Patientenbroschüre Wachstumshormonmangel

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Patientenbroschüre Wachstumshormonmangel
Informationen für Kinder und
Jugendliche mit
Wachstumshormonmangel
Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie
Universitätsmedizin Berlin Charité
Von dem behandelnden Arzt oder der Ärztin hast Du und haben Deine Eltern soeben
erfahren, dass ein Wachstumshormonmangel festgestellt wurde. Jetzt machst Du und
auch Deine Eltern sich große Sorgen, und nach und nach tauchen so viele Fragen auf,
die im ersten Gespräch gar nicht angesprochen werden konnten.
Mit dieser Broschüre möchten wir Dir und Deinen Eltern die Möglichkeit geben,
Antworten auf diese Fragen zu finden. Dabei soll dieses Heft keineswegs die Gespräche
mit deinem Arzt oder deiner Ärztin ersetzen, vielmehr soll es als eine hilfreiche
Ergänzung angesehen werden. Wir erhoffen uns hiermit auch, Dir wichtige
Informationen bezüglich unserer Erfahrung in der Behandlung des
Wachstumshormonmangels zu geben, um Dir deutlich zu machen, welche Chancen und
Möglichkeiten bei einer möglichst optimal durchgeführten Therapie bestehen.
Wir dachten, daß es vielleicht hilfreich ist, zunächst einmal Informationen von einem
betroffenen Jugendlichen zu bekommen, der, sozusagen aus erster Hand, seine
persönlichen Erfahrungen mit der Diagnose „Wachstumshormonmangel“ schildert.
Im zweiten Teil der Broschüre gibt es dann einige wichtige „Fakten“ zur Diagnose und
der Therapie des Wachstumshormonmangels.
Und im dritten Teil wird geschildert, warum das Wachstumshormon auch dann nötig ist,
wenn man nicht mehr wächst, also „erwachsen“ ist.
Eine Begegnung mit Paul
Vielen Dank einmal Paul, daß Du Dich bereit erklärt hast, den Lesern dieser Broschüre
von Deinen Erfahrungen mit dem Wachstumshormonmangel zu erzählen. Die hast Du
mittlerweile doch sicherlich, nicht wahr?
Paul.: Oh ja, seit 20 Jahren lebe ich nun damit, und ich muß sagen, sehr gut!
Wie haben Deine Eltern damals von dem Wachstumshormonmangel erfahren?
Paul.: Ich war noch klein, gerade einmal 5 Jahre alt , als ich von meinen Eltern den
Ärzten vorgestellt wurde, weil ich nicht richtig wachsen wollte und viel kleiner war als
die anderen Kinder im Kindergarten. Ich sollte bald zur Schule gehen und meine Eltern
hatten Sorgen, daß ich es dann „als Kleiner“ schwer haben würde, mich durchzusetzen.
Meine Eltern haben mir erzählt, daß dann viele Untersuchungen gemacht wurden:
Blutentnahmen, Röntgenaufnahmen meiner Hand und auch eine Röntgenuntersuchung
vom Kopf. Ich kann mich nur daran erinnern, daß die vielen Blutentnahmen, die zum
Teil auch auf der Station im Krankenhaus durchgeführt wurden, sehr schlimm für mich
waren und ich oft geweint habe. Mir war damals noch gar nicht so bewußt, daß es gar
nicht so einfach ist als „Kleiner“ zu leben und habe mich deshalb oft gegen die
Untersuchungen gewehrt.
Später habe ich dann Kinder getroffen, die schon wesentlich älter waren, teilweise sogar
bereits 13 oder 14 Jahe alt, als die Diagnose gestellt wurde und die sehr darunter litten
so klein zu sein. Besonders gut erinnere ich mich an Marco, der eigentlich so gerne
Basketballspieler werden wollte, aber viel, viel zu klein war. Der war richtig wütend, als
erst mit 13 Jahren herausgefunden wurde, warum er so klein ist. Er hat mir erzählt, daß
er oft geträumt hat wie er als „kleiner“ Spieler zwischen all den großen
Basketballspielern sich völlig verloren vorkam.
Wie wurde denn dann die Diagnose gestellt?
Paul: Es ist wohl nicht immer einfach einen Wachstumshormonmangel festzustellen.
Daher sind oft mehrere Blutentnahmen und Teste notwendig. Bei mir wurde das Organ ,
das das Wachstumshormon produziert/die Hirnanhangsdrüse oder Hypophyse stimuliert
und danach mehrmals die Wachstumshormonkonzentration in einer Blutprobe
gemessen. Es ist ein Glück, daß die Untersuchungen heute meist ambulant durchgeführt
werden können und die Kinder nicht mehr wie vor fast 20 Jahren dafür ins Krankenhaus
aufgenommen werden müssen.
War denn diese Diagnose für Dich oder Deine Eltern so etwas wie ein Schock?
Paul.: Wie gesagt, ich war noch zu klein und habe das alles gar nicht verstanden, aber
für meine Eltern war es schon schlimm, das denke ich schon. Als sie hörten, daß ich
ohne eine Therapie sehr klein bleiben würde und eine körperliche Behinderung die Folge
wäre, war das bestimmt furchtbar. Aber meinen Eltern wurde auch gleich erklärt, daß es
das menschliche Wachstumshormon als Medikament gibt, mit dem eine erfolgreiche
Therapie möglich ist, und daß die Aussichten auf ein ganz normales Wachstum sehr gut
sind.
Wodurch ist bei Dir der Wachstumshormonmangel bedingt
Paul: Als die Untersuchungen ergeben haben, daß ich kein Wachstumshormon bilden
konnte, wurden weitere Untersuchungen veranlasst. Das wichtigste war ein
Computertomogramm des Kopfes, um ausszuschliessen, dass ein Tumor die
Hirnanhangsdrüse zerstoert hat. Das war wiederum nochmals ein Schreck für meine
Eltern, aber zum Glück wurde nichts gefunden. Erst später wurde bei mir eine
Kernspintomografie durchgeführt, die es zum Zeitpunkt der Diagnose des
Wachstumshormonmangels noch nicht gab
und es wurde festgestellt, das die
Hirnanhangsdrüse viel zu klein und falsch entwickelt ist. Heute wird eine
Kernspintomografie immer gleich anstelle eines Computertomogramms durchgeführt.
Warum es dazu kommt, dass sich die Hirnanhangsdrüse nicht entwickelt, weiss man
bislang nur bei sehr wenigen Patienten. Auch bei mir hat man versucht, das
herauszufinden, aber bis jetztohne Ergebnis.
Merkst Du, daß Du das Dir das Wachstumshormon fehlt?
Paul.: Nun, dadurch dass ich das Wachstumshormon regelmässig gespritzt habe, bin ich
so groß geworden wie mein Vater, aber ich wachse jetzt nicht mehr, und wenn ich das
Wachstumshormon weglassen würde, würde ich natuerlich nicht schrumpfen. Aber da
das Wachstumshormon für alle Koerperzellen wichtig ist, sollte ich es immer spritzen,
auch wenn ich nicht mehr wachsen kann. Ich habe nach Absprache mit meinen Ärzten
nach Abschluß des Wachstums das Hormon für ein halbes Jahr weggelassen und da
habe ich schon den Eindruck gehabt, dass mir manches schwerer fiel, z.B. war ich auf
einem Segeltörn mit meinen Kumpeln überhaupt nicht so fit wie sonst.Nach dem halben
Jahr wurde durch eine erneute Blutuntersuchung festgestellt, daß mir dieses Hormon
weiterhin fehlt. Somit war klar, daß ich es auch weiter spritzen muss.
Wie hast Du die vielen Besuche bei Ärzten, die Blutentnahmen und die Untersuchungen
gesehen? Waren/sind sie eine Belastung für Dich?
Paul.: An die ersten Jahre meines Lebens kann ich mich natürlich schlecht erinnern.
Aber meine Eltern haben mir erzählt, daß ich damit nach kurzer Zeit keine Probleme
hatte. Ich mochte meine Ärztin und auch die Krankenschwestern und ich habe ja
gemerkt, daß sich alle freuten, wenn ich wieder gewachsen war. Als ich dann etwas
älter war, freute ich mich natürlich auch und ich hatte nie Angst vor dem Besuch in der
Sprechstunde. Aber in der Pubertät war es lästig und manchmal auch ein bißchen
peinlich. Jeder reagiert aber auch anders. Ich glaube aber, daß es für Kinder und
Jugendliche wichtig ist, daß die Eltern Vertrauen zu dem Arzt oder der Ärztin haben,
denn das überträgt sich dann automatisch auf die Kinder. Wenn die Eltern es
verstanden haben, dass die Therapie notwendig ist, dann werden sie dies, wie alles
andere auch ihrem Kind erklären und dafür sorgen, daß das Wachstumshormon
regelmäßig gespritzt wird.
Wie kamst Du und wie kommst Du jetzt mit der Medikamentengabe klar?
Paul.: Meine Eltern haben mir erzählt, daß sie am Anfang große Scheu hatten mich
jeden Abend zu spritzen. Aber die Ärztin und die nette Kinderkrankenschwester haben
es ihnen erklärt und dann gab es eigentlich nie wirkliche Probleme. Als ich klein war,
haben natürlich meine Eltern das abendliche Spritzen spielerisch gestaltet. Es hieß bei
uns „der kleine Peng“ und wenn ich schön still hielt, gab es eine kleine Belohnung. Als
ich 9 Jahre alt war lernte ich alleine zu spritzen und war total stolz, daß ich das konnte.
Bei Klassenfahrten oder bei Übernachtungen bei Freunden waren immer alle sehr
beeindruckt.
Hast Du schon mal vergessen zu spritzen?
Paul.: Na ja, um ehrlich zu sein, ja (vor allem wenn man abends müde ist, Besuch hatte
u.s.w.). Da sollte natürlich nicht oft passieren und wenn ich es merke, wenn ich im Bett
liege, dann mache ich es noch, auch wenn das Aufstehen schwer fällt. Wenn ich längere
Zeit das Wachstumshormon nicht spritze , wuerde ich es spätestens dann merken,
wenn ich müder und schlapper werde als sonst.
Woher weißt Du, welche Dosierung Du brauchst?
Paul.: Das hat mir meine behandelnde Ärztin aus der Spezialsprechstunde in der
Kinderklinik ausgerechnet und jetzt macht es der Internist mit Spezialausbildung in der
Endokrinologe.
Werden dort also auch die Kontrolluntersuchungen gemacht ?
Paul.: Ja, genau. Anhand der Blutwerte - insbesondere am IGF-1- Wert kann mein Arzt
erkennen, ob ich die Dosis reduzieren oder anheben muß.
Merkst Du es selber, wenn die Dosierung nicht optimal ist?
Paul.: Das war bei mir nie der Fall. Aber meine Eltern bzw. ich haben immer darauf
geachtet, daß wir regelmäßig die Kontrolltermine in der Sprechstunde einhalten
Hast Du von dem Medikament irgendwelche Nebenwirkungen?
Paul.: Nein, gar keine. Es ersetzt ja lediglich das Hormon, das bei mir nicht gebildet
werden kann.
Hattest Du in der Schulzeit Probleme wegen Deiner Erkrankung?
Paul.: Überhaupt nicht. Es gibt keinerlei Beeinträchtigungen. Ich konnte Sport machen,
wie jedes andere Kind auch, oder auf Klassenfahrt fahren. Als ich jünger war, haben die
Lehrer dann darauf geachtet, daß ich abends spritze und die meisten Mitschüler waren,
wie bereits gesagt, beeindruckt.
Wie ging Deine Familie mit der Situation um?
Paul:: Als Kind wurde ich in jeder Beziehung ganz normal behandelt. Es gab im
Vergleich zu den Geschwistern keine Schonung, keine Bevorzugung und keine
Benachteiligung. Lediglich das tägliche Spritzen, das aber bald Routine wurde und die
Kontrolluntersuchungen erinnerten an den Wachstumshormonmangel. Als erwachsene
Person gehe ich eigenverantwortlich mit der ganzen Sache um und in der Familie ist es
überhaupt kein Thema mehr. Ich gehe regelmäßig zu meinem Endokrinologen, mit dem
ich mich gut verstehe.
Wie hast Du denn den Endokrinologen kennengelernt?
Paul: Als ich 17 Jahre alt war und der Auslassversuch für ein halbes Jahr ergeben hatte,
daß ich das Wachstumshormon auch als Erwachsener brauche, hat mir meine Ärztin
vorgeschlagen, daß ich von einem Spezialisten für Hormonstörungen bei Erwachseneneinem Endokrinologen weiterbehandelt werde. Das hat mich zunächst erschreckt, weil
ich kannte nun alle in der Kinderklinik so gut und alles war mir vertraut und ich hatte
das Gefühl: Nun wollen die dich loswerden! Aber meine Ärztin hat mir erklärt, daß
erwachsene Menschen zu Ärzten gehören, die erwachsene Menschen behandeln und
deren Erkrankungen und Bedürfnisse kennen. Und es war eine große Erleichterung fürr
mich als sie mir erklärte, daß sie zusammen mit dem Endokrinologen zunächst eine
Übergangssprechstunde machen würde.
Was ist denn eine Übergangssprechstunde?
Paul: In der „Übergangsprechstunde“ haben meine Kinderärztin und der Endokrinologe
sich eine Stunde Zeit für mich genommen. Ich habe gemerkt, daß die beiden sich gut
kennen und auch schon über mich gesprochen hatten. Ich konnte sie alles fragen und
sie haben mir angeboten, noch eine weitere „Übergangssprechstunde“ zu vereinbaren,
wenn ich es möchte. Ich konnte aber auch als nächsten Termin direkt bei dem
Endokrinologen vereinbaren. Ich wußte aber nach dem ersten Termin, daß die beiden
Ärzte sich gut kennen und verstehen , und aufgrund der langjährigen Betreuung durch
meine Kinderärztin war ich sicher, daß ich beí dem Endokrinologen in guten Händen bin.
Und irgendwie war es auch toll, daß der Endokrinologe „Sie“ zu mir sagte. Das hatte mir
zwar meine Kinderärztin auch schon angeboten, aber das kam mir nach den vielen
Jahren etwas komisch vor. Nun bin ich schon einige Jahre bei meinem Endokrinologen
und fühle mich in jeder Hinsicht als Erwachsener gut betreut.
Hatten Deine Eltern oder Du je Angst, Du könntest Dich nicht richtig entwickeln?
Paul.: Klar haben sich meine Eltern bestimmt Sorgen und Gedanken gemacht. Aber die
vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen meinen Eltern und meiner Ärztin trug wohl
viel dazu bei, daß Ängste abgebaut wurden. Meine Eltern haben auf das regelmäßige
Spritzen geachtet und die Kontrolluntersuchungen regelmäßig wahrgenommen. Und das
es funktioniert, konnten sie die ganzen Jahre verfolgen. Ich selber hatte nie Sorgen und
Zweifel, da die Diagnose früh gestellt wurde und ich nie erleben mußte, wie es ist zu
klein zu sein. Immerhin habe ich meine Schulzeit ganz gut hinbekommen, und seit ein
paar Semestern studiere ich Zahnmedizin.
Dann wünschen wir Dir noch viel Erfolg bei Deinem Studium und Deinem weiteren
Lebensweg.
Paul.: Ja, danke! Ich hoffe, ich konnte ein wenig dazu beitragen, einige Ängste im
Umgang mit dem Wachstumshormonmangel abzubauen.
FAKTEN ZUM WACHSTUMSHORMONMANGEL
Was ist das eigentlich für eine Erkrankung?
Der angeborene Wachstumshormonmangel stellt eine angeborene Unterfunktion der
Hirnanhangsdrüse, die das Wachstumshormon produziert, dar. Hierbei ist die
Hirnanhangsdrüse nicht in der Lage, ausreichend Wachstumshormon herzustellen.
Häufig ist eine Fehlentwicklung der Organanlage die Ursache für den Hormonmangel.
Das Wachstumshormon ist für eine normale körperliche Entwicklung eines Kindes
unerlässlich, daher muß einem Hormonmangel frühzeitig entgegengewirkt werden.
Was ist die Hirnanhangdrüse?
Bei der Hirnanhangdrüse handelt es sich um ein kleines Organ, das zum Gehirn gehört.
Es gehört zur Gruppe der "Drüsen" und dieses Organ ist für die Produktion und die
Abgabe von mehreren Botenstoffen (Hormonen) verantwortlich:
das Wachstumshormon (GH),das Schilddrüsen stimulierende Hormon (TSH, Thyreoidea
stimulierendes Hormon), das adrenocorticotrope Hormon (ACTH),
und die Pubertäts-auslösenden Hormone (LH,Luteinisierendes Hormon und FSH,
Follkelstimulierendes Hormon) sowie Prolaktin (PRL)
die je nach Bedarf direkt in das Blut abgegeben werden. Diese Hormone erreichen über
den Blutkreislauf alle Zellen und Gewebe im Körper. Die Regulierung der
Hormonausschüttung erfolgt durch übergeordnete Zentren im Gehirn, z.B. den
Hypothalamus.
Wie wirkt das Wachstumshormon?
In unserem Körper ist das Wachstumshormon für die Entwicklung einer Vielzahl von
wichtigen Geweben und für die Steuerung verschiedener physiologischer Vorgänge
zuständig:
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das Wachstum
den Knochenbau
das Bindegewebe und die Muskeln
die Regulation des Blutzuckers
den Abbau von Fettzellen und die Mobilisierung von Fettsäuren.
Im Vergleich zum Erwachsenen ist beim Kind Wachstumshormon auch für das
Körperwachstum notwendig!
Im gesundem Zustand ist die Hypophyse in der Lage, sich auf die Anforderungen des
Körpers einzustellen. Steht den Körperzellen kein ausreichendes Angebot an
Wachstumshormon zur Verfügung, so spricht man von einem
Wachstumshormonmangel. Dieser Mangel führt zu einer verminderten Bildung von IGF1 , dem wichtigsten Wachstumsfaktor in der Leber und in anderen Zielgeweben.
Woran erkennt man einen Wachstumshormonmangel?
Da es sich häufig um eine angeborene Erkrankung handelt, ist die Fehlfunktion der
Hypophyse bereits vorhanden, auch wenn sie in vielen Fällen den Säuglingen und
Kleinkindern noch nicht richtig anzumerken ist. Wichtig hierbei ist auch die Schwere der
Störung (Ausmaß des Wachstumshormonmangels).Bei einem vollständigen Ausfall der
Hormonproduktion sind bereits schon frühzeitig typische Symptome in unterschiedlicher
Ausprägung vorhanden
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Verlangsamung des Wachstums, die zum
Kleinwuchs führt
Vermehrung des Stammfettes
puppiges Gesicht
kleine Hände und Füße
schlaffe, unterentwickelte Muskulatur
schlechte Belastbarkeit
Neigung zur Unterzuckerung
bei Entwicklungsstörung der Hypophyse: Ausfall von weiteren Hormonen.
Die oben genannten Symptome sind beim Fetus und Neugeborenen oftmals kaum, oder
nur vereinzelt und dezent vorhanden. In der Schwangerschaft braucht das Kind nämlich
kein eigenes Wachstumshormon, es wird vom Mutterkuchen (Plazenta) und von der
Mutter mit Hormonen versorgt. Wird nach der Geburt, wenn der Säugling von der
mütterlichen Versorgung abgeschnitten und dem Kind kein Wachstumshormon
gegeben, so bilden sich langsam die oben genannten Symptome aus.
Der Verdacht auf einen Wachstumshormonmangel ergibt sich somit bei:
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Einer verlangsamten Wachstumsgeschwindigkeit
Einer geringen Körperlänge für das Alter unter
Berücksichtigung derGröße der Eltern
Wie wird die Diagnose gestellt?
Zunächst wird das Kind gründlich untersucht, ob Symptome bestehen die auf eine
andere Krankheit hindeuten, die mit Kleinwuchs einhergeht. Es wird ausserdem das
Knochenalter durch eine Röntgenaufnahme der Hand bestimmt. Bei Kindern mit einem
Wachstumshormonmangel ist es meistens deutlich geringer als das tatsächliche Alter
des Kindes.
Darauf werden der Wachstumsfaktor IGF-1 und ein Eiweiß, das ihn transportiert (IGFBP3) im Serum bestimmt. Ist der Wachstumshormon-abhängige Wachstumsfaktor IGF-1
erniedrigt, wird dannauchdie Wachstumshormonsekretion der Hypophyse stimuliert, z.B.
mit Arginin (einer physiologisch vorkommenden Aminosäure). Dieser Test wird ambulant
durchgeführt, hat keine Nebenwirkungen und dauert ca. 3 Stunden. Schüttet die
Hypophyse nach Arginin nicht genügend Wachstumshormon aus, wird ein zweiter Test
z.B. mit Insulin durchgeführt. Bestätigt sich die erniedrigte Sekretion von
Wachstumshormon, steht die Diagnose Wachstumshormonmangel fest. Zur Klärung der
Frage der Ursache werden dann weitere Untersuchungen durchgeführt.
1. Termin
Genaue körperliche Untersuchung
Röntgenaufnahme der Hand
Blutentnahme
2. Termin
1. Hypophysentest
3. Termin
2. Hypophysentest
Bei bestätigter Diagnose eines Wachstumshormonmangels schließen sich weitere
Untersuchungen zur Ursachenklärung, z.B. eine Kernspintomografie, oder eine
molekulargenetische Diagnostik an.
Wie kommt es zum Wachtumshormonmangel?
In
den
meisten
Fällen
bleibt
die
Ursache
der
verminderten
Wachstumshormonausschüttung ungeklärt.
In nur wenigen Fällen liegt eine familiär vererbte, genetisch bedingte Ursache zugrunde.
Erkrankungen wie zum Beispiel Kraniopharyngeome oder andere meist gutartige
Tumore der Hirnanhangsdrüse stören durch ihre verdrängende raumfordernde
Ausdehnung die normale Hormonproduktion der Hypophyse, was m Kindesalter zuerst
durch ein verlangsamendes Wachstum aufgrund des Wachstumshormon-Mangels
auffällt. Solche gutartigen Tumore der Hirnanhangdrüse können in jedem Lebensalter
neu auftreten.
Wenn bei einem Kind der Verdacht auf einen Wachstumshormonmangel besteht und
dieser durch den Verlauf seines Wachstums,durch den Vergleich mit den
Wachstumsdaten der Eltern und Geschwister untermauert wird, dann wird zunächst
durch Röntgen der Hand das Skelettalter untersucht und durch HormonspiegelMessungen dem Verdacht nachgegangen, ehe eine Untersuchung der Hirnanhangdrüse
mit einem Kernspintomogramm vorgenommen wird.
Wachstumshormon für Erwachsene: Was soll das?
Wenige Jahre nach Einsetzen der Pubertät werden die Wachstumsfugen der Knochen
unter Einfluss der Geschlechtshormone hart, ein Längenwachstum findet danach nicht
mehr statt.
Allerdings gibt es Wachstum nicht nur in die Höhe. Die Körperkonturen eines jungen
Erwachsenen am Ende der Pubertät unterscheiden sich doch recht deutlich von denen,
die sich mit dem 25. Lebensjahr eingestellt haben. Neben einem weiteren
Reifungswachsen des Körpers, das nicht mehr in die Höhe sondern durch Zunahme von
Muskelmasse und Knochensubstanz erfolgt, greift Wachstumshormon in verschiedene
Stoffwechselvorgänge ein. So wird bei schwerem Wachstumshormonmangel
Erwachsener der Cholesterin-Stoffwechsel ungünstig beeinflusst und die Verengung und
Verkalkung von Adern beschleunigt. Der Kalkgehalt der Knochen, der zwischen dem 25.
und 30. Lebensjahr normalerweise sein Maximum erreicht, um für den weiteren Verlauf
des Lebens abzufallen, wird ebenfalls von Wachstumshormon mitbeeinflusst.
Erwachsene Patienten mit schwerem Wachstumshormonmangel haben im Durchschnitt
eine niedrigere Knochendichte. Untersuchungen über die körperliche Leistungsfähigkeit
haben zeigen können, dass bei schwerem Wachstumshormonmangel die körperliche
Belastbarkeit und die Sauerstoff-Aufnahmefähigkeit beeinträchtigt sind. Durch Ersatz
von Wachstumshormon in dem für das Alter normalem Umfang können diese Defekte
korrigiert werden.
Mit Hilfe psychologischer Fragebögen haben verschiedene Untersuchungen darüber
hinaus gezeigt, dass es Patienten mit schwerem Wachstumshormonmangel im
Erwachsenenalter einfach schlechter geht, dass sie emotional weniger stabil sind und im
alltäglichen Leben von mehr Beschwerden geplagt werden. Diese Beschwerden sind in
den Untersuchungen durch Ersatz des Wachstumshormons umkehrbar gewesen. Durch
Hormonersatz bei schwerem Wachstumshormonmangel können die betroffenen
Patienten die ganz alltäglichen Aufgaben des Alltages mit der angemessenen Leichtigkeit
bewältigen.
Kann Wachstumshormon für Erwachsene auch schädlich sein?
Zunächst muss betont werden, dass Wachstumshormon im Erwachsenenalter nur den
Menschen hilft, denen es eindeutig fehlt. Defizite, die durch Wachstumshormonmangel
entstanden sind, können durch Ersatz des Hormons ausgeglichen werden. Wenn es
gelingt, den Spiegel des Wirkungsvermittlers für die meisten Effekte von
Wachstumshormon, des IGF-I, in den altersbezogenen Normbereich zu korrigieren,
treten in aller Regel keine Nebenwirkungen auf. Bei Überdosierung kann es zu
vorübergehenden Flüssigkeitseinlagerungen mit Anschwellen der Knöchelgelenke oder
auch zu Gelenkbeschwerden in anderen Gelenken kommen. In einem solchen Fall soll
der Arzt umgehend informiert werden.
Aufgrund der inzwischen vorliegenden Erfahrung an vielen tausend Patienten hat sich
die Ersatztherapie mit Wachstumshormon auch im Erwachsenenalter als sicher
erwiesen. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen, die meist in halbjährlichen
Abständen vorgenommen werden, wird überprüft, ob die Therapie gut vertragen wird
und ob die Dosis richtig ist oder angepasst werden muss.
Häufig gestellte Fragen:
Gibt es Wachstumshormon in Tablettenform?
Nein. Da Wachstumshormon ein Eiweiß ist, würde es als Tablette im Magen und
Dünndarm zerstört und abgebaut und verliert damit seine Wirksamkeit. Es muss deshalb
gespritzt werden.
Wie lange wird die Wachstumshormonbehandlung dauern?
Zur Erzielung eines optimalen Resultates muss Wachstumshormon viele Jahre lang
ununterbrochen gespritzt werden, nämlich bis die Wachstumsfugen fast geschlossen
sind oder die Wachstumsgeschwindigkeit unter 2cm/ Jahr sinkt. Dies ist in der Regel bei
einem Knochenalter von 15-18 Jahren der Fall. In einigen Fällen von schweren
Wachstumshormonmangel sollte die Behandlung nach heutiger Meinung in kleineren
Dosen auch nach Abschluss des Wachstums weitergeführt werden. Um herauszufinden,
ob ein schwerer Wachstumshormonmangel auch nach Abschluss des Wachstums weiter
besteht, muss nochmals ein Wachstumshormonstimulationstest durchgeführt werden.
Wie wird gespritzt?
Wachstumshormon soll subkutan (unter die Haut) gespritzt werden. Dazu dienen sehr
dünne Nadeln, die kaum Schmerzen verursachen. Das Handhaben der
Injektionssysteme in Form von halbautomatischen Pens fällt immer leichter als erwartet.
Das Spritzen des eigenen Kindes braucht dagegen einige Überwindung. Es ist jedoch
immer wieder erstaunlich, wie auch junge Kinder verstehen, dass das Spritzen nötig ist
für ihr Wachstum. Sobald das Kind dies möchte, kann es selbst spritzen. Jedes Kind das
selbst spritzt, sollte während des Spritzvorganges von den Eltern überwacht werden. Die
Eltern tragen auch für Kinder, die sich selbst spritzen die Verantwortung für die saubere
und vollständige Verabreichung des teuren Hormons.
Wo und wann soll Wachstumshormon gespritzt werden?
In der Regel wird Wachstumshormon in den Oberschenkel gespritzt. Es kann aber auch
unter die Bauchhaut, ins Gesäß oder in den Oberarm gespritzt werden. Zur Vermeidung
von Hautschädigungen soll nicht immer an der gleichen Stelle gespritzt werden.. Die
Verabreichung erfolgt am besten abends.
Gibt es Allergien bei der Wachstumshormonbehandlung?
Echte Allergien gegen Wachstumshormon sind extrem selten. Gelegentlich sind
Reaktionen an der Spritzstelle in Form von Rötungen beobachtet worden.
Möglicherweise handelte es sich in einigen Fällen um ein Reaktion auf den
Konservierungsstoff, der sich in den Ampullen befindet.
Mit welchen Nebenwirkungen muß man rechnen?
Wenn das Wachstumshormon in einer Dosierung verabreicht wird, die eine
Mangelsituation kompensiert, ist mit keinen Nebenwirkungen zu rechnen. Am Anfang
können in seltenen Fällen Kopfschmerzen auftreten. Wird dann aber zunächst eine
geringere Dosis gegeben , die dann schrittweise gesteigert wird , wird die höhere Dosis
ohne Kopfschmerzen toleriert. Ebenfalls selten sind Probleme im Hüftgelenk, die in der
Wachstumsphase bei sehr schnellem Aufholwachstum beobachtet werden und dann
orthopädisch behandelt werden müssen.
Wie schnell kann man den Erfolg der Therapie erkennen?
In den meisten Fällen ist eine schnellere Wachstumsgeschwindigkeit eindeutig nach 6
Monaten festzustellen. Ist nach 1 Jahr kein Aufholwachstum festzustellen, so ist ein
Therapieerfolg bei weiterer Gabe extrem unwahrscheinlich und in der Regel wird die
Therapie dann beendet.
Welche Untersuchungen sind bei der Wachstumshormontherapie nötig?
Alle 6 Monate erfolgt eine Blutentnahme bei der die Wachstumsfaktoren im Blut
untersucht werden. Eine erneute und wiederholte Kernspintomografie ist notwendig,
wennn ein Tumor die Ursache des Wachstumshormonmangels war oder wenn
besondere genetische Ursachen vorliegen.