Lerntypen und kreative Lerntechniken Lernen
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Lerntypen und kreative Lerntechniken Lernen
Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken 1 Lernen lernen Lerneinheit 2 Lerntypen und kreative Lerntechniken Plutarch (ca. 45 bis ca. 125), griechischer Schriftsteller „Das Gehirn ist nicht nur ein Gefäß, das gefüllt werden muss, sondern ein Feuer, das gezündet werden will.“ Plutarch Wir alle lernen. Jeden Tag. Wie du erkennen kannst, wie Lernen für dich am besten funktioniert und wie du herausfindest, welcher „Lerntyp“ du bist und welche Lerntechniken zu dir passen, erfährst du in dieser Lerneinheit. Lernen 1 Vögel fliegen – Fische schwimmen Von den verschiedenen Wegen zum (Lern-)Ziel Vgl. Kapitel 4 Vgl. Kapitel 2 Vgl. Kapitel 2 Unter Lernen versteht man den Erwerb von neuen Fähigkeiten, Kenntnissen, Verhaltensweisen. Jeder Mensch verfügt über individuelle Grundvoraussetzungen, um zu lernen. Die Merkfähigkeit ist bei jedem Menschen anders, manche Menschen merken sich leicht Zahlen, andere Bilder, andere merken sich schwer Namen, wieder andere verfügen über ein Spezialgedächtnis für z. B. Jahreszahlen oder Gedichte. Dies kann auf Teilbegabungen oder Teildefekte des Gedächtnisses zurückzuführen sein, aber auch auf Vorlieben und Abneigungen gegenüber bestimmten Spezialgebieten. Fakten, die Sinn ergeben bzw. Zusammenhänge aufweisen, merken wir uns besser. Unser Gehirn speichert Eindrücke und Informationen leichter, wenn sie mit bestimmten Emotionen verknüpft sind. Du vergisst Ereignisse, bei denen du zum Beispiel große Freude, Trauer, Überraschung gefühlt hast, nicht so schnell wie emotional „neutrale“ Eindrücke. Außerdem ist deine Merkfähigkeit auch davon abhängig, wie dir Informationen vermittelt werden und welche Wahrnehmungsvorlieben du hast. Wann geht dir ein Licht auf? Beobachte deine Lehrerin bzw. deinen Lehrer, wie sie bzw. er eine Unterrichtsstunde gestaltet. Beobachte auch deine Klassenkolleginnen und Klassenkollegen und dein Verhalten im Unterricht. Schauen wir uns eine Unterrichtsstunde an: Trägt der Lehrer den Lehrstoff vor (nur akustisch), unterstützt er den Vortrag durch Bilder, Overheadfolien, Videos … (Visualisierung), können Schülerinnen und Schüler etwas selbst durch Experimente, Spiele, Gruppenarbeiten ausprobieren (Handeln) oder werden die Schülerinnen und Schüler angehalten, den Lehrstoff zu lesen und mit eigenen Worten zusammenzufassen? Versteht sich die Klasse mit der Lehrerin bzw. dem Lehrer? Fühlst du dich in der Klasse und in der Klassengemeinschaft wohl? Aus eigener Erfahrung wirst du nun spontan sagen können: Ich merke mir etwas leichter, wenn ich es höre, sehe, selbst zusammenschreibe, laut vorspreche, es ausprobiere, Verknüpfungen herstelle, in einer Gruppe erarbeite, allein lerne und, und, und … Aufgabe 1 Tauscht in der Gruppe eure positiven und negativen Lernerfahrungen aus. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 7 Lernen Erfahren Sichern Der Knackpunkt ist: Es gibt eine unübersichtliche Menge von Einteilungen in Lerntypen und Lernstile, jedoch zu den verschiedenen Theorien kaum seriös wissenschaftliche Versuchsreihen und Auswertungen. Frederic Vester (1925–2003), deutscher Wissenschaftler Die bekannteste Einteilung in Lerntypen ist die von Frederic Vester, der von vier Lerntypen spricht und sie nach ihren Vorlieben für bestimmte Lernkanäle unterscheidet. ● optisch/visuell: Lernen durch Sehen ● auditiv/akustisch: Lernen durch Zuhören ● haptisch: Lernen durch Tun bzw. Handeln ● kognitiv: Lernen durch Erkennen Vesters Einteilung wird von vielen Wissenschaftlern kritisiert, da drei seiner Lerntypen sich auf die Wahrnehmungskanäle beziehen, während der vierte, der kognitive, sich auf den Verstehensprozess bezieht und nicht definiert wird, wie dieser Lerntyp an den Lernstoff kommt. Modelle zu Lernstilen und Lerntypen lies nach im ID: 1003 Also, auch Wissenschaftler stellen einander widersprechende Theorien auf, die spannend sind. Gemeinsam haben diese Theorien eines, nämlich die Empfehlung, dass beim Lernen möglichst alle Sinne miteinbezogen werden sollen, da Lerntypen in der Praxis fast immer Lern-MischTypen sind. Wozu dann überhaupt die Einteilungen? Das Wissen um die Einteilungen in Lernstile und Lerntypen bringt Lehrerinnen und Lehrer dazu, den Lehr- und Lernstoff so vorzubereiten, dass möglichst viele Wahrnehmungskanäle ihrer Schülerinnen und Schüler angesprochen werden. Schülerinnen und Schüler hingegen lernen, dass sie einen Lernstoff vertiefen, wenn sie unterschiedliche Lernstile kombinieren und so ihren individuellen, optimalen Lernstil finden, denn Fische können bekanntlich besser schwimmen als fliegen. Fische können fliegen – Vögel können schwimmen ? Die wichtigsten Voraussetzungen für effektives Lernen sind: Situationsbezug Verwendbarkeit Konkretheit Kontext Alle Wahrnehmungskanäle Lernklima Aufgabe 2 ● Du musst wissen, warum du etwas lernst bzw. wozu du es lernst. ● Der Lernstoff soll konkret sein und die Zusammenhänge sollen klar erkennbar sein. ● Die Lerninhalte sollen sprachlich, bildhaft, motorisch aufbereitet werden. ● Die Lernumgebung soll angenehm, die Beziehung zu den Lehrenden und Mitlernenden positiv sein. Ordne diese vier Grundvoraussetzungen für effektives Lernen deiner persönlichen Wertung nach in: sehr wichtig – wichtig – weniger wichtig – kaum wichtig bis unwichtig Begründe deine persönliche Wertung und besprich sie mit deinen Klassenkolleginnen und Klassenkollegen und deiner Lehrerin bzw. deinem Lehrer. 8 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken Was, wann, wo, wie welchen Lerntyp weiterbringt Richard Felder (geb. 1939), US-amerikanischer Wissenschaftler Der amerikanische Forscher Richard Felder setzt sich mit dem Lernen seiner Studenten auseinander. Er unterscheidet in seinem Lernstilmodell vereinfachend zwischen vier bipolaren Lerntypen: ● aktiv – reflektiv ● sensorisch – intuitiv ● visuell – verbal ● sequenziell – global Aufgabe 3 Lies die folgende Einteilung Felders genau durch und markiere die Lernstrategien, die du am häufigsten anwendest. Sicher wendest du mehrere Strategien bzw. Lerntechniken an, die bei unterschiedlichen Lernstilen Felders angeführt werden. Welche Lerntechniken, die in der Aufstellung nicht angeführt werden, fallen dir noch ein und welchem Lernstil würdest du sie zuordnen? aktiv reflektiv Als aktiver Lerntyp verstehst du Informationen besser, wenn du darüber diskutierst oder sie ausprobierst bzw. anwendest. Als reflektiver Lerntyp arbeitest du lieber allein und denkst über das Gelernte nach. Du arbeitest gerne in Gruppen, kannst auch gut Gruppenmitgliedern etwas erklären und Antworten ausarbeiten. Du liest gerne nochmals nach und es hilft dir, kurze Zusammenfassungen in eigenen Worten zu schreiben. Es fällt dir schwer, wenn du im Unterricht nur sitzt und zuhörst. sensorisch intuitiv Als sensorischer Lerntyp liebst du Fakten und kannst gut auswendig lernen. Als intuitiver Lerntyp liebst du Neues und lehnst Wiederholungen ab. Du magst Überraschungen nicht, bist praktisch veranlagt, aber Neuem gegenüber eher vorsichtig. Du entwickelst gerne neue Konzepte und kommst mit abstrakten Formen und Funktionen gut zurecht. Mit herkömmlichen Lern- und Lehrmethoden fühlst du dich wohl. Auswendiglernen magst du nicht, du brauchst den Bezug zur realen Welt. Aber Achtung: Du neigst wahrscheinlich zu Flüchtigkeitsfehlern, weil du schnell arbeitest und Details übersiehst. visuell verbal Als visueller Lerntyp lernst du leichter mit Unterstützung von Bildern, Grafiken, Diagrammen, Filmen etc. Als verbaler Lerntyp bevorzugst du das Wort in Form von gesprochenen oder geschriebenen Informationen. Du markierst deine Unterlagen gerne mit Farbmarkern und strukturierst den Lernstoff anhand von Tabellen, Pfeilen, grafischen Zeichen und Zeichnungen. Du schreibst gerne Zusammenfassungen oder erklärst gerne deinen Gruppenmitgliedern das Gehörte oder Gelesene. Wenn du etwas erklärst, verstehst du es selbst noch besser. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 9 1 Lernen lernen 2 Das ist ja typisch! Lernen Erfahren Aufgabe 4 Sichern sequenziell global Als sequenzieller Lerntyp lernst du schrittweise. Als globaler Lerntyp lernst du gerne in großen Sprüngen. Wichtig für dich ist, dass du den Lernstoff in eine logische Reihenfolge bringst, Verknüpfungen herstellst und erst dann auf andere Bereiche ausweitest. Du kannst komplexe Probleme schneller lösen, wenn du das Gesamtbild verstanden hast. Manchmal bleiben dir Details unklar, deshalb hast du immer lieber einen Überblick über das gesamte Kapitel, bevor du dich mit einzelnen Lernschritten auseinandersetzt. Gestaltet in der Gruppe einen Ideenkatalog mit euren ganz persönlichen Lerntechniken und Lernstrategien und ordnet sie den unterschiedlichsten Lerntypen zu. Überlegt, wodurch Lernprozesse gestört werden können. 3 Vom Käse bis zur ganzen Familie Neun kleine und feine Techniken zum leichten Lernen Wusstest du, dass Hemmschwelle und Schwellenangst von den Mongolen geprägte Begriffe sind? In jedem Zelt der Mongolen befand sich beim Eingang eine Schwelle (= Türstaffel). Stolperte ein Besucher beim Betreten des Zeltes über diese Schwelle, so wurde dies als Zeichen dafür gewertet, dass er böse Geister mit ins Zelt brachte. Passierte das im Zelt des Großkhans, kostete es den unglücklichen Besucher den Kopf. Darum die Angst, eine Schwelle zu übertreten. Aufgabe 5 Kennst du diese Situation? Du hast endlich deinen inneren Schweinehund, psychologisch betrachtet deine Hemmschwelle, überwunden, die dich bisher daran gehindert hat, mit dem Lernen zu beginnen. Und nun sitzt du vor einer beinahe unüberschaubaren Menge an Lernstoff und weißt eigentlich nicht so ganz genau, was du lernen sollst. Und du hast morgen Schularbeit! Ooops! Welche Grundfehler beim Lernen kann man machen? ● Man beginnt zu spät zu lernen. ● Man lässt viel Lernstoff zusammenkommen. ● Man hat im Unterricht nicht aufgepasst. ● Man hat die Hausübungen nicht gemacht oder nur abgeschrieben. ● Man hat sich den genauen Prüfungsstoff nicht notiert. ● Man hat Angst vor dem Lernen, weil man Angst vor der Prüfung hat. ● Man denkt, dass man es sowieso nicht schafft, weil … Formuliere die vorhergehenden Punkte positiv um, z. B.: Ich beginne rechtzeitig zu lernen. Stell dir vor, du hast die Grundvoraussetzungen für effektives Lernen erfüllt, du weißt über deinen Lernstil Bescheid und nun kann es losgehen. Aber du willst auch Spaß beim Lernen haben und Freizeit soll auch noch übrig bleiben? Probier ein paar unserer Lerntipps aus! Wissen, reihenweise … 10 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken Einen Laib Emmentaler isst du nicht als Ganzes und die Löcher im Käse kaust du nicht. Was sagt uns das? Auch den Lernstoff schneidest du, bevor du ihn deinem Gehirn als Nahrung zuführst, in Scheibchen. Je nach Umfang des Lernstoffs So ein Käse! wähle die Anzahl der Scheiben, so kannst du Lernschritt für Lernschritt durchführen. Wirf unnötigen Lernballast ab, hab auch den Mut zur Lücke bzw. zum Loch im Käse. Erarbeite den Kernstoff vom Lernstoff, also den wichtigen Stoff, der geprüft wird. Wie weißt du nun, was wichtig ist und was nicht? 2. Detektiv-Technik Beobachte deine Lehrerin bzw. deinen Lehrer beim Unterrichten und beim Prüfen. Jede Lehrerin, jeder Lehrer hat ihren bzw. seinen bestimmten Fragestil. Was dem einen beim Lernen hilft, kann dem anderen hinderlich sein. Um das zu erkennen, muss man es ausprobieren. ● Wer? Was? Wann? Wo? Du sollst Fakten aufzählen. ● Warum? Wie? Du sollst Zusammenhänge erklären und deine eigene Meinung dazu kundtun. Auch während des Unterrichtens stellen Lehrerinnen und Lehrer immer wieder Fragen und beantworten sie manchmal selbst. Genau diese Fragen findest du oft bei Tests und Prüfungen wieder. Stell dir beim Durcharbeiten des Lernstoffs vor, welche Fragen die Lehrerin bzw. der Lehrer stellen würde. Schreib dir einen Fragenkatalog zusammen und erarbeite die Antworten. Du wirst herausfinden, dass man auch bei einer großen Menge an Lernstoff gar nicht so viele sinnvolle Fragen stellen kann. 3. Gehirn-Aufräum-Technik Du hast manchmal beim Lernen das Gefühl, dass du dir nichts merkst oder alles verwechselst? Vgl. Kapitel 4 Wenn du lernst, arbeitet dein Gehirn auf vollen Touren, es bildet neue Verzweigungen, damit die neuen Lerninhalte in die richtigen Schubladen wandern können, wo du sie auch wieder finden kannst. Nach dem Lernen ist dein Gehirn noch immer mit diesen Umräumarbeiten beschäftigt. Wenn du dich jetzt auf einen neuen Lernschritt konzentrieren willst und das noch nicht geht, kann es sein, dass du dein Gehirn gerade beim Aufräumen störst. Plane daher deine Lernzeiten so, dass du genug Pausen zwischen den einzelnen Lernschritten hast. Belaste in diesen Pausen dein Gehirn nicht mit aufregenden Aktionen, sonst lenkst du es wieder ab. Setz dich also nicht vor den Fernsehapparat, schau keine DVDs und spiele auch nicht irgendwelche Computer-Games. Geh stattdessen spazieren. Aufgabe 6 Nenne Beschäftigungen, die du während deiner Lernpausen ausführen kannst und die dein Gehirn bei der Arbeit nicht ablenken. Wenn du beim Lernen alles verwechselst, mag es sein, dass du gerade das Gesetz der Ähnlichkeitshemmung kennenlernst. Ähnliche Inhalte können sich beim Lernen überlagern, wodurch Blockaden beim Abrufen der Informationen auftreten können. Das bedeutet für dich, dass du Lernstoffe mit ähnlichen Inhalten zeitlich trennen sollst bzw. erst weiterlernen sollst, wenn ein Lerninhalt gefestigt ist. Rinks und lechts nicht wervechseln! Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 11 1 Lernen lernen 1. Emmentaler-Käse-Scheibchen-Technik Lernen Erfahren Sichern 4. Hirn-Lese-Technik laut und leise lesen: Du kannst einen Text schneller lesen, wenn du ihn leise liest als wenn du ihn laut vorliest. Aufgabe 7 Wenn du länger nicht an deinem PC arbeitest, fällt er in den Standby-Zustand. So funktioniert auch dein Gehirn. Wenn ihm langweilig ist, fällt es in den Ruhezustand und du kannst dich nicht mehr konzentrieren. Das kann passieren, wenn du zu langsam liest oder laut liest. Auge und Gehirn arbeiten schneller als du reden kannst, daher ist es von Vorteil, wenn du das springende Lesen übst und so deine Lesegeschwindigkeit erhöhst. Das bedeutet, dass du ganze Wortgruppen und nicht Wort für Wort liest. Ziehe drei senkrechte Linien auf dieser Seite. Lass beim Lesen deine Augen von Linie zu Linie zu Linie springen und lies eine Zeile in zwei bis drei „Sprüngen“. So trainierst du deine Lesetechnik. 5. Schummelzettel-Technik Warum braucht man „perfekt gestaltete“ Schummelzettel bei Schularbeiten meistens nicht? Weil man sowieso alles weiß, wenn der Schummelzettel gelungen ist. Ein perfekt gestalteter Schummelzettel ist ein sehr gut verfasstes Exzerpt. Aufgabe 8 Verfasse von Lernschritt 4 ein Exzerpt und gehe folgendermaßen vor: Kopfzeile Markiere mit einem Farbmarker die wichtigsten Informationen in deinem Buch. Lege A4-Zettel bereit. Beschreibe sie nur einseitig. Lass eine Kopfzeile, Fußzeile und Marginalspalte (Randspalte, wie bei Heften mit Korrekturrand) frei. Deine Seite sollte dann in etwa so aussehen wie z. B. die Seite dieses Buches, auf der wir uns gerade befinden. Marginalspalte Lesen: Um einen Text, der aus kurzsilbigen Wörtern besteht, lesen zu können, müssen meist nur der erste und der letzte Buchstabe eines Wortes an der richtigen Stelle stehen; zum Beispiel bei unserem Text zu luat und lsiee lseen: Du knanst enien Txet schelelnr lseen, wnen du ihn liese lseit als wnen du ihn luat vrosielt. Schreib in die Kopfzeile deines A4-Blattes das Thema, in die Fußzeile kannst du kurze Erklärungen von Fachbegriffen schreiben. In die Marginalspalte kommen Skizzen, Überschriften und Fragen, die die Lehrerin bzw. der Lehrer stellen könnte. Schreib dir auch in die Marginalspalte die betreffende Seite im Lehrbuch, so kannst du beim Wiederholen oder bei Unklarheiten schnell nachschlagen. Hauptseite Fußzeile Auf die Hauptseite schreibe in eigenen Worten oder Stichworten das, was du im Buch farbig markiert hast. Wenn du mit diesem Exzerpt wiederholst, kannst du das Wichtigste nochmals farbig hervorheben oder mit Zeichen (Pfeilen, Kreisen etc.) strukturieren. So lernst du mit dem Einsatz vieler Sinne bzw. Wahrnehmungskanäle. Diese Schummelzettel-Technik kannst du in allen Gegenständen anwenden oder als Präsentations-Vorbereitung in Schule und Beruf einsetzen. 6. Kartenspiel-Technik Du kennst sicher die Karteikasten-Methode, du schreibst zum Beispiel Englischvokabeln auf die Vorderseite und die deutsche Entsprechung auf die Rückseite des Karteikärtchens. Je nach Lernsystem ordnest du sie in deinen Karteikasten. Du bist aber nicht an deinen Karteikasten gebunden! Nimm ein Päckchen Karten (10 bis 30) mit, wenn du unterwegs bist, und verwende einige Minuten dieser Zeit zum Wiederholen. 12 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken Gehen: Der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard schrieb ein spannendes Buch zum Thema Denken und Gehen mit dem Titel „Gehen“. Vgl. Kapitel 4 Aufgabe 9 Schauspieler lernen ihre Texte oft im Gehen. Im Gehen kann man konzentrierter nachdenken, da mehr Sauerstoff ins Gehirn transportiert wird als im Sitzen. Wenn du lieber im Sitzen lernst, ist es wichtig, ab und zu aufzustehen, sich zu strecken, durchzuatmen, herumzugehen. 8. Spinnen-Technik Das wichtigste Werkzeug der meisten Spinnen ist ihr Netz. Alles, was sie zur Konstruktion des Netzes benötigen, haben sie bei sich und können es beinahe zu jeder Zeit und an jedem Ort anwenden. Jeder Mensch verfügt über ein Vorwissen bzw. ein Wissensnetz, das ihn in die Lage versetzt, beinahe zu jeder Zeit und überall ein Wissensnetz zu konstruieren. Alles neu zu Lernende kann in dieses Wissensnetz eingebaut und mit bereits vorhandenem Vorwissen verknüpft werden. Menschen fällt es leichter, sich Neues zu merken, wenn sie Zusammenhänge herstellen können. Dadurch wird das Netz dichter und bietet noch mehr Möglichkeiten, weitere Assoziationen „einzufangen“. Ein neues Wort merkt man sich leichter durch Assoziationen (= freie Gedankenverbindungen). Stell dir zu Wörtern oder Wortteilen ein Bild oder eine Handlung vor. Reimkunst vom Feinsten: Nach „vom“, „zum“, „beim“ schreib das Zeitwort niemals klein. Denk dir eine Geschichte aus, in der Fachbegriffe, die du neu gelernt hast, vorkommen. Bilde mit neuen Vokabeln ganze Sätze. Erfinde Reime. Rhythmische Texte merkt man sich leichter! Die Werbung bedient sich all der Hilfsmittel wie Assoziation, (bewegter) Bilder, Wiederholungen, Rhythmus etc., um Konsumenten in dieses Netz an Informationen „einzuspinnen“. Bediene dich der gleichen Methoden und fange Wissen ein! 9. Ganze-Familie-Lern-Technik Du kennst vielleicht die Mindmapping-Methode, Brainstorming oder Clustering. Assoziationen werden zu Papier gebracht, je größer das Papier, desto besser. Es gibt kein „Das geht aber nicht!“, „Das ist unrealisierbar!“ … Jede Idee wird notiert. Erst nach Ende der freien fantasievollen Assoziationsphase wird strukturiert und über die Vorschläge diskutiert. Mit diesen Methoden kannst du Überblick gewinnen, aber nicht nur, um Ideen für ein Referat oder eine Projektarbeit zu sammeln. Du kannst strukturierte Plakate zum Lernen/Üben/Wiederholen gestalten (mindestens im Format A3). A map of the mind Aufgabe 10 Gestalte Lernplakate, z. B.: ein Grammatikplakat, ein Plakat für neue kaufmännische Begriffe, ein Vokabel-Plakat, ein „Lernen lernen“-Plakat … Diese Plakate befestige dort, wo du sie oft siehst: neben deinem Bett, neben der Kaffeemaschine, auf der Kühlschranktür, an der Türinnenseite der Stoffwechsel-Recycling-Kabine … Du wirst sehen, deine ganze Familie lernt ganz automatisch mit. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 13 1 Lernen lernen 7. Schauspieler-Technik Lernen Erfahren Aufgabe 11 Sichern Probier einige neue Lerntechniken aus. Führe mindestens einen Monat lang ein Lerntagebuch. Notiere, wie es dir mit unterschiedlichen Methoden geht. Finde die optimalen Lerntechnik-Kombinationen für dich heraus. Antworte in deinem Lerntagebuch auf folgende Fragen: ● Wie viel Zeit wendest du pro Tag für Lernen auf? ● Fällt es dir leicht, Zusammenhänge zwischen neu gelernten Informationen zu finden? ● Lernst du gezielt? ● Bist du motiviert? Besprich deine Erfahrungen mit Schulkolleginnen und Schulkollegen. Tipp: Mach dich schlau in der Bibliothek und im Internet und suche Lerntechniken, die du noch nicht kennst. Heinz Klippert und Vera F. Birkenbihl haben viele Bücher zum Thema „Lerntechniken“ verfasst. 4 Von der Kür der Pflicht Einiges zur Spezies „Portfolio“ Portfolios kennst du aus dem Sprachunterricht. In den Fremdsprachen führst du deine Sprachportfolios, wobei du dich an bestimmte Kriterien halten sollst. Im Gegenstand Deutsch kannst du dein Kulturportfolio kreativ und individuell gestalten. Dein Bewerbungsportfolio erstellst du in den Gegenständen Textverarbeitung, Deutsch und in den kaufmännischen Fächern. Portfolios wurden schon in der Vergangenheit geführt. Wenn zum Beispiel Leonardo da Vinci oder Michelangelo sich um einen Auftrag bewerben wollten, nahmen sie ein Portfolio mit. In diesem Portfolio befanden sich Skizzen, Entwürfe, Empfehlungsschreiben, Auszeichnungen und Dokumentationen ihrer bisherigen Arbeiten. So präsentierten die Künstler die Entwicklungsschritte und Qualität ihrer Arbeit. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten weisen nun diese Portfolios auf? Was haben sie mit Lern- und Berufsorientierung zu tun? Und warum werden sie in PBSK besprochen? Es gibt mehrere Arten von Portfolios. ● Arbeitsportfolio In ein Arbeitsportfolio gibst du Arbeiten, die bereits abgeschlossen sind oder an denen du noch arbeitest. Du schreibst auch darüber, wie es dir während der Arbeitsprozesse ergeht, wo Probleme auftauchen und welche Arbeiten du deiner Einschätzung nach gut gemacht hast bzw. machst. Wenn du dein Arbeitsportfolio mit deiner Lehrerin oder deinem Lehrer besprichst, kann sie bzw. er dir Tipps geben, wie du effektiver arbeiten kannst. Das Arbeitsportfolio kannst du in einem speziellen Gegenstand oder auch für fächerübergreifende Projekte anlegen. ● Beurteilungsportfolio Das Beurteilungsportfolio wird so aufgebaut, dass es auch in die Notengebung einbezogen werden kann. Es soll daher einen Pflichtteil für jede Schülerin und jeden Schüler beinhalten, der bestimmten Richtlinien gerecht wird (Inhalt, Umfang, Form). In diesem Portfolio kann es einen Kürteil geben. Diesen Teil gestaltest du frei und individuell. Du entscheidest dann, ob und mit wem du diesen Kürteil besprechen willst. Beurteilt und für gut befunden. 14 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken ● Vorzeigeportfolio Vgl. Kapitel 8 1 Lernen lernen In das Vorzeigeportfolio gibst du deine besten Arbeiten aus allen Gegenständen. Führe ein Vorzeigeportfolio über mehrere Jahre hindurch. Teile aus dem Vorzeigeportfolio kannst du in deinem Bewerbungsportfolio verwenden. ● Bewerbungsportfolio In deinem Bewerbungsportfolio befinden sich die Standardbewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Bewerbungsschreiben, Zeugnisse, Auszeichnungen, Zusatzzertifikate …). Feuerwerk an Ideen… Je nach Anforderungsprofil leg deine ausgewählten Arbeiten (z. B. aus deinem Vorzeigeportfolio) bei. Das können nicht nur schriftliche Dokumentationen sein, sondern auch CDs, DVDs, CD-ROMs, wenn du zum Beispiel eine Radiosendung gestaltet hast, bei einem Theaterstück oder einem Film mitgewirkt hast, eine besonders kreative PowerPoint-Präsentation erstellt hast. ● Entwicklungsportfolio Ein Entwicklungsportfolio zu führen ist eine spannende Angelegenheit. Hier sammelst du Arbeiten, die du vor bestimmten Lernprozessen und nach Abschluss dieser Lernprozesse geleistet hast. Anhand dieses Entwicklungsportfolios kannst du erkennen, wie du deine Lernziele erreichst, welche Schritte dir leicht fallen, welche nicht. Vor allem aber siehst du, was du geleistet und wie du dich weiterentwickelt hast und dass du stolz auf dich sein kannst. Aufgabe 12 Welche Arten von Portfolios eigenen sich deiner Meinung nach für den Gegenstand Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz? Welche Aufzeichnungen von Lernschritten aus LERNEN – ERFAHREN – SICHERN passen in welche Art von Portfolio? Kannst du Qualifikationen, die du dir in PBSK aneignest, auch in anderen Gegenständen anwenden? Wenn „ja“, welche? Kannst du Qualifikationen, die du dir in PBSK aneignest, auch im Beruf und im Privatleben anwenden? Wenn „ja“, welche? Aufgabe 13 In welchen Gegenständen würdest du gerne ein Portfolio führen? Bist du der Meinung, dass Portfolios zur Notengebung miteinbezogen werden sollen oder gar Tests und Schularbeiten ersetzen können? Oder denkst du, Portfolios dienen vor allem der Selbstreflexion und Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler und sollen nicht benotet werden? Gibst du deinen Schulkolleginnen und Schulkollegen regelmäßig Feedback zu deren Portfolios? Wie nimmst du das Feedback deiner Schulkolleginnen und Schulkollegen zu deinen Portfolios an? Besprecht eure Meinungen in der Gruppe. Aufgabe 14 Hast du schon eine Vorstellung davon, welchen Beruf du ergreifen wirst? Möchtest du einen ähnlichen Beruf, wie deine Mutter bzw. dein Vater ihn ausübt? Welche Erwartungen stellst du an deine Ausbildung? Nach welchen Kriterien wirst du deinen Beruf auswählen? Ist es dir wichtig, viel Geld zu verdienen, über viel Freizeit zu verfügen oder Freude an der Arbeit zu finden? Schreibe einen Text, in dem du auf diese Fragen Bezug nimmst. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 15 Lernen Erfahren Sichern Erfahren Selbstreflexion Jeder macht Fehler Erinnere dich an eine von dir positiv erlebte Prüfungssituation in deiner bisherigen Schullaufbahn. Welche Voraussetzungen ließen dich diese Prüfungssituation positiv erleben? Zähle sie auf. Zum Beispiel: Wie hast du dich auf diese Prüfung vorbereitet? Mit welcher Einstellung und welchem Ziel bist du zu dieser Prüfung angetreten? In welcher Atmosphäre fand die Prüfung statt? Hast du die Prüfung in einem Gegenstand, den du magst oder den du nicht magst, abgelegt? Hast du eine Prüfungssituation negativ erlebt? Welche Unterschiede zur positiv erlebten Prüfung fallen dir ein? Was würdest du heute anders machen, um die von dir negativ erlebte Prüfungssituation in deinem Sinne positiv zu verändern? Berufsorientierung Spuren Entwirf ein Konzept für ein PBSK-Portfolio, das folgende inhaltliche Anforderungen erfüllt: ● Es soll dir als Lernorientierung helfen. ● Es soll dich bis zum Abschluss deiner Schullauf- bahn begleiten. ● Es soll dir deine persönliche Entwicklung auf- zeigen. ● Es soll dir als Orientierungshilfe für deinen wei- teren Ausbildungsweg und deine Berufswahl dienlich sein. Individualität und Veränderung (M)ein Jahresbuch Hast du schon einmal daran gedacht, ein ganz persönliches Portfolio zu führen, in das nur du selbst Einblick hast? „Das ist so wie ein Tagebuch!“, wirst du jetzt sagen. Ja, so ähnlich, aber du kannst dir vornehmen, in deinem persönlichen Portfolio bewusst deine Aktionen und Reaktionen zu hinterfragen. Wenn du nach einiger Zeit nachliest, erkennst du möglicherweise, dass du deine Einstellungen und dein Verhalten geändert hast. Vielleicht ändern sich auch deine Vorstellungen und deine Ziele! Denn wie schon ein chinesisches Sprichwort sagt: „Wer sich nicht verändert, hat nicht gelebt.“ 16 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 2: Lerntypen und kreative Lerntechniken aktiv tätig akustisch/auditiv das Gehör betreffend, klanglich Arbeitsportfolio Ein Arbeitsportfolio enthält Arbeiten, die abgeschlossen oder noch in Arbeit sind. Assoziation 1 Lernen lernen Sichern freie Gedankenverbindung Beurteilungsportfolio Ein Beurteilungsportfolio besteht aus einem Pflichtteil und einem Kürteil, wobei der Pflichtteil zur Benotung herangezogen wird. Bewerbungsportfolio Ein Bewerbungsportfolio enthält die Standardbewerbungsunterlagen und ausgewählte Arbeiten, je nach Anforderungsprofil (vgl. Kapitel 8). bipolar Brainstorming Clustering Entwicklungsportfolio Exzerpt zweipolig Kreative Arbeitstechnik, bei der durch freie Assoziationen Ideen gesammelt werden. Spezielles Brainstorming-Verfahren, in dem die Ideen in Form von „Trauben“ strukturiert werden. Ein Entwicklungsportfolio beinhaltet Arbeiten vor und nach Abschluss eines Lernprozesses. kurze Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte eines Textes Felder, Richard geb. 1939, US-amerikanischer Wissenschaftler, erstellte u. a. das bipolare Lerntypenmodell Fragenkatalog Sammlung von Fragen Gesetz der Ähnlichkeitshemmung global haptisch Hemmschwelle intuitiv Kernstoff Von dem ungarischen Psychiater Paul Rauschburg erkanntes Gesetz, nach dem sich beim Lernen ähnliche Inhalte überlagern und dadurch Blockaden beim Abrufen der Informationen auftreten können. umfassend, allgemein greifbar, den Tastsinn betreffend Blockade, die ein Mensch durch Selbstmotivation oder Motivation beseitigt (vgl. Kapitel 4). unmittelbar erkennend, einer Eingebung folgend wichtigster Lernstoff kognitiv erkenntnismäßig, die Erkenntnis betreffend, das Denken betreffend Kontext Zusammenhang, Verknüpfung Lernklima Umfasst sowohl die Lernumgebung als auch die Beziehung zu und zwischen Lehrenden und Lernenden. Lernstile/ Lerntypen Unterschiedliche Arten zu lernen (z. B. durch Vorlieben für bestimmte Wahrnehmungskanäle definiert)/Menschen, die einen bestimmten Lernstil bevorzugen. Mindmapping Spezielles Brainstorming-Verfahren, in dem die Ideen in Form von Verzweigungen und Verästelungen strukturiert werden. Plutarch ca. 45 bis ca. 125, griechischer Schriftsteller und Philosoph Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 17 Lernen Erfahren Portfolio Ansammlung von Arbeiten, die die Entwicklung der Verfasserin bzw. des Verfassers dokumentieren und je nach Art des Portfolios Selbstreflexionen enthalten. reflektiv rückstrahlend, nachdenkend, erwägend, seine Gedanken auf etwas hinwendend sensorisch sequenziell Teilbegabungen verbal Vester, Frederic visuell Vorzeigeportfolio Wahrnehmungskanäle 18 Sichern die Aufnahme von Sinnesempfindungen betreffend nacheinander, in Schritten zu bearbeiten Begabungen für spezielle Bereiche (z. B. Sprachbegabung); Mangel, Leistungsminderung in speziellen Bereichen (z. B. im Rechtschreiben oder Rechnen). die Sprache, Worte betreffend 1925–2003, deutscher Wissenschaftler, der sich mit Biochemie, Molekularbiologie und dem vernetzen Denken auseinandersetzte; entwickelte u. a. ein Lerntypenmodell. das Sehen betreffend Ein Vorzeigeportfolio beinhaltet die besten Arbeiten der Verfasserin bzw. des Verfassers. Kanäle, durch die wir über unsere Sinne Reize aufnehmen. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Lerneinheit 3: Eigenverantwortliches Arbeiten und Teambildung 1 Lernen lernen Lerneinheit 3 Eigenverantwortliches Arbeiten und Teambildung Galileo Galilei (1564–1642), italienischer Mathematiker, Physiker und Astronom „Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“ Galileo Galilei Wir alle lernen ständig. Ob es um die Bedienungsanleitung eines neuen Computer(Spiel-)Programmes oder um die Grammatik als „Bedienungsanleitung“ einer Sprache geht, in beiden Fällen bestimmst du das Spiel mit. Manchmal alleine, manchmal in kleineren oder größeren Teams. Lernen 1 Gute Fehler… Kurze Abhandlung zu Theorie und Praxis Die Berufs- und Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert, so auch die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Früher planten Chefin bzw. Chef, Abteilungsleiterin bzw. Abteilungsleiter, Vorarbeiterin bzw. Vorarbeiter die Arbeitsprozesse, gaben Anweisungen, lösten Probleme, trafen Entscheidungen … Vgl. Kapitel 2 Heute wird von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, außer dass sie fachlich kompetent sind, noch gefordert, dass sie über folgende Eigenschaften verfügen: eigeninitiativ, verantwortungsbewusst, kreativ, sozial kompetent, problemlösungskompetent, eigenverantwortlich usw. Das Bildungssystem hat darauf reagiert: Durch die neuen Unterrichtsmethoden ist für Schülerinnen und Schüler mehr Zeit für selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten vorgesehen. Umwege … Beim Lernen kommst du manchmal vom Weg ab und gehst Umwege. Doch wie und wann hättest du sonst die persönlichen, neuen Erfahrungen gemacht? Fehler sind erlaubt! Als Schülerin bzw. Schüler nützt dir oberflächliches Faktenwissen, das du reproduzierst und wieder vergisst, vielleicht für eine gute Note bei einer Prüfung, nicht aber für deinen zukünftigen Beruf. Am intensivsten lernst du, wenn du Aufgaben und Probleme mit eigener Kraft und in eigener Verantwortung löst. Vielleicht machst du Fehler und Lernumwege, aber du merkst dir Gelerntes, das du durch eigene Erfahrung aufgenommen hast, länger. Zwanzig Stunden Theorie „Wie lerne ich schwimmen?“ im Trockentraining können eine Stunde Schwimmen im Meer nicht ersetzen. Auch wenn du vielleicht Wasser schluckst oder ein wenig untertauchst, du wirst auf diese Art die notwendigen Schwimmbewegungen erlernen. Eigenverantwortliches Lernen hat, wie du dir denken kannst, viel mit praxisorientiertem Lernen zu tun. Nicht die Lehrerin bzw. der Lehrer liefert dir fertige Informationen und Arbeitspläne, sondern du recherchierst, analysierst, organisierst, planst. Du bist aktiv und trägst die Verantwortung für deinen eigenen Lernprozess. So trainierst du: ● Lerntechniken anwenden Sei dein eigener Regisseur … ● Kommunikationsstrategien ● Kooperation im Team Aufgabe 1 Welche Fähigkeiten trainierst du noch beim eigenverantwortlichen Arbeiten? Welche Unterrichtsformen bevorzugst du (Frontalunterricht, Gruppenarbeit …)? Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 19 Lernen Erfahren Sichern 2 Tische ohne Ecken und andere Phänomene Vom Sinn einer ritterlichen Sitzordnung in modernen Zeiten Stell dir folgende Situation vor: Eine Gruppe von Menschen soll gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Alle sitzen an einem langen Konferenztisch, die Leiterin bzw. der Leiter referiert von der Kopfseite des Tisches aus. Und nun ein zweites Bild: Die Gruppe sitzt um einen runden Tisch, jeder kann jeden sehen und der Kommunikationsfluss zwischen allen Anwesenden bleibt ungestört. Aufgabe 2 In welcher Gruppe würdest du lieber arbeiten? Begründe deine Wahl. König Artus' Tafelrunde Die Idee eines runden Tisches stammt aus den Erzählungen um den sagenumwobenen König Artus (engl. Arthur), jenem König, der das Schwert Excalibur aus dem Stein zog. König Artus führte bei Ritterversammlungen die Tafelrunde (den runden Tisch) ein, damit es keine Streitigkeiten um die besten Plätze gab, das heißt, alle Gruppenmitglieder wurden gleich behandelt. Der König selbst saß nicht an diesem Tisch. Aufgabe 3 Natürlich ist Einzelarbeit wichtig, vor allem wenn du Formeln oder Vokabeln lernst, individuelle Texte schreibst oder Arbeiten erledigst, bei denen es von Vorteil ist, dass du in deinem ganz persönlichen Lerntempo arbeitest und dich allein und in Ruhe konzentrierst. Das heißt, manchmal erfordern es die Arbeitsaufgabe und die Lernsituation „Einzelkämpfer“ zu sein, manchmal ist es gut, Ritter einer Tafelrunde bzw. Mitglied eines Teams zu sein. Wenn du in einem Team arbeitest, kannst du folgende Vorteile für dich in Anspruch nehmen: ● Du lernst auch die Sichtweisen und Ansichten der anderen Gruppenmitglieder kennen. ● Du kannst von Fähigkeiten und Kenntnissen deiner Gruppenmitglieder lernen. ● Du wirst durch die Gruppenmitglieder motiviert. ● Viele Köpfe finden kreativere Lösungen als einer. ● Wenn du deine Ideen einbringst, lernst du zu diskutieren und zu argumentieren. ● Du lernst in der Gruppe Konflikte und Missverständnisse gemeinsam zu lösen. ● Du lernst deinen Standpunkt zu vertreten, aber auch andere Meinungen zu akzeptieren. ● Die Gruppe kann die Ausdauer beim Arbeiten erhöhen. Welche Vorteile von Teamarbeit fallen dir noch ein? Wie wird nun eine ideale Gruppe gebildet? Die ideale Gruppe besteht aus drei bis sieben Mitgliedern. Vgl. Kapitel 2 und 6 1. In der Anfangsphase der Gruppenbildung wartet noch jede bzw. jeder ab und sucht ihre bzw. seine Rolle in der Gruppe. Sie bzw. er ordnet auch den anderen Gruppenmitgliedern Rollen zu. 2. Nach einiger Zeit kennen die Gruppenmitglieder einander besser und sprechen offen über ihre Erwartungen und Rollenverteilungen. Erste Konflikte können entstehen, Rollen und Funktionen werden verteilt und akzeptiert. Die Gruppe organisiert sich und sieht sich als Grupppe. Teamwork gefragt … 3. Die Gruppe arbeitet an der Sache. Das bedeutet, die Gruppenmitglieder bringen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten ein, die Aufgabenverteilung und die Kommunikation untereinander funktionieren. Konflikte und Stillstand oder Rückschritte können die Gruppe als Team nicht an der (Weiter-)Arbeit hindern. 4. Viele Gruppen arbeiten nur für eine bestimmte Zeit zusammen. Die Gruppenmitglieder verlassen das Team und treten in eine neue Gruppe (neues Projekt, neue Arbeit) ein. Das heißt, nicht nur die Arbeit, sondern auch die Beziehungen in der Gruppe werden beendet. Manche Beziehungen auf emotionaler Ebene bleiben erhalten, doch man muss sich auch damit auseinandersetzen, von einigen Gruppenmitgliedern Abschied zu nehmen. 20 Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz Jetzt hast du viel über die Vorteile von Teamarbeit gehört. Das deutsche Psychologen- und Pädagogenteam Renkl, Gruber und Mandl untersuchte Hindernisse für effektive Gruppenarbeit und diese Untersuchung wollen wir euch nicht vorenthalten. Dazu die folgende Aufgabe: Aufgabe 4 Ja Nein Wir stellen dir Phänomene bei Gruppenarbeit vor. Kreuze deine Antwort, „Ja“ oder „Nein“, neben den folgenden Fragen in der Marginalspalte an. ● Der-Hans-der-machts-dann-eh-Phänomen Du überlässt Arbeiten denjenigen Gruppenmitgliedern, die ein gutes Ergebnis erzielen wollen? Ja Nein ● Ja-bin-ich-denn-der-Depp-Phänomen Du übernimmst den Hauptteil der Arbeit und verlierst die Freude daran, weil alle anderen Gruppenmitglieder nichts mehr tun? Ja Nein ● Da-mach-ich-es-doch-gleich-lieber-selbst-Phänomen Du arbeitest schneller als die anderen und denkst, dass die anderen nicht so gute Ergebnisse wie du erzielen, darum übernimmst du fast die ganze Arbeit? Ja Nein ● Das-kann-und-mag-ich-nicht-mach-du-Phänomen Du übernimmst nur Teile der Arbeit, bei denen du dich auskennst? Was du nicht kannst, lernst du auch nicht? Ja Nein ● Ich-habe-meinen-Teil-erledigt-Phänomen Du bist der Ansicht, wenn du deinen Teil der Arbeit erledigt hast, dann bist du für die gesamte Gruppenarbeit nicht mehr verantwortlich? Ja Nein ● Gruppenarbeit-nein-danke-Phänomen Überwindbare Hindernisse! Du hast bisher schlechte Erfahrungen bei Gruppenarbeiten gesammelt und bist daher nicht (mehr) bereit, in einer Gruppe zu arbeiten? Wie und was kannst du persönlich zu einer guten Teamarbeit beitragen? Erfahren Schule und Arbeitswelt In Eigenregie ● Hast du schon einmal überlegt, einen kurzen Film zu drehen, eine Exkursion oder einen Lehr- ausgang selbst zu organisieren, einen Vortrag über dein Spezialgebiet zu halten, Straßeninterviews durchzuführen? Das sind schon entwickelte Formen von eigenverantwortlichem Lernen. ● Notiere, welche Kenntnisse und Fähigkeiten du dir beim Drehen eines Filmes oder beim Orga- nisieren eines Lehrausganges aneignen kannst. Ähnliche Arbeiten kommen beim Verfassen einer Projektarbeit oder Fachbereichsarbeit auf dich zu. Also, warum nicht jetzt damit beginnen? ● Führe ein Arbeitsprotokoll, in dem du deine Ar- beitsschritte festhältst. So kannst du dir beim nächsten Mal unnötige Lernumwege und Fehler ersparen und außerdem: Diese Fehler machst du dann im Job sicher nicht mehr! Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz 21 1 Lernen lernen Lerneinheit 3: Eigenverantwortliches Arbeiten und Teambildung Lernen Erfahren Checkliste für gute Teamarbeit Teamquest 12 Vgl. Kapitel 5 und 6 Sichern ● Bin ich bereit, die Rollenverteilung und Arbeitseinteilung im Team zu akzeptieren? ● Kann ich mit Kritik an meiner Arbeit umgehen? ● Höre ich den anderen Gruppenmitgliedern zu? ● Kann ich andere Meinungen und Ideen akzeptieren? ● Versuche ich, offen meine Meinung zu sagen? Buchtipp: Gallagher, BJ; Schmidt, Warren H., Unter Pinguinen, Ein tierisches Teambuch, 2002 ● Bin ich bereit, manche eigenen Ideen der Gruppenidee unterzuordnen? ● Frage ich nach, um Missverständnisse zu vermeiden? ● Setze ich meine Fähigkeiten und Kenntnisse für das Gruppenziel ein? ● Bin ich bereit, Konflikte gleich anzusprechen und zu lösen? ● Kann ich mit Frustration und Hindernissen umgehen? ● Kann ich mich mit den Zielen der Gruppe identifizieren? ● Kann ich mir vorstellen, mit dieser Gruppe wieder zusammenzuarbeiten? Teamqualifikation Warum die und die nicht? In der Literatur, in Filmen, in der Musikszene gibt es immer wieder „Dreamteams“, zum Beispiel die drei Musketiere, die Fantastischen Vier, Batman und Robin, die glorreichen Sieben, Asterix und Obelix, die Beatles, die Rolling Stones, G-Unit … Was glaubst du, zeichnet diese Teams aus? Wodurch hingegen können Teams auseinanderfallen? Sichern Arbeitsprotokoll Ein Verlaufsprotokoll oder Ergebnisprotokoll, in dem Arbeitsschritte festgehalten werden, nennt man Arbeitsprotokoll oder Projektprotokoll. Galileo Galilei 1564–1642, italienischer Mathematiker, Physiker und Astronom; geriet in Konflikt mit der röm.-katholischen Inquisition (kirchliches Gericht), nachdem er die Theorie aufstellte, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Im Gegensatz zu Giordano Bruno widerrief er seine Theorie. Am 2. November 1992 wurde Galileo Galilei von der röm.-katholischen Kirche rehabilitiert (rehabilitieren = Ansehen wiederherstellen). Gruber/Mandl/ Renkl Ein deutsches Psychologen- und Pädagogenteam, das sich vor allem mit neuen Lehr- und Lerntechniken auseinandersetzt (z. B. Lernen mit neuen Medien, Lernen in der Gruppe, Lernen im Erwachsenenalter). Kommunikationsfluss Fließen von Informationen zwischen Gesprächspartnern Problemlösungskompetenz Fähigkeit, Probleme eigenständig zu lösen Rollenverteilung Festlegen von Positionen innerhalb einer Gruppe Runder Tisch Tafelrunde 22 Außerhalb der Geschichte von König Arthus' Tafelrunde wurde der „runde Tisch“ als Begriff in der politischen Geschichte der Gegenwart erstmals 1989 verwendet. Er bezeichnet eine Konferenzform, die allen Beteiligten Gleichberechtigung sichert. „Runder Tisch“, um den sich die Ritter um den legendären König Artus versammelten. Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz