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6 Schüleraustausch » Schüleraustausch präsentiert von weltweiser® Zahlen | Fakten | Tipps 18.550 deutsche Austauschschüler im Schuljahr 2013/14 Besuch einer öffentlichen oder privaten Schule, Leben bei einer Gastfamilie oder im Internat? etwa 50 Zielländer weltweit Schulleistungen verbessern sich häufig nach der Rückkehr aufgrund von höherer Motivation, unabhängig vom gewählten Gastland und dem im Ausland erlernten Schulstoff. englischsprachige Länder am populärsten Preise zwischen 6.000 € und 40.000 € – je nach Gastland und Art des Programms 220 mm AUSTRALIEN UND NEUSEELAND 96 mm Unser „ausgezeichnetes“ Team berät Sie/Euch gern – auch bezüglich individueller Förderprogramme im akademischen, sportlichen und musisch-künstlerischen Bereich. 25 JAHRE H A U S C H & PA RT N E R Katalog und weitere Informationen: Hausch & Partner GmbH · Gasstraße 16 · 22761 Hamburg · Tel.: 040 / 41 47 58 0 · www.hauschundpartner.de www.facebook.de/hauschundpartner Schüleraustausch knapp 90 Austauschorganisationen Ein Schuljahr kann in vielen Bundesländern trotz G-8 „übersprungen“ werden. Aber da ein Auslandsaufenthalt immer ein Gewinn ist, ist eine „Wiederholung“ auch nicht weiter schlimm. intensive Vor- und Nachbereitung von großer Bedeutung finanzielle Förderung über Auslands-BAföG oder Stipendien möglich rund 20 Prozent aller Austauschschüler wechseln die Gastfamilie Abbruchquote: 4 Prozent » Tipps Stell dir zunächst die Frage, ob du dich schon „reif“ und selbstständig genug fühlst für einen mehrmonatigen Gastschulaufenthalt – weit weg von Familie und Freunden. Beginne frühzeitig mit der Planung. Mach dich mit den unterschiedlichen Programmvarianten Länderwahl, Regionen- bzw. Schulbezirkswahl und Schulwahl vertraut. Hol dir Informationen zum Schulsystem im Gastland ein. Prüfe genau, was bereits im Programmpreis enthalten ist und was nicht. Erkundige dich nach Fristen für Stipendien und andere finanzielle Fördermöglichkeiten. 7 8 Schüleraustausch Klettern, Kochen, Kanufahren Unvergesslicher Schüleraustausch in Kanada Ich hatte mich bereits lange vorher auf meinen fünfmonatigen Aufenthalt in Kanada gefreut. Als es endlich losgehen sollte, war ich zwar traurig, meine Familie und Freunde so lange nicht zu sehen. Dennoch konnte meine Vorfreude weder dadurch getrübt werden, dass ich eine Woche vor der Abreise krank wurde, noch durch die Anstrengung, das Koffergewicht unter 23kg zu halten. Schließlich war es so weit: Nachdem ich mich von allen verabschiedet hatte, saß ich im Flugzeug von Frankfurt nach Toronto. Das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal so richtig begriff, was ich mir da eigentlich vorgenommen hatte – fünf lange Monate alleine in einem anderen Land, in dem ich keinen kannte, in einer fremden Familie zu leben. „Warum mache ich das bloß?“ Zunächst sollte ich jedoch mit 40 anderen Schülern meiner Organisation drei Tage zur Vorbereitung in Toronto verbringen. Das war ein super Einstieg in mein kleines Abenteuer! In den dar- auffolgenden Tagen hatten wir ein umfangreiches Programm. Wir genossen die grandiose Aussicht vom 553m hohen CN Tower über ganz Toronto, gingen in der Eaton Mall shoppen und aßen im Hard Rock Café an der Yonge Street, einer 99km langen Straße. Das Highlight waren jedoch die Niagarafälle, die mich ziemlich beeindruckten. Mit einem Boot kam man so nahe an die Wasserfälle heran, dass man ganz nass wurde. Am dritten Tag gab es eine Einführung in die kanadische Kultur, das Schulsystem usw. Danach ging es für mich nach Moncton, in die zweitgrößte Stadt der Provinz New Brunswick im Osten Kanadas. Aufgeregt saß ich einige Stunden später mit meinen Gasteltern Heather und Dave und meiner Gastschwester Alicia im Auto auf dem Weg zu meinem neuen Zuhause, einem großen Haus mit Garten etwas außerhalb der Stadt. Ich lebte dort mit meinen Gasteltern und einer brasilianischen Gastschwester, die eine Woche später ankam. Die vier Kinder meiner Gasteltern wohnten schon nicht mehr zu Hause. Alicia, die jüngste von ihnen, hatte gerade angefangen zu studieren und die drei anderen lebten mit ihren eigenen Familien. Mein Zimmer gefiel mir auf Anhieb. Alles war vorhanden, ein Bett, ein begehbarer Kleiderschrank, eine Kommode, Regal und Spiegel. Später stellte sich heraus, dass ich mich sowieso nur zum Schlafen dort aufhielt, da es in meiner Gastfamilie üblich war, die freie Zeit gemeinsam im Wohnzimmer mit Fernsehen zu verbringen. Das war sehr ungewohnt für mich, da ich in Deutschland gar nicht fernsehe, aber ich war ja schließlich dort, um neue Erfahrungen zu sammeln. Heather und Dave kümmerten sich während meines gesamten Aufenthaltes sehr gut um mich und ich kam super mit ihnen zurecht. Auch mit dem Rest der großen Familie verstand ich mich gut. Dazu zählten die Geschwister, die Eltern, Kinder und Enkelkinder der beiden. Besonders ans Herz gewachsen sind mir meine beiden kleinen Gastnichten Alyssa und Maryah, die drei und sechs Jahre alt sind und mit denen ich oft gemalt oder gespielt habe. „Die Fächerauswahl war viel größer als in Deutschland, was mir gut gefiel.“ Nach einer Woche der „Eingewöhnungsphase“ fing die Schule an. Von Montag bis Freitag musste ich um 7:15 Uhr zur Bushaltestelle laufen, um mit einem der gelben Schulbusse, die man aus amerikanischen High School Filmen kennt, zur Bernice MacNaughton Schüleraustausch High School zu gelangen. Die Schule wird von etwa 900 Schülern besucht und besitzt sogar ein eigenes Theater, eine Holz- und eine Autowerkstatt sowie eine Küche und liegt an einem Park mit See. Die Fächerauswahl war viel größer als in Deutschland, was mir gut gefiel. Pro Semester hat man nur fünf Schulfächer, in denen man jeden Tag jeweils eine Stunde lang unterrichtet wird. Ich wählte Englisch, Mathematik, Outdoor Pursuits, Französisch und Culinary Technology. Der Englischunterricht war anspruchsvoll, zum Ausgleich war der Mathematikkurs dafür sehr leicht. Im Fach Outdoor Pursuits waren wir zu 90% der Zeit draußen. Zu den Aktivitäten zählten Kanufahren, Klettern an Felsund Eiswänden, Spaziergänge und im Winter auch Skilanglauf. Dabei erfuhren wir einiges über die kanadische Natur und wie man sich dort verhalten sollte. In meinem Französischkurs lernte ich viel, da alle nur Französisch sprachen. Das war auch ein Ziel meines Auslandsaufenthaltes gewesen, und ich hatte nicht ohne Grund die einzige bilinguale Provinz Kanadas ausgewählt. Neben Outdoor Pursuits war auch Culinary Technology mein Lieblingsfach, denn dort drehte sich alles ums Backen und Kochen. Im Laufe der Zeit bereiteten wir unter anderem Zimtrollen, Crêpes, Kekse, Pizza und Brezeln zu. Die Schülervertretung der High School veranstaltete im Laufe des Semesters viele verschiedene Aktionen, wie zum Beispiel drei Schultänze, die jeweils unter einem anderen Motto standen, unterhaltsame Pausenaktivitäten und Schulversammlungen. So erlebte ich auch den besonderen „school spirit“, wenn die gesamte Schülerschaft zu Basketball- oder FootballSpielen der Schulmannschaften kam, um sie anzufeuern und zu unterstützen. Nach dem regulären Unterricht nahmen viele an einer oder mehreren der vielen AGs teil. Ich spielte einmal in der Woche Geige im Orchester und sang zweimal wöchentlich im Chor und lernte dort neue Leute kennen. Freunde zu finden dauerte allerdings ein wenig, da ich von Natur aus eher schüchtern bin. Doch zum Schluss hatte ich Freundschaften mit Austauschschülern aus Japan, Korea und Deutschland geschlossen und einige gute kanadische Freunde gefunden. Zusammen unternahmen wir viel, backten, kochten, schauten uns Filme im Kino an, gingen Shoppen oder zum Schlittschuhlaufen. „Ich liebte es, Dave beim Kochen und Heather beim Backen zu helfen.“ Ich hatte auch sonst immer etwas zu tun, da an jedem Wochenende in meiner Gastfamilie etwas unternommen wurde. Ich liebte es, Dave beim Kochen und Heather beim Backen zu helfen, und ging gerne mit ihnen einkaufen. Beinahe jeden Samstagmorgen waren wir auf dem Wochenmarkt Monctons oder in der Nachbarstadt anzutreffen. Im Winter wurde es für uns außerdem zum Ritual, so oft wie möglich zu Eishockeyspielen der „Wildcats“, der Mannschaft der Stadt, zu gehen und diese anzufeuern. Wir unternahmen auch viele Ausflüge in andere Städte und zu Sehenswürdigkeiten, sodass ich dank Heather und Dave viel von der Region zu sehen bekam. Beispielsweise fuhren wir zu der Bucht Bay of Fundy mit dem höchsten Gezeitenunterschied der Welt und in die weiter östlich gelegene Provinz Nova Scotia und ssb Nottebohm Schul- & Studienberatung 9 deren Hauptstadt Halifax. Zudem waren wir dreimal in Daves Heimatstadt Campbellton ganz im Norden von New Brunswick an der Grenze zur Provinz Québec. Mit meinem lokalen Koordinator und anderen Austauschschülern besuchte ich für drei Tage die Stadt Québec. Wir besichtigten unter anderem den alten Teil Québecs, der wunderschön ist, und machten Ausflüge zu verschiedenen anderen Sehenswürdigkeiten. Während meines Aufenthaltes erlebte ich außerdem einige kanadische Feste und lernte dadurch mehr über die Kultur. Thanksgiving wird im Oktober als Familienfest gefeiert, bei dem alle zusammenkommen, um zu essen und zu reden. Jedes Jahr am 11. November findet der „Remembrance Day“ statt, an dem der Soldaten der beiden Weltkriege gedacht wird. Dazu finden Zeremonien statt und jeder trägt eine Stoffblume in der Nähe seines Herzens. Ende November gibt es eine „Christmas Parade“. Diese erinnert an einen deutschen Karnevalsumzug, da viele Vereine und Schulen bunt geschmückte Wagen vorbereiten, die dann hintereinander durch die Menschenmenge die Straße entlangfahren. Anfang Dezember holte Heather den künstlichen Weihnachtsbaum aus dem Schrank und wir schmückten das ganze Haus weihnachtlich, das heißt bunt und ausgiebig und für mich gewöhnungsbedürftig. Heiligabend wird in Kanada, wie auch in vielen anderen Ländern, erst am 25. Dezember gefeiert. Der 24. Dezember hat keine besondere Bedeutung, aber ich hatte die Möglichkeit, abends einen Gottesdienst zu besuchen. Am Weihnachtsmorgen wurden die Geschenke verteilt Nordamerika macht Schule Leben und Lernen an einem Internat in den USA oder Kanada. Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne! Termine für persönliche Beratungsgespräche in Ihrer Region entnehmen Sie bitte unserer Homepage: www.ssb-nottebohm.de Boarding Schools & Summer Schools USA/Kanada ssb Nottebohm Schul- und Studienberatung High School and College Consulting Bergstraße 124 · D-69121 Heidelberg Tel. +49 62 21/985 09-50 [email protected] ssb 10 Schüleraustausch und ausgepackt: Die kleineren lagen in einem Beutel, die größeren unter dem Weihnachtsbaum. Ich hatte nicht damit gerechnet, so viele Geschenke zu bekommen, aber ich wurde tatsächlich ebenso großzügig wie die Kinder meiner Gasteltern beschenkt. Feuerwerk an Silvester ist in Kanada nicht üblich, was ich persönlich sehr schade finde. Meine Gastfamilie und ich feierten auf einer Bowlingbahn ins neue Jahr, was ruhig, aber auch ganz nett war. „Kurz gesagt: Ich hatte fünf wunderschöne, unvergessliche, tolle Monate!“ Besonders am Ende verging die Zeit viel zu schnell und plötzlich war auch schon der Abschied da. Natürlich freute ich mich auf meine Familie und Freunde in Deutschland, aber dennoch fiel es mir schwer, Kanada wieder zu verlassen, da ich mich bei meinen Gasteltern so wohlgefühlt hatte, so tolle Freunde gefunden, so viele Erfahrungen gesammelt, so viel gesehen und so viel Spaß gehabt hatte. Kurz gesagt: Ich hatte fünf wunderschöne, unvergessliche, tolle Monate! Mit tränenerfüllten Augen umarmte ich ein letztes Mal Heather und Dave und stieg ins Flugzeug. Allmählich verwandelte sich meine Traurigkeit jedoch in Vorfreude. Als ich meine deutsche Familie schließlich nach langer Zeit wieder im Arm hatte, kamen mir schon wieder die Tränen, aber diesmal vor Freude. In Deutschland war für mich alles zunächst sehr ungewohnt. Ich hatte sogar Schwierigkeiten, Deutsch zu sprechen, da ich fünf Monate lang nur auf Englisch geredet und gedacht hatte. Eine Woche nach meiner Ankunft wurde ich unglücklicherweise sofort wieder krank. Somit begann und endete mein Abenteuer mit Krankheit. Insgesamt brauchte ich mehrere Monate, um mich in Deutschland wieder einzugewöhnen. Am Anfang verglich ich zum Beispiel automatisch alles mit meinem Leben in Kanada, womit ich den Leuten in meiner Umgebung sicherlich irgendwann auf die Nerven ging. Ich denke sehr gerne an meinen Auslandsaufenthalt zurück, gucke mir Fotos an und halte Kontakt zu meinen neu gewonnenen Freunden und zu Heather und Dave. Würde mich jemand fragen, ob ich das Ganze wieder machen würde, so würde ich definitiv mit „ja“ antworten! Antonia Mariß, 17, wird voraussichtlich 2015 das Abitur machen. Ihre genauen Pläne danach stehen noch nicht fest, in jedem Fall möchte sie gerne studieren und einen Beruf ausüben, bei dem sie ihre Englisch- und Französischkenntnisse einbringen kann. Schüleraustausch 11 Skirennen und Schule in Neuseeland Meistertitel im Riesenslalom habe dort sehr schnell tolle Freunde gefunden. Von Montag bis Donnerstag habe ich also die Schulbank gedrückt – dabei ist „gedrückt“ eigentlich der falsche Ausdruck, denn der Unterricht hat mir viel Spaß gemacht. Von Freitag bis Sonntag habe ich am Renntraining am „High Performance Center“ des Schweizers Adi Bernasconi oder an verschiedenen Skirennen teilgenommen. Meine Trainer, der Schweizer Dave und die beiden Schotten Mike und Steve, haben mir viele wertvolle Tipps gegeben. Kia Ora! Mein Name ist Anna-Lena Schaal, ich wohne in einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg. Von Mai bis Ende September habe ich in Neuseeland gelebt und bin dort zur Schule gegangen. Mein großes Hobby ist der Skirennlauf, bei dem ich auch in Deutschland recht erfolgreich bin. Während meines Aufenthaltes wollte ich mein Hobby unbedingt weiter betreiben, und wenn möglich auch an qualifiziertem Renntraining teilnehmen. Bei TREFF in Reutlingen hat man mir dann empfohlen, meinen Schulaufenthalt in Wanaka auf der neuseeländischen Südinsel zu absolvieren. Diese Empfehlung war goldrichtig. Wanaka ist das neuseeländische Mekka für Skiläufer und Snowboarder. Die beiden Skigebiete Cardrona und Treble Cone bieten Pisten in jedem Schwierigkeitsgrad und einen riesigen Funpark für Snowboarder und Freerider. In Cardrona kann man außerdem an qualifiziertem Renntraining teilnehmen. Auf diese Weise war ich bei den Rennen ziemlich erfolgreich: Bei den neuseeländischen „National Youth Series“ gewann ich den Meistertitel der U16 Jugend im Riesenslalom, und in der Gesamtwertung aus Slalom, Riesenslalom und „Super Giant Slalom“ erreichte ich einen tollen zweiten Platz hinter meiner Teamkollegin Elizabeth Reid aus Invercargill. Rückblickend kann ich sagen, dass dieser Aufenthalt in Neuseeland die schönste Zeit meines bisherigen Lebens war. Ich habe tolle neue Freunde kennengelernt, viel gesehen und sehr aufregende und erfolgreiche fünf Monate erlebt. Mein Englisch hat sich in dieser Zeit unheimlich verbessert. Ich spreche jetzt frei, ohne Hemmungen und ohne darüber nachzudenken. Der Abschied aus Wanaka fiel mir sehr schwer, am liebsten wäre ich in Neuseeland geblieben. Ich bin mir aber sicher, dass ich bald wieder dorthin zurückkehren werde. Vielleicht werde ich sogar meinen Schulabschluss in Neuseeland machen, der in Deutschland als gleichwertig zum Abitur anerkannt wird. Ich möchte mich auch ganz herzlich bei TREFF bedanken. Ich wurde dort toll beraten und man hat mir genau den Ort und die Schule empfohlen, die für mich nicht besser hätten sein können. „Von Freitag bis Sonntag habe ich am Renntraining oder an verschiedenen Skirennen teilgenommen.“ Nach über 30 Stunden Flug hat mich meine Gastfamilie am Flughafen in Queenstown abgeholt. Bei meinen Gasteltern Kay und Steve und ihrer Hündin Betsy habe ich mich sofort wie zu Hause gefühlt. Auch der Aufenthalt an der dortigen Schule, dem Mount Aspiring College, hat mir sehr gut gefallen. Besonders das Fach Outdoor Pursuits mit vielen verschiedenen Sportaktivitäten und Ausflügen hat mir viel Spaß gemacht. Über die Schule habe ich auch einen Saison-Skipass zum sensationell günstigen Preis von circa 100 € erhalten. Die einheimischen Schülerinnen und Schüler waren sehr aufgeschlossen und nett uns „internationals“ gegenüber, und ich Bernhard Kürbiss TREFF-Sprachreisen 07121-6966960 [email protected] www.treff-sprachreisen.de 12 Schüleraustausch „Life Is Ineffable“ Sechs unbeschreibliche Monate in Down Under Oriana Knopf, 17, aus Darmstadt berichtet: »Es ist schon eine Weile her, dass ich mit meinen zwei Koffern auf dem Flughafen stand und nicht wusste, wie ich mich von meinen Freunden und meiner Familie verabschieden sollte, und doch kommt es mir wie gestern vor. Aus der weißen Winterlandschaft Deutschlands ging es ans andere Ende der Welt nach Australien. Sechs unbeschreibliche Monate in Down Under zu verbringen, war die beste Entscheidung meines Lebens. Der fast 24-stündige Flug über Singapur nach Brisbane kam mir dank der großen Filmauswahl an Bord gar nicht so lang vor. Auf einmal sah ich wieder Land unter mir, wir setzten auf dem nassen Rollfeld auf und nach einigen Formalitäten saß ich im Auto zu meiner Gastfamilie. Dort angekommen, wurde ich in der besonderen australischen Art und Weise begrüßt, die ich so lieben und leben gelernt habe. Als Erstes zeigten sie mir das Haus, in dem ich von nun an wohnen würde. Mein erster Schultag an der Keebra Park State High School wurde vorerst verschoben, da sich der „Sunshine State“ Queensland mit Dauerregen und Überschwemmungen von seiner besten Seite zeigte. einen der drei Freizeitparks, zum Shoppen oder an den Strand zum Sonnenbaden oder Surfen. Dort gab es viele typisch blonde, braungebrannte Australier und ich hörte ständig den geliebten „Aussi Slang“. Meine Gastfamilie mochte ich sehr gerne. Wir unternahmen nicht allzu viel miteinander, doch ab und zu ging ich mit meiner 14-jährigen Gastschwester zum Shoppen und einmal nahm uns mein Gastvater mit auf einen Roadtrip entlang der wunderschönen Gold Coast. In der Familie machte jeder sein Ding, was mir dabei half, selbstständiger zu werden. Sie waren trotzdem immer für mich da und für jeden Spaß zu haben – ich hätte sie um nichts auf der Welt eintauschen wollen. Ich habe gelernt, dass es überall auf der Welt Menschen gibt, die mich so akzeptieren, wie ich bin.“ Ein echtes Highlight war mein Trip nach Cairns, wo ich mit anderen Austauschschülern im Regenwald übernachtete, im Outback eine richtige Farm besuchte und am Great Barrier Reef schnorchelte. Diese Woche war eine der besten meines Aufenthalts, doch langsam merkte ich, wie wenig Zeit mir noch blieb. Daher versuchte ich, noch so viel wie möglich zu erleben und die restlichen Wochen zu genießen. Die Schule fiel mir recht leicht und ich verbrachte viel Zeit mit meinen Freunden. Der Abschied war sehr tränenreich, und trotz zahlreicher Heimwehanfälle zu Beginn war dies der schlimmste Moment in dem halben Jahr. Ich habe eine zweite Familie gefunden, eine kleine, nervige Schwester, die mich tröstete, wenn ich Heimweh hatte, oder die ich trösten musste, wenn sie mal traurig war. Nun habe ich Freunde in aller Welt, viel mehr Selbstbewusstsein und Mut für die Zukunft. Ich habe gelernt, dass es überall auf der Welt Menschen gibt, die mich so akzeptieren, wie ich bin. Selbst wenn alles anders und unbekannt ist, findet man immer ein Stückchen Zuhause. Ich werde alles tun, um auf diesen wundervollen Kontinent zurückzukehren. Wer die Chance hat, auch einen Austausch zu machen, sollte sie nutzen, denn man wird die beste Zeit seines Lebens haben!« Ich war an der wohl multikulturellsten Schule der ganzen Gold Coast. Viele meiner Mitschüler hatten Wurzeln in aller Welt und ich lernte dort mehr Kulturen und Sprachen kennen als in meinem ganzen früheren Leben. Am Anfang wurde ich, die kleine, blonde Deutsche, oft für eine Australierin gehalten – bis man meinen Akzent hörte. Die Schule war ziemlich klein und außer mir gab es nur drei weitere Austauschschüler, von denen einer aus der Schweiz kam, sodass ich kaum Deutsch redete. Um Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen, ging ich häufig auf andere zu, redete viel und beteiligte mich an Gesprächen, sodass ich schnell viele nette Leute kennenlernte. An den Wochenenden ging ich mit meinen neuen Freunden in Christof Feinauer iSt Internationale Sprach- und Studienreisen GmbH 06221-8900120 [email protected] www.sprachreisen.de Schüleraustausch 13 Als „Sixth Former“ im englischen Sudbury Kein Abschied für immer Der Abend vor dem Abflug war gekommen. Und mit ihm ein Wirrwarr der Gefühle: Aufregung, Nervosität, Vorfreude, Zweifel, Abenteuerlust und noch mehr Vorfreude. Ich begriff kaum, wie mir geschah. Nachdem ich endlich alles gepackt und zum hundertsten Mal kontrolliert hatte, überwog dann doch die Müdigkeit. Am nächsten Tag kam der Abschied. Sollte ich das Ganze doch lieber abbrechen? Als sich die Türen des Flugzeugs schlossen, war mir jedoch klar: „Das ist es, was du willst und wovon du so lange geträumt hast. Ein völlig neues Kapitel. Mach das Beste daraus!“ Kurz darauf landete das Flugzeug auch schon in London Heathrow und brachte mich und drei weitere Austauschschüler zu den anderen Programmteilnehmern der Organisation. Das Einführungsseminar fand bei schönstem Wetter statt. Es war der beste Start, den ich mir hätte wünschen können. Hier lernte ich auch die Office Managerin der englischen Partnerorganisation meiner Austauschagentur kennen, die mir die nächsten vier Monate mit Rat und Tat zur Seite stehen sollte. Nach Besichtigungstouren quer durch London, dem Besuch der „Thriller – Live“ Show und zugeteilt bekommen hatte. Die Fahrt dorthin verging wie im Fluge. In Colchester wurde ich von meiner Gastmutter Sue und meinem 20-jährigen Gastbruder Gregor herzlich empfangen. Mit dem Auto bewältigten wir den letzten Teil der Reise bis nach Sudbury und erreichten schließlich, pünktlich zum Mittagessen, mein neues Zuhause für die nächsten vier Monate. einem ersten Einblick in die englische Küche ging es auch schon weiter zu den Gastfamilien. Zusammen mit Lena, einer anderen Austauschschülerin, stieg ich in den Bus: Unser Ziel hieß Colchester, eine Stadt mittlerer Größe nordöstlich von London. Wir waren beide sehr aufgeregt, ich besonders, da ich meine Gastfamilie erst einen Tag vor meinem Abflug „Ich verliebte mich sofort in mein kleines, aber sehr gemütliches Zimmer.“ Bei dem Haus handelte es sich nicht um ein typisch englisches Reihenhaus, es ähnelte eher einem alten Cottage mit einem wunderschönen Garten, der von Sue, einer leidenschaftlichen Hobbygärtnerin, in Stand gehalten wurde. Ich verliebte mich sofort in 14 Schüleraustausch „registration“ in der jeweiligen Tutor-Gruppe, in der immer viel geredet und gelacht wurde. Im Allgemeinen konnte man sich bei Fragen und Problemen jederzeit an seinen persönlichen Tutor wenden. „Ich liebte alle meine Fächer, besonders Textiles und Drama.“ mein kleines, aber sehr gemütliches Zimmer ganz oben unter dem Dach, und auch der Rest meiner Gastfamilie war mir auf Anhieb sympathisch. Dazu gehörten mein schottischer Gastvater Ian, mein zweiter Gastbruder Callum und meine Gastschwester Shona, die beide um die 25 Jahre alt waren. „Last but not least“ gab es zwei umwerfend süße Familienhunde, die Jack Russel Terrier Haggis und Daisy, die mir mein anfängliches Heimweh stets mit Schwanzwedeln und Hundeblicken nehmen konnten. Meine Schule lag in Great Cornard, einem kleineren Ort außerhalb von Sudbury. Dort trafen Sue und ich uns am nächsten Tag mit Lena und ihrer Gastmutter Anne. Lena und ich sollten beide das Year 12 der Sixth Form besuchen, vergleichbar mit der 11. Klasse der Oberstufe in Deutschland. Die Fächerwahl war bei dem breiten Angebot nicht einfach. Ich entschied mich schließlich für Drama, Media Studies, Food Technology, French und Textiles. Drei der fünf Fächer wurden an einer etwa 15 Minuten entfernt gelegenen Schule im Zentrum Sudburys unterrichtet. Ein Minibus pendelte nach Stundenende hin und her und brachte uns Schüler von einer Schule zur anderen. Eine Unterrichtsstunde dauerte 110 Minuten. Danach folgte stets eine Pause. Der Schultag begann um 9 Uhr mit einer 20-minütigen Der Stundenplan fand im Zwei-Wochen-Takt statt. Pro Tag wurden maximal drei verschiedene Fächer unterrichtet und zu meinem Glück hatte ich jeden zweiten Montag frei. Die Fächer waren alle sehr anstrengend, da die englischen Schüler sich auf ihr AS-level (Advanced Subsidiary level) vorbereiteten. Dies ist vergleichbar mit dem deutschen Abitur, nur dass der erste Teil der Prüfungen sozusagen nach der 11. Klasse erfolgt. Da der Stoff aber so interessant und neu für mich war, fiel mir die geforderte Arbeit nicht schwer. Ich liebte alle meine Fächer, besonders Textiles und Drama. French wählte ich allerdings bereits nach der ersten Stunde wieder ab, da es mir zu kompliziert war, Französischunterricht auf Englisch zu erhalten. Meine Schule bestand aus lauter kleinen, separaten Gebäuden. Das war zu Beginn sehr verwirrend, aber ich gewöhnte mich dank der Hilfe meiner Mitschüler schnell daran. Die englischen Schüler meiner Jahrgangsstufe wussten nicht sehr viel über Deutschland, und eigentlich auch wenig über das, was weiter als 40km außerhalb von Sudbury passierte. Aber sie interessierten sich sehr dafür, wie das Leben Schüleraustausch bei uns Deutschen so aussieht. Beispielsweise war ihnen das deutsche System, Filme zu synchronisieren, und auch unsere Tradition, am Abend des 24. Dezembers Weihnachten zu feiern, vollkommen unbekannt. Da ich dank meiner deutschen Freundin Lena nicht die einzige Neue war, gewöhnte ich mich relativ schnell an den Schulalltag. Es dauerte auch nicht lange, bis ich die ersten „englischen“ Freundschaften schloss und eine Einladung zum 17. Geburtstag einer Mitschülerin bekam. Die Schulpartys, „for Sixth Formers only“, fanden in einem Club in Sudbury statt und waren ein großes Highlight. Meistens trafen wir uns vorher zu sogenannten „pre-parties“, die von einem Freund zu Hause organisiert wurden. Sie boten die beste Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen. Hier zeigte sich, dass die Engländer richtig gut und gerne und vor allem lange feiern können. Nach einiger Zeit lernte ich auch meine zweite Gastschwester, Catriona, ihren Freund und ihr Baby kennen, von denen wir oft Besuch bekamen. Gleich zu Beginn meines Aufenthaltes hatte meine Gastmutter Geburtstag und zur Feier des Tages gingen wir in das Gasthaus „Henny Swan“. Von dem Zeitpunkt an war der Restaurantbesuch mit meiner Gastfamilie jedes Mal ein besonderes Erlebnis, das Essen war sehr lecker, von der Vorspeise über das Hauptgericht bis hin zum Dessert. Die Unterhaltung war immer lustig und ich konnte den Gesprächen gut folgen. Für mich steht fest, dass ich keine bessere Gastfamilie hätte haben können und das lange Warten und die Ungewissheit vor der Abreise haben sich mehr als gelohnt! Mit Sue besuchte ich mehrere Theateraufführungen, die ich zu meiner Überraschung auf Anhieb liebte, obwohl ich in Deutschland bisher nicht der größte Theater-Fan gewesen war. Ebenso gern ging ich in England ins Kino: Vom James-Bond-Film „Skyfall“ über den „Twilight“-Marathon anlässlich der Erstausstrahlung des zweiten Teils von „Breaking Dawn“ bis hin zum Klassiker „Great Expectations“ nach Charles Dickens war mir alles recht. London war mit dem Zug nur eine knappe Stunde entfernt, daher fuhr ich oft auf eigene Faust dorthin, um mich mit meinen deutschen Freunden vom Einführungsseminar zu treffen. Egal, ob Shopping in der Oxford Street und in Camden Town, Sightseeing, „Bonfire Night“ in Lewisham, „German Christmas Market“ im Hyde Park oder ein Besuch des Musicals „We Will Rock You“ – langweilig wurde es nie! In den „half term holidays“, den Schulferien in der Mitte des Terms, besuchten Sue, Ian und ich für ein verlängertes Wochenende Sues Vater und sei- 15 ne Frau, die mich beide herzlich willkommen hießen. Sie lebten in New Forest, einem Nationalpark mit Wildpferden im Süden Englands. Danach flogen wir nach Edinburgh, um dort Shona, sozusagen meine Gasttante, und ihren Mann zu besuchen. Das Beste war, dass wir in ihrem Penthouse mit einem tollen Ausblick über die wunderschöne Stadt und die Burg Edinburgh Castle wohnen durften. Es gibt noch viel mehr Erlebnisse, von denen ich erzählen könnte, von Highlights wie dem „Fancy Dress Day“, dem Besuch der „Harry Potter Studios“, von diversen Geburtstagen und Unternehmungen mit Freunden wie Bowling und Laserquest. „Am letzten Schultag flossen viele Tränen.“ Der Abschied war traurig – aber zum Glück nicht für immer! Am letzten Schultag flossen viele Tränen, ich bekam eine süße Abschiedskarte von meinen engeren Freunden, die alle einen kleinen Text geschrieben hatten. Außerdem spendierte meine Gastfamilie ein Abschiedsessen und bei der „Student Party“ am Abend wurde noch einmal so richtig gefeiert. Am nächsten Morgen machte ich mich also mit tollen Erinnerungen an mein englisches Zuhause, neuen Freunden und vielen einzigartigen Erfahrungen im Gepäck auf den Weg zum Flughafen. Für uns alle stand fest: Es würde auf keinen Fall ein Abschied für immer sein. Tatsächlich war ich seitdem bereits ein weiteres Mal zu Besuch, um meine Gastfamilie und Freunde wiederzusehen. Ich war sogar für ein paar Tage wieder in der Schule. Und wenn es nach mir geht, werden viele weitere Reisen nach England folgen. Zum Schluss bleibt mir nur noch zu sagen: „Thank you, England! Thank you so much!” Hanna Scholta, 16, besucht zurzeit die 11. Klasse des Gymnasiums. Sie hat ein Faible für britische Filme in der Originalfassung, da sie den Akzent so lieb gewonnen hat. Nach dem Abitur möchte sie als Au-Pair oder für einen Work & Travel-Aufenthalt nach Neuseeland reisen. * USA Rundreise optional High School www.team-sprachreisen.de www.team-erfahrungsberichte.de Große Schul- und Fächerauswahl, wie z.B. Tauchen, Surfen, Skifahren… High School USA-Programm, *USA Rundreise optional buchbar High School weltweit zwischen 13 und 18 Jahren, ab dem 9. Schuljahr Weitere Programme: Studienjahr/Studiensemester Sprachreisen für Schüler Sprachreisen für Erwachsene Bärbroich 35 51429 Bergisch Gladbach Telefon: 02207/911390 Telefax: 02207/911387 [email protected] 16 Schüleraustausch Schule, Safari, Schafe schlachten Mein namibisches Abenteuer Es war 5 Uhr morgens und stockdunkel, als ich über das Rollfeld des Hosea Kutako International Airports lief. Begrüßt wurde ich von einem eiskalten Wind: Willkommen in Windhoek, Hauptstadt von Namibia. Nach einem anstrengenden neunstündigen Flug endlich angekommen, sah ich erst einmal nichts weiter als das Flughafengebäude Windhoeks. Ich war bereits unglaublich aufgeregt und gespannt, denn dies war die Stadt, in der ich die nächste Zeit als Austauschschülerin leben sollte. Als Erstes würde ich mich wohl an den afrikanischen Winter gewöhnen müssen. Doch wie war es überhaupt zu meiner Reise nach Namibia gekommen? Nach einigen Anlaufschwierigkeiten bei der Planung meines Auslandsaufenthaltes fand ich schließlich im Internet die Homepage einer Organisation, die einen Schüleraustausch in Namibia anbot. Bei dem Gedanken wurde ich ganz aufgeregt und beschloss, es zu versuchen. Also rief ich bei der Organisation an und erfuhr, dass die Anmeldefrist eigentlich schon seit Monaten abgelaufen war. Doch ich hatte Glück: Sie wollten für mich eine Ausnahme machen und mich ins Programm aufnehmen, falls ich noch am gleichen Tag die Formulare abschickte. Dann würden sie anfangen, nach einer Gastfamilie für mich zu suchen. Das stellte mich vor eine kurzfristige Entscheidung – sollte ich spontan sein und es einfach wagen? Auf jeden Fall! Vier Stunden später hatte ich die E-Mail verschickt. Als ich einige Zeit später einen Brief von der Organisation mit den Informationen zu meiner Gastfamilie erhielt, wurde es ernst. Ich fing an, meine Reise zu planen, tausend Dinge einzupacken und weitere Formulare auszufüllen. Mit meiner Gastschwester nahm ich auch schon Kontakt auf. Schließlich musste ich von Familie und Freunden Abschied nehmen. Da ich keine Ahnung hatte, was mich erwarten würde, war ich schrecklich nervös, aber gleichzeitig war die Vorfreude sehr groß. „Es war ein gutes Gefühl, nicht ganz auf mich allein gestellt zu sein.“ Zwei Stunden nach meiner Ankunft saß ich im Haus meiner Gastfamilie in Khomasdal, einer Vorstadt von Windhoek, und versuchte zu realisieren, dass ich mir gerade auf einem anderen Kontinent das Staffelfinale von „Grey‘s Anatomy“ auf Englisch ansah. Kurz überfiel mich Panik, doch meine Gasteltern und meine Gastschwestern Shatasha und Stacie beruhigten mich und bemühten sich sehr, mir das Ankommen zu erleichtern. Es war ein gutes Gefühl, nicht ganz auf mich allein gestellt zu sein, sondern hilfsbereite Menschen um mich herum zu haben. Nachdem ich abends früh ins Bett gegangen war, konnte es an meinem zweiten Tag richtig losgehen. Schule stand auf dem Plan, aber glücklicherweise nicht allein, sondern zusammen mit Shatasha. Das bedeutete gewöhnungsbedürftiges, frühes Aufstehen, da meine High School, die Delta Secondary School, ihren Unterricht um 7 Uhr begann. Es gab eine Reihe von Regeln zu befolgen: Jeder namibische Schüler musste eine Schuluniform tragen, die Mädchen mussten die Haare zurückbinden und Schmuck war verboten. Der Unterricht war etwas anders als in Deutschland. Während der drei Terms im Jahr wurden zwar benotete Tests geschrieben, allerdings zählten für die Abschlussnote ausschließlich die Prüfungen am Ende jedes Schuljahres. Außerdem hatte ich nur sechs Fächer, die jeden Tag unterrichtet wurden: Physical Science, eine Mischung aus Chemie und Physik, Biologie, Englisch, Buchhaltung oder Management und Deutsch als Muttersprache bzw. als zweite Fremdsprache. Da Namibia früher eine deutsche Kolonie war, sprechen heutzutage noch 20% der Einwohner Deutsch. Außerdem gab es verschiedene Wahlkurse wie Kunst oder Afrikaans. An der Schule herrschte ein tolles Gemeinschaftsgefühl. Die Schüler kamen aus verschiedenen Stammeskulturen, alle waren mir gegenüber sehr offen und freundlich. Es fiel mir nicht schwer, Kontakte zu knüpfen, denn ich wurde gleich am ersten Tag circa 30 Leuten vorgestellt. Es stellte sich als viel schwieriger heraus, die teilweise sehr ungewöhnlichen Namen zu behalten, um nicht jedes Mal nur stumm zu lächeln, wenn mich jemand begrüßte. Jeden Morgen wurde ich um 5:45 Uhr geweckt und nach einer kurzen Dusche frühstückten wir, häufig im Stehen, denn wir waren immer spät dran. Im Gegensatz zu mir mussten Stacie und Shatasha jeden Morgen ihre Schulröcke, Krawatten und Strümpfe in Rot und Weiß anziehen. Dann fuhr uns mein Gastvater Stefan zur Schule, denn öffentliche Verkehrsmittel gab es kaum und Unfälle mit den klapprigen Taxis waren an der Tagesordnung. Einmal in der Woche gab es eine Schulversammlung, für die man sich in alphabetischer Reihenfolge aufstellen musste und einem Vortrag eines Lehrers zuhörte, der meistens von einem Auszug aus der Bibel handelte und mit einer moralischen Ansprache für uns Schüler endete. Dann begann der Unterricht, der in der Regel recht passiv ablief, mit Ausnahme von Biologie. Meist gingen wir ins Labor und untersuchten Pflanzen unter dem Mikroskop. Da keiner so richtig wusste, was wir tun sollten, wurde ich häufig mit Fragen gelöchert, sodass ich in diesem Fach viele Leute kennenlernte. Nach drei Schulstunden fand eine halbstündige Pause statt, in der ich meiner Gastschwester im „Tuckshop“, einer Art Pausenkiosk, aushalf. Allerdings hatte ich meine liebe Not mit dem namibischen Geld und die Schüler waren nicht sehr begeistert von meiner Arbeit. Doch auf diese Weise konnten wir uns die besten Snacks sichern. Schüleraustausch Später am Nachmittag wurden verschiedene Aktivitäten wie Volleyball, Komitee-Treffen der 11. Klasse oder Schulveranstaltungen organisiert. Anders als in Deutschland mussten wir nur wenige Hausaufgaben machen, wodurch wir viel Freizeit hatten. Allerdings verbot uns meine Gastmutter, einfach draußen auf der Straße herumzuspazieren, weil das zu gefährlich sei. Deshalb mussten wir erst in eines der Einkaufszentren oder in die Innenstadt fahren, um etwas mit Freunden zu unternehmen. Wir verbrachten viele Nachmittage daheim und sahen fern, redeten oder tanzten und sangen und hatten viel Spaß. Außerdem unternahm ich Ausflüge mit den anderen Austauschschülern. Auf diese Weise hatte ich immer genug Ablenkung, wenn ich mich nach meinem Zuhause sehnte, denn vor dem Heimweh hatte ich am meisten Angst gehabt. Nur einmal wurde die Sehnsucht zu stark, doch nachdem ich mich bei meiner Mutter ausgeheult hatte, ging es wieder bergauf. Ich denke, jeder muss selbst herausfinden, was gegen das Heimweh hilft. Bei mir war es auf jeden Fall am besten, das Gefühl nicht zu verdrängen. „Dort sah ich zum ersten Mal eine richtige Wüste, die Namib-Wüste.“ Während meines Aufenthaltes nahm ich an verschiedenen Veranstaltungen und Unternehmungen teil. Gleich am ersten Wochenende stand die Miss Delta Wahl auf dem Programm – eine Art Talentwettbewerb, der von einem Komitee der 11. Klasse ausgerichtet wurde und bei dem ich mithelfen durfte. Die ganze Aula sollte dekoriert werden und es wurden mehrere Ehrengäste, darunter auch ein namibisches Topmodel, erwartet. Trotz mehrerer Stromausfälle war es ein überwältigender Abend und so erinnerungswürdig, dass das Veranstaltungsplakat nun gerahmt an meiner Zimmerwand hängt. Zu meinem Geburtstag wurde eine tolle Überraschungsparty organisiert. Meine Gastfamilie und einige ihrer Verwandten überreichten mir Geschenke und ich durfte zwei riesige Geburtstagstorten anschneiden. Während meiner zweiten Woche fuhren wir in den Geburtsort meiner Gastmutter und ihrer 19 Geschwister und übernachteten dort auf einer Farm. Die Nachbarn wohnten in 4m² großen Hütten aus Wellblech und Pappe. Dies war ein ziemlicher Gegensatz zu dem, was ich in Windhoek gesehen hatte. Am Sonntag wurde im Hof ein Schaf geschlachtet. Meine Gastmutter wollte mich testen und meinte, ich sollte dabei sein, schließlich sei das eine einmalige Erfahrung. Während also die Kleinkinder seelenruhig Ball spielten, sah ich zu, wie dem Tier die Beine abgerissen, das Fell abgezogen und es auch gleich ausgenommen wurde. Außerdem fuhr ich mit meiner Gastfamilie nach Swakopmund, einer Küstenstadt am Atlantik. Dort sah ich zum ersten Mal eine richtige Wüste, die Namib-Wüste. Wir kletterten auf die Düne 7 und konnten von oben auf der einen Seite den Atlantik und auf der anderen die endlose Wüste sehen. Ich saß sprachlos auf der Spitze, zum einen wegen der zunehmenden Menge Sand in meinem Mund, aber auch aufgrund des überwältigenden Gefühls von Freiheit dort oben. Gegen Ende meines Aufenthaltes nahmen wir Austauschschüler an einer von unserer Organisation geplanten Safari teil. Zuerst beobachteten wir in Swakopmund vom Boot aus Wale, Delfine, Robben, Pelikane und Möwen. Dann fuhren weiter wir in Richtung Norden zum Cape Cross, wo der erste Segler, ein Portugiese, das südliche Afrika entdeckt hatte. Zudem hielt sich dort die größte Seehund-Kolonie der Welt auf: Wo man auch hinschaute, überall lagen Seehunde, die ein Blöken von sich gaben, das stark an Schafe erinnerte, dazu stank es überwältigend. Als unser Bus weiter auf Schotterpisten in die 17 Kalahari-Wüste holperte, eröffnete sich uns eine bizarre Welt mit milchigen Seen und roten Sandbergen, auf denen japanische Touristen kletterten. Am Wasserloch des Etosha Nationalparks beobachteten wir Elefanten, Löwen und Rhinozerosse. Dann ging es weiter durch immer gleichbleibende Steppengebiete zum schwarzen Brandberg. Dort sahen wir uns Felsmalereien von San-Buschmännern an. Namibische Fremdenführer zeigten uns versteinerte Bäume, eine 1500 Jahre alte Pflanze, die Welwitschia Mirabilis, und ein traditionelles Himba-Dorf. Schließlich kamen wir zum Fuße des Waterberges, den wir auch bestiegen und dabei von kleinen, äußerst frechen Affen verfolgt wurden. Es ist kaum möglich, alle meine Erfahrungen zusammenzufassen, weil ich so viele außergewöhnliche Dinge erlebt habe, die mir sehr viel bedeuten. Zu den besonderen Erinnerungen zählen auch die unglaublich unbequemen Autofahrten zu dritt auf der kleinen Rückbank, die wir immer laut singend und „Biltong“, sehr leckeres getrocknetes Fleisch, essend verbrachten. Teilweise durften wir auch auf der Ladefläche des Pick-ups mitfahren, bei Sonnenuntergang und mit der afrikanischen Luft als Fahrtwind im Gesicht. Anna-Sophie Humer-Hager, 17, geht zurzeit in Forchheim in die 11. Klasse. Nach ihrem Abitur würde sie gerne für ein Jahr in die Welt ziehen, entweder möchte sie als Backpackerin nach Australien, für ein Freiwilligenprojekt nach Afrika, am liebsten nach Namibia, oder als Couchsurfer durch Europa reisen. 18 Schüleraustausch Trends im Schüleraustausch Studie zum Fernweh deutscher Jugendlicher Die 15-jährige Lena S. aus NRW möchte in der 10. Klasse ein High School-Jahr in den USA verbringen: „Man hört so viel über die Weltmacht USA in den Medien“, sagt sie. „Ich möchte mir jetzt mein eigenes Bild von diesem Land machen, die Kultur und das Schulsystem kennenlernen, neue Kurse und Sportarten ausprobieren, Freunde finden und möglichst viele Erfahrungen für mein späteres Leben sammeln.“ Wie die repräsentative Studie des unabhängigen Bildungsberatungsdienstes weltweiser zeigt, ist sie mit diesem Wunsch nicht allein: Neben ihr entscheiden sich rund 7.000 deutsche Schüler Jahr für Jahr für einen längerfristigen Schulaufenthalt mit Gastfamilienanschluss in den USA, dem mit Abstand beliebtesten Gastland. Auch die anderen englischsprachigen Destinationen Kanada, Neuseeland, Australien, Großbritannien und Irland stehen hoch im Kurs, darauf folgen Frankreich, Spanien und lateinamerikanische Länder. Bezieht man sämtliche Gastländer mit ein, so nehmen im Schuljahr 2013/14 rund 14.400 deutsche Jugendliche an einem von einer Austauschorganisation durchgeführten, mindestens dreimonatigen Schüleraustauschprogramm mit Besuch einer öffentlichen Schule im Ausland teil – über 60% von ihnen sind weiblich. bei der Entscheidung über einen High School-Aufenthalt zurückführen. Stellt man die Teilnehmerzahlen der Bundesländer in Relation zur Anzahl der Schüler im relevanten Alter, so sieht man, dass NRW (2,2%) sein „Potenzial“ bei Weitem nicht ausschöpft. Mit Abstand am „weltoffensten“ war im Schuljahr 2012/13 wieder Hamburg: In der Hansestadt gingen 8,4% der relevanten Zielgruppe ins Ausland. Auch Berlin (4,5%), Schleswig-Holstein (4,4%) und Bremen (4,2%) lagen über dem bundesweiten Durchschnitt von 2,3%. Dagegen bildeten Bayern und Thüringen mit je rund 1,3% und das Saarland (1%) die Schlusslichter. Damit zeigt sich ein auffälliges Nord-Süd-Gefälle. Weltoffenheit der Bundesländer 2013/14* – weltweiser-Umfrage 2013 Hamburg 8,37 4,48 Berlin 4,39 Schleswig-Holstein 4,19 Bremen Hessen 2,71 Niedersachsen 2,60 2,41 Mecklenburg-Vorp. Brandenburg Entwicklung der Gesamtteilnehmerzahlen in den Bundesländern* Hochrechnung - weltweiser-Umfrage 2013 Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Sachsen Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 Niedersachsen 2.561 2.042 1.800 2.173 2.294 Bayern Berlin 1.944 1.510 1.378 1.837 1.753 1.239 1.590 1.172 1.043 1.184 NRW 5.191 5.822 6.894 4.203 4.153 RheinlandPfalz 549 624 608 732 867 Brandenburg 532 594 522 481 426 Bremen Hamburg Hessen 274 272 236 222 256 974 1.020 1.028 1.349 1.289 1.573 1.910 2.116 2.103 1.681 Saarland Sachsen 255 210 208 108 113 281 246 340 480 449 SachsenAnhalt 226 204 206 213 217 Schlesw.Holstein 872 972 910 1.229 1.353 Meckl.Vorpom. 190 210 202 224 264 Thüringen 84 138 166 213 194 2,04 1,72 1,64 1,45 Bayern 1,33 Thüringen 1,31 Saarland BadenWürtt. 2.033 2.336 1.964 2.075 1.930 2,39 2,17 1,12 *Die Zahlen stehen für den prozentualen Anteil der Austauschschüler im jeweiligen Bundesland an allen 15- bis einschließlich 17-Jährigen. Es handelt sich dabei um den Mittelwert aus den drei relevanten Altersstufen (15 bis unter 16 Jahre / 16 bis unter 17 Jahre / 17 bis unter 18 Jahre). Quelle: weltweiser – Der unabhängige Bildungsberatungsdienst & Verlag – www.weltweiser.de Thomas Terbeck, Gründer des Bildungsberatungsdienstes weltweiser und Autor des Ratgebers „Handbuch Fernweh“, interpretiert die Zahlen so: „Schulpolitische (Fehl-)Entscheidungen und das dadurch entstehende gesamtgesellschaftliche Befinden führen zu ,Ups and Downs‘ im Hinblick auf die Weltoffenheit der Bundesländer.“ Terbeck empfiehlt Jugendlichen und Eltern, sich nicht von gesetzlichen Rahmenbedingungen oder Trends verrückt machen zu lassen: „Ein Auslandsaufenthalt während der Schulzeit ist gerade in Zeiten von ,höher – schneller – weiter‘ ein riesiger Gewinn, für den es sich definitiv auch lohnt, ein zusätzliches Jahr einzuschieben.“ *Schüler, die an einem mindestens dreimonatigen Gastfamilienaufenthalt mit Besuch einer öffentlichen Schule über eine deutsche Austauschorganisation teilgenommen haben (s.o.) zuzüglich Teilnehmer an Privatschul- und Internatsprogrammen, Rotary, staatlichen und privat organisierten Auslandsaufenthalten mit Schulbesuch. Quelle: weltweiser – Der unabhängige Bildungsberatungsdienst & Verlag – www.weltweiser.de Die meisten Austauschschüler (22%) kommen – wie zu erwarten – aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland NRW. Jedoch darf dieser vermeintlich hohe Anteil nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahl der Programmteilnehmer in NRW deutlich zurückgegangen ist. Dies lässt sich auf die gymnasiale Schulzeitverkürzung (G8) und die damit einhergehende Unsicherheit unter Schülern, Eltern und Lehrern Christine Kossel weltweiser – Der unabhängige Bildungsberatungsdienst & Verlag 0228-39184784 [email protected] www.weltweiser.de Schüleraustausch 19 Die 14 bei deutschen Austauschschülern im Schuljahr 2013/14 beliebtesten Gastländer 860 1.790 450 220 170 75 6.960 90 190 USA Kanada Neuseeland Australien Großbritannien Irland Frankreich Costa Rica Argentinien Spanien Südafrika Brasilien Japan China Sonstige 6.960 1.790 1.380 870 860 450 220 190 180 170 120 105 90 75 940 105 870 180 120 1.380 Erläuterung der Grafik: Schüler, die an einem mindestens dreimonatigen Gastfamilienaufenthalt mit Besuch einer öffentlichen Schule über eine deutsche Austauschorganisation teilgenommen haben. Privatschul- und Internatsprogramme, Rotary, staatliche und privat organisierte Auslandsaufenthalte mit Schulbesuch sind nicht berücksichtigt. Es handelt sich um gerundete Zahlen. Gelistet sind die unter deutschen Schülern 14 „populärsten“ Gastländer von insgesamt 50 angebotenen Destinationen, wobei China und Japan auch durch andere Gastländer mit vergleichbaren Teilnehmerzahlen ersetzt werden könnten. Quelle: Handbuch Fernweh 2014 www.weltweiser.de Teilnehmerzahlen von deutschen Jugendlichen an Schüleraustauschprogrammen (über dt. Austauschorganisation; Besuch einer öffentlichen Schule) 12.000 12.000 11.000 13.600 11.500 15.000 15.500 16.000 16.200 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 15.100 14.800 14.400 2011/12 2012/13 2013/14 nicht erfasst 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 Erläuterung des Diagramms: Schüler, die an einem mindestens dreimonatigen Gastfamilienaufenthalt mit Besuch einer öffentlichen Schule über eine deutsche Austauschorganisation teilgenommen haben. Privatschul- und Internatsprogramme, Rotary, staatliche und privat organisierte Auslandsaufenthalte mit Schulbesuch sind nicht berücksichtigt. Es handelt sich um gerundete Zahlen. Quelle: weltweiser – Der unabhängige Bildungsberatungsdienst & Verlag – www.weltweiser.de Teilnehmerzahlen von deutschen Jugendlichen an Schüleraustauschprogrammen (gesamt) 14.000 16.000 13.000 13.000 17.000 19.000 20.000 20.000 2009/10 2010/11 19.000 18.850 18.550 2011/12 2012/13 2013/14 13.500 nicht erfasst 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 Erläuterung des Diagramms: Schüler, die an einem mindestens dreimonatigen Gastfamilienaufenthalt mit Besuch einer öffentlichen Schule über eine deutsche Austauschorganisation teilgenommen haben (s.o.) zuzüglich Teilnehmer an Privatschul- und Internatsprogrammen, Rotary, staatlichen und privat organisierten Auslandsaufenthalten mit Schulbesuch. Hierbei handelt es sich um Annäherungswerte, da für einige Programme nur bedingt belastbare Teilnehmerzahlen vorliegen. Quelle: weltweiser – Der unabhängige Bildungsberatungsdienst & Verlag – www.weltweiser.de 20 Schüleraustausch Ein Leben lang mobil? Als Schüler im Ausland, in der Welt zu Hause Immer mehr Jugendliche nutzen die Möglichkeit, bereits in der Schulzeit für längere Zeit ins Ausland zu gehen. Waren es 1990 noch rund 4.000 und im Jahr 2000 etwa 12.000 Schüler, nahmen in den letzten fünf Jahren jeweils knapp 20.000 junge Menschen an langfristigen Schüleraustauschprogrammen von mindestens sechs Monaten teil. Von 1948 bis 2010 sammelten auf diese Weise etwa 300.000 Menschen aus Deutschland internationale Erfahrungen. Doch welche Auswirkungen hat der Schüleraustausch auf das spätere Leben der Teilnehmer? Gehen sie häufiger ins Ausland als andere und für welche Art von Aufenthalt entscheiden sie sich? Wie intensiv halten sie Kontakt zu Gastfamilien und Freunden? Inwiefern können daraus transnationale soziale Netzwerke entstehen? Und wie wird der Schüleraustausch auch nach vielen Jahren noch bewertet? Dazu gibt es bisher kaum gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. Daher hat sich von 2010 bis 2013 ein Promotionsprojekt am Institut für Geographie der Universität Münster diesen Fragen gewidmet. „Als junger Mensch ein Jahr die Welt von der anderen Seite aus zu betrachten, das vergisst man nicht.“ Zentraler Bestandteil der Studie ist eine Online-Umfrage, bei der über 3.000 ehemalige Programmteilnehmer aus den Austauschjahrgängen 1948 bis 2011 Auskunft zu ihrem Schüleraustausch, ihrem Kommunikationsverhalten und ihrer weiteren Mobilität gegeben haben. Darüber hinaus haben 30 qualitative Leitfadeninterviews wichtige Erkenntnisse gebracht. Es zeigt sich, dass knapp 90% der Befragten ihren Schulaufenthalt im Ausland als „sehr positiv“ (55%) oder „positiv“ (34%) bewerten. Die Bedeutung des Schüleraustauschs für das weitere Leben wird von 72% als „überaus wichtig“ und von 24% als „eher wichtig“ angesehen. Diese Einschätzung bleibt auch bei älteren Teilnehmern der Studie konstant. Eine Interviewpartnerin, die vor über 20 Jahren am Schüleraustausch teilgenommen hat, drückt es so aus: „Als junger Mensch ein Jahr die Welt von der anderen Seite aus zu betrachten, das vergisst man nicht.“ Die Online-Umfrage zeigt darüber hinaus, dass ehemalige Austauschschüler Aufrechterhalten der Kontakte nach dem Schüleraustausch 45% 40% Alle Befragten Befragte mit Schüleraustausch vor 1999 42% 35% 30% 29% 26% 25% 20% 26% 23% 20% 18% 15% 10% 9% 6% 5% 2% 0% Mehrmals im Monat Alle 1 bis 2 Monate Alle 3 bis 6 Monate Einmal im Jahr oder weniger Ich habe keinen Kontakt mehr Schüleraustausch 21 High School Anzahl der ins Ausland entsandten und der in Deutschland aufgenommenen Austauschschüler pro Jahr seit 1948 20.000 18.000 16.000 weltweit 14.000 12.000 Aufenthalte von 1 bis 10 Monaten 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 Entsandte Schüler weiterhin sehr mobil sind: Fast 80% derjenigen, bei denen der Schüleraustausch mindestens sieben Jahre zurückliegt, haben erneut mindestens sechs Wochen im Ausland verbracht, die Mehrheit von ihnen sogar mehrmals. Dabei dominieren Studienaufenthalte und Praktika im Ausland sowie längere Reisen. Insgesamt haben 69% der ehemaligen Austauschschüler erneut ihr Gastland besucht. Selbst etwas mehr als die Hälfte derer, die ihren Schüleraustausch als negativ bewerten, sind nochmals ins Ausland gereist. Die Kommunikation mit der Gastfamilie, mit Freunden im Gastland oder anderen Austauschschülern wird mit fortschreitendem Alter seltener. Allerdings haben auch zwölf Jahre nach dem Schüleraustausch immer noch 43% regelmäßig Kontakt, nur 6% halten gar keine Verbindung mehr. Die persönliche Beziehung kann jedoch auch ohne häufigen Kontakt noch sehr eng sein, wie in einem Interview beschrieben: „Ich habe einfach ein wirklich tolles Jahr verlebt und wirklich tolle Menschen kennengelernt, die mir immer noch zur Seite stehen. Das ist eine ganz starke emotionale Verbundenheit, auch wenn man sich mal monatelang nicht spricht.“ Bei 80% der Befragten, die noch Kontakte im Gastland halten, stellen soziale Netzwerke im Internet das wichtigste Medium dar, gefolgt von E-Mails, Briefen, Skype, Telefon und SMS. 2005 2000 1995 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960 1955 1950 0 Aufgenommene Schüler Das Forschungsprojekt hat also gezeigt, dass ein Schulaufenthalt im Ausland sehr prägend für das weitere Leben der Austauschschüler ist und mehrheitlich als sehr positiv wahrgenommen wird. Viele von ihnen unternehmen weitere Auslandsreisen, es entstehen intensive soziale Netzwerke in andere Länder. Die Studie hat darüber hinaus die dominante Rolle neuer Medien zutage gefördert. Diese macht sich nicht nur bei der Kommunikation ins Gastland nach dem Aufenthalt bemerkbar, auch der Kontakt zum Heimatland während des Schüleraustauschs hat spürbar zugenommen. Diese veränderte Mediennutzung wird sicherlich auch in Zukunft den Auslandsaufenthalt während der Schulzeit beeinf lussen. Michael Weichbrodt Institut für Geographie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster 0251-8333916 [email protected] www.uni-muenster.de/Geographie Hig h S choo l SSttip ipe ennddie ienn www.ist-highschool.de www.erfahrungsberichte-highschool.de Außerdem: Sprachreisen, Studienaufenthalte, Work & Travel mit Jobben oder Praktika, Au Pair, Universitäts-Stipendien USA Alle Infos, Veranstaltungstermine, News, Online-Rabatte unter: www.sprachreisen.de íSt Berichte App iSt Internationale Sprach- und Studienreisen GmbH Stiftsmühle l 69080 Heidelberg Tel.: (0 62 21) 89 00-0 l [email protected] 22 Schüleraustausch High School-Jahr in der Wüste Arizonas Amerikanische Freiheit erlebt Für meinen einjährigen Aufenthalt in den USA bewarb ich mich relativ spät, dennoch liefen die Vorbereitungen reibungslos und meine Austauschorganisation nahm mich schnell ins Programm auf. Zu dem Zeitpunkt träumte ich bereits von der berühmten Freiheit, der Unabhängigkeit, der Vielfältigkeit und der Toleranz des Landes. Leider wurde ich als Letzter platziert. Ich verbrachte die ganzen Sommerferien zu Hause und wartete auf eine Nachricht meiner Organisation. Als in Deutschland bereits das neue Schuljahr begonnen hatte, war es endlich so weit. Mein Vater weckte mich morgens und erzählte mir von dem Anruf der Austauschorganisation. Schnell stand ich auf und rief zurück. Es ging nach Arizona, in den „Grand Canyon State“ der USA. Als ich das hörte, war mein erster Gedanke: ,,Super, du brauchst keine Winterjacke mitzunehmen!“ Ich war voller Vorfreude und konnte die Abreise gar nicht abwarten. In bereits fünf Tagen würde ich im Flugzeug sitzen. Es gab auch nicht mehr viel vorzubereiten: Ich schaute noch einmal die ganzen Unterlagen durch, packte meine Koffer und verabschiedete mich von allen meinen Freunden. Da ich meiner Gastmutter sogleich eine E-Mail geschrieben hatte, um mich kurz vorzustellen, konnte ich bereits die ersten Eindrücke sammeln. Sie wirkte sehr nett und erzählte mir, dass noch ein weiterer Austauschschüler aus Moldawien bei ihnen leben würde. Außerdem hätten sie drei Töchter, die bereits studierten und ab und zu vorbeikommen würden. „Ich war mit zu vielen neuen Dingen auf einmal konfrontiert.“ Nach dem traurigen Abschied am Flughafen verbrachte ich den 14stündigen Flug mit verschiedenen Gedanken an das, was wohl alles auf mich zukommen würde. Beim Zwischenstopp in Atlanta musste ich sechs Stunden warten, aber glücklicherweise verging die Zeit schnell. Nachdem ich am Flughafen Tucson International gelandet war, holte ich mein Gepäck und wurde von meiner Gastmutter, einer ihrer Töchter, deren Ehemann und dem anderen Austauschschüler in Empfang genommen. Zusammen fuhren wir im VW-Bus nach Hause, wo ich gleich die Großeltern kennenlernte und mein Zimmer beziehen durfte. Es war eine Katastrophe. Statt eines richtigen Bettes lag nur eine Matratze auf dem Boden und es tropfte von der Decke. Als ich eines Tages eine Echse im Zimmer entdeckte, wurde mir klar, dass ich die Familie wechseln wollte. Zwar kommen Echsen in Arizona häufiger vor, doch das Zimmer war auch nicht der einzige Grund für meinen Wunsch. Es gab einfach zu viele Unterschiede zwischen uns. Meine Gastfamilie hatte viele Jahre in Mexiko und Kolumbien gelebt und kochte daher regelmäßig typisch mexikanische Gerichte, die mir überhaupt nicht schmeckten. Auch in anderer Hinsicht fühlte ich mich nicht wohl. Der Kulturschock stellte sich ein. Ich war mit zu vielen neuen Dingen auf einmal konfrontiert. An meiner Schule mit mehr als 3000 Schülern fand ich anfangs nur wenige Freunde. Stattdessen fuhr ich direkt nach der Schule nach Hause, um mit meinen Freunden in Deutschland per Skype zu telefonieren. Schüleraustausch Ich machte den Fehler, zu sehr an meiner Heimat festzuhalten und meine Situation in den USA ständig mit meinem Leben in Deutschland zu vergleichen. Da meine Betreuerin keine Ersatzfamilie finden konnte, entschied ich mich nach wenigen Wochen, doch zu bleiben. Ich sah ein, dass die Dinge in Arizona zwar anders, aber nicht schlechter waren. Meine Gastfamilie bemühte sich sehr, mich zu unterstützen und zu beraten, um mir das beste Jahr meines Lebens zu ermöglichen. Ich stellte also fest, dass alles an mir lag und an der Einstellung, mit der ich ins Ausland gegangen war, während ich zuvor die Probleme bei meiner Gastfamilie gesehen hatte. Nach meinem Entschluss, zu bleiben und meine Haltung zu ändern, verlief alles positiv. Ich wechselte das Zimmer und akzeptierte das Klima, die Pflanzen und die Tiere. Wer hätte gedacht, dass ich doch noch das beste Jahr meines Lebens haben würde? Ich feierte das lustigste Weihnachtsfest, das ich je hatte. Dabei lernte ich nicht nur viel über die amerikanische bzw. mexikanische Kultur, sondern auch etwas über die moldawische. Alle Häuser waren mit Lichterketten geschmückt, wie man es aus den Filmen kennt. Das Einzige, was zu Weihnachten fehlte, war der Schnee. Mich störte es jedoch nicht, dieses Fest bei 20°C zu feiern. „Meine Teamkameraden nahmen mich herzlich auf und wir wurden die besten Freunde.“ Ich befolgte den Rat meiner Gastmutter, einem Verein beizutreten, und ließ mich von einem Freund überreden, Mitglied im „Track and Field“-Team zu werden. Ich gehörte zu den Läufern und wir trainierten fünf bis sechs Mal pro Woche für jeweils circa vier Meilen. Von dem Zeitpunkt an ging es nur noch bergauf. Ich fand in den USA nicht bloß eine zweite Familie, sondern sogar eine dritte: Meine Teamkameraden nahmen mich herzlich auf und wir wurden die besten Freunde, die ich mir vorstellen konnte. Außerdem lernte ich, dass man nicht aufgeben, sondern kämpfen sollte, wenn man ein Ziel vor Augen hat. Früher habe ich nicht viel Sport getrieben, aber diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, neue Dinge auszuprobieren. Auch in der Schule war ich offener, ging häufiger auf andere zu und fand dadurch mehr und mehr Freunde. Natürlich verbrachte ich die Mittagspausen mit meinen Teamkameraden, aber ich hatte auch Kontakt zu anderen Schülern. Ich traute mich sogar, Referate in verschiedenen Fächern zu halten. Dank der großen Auswahl an meiner Schule war ich in der Lage, Kurse wie Journalismus und American History zu belegen. Diese zwei Fächer fand ich besonders spannend, da sie im Gegensatz zum Unterricht in Deutschland viel stärker meinen eigenen Interessen entsprachen. Während meines Auslandsaufenthaltes stellte ich fest, wie tolerant die Amerikaner sind. Vielleicht hatte ich auch einfach Glück, dass ich eine vielseitige Schule besuchen durfte, in jedem Fall hatte ich mich noch nie so frei und akzeptiert gefühlt wie dort. Darüber hinaus genoss ich die vielen Unternehmungen und Ausflüge. An einem Nachmittag fuhr ich mit meinen besten Freunden auf einen Berg, von dem aus man die ganze Stadt sehen konnte. Ich kam mir unheimlich klein vor, zumal ich nur einen winzigen Teil von Tucson kannte: Downtown, das Universitätsgelände und natürlich meine Nachbarschaft. Dabei gab es noch so viel mehr zu entdecken. Ich versuchte mich außerdem im Schießen und Wandern. Wenn mich in Deutschland jemand gefragt hätte, ob ich wandern gehen will, hätte ich höchstwahrscheinlich abgelehnt. In Arizona war das aufgrund der Natur 23 24 Schüleraustausch und der Dinge, die es zu entdecken gab, etwas ganz anderes. Darüber hinaus besuchte ich meine ersten Konzerte und spazierte nachts mit Freunden durch Downtown. Da meine Gasteltern Christen waren, ging ich oft mit in die Kirche. Dies waren ganz besondere Erlebnisse, die mir viel Spaß machten: Die Musik gefiel mir und die Leute waren sehr offen. Ich traf dort auch einige Gleichaltrige und konnte auf diese Weise neue Kontakte knüpfen. Es gibt einfach so viele Dinge, die ich ausprobiert habe. Vor allem aber habe ich verschiedene Eindrücke über die USA gesammelt. Heute gibt es für mich nicht diese eine, typisch amerikanische Lebensweise. Für mich steht Amerika für eine große Vielfältigkeit, weil einfach so viele unterschiedliche Menschen aufeinandertreffen. früh im Leben zu machen. In den Ferien will ich wieder nach Arizona, in die Wüste, in die Hitze, all meine Freunde besuchen und meine zweite und dritte Familie wiedersehen. Folgendes Zitat trifft mein Gefühl am besten: „Isn‘t it crazy how we can look back a year ago and realize how much everything has changed? The amount of people that have left your life, entered, and stayed. The memories you won‘t forget and the moments you wish you did. Everything. It‘s crazy how all that happened in just one year.” „Es liegt vor allem an einem selbst, was man aus seinem Auslandsaufenthalt macht.“ Vor meiner Abreise veranstaltete ich eine „German dish party“, bei der es deutsche Gerichte wie Bratwurst, Sauerkraut, Kartoffelsalat und Thunfisch-Pizza zu essen gab. Das letzte Wochenende verbrachte ich mit meinen Freunden draußen in der Natur, um das zu tun, was wir am liebsten taten: am Lagerfeuer sitzen und schwimmen gehen. Mit meiner Gastfamilie besuchte ich die „Graduation“ des moldawischen Austauschschülers, der in den USA seinen Abschluss machte – er lebte seinen „American Dream“. Ganz am Ende ging ich noch einmal mit meinen besten Freunden „Burritos“ essen. Während mir das Essen bei meiner Gastfamilie zu Beginn nicht geschmeckt hatte, liebte ich inzwischen die mexikanische Küche. In den USA hat sich vieles bei mir verändert: Ich bin unabhängiger geworden und habe sehr gut Englisch gelernt. Ich empfehle es nur allen, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen, weil man das Privileg hat, verschiedene Eindrücke zu sammeln und etwas von der Welt zu sehen. Es liegt vor allem an einem selbst, was man aus seinem Auslandsaufenthalt macht. Man sollte sich immer bewusst sein, wie viel die Eltern für dieses Jahr bezahlt haben und dass man zu den Glücklichen gehört, die die Chance haben, eine solche Erfahrung so Frederic Tenberge, 18, geht noch zur Schule und plant, nach seinem Abitur Journalismus zu studieren. Am liebsten würde er dafür in die USA zurückkehren – ans Auswandern denkt er auf jeden Fall. Schüleraustausch 25 Einmal New York und zurück Mein Auslandsjahr in den USA Myrna aus Niedersachsen berichtet über ihr EF High School Jahr 2012/13: »Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als ich Post mit der Information bekam: „Wir haben eine Gastfamilie für dich gefunden!” Ich war ganz aus dem Häuschen und konnte es erst gar nicht glauben. Ich würde nächstes Jahr in Elmira, New York, bei der 25-jährigen Sarah und dem 28-jährigen Tom wohnen! Sie hatten zudem drei große, ungestüme Hunde, die ich sehr lieb gewinnen sollte. Zuerst hatte ich jedoch Bedenken, da ich mit meinen drei Geschwistern an ein volles Haus gewöhnt war. Außerdem wusste ich nicht, ob ich ganz alleine an einer neuen Schule mit einer fremden Sprache zurechtkommen würde. Wie sich später herausstellte, waren diese Bedenken unbegründet. In der Zeit bis zur Abreise stand ich über Facebook im ständigen Kontakt mit meiner Gastfamilie, und ehe es mir bewusst wurde, saß ich auch schon im Flugzeug nach New York. Ich f log zum ersten Mal alleine, doch am Flughafen standen bereits hilfreiche Mitarbeiter von EF bereit. Ich wurde sehr herzlich von meinen Gasteltern empfangen. Als ich mein Zimmer sah, war ich überwältigt. Die beiden hatten es genau nach meinem Geschmack eingerichtet. Der Unterricht gefiel mir sehr gut, ich belegte viele neue Fächer wie Photography oder Forensics.“ Die ersten zwei Wochen vor Schulbeginn vergingen sehr schnell. Gleich am zweiten Tag nach meiner Ankunft wurde ich ins „Cross Country“-Team meiner Schule aufgenommen und schloss bereits viele neue Freundschaften, was mir den ersten Schultag sehr erleichterte. Sarah und Tom unternahmen in dieser Zeit viel mit mir, wir fuhren Kajak und besuchten einen Freizeitpark. Der Unterricht gefiel mir sehr gut, ich belegte viele neue Fächer wie Photography oder Forensics. Abgesehen vom „Cross Country“Team wurde ich auch in die „Track“- und die „Lacrosse“-Mannschaft aufgenommen und durfte im Musical mitsingen. Die sogenannte „spirit week” war ein sensationelles Erlebnis: Jeden Tag waren wir zu einem anderen Motto verkleidet, beim Football-Spiel fieberte die ganze Schule mit, und das „Powderpuff “ Football-Spiel der Mädchen, das wir Seniors gewannen, war einfach toll! Auch die Feiertage in Amerika waren etwas ganz Besonderes. Thanksgiving und Weihnachten verbrachten wir mit Toms Familie in Long Island, wo ich erleben durfte, wie großzügig die Amerikaner an diesen Tagen mit Essen und Geschenken sind. Ich fühlte mich wie ein richtiges Familienmitglied und würde meine zweite Familie für nichts auf der Welt hergeben! Außerdem war ich während dieses Jahres viel auf Reisen. Mit anderen Austauschschülern unternahm ich einen fünftägigen Trip nach New York City. Meine Gasteltern und ich reisten nach Kanada, um unter anderem die Niagarafälle zu sehen. Zu Silvester war ich mit Sarah in New York City, um den berühmten „Ball Drop“ am Times Square zu erleben. Mit den Seniors unternahmen wir eine Abschlussfahrt nach Virginia Beach und Washington D.C. Kurz vor meiner Abreise durfte ich glücklicherweise noch die „Prom“ und die „Graduation“ als typische amerikanische Events miterleben. Am Ende wollte ich gar nicht mehr weg, ich hatte doch so viele Freunde und eine neue Familie gefunden! Der Abschied war sehr traurig, es kamen viele meiner Freunde mit zum Flughafen und schenkten mir kleine, persönliche Dinge. Meine Gasteltern wollten mich gar nicht gehen lassen, so lieb hatten sie mich gewonnen. Ihre Elternrolle hat ihnen sogar so gut gefallen, dass Sarah inzwischen schwanger ist. Ich kann es gar nicht erwarten, bei meinem nächsten Besuch den kleinen Familienzuwachs zu sehen. Ich bereue dieses Jahr auf keinen Fall, da ich so viele neue Erfahrungen gemacht habe, die mir keiner mehr nehmen kann. Außerdem kann ich f ließend Englisch sprechen, es fiel mir nach meiner Rückkehr sogar sehr schwer, mich ans Deutsche zu gewöhnen. Ich kann jedem ein Auslandsjahr empfehlen, es lohnt sich!« Bastian Zipfel EF High School Year Abroad 0211-68857300 [email protected] www.ef.de/highschool, www.facebook.com/ef highschoolyeardeutschland 26 Schüleraustausch Schuljahr in Valencia Eintauchen ins spanische Lebensgefühl Endlich war es so weit: Nach einem tränenreichen Abschied saß ich im Flugzeug nach Valencia und versuchte, die spanische Zeitung „El País“ zu entziffern. Um mich gründlich auf das Auslandsabenteuer vorzubereiten, hatte ich sämtliche Erfahrungsberichte, die ich in die Finger bekommen konnte, gelesen und so viele Informationen wie möglich über mein zukünftiges Gastland verschlungen. Trotzdem fühlte ich mich ein wenig unsicher, als ich am Flughafen nach meinen Gasteltern und meiner 13-jährigen Gastschwester Ausschau hielt. Diese Befangenheit war jedoch verflogen, als ich mit den typischen „besos“, Küsschen auf die Wange, begrüßt wurde. Auf dem Weg zu meinem neuen Zuhause machte ich die erste Bekanntschaft mit der spanischen Hitze, welche sofort Urlaubsstimmung bei mir aufkommen ließ. In Rocafort, einem Bezirk von Valencia, angekommen, wurde ich sogleich dazu eingeladen, mich wie zu Hause zu fühlen. Nachdem mir mein Zimmer gezeigt worden war und ich allein neben meinem Koffer stand, wurde mir auf einmal klar, dass ich die nächsten zehn Monate ohne meine Familie und Freunde in einem anderen Land mit einer fremden Sprache leben würde. Mir blieb jedoch keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn nur wenige Minuten später saßen wir schon in einer örtlichen Tapasbar und ließen uns „Patatas Bravas“ und „Calamares“ schmecken. Zwei Tage später fing die Schule an. Ich hatte das britische Cambridge House Community College in Rocafort ausgewählt, da es mir wichtig war, auch mein Englisch zu verbessern. Mein Stundenplan bestand hauptsächlich aus Fächern wie Mathematics, Business Studies und English Literature, daneben hatte ich mich für Literatura española und Geografía entschieden. Als ich meiner neuen Klasse vorgestellt wurde, befand ich mich in einem Zustand nervöser Anspannung, doch es stellte sich schnell heraus, dass meine Aufregung umsonst gewesen war. Ich wurde herzlich von meinen Schulkameraden begrüßt und innerhalb weniger Stunden hatte ich mehr Bekanntschaften gemacht, als ich mir Namen merken konnte. Auch die Lehrer machten es sich zur Aufgabe, mir die Eingewöhnung so einfach wie möglich zu gestalten, und standen mir immer mit Rat und Tat zur Seite. Da ich in die 12. Klasse eingestuft worden war, fiel es mir am Anfang nicht leicht, dem Unterricht zu folgen, und auch der lange Schultag bis 16:30 Uhr machte mir zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt kam mir das von meiner Austauschorganisation veranstaltete dreitägige Treffen in Madrid gerade recht, gab es mir doch die Gelegenheit, mich mit sieben gleichgesinnten Schülern auszutauschen. Wir besuchten mit unserer lustigen Truppe viele Sehenswürdigkeiten und aßen Paella, welche jedoch, wie ich später wiederholt feststellte, mit der valencianischen Variante in keinster Weise zu vergleichen war. Alles in allem kehrte ich voller Begeisterung für die spanische Hauptstadt und gewappnet für jegliche Herausforderung nach Rocafort zurück. „Die Offenheit und Neugier der Spanier erleichterten mir die Eingewöhnung in meinem neuen Zuhause ungemein.“ Tatsächlich begann ich innerhalb weniger Wochen, mich an den südländischen Lebensrhythmus anzupassen. Das Essen zu nächtlicher Stunde und Brötchen mit Olivenöl statt Butter wurden genauso Teil meines Alltags wie der tägliche Schulweg durch palmengesäumte Straßen. Die Offenheit und Neugier der Spanier erleichterten mir die Eingewöhnung in meinem neuen Zuhause ungemein. Ich war die einzige Austauschschülerin der Schule und wurde mit großer Selbstverständlichkeit in den Freundeskreis fünf spanischer Mädchen aufgenommen. Wir gingen zusammen zur Schule und verbrachten jede Pause zusammen, wobei ich mit meinen Sprachkenntnissen oft an der Schnelligkeit der Konversationen scheiterte. Nichtsdestotrotz konnte ich immer auf die Unterstützung meiner Freundinnen zählen, und habe es wohl auch ihnen zu verdanken, dass sich mein Spanisch schnell verbesserte. Da ich mir vorgenommen hatte, die spanische Kultur von all ihren Seiten zu entdecken, war es mir ein großes Anliegen, Flamenco zu lernen. Meine Gastmutter unterstützte mich in dieser Hinsicht und machte nicht nur eine Tanzschule in der Nachbarschaft ausfindig, sondern besorgte mir auch einen passenden Rock von ihrer Schwester. Von nun an widmete ich mich jeden Dienstag und Donnerstag dem „baile flamenco“ und kam mit jedem Schritt dem spanischen Lebensgefühl ein wenig näher. Schüleraustausch Die Tage flogen nur so dahin und bald stand schon Weihnachten vor der Tür. Auf Schnee und echte Tannenbäume wartete ich vergeblich. Dies tat der Feststimmung jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil, die Innenstadt erstrahlte im Schein unzähliger Lichterketten. An Heiligabend ließ ich dem Heimweh keine Chance und erlebte die deutschen Feierlichkeiten per Skype. Danach versammelte ich mich mit meiner Gastfamilie und deren Verwandten um einen reich gedeckten Tisch. Es wurden Lieder gesungen und „turrón“, spanisches Mandelnougat, gegessen. Ein weiteres Highlight der Winterferien war die Kurzreise nach Madrid zu Silvester mit meiner Gastfamilie. An „Nochevieja“, der letzten Nacht des Jahres, versammelten wir uns nach spanischer Tradition auf der Puerta del Sol, einem riesigen Platz. Ausgerüstet mit schrägen Kopfbedeckungen und jeweils zwölf Weintrauben erwarteten wir zusammen mit tausenden Menschen das neue Jahr. Zu jedem Glockenschlag der Turmuhr wurde eine der Trauben verspeist, was Glück für das kommende Jahr bringen sollte. Obgleich ein leichter Nieselregen fiel und man sich kaum in den Menschenmassen bewegen konnte, war es ein unbeschreibliches Gefühl, an diesem Ereignis teilzuhaben. Am nächsten Tag überraschten mich meine Gasteltern mit Eintrittskarten für das Musical „Sonrisas y Lagrimas“ im Teatro Coliseum. Ich genoss die Aufführung sehr, zumal ich dem Geschehen auf der Bühne ohne Probleme folgen konnte. Kurz nach unserer Rückkehr aus Madrid wurde bereits die Ankunft der Heiligen Drei Könige mit einem riesigen Umzug gefeiert. Die „Reyes Magos“ fuhren auf geschmückten Festwagen durch die Straßen der Stadt und warfen uns Bonbons und andere Süßigkeiten zu. In der Nacht zum 6. Januar stellten wir unsere Schuhe auf und am nächsten Tag fand ich tatsächlich einige Geschenke zum Auspacken vor. Danach gab es beim Frühstück mit der ganzen Familie den traditionellen Dreikönigskuchen „Roscón de Reyes“. Zu meiner großen Freude entdeckte ich die eingebackene Münze, woraufhin ich für einen Tag Königin sein durfte. Am nächsten Morgen fing der Ernst des Lebens wieder an. Allerdings erschien mir der Unterricht weniger schwierig und auch die Hausaufgaben gingen mir mühelos von der Hand. Mit meinen Freundinnen fuhr ich nahezu jeden Freitag in die Innenstadt, um den Beginn des Wochenendes mit einem „Frozen Yogurt“ zu feiern. Auf die Metro als Hauptbeförderungsmittel angewiesen, kannte ich das Liniennetz Valencias bald besser als so mancher Einheimischer und fand mich ausgezeichnet zurecht. Mitte März hatten wir aufgrund der „Fallas“ einige Tage schulfrei. Während dieses Frühlingsfestes zeigte sich Valencia von einer völlig anderen Seite. Bis zu 20m hohe Pappmaschee-Figuren, die soge- 27 nannten „Fallas“, wurden an jeder Ecke errichtet, die Ortsansässigen trugen ihre Trachten und alle zogen feiernd und tanzend durch die überfüllten Straßen. Fünf Tage lang ernährte ich mich fast ausschließlich von den frittierten Teigbällchen „Buñuelos“ mit Schokolade und musste immer auf der Hut vor ohrenbetäubenden Böllerkonzerten sein. Die abschließende Verbrennung der „Fallas“, „Cremà“ genannt, beeindruckte mich besonders. Um Mitternacht verwandelte sich ganz Valencia in ein einziges Flammenmeer. Die „Fallas“ brannten lichterloh, es regnete Funken und die Menge wich ehrfurchtsvoll zurück. Die nachfolgenden Osterferien gaben mir die Gelegenheit, mich abermals zu erholen. Der dritte Term begann alsbald und somit auch der Prüfungsstress. Ich hatte mich nach Absprache mit meinen Lehrern dazu entschlossen, sowohl ein gesamtes A-level (Advanced level) in Spanisch als auch ein AS-level (Advanced Subsidiary level) in Business Studies abzulegen. Das Schuljahr am Cambridge House Community College schloss ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge ab, da ich es mit vielen schönen Erinnerungen verband. „Zwar würde ich mein neues Leben vermissen, aber gleichzeitig wusste ich, dass dieser Abschied nicht für immer sein würde.“ Dafür lag nun ein Monat voller Freiheit und toller Erlebnisse vor mir. Der Anfang der Sommerferien wurde ausgiebig bejubelt und eine Freundin lud zu einer großen Kostümparty ein. In den letzten drei Wochen meines Aufenthaltes wurde „Fiesta y Siesta“ bei uns großgeschrieben. Das Kartenspiel UNO rangierte mit Abstand auf Platz eins unserer liebsten Freizeitbeschäftigungen, dicht gefolgt von Geburtstagsfeiern, Einkaufen in Valencia, Strandbesuchen und Abendessen bei Tommy Mel´s, einem amerikanischen Diner. Als schließlich die Stunde des Abschieds nahte, hatte ich sehr gemischte Gefühle. Zwar würde ich mein neues Leben vermissen, aber gleichzeitig wusste ich, dass dieser Abschied nicht für immer sein würde. Voller Vorfreude auf den geplanten Besuch meiner spanischen Freundinnen in Deutschland flog ich nach Hause. Rückblickend kann ich mit Sicherheit sagen, dass diese Zeit die spannendste, aufregendste, lehrreichste und wichtigste meines Lebens war. Wenn ihr auch diesen Schritt wagt, werdet ihr euer Leben lang von den Erfahrungen profitieren. Also packt eure Koffer und macht euch auf den Weg! Laura Ahlborn, 17, wird 2015 ihr Abitur mit sprachlichem Schwerpunkt absolvieren. Sie plant, danach Economics and International Relations in Schottland zu studieren. Gerne würde sie dann ein Erasmus-Semester in Spanien verbringen. Aber bis es so weit ist, wird sie ihre Freundinnen sicherlich oft in Valencia besuchen. 28 Schüleraustausch Viva México! Leben in der Großfamilie „Mexiko, was willst du denn dort? Das ist doch viel zu gefährlich!“ Das sagten mir viele, als ich ihnen mitteilte, dass ich für ein Jahr nach Mexiko gehen würde. Ich selbst machte mir weniger Gedanken über die Sicherheit, vielmehr malte ich mir stundenlang aus, wie denn meine Gastfamilie sein würde. Als ich endlich die Informationen zu meiner Familie und dem Wohnort erhielt, hüpfte ich erst einmal wie eine Verrückte durch unser ganzes Haus. Ixtepec, Oaxaca stand in dem Brief. Wo ist das denn? Die nächsten Tage verbrachte ich vor dem Computer, um möglichst viel über mein zukünftiges Zuhause zu erfahren. Ixtepec ist eine Kleinstadt mit circa 24.000 Einwohnern im Süden des Landes. Sie liegt in Oaxaca, einem der ärmsten und zugleich kulturreichsten Bundesstaaten Mexikos. Drei Monate vor meinem Abflug fand mein lang ersehntes Vorbereitungsseminar statt. Endlich konnte ich die anderen zukünftigen Austauschschüler kennenlernen, die Teamleiter nach ihren Erfahrungen ausquetschen, die ersten SalsaSchritte lernen und einige Kontakte knüpfen. Am Ende des Seminars war der „Latino-Spirit“ zu spüren und ich zählte eifrig die Tage bis zu meinem Abflug. Nebenher schrieb ich eine Packliste, organisierte meine Abschiedsfeier und lieh mir viele Bücher über Mexiko aus. Je näher der Tag meiner Ausreise rückte, desto gespannter wurde ich. Gleichzeitig war ich auch etwas ängstlich: „Wie würde es werden? Was würde ich ein Jahr ohne meine Familie und meine Freunde machen?“ Bei meiner Abschiedsfeier glitzerten ein paar Tränen in meinen Augen. Zum Flughafen nahm ich nur meine Familie mit. Die letzten Minuten wollte ich allein mit ihnen verbringen. Die anderen Austauschschüler, mit denen ich flog, hatten schon eingecheckt, und so blieb mir gar keine Zeit, sentimental zu werden: nur kurz meine Eltern und meinen Bruder umarmen und dann ab durch die Kontrolle. In Mexiko-Stadt wurden wir von den Mitarbeitern der Partneragentur meiner deutschen Austauschorganisation in Empfang genommen. Zusammen fuhren wir in die nahe gelegene Stadt Cuautla, wo unser Einführungsseminar stattfand. Zunächst durften wir in kleinen Grüpp- chen die Stadt erkunden. Ich fühlte mich wie in einer anderen Welt. Die Häuser waren alle bunt angemalt, Musik tönte aus jeder Ecke, und der Verkehr erschien mir viel lauter als in Deutschland. Die Luftballonverkäufer, Schuhputzer und vor allem die unzähligen Essensstände erzeugten eine ganz besondere Atmosphäre, und ich konnte mich nur mit Mühe davon abhalten, gleich jedes neue Gericht zu probieren. Als „güeros“, als Weiße, wurden wir neugierig beäugt, vor allem bei unserem ersten Einkauf. Dabei mussten wir uns mehr mit Händen und Füßen verständlich machen als mit unserem Spanisch-Kauderwelsch. Nach drei wunderbaren Tagen im Einführungsseminar ging es weiter zu meinem neuen Zuhause. Gemeinsam mit anderen Austauschschülern nahm ich einen typisch mexikanischen Nachtbus und nach zwölf Stunden Fahrt kamen wir im grünen Ixtepec an. Am Busbahnhof empfingen uns begeisterte Familien mit Plakaten, Luftballons und Blumen. „Der erste Monat war geprägt von neuen Bekanntschaften und vielen Eindrücken.“ Ich stellte bereits kurz nach meiner Ankunft in der Gastfamilie fest, dass doch nicht alles so einfach werden sollte, wie es auf dem Vorbereitungsseminar schien: Allein die Kommunikation mit der Familie war durch meine begrenzten Spanischkenntnisse eine Herausforderung. Es hatte aber auch seine lustigen Seiten. Beispielsweise begriff ich nicht, was mir meine Gastfamilie zu den auf dem Tisch stehenden Chilis erzählte. Ich verstand nur das Wort „chile“, also dachte ich, ich sollte sie essen – was ich auch tat. Die nächsten fünf Minuten tränten meine Augen heftig und ich lief wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Küche. Als ein paar Tage später die Schule begann, musste ich mir eine Schuluniform zulegen. Das war schon immer ein Traum von mir gewesen: nie wieder am Morgen über die Kleidung nachdenken, einfach in den Schrank greifen, Schuluniform anziehen, fertig. An andere mexikanische Gewohnheiten musste ich mich etwas länger gewöhnen, zum Beispiel an das entspannte Lebens- und Zeitgefühl. Wenn meine Freunde ein Treffen auf 17 Uhr ansetzten, meinten sie eigentlich 18 oder 19 Uhr. Der erste Monat war geprägt von neuen Bekanntschaften und so vielen Eindrücken, dass ich sie gar nicht richtig verarbeiten konnte. Ich schrieb täglich Tagebuch, um möglichst viel davon festzuhalten. Der Kontakt nach Deutschland gestaltete sich schwierig, weil der Computer meiner Gastfamilie nur sporadisch funktionierte. Ich glaube aber, dass mir das dabei half, mich intensiver mit meiner Umgebung auseinanderzusetzen. Nach einigen Wochen merkte ich, dass meine Gastfamilie und ich aus verschiedenen Gründen nicht zusammenpassten. Also informierte ich die Austauschorganisation und nach mehreren langen Gesprä- Schüleraustausch chen entschieden wir, dass ein Gastfamilienwechsel das Beste sei. Das hieß, wieder bei null anzufangen. Die zweite Gastfamilie war jedoch ganz anders als meine erste. Wir passten sehr viel besser zueinander, und bei ihnen merkte ich erst richtig, dass ein Austauschjahr bedeutet, ein Teil der Familie zu werden. Zum Beispiel nenne ich meine Gasteltern bis heute „mamá“ und „papá“. Als Familienmitglied gehörten verschiedene Hausarbeiten zu meinen Aufgaben. Eine große Herausforderung war es, meine Wäsche mit der Hand zu waschen, da die Waschmaschine nicht funktionierte. Zusätzlich half ich meiner Gastmutter in unserem Internetcafé aus. Ich wurde „poco a poco“, Stück für Stück, Teil der riesigen Großfamilie. Bis heute ist mir das Geburtstagsfest meines mexikanischen Großvaters besonders in Erinnerung geblieben. Die Familie kam aus allen Teilen Mexikos nach Ixtepec. Dafür wurde extra ein Rind geschlachtet und drei Tage lang wurde die „palapa“, ein Strohdach, errichtet, um bei der Feier genügend Schatten zu spenden. „Meine Klassenkameraden hatten immerzu gute Laune und häufig einen Witz auf den Lippen.“ Da das Essen in Mexiko so vorzüglich war, dass ich schnell etwas mehr Fett auf die Rippen bekam, fehlte mir noch ein passender Sport. Ich meldete mich im Karateteam der Stadt an und verbrachte fortan mittwochs bis freitags die Abende in der Trainingshalle. Das war bei einer Durchschnittstemperatur von 27°C leichter gesagt als getan. Mit der Zeit lernte ich viele nette Menschen kennen, sowohl beim Sport als auch in der Schule. Letztere empfand ich zwar aufgrund des Frontalunterrichts als langweilig, ich war jedoch froh, meine Freunde dort zu treffen, da viele von ihnen nachmittags arbeiten mussten und deshalb nach dem Unterricht keine Zeit hatten. Meine Klassenkameraden hatten immerzu gute Laune und häufig einen Witz auf den Lippen. Mexikaner sind nämlich überaus freundlich und in der Schule wurde ich ständig gegrüßt. Bei einer Schule mit 300 Schülern ist das auch nicht verwunderlich – man kennt sich. Nach einem guten halben Jahr hatte ich eine enge Freundesgruppe gefunden, mit der ich eine Menge unternahm, zum Beispiel eine gemeinsame Fahrt ans Meer. Anders als in Deutschland musste ich meine Gastmutter jedoch jedes Mal, wenn ich ausgehen wollte, ausdrücklich fragen und ihr all meine Freunde vorstellen. Nach einiger Zeit verstand ich, dass dies ihre Art war, Zuneigung auszudrücken. Indem sie sich um mich sorgte, zeigte sie mir, dass sie mich als Tochter angenommen und lieb gewonnen hatte. Etwas ganz Besonderes waren die traditionellen Feste, zum Beispiel das Dorffest im September. Für die sogenannten „velas“ wurde eine Straße abgesperrt, Stühle und Tische sowie eine Bühne für die Musikband aufgebaut, und alle zogen die regionale Tracht an. Die Feierlichkeiten begannen gegen Mitternacht mit der Krönung der „Königin des Festes“ und dauerten bis zum frühen Morgen. Das absolute Highlight meines ganzen Jahres war jedoch mein Geburtstag. Meine Gastfamilie wollte mir einen „quinceaños“ bieten, eine typisch lateinamerikanische, große Feier zum 15. Geburtstag. Dabei störte es keinen, dass ich eigentlich 16 Jahre alt wurde. Ich hatte immer von den dafür üblichen Ballkleidern geschwärmt und diese Tatsache nahm meine Gastmutter zum Anlass, mich selbst in ein solches zu stecken: rosa, fluffig und wunderschön. Wir luden also 80 Leute und einen Fotografen ein, ich suchte die Musik aus und studierte zwei Tänze ein. Es wurde ein unvergesslicher Abend! 29 Der letzte Monat meines Aufenthalts war der schönste und zugleich der traurigste. Ich hatte so viele Menschen kennengelernt und wusste gar nicht, wie ich mich von ihnen verabschieden sollte. Ich schrieb sogar eine Liste, um ja keinen zu vergessen. Vor allem meine Gastfamilie war mir sehr ans Herz gewachsen und ich war ihnen so dankbar für alles. Der Abschied war schmerzhaft. Bei der Abreise aus Deutschland hatte ich gewusst, dass ich nach einem Jahr wiederkommen würde. Aber wann würde ich nach Mexiko zurückkehren können? Unsere Betreuerin machte mir Mut: „No es un adiós sino un hasta luego.“ „Es ist kein endgültiger Abschied, sondern ein auf Wiedersehen.“ Und genauso verhielt sich auch meine Gastfamilie. Als ich meinem Gastvater den Hausschlüssel zurückgeben wollte, sagte er: „Behalte ihn, damit du zurückkommen kannst, wann immer du möchtest. Du bist ein Teil unserer Familie.“ Diese Worte bedeuteten mir mehr als alles andere! In dem Auslandsjahr habe ich viel über eine neue Kultur, eine andere Lebens- und Denkweise, aber auch sehr viel über mich selbst gelernt. Häufig musste ich mich überwinden, Neues auszuprobieren, und änderte in einigen Dingen meine Einstellungen und Meinung. Ursprünglich wollte ich nach Mexiko gehen, um Spanisch zu lernen – am Ende fand ich eine zweite Familie und entdeckte meine Leidenschaft für dieses Land. Julia Hazelaar, 18, ist inzwischen mit der Schule fertig und absolviert derzeit einen Freiwilligendienst in Kolumbien. Im Anschluss plant sie, Psychologie zu studieren.