen sowie die Abkehr von der beschlossenen Rente ab 67. Gemeinsam mit Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski machte Sommer zahlreiche gemeinsame Schnittmengen zwischen DGB und Kommunen aus. Vordringliches Ziel: ein aufga- bengerechte Finanzausstattung der Kommunen. „Das muss die neue Bundesregierung auf ihre Agenda setzen”, erklärte Baranowski, der befürchtet, dass nach der „Brücke Kurzarbeit” enorme Belastungen auf die Städte zukommen. „Freiwillig gegen Bund und Land keine Gelder ab, da ist der DGB ein starker Partner für uns.” Unterstützung „gegen die Destabilisierung des öffentlichen Sektors” sagte auch der DGB-Emscher-Lippe-Chef Josef Hülsdünker zu. Zugleich schlug er angesichts der „katastrophalen Lage auf dem Ausbildungsmarkt” mit 2500 Jugendlichen in Warteschleifen und 100 000 Arbeitssuchenden in der Region ein „Bündnis für Ausbildung” vor. -er farma-plus Apotheke im Marktkauf: Erle, Ulrichstraße 10, 0209 36105968, 9-9 Uhr. Grillo-Apotheke: Schalke, Schalker Str. 171, 0209 4 19 60, 9-21 Uhr. Kronen-Apotheke: Bochumer Straße 3, 0209 202676, 9-9 Uhr. Ludgeri-Apotheke: Buer, Düppelstr. 19, 0209 59 11 49, 9-21 Uhr. Bergmannsheil und Kinderklinik: Buer, Adenauerallee 30, 0209 369-1. Frauenhaus: 0209 201100. Michael Jackson – King of Pop Remember the Time Michael Jackson Erinnerungen an den King of Pop Seine Musik und die Erinnerung an diesen legendären Künstler werden immer bleiben. Dieses Buch präsentiert unvergessene Momente aus dem Leben des Peter Pan der Popwelt. Multiplex Gelsenkirchen, WillyBrandt-Allee 55, 0209 70263400: Beim Leben meiner Schwester, 18, 20.15 Uhr. Dance Flick - Der allerletzte Tanzfilm, 15, 17.30, 20 Uhr. Final Destination 4 3D, 16.45, 18.30, 20.30 Uhr. Horst Schlämmer - Isch kandidiere!, 15.15, 17.45, 20.15 Uhr. Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los 3D, 15 Uhr. Inglourious Basterds, 17, 20 Uhr. Julie & Julia, 15, 17.30, 20 Uhr. LOL (Laughing Out Loud), 15.15, 17.45 Uhr. Selbst ist die Braut, 15.30, 20.15 Uhr. Star Trek, 15, 17.30, 20 Uhr. Wickie und die starken Männer, 15, 17.30, 20 Uhr. Year One - Aller Anfang ist schwer, 15.15 Uhr. Schauburg Filmpalast, Buer, Horster Straße 6, 0209 30886: Horst Schlämmer - Isch kandidiere!, 15, 17.30 Uhr. Inglourious Basterds, 20 Uhr. Wickie und die starken Männer, 15, 17.30, 20.15 Uhr. RADIO-TIPPS 128 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag Besuchen Sie uns in unseren Geschäftsstellen, bestellen Sie im Internet oder rufen Sie uns an! 12,95 € Anrufen unter Internet: 0 18 02 / 40 40 72* www.DerWesten.de/waz-leserladen *(6 Ct. / Anruf a. d. dt. Festnetz, abweichender Mobilfunktarif) IM KINO 98.7 R. Emscher Lippe Hallo Wach, 6 bis 9 Uhr, Thema u.a.: Merkel, Steinmeier, Westerwelle - die „Großen” sind bekannt - aber wer kennt eigentlich die heimischen Bundestags-Kandidaten? Der Nachmittag, 15 bis 18 Uhr, Thema u.a.: Piraten auf Stimmen-Fang: In Bottrop gründet sich die Piraten-Partei. Die Autorin Nina Ude, die bereits zuvor vielseitige Lesungen entwickelte, engagiert sich seit 2008 für das Thema Alphabetisierung. Für die Lesung am Weltalphabetisierungstag stand Sie vor einer besonderen Herausforderung… 28 Menschen, die nicht lesen und schreiben können, um sie dazu zu motivieren, Lesen lernen zu wollen. Menschen, die bereits angefangen haben, Lesen und Schreiben zu lernen, um sie zu motivieren, weiter zu machen. „Bei der Erarbeitung der Lesung galt es, verschiedene Menschen anzusprechen: Wer, wie, was? Pressegespräch Menschen, für die Lesen und Schreiben eine Selbstverständlichkeit ist, um ihnen zu vermitteln, was es für einen Analphabeten bedeutet, den Alltag ohne diese Werkzeuge der Kommunikation zu meistern. Angeregt durch Texte von Betroffenen der Schreibwettbewerbe habe ich nach Gedichten und Songtexten, Aphorismen und anderen gereimten Texten gesucht, die verschiedene Stimmungen ausdrücken, welche mir in den Texten der Betroffenen aufgefallen waren: Hilflosigkeit, Isolation, Frust, Wut und Traurigkeit, aber auch Hoffnung, Mut, Freude, Enthusiasmus und Stolz. Um einen fundierenden Rahmen zu bilden, habe ich des Weiteren definierende und erklärende Texte zu den Themen Bildung, Lesen und Analphabetismus gesucht. Zudem habe ich Texte eingebunden, die mit Sprache spielen und somit zeigen, dass man mit Sprache Spaß haben kann. Diese Texte bilden zudem eine Analogie zu einzelnen Graffitis der gesamten Ausstellung. 29 Wer, wie, was? Nach diesen kleinen Stärkungen ging es weiter in die Buchhandlung Junius. Beim Sichten der gesammelten Texte ergaben sich überraschende Verknüpfungen, teils fast offensichtlich, beispielsweise schien das Gedicht „Analphabet“ eines Lernenden eine Reaktion zu sein auf die nüchterne Definition des Begriffs Analphabetismus. Die menschliche Seite wird bei einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise außen vor gelassen, was aus Sicht eines Betroffenen jedoch zu einer stigmatisierenden Wirkung führen kann. 30 Im Vorlauf der Lesung wurden in den Kursen der VHS und in anderen Bildungseinrichtungen in Gelsenkirchen gezielt Texte mit den Lernenden erarbeitet, wobei zur Inspiration die GraffitiBilder dienten, die das Thema Analphabetismus darstellten. Diese Texte wurden erst kurz vor der Lesung in den Ablauf eingebunden, da einige von diesen erst am selben Tag entstanden sind. Dieses Vorgehen stellte uns vor eine besondere Herausforderung, da die Abstimmung der Texte nicht gewährleitet war. Jedoch konnten durch die Auseinandersetzung mit den Graffitis Vermutungen über mögliche Assoziationen der Teilnehmer in den Bildungseinrichtungen aufgestellt werden und so ein vorläufiger Ablauf mit den schon vorhandenen Texten entwickelt werden. Um die Lesung interaktiv zu gestalten und aufzulockern, haben wir bei allen lyrischen Texten die Zuhörer über eine Pappkarte abstimmen lassen, ob es sich ihrer Meinung nach beim Autor um einen „Lesenden“ oder einen „Lernenden“ handelt. Hierbei gab es in beide Richtungen Überraschungen, was dann auch in der anschließenden offenen Runde für Gesprächsstoff sorgte.“ 31 aus de Helge Schneider – Frei sei „Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist was es ist, sagt die Liebe“ „So kommt es denn zuletzt heraus, Dass ich ein ganz vermoses Haus.“ Erich Fried – Was es ist Anonymer Autor – Dunkel war´s Wilhelm Busch – Die Selbstkritik hat viel für sich „Made Junior aber schlich hintendrein; und das war schlecht! Denn schon kam ein bunter Specht und verschlang die kleine fade Made ohne Gnade. Schade.“ „Dies Gedicht schrieb Wolfgang Goethe Abends in der Morgenröte, Als er auf dem Nachttopf saß Und seine Morgenzeitung las.“ Wer, wie, was? ZitraLtesueng „Freiheit in Grenzen sind nur Träume aus Stein! Mauern zerstören, wo sie nicht hingehören!“ „Weißt Du es Anna, weißt du es schon, Man kann Dich auch von hinten lesen.“ Kurt Schwitters – Anna Blume Heinz Ehrhardt – Die Made 32 „Wahrlich, keiner ist weise, Der nicht das Dunkel kennt, Das unentrinnbar und leise Von allen ihn trennt.“ „Schreib mir, was Dir fehlt! Ist es mein Arm?“ Hermann Hesse – Im Nebel Bertolt Brecht - Schreib mir „Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.“ Rainer Maria Rilke – Der Panther 33 u w t r ie r g e t in g n u die in die Les Leider besitzen wir die Gabe zum Lesen und Schreiben nicht von Geburt an. Alle müssen wir zuerst das Alphabet lernen. Unsere Welt ist sehr groß und viele Menschen haben keine Möglichkeit, das Lesen und Schreiben zu erlernen. Aber jeder kann es schaffen, egal woher du kommst und wie alt du bist. „Ich finde, das Bild sagt aus, dass es viel Überwindung kostet, wenn man nicht so gut lesen kann. Es kostet auch viel Kraft, wenn man die Buchstaben lernen will. Man kann den Alltag ohne Lesen und Schreiben kaum meistern. Es begegnet uns jeden Tag beim Einkaufen, an der Bushaltestelle, Formulare ausfüllen, Straßennamen lesen, am PC, Zeitung lesen.“ Tina 34 „Das Alphabet ist voller Buchstaben, wenn man sie miteinander verbindet, kann man Geschichten mit ihnen schreiben. Viele benutzen die Buchstaben täglich. „Hilflosigkeit im Paradies Worte zum Greifen nah Schreiben, Lesen Verstehen von Buchstaben fällt oft schwer. Doch am Horizont erstrahlt ein helles Licht.“ Stephanie Maria Förster Funda Bal Du musst nur mit Lust und Neugierde anfangen! Der Weg vom Alphabet ist lang und nicht leicht. Aber du bist nicht allein, alle zusammen sind wir stark. Und wenn du Lesen und Schreiben endlich kannst, erkennst du selbst, dass die Welt für dich alle Türen offen hält. Glaube an dich, denn wir glauben auch an dich. Komm, wir lernen das Alphabet jetzt!“ Celina „Ein Mensch im Schatten, der unter einem Buchstabenbaum steht. Ein Baum, wo viele, viele Graffitibuchstaben wachsen. Ein Mensch, der den ABC-Baum anfleht. Wer, wie, was? n e d n e n r e L r e d e t Tex rden. . Mensch Baum, Baum Mensch.“ Anonym „Die Person auf dem Bild hat Angst, Buchstaben zu schreiben. Darum steht sie da im Dunklen, weil sie nicht erkannt werden will. Ich habe das Gleiche miterlebt und hatte auch mal Angst, Buchstaben zu schreiben. Aber jetzt nicht mehr, weil ich zur Volkshochschule gehe. Ich bin dank der Schule sicherer geworden.“ Angelika 35 „Irgendwo im Nirgendwo steht ein riesiger Buchstabenbaum. Man sagt, er könnte einem Menschen die perfekte Rechtschreibung verleihen und schenken. Sogar das Alphabet wäre kein Problem mehr. Ein Junge namens Jan hatte ein Problem, er konnte nicht richtig lesen, schreiben und rechnen. In seinen Träumen sieht er ständig einem Baum, den er berühren muss, um wieder oder überhaupt endlich richtig lesen und schreiben zu können. Wenn er aufwacht, ist er immer wieder enttäuscht, dass er diesen Wunderbaum nicht wirklich berührt hat. Bestimme selber, was passiert...“ Dennis „Ohne Bildung, ohne Wissen steht man im Dunkeln. Der Mann will nicht erkannt werden, aus Scham und Angst in der Gesellschaft nicht anerkannt zu werden. Doch er macht sich auf den Weg, um sich nach und nach mehr Wissen zu „pflücken“, denn die stärkste Waffe der Menschheit ist Wissen und Verstand.“ „Die Stadt der unwissenden Menschen, das ist dieses Bild für mich. Es gibt sehr viele unwissende Leute in dieser Stadt. Sie sind groß und klein, alt und jung, dick und dünn. Viele schämen sich und denken sie sind dumm. Man ist sehr unsicher. Alle Menschen oder die Meisten, die nicht lesen und schreiben können, haben die gleichen Sorgen wie ich, der unter einem Baum das sucht, das er vor langer Zeit nicht gelernt hat. Ich und und Und bin auf der Suche mit erhobenen Händen versuche, es zu finden mein Nachbar ist auch in der gleichen Lage wie ich. auch er sucht das, was er vor langer Zeit verloren hat. Auf dem Weg in die Zukunft kommt nur für uns das Lesen und Schreiben zum Tragen. Darum ist dieser Baum für mich die Volkshochschule mit den roten Buchstaben. Sie bringt Licht in diese unwissende Stadt. Auch wenn wir nicht die Gebildetesten sind, haben wir die Wahl, aus unserem Leben etwas zu machen mit Wörtern aus einem Buch, das vor langer Zeit geschrieben wurde. Man muss Mut haben und keine Angst vor Buchstaben.“ Auf dem Baum kann ich sie nicht finden! Leider ist das so in meinem Leben! Ohne eine Schulbildung, die ich jetzt nachhole. Gabi Wer, wie, was? „Ich sitze unter einem Baum und versuche, das Leben zu finden, das aus Schriftzeichen und aus Buchstaben besteht, die die Welt bedeuten. So mache ich eine neue Ausbildung in der VHS, die mir, ganz ehrlich, das bringt, was ich immer wollte. Die Anerkennung auch zu Hause und das ist ganz wichtig für uns alle hier, das glaube ich.“ Dirk Sally 36 37 Mit den Aktionen am Weltalphabetisierungstag erreichte das Netzwerk Alphabetisierung in Gelsenkirchen verschiedene Zielgruppen. Herbei standen besonders Jugendliche im Fokus, die mit den Graffitis zum Kreativ-Sein motiviert wurden. „Graffitis spalten die Gemüter. Was halten Sie davon, diese Art von Kunst zu nutzen, um Menschen und besonders junge Leute zum Lesen und Schreiben zu motivieren?“ „Im Marketing gibt es eine alte Weisheit, die ungefähr so lautet: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Das heißt ganz konkret, dass mir persönlich die Graffitis gar nicht gefallen müssen. Wichtig ist, dass die Zielgruppe diese Art von Kunst wahrnimmt und in der Folge motiviert wird, lesen und schreiben zu lernen.“ Der Oberbürgermeister Frank Baranowski stellte sich den Fragen der lokalen Presse zu den Aktionen am Weltalphabetisierungstag. Wer, wie, was? Alphabetisierung in Gelsenkirchen Die Alphabetisierungsarbeit in Gelsenkirchen ist vielfältig. Das macht sich an den verschiedenen Angeboten, an den verschiedensten Trägern, die Alphabetisierung anbieten, und an dem Netzwerk Alphabetisierung fest. „Welchen Stellenwert hat für Sie die Alphabetisierung und Grundbildung in Gelsenkirchen?“ „Die Alphabetisierung und Grundbildung hat für uns einen sehr hohen Stellenwert. Kein Kind und kein Jugendlicher soll seine oder ihre Schullaufbahn beenden, ohne richtig lesen und schreiben zu können. Sobald eine Lese- und/ oder Rechtschreibschwäche auffällt, wird in unseren Schulen gezielt gefördert. Unsere Kompetenzagentur für besonders benachteiligte Jugendliche unterstützt darüber hinaus junge Erwachsene, die aufgrund einer solchen Schwäche Probleme haben, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden. Mithilfe von Tests finden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraus, wo es genau hakt: Kann ein junger Mensch lesen, aber nicht fehlerfrei schreiben? Kommt er mit 38 39 auch Alphabetisierung und Grundbildung an, ohne dies explizit so zu benennen. Zum Beispiel Institutionen wie das IAG, das Diakoniewerk oder das BZH e.V. Das sind starke und erfahrene Partner, auf die das neue Netzwerk aufbauen kann.“ „Wie können Sie sich vorstellen, das Netzwerk zu unterstützen?“ „Ich glaube, dass wir das Thema Analphabetismus noch viel stärker in die Öffentlichkeit bringen müssen. Es darf kein Tabu-Thema mehr sein, sondern es muss als eine Herausforderung an uns alle verstanden werden. Vor allem die Betroffenen sollen den Mut finden, ihre Schwäche zuzugeben, um danach Hilfe zu bekommen. Dafür möchte ich mich gerne einsetzen: durch die nötige Öffentlichkeitsarbeit, aber auch dadurch, dass genug finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um Alphabetisierung stattfinden zu lassen.“ Das Engagement des Oberbürgermeisters für die Alphabetisierung und Grundbildung in Gelsenkirchen geht auch nach dem Ende des Pressegespräches weiter. „Warum kann Gelsenkirchen ein Modellstandort für gelungene Netzwerkarbeit und Bildung im Bereich Alphabetisierung sein?“ 40 „In Gelsenkirchen gibt es bereits hervorragende Netzwerke im Bereich Bildung und Alphabetisierung. Beispielhaft nennen möchte ich den Arbeitskreis Jugendberufshilfe, der seit über 20 Jahren die Akteure an einen Tisch holt und die verschiedenen Kompetenzen miteinander verknüpft. So arbeitet zum Beispiel die Kompetenzagentur bereits mit Tests und Materialien, die vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. zur Verfügung gestellt wurden. Hilfe gibt es von der VHS, aber auch von vielen weiteren Gelsenkirchener Institutionen, die Alphabetisierung anbieten: Der Förderkorb innerhalb des Projekts „Aktiv Job“, RE/init e.V. und Ruhr/init e.V. innerhalb verschiedener Projekte. Andere Träger bieten „unterschwellig“ Wer, wie, was? Formularen zurecht, aber scheitert er an längeren Texten? Was immer genau das Problem ist: Die Kompetenzagentur vermittelt das passende Hilfsangebot. Zum Beispiel einen Alphabetisierungskurs der VHS Gelsenkirchen, die seit vielen Jahren in diesem Bereich aktiv ist. Es gibt fortlaufend sieben Alphabetisierungskurse bei der VHS. Die Teilnahme kostet nur drei Euro für 60 Unterrichtsstunden. Das deckt gerade mal die Verwaltungskosten ab, doch ist uns wichtig, dass es nicht am Geld scheitern darf, wenn jemand lesen und schreiben lernen will.“ Nicht nur über diese Worte des Oberbürgermeisters zu seiner Unterstützung freute sich das Netzwerk Alphabetisierung am Weltalphabetisierungstag. 41 Das Netzwerk Alphabetisierung in Gelsenkirchen dient zum Austausch unter Interessierten und Engagierten aus dem Beratungs- und Bildungsbereich, die in Kontakt mit Menschen kommen, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben. Ziel des Netzwerks ist es, den Dialog unter den Akteuren zu fördern, bestehende Lehr- und Lernmaterialien auszutauschen sowie sich gegenseitig bei Konzept- und Materialentwicklungen zu unterstützen. Die Abstimmung von lokalen Angeboten und die schnelle Informationsweitergabe über aktuelle Ereignisse, Belegung der Angebote und Teilnehmerakquise sind hierbei wichtig. Auch bei Fragen der Finanzierung von Alphabetisierungsangeboten kann das Netzwerk wertvolle Unterstützung leisten. Lokale Aktionen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Ansprache der Zielgruppe und Fortbildungen für pädagogisch Handelnde werden geplant und durchgeführt. Warum ein Netzwerk für Alphabetisierung in Gelsenkirchen? Bewegungs-KiTa Niefeldstraße Netzwerke bieten viel Potenzial für die Alphabetisierung. Projekt a³, Chancen erarbeiten, Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. Durch die vorhandenen Strukturen im Bereich der Netzwerkarbeit können viele Akteure im Bildungs- und Beratungsbereich erreicht werden. So profitieren alle von diesem Netzwerk: Die Planenden, die Lehrenden und die Lernenden. Somit können individuelle Förderung und Vermittlung in passende Angebote realisiert werden. Gelsenkirchen ist ein Modellstandort für gelungenen Austausch und gegenseitige Unterstützung im Alphabetisierungs- und Grundbildungsbereich. Fortbildungsakademie der Wirtschaft gGmbH (FAW) Mit Alphabetisierung GEht es voran! Bildungszentrum des Handels e.V. Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid e.V. Wer, wie, was? Folgende Institutionen sind im Netzwerk vertreten3: Netzwerk Hauptschule Am Dahlbusch Integrationscenter für Arbeit Gelsenkirchen (IAG) KJS – Katholische Jugendsozialarbeit GE gGmbH - Der Förderkorb Kompetenzagentur Gelsenkirchen Südost Kreishandwerkerschaft Emscher-Lippe RE/init e.V. Ruhr/init e.V. Stadt Gelsenkirchen, Referat Erziehung und Bildung, Abteilung Jugendberufshilfe Stadt Gelsenkirchen, Referat Erziehung und Bildung, Abteilung Jugendhilfe – Schule Stadt Gelsenkirchen, Vorstandsbereich Arbeit und Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, Steuerungsstelle kommunale Beschäftigungsförderung Stadtbibliothek Gelsenkirchen VHS Gelsenkirchen Um einen detaillierten Eindruck ins Netzwerk zu bekommen, stellen sich einige Institutionen vor… 42 43 Sie stärkt als Begegnungszentrum den sozialen Zusammenhalt in Gelsenkirchen und liefert einen Beitrag bei der Bewältigung des Strukturwandels hin zu einer humanen, zukunftsfähigen Wissensgesellschaft. Unterstützt wird dieser Prozess durch die bedarfsorientierte Zusammenarbeit mit anderen Akteuren und Einrichtungen. Ein Ziel ist es, die Freude an kontinuierlicher Weiterbildung zu wecken und aufrecht zu erhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, Angebote für das Erlernen der elementaren Kulturtechniken anzubieten. Um die Zusammenarbeit der Einrichtungen, die Grundbildung in Gelsenkirchen anbieten, weiterzuentwickeln und zu stärken, engagiert sich die Volkshochschule im Netzwerk Alphabetisierung. “ „Das umfangreiche Angebot der Gelsenkirchener Stadtbibliothek mit der Zentralbibliothek und Kinderbibliothek im Bildungszentrum sowie den Stadtteilbibliotheken Buer, Horst und Erle umfasst Romane, Sachliteratur, Filme, Hörbücher und vieles mehr. Analphabetinnen und Analphabetinnen und Menschen mit Sprachschwierigkeiten stellen für Ruhr/ init e.V. eine wichtige Zielgruppe dar, für die derzeit bspw. GELO GE angeboten wird.“ „Der Förderkorb (Jugendberufshilfeeinrichtung der Katholischen Jugendsozialarbeit Gelsenkirchen gGmbH) fördert insbesondere bildungsbenachteiligte Jugendliche und Erwachsene. Neben der Förderung von berufsspezifischen und sozialen Kompetenzen geht es bei Personen mit entsprechenden Förderbedarfen auch um den Erwerb bzw. die Nachschulung relevanter Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben ohne die eine berufliche Integration in einem sich dynamisch entwickelnden Arbeitsmarkt nicht mehr denkbar ist.“ • zur Integration in den Arbeitsmarkt Die kurzen Texte, in Großdruck gesetzt und mit vielen Bildern versehen, decken sowohl den Bereich Belletristik als auch Sachthemen ab.“ • und steht als Netzwerkpartner für Alphabetisierung zur Verfügung.“ „RE/init e.V. entwickelt seit 1997 Projekte zur Förderung von Menschen in besonderen Lebenslagen. Ziel ist die Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter Hilfeangebote, um Eigenverantwortung und Hilfe zur Selbsthilfe zu stärken. Ruhr/init e. V. „Das Integrationscenter für Arbeit Gelsenkirchen (IAG) betreut und berät die Bezieher von Arbeitslosengeld II in Gelsenkirchen in allen Fragen Unter dem Thema „Einfach Lesen“ stehen Jugendlichen und Erwachsenen Bücher zur Verfügung, die sich an LeseanfängerInnen und Leseungeübte wenden. „Die Steuerungsstelle Kommunale Beschäftigungsförderung (SKB) im Vorstandsbereich Arbeit und Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz der Stadt Gelsenkirchen ist Ansprechpartnerin für Unternehmen und arbeitsmarktpolitische Akteure. Zielsetzung der SKB ist in erster Linie die Verringerung von Arbeitslosigkeit und Vermeidung sozialer Ausgrenzung durch Initiierung modellhafter (Mehrziel-) Projekte zur struktur- und zielgruppenorientierten Arbeitsmarktförderung unter der Beteiligung von Gelsenkirchener Arbeitsmarktakteuren.“ 44 „Ruhr/init e.V. als „Schwester“ von RE/init e.V. trägt seit 2009 die Ziele der Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter Hilfeangebote für Menschen in besonderen Lebenslagen nach GE. Ruhr/ init e. V. ist ein politisch und konfessionell unabhängiger Träger. Wer, wie, was? „Die Volkshochschule ist das kommunale Weiterbildungszentrum in Gelsenkirchen. • zu wirtschaftlichen Hilfen im Rahmen der Sicherung des Lebensunterhaltes „Die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gemeinnützige Gesellschaft mbH ist anerkannter Partner der deutschen Wirtschaft. Oberstes Ziel ist die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt oder die langfristige Sicherung des bestehenden Arbeitsplatzes. Als Bildungs- und Personaldienstleister der Wirtschaft knüpft die FAW ein engmaschiges Netz zu allen Akteuren rund um den Arbeits- und Bildungsmarkt der Region. Der reale Arbeitsprozess steht dabei immer im Vordergrund. RE/init e. V. ist Mitglied im DPWV, Träger der Jugendhilfe, des FSJ & Ausbildungsbetrieb. Individuelle Lösungen auf Basis der jeweiligen persönlichen Fähigkeiten und der konkreten Arbeitsplatzanforderungen bilden das Gerüst für die erfolgreiche, nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt. Seit 2007 führt RE/init e.V. spezifische Projekte für Analphabetinnen und Analphabeten und Menschen mit Sprachschwierigkeiten durch, so bspw. AlphaBeO (in RE) oder LEGA (in GE).“ Dies gilt auch und vor allem für Menschen mit besonderen Vermittlungshemmnissen, wie z.B. dem Analphabetismus. Die FAW gGmbH ist nach der DIN EN ISO 9001:2000 ff zertifiziert und nach AZWV (Anerkennungsund Zulassungsverordnung Weiterbildung) zugelassener Träger für die Förderung der beruflichen Weiterbildung.“ 45 Alle Akteure ziehen zu den Aktionen und zu dem Konzept des Weltalphabetisierungstages ein durchgehendes positives Fazit. Durch die Präsenz in den lokalen Medien haben nach dem Weltalphabetisierungstag viele neue Bildungs- und Beratungsinstitutionen ihr Interesse für das Netzwerk bekundet. Rückmeldungen von leitenden Angestellten der Einrichtungen im Netzwerk, Kursleitenden aber auch Lernenden zu den Ereignissen des 08. Septembers zeigen, dass sie insbesondere durch die Wertschätzung ihrer Arbeit durch das vielseitige Engagement und die Öffentlichkeitsarbeit neuen Auftrieb bekommen haben. Die Kursgestaltungen haben gezeigt, dass Graffitis kreative Schreibanlässe sein können und noch viel mehr… Sie dienen als Diskussionsanlass und bieten einen Weg, Jugendlichen den Umgang mit Schriftsprache zu erleichtern. Graffitis sind eine „Selbstverständlichkeit“ im Alltag von Jugendlichen als eine Form von Schriftsprache. Somit gehen sie angstfreier mit diesen als Schreibanlass um. Indem die Auseinandersetzung mit den Graffitis im Kurs nicht nur auf das Schreiben reduziert war, konnten sich die Jugendlichen auch über die bildende Kunst der Schriftsprache nähern und so Schrift als etwas kreatives, zwangloses und nicht genormtes erleben. 46 Quellen und Links In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Alphabetisierung, den Graffiti-Künstlern, der Autorin Nina Ude und dem Oberbürgermeister plant das Projekt a³ eine Weiterentwicklung des Konzepts für den nächsten Weltalphabetisierungstag. Zudem entwickelt das Projekt Lehr- und Lernmaterialien rund um das Thema Graffiti. Fußnoten: Besuchte Internetseiten: 1 Im Verlauf der Broschüre wird die männliche Schreibweise genutzt. Damit sind Frauen und Männer gleichermaßen gemeint und angesprochen. Einwohnerzahl von Gelsenkirchen: http://stadt.gelsenkirchen.de/de/Wirtschaft/ Wirtschaftsstandort/Wirtschaftsdaten/default. asp 2 Stand 31.12.08 besucht am 21.10.09, 18:03 Uhr Für Kritik und Anregungen sind wir Ihnen dankbar. Schreiben Sie uns gerne eine Mail bzw. einen Brief oder rufen Sie uns an! 3 Stand 01.10.09 Bildungsdaten zum funktionalem Analphabetismus: http://www.zweite-chance-online.de/index. php?id=bildungsdaten Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen. Literatur: Hubertus, Peter: Kreatives Schreiben (1995): Schreiben zu einer Karikatur, Alfa-Rundbrief der Schreibwerkstatt für neue Leser und Schreiber e.V., Nr.1, S. 11-12. besucht am 02.08.2009, 14:40 Uhr Voß-Freytag, Stefanie/Lübs, Bettina (1994): Die Themenmappe “Schreiben - Malen - Lesen”, Alfa-Rundbrief der Schreibwerkstatt für neue Leser und Schreiber e.V., Nr. 27, S. 7-20. Link zum Projekt a³ www.chancen-erarbeiten.de Lassen, Marie/Schladebach, Almut (2006): Malen und Schreiben. In: Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V./Knabe, Ferdinande (Hrsg.): Bewährte und neue Medien in der Alphabetisierung und Grundbildung. Stuttgart: Ernst Klett, S. 103-107. Fazit, Quellen und Links Fazit Weiterführende Links: Link zum Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. www.alphabetisierung.de Link zum Teilprojekt Literalität als soziale Praxis - ein Stadtteil unter der Lupe. Erhebung zu soziokulturellen und subjektiven Sichtweisen auf Literalität http://www.hsu-hh.de/zeuner/index_kceJD3YIc4BZges1.html 47