Bullis mieten Campingplätze Restaurants Auskunft

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Bullis mieten Campingplätze Restaurants Auskunft
D I E Z E I T No 2 6
100 Jahre Tour de France
Zum ersten Mal startet das
Radrennen in diesem Jahr auf
Korsika. Wir sind schon mal
vorausgefahren S. 61
REISEN
59
Fotos: Eva Häberle für DIE ZEIT; unten: Eva Häberle für DZ (2); E. Häberle/Archiv; Jeanetta Baker/A1PIX (r.)
2 0 . J U N I 20 1 3
Bulli gut, alles gut
Cooler als Facebook: Mit dem halbwüchsigen Sohn im alten VW-Bus durch Cornwall
VON SILKE BURMESTER
Friede den Faltdächern: Mutter und Sohn machen es sich im Bus trotz beengter Verhältnisse gemütlich
U
no ist weg. Ich kann das Spiel
nicht finden. »Was willst’n damit?«, fragt der Sohn und stopft
American Psycho in seinen
Rucksack. Der Roman über
einen Serienkiller stand jahrelang auf dem Index der jugendgefährdenden Schriften. »Spielen«, sage ich, »wir
müssen da doch irgendwas machen.«
Mein Sohn, den ich für diese Geschichte Ben
nennen möchte, hatte einen weichen Moment, als er
sagte: »Ich komm mit.« Eigentlich sollte, wenn man
schon mit den Eltern in den Urlaub fährt, am Meer
ein Dicke-Hose-Hotel stehen, mit einem Pool, damit
man nicht an den Strand muss, und einem Rundum-die-Uhr-Futter-Service, um den jugendlichen
Wachstumshunger um 14 Uhr, nach dem Aufstehen,
befriedigen zu können. Ansonsten wird es vorgezogen, mit den Kumpels in ein Wochenendhaus am
Plöner See zu fahren, um Hangover nachzustellen.
Unser Hotel ist ein himmelblauer VW-Bus aus
dem Jahr 1973, mit drei Schlafplätzen und zwei
Gasflammen zum Kochen. Cornwall ist im Sommer gespickt mit den in leuchtenden Farben lackierten Bullis. Das Freiheitsvehikel der Hippiegeneration hat es in die Gegenwart geschafft, man
muss sich früh anmelden, will man einen Camper
Van ergattern. Jetzt vor den Sommerferien ist die
Lage noch entspannt.
Meine Freundin Eva kommt auch mit. Sie
kann zwar das Uno-Spiel nicht ersetzen, aber ab
und zu mal den Bus fahren, denke ich, schließlich
können Strecken auch in Englands südlichem
Endstück lang werden. Ich habe einen Vermieter
in Newquay gewählt, der Ort liegt in der Mitte der
oberen Küstenlinie, und er hat einen Flughafen,
was die Anreise vereinfacht. Fünf Tage lang wollen
wir mit dem alten VW-Bus die Küste in Richtung
Lizard abfahren, auf Campingplätzen übernachten
und das viel besungene Glück der Unabhängigkeit
einfangen. Als Ben den Bus sieht, sagt er: »Geil!«,
zückt sein Telefon, schießt ein Foto und schickt es
1300 Kilometer gen Osten. Eine Minute später ist
die Replik da. Sein Freund in Hamburg findet den
Wagen auch geil. Ich bin gerettet.
Ich blicke in den VW-Himmel und weiß augenblicklich, wie es war, in den Siebzigern Kind gewesen
zu sein. Wir hatten einen VW Typ 3, und ich saß auf
der Rückbank. Bei uns war der Himmel gelb, nicht
weiß. Das kam vom Nikotin. Die Eltern hielten die
Fenster geschlossen, damit es seine Arbeit gut verrichten konnte. Wir hatten einen VW nach dem
anderen. Also verbrachte ich Jahre unter Autodächern, die mit einem elastischen Kunststoff ausgeschlagen und von feinen Löchern durchzogen
waren, als hätte jemand unablässig mit einer Nadel
hineingestochen. Der VW-Bus bringt dieses vergessene Leben augenblicklich zurück. Auch der
Schlüssel, ein plattes Ding mit einer einseitigen
Ausformung, und die silbern anmutende, geriffelte
Türschließe wirken wie eine Erinnerungstablette. So
war Autofahren. So war Kindheit.
Die Kindheit meines Sohnes ist vorbei. Ben ist
jetzt 16 Jahre alt, und es kommt nicht mehr häufig
vor, dass wir Dinge zusammen tun. Cornwall ist mit
Sicherheit nicht das, was Jugendliche sich unter einem
coolen Ort vorstellen. Cornwall ist tatsächlich so
schön, wie die Schmonzetten von Rosamunde Pilcher
den Leserinnen erzählen: wild und romantisch, pittoresk und geheimnisvoll. Ich habe Ben mit der Aussicht auf die Surfstrände hierher gelockt. Mit dem
Versprechen auf Palmen und auf die beste BurgerBude der Welt. Er hat sich darauf eingelassen, und
ich fühle mich verpflichtet, ein gutes Programm zu
liefern. Dass er ohne Gemecker seinen Computer zu
Hause ließ, bringt mich umso mehr in die Pflicht.
Eva steuert das alte, ungewohnte Gefährt souverän
in Richtung Watergate Bay, dem vielleicht schönsten
Surferstrand von Newquay. Eine riesige, weite Bucht,
auf deren Klippen Jamie Oliver sein Restaurant Fifteen betreibt. Ein Ausbildungsprojekt für Jugendliche
mit einem schwierigen Lebenslauf. Dort zu sitzen,
bei fantasiereichen, leckeren Speisen, und die Surfer
zu beobachten ist eines der Highlights, hier in Englands Süden. Doch die Jugend ist cool. Jamie Oliver
geht ihr am Geschmacksnerv vorbei, sie will lieber
runter zum Strand und einen Neoprenanzug und ein
Bodyboard ausleihen. Oder lieber doch nicht, schließlich kann man in einem VW-Bus nicht heiß duschen.
Mein Alles-richtig-machen-wollen-Druck wächst.
Sich in die Wellen zu werfen hatte ich als tolle Sache
vorgesehen. Wenn Ben das jetzt nicht will, heißt es
bald, Cornwall sei langweilig. Aber für den Augenblick scheint es zu reichen, über die enorme Weite
der Bucht zu marschieren, hin zum Meer, das dank
der Ebbe Hunderte Meter entfernt ist, um mich herumzuhüpfen und zu versuchen, mich in die Pfützen
zu drängen. Und während die Sonne scheint und der
Wind pfeift und es schöner nicht sein könnte, frage
ich mich, warum man mit seinem Kind so weit fahren
muss, damit es einmal das beknackte Facebook vergisst und die Blödelfilme auf YouTube und versucht,
seine Mutter in die Pfützen zu schubsen.
Der Bus ist verdammt eng. Bei maximalen 1,5
Quadratmetern freier Fläche muss man sich gut abstimmen. Absprechen, wer wann wo seine Tasche
rausholt, wer sich wo hinzusetzen gedenkt. Wenn wir
das Faltdach des VW ausklappen, sodass Ben Platz
zum Schlafen hat, kann man endlich stehen. Erstaunlicherweise meckert der Sohn über die beengten Verhältnisse nicht. Im Gegenteil: Er findet das gemütlich.
Eva und ich schlafen auf der ausgeklappten Sitzbank.
Man möchte die Beine anwinkeln, damit die Füße
nicht im Freien hängen, aber da ist schon der andere
Körper, so schmal ist es. Ein sensibler Punkt ist die
Steckdose. Eine einzige gibt es, und die spendet nur
Energie, wenn der Wagen auf dem Campingplatz am
Strom hängt. Was immer man anschließen will, das
Telefon, am Abend den Heizer, das Handy des Sohns
hängt schon dran, und das geht vor. Es scheint das
Privileg der Jugend zu sein, dass ihr Telefon wichtiger
ist als alles andere.
Cornwall ist reich an Campingplätzen. Überall
stehen Hinweisschilder am Straßenrand. Die Betreiber sind erfreulich umkompliziert, WLAN gehört so selbstverständlich zum Angebot wie eine
große, gut gepflegte Sanitäranlage. Jetzt im Frühjahr sind die Plätze nur mäßig gefüllt, wir fahren
einfach drauflos und schauen, wo es uns gefällt.
Beziehungsweise Eva fährt. Ich nur kurz, dann
gebe ich entnervt auf. Es macht mir nichts aus,
wenn ein Wagen schwergängig ist, wenn er keine
Servolenkung hat und man dran denken muss,
den Blinker wieder abzuschalten. Wenn aber die
Bremse ewig braucht, um zu greifen, und die Gänge nicht reingehen und der Versuch, sie reinzubekommen, sich anfühlt, als würde man mit einem
60 Zentimeter langen Stock in Porridge rühren,
wie die Bus-Vermieterin es beschreibt, und man
gleichzeitig links herum in den Kreisverkehr fahren will, dann bringt mich das an die Grenzen
meiner Duldsamkeit. Ich möchte dann schreien.
Die Engländer bleiben erstaunlich ruhig. Meile
um Meile kurven wir mit unserem blauen Bus
durch die Landschaft und kommen an den unmöglichsten Stellen nicht vom Fleck. Etwa am
Berg, wenn in den zweiten Gang runtergeschaltet
werden muss und der nicht zu finden ist und man
mitten auf der Steigung stehen bleibt, um in seiner
Haferbreischüssel den Gang zu suchen. Wenn man
die engen Straßen blockiert, weil man mit dem 40
Jahre alten Ding Minuten braucht, um zu wenden,
oder wenn der Motor beim Anfahren im Kreisverkehr einfach ausgeht. Fünf Tage lang sind wir eine
Fortsetzung auf S. 60
Cornwall
Bullis mieten
Zum Beispiel bei Fistral Bays in
Newquay: tageweises Mieten möglich,
Wochenpreis in der Hochsaison circa
700 Euro. Es gibt auch Busse für den
Rechtsverkehr. Fistral Bays, Tel. 00441637/87 57 42, www.fistralbays.co.uk
Campingplätze
Franchis Holiday Park. Auf der
Halbinsel Lizard inmitten satten
Grüns gelegen. Cury Cross Lanes,
Nähe Mullion, Helston, TR12 7AZ,
Tel. 0044-1326/24 03 01,
www.franchis.co.uk
Tehidy Holiday Park. Schön für
Familien mit Kindern. Redruth, TR16
4JQ, Tel. 0044-1209/21 64 89,
www.tehidy.co.uk
Restaurants
Fifteen. Jamie Olivers Ausbildungsprojekt. Unbedingt reservieren!
Watergate Bay, TR8 4AA,
Tel. 0044-1637/86 10 00,
www.fifteencornwall.co.uk
Blas Burgerworks, The Warren,
St. Ives, TR26 2EA,
Tel. 0044-1736/79 72 72,
www.blasburgerworks.co.uk
Auskunft
www.visitbritain.com
Keltische See
ENGLAND
NEWQUAY
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Co
St. Ives
Helston
Land’s
End
Lizard
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ll
Der Kanal
ZEIT- GRAFIK
30 km
Auf Henry’s Campsite (links) wären unsere Autorin und ihr Sohn fast gestrandet – dabei gibt es in Cornwall dafür viel geeignetere Orte: Zum Beispiel Watergate Bay und den Hafen von St. Ives