varieté et cetera
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9.2012 20 JAHRE VARIETÉ ET CETERA DAS BESTE ZUM FESTE! JUBILÄUMSPROGRAMM AB 8. SEPTEMBER www.variete-et-cetera.de www.engels-kultur.de /CEJGP5KGFKG9GNV GKPDKUUEJGPITØPGT ,GOGJTOKVOCEJGPFGUVQITØPGT9GEJUGNP5KGLGV\VICP\GKPHCEJ\W2TQ\GPV ²MQUVTQO&COKVDTKPIGP5KG+JTGP*CWUJCNVCWHFKGITØPG5GKVG(ØTPWT%GPV OGJTRTQ-KNQYCVVUVWPFGHÒTFGTP5KGCMVKXFGP#WUDCWTGIGPGTCVKXGT'PGTIKGPWPF FGP-NKOCUEJWV\KP9WRRGTVCN9GKVGTG+PHQUWPVGT6GNGHQP YYYYUYUVTQOITWGPFG YRRVMQOOWPKMCVKQP 9595641/)4¸0 Gestern wie heute: Pop gegen Popanz, Foto: Francis Lauenau www.engels-kultur.de I September 2012 Udo Lindenberg am Engels-Haus engels-Thema. Die Empörung war laut, deutlich und international zu hören. Zwei Jahre Arbeitslager für Musikerinnen der russischen Punkband PUSSY RIOT, weil sie es wagten, mit gehäkelten Gesichtsmasken in einer Kirche Zar Putin zu kritisieren. Ob sich dieser Einsatz gelohnt hat, wird sich der lupenreine Demokrat allerdings in nächster Zeit fragen müssen. Populäre Musik, so lehrt uns die Geschichte, kann ganze Gesellschaften verändern. Aus den Lautsprechern kam zunächst nur bewegte Luft. Doch der „Sonderzug nach Pankow“ wurde zum Wind des Wandels. Der Schlag des Schmetterlings löste sogar einen Orkan aus. In diesem Monat jährt sich zum 25. Mal der Tag, an dem Udo Lindenberg den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker bei seinem Besuch in Wuppertal vor dem Engels-Haus abfing und ihm mit den Worten „Gitarren statt Knarren“ ein entsprechendes Musikinstrument verehrte. Die Bilder gingen um die Welt und waren sogar heimlich in der DDR zu sehen. Der muffigste Sozialismus auf deutschem Boden war drei Jahre später Geschichte. Lindenberg hingegen wird in diesem Jahr zu Recht für sein fulminantes Comeback gefeiert. Wäre es nicht an der Zeit, jenem Augenblick der E-Gitarren-Übergabe an historischer Stelle ein Denkmal zu widmen? Mal denken sollen auch die Nachtschwärmer der Stadt. Wie zum Beispiel darf in Zeiten des Klimawandels gefeiert werden? Die Initiative GREEN CLUB INDEX gibt darauf Antworten. Und engels behandelt die ökologisch korrekte Art der Abendgestaltung auf den Themenseiten. Reicht es, Bier nicht übermäßig zu kühlen oder muss man als Tänzer auf speziellen schwingenden Platten den Saft für die Grooves selbst erzappeln? Auch die NachwuchsDesignerin NADINE VON SEELEN versucht, Ökologie und Ökonomie miteinander zu versöhnen. engels portraitiert die gebürtige Solingerin, die mit ihrem Fliesenhammer bereits für den Designpreis Deutschland nominiert wurde. Nicht feines italienisches Design, sondern das Italien des vorletzten Jahrhunderts ist im VON DER HEYDT-MUSEUM zu sehen. Fotografien und Gemälde, positioniert zwischen aufkommendem Tourismuskitsch und sozial engagierter Bildreportage, zeigt die Ausstellung BELLA ITALIA – FOTOGRAFIEN UND GEMÄLDE 1815-1900. Noch weiter in die Vergangenheit weist eine Premiere am Opernhaus. DER FREISCHÜTZ spielt in einem transparenten Wald, der Protagonist wird, wie es sich in einem romantischen Singspiel gehört, zum Schluss gerettet. Ein neuer Trend im Kino ist der Luxus. engels berichtet von entsprechenden Entwicklungen in Berlin, Frankfurt, München und Köln. Wann die ersten klappbaren Ledersessel in Wuppertals Kinos montiert werden, ist aber noch ungewiss. Neu ins normale Kino kommt der Film WIR WOLLTEN AUFS MEER. engels sprach mit Hauptdarsteller ALEXANDER FEHLING über seine Erfahrungen im realen Sozialismus und seinen kometenhaften Aufstieg. Dokumentarfilmer PHILIP SCHEFFNER hingegen erzählt im engels-Interview über die Hintergründe zu seinem neuen Werk REVISION. Das neue Werk von Michael Haneke LIEBE thematisiert ebendiese Gefühlsregung im hohen Alter. Was geschieht, wenn sich das Ende dieser Liebe brachial ankündigt? LUTZ DEBUS 4 GREEN CLUBBING: Marketing-Gag oder Beitrag zur Klimarettung? 5 Interviews mit dem Energieberater der EnergieAgentur.NRW Stefan Leuchten und Christos Miskou, Projektleiter bei der eventum GbR Bühne. 8 „Der Freischütz“ eröffnet die neue Spielzeit am Opernhaus 9 Tanz: Das Wuppertaler Tanztheater in der Spielzeit 2012/13 10 Opernzeit: „Elektra“ an der Deutschen Oper am Rhein Tanz in NRW: Mit dem Tanz die Generationen erforschen 11 RuhrTanz: Jan Lauwers’ fulminantes Musiktheater 12 Theater in NRW: „Urbane Künste Ruhr“ stellt sich vor Oper in NRW: „La Bohème“ in Dortmund 13 Klassik in NRW: Die Kölner Musiknacht wählt ein Motto Kino. 14 Film des Monats: „Liebe“ 15 weitere Film-Kritiken 17 Roter Teppich: Alexander Fehling im Interview 19 Gespräch zum Film: Philip Scheffner über seine Doku „Revision“ Filmwirtschaft: Der Trend geht zu Deluxe-Kinosälen Literatur. 21 Textwelten: Lutz Görner verwandelt die Angst vor großer Kunst in Lust 22 ComicKultur/Wortwahl: Comic- und Buch-Empfehlungen im September 23 Poetry: Die Kolumne von Sebastian23 Musik. 24 Kompakt Disk: Neue Alben im September Popkultur in NRW: Die RuhrTriennale kommt nicht in der Welt des Pop an 25 Improvisierte Musik in NRW: „Root 70“ trifft auf Weltklasse-Streicher Kunst. 26 Wupperkunst: Fotografien und Gemälde von „Bella Italia“ im Von der Heydt-Museum 27 Kunst-Kalender NRW Service. 3 Intro 4 Portrait: Industriedesign-Studentin Nadine von Seelen 28 Auswahl: Veranstaltungstipps im September Kolschewsky 29 Impressum culture clubs: Variete et cetera-Geburtstagsshow/L everkusener Jazztage 30 engels zungen/Verlosungsbox Lesen Sie mehr auf www.engels-kultur.de Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. Neu unter allen Texten im Internet: Empfehlen, Weitersagen, Kommentieren, unter www.engels-kultur.de © Bettina Stöß/Stage Picture Oper in NRW „La Bohème“ in Dortmund Film des Monats „Liebe“ Wupperkunst „Bella Italia“ Seite 12 Seite 14 Seite 26 portrait Freut sich auf ihre berufliche Zukunft als Industriedesignerin: Nadine von Seelen Produkte für die Zukunft Die junge Industriedesign-Studentin Nadine von Seelen im Portrait „Ich hatte immer Interesse an Kunst und Design“, erinnert sich Nadine von Seelen. Inspiriert vom Beruf der Verwandten – Tante und Onkel sind Grafikdesigner – nahm die gebürtige Solingerin nach dem Abi an Info-Veranstaltungen der Designer an der Bergischen Uni teil. Dort begeisterte der Industriedesigner und Hochschulprofessor Martin Topel, der unter anderem bei Matteo Thun in Mailand aktiv war, sie noch weiter für die Materie: „Er kann sehr gut reden und hat Lust auf die Ausbildung gemacht. Also habe ich Bewerbungsmappen zusammengestellt und gemerkt, dass ich die meisten Zeichnungen nicht gebrauchen konnte.“ Produkte unter dem Gesichtspunkt von Form und Funktion zu untersuchen und zu entwerfen war damals noch Neuland für die Studentin in spe. 2006 aber immatrikulierte Nadine von Seelen sich für den Studiengang Industriedesign. Dass das in Wuppertal passierte, war nicht der Nähe zum Elternhaus geschuldet, sondern eine bewusste Entscheidung, „weil hier ein junges Team lehrt. Das Studium war vom ersten Tag an das richtige für mich.“ Für ihre Abschlussarbeit, den Bachelor, ist sie jetzt nach München gegangen. Für den Laien, und letztlich sind die meisten Nutzer und Konsumenten das, versöhnen Industriedesigner wie die 25jährige Solingerin die Technik mit dem Sinnlichen. Normalerweise würde man ein Werkzeug wie den Fliesenhammer keines Blickes würdigen. Wird es benötigt, wird es aus dem Dunkel der Werkzeugkiste befreit und nach Gebrauch wieder dorthin verfrachtet. Der von Nadine von Seelen entworfene Fliesenhammer, der vor allem präzises und ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen will, wurde für den Designpreis Deutschland 2011 nominiert – unter anderem wegen des Zusammenspiels seiner Kontur und Verlauf des Stiels in Kombination mit rutschfesten Griffzonen, wie es in der Begründung der Jury heißt. Im besten Fall werden Produkte so zu käuflichen Kultobjekten, deren mal formschönes, oft anheimelndes und stilvoll-zweckmäßiges Design sie gegenüber anderen Alltagsgegenständen auszeichnet und hervorstechen lässt. „Design ist ein 24-Stunden-Job“ semester in Wien einzulegen. „Ich bekam noch am gleichen Tag Antwort auf meine Online-Bewerbung. Das war einer der tollsten Momente“, versucht sie ihr Gefühl in Worte zu fassen. Sechs Monate verbrachte sie als Stipendiatin in Wien, studierte bei Hartmut Esslinger, der sich mit „High Touch Design“ einen Namen gemacht hat. Von 2006 bis 2011 hatte er eine Professur für Industrial Design an der Universität inne, jedes Jahr gab er seinen Studenten ein Thema vor, zu dem sie experimentierten. „Dorian“, auf der gleichnamigen Romanfigur von Oscar Wilde basierend, lautete das Projekt von Nadine von Seelen: „Ein moralisch-soziales Netzwerk mit offener Entwicklung und ohne Grenzen.“ Wirkliche Idole oder erklärte Vorbilder hat die junge Designerin nicht. „Du musst deinen Weg selber finden.“ Ganzheitliche Design-Ansätze gefallen ihr, nachhaltig beeindruckt ist sie von Lehrern wie Brigitte Wolf – oder eben Hartmut Esslinger. Als sie ihm das erste Mal begegnete, sah der Designer in seinem pinken Pulli, neongrünen Sneakern und zerrissener Jeans mehr als nur sonderbar aus. „Und dahinter pure Genialität.“ Solche Begegnungen haben sie gelehrt, vorsichtig im Urteil über Menschen zu sein. Was nach ihrem Bachelor-Abschluss kommt, an dem sie zurzeit in Kooperation mit dem Unternehmen frog design arbeitet, hält sie sich zunächst offen. „Design ist ein 24-Stunden-Job und sehr erfüllend. Es ist ganz selten, dass ich nicht daran denke“, schwärmt sie von ihrem Beruf. „Jeden Tag passiert etwas Neues, du erlebst viele interessante Persönlichkeiten. Und es gibt eine Zukunft: Produkte wird es immer geben.“ VALESKA VON DOLEGA Die Industrial Designer an der Bergischen Universität Wuppertal (uwid) präsentieren am 14. September ab 19 Uhr aktuelle Diplomarbeiten und die Ergebnisse aus den Studienprojekten. Die Ausstellung in Gebäude K/neues Hörsaalgebäude am Campus Grifflenberg ist auch Samstag und Sonntag von 12 bis 16 Uhr zu sehen. Allein: Fertigungstechniken zu präzisieren, darin sah und sieht sie ihr Talent nicht. Aber das Künstlerisch-Visionäre ist ihr Ding, und weil sie vielseitig interessiert ist, entschied sie sich nach dem vierten Semester, ein Auslands- 4 thema Synergieeffekte nutzen! Illustration: Sven Siebenmorgen Klimaneutrales Abfeiern Der „Green Club Index“ ermutigt Veranstalter, Energie zu sparen Manche Dinge scheinen auf den ersten Blick nicht resser, so stellte sich heraus, als die Kühlung der zu passen. Sardinen und Schokolade. Tom und Getränke. Englische Pubs mögen dieses Problem Jerry. Ehe und Glück. So mag es sich auch mit den nicht so sehr haben. Aber der KontinentaleuroWörtern Öko und Disco verhalten. Ökologie galt päer trinkt sein Kaltgetränk gerne kalt. Allerdings lange Jahre als ein Synonym für Verzicht. Disko- helfen zuweilen ganz einfache Maßnahmen, theken und Clubs wiederum sind eher die Tem- Strom zu sparen. Daumendicke Eisflächen vor den Kühlaggregaten schütpel des Hedonismus. zen nach dem Iglu-PrinLatzbehoste Grünkernengels-Thema im September:: zip Saftflaschen vor der brätlingesser und miniKälte. Sind zusätzlich die berockte SchönheitsköÖkologische Freizeitgestaltung gewinnt an Bedeuwärmeableitenden Fläniginnen boten bislang tung und Beliebtheit. Die Berliner Initiative „Green chen an der Rückseite nur einen publikumsClub Index“ möchte jetzt auch Discos „grüner“ mader Kühlschränke mit wirksamen Kontrast in chen. Feierkultur und Nachhaltigkeit allerdings gedicken Staubschichten TV-Formaten wie „Das hen auf den ersten Blick kaum Hand in Hand. Hanverhangen, ackert der Model und der Freak“. delt es sich also nur um einen Marketing-Gag der Sparte „Greenwashing“, oder können Clubbesitzer Wärmetauscher doppelt In der Realität lebten und -gänger tatsächlich einen echten Beitrag zur unnütz. Auch müssen Umweltaktivisten und Klimarettung leisten? die Kühlungen nicht die Szenegänger in Parganze Woche laufen, allelwelten. Doch die Zeiten ändern sich. Die LOHAS-Bewegung ver- wenn der Veranstaltungsort zum Beispiel nur sucht mit Macht, Lifestyle mit Wildlife zu verbin- am Wochenende geöffnet hat. Energieeffiziente den. Diese Tendenz nutzt eine Initiative aus Ber- Neuanschaffungen können natürlich auch bares lin. Der „Green Club Index“ möchte Diskotheken Geld bringen, sobald sich deren Kosten durch die und andere Veranstalter dazu bewegen, auf um- Einsparung amortisiert haben. Und das ist oft weltfreundliche Technologie umzusteigen und nach zwei Jahren schon der Fall. Die beteiligten ressourcensparend zu wirtschaften. Laut Aussage Clubs in NRW waren durchaus überrascht, welche der Initiative verbraucht eine durchschnittliche Sparpotentiale durch einfache Maßnahmen ausLocation im Jahr 150.000 kWh Strom. Das ent- zuschöpfen waren. spricht dem Bedarf von 40 Drei-Personen-Haushalten. Geht man von über 5.000 Diskotheken in „Wir laufen nicht mit dem Zeigefinger herum“ Deutschland aus, kommt schon ein erklecklicher Das Modellprojekt, bei dem sich bislang mit dem Verbrauch in diesem Zweig der Freizeitindustrie Butan und dem eventum nur zwei Veranstalter in zusammen. Noch gieriger sind Großevents. Ein Wuppertal beteiligt haben, kann durchaus Nachdurchschnittliches Festival pulvert die CO2-Emis- ahmer gebrauchen. Dabei geht es den Organisasionen einer Stadt von 50.000 Einwohnern in die toren des „Green Club Index“ nicht nur um das Luft, erklärt Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut ganz praktische Einsparen von CO2-Emissionen, für Klimafolgenforschung. sondern auch um eine Änderung des Verständnisses der Besucher. Wer feststellt, dass seine In Nordrhein-Westfalen haben sich nun sechs Stammdisco ökologisch denkt und handelt, ist Clubs an der Initiative beteiligt. Zunächst wurde vielleicht dadurch auch motivierter, seine eigenen ermittelt, wie viel Strom pro Besucher und Jahr Verbrauchsgewohnheiten zu ändern. Außerdem an jedem Veranstaltungsort verbraucht wird. In soll es trotz anderslautender Gerüchte auch beim einem zweiten Schritt wurden einfache Energie- eher jungen Publikum Menschen geben, denen das sparpotentiale gesucht und gefunden. Weniger Thema Klimawandel nicht egal ist. Manche WirtBeschallung und Beleuchtung sind die Energief- schaftsunternehmen machen inzwischen mit ih- Green Clubbing 5 rem grünen Image sogar Werbung. Eine Kinokette erklärt in einem Spot vor jedem Hauptfilm, dass sie nur Strom aus regenerativen Quellen nutzt. Bierbrauereien retten den Regenwald. Autos lassen Bäume sprießen. Limonade ist aus biologisch angebauten Zutaten hergestellt. Ähnliche Marketingeffekte nutzen inzwischen auch Musiker. Die englische Band „Radiohead“ vertröstete einen Talkmaster in New York, der sie in seine Sendung eingeladen hatte, mit einer Videobotschaft. Der Flug in die USA sei ökologisch für einen kurzen TV-Auftritt nicht zu rechtfertigen. Talkmaster und Band profitierten durch diese unkonventionelle Teilnahme an der Show durch gesteigerte Aufmerksamkeit, die Umwelt durch ein paar gesparte Liter Kerosin. Auch die Helden von früher werden wieder aktiv. Der alte Neil Young ließ vor ein paar Jahren seinen legendären Lincoln Continental Cabrio MK IV umbauen. Der Acht-Zylinder-Motor mit einem Hubraum von 7,5 Litern flog raus. Stattdessen wurde ein mit Biosprit betriebener Wankelmotor mit ergänzender Hybridtechnik eingebaut. Die Umrüstung vom Schluckspecht zum grünen und trotzdem amerikanischen Traum beschrieb er in dem Song „Johnny Magic“. Ob man allerdings weit über zwei Tonnen Blech bewegen muss, um einem älteren Herrn eine Freude zu machen, bleibt dahingestellt. Auch die Initiatoren vom „Green Club Index“ wollen niemandem Zumutungen abverlangen. Jacob Bilabel erklärt auf der Homepage, dass die Initiative das „…unsexy Thema Energieeffizienz in den Club“ bringt. Der Club soll nach seiner Meinung ein Ort der Vergnügung bleiben. „Wir laufen da nicht mit dem Zeigefinger herum. Der Club ist genauso laut, genauso schön und genauso lustig, aber wir werden in Zukunft weniger Strom dafür verbrauchen.“ Das klingt verlockend. Fisch und Schokolade bilden in der mexikanischen Küche übrigens eine phantastische Kreation. TEXT/INTERVIEWS: LUTZ DEBUS thema Mit LEDs lassen sich schöne Lichteffekte zaubern, Foto: eventum Wuppertal „Eine Disco kann natürlich nicht warme Getränke anbieten“ Stefan Leuchten zur Energieeffizienz in der Freizeitbranche engels: Herr Leuchten, sind die Clubs und Discos gewartet werden. Zum Zweiten können die Kühlschränke abgestellt werden, wenn sie nicht gebraucht die größten Energiefresser des Landes? werden. Viele Clubs sind nur am Stefan Leuchten: Sicher nicht. Da „Es gibt immer UnternehWochenende geöffnet. Und durch gibt es andere Wirtschaftszweige: men, die sich für EnergieefNeuanschaffungen energiesparender die Chemieindustrie, die Metallinfizienz nicht interessieren“ Anlagen kann man auch oft sparen. dustrie … Bei der Aluminiumherstellung wird sehr viel Strom benötigt. Aber auch Clubs verbrauchen viel Strom, weil es doch eine Gibt es noch andere Einsparmöglichkeiten? große Anzahl davon gibt. Ja, manche Clubs wechselten zu einem Ökostromanbieter und haben so Geld gespart und ihre CO2-EmisDer Green Club Index ist also mehr als ein PR-Gag? sion reduziert. Bei der Beleuchtung kann man auf Natürlich. Uns geht es in erster Linie darum, die teil- Energiesparlampen und LEDs umstellen. Auch beim nehmenden Einrichtungen zu beraten, damit diese Betrieb der Lüftungsanlage gibt es Sparpotentiale. ressourcenschonender und damit kostengünstiger arbeiten können. Natürlich wird das Engagement Der Konsument muss durch die Einsparungen des Clubs auch nach außen dargestellt. Insofern nicht auf sein Vergnügen verzichten? Das ist unser Ziel. Eine Disco kann natürlich nicht nimmt der Besucher auch etwas mit. warme Getränke anbieten oder auf eine Light-Show verzichten. Wie funktionieren die Einsparungen? Wir haben festgestellt, dass der größte Energieverbraucher in den Clubs die Kühlung ist. Hier gibt es drei In Wuppertal nehmen im Moment zwei EinEinsparmöglichkeiten. Die Geräte sollten regelmäßig richtungen am Green Club Index teil. Ist das Konzept ausbaubar? Natürlich möchten wir, dass die Idee weitere Kreise zieht. Wir wollen nun externe Berater schulen. Als EnergieAgentur.NRW können wir nicht alle Clubs des Landes beraten. Alle Discos werden grün? Die Erfahrung in anderen Branchen zeigt, dass wir nie alle ansprechen können. Es gibt immer auch Unternehmen, die sich für Energieeffizienz nicht interessieren. ZUR PERSON Stefan Leuchten (44) ist Energieberater bei der EnergieAgentur. NRW. Foto: EnergieAgentur.NRW Lesen Sie die Langfassung unter www.engels-kultur.de/thema Den neuesten Stand der Technik installiert Christos Miskou über Klimaschutz im eventum engels: Herr Miskou, warum ist Ihr Veranstal- kosten haben wir aber nicht. Bei Veranstaltungen heizt sich der Raum wegen seiner guten Isolierung tungsort grün? Christos Miskou: Das eventum haben wir erst vor nach kurzer Zeit durch die Besucher. Kurzem im ehemaligen Orchester„Vergleichbare Lokalitäten in Warum sind dann nicht alle saal der Musikfachhochschule in Wuppertal verbrauchen Clubs ökologisch so gut aufgeder Friedrich-Ebert-Straße eröffoft über doppelt so viel stellt? net. Wir fanden einen leeren Raum Strom wie wir“ Bestehende Einrichtungen vor und mussten die Einrichtung neu anschaffen. Dadurch bot sich an, den aktu- müssten für eine Umrüstung viel Geld in die Hand nehmen. Das mag zunächst abschrecken, obwohl ellsten Stand der Technik zu installieren. es sich längerfristig lohnt. Ist die Stromrechnung für Sie ein großer KoMit dem Green Club Index sind Sie bundesweit stenfaktor? Ja, deshalb lohnt sich die Anschaffung von strom- vernetzt. Macht das Sinn? sparenden Kühlschränken und LEDs zur Beleuch- Wir haben schon einige Events von Firmen hier tung. Vergleichbare Lokalitäten in Wuppertal ver- gehabt, die durch diese Vernetzung auf uns aufmerksam geworden sind. Wir haben dann ein brauchen oft über doppelt so viel Strom wie wir. spezielles Bio Food-Buffet angeboten. Wenn eine Veranstaltung gut für die Umwelt ist, darf sie auch Gibt es weitere Einsparmöglichkeiten? Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Insofern schon mal ein paar Euro mehr kosten. sind bauliche Veränderungen nur bedingt möglich. Wir heizen über das Fernwärmenetz. Das ist schon Honorieren auch Ihre Gäste Ihr Engagement? eine recht ökologische Energiequelle. Hohe Heiz- Unsere Gäste registrieren das in der Regel leider 6 gar nicht. Es wäre schön, wenn der Green Club Index einen entsprechenden Button vergeben würde, den man als Betreiber an den Eingang kleben könnte. Das könnte aber auch gut der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband übernehmen. Haben Sie Wünsche für die Zukunft? Die Idee des Green Club Index sollte sich noch viel mehr verbreiten. Bislang gibt es in NordrheinWestfalen nur wenige Clubs, die sich an dieser Initiative beteiligen. ZUR PERSON Christos Miskou (33) ist Projektleiter bei der eventum GbR. Foto: privat thema Das Butan – auch dabei beim Green Club Index, Foto: Mareike Wahle Grünes Gewummer Der Bahnhof Langendreer in Bochum macht mit beim Green Club Index Eine laue Sommernacht im August, kurz nach Mitternacht. Während es draußen noch angenehm warm ist, wummern im Bahnhof Langendreer die Bässe. „La Schmoov“ – so heißt die Party an diesem Freitag, bei der die Partyjünger aus dem Ruhrgebiet Hip-Hop, Electro Funk und Dancehall auf die Ohren bekommen. Thomas ist an diesem Freitagabend gemeinsam mit seinen Freunden bei „La Schmoov“. Die Musik beschallt ihn, die bunten Lichter umkreisen ihn, ein gekühltes Getränk lächelt ihn an. Was auf den ersten Blick selbstverständlich wirkt, ist auf den zweiten Blick auch ein Energie- und Kostenfaktor: Boxen, Lichtanlage und Kühlschränke sind nur einige von zahlreichen Geräten, die den Stromverbrauch in Clubs zum Explodieren bringen. Um eine Party am Laufen zu halten, verbraucht eine Diskothek immens viel Energie. Deshalb engagiert sich der Bahnhof Langendreer als einziger Veranstaltungsort im Ruhrgebiet bei der Initiative „Green Club Index“. Von dem ökologischen Engagement des Bahnhofs hat Thomas bisher noch nichts gewusst. „Der Club sollte viel offensiver bewerben, dass er bei der Initiative mitmacht“, sagt er. Das habe auch den Nebeneffekt, dass sich das Umweltbewusstsein der Gäste verstärke. „50 Cent mehr für Ökostrom wären kein Ding“ Neben Thomas steht Marc. Der ist eher zufällig heute auf dieser Hip-Hop-Party gelandet. Zwar war der Jazz-Pianist bereits auf der einen oder anderen Veranstaltung des Bahnhofs, bisher aber noch nie auf dieser Party. Marc – besonders auffällig: sein schwarzes Shirt mit der weißen Aufschrift „I love Jazz“ und die rotkarierte Hose – ist sehr umweltbewusst: „Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie man die Natur möglichst schonen kann.“ Er bezieht seine Energie über einen Ökostrom-Anbieter und demonstriert gegen Atomstrom. Dass es zu dem am billigsten produzierten Strom auch Alternativen geben muss, davon ist Marc überzeugt: „Ich würde immer die andere Energie nehmen, auch wenn ich mehr zahlen muss.“ Auch im Alltag achtet er darauf, die Umwelt zu schonen: Er fährt Fahrrad, läuft Treppen, zieht bei Stand-by-Geräten den Stecker raus. Genauso wenig wie Marc ist auch seiner Begleiterin Christina bisher das Engagement des Bahnhof Langendreer bekannt. „Alles, was die Umwelt nicht belastet, finde ich super“, sagt sie. Sie ist ebenfalls umweltbewusst, achtet auf einen effizienten Stromverbrauch, trennt Müll, sortiert Glas und Zeitungen. Da beginnt mitten im Partylärm eine umweltpolitische Debatte. Auch Thomas ist gegen Atomstrom. Er findet die Energiewende sinnvoll und würde mehr zahlen, wenn eine Disco Ökostrom verwendet: „50 Cent mehr für Ökostrom wären kein Ding.“ Allerdings sollten die Kosten transparent sein, nicht als versteckte Preiserhöhung daherkommen. Als umweltbewusst würde Thomas sich trotzdem nicht bezeichnen. Dann müsste er ein Auto fahren, das weniger als zehn Liter verbraucht, gibt er schmunzelnd zu. ANKE-ELISABETH SCHOEN Natural’s not in it Das schwierige Verhältnis von Pop und Naturbewusstsein Pop und Natur – das geht eigentlich nicht zusammen. „Natural’s not in it“, sangen Gang Of Four 1979 und damit war klar, dass die Affekte von Pop ohne das Schlamassel aus Warenform und Entfremdung nicht zu haben sind. Und als der ÖkoBewegung in den frühen 1980ern auch nichts Besseres als Parkas und Technologieverzicht einfiel, erfreuten sich die Zitat-Popper an der Vielfalt der kulturindustriell feilgebotenen Identitäten. Und sie hatten Recht – die Umweltbewegung brauchte einige Zeit, um sich von Esoterikern und Sozialdarwinisten zu befreien. Kein Wunder also, dass die Natur für Pop-Fans bis heute nicht ganz koscher ist. Trotzdem gibt es selbstverständlich auch Pop, der „Natürlichkeit“ nicht nur als Zeichen benutzt. Der amerikanische Songwriter Bon Iver zog sich 2007 in eine einsame Hütte in Wisconsin zurück, um dort sein Album „Emma, Forever ago“ aufzunehmen. Sicher, die Rückkehr zur Natur ist ein alter amerikanischer Mythos, aber Bon Iver hatte nicht vor, das neue „Walden“ zu schreiben. Stattdessen hat er das Ende einer Beziehung verarbeitet und die Nähe zur Natur sollte einen „ungefilterteren“ Zugang zu den eigenen Gefühlen ermöglichen. Der sensible Jungmann findet in der Wildnis zu sich selbst. So weit, so restaurativ. „Die Umweltbewegung brauchte einige Zeit, um sich von Esoterikern und Sozialdarwinisten zu befreien“ Anders halten es die Black-Metaller von Wolves in the Throne Room mit ihrer Nähe zur Natur. Sie leben im US-Bundesstaat Washington auf einer Farm ein Leben aus DIY und Selbstversorgertum, auf Tour gehen sie nur mit Bedenken über ihre Klimabilanz. Bei ihren Auftritten schmücken sie ihr Bühnenbild mit Tannenzweigen, und in dieser Kulturlandschaft spielen sie symphonischen Black Metal, der zwischen dem brutalstmöglichen Schockeffekt und ausgedehnten Spannungsbögen schwankt. Eine spirituelle Verbundenheit zu ihrer Heimat im Nordwesten sucht Sänger Aaron Weaver, aber dies will er bewusst nicht als „Blut-undBoden-Ideologie“ verstanden wissen. Genauer wird er in seinem ökologischen Aktivismus nicht, aber muss ja auch nicht sein. 7 Denn meistens steht ein ökologisches Sendungsbewusstsein dem guten Popsong doch eher im Weg. Michael Jacksons „Earth Song“ lässt sich selbst in totenehrfürchtiger Verklärung nur als narzisstisches Rührstück beschreiben. Und Wolf Maahns Auftritte auf den letztjährigen Anti-Atom-Demos waren eine akustisch eher verzichtbare Form von Solidarität – der Elektronik-Producer Moby hat zumindest nur seine Booklets mit Ratschlägen für eine bessere Welt zugekleistert. Dabei ist es eigentlich naheliegend, technologisch avancierte Musik mit avancierter Umwelttechnologie zu koppeln, ohne dass sich beide in die Quere kommen. Die Breitwand-Raver Orbital haben in den späten 1990ern als Werbemaßnahme für Greenpeace ein paar Gigs ausschließlich per Solarenergie befeuert. Und heute, wo Pop eh zuerst Mode ist, versöhnt die New Yorker Designerin Nicola Formichetti Rave-Ästhetik und Naturmaterialien, als hätte es den Gegensatz von Öko und Pop nie gegeben. CHRISTIAN WERTHSCHULTE bühne Andrea Schwalbach inszeniert den „Freischütz“, Foto: Wuppertaler Bühnen Kein Schutz, kein Halt im Wald Andrea Schwalbach eröffnet mit ihrer „Freischütz“-Inszenierung die neue Spielzeit am Opernhaus Schwerpunktthema der Spielzeit 2012/13 an der Oper der Wuppertaler Bühnen ist zwar Spanien, eröffnet aber wird die neue Spielzeit mit Carl Maria von Webers romantischer Oper „Der Freischütz“, zeitweilig als „deutsche Nationaloper“ diskreditiert. Intendant Johannes Weigand und sein Dramaturg Johannes Blum waren sich schnell darüber einig, diesen Klassiker dabei haben zu wollen. „Es ist ein deutungsintensives Stück, in das man eingreifen und mit dem man arbeiten kann“, sagt der Dramaturg. „Es bietet im besten Sinne Angriffsflächen.“ Musikalische Farben der Finsternis Die vielen kleinen Geschichten, die den „Freischütz“ ausmachen, teilweise rührend-naiv, andererseits ideologisch, machen Webers Komposition und Johann Friedrich Kinds Libretto so interessant. Realisieren wird das Spektakel Andrea Schwalbach, die damit ihr Regiedebüt in Wuppertal gibt. „Ich hatte viel von ihr gesehen und wusste, das wird etwas Gutes“, beschreibt Johannes Blum. „Ich gucke bei meinen Inszenierungen grundsätzlich nicht nach rechts und links, ich bin sogar ignorant“, erklärt die Regisseurin ihre Vorgehensweise hinsichtlich bereits gelaufener Arbeiten anderer Kollegen. Bei Weber und seinem Librettisten Kind spielt „Der Freischütz“ kurz nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges. Jäger zu sein ist ein grandioser Beruf. Entsprechend lohnt jede Anstrengung, noch dazu, wenn man sich so eine Braut einhandelt und damit soziale Sicherheit. Max (Niclas Oettermann) soll seine Liebe zu Agathe (Banu Böke) mit einem Probeschuss unter Beweis stellen. Er ist sehr aufgeregt und lässt sich in der Nacht davor, in der berüchtigten Wolfsschlucht-Szene, Freikugeln gießen – so etwas wie ein romantisches Viagra. Obwohl er sich auf diesen Pakt mit Kaspar (neu im Ensemble: John In Eichen) einlässt – keinem Freund, sondern einem Konkurrenten –, trifft er nicht, gerät in Panik und ein Eremit rettet ihn zum guten Schluss. Diese Geschichte von Sehnsucht und Seele, von der Bestie im Menschen, im Kampf um Träume und Wünsche, spielt auch bei Schwalbach im Wald. Der aber hat wenig mit der viel besungenen grünen Üppigkeit und anheimelnden Idylle gemein, sondern ist ein transparentes Gebiet, das kei- ne Möglichkeit des Rückzugs bietet. Es gibt also, führt die Regisseurin aus, keine beglückende Fassade, hinter der das Böse lauert und Abgründe gähnen. „Angst, Not und Beklemmung gibt es von Anfang an. Jeder weiß über alles Bescheid, man spricht nur nicht darüber. Dadurch entsteht ein dichtes Geflecht, ein hoher Druck lastet auf den Leuten. Die zivile Gesellschaft ist leicht angreifbar und brüchig.“ Wer sich mit dem Teufel einlässt, riskiert sein Leben Diese persönlichen und gesellschaftlichen Konflikte werden gezeigt. Ännchen (Dorothea Brandt/Elena Fink) ist ein Kontroll-Freak und zitiert gerne Sprichworte, sie und Agathe sind Freundinnen oder junge Verwandte, aber nicht wie im Original Zofe und Dame. „Herrin und Dienerin, das ist passé, die beiden begegnen einander auf Augenhöhe.“ Kaspar hat seine Seele bereits verkauft und animiert den arglosen Max dazu, das auch zu tun. Der Jägerchor ist ein Revolutionschor, der die Obrigkeit in erste Schranken verweist, und der Eremit ist weniger Gutmensch und Christ als jemand aus dem Hier und Jetzt, der Verantwortung übernimmt. „Alle Figuren haben Tiefe, dadurch wird es ein psychologisches Spiel.“ Dass das Ganze „freudig endet“, wie Weber seiner Braut schrieb, haben die Wuppertaler aufgenommen: „Es ist kein ‚glückliches Ende’. Aber es gibt keine Verbannung, sondern eine Art Aufflackern von Demokratie.“ Musikalisch braucht die Aufführung keinen Vergleich zu scheuen. Florian Frannek hat die musikalische Leitung, als Zuhörer darf man auf empfindsame Herzenstöne und beklemmende psychische Implosionen gespannt sein. „Es lohnt sich, die Augen zu schließen und einfach zuzuhören.“ Das jedenfalls empfiehlt die Regisseurin. Allerdings würde dann der Blick auf Bühnenbild und Kostüme wegfallen. Hier übrigens wird relativ zeitgenössisch dargestellt, „es geht aber weniger um eine Zeit, als um Menschen.“ VALESKA VON DOLEGA „Der Freischütz“ I 14.9. 19.30 (P)/16.9. 18 Uhr/29.9. 19.30 Uhr www.wuppertaler-buehnen.de 8 tanz „Iphigenie auf Tauris“, Foto: Bettina Stöß Die Vergangenheit birgt Schätze Das Wuppertaler Tanztheater in der Spielzeit 2012/13 Es ist dieser erdige Geruch, den man sofort wahrnimmt, schwer und würzig, der einen an den Garten, die Blumen und die Fruchtbarkeit, aber auch an den Friedhof erinnert. Es gibt wohl keinen Ort, an dem man ihn weniger erwarten würde als gerade in einem Theatersaal. Aber auch im Theater werden Schlachten geschlagen. Eine denkwürdige ereignete sich vor genau 100 Jahren im Pariser Théâtre des Champs Elysées, als Igor Strawinskis „Sacre du Printemps“ uraufgeführt wurde. Ein Moment, den manche Historiker als die Geburtsstunde der Modernen Kunst bezeichnen. Der göttliche Nijinsky tanzte 1913, und nun wird das Wuppertaler Tanztheater zum Jubiläum an gleicher Stelle Pina Bauschs Inszenierung des „Frühlingsopfers“ präsentieren. Die entstand 1975, als Pina Bausch noch am Beginn ihrer Karriere als Choreografin stand und sich mit einem türeknallenden Publikum herumschlagen musste. Dennoch kann man getrost davon ausgehen, dass niemand, der diese Produktion einmal gesehen hat, sie jemals vergessen wird. Solche Spuren hinterlässt nur große Kunst. Getanzt wird auf einem Mutterboden. Eine Tatsache, die dazu führt, dass die Tänzerinnen in ihrem Weiß bald wie geschundene Kreaturen ausschauen und letztlich neben der einen, die als Opfer ausgewählt wird, die restlichen Jungfrauen wie Geschlagene das Erwachen des neuen Tages erwarten. Dieses Meisterstück wird in der kommenden Spielzeit den Programmschwerpunkt in Wuppertal bilden. Aber die Schatztruhe mit denkwürdigen Produktionen, die Pina Bausch hinterlassen hat, ist reich bestückt. So ist für das Frühjahr 2013 eine Neueinstudierung von einem jener Stücke geplant, die das Wuppertaler Tanztheater an die Spitze der Tanzwelt katapultierten. 1984 zeigte man „Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört“, das ebenfalls mit den wuchtigen Effekten der Erde spielt, die den Bühnenboden bedeckt. Einen Blick zurück auf die Entwicklung des Tanztheaters, seine Gattung und seine Rezeption in Deutschland bietet im Oktober die Wiederaufführung der Tanzoper „Iphigenie auf Tauris“ von Christoph Willibald Gluck, die Pina Bausch 1975 im ersten Jahr nach der Gründung in Wuppertal inszenierte. Eine Arbeit, in der sie sich zwar stilistisch in einem Übergang befand und Elemente des Modern Dance noch vorhanden waren, die aber schon damals von der Kritik als Zäsur innerhalb der Geschichte des Tanzes in Deutschland erkannt wurde. Ungebrochener Beliebtheit erfreuen sich die Wuppertaler auf den Tanzbühnen dieser Welt, und so stehen in der kommenden Spielzeit Gastspiele unter anderem in New York, Taipeh, Peking, Paris, Barcelona oder Neapel an, nachdem man gerade im Rahmen des Kulturprogramms der Olympischen Spiele in London eine umjubelte Werkschau zeigen konnte. Erotische Akzente setzt die Spielzeit gleich zu Beginn mit zwei delikaten Produktionen. „Two Cigarettes in the Dark“, uraufgeführt 1985, wurde im letzten Jahr neu einstudiert und erzählt von einer Gruppe Männer und Frauen, die Kontakt zueinander suchen, die verführen möchten und doch nicht zueinander finden können. Eine hochaktuelle Inszenierung über viel Kommunikation, die zu wenig Beziehung führt. Gleichwohl ein Stück, das in der neu einstudierten Fassung mit schnalzender Erotik aufgeladen und einer Musikcollage bestückt ist, die von Monteverdi bis Ravel reicht. Musik spielt auch in „Masurca Fogo“ eine zentrale Rolle, eine der unbeschwertesten Produktionen des Hauses, die in Zusammenarbeit mit der EXPO 98 in Lissabon entstand. In allen Tonlagen darf hier gestöhnt werden und das Repertoire der sinnlichen Verführung reicht vom Fado über den Walzer bis zum Tango, auch hier blieben die Bühnenbilder unvergesslich. Die neue Spielzeit kann kommen, das Angebot ist eine Freude. THOMAS LINDEN 9 tanz in NRW opernzeit „Elektra“, Foto: Hans Jörg Michel „Diese Musik stinkt!“ „Unter Uns!“, Foto: Caroline Simon Besser als Fernsehen „Elektra“ an der Deutschen Oper am Rhein Wie man mit den Instrumenten des Tanzes die Generationen erforscht Mit diesem vernichtenden Urteil zur Uraufführung im Jahr 1909 verkannte ein Musikkritiker Richard Strauss’ späteren Welterfolg „Elektra“. Andere beschimpften den Meilenstein in der Musikgeschichte als eine „wahre Hässlichkeitsorgie“. Doch Strauss reagierte bajuwarisch gelassen: „Wenn auf der Bühne eine Mutter erschlagen wird, kann ich doch im Orchester kein Violinkonzert schreiben.“ Eine Königsfamilie schlachtet sich ab: Im Zentrum des Geschehens steht die Königstochter Elektra, die den Mord an ihrem über alles geliebten Vater Agamemnon rächen will, den ihre Mutter gemeinsam mit ihrem Liebhaber begangen hat. Sie selbst hütet die Mordwaffe und erwartet sehnlichst die Rückkehr ihres Bruders, damit er mit der Axt die Untat blutig richtet, zu der sie selbst nicht fähig ist. Als Außenseiterin lebt sie vor den Mauern des Palastes, voller Hass auf die dekadente Hofgesellschaft von Mykene führt sie ein Leben der Selbstverleugnung und Zerrissenheit. Am Ende überreicht sie ihrem Bruder das Beil und feiert die Rache als grandiosen Triumph in einem ekstatischen Tanz. „Sie ist eine Prophetin ohne Prophezeiung“, schreibt Hugo von Hofmannsthal, der Librettist, über die Protagonistin. In seiner psychologisierenden Bearbeitung des Elektra-Stoffes für die Oper zeichnet Hofmannsthal die Zerfallserscheinungen der Gesellschaft um die Jahrhundertwende nach, wie er sie schon in seinem berühmten Chandos-Brief aus dem Jahr 1902 beschrieben hat: Der Sinn- und Werteverlust und das Fehlen einer ganzheitlichen Weltauffassung führt zu einem Identitätsverlust und Auseinanderfallen der Existenz. Das Gefühl der Leere wird zum bestimmenden Lebensgefühl. Die psychische Deformation Elektras weist eine Parallele zu Freuds Fallstudie der Anna O. auf, einer Frau, die den Tod des Vaters als Trauma erlebt – mit der Folge, dass sie kein Leben als eigenständige Person mehr führen kann: Hysterische und euphorische Zustände wechseln mit Phasen der Verzweiflung. Seitdem ist der Elektrakomplex zum Synonym für die krankhaft übersteigerte Liebe einer Tochter zu ihrem Vater geworden, die ihre Entsprechung im männlichen Ödipuskomplex findet. Der Persönlichkeitszerfall Elektras und ihrer von schlechten Träumen verfolgten Mutter drückt sich in den verstörenden Sprachbildern Hofmannsthals aus, die eine Entsprechung in der hochexpressiven Musik Strauss’ finden, die er für ein über hundert Mann starkes Orchester komponierte. Der Komponist erweitert die Tonalität in „unerhörter“ Weise und stößt an die Grenze zur Atonalität, die die Hörgewohnheit und das Antikenverständnis des wilhelminischen Publikums sprengt: Hier geht es nicht um klassische Ideale, sondern um die Darstellung psychischen Zerfalls in einem ausweglosen Kreislauf von Verrohung und Gewalt. Doch so modern und progressiv wie in diesem Werk wird Strauss in seinen noch folgenden zwölf Opern nie mehr sein: Den Schritt in die Atonalität und Zwölftonmusik überließ er Arnold Schönberg und der zweiten Wiener Schule. Von Thomas Linden „Unter Uns!“ Klingt das nicht wie der Name einer Eckkneipe irgendwo im Rheinland oder in Westfalen? Mit demonstrativer Gemütlichkeit hat das „Generationenprojekt“ aber nichts zu tun, mit dem Silke Z. und ihr Ensemble resistdance nun schon seit Jahren ihr Publikum auf ungewöhnliche Weise unterhalten. Fünf Episoden und einen Bonus-Track weist das Tanz-Projekt auf, das die Befindlichkeit in den jeweiligen Altersetagen unserer Gegenwart auskundschaftet. In diesem Monat ist es erstmals komplett im Tanzhaus in Düsseldorf zu sehen. Die erste Episode „Felix trifft Felix“ zündete 2009 sogleich eine atemlose Performance. Die Männer über 30 erzählten von ihrem Dilemma, mit dem einen Bein noch in der Welt der Teenager zu stehen und mit dem anderen schon verhakt zu sein in den Gefilden der Zweierbeziehung. Mit Jeff und Angus, den Männern über 50, schlägt die Reihe auch „Ein Projekt mit viel künststillere Töne an. Wenn die beiden über ihre Verletzungen sprachen, konnte man lerischem Stehvermögen und etwas vom Gewicht spüren, das die Welt Zutrauen in die Protagonisten“ als bitteren Erfahrungsschatz im Charakter der Männer hinterlassen hat. Und wann ist der Körper der Männer über 50 schon derart konkret ein Thema auf der Bühne des Tanzes gewesen? Mit dem Humor der genauen Beobachtung von Lebenssituationen warteten die Frauen über 40 auf. „Barbara trifft Bettina“, das war auch ein Blick in die häusliche Welt von Stress und Wichtigtuerei, wie sie von alleinerziehenden Müttern durchlitten und zelebriert wird. Den Teenagern, die sich tapfer mühen, in die noch etwas zu großen Kleider von Mann und Frau hineinzuwachsen, widmeten sich die Episoden 4 und 5 mit „Nathalie trifft Katie“ gefolgt von „Justin trifft Stefan“. Im Bonus-Track stellt sich dann das Paar Caro und Tonio vor. Caroline Simon und Antonio Cabrita zeigten genussvoll, wie Paare an ihrem Mythos arbeiten und sich darüber eine Identität konstruieren. Aber hier wird auch der Faden verknotet, der sich durch alle Episoden zieht. Gesellschaftliche Rolle und individuelles Selbstverständnis können nur noch mit Mühe auseinandergehalten werden. Schön, dass eine Choreographin das Wagnis eingeht, uns den Puls zu messen. Zum Experiment gehört das Risiko. Die Szenen wurden von den Beteiligten erarbeitet, also nicht auf ihren pointierten dramaturgischen Zündstoff hin zubereitet. Deshalb kommen kleine Abstürze vor, nicht immer findet eine Szene ihr Finale, verhallt mitunter bloß im Ungefähren. Aber entstehen konnte das Generationenprojekt eben auch nur, weil Silke Z. ein vorbehaltloses Interesse an den Menschen antreibt. Die Serie „Unter Uns!“ demonstriert jedoch, wie fruchtbar die Arbeit an der Grenze zwischen Professionalität und authentischem Alltagsgetöse sein kann, wenn man noch ein Ohr für das besitzt, was sich draußen vor dem Theater ereignet. Toll, dass ein Projekt, bei dem so viel künstlerisches Stehvermögen nötig ist und so viel Zutrauen in die Protagonisten investiert wird, in NRW realisiert werden kann. Solche Unternehmungen verleihen einer Szene ihre eigene Klasse. KERSTIN MARIA PÖHLER „Elektra“ I 22.(P)/25./28./30.9, 4./7.10. I Deutsche Oper am Rhein Thomas Linden Journalist und Jurymitglied des Kölner Kinderu. Jugendtheaterpreises 10 Das Finale mit allen Episoden ist am 28. und 29. September jeweils um 20 Uhr im Tanzhaus in Düsseldorf zu sehen. Am 30. September zeigt Barnes Crossing in Köln ab 18 Uhr das Finale. Einzelne Episoden werden jeweils donnerstags im Studio 11 in Köln gezeigt. ruhrtanz „Marketplace 76“, Foto: Maarten Vanden Abeele, 2012 Die Resonanz des Unglücks BEWÄHRTE QUALITÄT SEIT 2001 IM HERZEN VON ELBERFELD Yoga für alle Stufen: Jan Lauwers & Needcompany zeigen fulminantes Musiktheater Auch Tragik lässt sich steigern. Je größer das Unglück der anderen, umso lukrativer die Berichterstattung, denn Katastrophen können sich unserer Aufmerksamkeit sicher sein. Aber was ist mit den Betroffenen, wie leben sie weiter, wenn draußen in der Welt nie„Trauer ist hier keine mand mehr an ihrem Leid interessiert ist, Erstarrung, sondern ein höchst weil es nach ranziger Trauer schmeckt? lebendiger Prozess“ Und Trauer ist das Thema von „Marketplace 76“, der neuen Produktion von Jan Lauwers, die er für die Needcompany entwickelte und mit den drei Komponisten Hans Petter Dahl, Maarten Seghers und Rombout Willems als musikalisches Szenario präsentiert. Die Jahrhunderthalle in Bochum ist ein idealer Ort, um das wuchtige Drama im Rahmen der RuhrTriennale aufzuführen. Trauer äußert sich buchstäblich in vielen Stimmen. Ein verheerender Unfall hat mehrere Bewohner eines Dorfes in den Tod gerissen. Die Ereignisse verändern die Gemeinschaft und sie beeinflussen den Lauf der Dinge in jedem einzelnen Leben. Jan Lauwers lässt sie alle erzählen, Vielstimmigkeit ist Teil der Struktur, mit der der Belgier arbeitet, weil es für ihn Themen gibt, die sich mit einer Stimme nicht mitteilen lassen. Die Praxis der Anmaßung, mit der in den Massenmedien unserer Tage jedes Geschehen in ein paar Sätzen zubereitet und nahtlos in die Chronik der Ereignisse eingereiht wird, torpediert Lauwers mit seiner eigenwilligen Ästhetik. Trauer ist hier keine Erstarrung, sondern ein höchst lebendiger Prozess. Alles ist in Bewegung, die Hinterbliebenen erzählen nicht alleine, sie reflektieren das Geschehen und kommentieren ihre Gefühle. Positionen wechseln, noch während sie entwickelt werden. Episches Theater entfaltet sich mit einer konsequenten Vitalität, wie sie sich ein Bertolt Brecht nicht hätte träumen lassen. Aber Lauwers schielt gar nicht erst auf Theatertraditionen, seine Ästhetik trägt die unverwechselbaren Züge ihrer Produktionsprozesse. Dazu gehört das breite Spektrum der darstellenden Künste, neben dem Schauspiel und dem Tanz erfüllt die Musik die Rolle des emotionalen Kraftwerks, und dass die Bühnenaktionen letztlich einen Performance-Charakter annehmen, ist da nur folgerichtig. Lauwers und das Ensemble der Needcompany bauten nie auf tradierte Darstellungsformen, seit Mitte der 80er Jahre stellt man sich mit jeder neuen Produktion die Aufgabe, das Theater neu zu erfinden. Nachmodernes Theater, das nicht mehr auf bekannte Stoffe setzt, sondern sich seine Sujets selbst entwirft. Und so packt Lauwers immer wieder der Ehrgeiz, die Grenze zwischen Bühne und Publikum zu verändern. Jeder Zuschauer ist gefordert, beständig neue Perspektiven auf das Geschehen zu entwickeln. Auch das, was auf den ersten Blick provokant wirkt, will empathisch nachempfunden werden. Die coolen Kostümentwürfe, mit denen die Needcompany arbeitet, liefern durchaus kein Angebot für aufdringliche Gefühligkeit. Gleichwohl dringt dieses fulminante Spektakel um das Schicksal der dörflichen Gemeinschaft tief in die Fragen ein, was uns Liebe, Freundschaft und Glück bedeuten und welch sprudelnde Vitalität sich dort eröffnet, wo es gelingt, einen Blick hinter die geregelten Lebensmuster der Wohlstandsgesellschaft zu werfen. THOMAS LINDEN „Marketplace 76“ I 7./8./13./14./15.9. 19.30 Uhr Jahrhunderthalle Bochum 11 Ȉ ò Ȉ Ȉ Ȉ Ȉ Ȉ Ȉ Ȉ BIS ZU 100% FÖRDERUNG DURCH DIE GESETZLICHEN KRANKENKASSEN! ǧAkademie für Gesundheit und Yoga Hofaue 63 · 42103 Wuppertal Tel.: 0202 - 979 85 40 · Fax: 0202 - 979 85 41 [email protected] · www.tripada.de theater in NRW oper in NRW Züchtige Erotik auf der Chaiselongue: Rodolfo und Mimì, Foto: Bettina Stöß/Stage Picture Katja Aßmann leitet die Kunstplattform „Urbane Künste Ruhr“, Foto: Ilka Drnovsek Dominanz der Ränder Belle Époque ohne Überraschungen Von Hans-Christoph Zimmermann Eine der großen Befürchtungen nach „Ruhr 2010“ galt dem kulturellen Ausbluten der Region. Dass nach dem 70 Millionen-Kraftakt des Kulturhauptstadtjahrs nur noch Patienten für die Intensivstation bleiben. Auch wenn es den meisten Institutionen im Ruhrgebiet nicht gut geht, das große Sterben ist ausgeblieben. Manches konnte sogar „Das große Sterben weiterentwickelt werden. So spielte der ist ausgeblieben“ Gedanke vom Ruhrgebietssprawl als Metropole, vom multipolaren Stadtraum eine zentrale Rolle bei „Ruhr 2010“ – und hat sich nun weiterentwickelt zur Plattform „Urbane Künste Ruhr“. Seit Februar 2012 werkelt die Truppe um die künstlerische Leiterin Katja Aßmann vor sich hin, jetzt stellt sie sich mit einem Symposium erstmals der Öffentlichkeit vor. „Das Ruhrgebiet ist ein sich wandelnder Stadtraum und wir untersuchen, wie die Kunst als Motor dabei mitwirken kann“, formuliert Leiterin Katja Aßmann als Ziel von „Urbane Künste Ruhr“. Das soll in Kooperation mit Partnern in den 53 Städten des Ruhrgebiets geschehen. Dafür stellen das Land NRW und der Regionalverband Ruhr jährlich 4,8 Mio. Euro zur Verfügung. Als Beispiele für die zukünftigen Projekte nennt Katja Aßmann das „Still-Leben Ruhrschnellweg“, das vor zwei Jahren die A40 zum begehbaren Stadtraum für einen Tag gemacht hatte, oder die 2009 vom Theater Essen und der Gruppe raumlabor ins Leben gerufene „Eichbaumoper“. Klar ist auf jeden Fall, dass „Urbane Künste Ruhr“ jährlich ein Projekt bei der RuhrTriennale realisieren wird. Seit Mitte August leuchtet bereits auf der Grünfläche der Jahrhunderthalle „Pulse Park“ des kanadisch-mexikanischen Künstlers Rafael Lozano-Hemmer – eine interaktive Lichtinstallation, die durch den Herzschlag der Passanten gesteuert wird. Das Symposium will sich zum einen dem Begriff des urbanen Raumes widmen. „Urbanität im Ruhrgebiet bedeutet, dass es überall Ränder gibt“, sagt Katja Aßmann zu der wuchernden Stadtagglomeration der 5-Millionen-Region. Um die Unterschiede zu anderen städtischen Großarealen herauszuarbeiten, werden Gruppen wie Observatorium aus Rotterdam, KUNSTrePublik aus Berlin oder MAP Markus Ambach von ihren Erfahrungen berichten; aus der Region sind unter anderem das Kunstmuseum und das Schauspielhaus aus Bochum oder das Zentrum für Lichtkunst aus Unna dabei. Für Katja Aßmann bietet das Treffen somit auch eine Chance zum Netzwerken und zur Diskussion, die durch Stadtrundgänge und Besichtigung von „Pulse Park“ und der Installationen „Our CenturY“ von Folke Köbberling und Martin Kaltwasser abgerundet wird. „Urbane Künste Ruhr“ stellt im Rahmen des Symposiums aber auch kommende Projekte vor wie die für 2013 vorgesehene „Emscherkunst“Ausstellung oder die Weiterentwicklung des Kunstprojekts „Über Wasser Gehen“ im Raum Kamen/Dortmund/Unna. Geplant ist außerdem bereits im Oktober, so Katja Aßmann, ein Labor am Ringlokschuppen in Mülheim zum Thema urbaner Raum und Darstellende Kunst. Untersucht werden soll, inwieweit Theater im Stadtraum, wie es zum Beispiel im Ringlokschuppen ab 16. September mit dem Stadtspiel Hans-Christoph Zimmermann „Ruhrzilla“ wieder startet, auch auf die Bühne zurückJournalist und Theaterkritiker wirkt. Von Karsten Mark Dortmunds neuer Opernintendant Jens-Daniel Herzog hat ein schweres Erbe angetreten. Dem Haus ist das Publikum über lange Zeit in Scharen weggelaufen. Und der Weg zu neuem Erfolg ist nun beschwerlich. Allein mit Qualität, die Herzogs erste Saison durchaus zu bieten hatte, ist das Haus nicht wieder zu füllen – zumindest nicht auf die Schnelle. Also gibt es nun Zugeständnisse an den konserva„Handwerklich solide, aber tiven Flügel der Abonnenten, der immer insgesamt sehr konventionell wieder lautstark nach originalgetreuen inszeniert“ Inszenierungen verlangt: Oper, so wie sie im Führer steht. Die bietet Regisseurin Katharina Thoma nun mit Puccinis „La Bohème“ – zwar handwerklich solide und auch mit einigen schönen Einfällen und Details, doch insgesamt sehr konventionell und wenig überraschend inszeniert. Dass Thoma es auch anders kann, hatte sie mit ihrem Dortmunder Einstand, der barocken Ausgrabung „L’Eliogabalo“, zu Saisonbeginn gezeigt. Nun haben die Ausstatterinnen Julia Müer (Bühne) und Irina Bartels (Kostüme) fast ebenso großen Anteil an der Substanz der Inszenierung, welche überaus stark von der nostalgischen Belle-Époque-Optik lebt. Leider kann die Regie dieses Mal auch nicht auf die Strahlkraft der Darsteller setzen. Denn Christoph Strehl (Rodolfo), Richard Šveda (Schaunard), Gerardo Garciacano (Marcello) und Wen Wei Zhang (Colline) agieren so steif und gekünstelt nebeneinander her, dass man ihnen die eingeschworene Künstler-WG nicht ansatzweise abnimmt. Komödiantisch ist Dortmunds Allround-Tenor Hannes Brock in den kleinen Rollen als Vermieter und alter Galan der einzige echte Lichtblick. Glücklicherweise entschädigen die vier Bohemiens gesanglich weitgehend für ihre darstellerische Unbeholfenheit und bilden doch immerhin klanglich eine ausgewogene Einheit. Absolut hörenswert ist auch die junge Armenierin Ani Yorentz als Mimì mit schönem lyrischen und unangestrengtem Sopran. An einigen Stellen macht es Dirigent Lancelot Fuhry den Sängern etwas schwer, wenn das Orchester im Überschwang dynamisch über die Stränge schlägt. Überwiegend sind es jedoch erfreuliche und berührende Klänge, die er den Dortmunder Philharmonikern entlockt. So unmittelbar und treffsicher die musikalische Seite wirkt, so erklärungsbedürftig ist der zentrale optische Gag der Inszenierung. Wenn Chor und Statisten in der Weihnachtszene im Quartier Latin mit dunkel geschminkten Gesichtern und schwarz-weißen Kostümen auftreten, muss man schon eine kleine Weile überlegen, was das soll. Den Hinweis dazu gibt’s bereits im ersten Akt: Marcello ist bei Thoma kein Maler, sondern ein Fotograf, der die Welt eben erst einmal auf ein Negativ bannt. Deshalb frieren die Bewegungen in dieser Szene auch immer wieder ein. Der Gag zündet erst mit Verzögerung, hat aber durchaus Wirkung. Die tiefergehende Idee dahinter, das Künstlerdasein sei nur Show und Fassade, welche durch Mimìs tödliche Krankheit mit der bitteren Karsten Mark Realität crasht, lässt sich allenfalls dem Programmheft Journalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater entnehmen. Die Regie vermittelt sie nicht. Auftaktsymposium „Urbane Künste Ruhr“ I 31.8.-1.9. ab 9 Uhr Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum Anmeldung unter [email protected] „Ruhrzilla“ I 16.-29.9. I Ringlokschuppen Mülheim „La Bohème“ I Sa 13.10. 19.30 Uhr (mit Stargast Joseph Calleja als Rodolfo) Oper Dortmund I 0231 5 02 72 22 „Urbane Künste Ruhr“ stellt sich der Öffentlichkeit vor Katharina Thoma inszeniert „La Bohème“ in Dortmund 12 klassik in NRW Kölner Künstler greifen an, Foto: Wolfgang Burat Großstadtmelodie Die Kölner Musiknacht wählt ein Motto Von Olaf Weiden „Reste – Reliquien – Reminiszenzen“: Wer über diese hübsche Konstellation ins Grübeln gerät und einmal versucht, den Hintergrund dieses Mottos aus dieser Trias selbst herauszulesen, dessen „Die Musiknacht zählt zu Gedanken landen zunächst und ganz den beliebtesten Kulturnaheliegend beim Untergang des Kölner ereignissen Kölns“ Stadtarchivs. Bereits Fassbinders umstrittenes Stück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ etablierte die dreifache verbale Verkettung als kraftvolle Waffe, ähnlich wie das „Veni, vidi, vici“ nach Plutarch oder ganz aktuell „Frage – Geheimnis – Fragment“ als Motto des romanischen Sommers in Köln – womit wir in musikalisches Fahrwasser münden. Die Kölner Musiknacht, die achte ihrer Art, benutzt das erstgenannte Motto als roten Faden durch ihr sensationell abwechslungsreiches Programm. Genaues wird erst kurz vor dem Feste verraten, aber diese Großveranstaltung der freien Szene in Köln wirft schon markante Schatten voraus. So ermittelte eine repräsentative Bevölkerungsumfrage (unter 1.000 Bürgern), dass die Musiknacht unter den beliebtesten Kulturereignissen Kölns im Jahre 2011 den zweiten Platz belegt – die Art Cologne landete auf dem Siegerpodest. Das ist besonders beachtlich, wenn die Finanzierung dieser Events verglichen wird: Das lässt sich doch gar nicht vergleichen. Hunderte von in Köln lebenden Künstlerinnen und Künstlern raffen sich auf, zu interpretieren, experimentieren und improvisieren, alle Grenzen und Gattungsbegriffe zu überschreiten und Gedanken zu Tod, Vergänglichkeit und Vergangenheit in klingendes Material auszuformen. Mehr als 100 konzentrierte Konzerte bilden die Seiten zu einem Buch über den künstlerischen Reichtum Kölns und seine lebendige Szene. Das erstmals als übergeordnetes Thema formulierte Motto der Veranstaltung bezieht auch die „konkrete Resteverwertung ausgedienten Materials“ ein, auch ein altbewährtes Kölner Spezialthema mit politischer Sprengwirkung – aber ein anderes Thema. 25 verschiedene, oft sehr reizvolle Konzertstätten werden atmosphärisch aufbereitet, und jeder Besucher ist aufgefordert, seinen eigenen Fahrplan durch die Nacht selbst zu erstellen. Dabei empfiehlt sich, einen sinnvollen Netzplan aus zeitnah erreichbaren Stationen mit abwechslungsreichen Inhalten abzustimmen. Allein der Besuch neuer Spielstätten erweitert lohnend den kenntnisreichen Blick auf die Domstadt, manche Location wird dabei entdeckt, die späterhin mit ihrem eigenen Kulturleben als Bereicherung für den persönlichen Jahresplan gelten darf. Die stilistische Bandbreite des Gebotenen reicht erfahrungsgemäß von der Alten Musik bis zum avantgardistischen Tanz-Event, Experimentelles trifft auf Jazz oder auf Weltmusik. Für alle Beteiligten wird der thematische Grundtenor kein großes Problem darstellen, denn in allen Zeiten bediente die Musik auch gern das Olaf Weiden Unaussprechliche: Mystik findet sich natürlich auch im Musiker und Musikkritiker Festival-Motto. 8. Kölner Musiknacht I Sa 22.9. ab 17 Uhr verschiedene Spielstätten www.koelner-musiknacht.de 13 film des monats Liebe – in guten wie in schlechten Tagen: Jean-Louis Trintignant und Emmanuelle Riva Das Böse ist immer und überall „Liebe“ von Michael Haneke Nanu – Michael Haneke, der kinematografische Analytiker der Gewalt, inszeniert einen Film über die Liebe? C Mitreißendes Leinwanddrama Eine Altbauwohnung, ein altes Paar um die 80, gelegentlich Besuch: Viel mehr braucht Michael Haneke nicht für dieses Drama. Ein Drama, das er mit „Liebe“ betitelt. Ausgerechnet Haneke, der sich in seiner filmischen Laufbahn vordergründig auf die Mechanismen von Gewalt fokussiert hat („Bennys Video“, „Funny Games“, „Caché“, „Das weiße Band“). Haneke ist ein Forscher, der sich ästhetisch immer neu erfindet. Der im Alter – gerade wurde er 70 Jahre alt – noch immer neue Formen sucht und Formen vollendet. Nach dem „Weißen Band“, einer – zwischen atemberaubenden Naturaufnahmen und beengenden Innenräumen – Gewaltstudie in Schwarzweiß folgt nun mit „Liebe“ ein Kammerspiel, das tatsächlich ein Liebesfilm ist, aber auch ein Melodram. Das Drama erzählt von Georges (Jean-Louis Trintignant) und Anne (Emmanuelle Riva), zwei Musikprofessoren im Ruhestand. Beide sind um die 80, beide rüstig. Die Kamera beobachtet das Paar vornehmlich unbewegt. Szenen einer nächtlichen Heimkehr, das Paar zur Nacht im Ehebett, beim Frühstück in der Küche. Die beiden verstehen einander, erzählen, flirten, witzeln. Sie lieben sich. Der Kontakt zur Tochter (Isabelle Huppert) ist oberflächlich, sie wohnt im Ausland und hat Eheprobleme. Georges und Anne aber sind glücklich. Dann sitzt Anne eines Morgens am Küchentisch, neben ihr Georges, der plaudert, doch ihr Blick entweicht minutenlang ins Leere, verloren, unansprechbar. Es ist der Anfang eines Leidenswegs, der Anne erst in den Rollstuhl, dann in die Bettlägerigkeit und Georges in die Rolle ihres Pflegers verbannen wird. Eine wachsende Herausforderung an eine alte Liebe. Ein Liebesfilm in aller Konsequenz So bewegend Haneke die Beziehung von Anne und Georges bebildert, die gezeichnet ist von Respekt, Vertrauen, Humor und Wärme, so hinreißend, wie der Regisseur die Zweisamkeit auf die Leinwand bannt – so nähert sich Haneke den Mechanismen, die in seinen Figuren ungeahnte Abgründe heraufbeschwören. Wenn Anne kraftlos im Bett liegt und mit Nachdruck verkündet: „Ich will nicht mehr“, wenn sie um das letzte Quantum Würde und Selbstbestimmung kämpft. Wenn Georges Ermutigungen, seine unbeirrbare Zuversicht an dem zunehmend wirren Gestammel seiner Frau auflaufen. Wenn sich Verzweiflung breit macht. Dann ist das mehr als realitätsnah, mehr als eine Lovestory. Der Titel also nur eine Finte? Nein. Denn dieses Drama ist ein Liebesfilm in aller Konsequenz. Nicht nur im Glück, sondern vor allem im Leid seiner Figuren, in der Herausforderung, erzählt Haneke vom Rückrat der Liebe. Von einer Herausforderung, der sich nur die Liebe stellen kann. Dass das Leben mehr als nur süß ist, hat uns Haneke bereits gelehrt. Nun legt er dar, dass das gleiche für die Liebe gilt. Und ein Haneke www.engels-kultur.de/heute-im-kino geht natürlich noch weiter: Vermag Liebe auch menschlichen Abgründen das Verwerfliche zu nehmen? Bedeutet Liebe im Extremfall auch Scheitern? Relativiert Liebe Versagen? Das sind Gedanken, denen man sich mit der ruhigen Gangart des Films ausgiebig hingeben kann. Haneke denkt nie eindimensional. Wo Gut ist, da ist auch Böse. Oder, in seinem Fall: Das Böse ist immer und überall. Haneke inszeniert dies mit Ruhe und Kraft, magisch und doch alltäglich. Der ungetrübte, aber unspektakuläre Blick ist nur gelegentlich gebrochen von Georges‘ Tag- und Albträumen. Dies sind Bilder der Sehnsucht, Bilder des Wahns, Momente, die von Setting und Stimmung an Polanskis frühe klaustrophobische Thriller erinnern, die aber dieses Drama nicht dominieren. Schön und schrecklich zugleich Haneke interessiert eher die Wahrnehmung als das Wort. Er ist eher Beobachter als Zuhörer. Beobachter eines bewegenden Schicksals. Ein cineastisches Erlebnis, das nicht zuletzt getragen wird vom umwerfenden Spiel der beiden Hauptdarsteller, von Jean-Louis Trintignant („Und immer lockt das Weib“, „Z“, „Das wilde Schaf“) und Emmanuelle Riva („Hiroshima, mon amour“, „Familientreffen mit Hindernissen“). Beide sind bereits über 80, beide dem Film und der Theaterbühne verhaftet, beide schlichtweg erhaben. Das Erzähltempo ist so langsam, die Kamera so ausdauernd, dass sich dieser Film jedem Fernsehbild entzieht. Der Film vermag seine Größe, seine Magie, seinen Sog nur auf der Leinwand auszuspielen. „Liebe“ ist kein 90-Minuten Betroffenheits-TV-Drama – „Liebe“ ist ein zweistündiges Leinwandopus. Ein Sog, begründet in der Performance der beiden Hauptdarsteller, ein Sog der stummen Gesten, der Konzentration, der ausdauernden, unbewegten Kamera, der entschleunigten Montage, der inszenatorischen Dichte, die keiner Filmmusik bedarf. Vor allem aber entwickelt der Film einen Sog der schleichenden Langsamkeit, der den Zuschauer zum Aushalten nötigt und ihn in einen Bann zieht, den nur Kino zu schaffen vermag. Hanekes Liebesfilm ist ein Melodram. Denn über allem Leid thront die Liebe. Es ist ein grausamer Film, weil er die Liebe feiert und zugleich Angst macht vor ihrer Kraft. Einmal kommt ein junger Pianist, ein Protegé von Anne und Georges, auf einen Kaffee vorbei und resümiert, erschrocken von Annes Zustand, dass der Besuch schön war und schrecklich zugleich. Genau das ist dieser Film. HARTMUT ERNST LIEBE Cannes 2012: Goldene Palme F/D/A 2012 - Drama - Regie: Michael Haneke - Kamera: Darius Khondji - mit: Jean-Louis Trintignant, Emmanuelle Riva, Isabelle Huppert - Verleih: X Verleih Start: 20.9. engels verlost 3x2 Karten. E-Mail mit Adresse bis 14.9. an [email protected], Kennwort: Liebe 14 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal neue filme Tanz der Zitate Roberto Benigni flüchtet vor den Paparazzi Zitatenhölle Komisch ironisch „The Cabin in the Woods” von Drew Goddard „To Rome with Love“ von Woody Allen Fünf Freunde auf dem Wochenendtrip. Ein obskures Forscherteam plant Böses. Schon bald fließt Blut im dunklen Wald. C Horrorspaß Woody Allen begleitet in Rom allerlei Zeitgenossen durch Liebe und Karriere. C Smarte Boulevard-Komödie Zwei Mädchen und drei Jungs fahren übers Wochenende in eine Hütte im Wald. Die Nacht zieht ins Land, eine Kellerluke öffnet sich – und doch kommt es anders, als du denkst. Versprochen! Fürwahr, der Streifen zitiert seine Vorbilder geradezu aufdringlich. Doch genau das ist das Konzept: Sam Raimis „Tanz der Teufel“ ist nur ein Teil des Puzzles, das am Ende zu einem begnadet schrägen Ganzen ausufert. Ein originelles Spiel mit Versatzstücken von Drew Goddard, der zuvor das Drehbuch zu „Cloverfield“ schrieb. Machos, Rednecks, Joints und Monster, zwei miserable Hauptdarstellerinnen, Blut, unzählige Genre-Souvenirs, Gaststars, noch mehr Blut und ein ausuferndes Finale garnieren satten Spaß für Genrekenner. HARTMUT ERNST Nach England, Spanien und Frankreich ist Woody Allen auf seiner cineastischen Tour durch Europa in Italien angekommen: Diesmal agiert der Regisseur auch vor der Kamera, als Opernregisseur, der nicht im Ruhestand ankommen will und selbst die Römer mit seinem Gequassel nervt. Inwiefern diese Figur mit dem wahren Woody Allen kokettiert, weiß wohl nur der Meister selbst. Episodisch verfolgt die Komödie diverse Handlungsstränge, die sich zwischen Klamauk und Satire bewegen. Dies ist sicherlich kein Meisterwerk, aber immer noch erkennbar eine Woody-Allen-Komödie, bewährt prominent besetzt (Judy Davis, Jesse Eisenberg, Ellen Page, Alec Baldwin, Roberto Benigni) und schrullig mit Ausflügen ins Phantastische. HARTMUT ERNST TO ROME WITH LOVE THE CABIN IN THE WOODS USA 2012 - Horror - Regie: Drew Goddard - Kamera: Peter Deming - mit: Kristen Connolly, Chris Hemsworth, Anna Hutchison - Verleih: Universum Start: 6.9. I/USA 2012 - Komödie - Regie: Woody Allen - Kamera: Darius Khondji - mit: Woody Allen, Alec Baldwin, Roberto Benigni - Verleih: Tobis Start: 30.8. engels verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 6.9. an [email protected], Kennwort: Rome Ungewohntes Bild: Söldner für Schwulenrechte Implodierende Familienkonstellation Eine Frage des Stolzes Irgendwas ist immer „Parada“ von Srdjan Dragojević „Was bleibt“ von Hans-Christian Schmid CSD-Paraden in Belgrad sind eine schwierige Angelegenheit. Deswegen engagiert Radmilo eine Kriegsveteranentruppe als Beschützer. C Sympathische Emanzipationsgeschichte Marko fährt übers Wochenende zu seinen Eltern aufs Land. Anstelle der erhofften Entspannung im Familienkreis kommt es zum Eklat. C Präzise Studie über die Post-68er-Familie Von der Selbstverständlichkeit, mit der hierzulande, insbesondere in Köln, alljährlich am Christopher Street Day für die Rechte der queeren Bevölkerung demonstriert wird, können die Menschen in Osteuropa nur träumen. Umso erstaunlicher, dass Srdjan Dragojević über die Problematik eine Komödie drehen konnte, die noch dazu auf dem Balkan zu einem Publikumserfolg wurde. Das könnte an der zweiten Handlungsebene liegen, in der es um Aussöhnung zwischen einstigen Kriegsgegnern geht. Mag der Film auch einige Stereotype bedienen und im Vergleich zu anderen Filmen mit schwul-lesbischer Thematik vielleicht nicht weit genug gehen, so kann er dennoch mit einer ganzen Reihe sehr sympathischer Figuren und einer liebenswerten Botschaft für sich einnehmen. „Ausschlafen, futtern, gut is’“ – der gemeinhin übliche Anspruch der heutigen Generation 30+ an ihre Heimfahrwochenenden ist Ausgangspunkt von HansChristian Schmids dritter Zusammenarbeit mit Drehbuchautor Bernd Lange. Gewohnt treffsicher entwickelt das kongeniale Team in „Was bleibt“ das Psychogramm einer Generation, die einerseits ihren Eltern auf Augenhöhe begegnet und in extremer materieller Sicherheit aufwachsen durfte, andererseits aber aufgrund der fehlenden Rebellion und Abnabelung sichtbare Schwierigkeiten hat, ihren Platz in der Welt zu finden. Was tun, wenn die Glücksversprechen der Eltern nicht eingelöst werden? Einmal mehr erweist sich Schmid hier als leiser und doch messerscharf analysierender Beobachter von Familienkonstellationen, die früher oder später implodieren müssen. MARIEKE STEINHOFF FRANK BRENNER PARADA Berlinale 2012: Panorama-Publikumspreis, „Siegessäule”-LeserInnenpreis ELSE SRB/SLO/KRO/MAZ 2011 - Komödie / Tragikomödie - Regie: Srdjan Dragojevic Kamera: Dusan Joksimovic - mit: Nikola Kojo, Milos Samolov, Hristina Popovic Verleih: Neue Visionen Start: 13.9. Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... 15 WAS BLEIBT D 2012 - Drama - Regie: Hans-Christian Schmid - Kamera: Bogumil Godfrejow mit: Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Sebastian Zimmler - Verleih: Pandora Start: 6.9. Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... neue filme Noch rollen die Autos die Darsteller zu ihren Rollen Wollen eigentlich aufs Meer: Andreas (August Diehl) und Cornelis (Alexander Fehling) Traumwelt des Kinos So nah – und doch so fern „Holy Motors“ von Leos Carax „Wir wollten aufs Meer“ von Toke Constantin Hebbeln Monsieur Merde schlüpft in die unterschiedlichsten Rollen. Seine Fahrerin Céline fährt ihn in einer weißen Stretch-Limo zu seinen Terminen und kümmert sich auch sonst um den mysteriösen Darsteller. C Surreale Parabel auf Leben und Kino Die beiden Freunde und Werftarbeiter Cornelis und Andreas wollen als Matrosen bei der DDR-Handelsmarine anheuern. Doch die Erfüllung ihres Traums führt über den Verrat an ihrem Freund Matze. C Bildstarkes Melodram über Freundschaft und Verrat Der Film fängt im Kino an: Ein alter Mann (Regisseur Leos Carax) wacht mitten in der Nacht in seinem Schlafzimmer auf und schließt mit einem, aus seiner Hand herauswachsenden Werkzeug, eine verborgene Tür in der Wand auf. Dahinter befindet sich ein Kinosaal – und der Film beginnt. So individualistisch das körpereigene Werkzeug des Mannes ist, so hermetisch ist Leos Carax’ neuer, langerwarteter Film. In den letzten 20 Jahren hat Carax ganze drei Langfilme gedreht. Dabei fing der als verschlossen geltende Regisseur recht zügig an: Mit seinem Langfilmdebüt „Boy meets Girl“ erhielt er 1984 in Cannes gleich den Preis der Jugendjury. Nur zwei Jahre später legte er mit dem visuell ungewöhnlichen Noir-Krimi „Die Nacht ist jung“ nach. In der Hauptrolle spielte wie bereits beim Debüt Denis Lavant, für den weiblichen Part holte er die noch junge Juilette Binoche. Mit seinem dritten Film „Die Liebenden von Pont-Neuf“ gelang ihm 1991 der Durchbruch. Doch die Produktion der pompös inszenierten Liebesgeschichte – abermals mit Lavant und Binoche in den Hauptrollen – hatte sich nicht nur stark verzögert, sondern verschlang auch immense Summen. Immerhin: Der Film war zwar kein Kassenschlager, aber ein Kritikererfolg und machte ihn bekannt. Als 1999 mit „Pola X“ endlich der Nachfolger kam, erfüllte er nicht die Erwartungen – weder beim Publikum, noch bei den Kritikern. Seine visuellen Eskapaden – so die gängige Meinung – erstickten die Handlung. Seitdem gilt Carax unter potentiellen Geldgebern als rotes Tuch. Was die visuellen Eskapaden betrifft, so lenkt Carax nach Jahren vergeblicher Finanzierungsversuche für das nicht realisierte Projekt „Scars“ mit seinem neuen, aus finanziellen Gründen digital gedrehten Film „Holy Motors“ nicht ein. Doch er zieht einen anderen Schluss aus der Vergangenheit und entfernt sich weit von den narrativen Konventionen des klassischen Erzählkinos. Sein Protagonist absolviert in unterschiedlichsten Episoden seinen Job als Darsteller – wird Banker, Familienvater, Sterbender, Mörder, Monster à la Mr. Hyde, Oberhaupt einer Affenfamilie oder Fantasy-Darsteller für Motion Capture. Denis Lavant, der als Monsieur Merde gewissermaßen elf Rollen – eine absurder als die andere – spielt, wird unterstützt von überraschenden Auftritten von Eva Mendes (deren Haare er isst), Kylie Minogue (die einen Gesangsauftritt hat) und Michel Piccoli. Die einzelnen Episoden sind eher additiv arrangiert, die innere Logik des Films erinnert an David Lynchs „Inland Empire“ oder den monumentalen Kunstfilmzyklus „Cremaster Cycle“ des Künstlers Matthew Barney, zu dem es auch deutliche ästhetische Parallelen gibt. Es gibt durchgehende Themen in „Holy Motors“, wie das Spiel von Rollen oder die Entkörperlichung im Fortschritt. Und es gibt verschiedene erzählerische Motive. Aber es gibt keine durchgehende Handlung. „Holy Motors“ ist ein brutales, urkomisches, anarchisches, surreales, und dabei höchst selbstreflexives Kino der Attraktionen. Völlig entgrenzt und dabei ebenso wild wie wunderbar. CHRISTIAN MEYER Die Referenz an „Das Leben der Anderen“ ist eindeutig und laut Regisseur Toke Constantin Hebbeln auch gewollt. Nicht nur deshalb muss sich sein Spielfilmdebüt „Wir wollten aufs Meer“ den Vergleich mit dem „Oscar“Preisträger gefallen lassen. Und auf den ersten Blick fällt dieser gar nicht so schlecht aus: Hebbelns Film beginnt mit dokumentarischen SchwarzweißAufnahmen vom geschäftigen Treiben im einzigen Überseehafen der DDR in Rostock, ehe dann die fiktionale Geschichte die bildgewaltige CinemascopeLeinwand füllt. Aber auch diese farbigen Bilder atmen eine gewisse Authentizität, weil Kameramann Felix Novo de Oliveira sich in der Farbdramaturgie an das alte DDR-ORWO-Filmmaterial anlehnt und Lars Langes Szenenbild diese Stimmung kongenial ergänzt. Und in diesem Setting entwickelt sich eine durchaus spannende Geschichte von Freundschaft, Liebe, Verrat und der in allen Bereichen mitmischenden Staatsmacht. Denn als sich nach drei Jahren Cornelis’ und Andreas’ Traum von der Schifffahrt immer noch nicht erfüllt, beginnt ein perfides Spiel, bei dem letztlich fast alle Verlierer sind. Cornelis wehrt sich noch gegen den inneren Schweinehund, während Andreas dem Drängen der Stasi nachgibt. Jetzt setzt das große Melodram ein: Die Schlägerei zwischen den beiden Freunden wegen des Verrats endet für Andreas tragisch. Cornelis versucht derweil sich mit seiner vietnamesischen Freundin über die tschechische Grenze zu machen ... Es ist schon eine Crux mit dem deutschen Film: Da liegen die Themen auf der Straße – und brauchen doch Jahrzehnte, bis sie einer aufhebt, so wie Hebbeln und sein Co-Autor Ronny Schalk. Die beiden neigen dann dazu, etwas zu viel in die Geschichte hineinzupacken und dadurch letztlich so manchen Handlungsstrang wieder aus den Augen zu verlieren. Während das schicksalhaft verbundene Trio (Cornelis, Andreas und Matze) durch die großartige, anfangs fast anarchische Spielfreude von Alexander Fehling, August Diehl und Ronald Zehrfeld der Handlung ihren Drive verleiht und Sylvester Groth und Rolf Hoppe mit prägnanten Side-Kicks glänzen, bleibt die Liebesgeschichte zwischen Cornelis und Phuong (Phuong Thao Vu) in der Behauptung stecken. Auch so manche dramaturgische Wendung ist nur angedeutet. Das nimmt dem Film ein wenig die Spannung des Anfangs und wirft die Frage auf, warum ein gutes Dutzend Filmförderungsanstalten und TV-Sender diese Mängel nicht bemerkt haben und den Filmemachern nicht mehr Zeit und Geld zur Stoff-Entwicklung zugestanden haben. Denn ihr unbestreitbares Talent ist in ihrem aufwändigen und ambitionierten Debüt, trotz mancher Mängel, zu sehen und macht auch neugierig auf ihren nächsten Film. ROLF-RUEDIGER HAMACHER HOLY MOTORS WIR WOLLTEN AUFS MEER F/D 2012 - Drama - Regie: Leos Carax - Kamera: Yves Capé, Caroline Champetier mit: Eva Mendes, Kylie Minogue, Michel Piccoli - Verleih: Arsenal Start: 30.8. D 2012 - Drama - Regie: Toke C. Hebbeln - Kamera: Felix Novo de Oliviera mit: Alexander Fehling, August Diehl, Phuong Thao Vu - Verleih: Wild Bunch Start: 13.9. www.engels-kultur.de/heute-im-kino 16 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal roter teppich Noch ist er lediglich im Hafen von Rostock: Alexander Fehling in „Wir wollten aufs Meer“ „Ich hatte am Ende in der DDR eine gute Zeit“ Alexander Fehling über „Wir wollten aufs Meer“, seine Kindheit in der DDR und ein Filmprojekt ohne Drehbuch Schon mit seinem ersten Film, dem Kritiker- und Festivalliebling „Am Ende kommen Touristen“, gewann der 1981 in Ost-Berlin geborene Alexander Fehling seinen ersten Filmpreis. Es folgten Auftritte in „Die Buddenbrooks“, „Sturm“, „13 Semester“ und Tarantinos „Inglourious Basterds“, bis er in der Titelrolle in „Goethe!“ endgültig seinen Durchbruch erlebte. In „Wir wollten aufs Meer“ ist Fehling nun als junger Mann zu sehen, der sich in der DDR für Kameradschaft oder Lebenstraum entscheiden muss. engels: Herr Fehling, Sie sind 1981 geboren – wie gut kann man sich da in die Lebenssituation der DDR hineinversetzen? Alexander Fehling: Bei mir war das natürlich lediglich eine kindliche Wahrnehmung, überhaupt keine politische oder gesellschaftliche. Ich hatte am Ende in der DDR eine gute Zeit, was mit den Menschen zu tun hatte, die mich umgeben haben. Später, als ich älter wurde, habe ich die Dinge zueinander ins Verhältnis gesetzt. Wenn man sich dann erinnert, kommen natürlich auch Klischees auf, dass die Straßen und Häuser beispielsweise anders aussahen. Im Nachhinein wurde mir dann erst klar, wie unterschiedlich die Verhältnisse gewesen sind. Trotzdem habe ich dort ganz normal gelebt, so ist meine Erinnerung. Im Film ist Rolf Hoppe zu sehen, der schon zu DDR-Zeiten dort ein großer Star war. Hatten Sie während der Dreharbeiten Gelegenheit, mit ihm über die damalige Zeit und seine Erfahrungen zu sprechen? Nein, ehrlich gesagt nicht. Ich habe ihn von Weitem bewundert. Es war wirklich toll für mich, gemeinsam mit ihm vor der Kamera zu stehen. Ich hatte „Mephisto“ gesehen, als ich noch relativ jung war, und ich erinnere mich, wie mein Vater mich damals fragte, ob ich den Namen des Schauspielers kenne. Ich kannte ihn nicht und mein Vater sagte: „Das ist Rolf Hoppe, das ist ein guter Schauspieler!“ (lacht) Damals war ich 13 oder so. Aber ich habe mich mit Hoppe nicht über die DDR unterhalten, sondern nur über die Szenen, die wir miteinander zu drehen hatten. Wir haben uns auf die Arbeit konzentriert. Auch zuvor haben Sie schon Filme mit ErstlingsMit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... regisseuren gedreht, andererseits auch mit Re- siert. Inzwischen sieht das alles so schön aus, und gieprofis zusammengearbeitet. Besteht für Sie ich bin darüber auch sehr dankbar, aber das folgte als Schauspieler ein großer Unterschied in der Stück auf Stück, und dazwischen gab und gibt es immer Phasen, in denen man auf einen Stoff warHerangehensweise? Das kann man schlecht beantworten, da fängt man tet, der für einen passt. mit dem Allgemeinplatz an, dass jeder anders ist, und das stimmt ja wirklich. Natürlich macht es ein Bei „Der Fluss war einst ein Mensch“ haben Sie erfahrener Regisseur anders, aber ich bin auch gar zuletzt auch mit am Drehbuch gearbeitet. Wie nicht so sehr damit beschäftigt, sobald man gut ist es zu diesem ungewöhnlichen Projekt in Botsmiteinander kommunizieren kann. Ich versuche, wana gekommen? nicht miteinander zu vergleichen, sondern das in- Die Credits sind hier vielleicht etwas missverständdividuell zu nehmen, weil ich hoffe, dass man auch lich – ich habe die Geschichte mitentwickelt. Ich mich gewissermaßen individuell wahrnimmt. Ich kannte den Regisseur Jan Zabeil schon mehrere würde auch nicht behaupten, dass ich es liebe, De- Jahre, allerdings nicht wirklich gut. Wir haben uns bütfilme zu machen. Das sind Etiketten, die mich durch gemeinsame Freunde vor acht Jahren oder so überhaupt nicht interessieren. Mich interessiert der das erste Mal kennengelernt. Ich habe dann Schaujeweilige Mensch, die jeweilige Geschichte, und spiel in Berlin studiert, und er Kamera in Potsdam. Nach dem Studium haben wir uns was man da versuchen will. Mit „Ich habe Rolf Hoppe von dann in Cannes getroffen, wo er den anderen Aspekten beschäftige Weitem bewundert“ einen Kurzfilm vorstellte und ich ich mich gar nicht. Natürlich sind „Am Ende kommen Touristen“. Da das andere Erfahrungen, wenn man mit „Regieprofis“ arbeitet, aber es ist bei jedem erzählte er mir von dieser Idee, in Afrika einen Film neuen Regisseur eine andere Atmosphäre und ein zu machen über jemanden, der sich dort im Okaanderer Flair. Man versucht es einfach gemeinsam, vangodelta und in vielen anderen, mentalen Wahrund man weiß ohnehin nie, ob die Rechnung auf- nehmungswelten verliert. Er hatte dafür aber kein Drehbuch und wollte auch keines schreiben. Sein geht und es ein guter Film wird. Konzept bestand darin, es dort vor Ort zu finden. Nach Ihrem Schauspielstudienabschluss ist es Deswegen haben wir im Vorfeld kein Drehbuch gedirekt explosionsartig mit einer großen Kino- schrieben, weil wir uns nicht zu Hause etwas aushauptrolle losgegangen, dann kamen Rollen bei denken und dann in die Fremde gehen wollten, um Breloer, Tarantino und Hans-Christian Schmid. das dann dort umzusetzen. Die Fremde sollte uns als Inspiration dienen und bestimmen, was wir erleWie hat dieser Blitzstart auf Sie gewirkt? Äußerst angenehm (lacht). Nein, im Ernst: Ich hatte ben sollten – und nicht das, was wir uns ausgedacht wahnsinniges Glück am Ende der Schule mit dem hätten. Das war seine Idee, und einige Monate vor Film „Am Ende kommen Touristen“. Und natürlich Drehbeginn haben wir uns dann gemeinsam die Geauch mit der Theaterproduktion „Wallenstein“ von schichte erarbeitet, weswegen ich da nun mit als Peter Stein. Das ist einfach Glück, das wünscht sich Drehbuchautor genannt werde. Aber eigentlich war jeder. Der Film hat für Aufmerksamkeit gesorgt und das lediglich ein roter Faden, eine Art Plot. Der Film mir sehr viele Türen geöffnet. Nach diesem Film hat ist in seiner Machart und seiner Erzählweise sehr es dann aber auch ziemlich lange gedauert. Einer- speziell, da passiert sehr viel auf kleiner Ebene. seits bin ich mir dieser Geschenke und dieses Glücks durchaus bewusst, aber in meiner eigenen WahrINTERVIEW: FRANK BRENNER nehmung sind dazwischen viele Jahre vergangen. Für mich war es deswegen keine Explosion, sondern das alles ist Schritt für Schritt passiert. Als ich bei Lesen Sie die Langfassung unter: Breloer oder bei Hans-Christian Schmid in „Sturm“ www.engels-kultur.de/roter-teppich spielte, hat sich dafür auch noch niemand interes- 17 Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... neue filme Keine Tapete – echter Wald Spurensuche bei den Familien der Opfer Nichts wird verschwendet Langsame Mühlen „Das grüne Wunder – Unser Wald“ von Jan Haft „Revision“ von Philip Scheffner Ein Streifzug durch unsere Wälder und Wiesen. Elegant, anmutig und mitreißend inszeniert. C Wundervolle Naturdoku Auf den Spuren eines Verbrechens aus dem Jahr 1992 entdeckt der Filmemacher viele Ungereimtheiten. C Beharrliche Untersuchung Sechs Jahre schlichen die fleißigen Kameramänner durch die Wälder Deutschlands, Österreichs und Dänemarks. Das Bildmaterial ist beeindruckend und gehört auf die große Leinwand: Über die Jahreszeiten folgt die Naturdoku dem Leben der Pflanzen- und Tierwelt in, unter und auf den Bäumen. Betörende Eindrücke, immer nah dran, auch mal in Zeitrafferaufnahmen, die bezeugen, was der Mensch nicht sieht. Benno Fürmanns Kommentar gibt sich poetisch und wissenswert, weder aufdringlich noch verklärt. Musikalisch werden die Eindrücke mal klassisch, mal frech oder verträumt begleitet. „Nichts wird im Wald verschwendet.“ Der Faktor Mensch bleibt außen vor, die Natur lebt im Miteinander und arrangiert sich. Eine atemberaubende Lehrstunde. Im Jahr 1992 werden auf einem Feld an der deutsch-polnischen Grenze zwei Menschen erschossen. Schnell ist klar, dass die Schüsse von zwei Jägern kamen. Doch der Prozess zieht sich sehr schleppend über Jahre hin, am Ende werden sie freigesprochen. Bei den Opfern handelt es sich um zwei Osteuropäer, deren Identität zwar bekannt ist, die aber nie eine Rolle spielen. Ihre Familien erfahren erst durch Philip Scheffner von den Hintergründen der Tat. Der Film zeigt die Opfer als Menschen, und verdichtet ein von latentem Rassismus geprägtes Klima im wiedervereinigten Deutschland, das bis in die Gegenwart reicht. Daneben ist der Filmemacher auch immer bemüht, sich selber zu beobachten und zu hinterfragen. CHRISTIAN MEYER HARTMUT ERNST REVISION DAS GRÜNE WUNDER – UNSER WALD D 2012 - Dokumentarfilm / Natur - Regie: Jan Haft - Kamera: Jan Haft, Kay Ziesenhenne - Verleih: polyband Start: 13.9. GoEast Filmfestival Wiesbaden 2012: Dokumentarfilmpreis „Erinnerung und Zukunft“ D 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Philip Scheffner - Kamera: Bernd Meiners Verleih: RealFiction Start: 13.9. Inklusion statt Exklusion: die Kinder von Berg Fidel Fröhlich in den Weltuntergang: Steve Carell und Keira Knightley Ohne Einschränkung Letzter Halt „Berg Fidel – Eine Schule für alle“ von Hella Wenders „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt“ von L. Scafaria In einer Grundschule in Münster sitzen Kinder mit und ohne „Lernbehinderung“. C Doku über eine integrative Schule Es ist soweit: Die Welt geht unter. Zwei Einzelgänger begegnen einander und begeben sich auf eine letzte Reise. C Apokalyptische Tragikomödie Lucas hat Lernprobleme, Anita aus dem Kosovo droht die Abschiebung, Jakob hat Down-Syndrom, David ist Einser-Kandidat mit Stickler-Syndrom: Alle vier Kinder besuchen die Grundschule Berg Fidel in Münster. Eine Schule, die alle Kinder des Bezirks ohne Einschränkung aufnimmt. Der Dokumentarfilm folgt den aufgeweckten Schülern durch Unterricht und Freizeit, Regisseurin Hella Wenders führt mit ihnen Interviews, in denen sie von ihren Träumen, ihrem Leben und ihren Stärken erzählen. Ein interessanter Einblick in ein unkompliziertes integratives Konzept, das unkommentiert bebildert wird und soweit überzeugt: Es ist beeindruckend, wie solidarisch und mit welcher Eigeninitiative die Gemeinschaft die Herausforderungen meistert. HARTMUT ERNST Dodge ist ein biederer Versicherungskaufmann, seine Nachbarin Penny eine durchgedrehte Göre. Aber Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an, und das erst recht, wenn das Ende der Welt bevorsteht. Noch drei Wochen sind es in diesem Drama bis zum Meteoriteneinschlag, das war’s. Das Schicksal verdonnert Dodge und Penny zu einer Reise durch die USA. Während rundherum Anarchie und Sünde ausbrechen, sucht das ungleiche Paar noch ein wenig Erfüllung. Lars von Trier hat die Apokalypse mit „Melancholie“ artifiziell melodramatisch gezeichnet – dieser Film entspricht der Hollywood-Variante. Ein tragikomisches Roadmovie, das dem Untergang noch Zuversicht verleiht. CARLA SCHMIDT BERG FIDEL – EINE SCHULE FÜR ALLE AUF DER SUCHE NACH EINEM FREUND FÜRS ENDE DER WELT D 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Hella Wenders - Kamera: Merle Jothe - mit: Thom Hanreich - Verleih: W-Film Start: 13.9. USA 2012 - Komödie / Drama - Regie: Lorene Scafaria - Kamera: Tim Orr mit: Keira Knightley, Steve Carell, Adam Brody - Verleih: UPI Start: 20.9. www.engels-kultur.de/heute-im-kino 18 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal gespräch zum film filmwirtschaft Regisseur Philip Scheffner, Foto: Svenja L. Harten/pong Kinosäle außer Konkurrenz, Foto: PREMIUM Entertainment Köln GmbH „Eine strukturelle Gewalt“ Besser geht’s nicht Philip Scheffner, Jahrgang ’66, war in den 90er Jahren Mitglied der Autoren- und Produzentengruppe „dogfilm“, seitdem führt er zusammen mit Merle Kröger die Produktionsfirma „pong“ und macht Kinofilme, aber auch Kunstprojekte. Es hat sicherlich zehn Jahre gedauert, bis auch in Deutschland ein Trend zu erkennen war und ist, dessen Vorläufer im Angelsächsischen wurzelt und dort so schöne Namen wie „Gold Class“ oder „Premium Cinema“ trägt. Gemeint ist eine Sonderbehandlung für das zahlungskräftige Kinopublikum. War früher Kino noch eine audiovisuelle Grundversorgung ohne Klassenunterschied, bildeten sich mit der Konkurrenz zu anderen Medien bald auch Ausstattungsmerkmale heraus, die mit Komfort und immer wieder technischen Neuerungen der Besucherabwanderung Einhalt gebieten sollten. Die Bandbreite der Eintrittspreise blieb dennoch relativ eng und ein Kinobesuch somit ein preiswertes Volksvergnügen. Nun werden auch hierzulande diejenigen, die das Besondere suchen, und die zahlungskräftige Klientel ins Visier genommen. Vor wenigen Jahren stieß Achim Flebbe, der Anfang der 90er Jahre mit dem Bau hochwertiger Multiplexe unter dem Markennamen CinemaxX einen der wichtigsten Impulse gab, einen hierzulande neuen Trend an: Deluxe Kinos. Nicht, dass er damit der Erste oder gar der Erfinder gewesen wäre – denn es gab bereits einige erfolgreiche Vorläufer. Aber er erzeugte die größte Aufmerksamkeit und Nachahmer. Das Konzept ist ebenso einfach wie einleuchtend: Überbiete beim Kinoerlebnis alles Bisherige! Es wurden die bequemsten Kinosessel mit Fußbank und verstellbarer Rückenlehne aus Leder eingebaut, die Speisekarte hält kleine Snacks, Weine und Champagner bereit, es gibt eine bewachte Garderobe, und mit Anmeldung wird einem das Auto vor dem Kino abgenommen und sicher eingeparkt. Zur Begrüßung gibt es auch mal einen Aperol Spritz in der meist klassischen Atmosphäre alter Kinopaläste, die allerdings alle technischen Finessen bereithalten. Der Luxus hat seinen Preis, die Karte allein kostet rund 15 bis 17 Euro (Überlänge und 3D kommen noch extra dazu), die kulinarischen Vergnügungen provozieren leicht das Vielfache davon, aber im Zweifel tun es auch ein erstklassiger Espresso und ein Softdrink. Den Auftakt bildete die Astor Filmlounge gegenüber des Cafe Kranzler am Ku’damm in Berlin. Seit diesem Erfolg sucht Flebbe in vielen Städten nach geeigneten Premium-Standorten. Im Frühsommer eröffnete Flebbe die Astor Filmlounge im Kölner Residenz-Kino, einem alten Filmpalast am Ring, in dem in den letzten Jahren unter anderem Oliver Pocher derbe Scherze machte. Nun ist es den Film- und Kinoliebhabern nach einer rund 4 Mio. umfassenden Investition zurückgegeben worden. Mit drei Sälen und einem hochwertigen Filmprogramm soll nun auch in NRW ein Publikum angesprochen werden, das anspruchsvolle Filme weder in alten Programmkinos noch in Popcorntempeln sehen will und dafür gerne etwas mehr bezahlt. Mittlerweile steigen auch andere Betreiber ein und es folgen weitere Kinos zunächst in den Großstädten Frankfurt und München, aber auch Umwandlungen bestehender Säle in größeren Centern zu Premium-Sälen werden geplant. Die Hersteller hochwertiger Kinosessel freuen sich über die zunehmende Nachfrage. Ein großes Hemmnis begleitet jedoch diese unternehmerisch wagemutigen Entscheidungen: Durch die prozentuale Beteiligung der Filmverleiher am Eintrittspreis profitieren diese von den erhöhten Ticketpreisen, während sie sich aber keineswegs an den deutlich höheren Personal- und Investitionskosten beteiligen. So muss jeder Deluxe-Kinobetreiber mit jedem Verleiher individuell darüber verhandeln, wie der Eintrittspreis so geteilt wird, dass die atypisch hohen Kosten amortisiert werden können. Philip Scheffner über seine Dokumentation „Revision“ Der Trend zu Deluxe-Kinosälen erobert Deutschland trailer: Herr Scheffner, Ihr letzter Film „Der Tag des Spatzen“ entwickelt sich sehr assoziativ, „Revision“ hingegen belegt alleine schon mit dem Titel einen viel strengeren Diskurs – den der Justiz ... Philip Scheffner: Ich glaube, der Hauptunterschied zwischen den beiden Filmen ist, dass „Revision“ von einer ganz konkreten Geschichte ausgeht und dann versucht, Kontexte und Perspektiven aufzuspüren und den Blick zu erweitern. Bei „Der Tag des Spatzen“ ist es genau umgekehrt, also eine Bewegung vom Abstrakten zum Konkreten. Auf kriminalistischer Ebene kommt der Film kaum weiter als die damaligen Ermittlungen. Sie öffnen aber ganz andere Räume: als Erstes das Thema der Verdrängung und Vertuschung, das über den Ereignissen von Lichtenhagen bis in die Gegenwart seine Kreise zieht ... In Bezug auf die konkrete Recherche haben wir tatsächlich weniger „Neues“ herausgefunden als vielmehr „Bekanntes“ nebeneinandergestellt – in einer Art von: Das ist es also, was man alles wusste oder hätte wissen können. Nach meiner Einschätzung ist aber genau dies im über zehn Jahre langen Verfahren oft untergegangen. Für uns stand also die Frage im Raum: Was kann ein Film zusätzlich leisten? Ich glaube, die Möglichkeiten des Films liegen in der Herstellung eines gesellschaftlichen Raums in dem Bezüge und Kontexte deutlich und sichtbar werden. Daneben ist dem Film durch die Interviewtechnik auch ein selbstreflexives Moment zu eigen. Wozu diese Metaebene? Dafür gibt es viele Gründe: Einmal wollte ich, dass die Menschen, mit denen wir sprachen, nie vergessen, dass gerade ein Film gedreht wird. Ich wollte sie in einer Situation des Reflektierens zeigen, nicht in der spontanen Situation des Überwältigtseins – z.B. wenn die Familien die Umstände des Todes ihrer Ehemänner und Väter erfahren. Ich wollte, dass sie wissen, was sie gesagt haben – und dies, ähnlich wie bei einer Zeugenaussage, auch noch mal bestätigen. Der wichtigste Aspekt aber ist der des Raums. Ich wollte eine Situation schaffen, in der wir als Filmteam und die Person, die man im Bildausschnitt sieht, aber auch der spätere Zuschauer etwas teilen. Im besten Fall kann so vielleicht dieser „gesellschaftliche Raum“ entstehen, von dem ich eben gesprochen habe. Auch Sie halten Distanz. Nur einmal können Sie Ihre Empörung nicht mehr zurückhalten, als Sie beim Anwalt von den nicht geltend gemachten Versicherungsleistungen hören ... Ich glaube, es ist wichtig, dass der Film einen nicht-skandalisierenden Tonfall wählt, um nicht in die Falle eines Opferdiskurses zu tappen. In dem Moment, den Sie angesprochen haben, konnte ich selbst diesen Tonfall nicht aufrechterhalten. Zunächst dachte ich, ich hätte mich verhört. Hier wird eine strukturelle Gewalt deutlich, die durch lauter scheinbar nachvollziehbare, vielleicht sogar in der Verfahrenslogik korrekte Entscheidungen wirksam wird und dazu führt, dass Menschen die aktive Teilnahme an einem Gerichtsverfahren unmöglich ist – gar nicht zu sprechen von der möglichen Klage auf Entschädigung. Vielleicht reagiert der Zuschauer da ähnlich und denkt: Hab’ ich mich gerade verhört? Was sagt der da? INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... 19 KIM LUDOLF KOCH Informationen zu Orten, Zeiten und Programmen unter www.lutzgoerner.de Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... neue filme The Expendables 2 Step Up: Miami Heat USA 2012 - Action - Regie: Simon West - Verleih: Disney USA 2012 - Drama / Musical - Regie: Scott Speer - Verleih: Constantin Die Diskussion im Vorfeld ließ die Fangemeinde erschauern: Wird die Fortsetzung der Veteranen-Keilerei gezähmt jugendfrei in die Kinos kommen? Werden die Dialoge „PC“ sein, so wie es Mitstreiter Chuck Norris forderte? Doch zum Glück führt der ja nicht die Regie, Sylvester Stallone bewahrt sich Einfluss und garantiert ein Sequel im Sinne des Vorgängers: Ab 18. Brav! HE Flashmobs, Tanzchoreos im öffentlichen Umfeld, bilden den Kern dieser „Step Up“Folge. Sean aus Miami (Ryan Guzman) führt eine solche Gruppe an. Das findet Emily (Kathryn McCormick) echt super. Die ist neu in der Stadt und verknallt sich über beide Ohren in den hopsenden Robin Hood, der gegen Immobilien-Riesen antanzt, die die Bewohner seines historischen Veedels vertreiben wollen. HE Start: 30.8. Start: 30.8. Der kleine Rabe Socke Das Bourne Vermächtnis D 2012 - Trickfilm - Regie: Ute von Münchow-Pohl, Sandor Jesse - Verleih: Universum USA 2012 - Action / Thriller - Regie: Tony Gilroy - Verleih: Universal Socke (gesprochen von Jan Delay) ist klein, ein Rabe und hat mächtig viel Unfug im Kopf. Als er mal wieder zu unbesorgt herumtollt, setzt er eine mittelschwere Katastrophe in Gang: Socke beschädigt einen Staudamm, das Wasser droht nun alles und jeden zu überfluten. Guter Rat muss her! Zum Glück ist Socke nicht auf den Kopf gefallen – und hat gute Freunde. HE Mit Tempo, atemberaubender Montage, treibender Musik und spannenden Plots haben es Robert Ludlums Roman-Vorlagen auf eine gelungene Kino-Trilogie mit Matt Damon in der Titelrolle gebracht. Bourne-Drehbuchautor Tony Gilroy übernimmt in der Fortführung die Regie, Jeremy Renner tritt in Damons Fußstapfen: Als Supersoldat, der von seinen eigenen Schöpfern gejagt wird. HE Start: 6.9. Start: 13.9. Vatertage – Opa über Nacht Lotte und das Geheimnis der Mondsteine D 2012 - Komödie / Lovestory - Regie: Ingo Rasper - Verleih: Studiocanal EST/LETT 2011 - Kinderfilm / Zeichentrick - Regie: J. Põldma, H. Ernits - Verleih: Pandastorm Lederhosen-Schwerenöter Basti (Sebastian Bezzel) leitet ein Rikscha-Unternehmen in München. Eines Tages steht ein junges Mädchen aus Bitterfeld (Sarah Horváth) in der Tür und behauptet, seine Tochter zu sein. Ihr Baby hat sie auch dabei. Basti ist mit 36 Großvater! Romantische Komödie, angelegt zwischen hanebüchenem Boulevard, leichtem Familiendrama und berührendem Charme. HE Hundegirl Lotte traut ihren Augen nicht: Gerade grübelt sie im Bett über den Mond nach, da stolpern zwei Kapuzenmännchen durchs Zimmer. Die wollen einen geheimnisvollen Stein von Lottes Onkel klauen. Lotte rettet den Stein und begibt sich samt Onkel auf eine Reise, auf der sie die Kräfte des magischen Steins enthüllen möchte. Ihre Reise führt sie durch aufregende Gefilde. HE Start: 13.9. Start: 20.9. Resident Evil: Retribution Gregs Tagebuch – Ich war’s nicht! GB/D/USA 2012 - Action / Horror - Regie: Paul W.S. Anderson - Verleih: Constantin USA 2012 - Komödie - Regie: David Bowers - Verleih: Fox Die seelenlos trashig umgesetzte, aber in Genrekreisen durchaus beliebte Endzeit-Serie geht in die nächste Runde, und gibt sich damit so unermüdlich wie ihre Heldin und so unsterblich wie ihre Monster: Alice (Milla Jovovich) macht weltweit Jagd auf die Verantwortlichen, die den Zombie-Virus in die Welt gesetzt haben. Dabei erfährt sie auch mehr über ihre eigene Vergangenheit. HE Er ist zurück: Zum dritten Mal widmet sich das Kino den Abenteuern des jungen Greg Heffley (Zachary Gordon). Diesmal hat der Schüler Ferien. Die beginnen mit einem unfreiwilligen Aufenthalt im Pfadfindercamp. Doch am Ende landet Greg wieder bei Kumpel Rupert – und Brüderchen Rodrick (Devon Bostick), der Greg die Romance zu Holly Hills (Peyton List) madig macht. HE Start: 20.9. Start: 20.9. www.engels-kultur.de/heute-im-kino 20 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal culture club textwelten culture club präsentiert: Varieté präsentiert: Jazz Das altmodische Genie Lutz Görner zeigt, wie man die Angst vor Kunst in Lust verwandelt Warum sollte man zu einer Veranstaltung gehen, bei der jemand einfach aus einem Buch vorliest? Eine Frage, die heute niemand mehr stellt, kommen doch alleine in Köln innerhalb von zehn Tagen rund 80.000 Menschen zu den Veranstaltungen der lit.Cologne. Dort gibt es Lesungen von Autoren und Schauspielern, zweifellos fast immer interessante Veranstaltungen. Aber was man dort nicht bekommt, ist Bildung. Man muss sie schon selbst mitbringen, um den gelesenen Text einordnen zu können in das Gefüge historischer oder literarischer Zusammenhänge. Wer möchte sich jedoch am Abend mit Fragen nach der Aktualität von Goethe, Schiller, Heine oder Charles Bukowski befassen? Dennoch gibt es jemanden, der das alles leistet, der eine Stimme für die Zwischentöne des Textes besitzt, der uns Lust macht auf das „Wintermärchen“ oder die späten Gedichte eines Johann Wolfgang von Goethe. Lutz Görner hat das Handwerk des Rezitators mit einer Virtuosität entwickelt, die weit über das hinausreicht, was man von einem Spezialisten der Lesekunst erwarten kann. Das, was vielen Lehrern und Professoren an der Uni nicht gelingt und von Autoren und Schauspielern nicht geleistet wird, demonstriert er mit spielerischer Gelassenheit: Texte verständlich erscheinen zu lassen, sie kulinarisch zu präsentieren. Der Königsweg zu den Texten eines Autors bildet dabei zumeist die Beschäftigung mit seinem Leben, seinem Schicksal, das ihn zu einem Melancholiker, Krakeeler oder Frühvollendeten macht. Nun feiert Görner sein 50jähriges Bühnenjubiläum unter dem Titel „Das Festival“. 120 Auftritte in Deutschland, viele davon in NRW. „Ich könnte alleine von NRW leben, das hängt mit den Menschen zusammen, die sind irgendwie toleranter als anderswo“, erklärt er. Von Münster über Dortmund, Bochum, Mülheim an der Ruhr, Duisburg, Düsseldorf, Aachen, Bonn und dann alleine vier Wochen in Köln präsentiert er die „fünf Falten meiner Seele“, wie er sagt. Gemeint sind fünf Programme, die jeweils einen prägnanten literarischen Akzent setzen. Politische Töne kommen in „Heine: Deutschland ein Wintermärchen“ zum Ausdruck. In „Goethe liebt“ rückt er dem literarischen Übervater auf den Pelz und erklärt, dass Goethe nur zweimal „wirklich“ verliebt war, einmal mit Händchenhalten und einmal mit allen Schikanen zwischen den Daunen. Das dritte Lyrik-Programm „Ich lache nie!“ bietet geballte Komik von Morgenstern, Ringelnatz und Tucholsky. So unbekannt, wie den Deutschen ihre Literatur ist, so wenig wissen sie über ihre Musik. Eine Vermutung, der Görner auf die Spur kam, als er vor einigen Jahren sein Erfolgsrezept auf die Ahnengalerie der großen Komponisten ausweitete. Wenn er aus dem profunden Reservoir seines Wissens ein Porträt zu entwerfen beginnt, dann entsteht das Bild eines Menschen mit allen dazugehörigen Absonderlichkeiten, Verletzungen und Talenten. Der Witz und die scharfen Konturen, mit denen der inzwischen 68Jährige die Lebensbilder von Mozart, Bach und Liszt entwirft, schreiben sich in der Erinnerung ein. So bietet Görner mit „Chopin!“ ein viertes Programm, bei dem ihn die Pianistin Elena Nesterenko begleitet. Sie ist auch dabei, wenn es darum geht, die Neugierde der Jüngsten auf die Schätze der Literatur zu entfachen, und so bieten die „Balladen für Kinder“ vom „Spatzensalat“ bis zum „Himmelsklöße-Spiel“ etliche lyrische Kostbarkeiten, die jedem zugänglich sind. Denn das, was heute jeder möchte – anstrengungslos Zugang in die Hallen der großen Literatur zu finden – das liefert Görner mit einer aus der Mode gekommenen Leidenschaft, die gleichwohl immer noch mitzureißen vermag. THOMAS LINDEN Informationen zu Orten, Zeiten und Programmen unter www.lutzgoerner.de 21 LEVERKUSENER JAZZTAGE VARIETE ET CETERA: GEBURTSTAGSSHOW Vom 2. bis 11. November verwandeln die Jazztage Leverkusen bereits zum 33. Mal in ein Mekka des Jazz, Funks und Soul, bei dem sich internationale Größen wie John McLaughlin, Dominic Miller oder Klaus Doldinger die Klinke in dAie Hand geben. Eröffnet wird das Festival von der britischen Funklegende Bluey und seiner Band Incognito, sowie der unnachahmlichen Candy Dulfer. Mit einer spektakulären Show feiert das Variete et cetera vom 8.9. bis 28.10. seinen 20. Geburtstag. Die Gäste erwartet ein Abend voller Comedy, waghalsigen Akrobatik-Kompositionen und genussvollen Küchenensembles. Das Duo Valeriy ist der Senkrechtstarter unter den Luftakrobaten und überzeugt mit perfekter Körperbeherrschung und einem schwerelos anmutenden Tanz akrobatischer Luftbilder. 33. Leverkusener Jazztage div. Orte in Leverkusen Karten an allen VVK oder unter 02711 76 79 59 Variete et ecetera Herner Str. 299, Bochum Karten unter: 0234 1 30 03 engels verlost 2x2 Karten für John McLaughlin und Dominic Miller E-Mail bis 5.11. an [email protected], Kennwort: Jazztage Do, 8.11. um 19 Uhr engels verlost 5x2 Karten bis 24.9. E-Mail an [email protected], Kennwort: Variete et cetera Do, 11.10. um 20 Uhr PIXAR 25 Years of Animation bis 6. Januar 2013 in Bonn © Disney/Pixar Lutz Görner in Aktion Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, T +49 228 9171-200 www.bundeskunsthalle.de wortwahl comickultur Zurück aus’m Urlaub Comic als Denkmal Als sich Charlie und Eli Sisters 1851 von Oregon nach Kalifornien aufmachen, ist Reisen noch kein Volkssport, sondern im besten Falle ein Arbeitsauftrag. Glücksritter, Goldschürfer oder einfach nur ums nackte Überleben kämpfende Siedler auf der Suche nach einer erklecklichen Existenz befinden sich zwangsweise auf ihrem Track ins Land, wo die Orangen blühen. Mittenmang „Die Sisters Brothers“ (Manhattan), die auf ihre Weise erkannt haben, dass „das ganz große Geld gar nicht mit Gold zu machen (ist), sondern mit denen, die danach suchen“ – als Auftragskiller. Doch Patrick deWitts Wild-West-Parforceritt ist mehr als nur eine satirische Groteske, in der ein kongeniales Psychopathenduo Gier und Idotie fürstlich mit dem schnellen Tod entlohnt. Während Charlie scheinbar mit jedem Schuss nach Auslöschung seiner Vergangenheit trachtet, verfolgt ihn sein tumber Bruder auf der gebrechlichen Mähre seines zweifelnden Geistes. Eli hat seine eigene Reise angetreten, mitten rein ins Ich, das Außen als unerbittlicher Spiegel, an deren Ende nur die Eigenständigkeit oder der Tod stehen kann. Eine Auseinandersetzung, der sich auch „Lola Bensky“ (Suhrkamp) zu stellen hat. Von der Statur her dem untersetzten Eli Sisters nicht unähnlich verdingt sich Lily Bretts Protagonistin ebenfalls fern der Heimat als Freelancerin – allerdings als Musikjournalistin in den Hipster-Domänen der Charles Burns scheint nach „Black Hole“, seinem Opus Magnum der 90er Jahre, mit einer neuen Reihe seinen Ruf als Meister der Teen-Angst bestätigen zu wollen. Die ersten beiden Bände „X“ und „Die Kolonie“ zeigen Dougs Beziehung zu seinem Vater und seiner Ex-Freundin. In klaren, kontrastreichen Farbzeichnungen wechselt die Geschichte zwischen den Alltagserlebnissen und Dougs Alpträumen, die David Lynchs „Eraserhead“ Konkurrenz machen. Verstörend gut (Reprodukt). „Chronik einer verschwundenen Stadt“ erzählt von der Liebe der Pariser Unternehmensberaterin Dibou und des ägyptischen Künstlers Golo zu dem Örtchen Qurna. 15 Jahre lang hat das Paar den Ort immer wieder bereist, schließlich auch dort gewohnt und mit den Kindern im Dorf Projekte durchgeführt. Als die Regierung anfängt, ihren Masterplan zum Tourismus in und um Luxor zu realisieren, beginnt die Zwangsumsiedlung des Dorfs, von dem heute kaum noch etwas übrig ist. Der Band setzt mit seinen lebendigen, farbigen Zeichnungen und den eingestreuten Fotos von den Projekten mit den Kindern, dem Dorf und seinen Bewohnern ein eindrucksvolles Denkmal (avant verlag). „Im Land der Frühaufsteher“ umkreist mit einer Rahmenhandlung den Tod von Azad Hadji im Jahr 2009. Der Asylbewerber starb unter rätselhaften Bedingungen an starken Verbrennungen. Paula Bulling lernt eini- Sixties, London und N.Y. Bereits im ersten Interview des Romans offenbart sich dabei ihr ganzes Dilemma. Einerseits fürchtet sie, dass sich die Taschentücher, die sie sich zum Schutz vor Schürfwunden in die Netzstrumpfhosen zwischen die Schenkel geklemmt hat, in weiße Flöckchen auflösen. Andererseits scheint ein lasziver Bühnenvirtuose wie Jimi Hendrix im Gespräch über die Last der eigenen Kindheit sämtlichen Sexappeal zu verlieren. 200 Seiten später findet sie in Janis Joplins Einsamkeit nur eine Ahnung eines einsamen Ichs wieder, das sie zu verstehen sucht, aber nicht spürt. Wohin das (auch) führen kann, inszenierte kein Autor grandioser als Jim Thompson. Mit einem unermesslichen, „weiß Gott“ sensiblen Kämpferherzen steuern sämtliche seiner Figuren konsequent „In die finstere Nacht“ (Heyne). Für sie gibt es keine glückliche Fügung im Clinch mit ihren Dämonen. Einer seiner genialsten Romane: jener Noir, in dem sich der kleinwüchsige, todkranke Killer Carl Bigelow parallel zu seiner aufkeimenden Paranoia in die obsessive Hassliebe zu der missgebildeten Ruth stürzt. Mitreißend düster und morbide, ein pathologischer Anti-HeldenRausch – der sich nicht zuletzt im schonungslosen Leben des Autors widerspiegelt: mit 19 bereits Alkoholiker als Schmuggler für Al Capone, später Drehbuchautor für Stanley Kubrick, schließlich vereinsamt, verarmt, dem Tode geweiht, als seine Werke, u.a. mit der Verfilmung von „The Getaway“ endlich Anerkennung finden. Von Verbitterung ist aber nichts zu lesen. Überleben ist das eine, Schreiben das andere. Es mag kein Glück sein, aber der radikale Sturz in die eigenen Abgründe zeichnet letztlich Literatur aus: die Einsamkeit des Autors, die Haltlosigkeit seiner Protagonisten, das Unverbrüchliche und das Zerbrüchliche im Wechselspiel von Ego und Alter-Ego, von Ich und Sein und Realität – wie es Frank Göhre in seinem Essay über Hubert Fichtes Rückkehr nach Hamburg in „I and I“ (Pendragon) auf den Punkt bringt (s.o.). In dem hartgekochten Stakkatostil, der den Gefühlen freien Lauf lässt, wirft diese Melange aus Reiseerlebnissen und Heldenreminiszenzen unweigerlich die Frage auf: Was hat man eigentlich aus seinem Urlaub mit zurückgebracht. Und woran scheitern wir. LARS ALBAT ge Afrikaner in den Asylheimen in Sachsen-Anhalt kennen und beschließt, einen Comic über ihre Lebensbedingungen zu machen. Sie besucht einen Afroshop, besucht ihren Freund Farid, erlebt den täglichen Rassismus auf der Straße, stößt auf den Fall von Hadji, geht auf eine Demo, diskutiert mit einem Freund über die Erzählperspektive ihres Comics. Der schnoddrig-unsaubere Zeichenstil passt perfekt zu dem tastenden Erzählstil – ein spannendes Debüt (avant verlag). François Schuiten ist vor allem durch seine mit Benoît Peeters realisierten Comics der Serie „Die geheimnisvollen Städte“ bekannt. Mit seinem in detaillierten Schwarzweiß-Bildern gehaltenen Solowerk „Atlantik 12“ knüpft er erzählerisch dort an: Ein alter Lokomotivführer stellt sich gegen den Fortschritt und versucht, in einer zunehmend überschwemmten Landschaft seine Dampflok gegen die fortschreitende Einführung der Seilbahn zu retten. Ein fantastisches, retrofuturistisches, ebenso technikverliebtes wie zukunftsskeptisches Szenario. Die Altherrenfantasie in Person eines mysteriösen, leicht bekleideten jungen Mädchens hätt’s aber nicht gebraucht (Schreiber & Leser). „Das Nest“ erzählt von der Emanzipation der jungen Witwe Marie und der Homosexualität ihres besten Freundes Serge in einem kleinen Dorf in der Wildnis Kanadas. In den Bänden 5 und 6 – „Montreal“ und „Ernest“ – nimmt sich Marie eine Auszeit und geht erstmals in die große Stadt. Das Dorf muss derweil ohne ihr kleines Lebensmittelgeschäft auskommen. Außerdem zeigt sich, dass der Dorfpfarrer für Serges gleichgeschlechtliche Neigungen mehr Verständnis aufbringt, als man vermutet. „Das Nest“ von Régis Loisel und Jean-Louis Tripp ist auch noch nach sechs Alben eine unglaublich liebevolle, humanistische Erzählung (Carlsen). Marc-Antoine Mathieu ist bekannt für seine philosophischen, die Möglichkeiten des Mediums ausschöpfenden Geschichten. Mit „3 Sekunden“ wagt er ein neues Experiment: Multiperspektivisch umkreist er eine Ereignisabfolge von drei Sekunden über vielfältigste Spiegelungen im Raum – ein ständiges Ein- und Auszoomen. Dass bei dieser erstaunlichen Fingerübung die Story in den Hintergrund tritt, ist verschmerzbar (Reprodukt). CHRISTIAN MEYER 22 poetry staatlich anerkannte Die Bachforelle ist lebhafter als der Beethoven-Karpfen Gute Seiten, schlechte Seiten Schule für Logopädie Modellschule des Landes NRW Sebastian23 zählt an: vierundzwanzig – die Videokolumne Viele fragen sich, warum ich immer eine Mütze trage. Dabei ist die Antwort doch eigentlich ganz einfach zu erraten: Ich kann mir einfach ohne Mütze nicht merken, wo oben ist. Ich habe nämlich eine stark ausgeprägte Oben-Unten-Schwäche. Das ist eine Art Weiterentwicklung meiner Rechts-Links-Schwäche, die mein Navigationssystem in den Wahnsinn treibt. Ich biege so häufig entgegen der Weisungen meines Navis falsch ab, dass der Apparat öfter eine Wende fordert als die späte Bevölkerung der DDR. Mit weniger Erfolg. Schön ist es hingegen, wenn ich Beifahrer bin und meine Schwester die Fahrerin, denn sie hat genau dieselbe Schwäche. Wenn ich also nach rechts will, aber „Links!“ sage, dann biegt sie nach rechts ab, weil sie dort links vermutet. Ein entzückender Beleg für die These, dass Minus und Minus Plus ergeben kann. Ein Freund hat mir mal geraten, dass ein Besuch im Spiegelkabinett vielleicht helfen würde, mein Gehirn wieder richtig rum zu drehen. Das hat auch tatsächlich funktioniert, irgendwie. Im Spiegelkabinett wurde meine Links-Rechts-Schwäche zur Rechts-Links-Schwäche. Loben und Lunten Aber viel schlimmer ist meine neue Oben-Unten-Schwäche. Wer das nicht glaubt, hat noch nie versucht, ein Bierglas von unten auf eine Theke zu stellen oder über beiden Ohren Socken getragen. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr eine Kolumne schreibt und beim Schreiben bemerkt, dass die LeserInnen denken könnten, ihr hättet eine Traube locker? Das ist so ein ähnliches Gefühl wie dasjenige, das sich gelegentlich während des vorschnellen Aussprechens eines Satzes einstellt, den man besser noch mal überdacht hätte. Wer stand noch nie im Tabakladen und sagte Sätze wie: „Mein Luftkissenboot ist voller Aale.“ Aber vielleicht habt ihr einfach, so wie ich, eine Traube-Schraube-Schwäche und habt schon mal Käsehäppchen mit Gewindebolzen garniert oder einen Hängeschrank mit Weinbeeren an der Wand befestigt. Mein Tipp: Benutzt einen Kreuzschlitztraubenzieher! Ausbildung zum Logopäden mit der Möglichkeit der Doppelqualifikation zum Bachelor Ausbildungsbeginn jährlich April, Juli und Oktober Anmeldung und Info´s unter 0211-73779680 www.duesseldorfer-akademie.de )BSGGTUSr%ÛTTFMEPSG PIXAR 25 Years of Animation bis 6. Januar 2013 in Bonn © Disney/Pixar Frohes neues Ja (Teil 2) Das ist alles schlimm und verwirrend, aber nichts ist so schlimm wie das Schicksal von meinem alten Klassenkameraden Urs. Der Bursche hatte nicht nur eine grobe Nase, sondern auch eine ausgeprägte Ja-Nein-Schwäche. Spätestens bei seiner Hochzeit sorgte das für ein gerüttelt Scheffel Komplikationen, und als er dann immer wieder bejahte, als er gefragt wurde, ob er sein „Nein!“ wirklich so gemeint habe, war dann irgendwann auch die Braut weg. Da trag ich doch lieber eine Mütze, auch wenn ich glaube, dass Urs drüber weg ist. Ich hab’ ihn neulich zufällig nach Jahren beim Einkaufen getroffen und ihn gefragt, ob es ihm gut gehe. Er sagte „Ja!“ Ich dachte einen Moment über die Antwort nach und wollte dann wissen, ob er inzwischen seine Ja-Nein-Schwäche therapiert habe. „Ja!“, sagte er. Verwirrt gingen wir auseinander, ich nach links, er nach rechts. Vielleicht auch andersrum – siehe unten. TEXT/FOTO: SEBASTIAN23 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, T +49 228 9171-200 www.bundeskunsthalle.de Sebastian23 – Die Video-Kolumne: Auf youtube und auf www.engels-kultur.de/literatur-nrw 23 popkultur in NRW kompakt disk Warme Bassduschen Eigentlich ist Troy Mighty alias Dead Western recht dünn. Aber er klingt wie ein großer, alter Baum. Mit tiefem Timbre begleitet er seine dem Weird Folk entwachsenen Songs, die auf dem neuen Album „Everything, eternally“ mitunter auch kammermusikalisch begleitet werden (Discorporate). Animal Collective rühren auf ihrem neunten Album „Centipede Hz“ wieder ein höchst quirliges Popsüppchen an: ultrakomplex, sprunghaft, enervierend bis in die Haarspitzen und garantiert mit psychedelischer Klangkultur kurzgeschlossen. Ihr Universum ist so abseitig wie einzigartig (Domino). Ganz entspannt klingen The Sea and Cake – und das schon seit fast 20 Jahren. John McEntires (Tortoise) federndes Schlagzeug, Eric Claridges warmer Bass, Archer Prewitts weiche Gitarre und Sam Prekops gehauchter Gesang – das alles entstammt der Aufbruchsstimmung im Chicago des Postrock und hat sich bis jetzt, auf dem aktuellen Album „Runner“, nur minimal verschoben. Eine schöne Konstante (Thrill Jockey). Chan Marshall alias Cat Power hat mit „Sun“, ihrem ersten kompletten Album mit neuen Eigenkompositionen seit 2006, ein äußerst vielfältiges Werk zusammengestellt. Produziert von Philippe Zdar, gibt es hier ungewöhnliche Elektronikanteile bis hin zur Tanzbarkeit. Daneben gibt sie sich auch ausgelassen rockig. Nur wenige Stücke erinnern an die zerbrechlichen Folk- und Countrysongs der Vergangenheit. Leider … denn wo die Arrangements häufig sehr gewöhnlich sind, können auch nur wenige Songs mit ihren Melodien punkten (Matador). Die italienischen Doom-Meister Ufomammut haben im Frühling ihr Album „Oro: Opus Primum“ veröffentlicht. Nun folgt der zweite Teil „Oro: Opus Alter“, der ihren sludgig-doomigen Space Rock wieder genüsslich auswalzt. Klingt wie eine Autoverfolgungsszene mit Bulldozern (Supernatural Cat). Das zweite Album von The XX erfüllt die Erwartungen an gedehnten, hypnotischen bis somnambulen Pop, der Elemente von Post-Dubstep aufgreift und immer weiter zu so etwas wie Post-Pop zerlegt. Oder Dream-Pop, von der Club-Seite kommend. Die Gesangslinien hinken mitunter leider hinter der ambitionierten Produktion zurück (XL). Der Laptop-Berserker Kid606 hatte ein schweres Jahr. Pech für ihn, Glück für uns! Denn sein neues Album „Lost in the Game“ ist weniger aggressiver Sampleterror denn wehmütiger White Noise. Eine warme Bassdusche wie in „Night Club vs. Book Club“ ist Balsam für die Seele – eine schöne Selbsttherapie (Tigerbeat6). Gary War wird gerne mit Ariel Pink und John Maus verglichen, und irgendwie – ja. Mit John Maus verbinden ihn die 80er Jahre-Referenzen und die Echokammer, sein collagenhaftes Zitatfestival auf „Jared’s Lot“ erinnert an Ariel Pink. Aber genauer betrachtet ist seine Retrocollage mit Noise- und Hall-Terror dann doch aggressiver und verspulter und lässt auch immer wieder an den new wavigen Space Rock einer halb vergessenen Band wie Chrome denken (Spectrum Tools). A propos New Wave: Der Plan hat Anfang der 80er Jahre mit den ersten beiden Alben „Geri Reig“ und „Normalette Surprise“ zwei Klassiker der deutschen New Wave veröffentlicht. Ihre verspielte elektronische Avantgarde mit vagem Anschluss an die Tanzfläche klang zunächst psychotisch und wurde dann zunehmend humorig. Die Reissues enthalten diverse Bonustracks. Auch das gleichnamige Debüt von Palais Schaumburg hat Klassikerstatus. Dada-Texte mit New Wave-Funk hat die Band auf diesem Meilenstein von 1981 zusammengebracht. Das Reissue enthält außerdem die ersten beiden Singles und Live-Aufnahmen (alle bureau b). CHRISTIAN MEYER Tritt am 30. September in Bochum auf: Ryuichi Sakamoto Trennung der Kulturen Die RuhrTriennale kommt nicht richtig in der Welt des Pop an Von Christian Steinbrink Immer mehr Spielstätten der klassischen Musik haben eingesehen: Nur mit ihren angestammten Programmen wird es auf Dauer schwer, sich die Daseinsberechtigung zu erhalten. Deshalb bauen Institutionen wie das Dortmunder Konzerthaus, die Kölner Philharmonie oder die Düsseldorfer Tonhalle immer öfter Reihen in ihre Spielzeiten ein, die Pop in seinen ehemals untergründigen Auswüchsen thematisieren. Das nicht allein, um sich einem jungen Publikum bekannt zu machen, sondern deshalb, weil sie sehen, dass diese Musik die Würde des Konzertortes trägt. Am Deutlichsten setzt das Konzerthaus dieses Bestreben um. Dort wurde schon vor ein paar Jahren das sogenannte Pop Abo installiert, das konsequent auf Künstler setzt, die normalerweise in klassischen Pop- und Rock-Lokalitäten ihre Shows aufführen. Die jungen KuratorInnen dieser Reihe sind selbst ständig „Das bedeutendste Festival der in der Welt des Pop unterwegs, um nach Künste im Ruhrgebiet nähert neuen Talenten Ausschau zu halten. Für sich dem Pop nur zögerlich“ die vergangene Spielzeit fanden sie mit Acts wie Junip, Alexi Murdoch oder Chilly Gonzales Künstler, deren Klasse zweifelsohne auch jenseits altbackener Kulturmaßstäbe beachtet wird. Eine weitere Kulturveranstaltung, die einen verbindenden Geist in sich trug, war das Duisburger Festival Traumzeit. Im Landschaftspark Nord in Meiderich wurden Stile von Klassik bis Pop in einem rauen Ambiente nahezu perfekt miteinander verwoben. Leider konnte die Stadt Duisburg trotz vieler Proteste die Finanzierung der Veranstaltung in diesem Jahr nicht garantieren, weshalb die Traumzeit ausfallen musste. Es wäre für den Kulturstandort Duisburg und die gesamte Region geradezu fatal, wenn diese Aussetzung Dauerzustand bliebe. Wenn man sich all diese positiven Beispiele ansieht, muss man sich unweigerlich fragen, warum die RuhrTriennale als bedeutendstes Festival der Künste im Ruhrgebiet sich dem Pop nur in sehr zögerlichen Schritten nähert. Zwar stehen Acts wie die japanische Experimentalband Boredoms (spielten zu Beginn des Festivals Mitte August auf der Halde Haniel) und der ebenfalls japanische Komponist Ryuichi Sakamoto (am 30. September gemeinsam mit alva noto in der Bochumer Jahrhunderthalle) Pop und Rock nicht völlig fern – aber dabei bleibt es auch. Darüber hinaus gibt es keinen Brückenschlag in das Feld, das nach gewohnten Maßstäben als Pop beschrieben wird. Dabei gäbe es in der Populärmusik zweifellos genügend Künstler, die einen besonderen Rahmen in einer der wunderschönen Spielstätten der RuhrTriennale ausfüllen könnten. Außerdem hätte ein Schritt in diese Richtung den angenehmen Nebeneffekt, dass neue Interessensgruppen und nicht zuletzt Medien an das Festival herangeführt werden könnten. Ein Schritt, der der seit Längerem ein wenig an den Menschen vorbei stattfindenden RuhrTriennale sicher helfen würde. Beispiele, wie es gehen könnte, sind mittlerweile zahlreich. Live: Die RuhrTriennale läuft noch bis zum 30. September. Am Schlusstag spielen Ryuichi Sakamoto und Carsten Nicolai alias alva noto in der Bochumer Jahrhunderthalle. Christian Steinbrink Redakteur und Musikkritiker 24 www.ruhrtriennale.de improvisierte musik in NRW „Root 70“ trifft auf Weltklasse-Streicher .*t."45&340'"$0645*$(6*5"3 INCOGNITO $"/%:%6-'&3 50..:&.."/6&LEO KOTTKE 40t5)&)*()-*()5 %0t."45&340'&-&$53*$(6*5"3 40//:30--*/4 +0)/.$-"6()-*/ THE 4TH DIMENSION DOMINIC MILLER .0t461&3#"44 Von Olaf Weiden Manche Träume bleiben generationenübergreifend erhalten. Charlie Parker, dessen kurzes Leben privat von Drogen und Skandalen geschüttelt wurde und dessen Leichnam von den Ärzten der Obduktion auf 54 Jahre geschätzt wurde – dabei war er erst 34 –, hat sich seinen musikalischen Traum in Paris erfüllt: Der Altsaxophonist spielte „Sie traten in Röcken auf wie verschiedene Titel über eine seifige durchgeknallte Waschweiber“ Streicherbegleitung. Das war eine ganz große Auszeichnung für einen Jazzmusiker, der sich in den 40er Jahren vom Nobody zum Star hochgekämpft hatte. Parker reizte bei seinem Einbruch in die Welt der Konzertmusik sicher auch der gesellschaftliche Kick, den ihm das Konzertpodium verhieß. Plattenaufnahmen von damals landeten trotzdem später gern unter Raritäten im Plattenschrank des Jazzkenners. Da sich die Drogenträume unter Jazzern in der Neuzeit auf ein Normalmaß wie bei anderen Kunsttreibenden reduziert haben, sind neben den phantastischen stilbildenden Bop-Improvisationen Parkers seine Streicherfantasien als musikalisches Teilziel unauslöschlich haften geblieben. Die Vorstellungen des streicherbegleiteten Standards sind über die Jahrzehnte hin variiert worden, und auch eine jüngere Band, die das Baujahr ihrer Mitglieder im Bandnamen trägt, startet jetzt einen neuen Versuch, dieser reizvollen Versuchung auf ihre Art zu erliegen. Das Projekt nennt sich ganz unpoetisch „Root 70 with strings“. Komponist und Primus inter pares der aktuell betriebenen „conceptional works“ ist der Posaunist Nils Wogram. Seine außergewöhnlich solide Spieltechnik und seine große Musikalität prägen seine erfolgreiche Solistenkarriere, aber Nils ist zudem ein netter Kerl und immer für einen Spaß zu haben. Deshalb war recht viel los auf den Bühnen, die die ausgelassenen Jungs ab 2000 bespielten. Mal traten sie in Röcken auf wie durchgeknallte Waschweiber, mal turnte Saxophonist Hayden Chisholm beachtlich an einem Rollstuhl wie auf einem Barren, es wurden mehrfach außermusikalische Ideen präsentiert. Jetzt reizen Orchesterträume, allerdings in Kammerbesetzung. Für seine Stücke hat Wogram Musiker aus der Klassik-Abteilung bemüht, die bereits intensive Begegnungen mit der Improvisierten Musik erlebt haben und sogar das Talent besitzen, auch spontan auf unnotierte Töne zu reagieren. Große Erfahrung besitzt Gareth Lubbe, Solobratschist im Gewandhausorchester, der sogar in der Freizeit das Obertonsingen erlernt hat. Adrian Brendel spielt Cello, bereits legendär sind seine musikalischen Begegnungen mit seinem Vater Alfred, weltberühmter Pianist und seit Langem auch Dichter. Auch Adrian hat früh die Liebe zum Jazz entdeckt, als Schüler agierte er schon mit der E-Gitarre auf klassikfeindlichem Terrain. Und Gerdur Gunnarsdottir kümmert sich seit Jahren um die isländische Folklore und ihre jazzige Aufarbeitung. Alle drei besitzen Roots in Köln, wie auch Wogram und die Band selbst. Insofern stellt das Konzert im Loft ein Heimspiel dar – leider genau parallel zur Kölner Musiknacht. Zwei herausragende Termine der Kölner Kultur fordern so Olaf Weiden die Entscheidung der Musikfreunde heraus. Vielleicht gilt Musiker und Musikkritiker ja auch hier: Konkurrenz belebt! MARCUS MILLER 8%3#*(#"/%'&"5 '3t(&3."/$-"44*$4 ,-"64%0-%*/(&3A4 7*$503#"*-&: PASSPORT PETER ERSKINE 1"6-,6)/#"/% %*t80."/A4/*()5 ESPERANZA SPALDING 4"t(3007&/*()5 508&30'108&3 :A",050 '0631-":t.0A#-08 #655&34$05$) HOTLINE 02171–767959 Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen, im Internet, an der Abendkasse oder an der Hotline. Programmänderungen vorbehalten. Veranstaltungsort: Forum, Am Büchelter Hof 9, 51373 Leverkusen WWW.LEVERKUSENER-JAZZTAGE.DE PIXAR 25 Years of Animation bis 6. Januar 2013 in Bonn Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, T +49 228 9171-200 www.bundeskunsthalle.de Loft: „Root 70 with strings“ I Sa 22.9. 20.30 Uhr www.loftkoeln.de 25 © Disney/Pixar Ein Heimspiel Coole Jungs mit Root, Foto: Palma Fiacco 4"t'6/,:456'' wupperkunst Giorgio Sommer, Marina di Messina, um 1870, Albuminpapier, 27,6 x 37,6 cm, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie Italien in Bildern Das Von der Heydt-Museum widmet sich der Italien-Rezeption des 19. Jahrhunderts Eine Ausstellung wie ihr Thema. „Bella Italia“ kommt leicht und leichthin daher, edel im Blau der Wände bei gedämpftem Licht, in dem die wenigen Gemälde hell angestrahlt sind. Mit der linearen Hängung der Fotos und Malereien in der großzügigen Präsentation ist dies die richtige Ausstellung für die Sommerzeit. Vorgestellt wird Italien im 19. Jahrhundert, zu einer Zeit also, in der neben der Bildungs- und Kulturreise der Erholungsurlaub aufkam. Was wir im Von der Heydt-Museum sehen, ist indes nicht unser heutiger, mithin sentimentaler Blick auf unser liebstes Reiseland, sondern die Wahrnehmung der damaligen Maler und Fotografen. Ausgestellt sind Ansichten von Italien jenseits der armen und vielköpfigen Bevölkerung, der engen, staubigen Gassen, über welchen die Wäsche hängt, und der Fischerei und der Marktstände – dazu gibt es in Wuppertal nur vereinzelte Ansichten. Stattdessen zeigen die Fotografien die prächtig blühende Natur, die antiken Kulturgüter in der Übersicht und das schmuck hergerichtete Städtische – das 19. Jahrhundert erweist sich in dieser Hinsicht als lange und wechselvolle Zeit. das Volkstümliche und Tradierte in der Gesellschaft, das Städtebauliche ebenso wie die Architektur. Vor allem die deutschen Fotografen favorisieren den „attraktiven“ idealisierten Blick. Da sind die fotohistorisch wichtigen Aktaufnahmen von Knaben in antikischer Attitüde, die Wilhelm von Gloeden in Taormina arrangiert hat und die bei ihm auch homoerotisch motiviert waren. Und da sind die beschönigten Fotografien der Ruinen antiker Bauwerke und der schweifende Blick über die Landschaften, in denen mitunter, bei der Auftragsfotografie, die Touristen posieren. Auch tagespolitische Ereignisse, wie der Besuch von Garibaldi bei den Ausgrabungen in Pompeji, oder „Typen“ aus der einheimischen Bevölkerung sind Gegenstand der Fotografie des 19. Jahrhunderts. Die innerstädtischen Baudenkmäler wirken wie am frühen Sonntagmorgen fotografiert, ganz ohne Passanten und mit gereinigten Straßen. Die Architektur wirkt alt, aber nicht beschädigt. Ein gefragtes Motiv war die Kunst selbst, so wurden auch die Laokoon-Gruppe und Giovanni da Bolognas „Raub der Sabinerinnen“ in Florenz als Souvenirs für Touristen fotografiert. War zunächst noch die Reise aufwändig und beschwerlich, so wurde mit dem Aufkommen organisierter Reiseveranstalter vieles leichter. Zeitgleich entwickelte sich die Technik der Fotografie in rasantem Tempo, die Kamera wurde handlicher und war schließlich auch leichter zu bedienen. Damit aber bildete sich gerade in Italien ein Berufsstand an Fotografen aus, der sich auf Aufnahmen für die Touristen spezialisierte. Begehrte Motive, die als Postkarten reproduziert wurden und von der eigenen Reise berichteten, waren die Baudenkmäler und die weiten, unberührten Landschaften sowie die Stadtpanoramen – dass solche Aufnahmen einen hohen ästhetischen und nun auch dokumentarischen Wert besitzen, belegen in der Wuppertaler Ausstellung etwa die Fotografien von Giorgio Sommer (1834-1914), der aus Frankfurt stammte und ein Fotostudio in Neapel eröffnete, mit dem er äußerst erfolgreich war. Neben seinen „Pflichtaufnahmen“ entstand etwa seine Serie vom Ausbruch des Vesuvs 1872, die sich auf das Wolkenphänomen konzentriert und die Entwicklung zeitlich dokumentiert, weit über jeden Fotojournalismus hinaus. Besonders eindrucksvoll ist in der Ausstellung das vergleichende Nebeneinander von Malerei und Fotografie. Das betrifft die Darstellung der Pinien, gemalt von Oswald Achenbach und fotografiert von Pietro Dovizielli wie auch Robert McPherson, sämtlich um 1850. Oder die „typische“ Italienerin, als Malerei von Anselm Feuerbach und als Tableau kolorierter Aufnahmen der Fotografengemeinschaft Stefano Lais und Antonio Mariannecci, aus der Zeit Mitte der 1860er Jahre. Zu den eindrucksvollen Bildern gehört „Vittoria Caldoni“, Friedrich Overbecks Gemälde eines bäuerlichen Mädchens, das zu den Hauptwerken der Malerei der Nazarener – aus dem Kreis deutscher Künstler, die sich in Rom niedergelassen hatten – gehört. Und auch die „Pergola“ von Hans von Marées ist, so oft sie auch in letzter Zeit gezeigt wird, in der Ausstellung ein Gewinn, ebenso wie die „Italienische Landschaft“ von Carl Rottmann – wobei zu fragen wäre, warum eigentlich so wenige Malereien ausgestellt sind und ob weitere Gemälde nicht auch den Blick der deutschen romantischen Malerei auf Italien vertieft hätten. Also, bei dieser guten, anregenden Ausstellung wäre mehr drin gewesen. Auch was die Laufzeit betrifft, denn sie geht schon allzu bald zu Ende. Feuerbach und Overbeck Die Ausstellung, die dem klassischen Reiseverlauf von Nord- nach Süditalien folgt und bestimmte Städte, Regionen fokussiert, setzt sich aus den fotografischen Beständen der Sammlungen des Münchner Stadtmuseums und des Sammlers Dietmar Siegert zusammen und wird noch flankiert von einzelnen Gemälden der Spätromantik aus der Sammlung des Von der Heydt-Museums. Dabei werden einzelne Themen und Schwerpunkte herausgearbeitet, etwa die Geographie und die Topographie mit den geologischen Eigenheiten und der landschaftlichen Anlage, THOMAS HIRSCH „Bella Italia – Fotografien und Gemälde 1815-1900“ I bis 9.9. Von der Heydt-Museum I www.von-der-heydt-museum.de 26 kunst-kalender Faires Fest 14.– 28. September 2012 Christian Hellmich, Treppe III, 2007, Öl/Lw, 150 x 390 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn; Foto: Victor Dahmen, Köln, courtesy Von der Heydt-Kunsthalle, Wuppertal Die Kunst-Termine NRW BOCHUM – Kunstmuseum www.bochum.de/kunstmuseum HAGEN – Emil Schumacher Museum www.esmh.de Fluxus Ruhrgebiet bis 21.10. Die Fluxus-Aktivitäten der Galerie Inge Baecker in Bochum von 1970 bis 1982 Maccheroni Latino bis 14.10. Italienische Gouachen des großen Malers Made in China 1.9.-25.11. Architekturfotografie aus China in Gegenüberstellung zu westlicher Fotografie BONN – Kunstmuseum www.kunstmuseum-bonn.de KÖLN – Museum Ludwig www.museum-ludwig.de David Reed bis 7.10. Barock-ornamentale Malereien auf Leinwand und Papier des amerikanischen Künstlers Claes Oldenburg bis 30.9. Pop Art-Skulpturen der 1960er Jahre William N. Copley bis 4.11. Werkschau des legendären amerikanischen Malers zwischen Surrealismus und Pop Art DORTMUND – Museum Ostwall www.dortmunder-u.de Fluxus bis 6.1.13 Objekte der internationalen Kunstbewegung DORTMUND – Zeche Zollern www.ausstellung-zwangsarbeit.lwl.org Zwangsarbeit bis 30.9. Eine dokumentarische Ausstellung zur Zwangsarbeit durch die NS-Diktatur DÜSSELDORF – Ständehaus K21 www.kunstsammlung.de Thomas Schütte bis 9.9. Eine Radierungsfolge aus dem Jahr 2001 DÜSSELDORF – Museum Kunstpalast www.smkp.de Andreas Gursky 22.9.-13.1.13 Neue großformatige, digital bearbeitete Werke des berühmten Düsseldorfer Fotografen DÜSSELDORF – Hetjens- und Filmmuseum www.duesseldorf.de/hetjens Magie von Licht und Schatten bis 6.1.13 Optische Bildapparate und Lampen mit Licht-Bildern als Projekt der benachbarten Museen DUISBURG – Museum DKM www.museum-dkm.de Norbert Frensch bis 26.11. Extrem konzentrierte Malerei zwischen Kontemplation und Expressivität DUISBURG – Museum Küppersmühle www.museum-kueppersmuehle.de Joseph Beuys und Anselm Kiefer bis 30.9. Dialogische Präsentation von Papierarbeiten und Büchern ESSEN – Museum Folkwang www.museum-folkwang.de Forum Nachhaltigkeit Kirche als Partner im Bergischen Land Di. // 18. Sept. // 15.00 –18.00 Uhr Huppertsbergfabrik KÖLN – Museum für Angewandte Kunst www.makk.de Lob der Torheit bis 2.12. Grenzgänger in der Kulturgeschichte und Kunst BRÜHL – Max Ernst Museum des LVR www.maxernstmuseum.de Plakatausstellung Eröffnung // Sa. // 15. Sept. // 11.00 Uhr Ev. CityKirche Elberfeld Mo. - Sa. // 10.00 –18.00 Uhr „Taste The Waste“ Filmvorstellung Do. // 20. Sept. // Fr. // 28. Sept. Cinemaxx Wuppertal Schokoladentag Ein fairer Genuss in der Schwebebahn Do. // 20. Sept. // 11.30 –15.30 Uhr KÖLN – Photographische Sammlung www.sk-kultur.de Faires Fest Walker Evans, 21.9.-20.1.13 Werkschau des amerikanischen Fotografen Abend der Begegnung mit Carlos Diaz Sa. // 22. Sept. // 19.30 Uhr Int. Begegnungszentrum der Caritas, Hünefeldstraße 54a KÖLN – Wallraf-Richartz-Museum www.wallraf.museum www.fairesfest.de 1912 – Mission Moderne bis 30.12. Rekonstruktion der SonderbundAusstellung LEVERKUSEN – Museum Morsbroich www.museum-morsbroich.de R. Trockel, P. Varga Weisz bis 30.9. Die Künstlerinnen zu Erinnerung und Gegenwart, Körper und Fragment MÖNCHENGLADBACH – Museum Abteiberg www.museum-abteiberg.de R. H. Quaytman bis 4.11. Konzeptuell angelegte Gemälde, die sich auf Motive der Stadt Mönchengladbach beziehen NEUSS – Clemens-Sels-Museum www.clemens-sels-museum-neuss.de Sehnsucht nach Farbe 23.9.-13.1.13 Der Symbolist Gustave Moreau und seine Schüler, darunter Matisse und Rouault NEUSS – Langen Foundation www.langenfoundation.de PIXARS KURZFILME Kino im Forum Mittwoch, 5. September, 19 Uhr und Mittwoch, 17. Oktober, 19 Uhr Rahmenprogramm zur Ausstellung Sofia Hultén bis 7.10. Kunst aus der Transformation alltäglicher Dinge PIXAR 25 Years of Animation bis 6. Januar 2013 in Bonn OBERHAUSEN – Ludwiggalerie www.ludwiggalerie.de At Home bis 16.9. Leben und Alltag im Ruhrgebiet, in der Kunst REMAGEN – Arp Museum Rolandseck www.arpmuseum.de Wolkenpumpen bis 27.1. Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp im Dialog SIEGEN – Museum für Gegenwartskunst www.mgk-siegen.de Im Farbenrausch 29.9.-13.1.13 Die Malerei des Expressionismus in Europa Bridget Riley bis 11.11. Abstrakt konkrete Gemälde und Wandmalereien der britischen Grande Dame der Pop Art ESSEN – Ruhr Museum www.ruhrmuseum.de WUPPERTAL – Von der Heydt-Kunsthalle www.von-der-heydt-kunsthalle.de Mythos Krupp bis 4.11. Eine imposante kulturgeschichtliche Schau Christian Hellmich bis 7.10. Werkschau des jungen Malers (geb. 1977) Empfehlungen von Thomas Hirsch 27 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, T +49 228 9171-200 www.bundeskunsthalle.de © Disney/Pixar BONN – Kunst- und Ausstellungshalle www.kah-bonn.de „Die Erde unser Leib“ auswahl Sa 1.9. | 18 Uhr (nach Anmeldung) WUPPERTALER SCHWEBEBAHN Wuppertal M.A.C./MOBILES ART CAFÉ Sa 1.9. | 19.30 Uhr CITY-KIRCHE ELBERFELD Wuppertal HAE SOON KIM, KURT FEISEL, BERNHARD FEDLER: TROSTFRAUEN Sa 8.9. | 20 Uhr WUPPERTALER BRAUHAUS Wuppertal PATRICK STANKE Foto: privat Mit ihrem aktuellen Projekt „M.A.C./ Mobiles Art Café“ erinnert die Kölner Künstlerin Dorothea Bohde an Rolf Jährling und seine Galerie Parnass, in der sich die Avantgarde der Kunstszene traf. Dazu findet ein Alphorn- und Trompetenkonzert des Musikers Matthias Schriefl in der Schwebebahn statt. Später werden im Alten Bahnhof Vohwinkel Filme zur Galerie Parnass gezeigt. Das „M.A.C.“, das seit 2012 an wechselnden Orten durchgeführt wird, versteht sich als soziale Plastik mit der Intention, Menschen zusammenzubringen und einen kulturellen Austausch zu initiieren. Infos: www.dorothea-bohde.de Foto: Chung-Noh Gross „Trostfrauen“ ist ein euphemistischer Ausdruck für junge Mädchen und Frauen aus ganz Asien, die während des 2. Weltkrieges in japanischen Kriegsbordellen zwangsprostituiert wurden. Schätzungen gehen von insgesamt von 200.000 Opfern aus. Seit Anfang der 90er Jahre gehen die Überlebenden vermehrt an die Öffentlichkeit und fordern von der japanischen Regierung ein Eingeständnis. Hae Soon Kim, Kurt Feisel und Bernhard Fedler erinnern an die Kriegsverbrechen und berichten von Begegnungen und Gesprächen mit koreanischen „Trostfrauen“. Infos: 0202 24 32 20 Mo 3.9. | 19.30 Uhr CAFE ISLAND Wuppertal ALEX DE MACEDO TRIO Alex de Macedo ist ein echter Kosmopolit. Als Sohn einer Brasilianerin und eines Ostfriesen wuchs er in Brasilien, Deutschland, Nigeria und dem Irak auf. Mit 15 brachte er sich das Gitarrespielen bei. Mit seinem Trio kombiniert er brasilianische Klänge, wechselt vom ruhigen Bossa Nova zu Rasanterem und gibt improvisierte Melodien zum Besten. Infos: 0202 870 48 15 Der Wuppertaler Patrick Stanke ist ein international bekannter und erfolgreicher Musicalstar. Nun macht er Halt in seiner Heimatstadt. Mit Gitarre, Flügel und vielen schönen Musicalmelodien im Gepäck erzählt er von seinen Erlebnissen in der Musicalwelt. Seit über zehn Jahren zählt Stanke zu den gefragtesten Darstellern der Szene, zu seinen größten Erfolgen zählen Rollen in „Aida“ oder „Footloose“; für seine Darstellung des D’Artagnan in „Die drei Musketiere“ wurde er mit dem Goldenen Vorhang ausgezeichnet. Neben seinen Bühnenengagements ist Stanke auch als Solo-Künstler unterwegs: Vor drei Jahren erschien seine erste Solo-CD „Ich bin Musik“. Infos: 0202 25 50 50 Sa 8.9.-28.10. | 20/19.30 Uhr VARIETE ET CETERA Bochum DAS BESTE ZUM FESTE Zum 20jährigen Jubiläum des Variete et cetera kann man einen faszinierenden Abend mit atemberaubender Artistik, bester Comedy und delikater Gastronomie erleben. Ob Tempojonglage, Kontorsion oder Partnerakrobatik, Kult-Comedian oder Nachwuchskünstler – Lachen und Staunen sind garantiert. Pünktlich zum runden Jubiläum 28 erstrahlen Theater und Terrasse in neuem Glanz: Ein festes Theater ersetzt das Varietézelt, und „kulinarische Top-Acts“ laden zur Stärkung unter Palmen ein. Infos: 0234 130 03 Mo 10.9. | 20 Uhr HISTORISCHE STADTHALLE WUPPERTAL Wuppertal DEJAN LAZIC Dejan Lazic wurde in Zagreb in eine Musikerfamilie geboren und wuchs in Salzburg auf. Heute lebt er in Amsterdam und gilt als einer der gefragtesten und außergewöhnlichsten Pianisten seiner Generation; so spielte er bereits mit international renommierten Orchestern wie z.B. dem Budapest Festival Orchestra oder dem London Philharmonic Orchestra. Neben seiner Solokarriere ist Lazic auch ein leidenschaftlicher Kammermusiker. Infos: 0202 24 58 90 Di 11.9. | 19.30 Uhr CAFE ADA Wuppertal MÄNNER ZUM KNUTSCHEN „Männer zum Knutschen“ ist das preisgekrönte Erstlingswerk der Berliner Produktionsfirma Ente Kross Film. Einer der Hauptdarsteller und Mitbegründer von Ente Kross ist Udo Lutz, der mehr als 20 Jahre in Wuppertal lebte. Im Mittelpunkt steht die chaotische Beziehung von Tobias und Ernst. Richtig turbulent wird es, als Ernsts Jugendfreundin Uta auftaucht, die inzwischen Geheimagentin beim israelischen Mossad ist. Mit einem hinterhältigen Plan sucht sie, sich zwischen die beiden Männer zu drängen und sie gegeneinander aufzubringen. Die Liebe zwischen Tobias und Ernst wird auf eine harte Probe gestellt. Infos: 0202 45 27 15 Fr 14.9. | 20 Uhr KLOSTERKIRCHE LENNEP Remscheid LISA FELLER Bekannt wurde die gebürtige Düsseldorferin durch die Impro-Comedy-Serie Schillerstraße und durch diverse Auftritte als Stand-up-Comedian im Quatsch Comedy Club oder bei NightWash. Nun geht sie mit ihrem zweiten Live-Programm „Der Teufel trägt Pampers“ auf Tour. Ein Haus bauen, einen Sohn zeugen und einen Apfelbaum pflanzen. Mehr muss ein Mann bekanntlich in seinem Leben nicht tun. Und eine Frau? Sie steht jeden Tag vor gravierenden Fragen. Pampers oder Party? Krabbelgruppe oder Krabbensuppe? Stillleben oder mit Stil leben? Mit viel weiblichem Humor liefert Lisa Feller Antworten auf diese essentiellen Fragen. Getreu dem Motto: Eine Frau muss tun, was ein Mann hätte tun sollen! Zum Beispiel den Windeleimer runterbringen. Infos: 02191 99 70 90 Fr 14.9. | 20 Uhr BANDFABRIK Wuppertal RAIMUND VACH Der Gitarrist ist in Wuppertal als Musiker einer Oldie-Band bekannt. Mit 17 Jahren begann er, Franz- Josef Degenhardt zu interpretieren. Im Laufe der Zeit kam noch Material von Liedermachern wie Reinhard Mey, Pe Werner und anderen hinzu. Zu seinem Repertoire gehören Antikriegslieder und Songs der 68er Bewegung, sodass Vach stets auch ein kleines Stück Zeitgeschichte zwischen 1965 und 2000 abbildet. Infos: 0202 69 85 19 33 Fr 14.9. | 20 Uhr TALTONTHEATER Wuppertal HANS JÜRGEN SITTIG: MORDWALD Er ist Fotojournalist, Schriftsteller und Krimiautor. Sittig hat seine Reiseeindrücke in Bildbänden veröffentlicht; nun liest er aus seinem Eifel-Krimi „Mordwald“. Als der Bonner Bauunternehmer Sauter beim Jagen eine unbekleidete und gefrorene Leiche findet, ist für Hauptkommissar Jan Wärmland schnell klar, dass es sich um einen grauenhaften Mord handelt. Als kurze Zeit später ein Jagdfreund des Bauunternehmers von Pfeilen durchbohrt wird, kann Wärmland zunächst kein Motiv erkennen – bis er erfährt, wer das nächste Opfer sein wird. Infos: 0202 247 98 60 Sa 15.9. | 20.30 Uhr DOMHAN Wuppertal KIRSTY MCGEE/MYSHKIN Die Engländerin Kirsty McGee kam mit 14 Jahren in Manchester zur Musik und konnte sich in der Folgezeit eine gewisse Reputation in der Independent-Szene erspielen. 2002 wurde sie für ihr Newcomer-Album „Honeysuckle“ mit den BBC Radio 2 Folk Awards ausgezeichnet. Auch Myshkin konnte sich ein internationales Renomee erarbeiten. Bisher Ausbildung? Studium? www.blindow.de BBS hat sie sieben Alben veröffentlicht und ist durch mehrere Länder in Europa getourt. Nun treten die beiden Ausnahmetalente der Singer/Songwriter-Szene erstmals gemeinsam auf. Infos: 0202 257 48 70 So 16.9. | 20 Uhr COBRA Solingen CARL VERHEYEN BAND Foto: Thorsten Wingenfelder Mit der britischen Rockgruppe Supertramp hat er Musikgeschichte geschrieben. Seit mehr als 25 Jahren ist Carl Verheyen der kreative Kopf der Band. Zusätzlich ist er mit seiner eigenen Carl Verheyen Band erfolgreich unterwegs und arbeitete als Gitarrist für Größen wie die Bee Gees oder Cher; außerdem steuerte er Musik zu den Kinofilmen „The Crow“ und „Die üblichen Verdächtigen“ bei. Nicht umsonst gilt Verheyen als einer der besten Gitarristen unseres Planeten und wird zurzeit mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft. Infos: 0212 33 12 22 Sa 22.9. | 20 Uhr BAHNHOF VOHWINKEL Wuppertal CHRISTINA LUX Seit knapp 20 Jahren ist Christina Lux als Musikerin unterwegs, mit „Playground“ erschien im Januar ihr neues Album. Ihre Lieder beschränken sich auf ein Minimum an Instrumentalisierung und erzeugen eine intensive Atmosphäre, auch dank einer wunderbar wandlungsfähigen Stimme, die unter die Haut geht. In ihrer Karriere arbeitete Christina Lux bereits mit Purple Bernd-Blindow-Schulen Bonn Plittersdorfer Straße 48 53173 Bonn Tel.: 02 28 / 93 44 90 29 bis 30.9. | Di-So 10-18 Uhr SKULPTURENPARK WALDFRIEDEN Wuppertal CARL ANDRE Der US-Amerikaner Carl Andre gehört zu den Begründern der Minimal Art, die nicht nur die Kunstwelt um eine neue, zu ihrer Zeit revolutionäre Stilrichtung bereicherte, sondern auch das Wesen von Skulptur neu definierte. In seinem Skulpturenpark – und damit auch im Dialog mit der Landschaft wie auch mit seinen eigenen Plastiken – stellt Tony Cragg nun fünf Werke von Carl Andre vor, die, aus verschiedenen Werkphasen stammend, zwischen 1977 und 2004 entstanden sind, teils im Pavillon und teils in der Natur positioniert werden und hier noch zur Begehung einladen. Infos: 47 89 81 20 Infos: 0212 25 81 40 ZUSAMMENGESTELLT VON: THOMAS HIRSCH, SERGEJ MAIER, LENA SCHIMMELPFENNIG IMPRESSUM Herausgeber: engels Verlag Joachim Berndt, Büro Köln Maastrichter Str. 6-8, 50672 Köln E-Mail: [email protected] Tel. 0221 272 52 60, Fax: -88 Redaktion: Maren Lupberger (v.i.S.d.P.) Mitarbeit an dieser Ausgabe: Lars Albat, Frank Brenner, Lutz Debus, Valeska von Dolega, Hartmut Ernst, RolfRuediger Hamacher, Thomas Hirsch, Kim Ludolf Koch, Thomas Linden, Sergej Maier, Karsten Mark, Kerstin Maria Pöhler, Christian Meyer, Lena Schimmelpfennig, Carla Schmidt, Anke-Elisabeth Schoen, Sebastian23, Christian Steinbrink, Olaf Weiden, Christian Werthschulte, Hans-Christoph Zimmermann, Andreas Zolper Grafik: Dominik Empl, Michael Hennemann, Martin Johna, Mira Moroz www.engels-kultur.de www.facebook.com/engelskultur Anzeigenverwaltung: Berndt Media Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum www.berndt-media.de Tel. 0234-941910, Fax -9419191 Staatl. anerkannter Berufsabschluss Master- & Bachelor-Studiengänge Pharm.-techn. Assistent/in PTA und auf dem Montreux Jazz Festival. Infos: 0202 947 99 45 Buchhaltung: Karin Okniewski © C. Andre, Foto: Süleyman Kayaalp Schulz, Jon Lord oder Fury in the Slaughterhouse zusammen. Mit ihrem eigenen Trio feierte sie Erfolge bei den Jazztagen in Leverkusen Druck: Henke Druck Alle nicht gesondert gekennzeichnete Bilder sind Pressefotos. zungen service VERLOSUNGS-BOX mit -zungen Heiter bis wolkig Die beiden Freunde Can und Tim genießen das Leben in vollen Zügen. Tagsüber arbeiten sie in einer großen Küche und abends geht es raus auf die Piste, Mädels aufreißen. Dass sie fast immer bei den Frauen landen, verdanken sie ihrer Masche: Sie geben sich als todkrank aus, mit dem letzten Wunsch, eine Nacht mit einer wunderschönen Frau zu verbringen. Dann gerät Tim an die hübsche Marie und verliebt sich in sie. Als er erfährt, dass Maries Schwester Edda wirklich todkrank ist, scheint das Chaos perfekt zu sein. Denn Edda durchschaut Tim sehr schnell – und so bleibt ihm keine peinliche Situation erspart. „Heiter bis wolkig“ läuft ab dem 6.9. im Kino. Foto: I. Arndt, Montage: K. Nikolic Lieber Engels! [Paris] 23 August [1849] Ich bin nach dem Departement Morbihan verwiesen, den pontinischen Sümpfen der Bretagne. Du begreifst, daß ich auf diesen verkleideten Mordversuch nicht eingehe. Ich verlasse also Frankreich. Nach der Schweiz giebt man mir keinen Paß, ich muß also nach London und zwar Morgen. Die Schweiz wird ohnehin bald hermetisch verschlossen sein und die Mäuse mit einem Schlag würden gefangen sein. Ausserdem: In London habe ich positive Aussicht ein deutsches Journal zu stiften. Ein Theil der Gelder ist mir sicher. Du also mußt sofort nach London. Zudem erheischt es Deine Sicherheit. Die Preussen würden Dich doppelt erschiessen: 1) wegen Baden, 2) wegen Elberfeld. Und was sollst Du in der Schweiz, wo Du nichts thun kannst? Du hast keine Schwierigkeiten, nach London zu kommen, sei es unter dem Namen Engels, sei es unter dem Namen Mayer. Sobald Du erklärst nach England zu wollen erhälst Du einen Zwangpaß bis London von der französischen Gesandschaft. Ich rechne positiv darauf. Du kannst nicht in der Schweiz bleiben. In London werden wir Geschäfte machen. Meine Frau bleibt einstweilen hier. Du schreibst an sie, immer unter derselben Adresse: 45, rue de Lille, M. Ramboz. Aber noch einmal, ich rechne sicher darauf, daß Du mich nicht im Stich lassen wirst. D[ein] K. M. Lupus ist bei Dr. Lüning, Zürich. Schreib ihm auch von meinem Plan. engels verlost 3 Soundtracks und 3 Mau-Mau-Spiele. E-Mail mit Adresse bis 10.9. an [email protected], Kennwort: Heiter Am Ende eines viel zu kurzen Tages Donald ist 15 und hat nicht gerade ein unkompliziertes Leben. Wie andere Jungs in seinem Alter träumt er von der Traumfrau, Sex und Abenteuern – aber er hat nicht alle Zeit der Welt dafür, denn er ist krank. Als talentierter Zeichner malt Donald sich daher lieber seine eigene Fantasiewelt, in der Miraculousman, ein unsterblicher Superheld, dessen Erzfeind The Glove und der lüsterne Vamp Worey leben. Als Donald auf Dr. Adrian King trifft, findet er erstmals einen Arzt, den er ganz gut leiden kann. Mehr als gut leiden kann er auch Shelly, die neu an der Schule ist. Aber wie viel Zeit lässt ihm seine Krankheit noch, um sie besser kennenzulernen? Die Verfilmung des Romans „Superhero“ des Neuseeländers Anthony McCarten läuft bei uns am 30.8. an. Elberfeld 1849 engels zungen in der Engels-Stadt: Wir lassen Zeitgenossen des Kapitalisten und Revolutionärs zu Wort kommen, zitieren Briefe an Wuppertals berühmten Sohn. Marx hatte es nach der gescheiterten Revolution 1848/49 nach Paris verschlagen. Engels war nach seiner Teilnahme am Elberfelder Aufstand (im Mai 1849) und an der badisch-pfälzischen Erhebung (Sommer 1849) in die Schweiz geflüchtet. engels verlost 2x den Roman und 2x den Soundtrack zum Film. E-Mail mit Adresse bis 10.9. an [email protected], Kennwort: Superhero Liebe Georg und Anna, seit Jahrzehnten verheiratet, sind kultivierte Musikprofessoren im Ruhestand. Michael Haneke, ermutigt durch die positive Akzeptanz des preisgekrönten Meisterwerks „Da weiße Band“, entwickelt aus der intimen Situation eines einzigen Paares mit Tochter eine ganz eigene, herzzerreißende Episode einer Liebe, die uns allen zeigt, dass es eben doch Sinn macht, den langen Weg durchs Leben gemeinsam zu gehen. Die beiden französischen Schauspiellegenden Emmanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant haben in „Liebe“ die beiden Hauptrollen übernommen. Quellenangabe: Marx-Engels-Gesamtausgabe, Briefwechsel, Band 3, Berlin 1981, S. 44; Abb.: Aufstand der Bürger. Revolution 1849 im westdeutschen Industriezentrum, hg. von Klaus Goebel und Manfred Wichelhaus, 3. Aufl., Wuppertal 1974, nach S. 96 engels verlost 3x2 Karten. E-Mail mit Adresse bis 14.9. an [email protected], Kennwort: Liebe 30 SPORT SEPT. & OKT. GRATIS * WORAUF WARTEST DU? 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