1 2.2.8 Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien von
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1 2.2.8 Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien von
Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 2.2.8 Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien von Prof. Dr. Armin F. Schwolgin 2.2.8.1 Verkehrsinfrastruktur Brasiliens und Modal Split In Deutschland ist der Transport- und Logistikmarkt Brasiliens relativ unbekannt, obwohl eine Reihe deutscher Logistikdienstleister seit Jahren im Lande aktiv ist. Hierin unterscheidet sich Brasilien von den anderen BRIC-Staaten wie Russland, Indien und China, über deren Transport- und Logistiksektor in den letzten Jahren in der Fachpresse häufiger berichtet wurde. Wie in vielen Schwellenländern leidet auch die Wirtschaft in Brasilien unter einer unzureichenden Verkehrsinfrastruktur. In dem größten Land Lateinamerikas wird dieses Problem immer mehr zu einem Bremsschuh der wirtschaftlichen Entwicklung. Das völlig überlastete Straßennetz und die unzureichende Eisenbahninfrastruktur sind für jedermann erkennbar. Die Lkws sind sehr oft überladen, was wiederum zu Schäden an den Straßen und den Fahrzeugen führt und auch für eine hohe Unfallquote sorgt [1]. Andererseits nutzen aber die Binnen- und Küstenschifffahrt ihr Potenzial bei weitem nicht aus [2]. Die unzureichenden Kapazitäten und die geringe Produktivität in den Seehäfen sowie die Probleme der Fluggesellschaften und der Flughäfen behindern die weitere Integration des Landes in die Weltwirtschaft. Unzureichende logistische Infrastruktur In- und ausländische Unternehmen klagen immer häufiger über die mangelhafte Infrastruktur. So wird zum Beispiel der Logistikleiter der Compania Brasileira de Energia Renovável (Brenco), Dariano Dalbem, mit folgendem Kommentar zitiert: »Die logistische Infrastruktur in Brasilien ist prekär und beeinflusst maßgeblich die Kosten und die Liefertreue des Exports unseres Ethanols. Darüber hinaus nähert sich aufgrund der Maut, der Gebühren der Häfen und Flughäfen und nicht zuletzt der Produk- Wasser Luft/ Leitung 13 (29) Schiene 25 (32) Lkws 4 (6) 58 (33) Abb. 1: Modal Split im Güterverkehr Brasiliens 2005 (Ist) und 2025 (Planung) (Quelle: Costa, a.a.O.) Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 1 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien tionssteuern die Geduld aller, die für das beste Produkt, das wir haben, Ethanol, arbeiten, seinem Ende« [3]. Auch der Logistikleiter von Maggi hat die Notwendigkeit von Investitionen in die Infrastruktur unterstrichen. Modal Split Lkw‑lastig Ein Großteil der Transportprobleme in Brasilien wird deutlich, wenn man sich den Modal Split des Landes näher anschaut. Dieser ist extrem Lkwlastig. So wundert es nicht, dass in einem bekannten Logistiklehrbuch nur der Straßenverkehr und die Citylogistik behandelt werden. Hauptverkehrsträger Straße Auf den Verkehrsträger Straße entfiel im Jahre 2005 mit 58% mit weitem Abstand das Gros der Transporte. Der Schienengüterverkehr erreichte demgegenüber 25%, auf dem Wasser wurden 13% der Waren transportiert. Auf die Pipeline-Verkehre entfielen 3,6%, die Luftfracht erreicht nur 0,4%. Ziel des Transportministeriums ist es jedoch, bis zum Jahr 2025 eine ausgewogenere Struktur zu erreichen. Dazu ist es erforderlich, den Anteil der Schiene und der Wasserstraßen zu Lasten der Straße deutlich zu erhöhen [4]. Nachholbedarf im Schienengüterverkehr Ein Blick auf andere große Flächenstaaten mit kontinentalen Ausmaßen zeigt eindeutig, dass Brasilien in der Tat einen sehr großen Nachholbedarf hat. Im Vergleich zu Kanada, Australien, den USA oder auch China nimmt der Schienengüterverkehr deutlich geringeren Raum ein. Russland hat aufgrund der politischen Vergangenheit einen höheren Schienengüteranteil, Mexiko liegt deutlich unter Brasilien [5]. Schiene Straße Wasserstraße Abb. 2: Modal Split verschiedener Flächenstaaten (Quelle: Merlin, a.a.O.) Logistikkosten auf hohem Niveau 2 In vielen Industrieländern sind die Transport- und Logistikkosten nach vielen Jahren einer rückläufigen Entwicklung (»Logistik darf nichts kos ten«) in den letzten Jahren wieder deutlich gestiegen. In China und den Ländern Lateinamerikas bewegen sie sich demgegenüber nach wie vor noch auf einem deutlich höheren Niveau. Dies gilt auch für das BRIC- Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 Land Brasilien; die Logistikkosten machen hier noch 20% der Gesamtkosten aus [6]. Nachdem die tarifären Handelshemmnisse Ende der 80er und in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts sukzessive abgebaut wurden, bremsen heute vor allem die Transportkosten die wirtschaftliche Entwicklung. Wesentliche Treiber der die Im- und Exporte hemmenden Transportkos ten sind neben der Art der Güter (vor allem Erze, landwirtschaftliche Produkte) die Entfernungen, die Qualität der Infrastruktur und die unzureichende Intensität des Wettbewerbs. Der schlechte Straßenzustand, die hoffnungslos überlasteten Häfen und Flughäfen und die ineffiziente Zollabwicklung sind weitere wichtige Kostentreiber. Transportkosten hemmen Im- und Exporte Die Länder ganz Lateinamerikas gaben noch zu Beginn des Jahrtausends doppelt so viel Geld für die Transporte ihrer Importwaren aus wie die USA. Im Jahre 2005 waren dies im Durchschnitt 7,2% des Importwertes im Vergleich zu nur 3,7% in den USA. Das vergleichsweise weit industria lisierte Brasilien wies einen Anteil von 5,5% auf. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Abstand zu den USA in der Seefracht geringer wird, während er sich bei der Luftfracht noch vergrößert [7]. Abb.3 Abb. 3: Transportkosten in Prozent des Importwertes (Quelle: Moreira et al., a.a.O., S. 3) 2.2.8.2 Seeverkehr Im Hinblick auf die Einbindung eines Landes in die Weltwirtschaft kommt den Häfen eine wichtige Bedeutung zu. Im Jahre 2007 wurden nach Angaben der brasilianischen Vereinigung der Hafenbetreiber ABTP (Association Brasileira dos Terminais Portuários) 750 Mio. t Fracht umgeschlagen. Für 2008 erwartet man 800 Mio. t. Trotz der Krise, die Brasilien bisher weniger zu treffen scheint als Europa, Asien und die USA, wird für 2009 von einer Erhöhung auf 830 Mio. t ausgegangen. Selbstkritisch rät der Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Bedeutung der Häfen 3 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien Verband seinen angeschlossenen Unternehmen jedoch, die Entwicklungen in anderen Ländern aufmerksam zu verfolgen und in die Verbesserung der Infrastruktursysteme der brasilianischen Häfen zu investieren. Geringer Containerumschlag Neben dem Massen- und Schüttgut ist heute die Anzahl der abgefertigten Container ein wichtiger Indikator für die Leistungsfähigkeit eines Hafens und der Volkswirtschaft eines Landes. Die Häfen Brasiliens können sich diesbezüglich nicht mit den ganz großen Häfen der Welt messen. Nimmt man Bremen/Bremerhaven mit rd. 3,5 Mio. TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) im Jahre 2004 als Benchmark, dann wird die Situation der brasilianischen Häfen sehr deutlich. Im größten Hafen des Landes, Santos, wurden in dem Jahr knapp 2,5 Mio. Container umgeschlagen. Für ganz Brasilien betrug die Zahl ca. 6 Mio. TEU [8]. Die Aktivitäten in den fünf größten Häfen in Brasilien sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Tab. 1: Containerumschlag in den größten Häfen Brasiliens (Angaben in TEU) (Quelle: Rodrigues, a.a.O., S. 227–228) Hafen Containerumschlag Santos 2.481.581 Itajaí 692.495 Rio Grande 554.863 Paranaguá 487.724 Rio de Janeiro 335.033 wesentliche Containerhäfen Brasiliens gesamt Brasiliens Häfen fehlt es an Vorland 6.071.658 Bei dem vergleichsweise geringen Containerumschlag in den Häfen Brasiliens ist neben dem hohen Anteil von Massengütern (Mineralien und Erze, landwirtschaftliche Produkte) auf die Besonderheiten des Landes hinzuweisen, die in der brasilianischen Fachliteratur anhand der drei deutschen Begriffe »Hinterland«, »Vorland« und »Umland« diskutiert werden. Da Brasilien auf der Südhalbkugel liegt, ist das Land nicht in die großen Warenströme der Nordhalbkugel einbezogen; den brasilianischen Häfen fehlt es in diesem Sinne an Vorland. Die wirtschaftliche Entwicklung des Hinterlandes bestimmt das dort von dem Bergbau, der Landwirtschaft und der Industrie sowie dem Handel generierte Transportaufkommen. Dies ist in dem flächenmäßig sehr großen Land jedoch eher verteilt als konzentriert. Das Umland der Häfen stellt das dritte große, vielleicht sogar das größte Problem dar. Dazu gehören vor allem die unzureichende Anbindung an andere Verkehrsträger (Straße, Schiene, Binnenschiff, Küstenschiff), die Hafeninfrastruktur, die Qualität der dort erbrachten Dienstleistungen und die dafür erhobenen Gebühren. Planung zusätzlicher Häfen 4 Gegenwärtig untersucht die Politik mögliche Standorte für zusätzliche Häfen. Anfang April hat der Generaldirektor der Agencia Nacional de Transportes (Antaq) dem Hafenminister Vorschläge für den Bau von 22 neuen Häfen unterbreitet. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 Seehäfen. Angesichts der Güterstruktur überwiegen Installationen für Massengüter, aber auch die Kapazitäten für Container sollen erhöht werden. Tabelle 2 gibt eine Zusammenfassung der geplanten Hafenstandorte und die dort umzuschlagenden Gütergruppen. Tab. 2: Vorschlag für neue Hafenstandorte (Quelle: www.portogente.com.br/texto.php?cod=22052) Bundesstaat Anzahl Häfen Güterarten Bahia 4 Treibstoffe, Agrarprodukte Eisenerz, Stückgut, Container Espírito Santo 3 mineralische Rohstoffe, Stückgut, Container Pará 3 Agrarprodukte, Bauxit, Container Amazonas 2 Agrarprodukte Rio de Janeiro 2 mineralische Rohstoffe, Container São Paulo 2 Agrarprodukte, Container Santa Catarina 2 mineralische Rohstoffe, Agrarprodukte (Soja), Container Alagoas 1 Agrarprodukte (Zucker) Ceará 1 Flüssiggüter, Container Rio Grande do Norte 1 Eisenerz Rio Grande do Sul 1 Agrarprodukte, Container Sergipe 1 Treibstoffe Ob und wie viele dieser Pläne in den nächsten Jahren wirklich realisiert werden, erscheint durchaus fraglich. Es gibt auch eine starke Strömung, welche die Priorität auf die Steigerung der Kapazitäten der bereits existierenden Häfen legt. So hat der Terminalbetreiber Terminal para Conteineres da Margem Direta S.A. (Tecondi) mit Zustimmung der Hafenbehörde des Bundesstaates São Paulo mit dem Ausbau seiner Kapazitäten im Hafen von Santos begonnen. Statt der 318.000 TEU, die von Tecondi im Jahre 2008 umgeschlagen wurden, soll die Infrastruktur im Jahre 2010 für 700.000 TEU ausreichen. Die Standortsituation war auch der Hintergrund dafür, dass ThyssenKrupp CSA Siderúrgica do Atlantico (TKSCA) für das neue Stahlwerk in Santa Cruz im Bundesstaat Rio de Janeiro gleich einen eigenen Hafen mit gebaut hat. Das Hafenterminal, das als erster Bauabschnitt im ersten Quartal 2009 in Betrieb gehen soll, dient dem Import von Kohle und dem Export von 5 Mio. t Stahlplatten in die USA, Kanada, Mexiko und nach Deutschland. Nach den Worten des Geschäftsführers von TKSCA war es zur Sicherstellung des reibungslosen Imports der Kohle erforderlich, eine Logistikstrategie umzusetzen, die auch den Aufbau eines eigenen Werks hafens beinhaltete. Allerdings scheinen die Kosten des Stahlkomplexes Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 5 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien inzwischen aus dem Ruder zu laufen. Dafür ist auch das Hafenprojekt mit verantwortlich [9]. Struktur exportierter Güter Um zu detaillierteren Aussagen über die Treiber der Transportkosten im Seeverkehr zu kommen, muss gerade im Fall Brasiliens die bereits angesprochene Güterstruktur der exportierten Güter berücksichtigt werden, da diese von ihrem spezifischen Gewicht eher schwerer sind. Dies gilt zum Beispiel für mineralische Rohstoffe, Erze, gefrorene Fruchtsaftkonzentrate, Soja oder auch Bioethanol. Nach der Bereinigung um die Gewicht-WertRelation zeigt sich, dass die Effizienz der Häfen, die Zahl der Transporteure und das Volumen als wesentliche Determinanten für die höheren Transportkosten im Seeverkehr verbleiben. Besonders hervorstechend sind die Ineffizienzen in den Häfen Brasiliens (wie auch ganz Lateinamerikas), wenn man die niederländischen Häfen als Benchmark nimmt. Allein die Art der Abwicklung der Im- und Exporte in den Seehäfen Lateinamerikas erklärt rund 30% der Kostenabweichungen. Nimmt man die US-Häfen als Benchmark, so zeigt sich, dass die Kosten im Schnitt um 20% gesenkt werden könnten. Für das Schwellenland Brasilien ergäbe sich noch eine Einsparmöglichkeit von 10%. Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung Konkrete Steigerungen der Effizienz in den Häfen ganz Lateinamerikas ließen sich erzielen, wenn die Regierungen dieser Länder die Qualität der Hafeneinrichtungen und der Dienstleistungen in den Häfen deutlich steigern würden. Weitere Verbesserungspotenziale bestehen im Hinblick auf die Transparenz der Prozesse, der Präzision der zur Verfügung gestellten Informationen und der Systeme zur Steuerung des Schiffsverkehrs. Kostennachteile ergeben sich vor allem dadurch, dass für bestimmte Aktivitäten in den Häfen besondere Lizenzen benötigt werden, zum Beispiel für das »stevedoring« (»stuffing« und »stripping« von Containern). Dienste der Lotsen und Schlepper Kontrovers verläuft gegenwärtig die öffentliche Diskussion insbesondere über die Dienste der Lotsen und Schlepper, die nicht den jeweiligen Hafenverwaltungen (Companias Docas) unterstehen. Diese sind in der Hand von Unternehmen, die sich genossenschaftlich organisiert haben und mit gesetzlichem Schutz als Kartell agieren. Ein Gesetz aus dem Jahre 1898 garantiert ihnen bis heute eine Monopolstellung. Selbst bei einer Vielzahl von Lotsen in einem Hafen muss der Kapitän eines Schiffes die Dienste eines ihm vom Kartell zugeteilten Lotsen zu dessen einseitig diktierten Konditionen in Anspruch nehmen. Dieser Annahmezwang wird von den Lotsengesellschaften damit begründet, dass aus Sicherheitsund Ausbildungsgründen ein rotierender Einsatz aller Lotsen erforderlich ist. Die Reeder sind deshalb gezwungen, die Leistung des Monopols zu dessen Konditionen in Anspruch zu nehmen. Ein Qualitäts- und/oder Preiswettbewerb existiert nicht. Nach einer Ende 2008 veröffentlichten Studie des Centro de Estudos em Gestao Naval (CEGN) an der Escola Politécnica da Universidade de São Paulo sind die Lotsenkosten in allen brasilianischen Häfen vergleichsweise sehr hoch. Gleichzeitig wurde ein beachtliches Potenzial für Kostensenkungen ausgemacht. Allein im für die brasilianischen Im- und Exporte 6 Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 extrem wichtigen Hafen von Santos wurde von einem Sparpotenzial von 54% ausgegangen. Das Centro Nacional de Navegacao Transatlantica (Centronave) kritisiert nicht nur die absolute Überteuerung der Lotsendienste, sondern beklagt zugleich, dass die Lotsenkosten 50% der gesamten Hafenkosten für ein Schiff ausmachen. Der Lotsenverband Conselho Nacional de Praticagem (Conapra) und die Vereinigung der Lotsen im Hafen von Santos (Santos Pilots) weisen demgegenüber die Kritik an den stark überhöhten Kosten der Lotsen energisch zurück. Das CEGN hat darauf am 2. April 2009 mit einer Klarstellung und Korrektur von Details reagiert: »Auch nach der Analyse der Vorschläge von Santos Pilots bleiben alle Ergebnisse der Studie valide.« [10] Inzwischen sieht offenbar auch die Politik ein, dass sie zum Erhalt und zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes dringend handeln muss. Der zuständige Hafenminister scheint sich vor dem Hintergrund der Kritik aus der Wirtschaft kürzlich für Änderungen des bestehenden Monopols und für eine Preiskontrolle auszusprechen. Allerdings sind bisher noch keine entsprechenden rechtlichen Schritte eingeleitet worden. 2.2.8.3 Luftverkehr Genereller Marktüberblick Die Bedeutung eines nationalen Luftverkehrsmarktes wird vor allem durch die Infrastruktur und die sie nutzenden Luftverkehrsgesellschaften bestimmt. Neben der Zahl und der Qualität der Flughäfen sind die Zahl und die Größe der im Lande ansässigen (im weiteren Sinne auch die dort tätigen) Fluggesellschaften von Bedeutung. Hinzu kommen die Flugsicherung und die Luftaufsicht. Im Falle Brasiliens kommt mit Embraer noch ein leistungsfähiger Anbieter von Regionalflugzeugen hinzu. Brasilien verfügt über insgesamt rund 2.500 Flughäfen; dies ist nach den USA die zweitgrößte Zahl. Die Zahl der öffentlichen Verkehrsflughäfen beträgt rund 380. Die 67 größten Airports unterstehen der staatlichen Flughafengesellschaft Infraero (Empresa Brasileira de Infrastutura Aeroportúaria), die übrigen sind überwiegend in der Hand der Kommunen. Hohe Anzahl an Flughäfen Nach einem 1972 erlassenen Gesetz konnte die Infraeo am 1. Juni 1973 offiziell ihre Arbeit aufnehmen. Es handelt sich dabei um ein bundesstaatliches Unternehmen, das dem Verteidigungsministerium zugeordnet ist. Die ersten von der Infraero betriebenen Flughäfen waren die in Brasília und Porto Alegre. Im Jahre 1986 wurde die Aeroportos do Rio de Janeiro SA (ARSA) übernommen; seither gehören die beiden Flughäfen in Rio de Janeiro (der Stadtflughafen Santos Dumont und der internationale Flughafen Antonio Carlos Jobin/Galeao) zur Infraero. Mit den heute 67 Flughäfen kontrolliert Infraero 97% des gesamten Flugverkehrs des Landes. Hinzu kommen 80 Flugsicherungsanlagen und vor allem 32 Frachtterminals, insbesondere für den Import und den Export. Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 7 2 2.2 2.2.8 Wenige arbeiten mit Gewinn Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien Die große Zahl der brasilianischen Verkehrsflughäfen darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nur wenige von ihnen mit Gewinn arbeiten und die erforderlichen Investitionen aus dem eigenen Cashflow finanzieren können. In der Vergangenheit hat es Quersubventionierungen zwischen den einzelnen Flughäfen gegeben. Zudem haben verschiedene Regierungen sich über Sonderdividenden Haushaltsmittel beschafft. Tab. 3: Kumulierte Ergebnisse und Investitionen der zehn größten Flughäfen in der Dekade 1998–2007 (Quelle: Samarco, a.a.O.) Flughafen Ergebnis (Mio. Reais) Investitionen (Mio. Reais) Guarulhos S.P. 3.303,8 707,3 Viracopos S.P. 1.343,0 302,3 Congonhas S.P. 493,3 353,6 Galeao R.J. 493,2 620,9 Alfonso Pena 210,4 42,9 Eduardo Gomes 189,7 177,2 Santos Dumont R.J. 153,9 436,8 L.E. Magalhaes 143,1 118,7 Pampulha 136,4 21,0 85,2 152,9 Goiaberas/Vitória Nach den kumulierten Zahlen, die von der Vereinigung der Flughafenangestellten Associacao National dos Functionários da Infraero (Anai) veröffentlicht wurden, haben in den Jahren 1998 bis 2007 von den 67 Flughäfen der Infraero nur 33 ein positives Ergebnis erzielt. Lediglich 12 waren in der Lage, ihre Investitionen aus einbehaltenen Gewinnen zu finanzieren. An der Spitze der finanziell erfolgreichen Flughäfen stehen Guarulhos, Viracopos und Congonhas im Staate São Paulo. An vierter bzw. siebter Stelle folgen die beiden Flughäfen in Rio de Janeiro [11]. Probleme der Flughäfen 8 Ähnlich wie bei der Hafeninfrastruktur gibt es auch bei den Flughäfen erhebliche Kritik. Trotz der wegen der weltweiten Finanzkrise momentan rückläufigen Volumina wird von logistischen Engpässen, endlose Warteschlangen, einer irritierenden Bürokratie und dem Diebstahl von Fracht gesprochen. Wegen der Engpässe im Lager- und Umschlagsbereich gehen die Fluggesellschaften im Rahmen der Möglichkeiten dazu über, eigene Cargo-Terminals zu bauen. So hat die TAM Cargo Ende 2008 auf dem internationalen Flughafen von Rio de Janeiro (Galeao) ein neues Frachtterminal eingeweiht, das für 60 t Umschlag pro Tag ausgelegt ist. Es dient allein der Abwicklung der nationalen Luftfracht. Die internationale Luftfracht wird nach wie vor im Terminal der staatlichen Infraero abgefertigt. Am internationalen Flughafen von Guarulhos in São Paulo stellt Infraero die Infrastruktur für den Umschlag auch der inländischen Luftfracht für die Fluggesellschaften Beta, Gol, MTA, Ocean Air und Webjet bereit. Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 Die Regierung in Brasilia wird von Branchenvertretern zum einen aufgerufen, die Infrastruktur jetzt zu verbessern, damit im nächsten Aufschwung genügend Kapazitäten vorhanden sind. Zum anderen geht es auch um die Beschleunigung der Entscheidungsprozesse, mehr guten Willen bei der Lösung von Engpässen vor allem bei dem Angebot von Lagerflächen an den Flughäfen. Die wesentlichen Kritikpunkte wurden kürzlich auch vom verantwortlichen, für die Infrastruktur bei der Infraero zuständigen Manager geteilt. Einen weiter gehenden Vorschlag haben die für die Regulierung des Luftverkehrs zuständige Angencia Nacional de Aviacao Cicvil (ANAC) und die im Besitz des Bundes stehende Entwicklungsbank Banco National de Desenvolvimento Economico e Social (BNDES) mit einer Studie zur Privatisierung der brasilianischen Flughäfen gemacht. Danach sollen private Unternehmen Konzessionen zum Betrieb einzelner Flughäfen erwerben können. Bei dem Modell hat man sich offensichtlich an der Vergabe von Konzessionen zum Betrieb von Eisenbahnnetzen der früheren staatlichen Eisenbahngesellschaft RFFSA orientiert. Als Interessenten für den Erwerb eine Konzession an den großen Flughäfen Brasiliens gelten neben brasilianischen Bauunternehmen auch europäische Flughafengesellschaften, darunter die Fraport AG. Vergabe von Konzessionen Als einer der Anhänger der Privatisierung der Flughäfen hat der für Entwicklung, Wirtschaft und Industrie zuständige Staatsminister des Bundesstaates Rio de Janeiro drei Gründe genannt. Generell müsse der internatio nale Flughafen von Rio de Janeiro dringend modernisiert werden. Dies habe sich auch im Rahmen der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2016 gezeigt, bei der der Flughafen Galeao die schlechteste Teilnote erhalten habe. Im Hinblick auf die Bewerbung um die Fußballweltmeisterschaft im Jahre 2014 benötige Brasilien ebenfalls leistungsfähigere Flughäfen. Diese Mittel seien nur durch private Investitionen aufzubringen. Ein wohlmeinender Kritiker aus dem Bereich Tourismus und Luftverkehr hat mit stark patriotisch gefärbten Untertönen statt der langfristigen Vergabe von Konzessionen eine Privatisierung der staatlichen Infraero vorgeschlagen. Als Vorbild hierfür soll die erfolgreiche Privatisierung des einst staatlichen Mineralölkonzerns Petrobras dienen. Die in der Anai organisierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Infraero nehmen demgegenüber eine komplett ablehnende Haltung ein. Sie haben Ende 2008/ Anfang 2009 eine politische Kampagne begonnen, die den Plan vereiteln könnte. Dabei schlagen sie zum Teil auch sehr nationalistische Töne an. Dies wird auch dem interessierten Touristen durch entsprechende Plakate, die im Abfertigungsbereich der Flughäfen angebracht sind, deutlich. Mit der im Jahre 1927 gegründeten Fluggesellschaft Varig begann der kommerzielle Luftverkehr in Brasilien. Trotz der heute 16 brasilianischen Verkehrsfluggesellschaften ist der inländische Luftverkehrsmarkt im Kern ein Duopol, das zurzeit von TAM und der Gruppe Gol/Varig beherrscht wird. Ob es der in Gründung befindlichen Azul im Jahre 2009 gelingen wird, das Duopol mit dem Geschäftsmodell eines Billigfliegers aufzubrechen, bleibt abzuwarten. Der inländische Marktanteil von TAM erreichte Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Zwei dominierende Fluggesellschaften 9 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien im September 2008 mit 52,8% ein überragendes Volumen; der Auslandsmarktanteil unter den brasilianischen Gesellschaften (ohne ausländische Fluggesellschaften) betrug sogar 82,1%. Wesentliche Ursache hierfür war der wirtschaftlich erzwungene Austritt der Varig, die bis Februar 2007 Mitglied der Star Alliance war, aus diesem Marktsegment. Im November 2008 gab dann TAM bekannt, dass die Gesellschaft nunmehr Mitglied der Star Alliance geworden ist. Zahlreiche Regional‑ fluggesellschaften Ein Blick auf die Größenklassen der übrigen brasilianischen Fluggesellschaften zeigt, dass es in der Branche neben TAM und Gol/Varig nur noch wenige größere, dafür aber viele (sehr) kleine Unternehmen gibt. Allein in der Gruppe mit bis zu fünf Flugzeugen sind acht Gesellschaften mit insgesamt 25 Maschinen vertreten. Es handelt sich dabei vor allem um Regionalfluggesellschaften, die zum ganz überwiegenden Teil kleinere Propellermaschinen aus nationaler Produktion betreiben. Eine Ausnahme ist TAF, die zwei Boeing 732-200 im Einsatz hat. Das Durchschnittsalter aller Flugzeuge ist generell sehr hoch und erreicht in der Spitze 32 Jahre. In der Größenklasse mit 6 bis 10 Flugzeugen sind nur zwei Gesellschaften vertreten, NHT und Passaredo. Bis zum Jahre 1999 betrieb Passaredo auch zwei Airbus A 310 als Frachtflugzeuge. Nach der finanziellen Restrukturierung werden heute sechs Embraer-Maschinen betrieben. Auch die Gruppe mit 11 bis 15 Flugzeugen besteht nur aus zwei Unternehmen: Ocean Air und Webjet. Ocean Air betreibt gegenwärtig (Ende 2008) 14 Fokker 100 mit einem Durchschnittsalter von 16 Jahren. Webjet hat wie viele brasilianische Gesellschaften eine Reihe von Restrukturierungen und Eigentümerwechsel hinter sich. Heute werden mit 11 Boeing 737-300 in ganz Brasilien 15 Destinationen angeflogen. Die Gesellschaft beabsichtigt, Frachtverkehr innerhalb und außerhalb des Landes anzubieten. Bisher besitzt die Gesellschaft eine Frachtfluglizenz nach Argentinien. Luftfracht Geringer Gewichtsanteil Der Anteil der Luftfracht in Brasilien schwankt zwischen weniger als einem und maximal 2% des gesamten Frachtaufkommens. Trotz dieses geringen Gewichtsanteils liegt der wertmäßige Anteil bei 18%. Ein Großteil der Luftfracht wird auch in Brasilien von Passagiermaschinen unter dem Passagierdeck im Unterflurladeraum (»belly«) mit befördert. Der Anteil liegt in Brasilien bei rund zwei Dritteln. Die Route zwischen Manaus und São Paulo ist eine der wenigen Verbindungen, auf denen es reine Frachtflüge gibt. Dies liegt vor allem an der dort angesiedelten Produktion von elektrischen und elektronischen Gütern. Wichtige Flughäfen für die Luftfracht Die im Hinblick auf die Luftfracht wesentlichen Flughäfen sind Guarulhos/Cumbica (São Paulo), Campinas/Viracopos (im Staat São Paulo), Manaus, Galeao (Rio de Janeiro) und Recife. Bis auf Campinas sind alle zugleich auch wichtige Passagierflughäfen. Weltweit liegen Guarulhos auf dem 47. und Campinas auf dem 68. Rang. Das im Jahre 2008 an den wichtigsten Flughäfen des Landes umgeschlagene Frachtvolumen ist in Tabelle 4 zusammengefasst. Insgesamt wurden nach der offiziellen Statis tik der Infraero im Jahre 2008 in Brasilien 1.272.118.453 kg Luftfracht 10 Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 befördert. Hinzu kamen 226.351.608 kg Luftpost. Dieser kam und kommt noch immer große, vor allem finanzielle Bedeutung zu. Tab. 4: Frachtvolumina der größten Flughäfen in Brasilien im Jahre 2008 (Quelle: www.infraero.com.br/upload/arquivos/movi/mov.%20 operac._1208revisadoJ.pdf) Flughafen Luftfracht (kg) Luftpost (kg) Summe (1.000 kg) Guarulhos, S.P. 425.884.098 63.765.469 489.649 Campinas, S.P. 233.699.869 1.333 233.701 Manaus 131.475.741 11.942.480 143.418 Galeao, R.J. 83.031.338 40.574.967 123.606 Recife 51.578.248 11.403.757 62.982 Die Luftfracht stand lange nicht im Mittelpunkt der wirtschaftlichen Interessen der brasilianischen Luftverkehrsunternehmen. Sie beschränkten sich auf die Vermarktung der Belly-Kapazitäten in den national und international verkehrenden Passagiermaschinen. Nachdem die frühere Varig ihre Eigenständigkeit und ihre internationalen Flüge verloren hat, sind von den inländischen Gesellschaften vor allem TAM und Gol relevant. Weitere Teilnehmer am gemischten inländischen Luftfrachtmarkt sind MTA, Beta, Skymaster, Ocean Air und Webjet. Im Jahre 2004 gab es nur sechs mehr oder weniger reine Frachtfluggesellschaften, die zusammen über 32 Maschinen verfügten. Nur sieben Maschinen waren für Langstreckenflüge geeignet. Die in Tabelle 5 im Jahre 2007 veröffentlichen Zahlen [12] stammen aus dem Jahr 2004 und erscheinen uns allesamt fraglich. VarigLOG war in der Vergangenheit sicher der Marktführer. Im Jahre 2006 verfügte die Gesellschaft sogar über 18 Frachtflugzeuge, darunter zwei MD11F und drei DC10F. Allein die Tatsache, dass VarigLOG im März 2009 Gläubigerschutz beantragt hat, ist ein Indikator dafür, dass die Angaben überholt sind. Die aktuell verfügbaren Flugzeugzahlen schwanken zwischen zwei und sieben Maschinen; die in der Tabelle genannten 12 Flugzeuge dürften heute nicht mehr vorhanden sein. Brasilianische Fracht‑ fluggesellschaften ABSA Cargo, eine Tochter der chilenischen LAN, gilt heute als der Marktführer in der brasilianischen Luftfracht. Die Gesellschaft selbst gibt an, dass sie im Jahre 2008 einen Marktanteil von 25% hatte. Sie verfügt heute über zwei B767-300F; die DC 8-71F, mit der sie 1995 begann, ist nicht mehr im Einsatz. Das Filet-Stück sind die seit März 2009 angebotenen Shuttle-Verkehre zwischen Guarulhos und Manaus. Bis zum Jahresende will ABSA auf dieser Rennstrecke einen Marktanteil von 30% erreichen. Neben eigenen internationalen Flügen besteht ein Code Sharing Agreement mit der Lufthansa für die Verbindung Campinas – Frankfurt/M. TAF hat in der Vergangenheit bis zu 18 allerdings mit einem Durchschnitt von 33 Jahren auch sehr alte Maschinen im Einsatz, davon waren fünf Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Eingesetzte Maschinen 11 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien reine Frachtmaschinen und vier in Cargomaschinen umbaubare Passagiermaschinen (quick change). Heute scheinen vier B 727-200F und eine 737-200C in Betrieb zu sein. Abaeté soll heute nur noch über zwei Embraer 110 quick change verfügen. Für Meta werden heute nur eine Bandeirante und eine Brasilia genannt. Mit RIO Linhas Aéreas ist Mitte 2009 ein neuer Wettbewerber in den Luftfrachtmarkt eingetreten. Die Gesellschaft hat zunächst eine Boeing 727-200F in Dienst gestellt. In den nächsten Monaten sollen weitere Maschinen folgen [13]. Tab. 5: Brasilianische Frachtfluggesellschaften im Jahre 2004 (Quelle: Grandra, a.a.O., S. 224) Gesellschaft Anzahl Maschinen Typ ABSA 1 1 B767-300F DC8-70F VarigLOG 4 3 3 2 B727-300F B727-200F DC-10F MD-11F Total 3 6 727-200F 6 ATR-42/300 TAF 2 1 1 727-200F 737-200F 737-200 quick change Abaeté 3 E 110 quick change Meta 2 E 110F Die Luftfrachtraten in Lateinamerika weisen im Vergleich zu den USA noch höhere Unterschiede auf als im Seeverkehr. Unter Berücksichtigung der Gewicht-Wert-Relation liegen sie im Hinblick auf die Importe mehr als doppelt so hoch wie in den USA. Im Falle Brasiliens betragen sie sogar das 2,6-Fache. Der wesentliche Kostentreiber ist auch hier wieder die Ineffizienz der Flughäfen. Diese erklären 65% der Kostenabweichungen zu den USA. Allein die Landegebühren für eine Boeing 747 in Rio de Janeiro betragen 16.000 US-$. An zweiter Stelle stehen die Importzölle und Abgaben mit 18%. Qualitätsverbesserung der Logistikketten notwendig 12 Da die Güterstruktur auch in der Luftfracht von den Ländern Latein amerikas nicht verändert werden kann, müssen sich diese auf eine Verbesserung der Qualität ihrer Logistikketten konzentrieren. Dazu gehört vor allem die Steigerung der Effizienz der Flughäfen. An zweiter Stelle steht die Intensivierung des Wettbewerbs unter den Carriern. Ein weiterer Faktor ist die Regulierung des Luftverkehrs in den einzelnen Ländern. Es gilt vor allem, den Markt, der durch eine Vielzahl von bilateralen Luft- Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien 2 2.2 2.2.8 verkehrsabkommen gekennzeichnet ist, aufzubrechen. Als ein Schritt in die richtige Richtung ist der jüngst von Brasilien gemachte Vorschlag für ein »Open Air Agreement« für Lateinamerika zu sehen. Nach einer an der Universität in Rio de Janeiro im Jahre 2008 durchgeführten Voruntersuchung basiert die generell negative Einschätzung der in Brasilien tätigen Luftverkehrsunternehmen weniger auf fundierten Kenntnissen als auf Reaktionen der Gesellschaft auf die Qualität der Dienstleistung des Sektors. Die gegenwärtige Diskussion über »Open Skies«, die Privatisierung der Flughäfen und die Privatisierung der Luftverkehrsaufsicht, seien bisher nicht durch solide Untersuchungen gestützt, vielmehr würden sie von wenig sachlichen Spekulationen und Vergleichen getrieben [14]. Literatur [1] Vgl. dazu Schwolgin, S. M.; Schwolgin, A. F.: Regierung Da Silva geht gegen Lkw-Überladung vor, in: DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung vom 4.7.2009, S. 7. [2] Vgl. dazu ausführlich: Vidigal, A. A. F.: O transporte aquário: aspectos logísticos, in: Logistica e Transporte no Processo de Globalizacao. Opportunidades para o Brasil, hrsg. von J. Barat, São Paulo 2007, S. 103–205. [3] Zitiert nach o.V.: Brasil tem o melhor etanol do mundo, mas sofre para exportá- lo, in: www.portogente.com.br./texto.php? cod= 21208, abgerufen am 12.4.2009. [4] Costa, F.: Plano Nacional de Logistíca & Transportes, Vortrag im Rahmen der Initiativa Para la Integracion de la Infrastructura Regional Suramericana (IIRSA), Bogota, 4. November 2008, in: www. iirsa.org/BancoMedios/Documentos%20PDF/caex_bogota08_francisco_costa_1.pdf, abgerufen am 19.4.2009. [5] Vgl. Merlin, B.: Priority in Brazil is to increase capacity of ports already built, in: www.portfolk.com/texto.php?cod=976, abgerufen am 8.4.2009. [6] Vgl. Urbasch, G.: »Custo Brasil« macht es teuer. Interview mit der Redaktion LOG.Letter, in: LOG.Letter Nr. 10/2007, S. 6; Schwolgin, A. F.: Container fassen noch nicht Fuß, in: DVZ Deutsche VerkehrsZeitung vom 30.6.2009, S. 11, Infobox. [7] Vgl. Moreira, M. M.; Volpe, C.; Blyde, J. S.: Unclogging the Arteries. The Impact of Transport Costs on Latin American and Caribbean Trade. Special Report on Integration and Trade. Summary, hrsg. von der Inter-American Development Bank und dem David Rockefeller Center for Latin American Studies an der Harvard University, Washington, D. C. 2008, hier S. 1. Armin F. Schwolgin Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 13 2 2.2 2.2.8 Aktuelles Aktuelle Entwicklungen Ausgewählte Aspekte der Transportlogistik in Brasilien [8] Vgl. Rodrigues, P. R. A.: Introducao aos Sistemas de Transporte no Brasil e à Logistica International, 4a Edicao, revista e ampliada, São Paulo 2008, S. 227–228. [9] Vgl. Dalan, M.; Seidlitz, F.: ThyssenKrupp schleift seine Stahlsparte, in: Welt am Sonntag, 22.3.2009, S. 30. [10] Centro de Estudos em Gestao Naval: Complemento da Errata, in: www. gestaonaval.org.br/arquivos/documentos/Porto/Complementação%20 da%20.pdf, Übersetzung des Verfassers. [11] Vgl. Samarco, C.: Batalha politica ameaca plano de privatizar os aero portos do País, in: O Estado de São Paulo vom 5.1.2009, S. B6. [12] Grandra, M.: A questao do transporte aéreo, in: Logistica e transporte no processo de globalizacao. Opportunidades para o Brasil, hrsg. von J. Barat, São Paulo 2007, S. 211–244. [13] Vgl. Schwolgin, A. F.: Rio Linhas Aéreas fliegt Fracht in Südamerika, in: DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung vom 20.6.2009, S. 7. [14] Vgl. Technologia, Gestao e Logisticos (Hrsg.): Transporte Aéreo no Brasil: Decumentacao de Apoio a Politicas do Setor e Monitoracao de Indicatores de Desempenjo do Servico, Projektbeschreibung des Centro de Technologia an der Universidade Federal de Rio de Janeiro, o.O. o.J. (Rio de Janeiro 2008), hier Punkt 1.6. 14 Praxishandbuch Logistik Dezember 2009 Armin F. Schwolgin