Wie finde ich epidemiologische Literatur mit Sex/Gender

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Wie finde ich epidemiologische Literatur mit Sex/Gender
Teilprojekt:
Epi goes Gender
Wie finde ich epidemiologische Literatur mit Sex/Gender-Bezügen?
Eine Pilotstudie am Beispiel eines sozialepidemiologischen Journals
Ingeborg Jahn, Johann Frick, Dirk Gansefort
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS
Hintergrund
Es gibt eine Reihe von Vorschlägen (Recherchestrategien),
wie empirische (epidemiologische/medizinische) Literatur
identifiziert werden kann, die sich mit Sex/Gender-Fragen
beschäftigt [1,2,3]. Eine Möglichkeit ist, nach den Wörtern Sex und
Gender im Titel und Abstrakt zu suchen. Ein übliches Verfahren
zur systematischen Auswahl von Literatur ist die Auswertung von
Abstrakts. Voraussetzung für ein auf dieser Grundlage
erfolgreiches Screening ist, dass in den Abstrakts ausreichend
Informationen für die Einschätzung der Relevanz des Artikels für
eine Sex/Gender-bezogene Fragestellung vorhanden sind.
Ziel
Ziel der Pilotstudie war es zu explorieren, welche Artikel mit der
Recherchestrategie (in pubmed) „Sex und/oder Gender
[Title/Abstract]“ im Hinblick auf den „Gehalt“ an Sex/GenderBezügen im Abstrakt gefunden werden. Es wird davon
ausgegangen, dass Autor*innen, denen die Untersuchung von
Sex/Gender-Fragen wichtig ist, die Begriffe Sex oder Gender auch
an prominenter Stelle im Artikel nennen.
Publikationen insgesamt: N=1.350
Sex und/oder Gender [Title/Abstract]: N=248
Ausschluss: n=28
(keine Originalarbeit, kein Abstrakt)
Analyse-Stichprobe: N=220
n=167
n=34
n=19
Keine geschlechterbezogene Zielstellung
formuliert (davon n=81
GU/GG; n=86 GB)
Explizites Ziel,
GU/GG
zu untersuchen
Zielstellung
„Geschlechterforschung“*(GF)
Abbildung 1. Ergebnis der Recherche und der Analyse der Abstrakts im
Hinblick auf die darin formulierte Zielstellung; JECH 01/2006-03/2011
Mit einer Ausnahme war allen Abstrakts zu entnehmen, ob
Frauen/Mädchen und/oder Männer/Jungen in der Auswertungsstichprobe eingeschlossen wurden.
Methoden/Daten
Diskussion/Schlussfolgerungen
• Als Beispiel wurde das Journal of Epidemiology and Community
Health (JECH) ausgewählt. Es wurde erwartet, im JECH eine
für unser Anliegen genügend große Anzahl Artikel zu finden.
Eingeschlossen wurden Originalarbeiten, 01/2006-03/2011.
• Zur Analyse der Abstrakts wurde auf Basis von Literatur [3,4]
ein Screeningfragebogen entwickelt, der u.a. Fragen nach
Studienzielen, Methoden (nicht gezeigt), Angaben zur Stichprobe und berichteten Ergebnissen enthält.
• Die Abstrakts wurden wie folgt bewertet:
− Datenerhebung durch zwei Wissenschaftler*innen
(Autor*innen): Erstbewertung IJ, Nachbewertung JF
− Klassifizierung der geschlechterbezogenen Inhalte in zwei
Schritten:
(1) im Hinblick auf die formulierte Zielstellung:
Geschlechterforschung (GF)*, Untersuchung von
Geschlechterunterschieden/ -gemeinsamkeiten (GU/GG),
keine geschlechterbezogene Zielstellung.
(2) bei letztgenannten Abstrakts wurde geschaut, ob GU/GG
berichtet wurden. Wenn dies nicht der Fall war, gilt das
Abstrakt als geschlechterblind (GB).
• Als Ergebnis kann zusammengefasst werden, dass in 6 von 10
Abstrakts aus der Zielstellung oder den berichteten Ergebnissen
Informationen über mögliche geschlechterbezogenen Inhalte
der Publikation zu entnehmen sind.
• Limitationen der Studie ergeben sich durch die Wahl des
Journals JECH (Selektionsbias) und die Bewertung der
Abstrakts (Informationsbias).
• Eine Stärke ist die Unterscheidung von Geschlechterforschung
und Forschung, die das Ziel hat GU/GG zu untersuchen. Damit
wird ein differenzierter Blick auf epidemiologische Publikationen
ermöglicht.
• Es hat sich gezeigt, dass die notwendige Kürze von Abstrakts
kein Hindernis darstellt, geschlechterbezogene relevante
Informationen zu transportieren. Journale sollten entsprechende
Kriterien für die Formulierung von Abstrakts vorgeben.
Nächste Schritte:
• Anwendung modifizierter Suchstrategien (inkl. Einbeziehung
weiterer geschlechterbezogener Termini, z.B. male/female)
• Analyse weiterer epidemiologischer Journale und der Volltexte
Ergebnisse
Es wurden 220 von 1.350 Publikationen eingeschlossen. Davon
wurden 19 (9%) als Geschlechterforschung eingestuft, 34 (15%)
hatten das Ziel Geschlechterunterschiede/ -gemeinsamkeiten zu
untersuchen. In 167 Abstrakts (76%) fanden wir kein
geschlechterbezogenes Ziel; allerdings wurden davon in 81
Abstrakts GU/GG berichtet (Abb.1).
* Geschlechterforschung war so definiert, dass die Zielstellung explizit in irgendeiner Form
auf Geschlechterverhältnisse einging
Literatur:
[1] Oertelt-Prigione S, Parol R, Krohn S, Preissner R, Regitz-Zagrosek V (2010). Analysis of sex
and gender-specific reseach reveals a common increase in publications and marked differences
between disciplines. BMC Med, 10;8:70
[2] Jenkins M, Wilson J (2012). Finding the Evidence: A Sex- and Gender-specific Medicine (SGSM)
PubMed Search Engine Tool. Lubbock: Texas Tech University School of Medicine Health Sciences
Center. Verfügbar unter:
http://genderedinnovaitions.stanford.edu/methods/Workshop_B_LWBSHI_Search_Engine.pdf
[3] Hammarström A (2007). A tool for developing gender research in medicine: examples from the
medical literature on work life. Gend Med, 4 Suppl B:123-132
[4] Eichler M, Fuchs J, Maschewsky-Schneider U (2000). Richtlinien zur Vermeidung von GenderBias in der Gesundheitsforschung. Zeitschrift für Gesundheitswissenschaften 28(4):293-310
Kontakt: TP Epi goes Gender
Dr. Ingeborg Jahn
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS
Achterstr. 30, 28359 Bremen
Tel: 0421/21856904
e-mail: [email protected]
www.epimed-gender.net