Interview mit He-Man Erfinder Roger Sweet (Teil 1) - He

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Interview mit He-Man Erfinder Roger Sweet (Teil 1) - He
07.02.2006
Interview mit He-Man Erfinder Roger Sweet (Teil 1)
Der ehemalige Mattel Designer Roger Sweet hat fast 20 Jahre
für den Spielwarenkonzern gearbeitet. Sein erfolgreichstes
Design war die klassische He-Man Reihe, welche Anfang der
80er neue Maßstäbe für Action Figuren setzte und Mattel Umsätze in Miliardenhöhe einbrachte, deren ungeahnter Höhenflug
jedoch nach einigen Jahren ein abruptes Ende fand. Seine
Erfahrungen hat Roger Sweet 2005 in einem Buch verarbeitet.
„Mastering the Universe“ ist ein lesenswertes Buch für alle
Fans die über die Hinter- und Abgründe hinter den Kulissen von
Mattel erfahren möchten. Das Buch ist nur auf Englisch erhältlich, kann aber günstig bei Amazon.de bestellt werden.
He-Man.de: Für die He-Man.de Leser, die das Buch noch nicht
kennen, worum geht es darin?
Roger Sweet: Das neue He-Man / Masters Buch, dass von
David Wecker und mir geschrieben und bei Emmis Books
Im Jahr 2005 erschien das Buch
veröffentlicht worden ist, heißt „Mastering the Universe and the
„Mastering the Universe“ von Roger
Rise and Fall of a Billion-Dollar Idea“. Das Buch erzählt sehr
Sweet und David Wecker bei Emmis
detailliert über die Entstehung, den spektakulären Aufstieg und
Books
Niedergang der Masters of the Universe Reihe.
Übrigens Glückwunsch zu Ihrer Website! Das ist eine tolle, beeindruckende Leistung. Sie waren ja
erst 19 Jahre alt als Sie die Seite gegründet haben. Und damals war die Computer und Internet
Technik ja noch nicht so fortschrittlich, bekannt oder einfach wie heutzutage.
He-Man.de: Zunächst einmal möchte ich mich bedanken für die Gelegenheit, dieses Interview
machen zu können. Es ist wirklich toll mit dem Erfinder der größten Action Figuren Reihe aller
Zeiten zu sprechen. In den 80ern waren He-Man und die Masters auch in Deutschland ein Riesenhit.
Jeder kannte die Figuren und die meisten Jungs in meiner Klasse besaßen auch welche. Ich hatte nur
sehr wenige Figuren, aber mein damaliger bester Freund hatte eine große Sammlung und immer die
neuesten verfügbaren Toys.
R.S.: Sie brauchen mir nicht für die Gelegenheit zum Interview zu danken, es bereitet mir Freude
ihre Fragen zu beantworten. Und es freut mich, dass Sie und Ihre Freunde eine schöne Zeit mit HeMan und den Masters verbracht haben.
He-Man.de: In Ihrem Buch erwähnen Sie eine Geschäftsreise nach Europa während He-Man auf
dem Gipfel seines Erfolgs war. Haben Sie damals auch Deutschland besucht? Falls ja, wie war Ihr
Eindruck und wo waren Sie unterwegs?
R.S.: Ich habe 1983 eine 11-tägige Geschäftsreise nach Europa gemacht. Ich war in London, Paris
und Mailand. Dennoch besuchte ich auch Frankfurt und Hamburg. Soweit ich mich erinnere war
Hamburg größer und ein bisschen besser ausgebaut als Frankfurt. Frankfurt schien mehr eine
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Industriestadt zu sein. Ich fuhr im Zug von Frankfurt nach Hamburg mit zwei meiner Mattel
Kollegen. Es war Winter. Das Gras in den ländlichen Gegenden war bräunlich. Es war kalt, aber
geschneit hatte es nicht. In Hamburg angekommen besuchten wir einen sehr schönen Park. Da
unsere Mattel Geschäftsreise sehr kurz bemessen war, waren wir nur zwei oder drei Tage in
Deutschland. Daher hatte ich nicht die Gelegenheit Ihr Land so ausführlich zu besuchen wie ich es
gerne getan hätte. Ich halte Deutschland für eines der bedeutenden Länder der Welt. Es hat sehr
viele Beiträge für die Menschheit geleistet. Ich bin auch Hobby-Musiker. Ich spielte einige Jahre
klassisches Piano, darunter auch Werke Beethovens wie seine Mondscheinsonate, Appasionata und
Pathétique. Ich mag auch besonders seine Werke „Emperor“ und seine Violinen Konzerte. Ich
persönlich halte Beethoven für den größten Komponisten aller Zeiten. Und Mozart ist knapp
Zweiter. Zur Zeit spiele ich jedoch Akustik-Gitarre. Ich besitze mehrere Gitarren der Marke Martin.
Ursprünglich stammt die Familie Martin aus Markneukirchen in Deutschland, dort begannen sie
1833 mit dem Gitarrenbau. Später zog die Familie nach Nazareth, Pennsylvania. Ich erinnere mich
noch an eine andere Erfahrung - als ich ein kleiner Junge war, bekam ich einmal ein kleines
Aufzieh-Spielzeugauto. Es war sehr schön gestaltet und verarbeitet, wie so viele deutsche Produkte.
Es hatte sogar ein winziges Lenkrad mit dem sich die Vorderräder präzise steuern ließen. Auch ein
Schalthebel war eingebaut und man konnte damit die Gänge durch schalten. Mir gefiel auch immer
der Klang der deutschen Sprache. Sie hat solche Kraft. Daher hatte ich auch drei Jahre lang Deutsch
in der High School und ein weiteres Jahr auf dem College. Leider kann ich kaum noch deutsch
sprechen, aber dennoch einiges lesen und verstehen.
He-Man.de: Sie schreiben viel über ihre damaligen Mattel Kollegen. Ich bin mir sicher, dass sie
einige Reaktionen von ihnen bekommen haben. Mark Taylor hat ja öffentlich behauptet, der
Erfinder von He-Man zu sein. Hat er irgendetwas getan um seine Behauptungen zu untermauern
nachdem Ihr Buch erschienen ist?
R.S.: Ich habe keinerlei Reaktionen von meinen ehemaligen Mattel Kollegen erhalten. Ich habe den
Kontakt zu ihnen verloren. Die meisten leben der Gegend um L.A. in Kalifornien und ich lebe im
Nordwesten, 1200 Meilen nördlicher.
Ich habe auch keine Informationen, dass Mark Taylor etwas unternommen hat um seine Aussagen,
er sei der He-Man Erfinder, zu beweisen, seit das Buch erschienen ist.
Die folgende Info dürfte Sie auch interessieren: in drei Ausgaben des Magazins der amerikanischen
Spielwarenindustrie, „Tomart's Action Figure Digest“, Ausgaben 89 bis 91 von 2001, präsentieren
Marke Taylor und Ted Mayer ihre Behauptung, dass Taylor „He-Man“ und die „Masters of the
Universe“ Reihe erfunden hatte. In Ausgabe 89 auf Seite 30 beteuert Taylor er habe „das He-Man
Konzept entwickelt seit er elf Jahre alt war“. Meine Antwort darauf ist, dass ich viele militärische
Figuren gezeichnet habe als ich elf Jahre alt war (1946), am Ende des Zweiten Weltkriegs. Natürlich
war das Militär zu der Zeit sehr wichtig in den Vereinigten Staaten. Trotzdem habe ich niemals
behauptet G.I. Joe erfunden zu haben. Des weiteren behaupten Beide in den drei Tomart Artikeln,
dass sie die Masters Reihe gemeinsam erfunden und entworfen haben. In Wirklichkeit wurden die
drei He-Man Prototypen, die He-Man und damit auch die Masters hervorbrachten, von mir erdacht,
modelliert und erstmals dem Mattel Management vorgestellt unter Benutzung der Mattel Projekt
Budget Nr. R333 datiert auf den 21.09.1980 als Berechtigung zur Entwicklung, Idee von: Roger H.
Sweet. Taylor wird in diesem Dokument nicht erwähnt. Bei der Mattel Produktkonferenz auf der ich
das He-Man Trio vorstellte, war Mark Taylor nicht mein Co-Präsentator. Es wurden sogar zwei
Konzepte, die er entwickelt hatte, als direkte Konkurrenz zum He-Man Konzept vorgestellt.
Außerdem verließ Taylor Mattel gegen Ende 1982. Er hatte an der 1982er Masters Reihe
mitgearbeitet. Bevor er Mattel verließ, steuerte er nur noch ein weiteres Produkt zur Classic Masters
Reihe bei, den 1983 erschienen Ram Man. Taylor sollte erst 1986 zu Mattel zurückkehren. Aber mit
dem Design der Masters Reihe hatte er bis in die 90er nichts mehr zu tun. Interessanterweise wird in
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den Tomart Artikeln auf keinen einzigen physisch vorhandenen Beweis von Mark Taylor verwiesen.
Er zeigte und verwies auf keine Mattel Dokumente, Fotos, Entwürfe, Zeichnungen oder Modelle in
diesen Artikeln. Alle Behauptungen von Mark Taylor waren ausschließlich verbal. Was Ted Mayer
angeht, fast alle der He-Man/Masters Abbildungen die in den Artikeln zu sehen sind, wurden von
Mayer gemacht – und keines von Taylor. Aber diese Zeichnungen waren von Produktkonzepten, die
von anderen Designern entworfen worden waren, viele darunter von mir, die Mayer dann in
Zeichnungen umsetzte. Ted Mayer war übrigens nur einer von insgesamt 18 Designern in meinem
Entwurfsdesign-Team, die dort zwischen 1982 und 1987 zeitweise tätig waren. Mayer leistete
wertvolle Arbeit und war sehr produktiv, aber es gab noch einige andere Designer in meinem Team
die ebenso produktiv wie er waren und einen großen Beitrag zur klassischen Masters Reihe
beitrugen. Darunter waren Dave McElroy, Ed Watts, Alan Tyner und viele andere.
He-Man.de: Haben Sie sonst noch erwähnenswertes Feedback zu Ihrem Buch erhalten?
R.S.: Wie bereits vorher erwähnt, habe ich kein Feedback von meinen ehemaligen Kollegen oder
heutigen Mattel Mitarbeitern erhalten.
Ich habe jedoch auf he-man.org ein sehr langes und ausführliches „Q&A“ Interview gegeben, indem
ich Fragen von He-Man Fans beantwortet habe. Es ist nachzulesen auf der he-man.org Website:
Archive, News Archive 2005, 19. September Q & A.
Außerdem gab es einige exzellente Rezensionen und Berichte über das „Mastering the Universe“
Buch und von mir selbst in den folgenden Publikationen der Spielwarenindustrie: ToyFare Magazin
Nr.97 vom September 2005 und Toy Shop Magazin vom 2. September 2005.
Weiterhin wurden noch zwei herausragende Interviews mit mir im Jahr 2005 geführt von meiner
ehemaligen Universität, dem ID, Institute Of Design des Illinois Institute Of Technology in
Chicago, Illinois. Ein Interview wurde auf der Website des ID Institute Of Design im September
2005 veröffentlicht. Das andere war im IIT, Illinois Institute Of Technology Alumni Magazin,
Herbst 2005.
Erwähnenswert ist, dass alle Interviewer der oben genannten Publikationen mich sehr gründlich und
direkt befragten um meine Glaubwürdigkeit zu überprüfen.
Es gibt auch noch einige Reviews des Buchs auf Amazon.com.
He-Man.de: Sie erwähnen in Ihrem Buch einige Memos und andere schriftliche Informationen von
Mattel. Haben Sie diese Informationen damals gesammelt oder mussten Sie erst in Archiven von
Mattel recherchieren, falls ein solches überhaupt existiert.
R.S.: Ich besitze viele Dokumente, Fotos, Entwürfe und Zeichnungen aus meiner Zeit bei Mattel.
Darunter befinden sich schöne Farbfotos der drei original He-Man Figuren, die ich gemacht habe
und die He-Man und damit auch die Masters of the Universe Reihe hervorbrachten.
Ich brauchte Mattel nicht nach Informationen dieser Art zu befragen, da ich alle entscheidenden
Stücke die ich brauchte schon besaß.
He-Man.de: Mattel brachte einige der klassischen Figuren in einer „Commemorative Edition“ 1999
erneut auf den Markt. Dazu mussten sie einige der alten Figuren bei ebay kaufen und dann Kopien
davon erstellen. Behält Mattel nie Kopien der veröffentlichten eigenen Spielzeuge? Ich kann mir
nicht vorstellen das Daimler Chrysler oder General Motors ihre eigenen Klassiker bei ebay kaufen
müssen, um zu sehen, was sie vor 20 Jahren produziert haben.
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R.S.: Ich kann keinen Kommentar zur Vorgehensweise von Mattel hinsichtlich der Aufbewahrung
von Spielzeug und Werkzeug abgeben, da ich nicht in der/den entsprechenden Abteilung(en) von
Mattel gearbeitet habe, die sich darum kümmern. Jedoch stimme ich Ihnen zu, dass es eine gute Idee
zu sein scheint, ein Muster von jedem hergestellten Produkt und auch dem dazugehörigen
Werkzeug und Farbschablonen zu behalten. Andererseits können solche Sachen viel Lagerplatz
beanspruchen. Manchmal entsorgen Firmen alte Produkte und Werkzeuge etc. um den Lagerplatz
ökonomischer zu nutzen. Ich weiß, dass Mattel dies einmal im großen Umfang circa 1986 gemacht
hat. Der Anlass war der Umzug der Mattel-Zentrale vom alten Sitz in Hawthorne, Kalifornien nach
El Segundo, ebenfalls Kalifornien. Damals teilte das Management den Mitarbeitern mit, dass alte
Produktentwicklungen aus dem Mattel Design Lagerbereich, passender weise als „Das
Leichenschauhaus“ tituliert, von Mattel Mitarbeitern mitgenommen werden durften. Ich für meinen
Teil nutzte diese Direktive.
He-Man.de: Denken Sie, dass eine richtige Neuauflage der alten Figuren, nicht für Sammler
sondern für die Kinder von heute, eine Chance hätte gegen die Konkurrenz der Pokemons und YuGi-Ohs? Oder ist Zeit für Action Figuren für Jungen gänzlich vorbei? Die Turtles kommen ja
anscheinend recht erfolgreich zurück. Und was meinen Neffen, 9 Jahre alt, betrifft - er liebt die alten
Figuren!
R.S.: Wenn neue He-Man/Masters Produkte hervorragend gemanagt und passend gestaltet würden,
dann glaube ich an eine sehr gute Chance gegen jegliche Konkurrenz. Aber es müsste wirklich
herausragend sein, sehr ansprechend und sehr frisch.
He-Man.de: Die neue Toyline von 2002 hat sich nicht so entwickelt wie von Mattel erhofft. Meiner
Meinung nach wurden einige gewichtige Fehler gemacht. Mattel wollte die Sachen an Kinder
verkaufen, doch bei Kindern kam das Design nicht an, eher bei erwachsenen Sammlern. Aber
natürlich gibt es nicht so viele Sammler wie Kinder.
R.S.: Lassen Sie uns nur eine – sehr entscheidende – Facette der neuen Masters 2002 Reihe
betrachten: die Standard He-Man Figur. Diese Figur war eine stark abgeschwächte Verkörperung
des ersten He-Man von 1982. Wenn Sie es nicht glauben, machen Sie mal einen fotografischen
Vergleich der Beiden, nebeneinander und in gleicher Größe, in Adobe Photoshop. Die 2002 Figur
hat eine physisch viel schwächere Muskulatur. Und, schlimmer noch, sie hat das Gesicht eines
Teenagers! Um Himmels Willen! Du meine Güte!
Soweit der erste Teil des Interviews mit Roger Sweet. Am Freitag kommt Teil 2! Dann erfahrt ihr,
was Roger von der 2000er Figurenreihe hält und seine Meinung zum Kinofilm mit Dolph
Lundgren! Das und vieles mehr also am Freitag auf He-Man.de.
© 2006 Roger Sweet und Ulf Loetschert
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