Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte Einflüsse

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Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte Einflüsse
Verhandlungserfolg - Zyklische und phasenbedingte Einflüsse
DISSERTATION
der Universität St.Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Alexander Hasler-Dierauer
von
Altstätten (St.Gallen)
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Torsten Tomczak
und
Prof. Dr. Marcus Schögel
Dissertation Nr. 3342
Zürich, Druckerei Irchel, 2007
Die Universität St.Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und
Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden
Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu
nehmen.
St.Gallen, den 21.05.2007
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Outcomes are inevitably the result, in part, of nonrational
choices in what might otherwise be impossibly difficult
situations to resolve.
Philip H. Gulliver
Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den
Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.
Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für
jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden.
Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in
jeder Schlacht unterliegen.
Sun Tse
3
Für
Beatrice
4
I. Vorwort
Das Wichtigste im Leben und in der Arbeit ist, etwas zu werden, das man am Anfang nicht
war. Wenn Sie ein Buch beginnen und wissen schon am Anfang, was Sie am Ende sagen
werden, hätten Sie noch den Mut, es zu schreiben? (…) Das Spiel ist deshalb lohnend,
weil wir nicht wissen, was am Ende dabei herauskommen wird.
Michel Foucault (Foucault 1993, S. 15)
Verhandlungen sind ein immer wichtiger werdender Bestandteil unserer
Gesellschaft und durchdringen das private sowie das wirtschaftliche Leben fast aller
Individuen. „… negotiation has also come to be viewed as a central aspect of
managerial life” (Neale and Bazerman 1991, S. 1). Verhandlungserfolg lässt sich
weniger
auf
Gesprächsführung,
Persönlichkeitsmerkmale
und
Argumentationsketten zurückführen, als auf klar unterscheidbare Phasen, Zyklen
und das sichtbare Verhalten des Verhandlungsführers. Eine realitätsfremde und
falsche Annahme besteht darin, Verhandlungen liessen sich stets rational führen und
Verhandlungsführer würden vernünftig handeln oder zumindest richtig auf
Irrationalitäten reagieren. Vielmehr sind Verhandlungen kognitiven Effekten und
Emotionen ausgesetzt. Verhandlungsführer sind durch diese Faktoren manipuliert
und überfordert, was zu schlechten Verhandlungsergebnissen führt.
Diese Dissertation soll aufzeigen, welche Faktoren bei Verhandlungen Erfolg
versprechen und welche nicht. Das Ziel dieser Studie liegt darin, Verhandlungen im
Allgemeinen und Verkaufsverhandlungen im Speziellen planbarer und erfolgreicher
gestalten zu können.
Meinem Doktorvater Professor Dr. Torsten Tomczak danke ich einerseits sehr für
die Chance an der Universität St.Gallen doktorieren zu dürfen und andererseits für
die wertvolle fachliche Unterstützung. Seine positive, lockere und stets
motivierende Art während der letzen drei Jahre spiegelt sich hoffentlich in der
vorliegenden Dissertation wieder. Ebenfalls danke ich Professor Dr. Marcus
5
Schögel für die Übernahme des Korreferates und seine gezielten und frischen
Anregungen.
Dank gehört auch all jenen Personen am Institut für Marketing und Handel der
Universität St.Gallen, die meiner Dissertation mit Korrekturarbeiten, Anregungen
oder aber administrativer Hilfe die Arbeit erleichtert haben. Diesbezüglich gilt es
die statistische Unterstützung von Dr. Silke Mühlmeier und vor allem den
unermüdlichen Einsatz von Dipl. Kfm. Daniel Wentzel hervorzuheben.
Ohne die Unterstützung von Praktikern wäre die vorliegende Arbeit nicht in dieser
Form möglich gewesen. Ich danke an dieser Stelle allen Personen und
Unternehmen, die durch ihre Ideen, Antworten, Zeit und Engagement zu dieser
Doktorarbeit beigetragen haben.
„Es gibt Dinge über die man sich einigen kann und es gibt wichtige Dinge.“ Meine
Dissertation war für mich ein solches wichtiges Ding. Deshalb kamen in den letzten
drei Jahren vor allem Menschen zu kurz, die mir sehr nahe stehen. Deshalb gebührt
zunächst ein grosses Dankeschön meinen Eltern, die mich bis anhin stets
unterstützten und ermunterten, das zu tun, was ich gerne mache. Ohne Beatrice
Dierauer, meine Freundin und Verlobte, die mich während guter Phasen bremste,
während schlechter jedoch motivierte, die mir in Gesprächen und Diskussionen oft
den Spiegel vorhielt, die Dissertation mehrere Male durchlas, sprachlich
überarbeitete, Unmengen von Kommas durch Punkte ersetzte, mich vorbehaltlos
unterstützte und vor allem immer für mich da war, hätte ich die Arbeit wohl kaum
so souverän verfassen können. Beatrice und meinen Eltern widme ich diese Arbeit.
Winterthur, im Mai 2007
Alexander Hasler-Dierauer
6
Inhaltsverzeichnis
II. Inhaltsverzeichnis
I. VORWORT ...................................................................................................................... 5
II. INHALTSVERZEICHNIS ............................................................................................ 7
III. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................ 10
IV. TABELLENVERZEICHNIS ..................................................................................... 12
1
SUMMARY................................................................................................................ 13
2
EINLEITUNG, ZIELSETZUNG UND AUFBAU.................................................. 15
2.1
2.2
2.3
2.4
RELEVANZ DER VERHANDLUNGSFORSCHUNG ...................................................... 15
FORSCHUNGSLÜCKE ............................................................................................. 16
ZIELSETZUNG ....................................................................................................... 17
AUFBAU DER ARBEIT............................................................................................ 20
3
THEORETISCHE BEZUGSPUNKTE: VERHANDELN UND VERHANDELN
IM MARKETING ............................................................................................................. 24
3.1
VERHANDELN: EIN GRUNDPFEILER DER GESELLSCHAFT ..................................... 24
3.1.1
Verhandlungsmodelle .................................................................................. 26
3.1.2
Normative Verhandlungsmodelle – wie verhandelt werden soll!................ 28
3.1.3
Deskriptive Verhandlungsmodelle – wie verhandelt wird! ......................... 28
3.1.4
Analytischer Rahmen von Verhandlungen .................................................. 29
3.1.5
Eine Klassifizierung von Strategien des Verhandelns................................. 35
3.2
VERHANDELN ALS FORSCHUNGSFELD .................................................................. 39
3.2.1
Verhandeln ist kein eigenständiges Marketingforschungsgebiet ................ 39
3.2.2
Überblick über die Verhandlungsliteratur und Stand der Forschung ........ 41
3.2.3
Folgerungen aus dem Stand der Forschung ............................................... 45
4
ZENTRALE THEORETISCHE KONSTRUKTE UND MODELLE.................. 49
4.1
RATIONALES VERHANDELN ALS GRUNDLAGE DES HARVARD-KONZEPTS ............ 49
4.1.1
Konsens als Ziel der Verhandlung – doch auf welcher Ebene? .................. 50
4.1.2
Die Entstehung der Kooperation................................................................. 52
4.1.3
Exkurs: Kooperation entsteht an den bizzarsten Orten - Leben und leben
lassen im Stellungskrieg............................................................................... 56
4.1.4
Konzeptionalisierung eines rationalen Verhandlungsmodells auf Basis des
Harvard-Konzeptes ...................................................................................... 58
4.1.5
Das Harvard-Konzept ................................................................................. 60
4.1.6
Best Alternative To a Negotiated Agreement .............................................. 66
4.1.7
Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen dem
sachgerechten Verhandeln und Erfolg......................................................... 68
4.1.8
Kritische Einwände und Überleitung zu psychologischen Aspekten und
Emotionen .................................................................................................... 69
4.2
EXKURS: DER RATIONALE VERHANDLER EXISTIERT NICHT .................................. 71
4.2.1
Über Emotionen........................................................................................... 71
4.2.2
Über kognitive Effekte ................................................................................. 74
4.2.3
Besteht Hoffnung für rationales Verhandeln?............................................. 82
4.3
ZYKLISCHES UND PROZESSORIENTIERTES VERHANDLUNGSMODELL VON GULLIVER
............................................................................................................................. 85
7
Inhaltsverzeichnis
4.3.1
4.3.2
Konzeptionalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells (ZVM) nach
Gulliver ........................................................................................................ 86
Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen von
Verhandlungszyklen und –Erfolg................................................................. 91
Konzeptionalisierung des Phasen-Verhandlungsmodells nach Gulliver .... 92
Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen zwischen den
Phasen des Verhandelns und Verhandlungserfolg .................................... 101
4.3.3
4.3.4
5
GRUNDLAGEN UND METHODEN DER UNTERSUCHUNG ....................... 104
5.1
WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN UND AUSRICHTUNG .................. 104
5.1.1
Der kritische Rationalismus als Grundlage der empirisch-quantitativen
Sozialforschung.......................................................................................... 105
5.1.2
Das qualitative Forschungsvorgehen als alternativer Erkenntnisweg...... 105
5.1.3
Die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte Sozialwissenschaft
und der daraus resultierende Forschungsprozess ..................................... 107
5.2 DREI WIRKUNGSMODELLE DES VERHANDLUNGSERFOLG UND HYPOTHESEN FÜR DIE
EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG ................................................................................. 108
5.2.1
Wirkungsmodell und Hypothesenübersicht des Harvard-Konzeptes ........ 108
5.2.2
Wirkungsmodell und Hypothesen des Zyklischen Verhandlungsmodells nach
Gulliver ...................................................................................................... 110
5.2.3
Wirkungsmodell und Untersuchungshypothesen des Phasenmodells nach
Gulliver ...................................................................................................... 112
5.3
ÜBERBLICK ÜBER DAS EMPIRISCHE VORGEHEN .................................................. 115
5.3.1
Forschungsmethodisches Vorgehen und Datenerhebung ......................... 117
6
AUSWERTUNGSMETHODISCHES VORGEHEN UND DARSTELLUNG
DER ERGEBNISSE ........................................................................................................ 123
6.1
ÜBERBLICK ÜBER DAS AUSWERTUNGSMETHODISCHE VORGEHEN ...................... 123
6.2
METHODISCHE GRUNDLAGEN DER AUSWERTUNG .............................................. 125
6.3
OPERATIONALISIERUNG DER MODELLKONSTRUKTE ........................................... 129
6.3.1
Vorgehensweise bei der Operationalisierung der Modellkonstrukte ........ 129
6.3.2
Operationalisierung des Harvard-Konzeptes............................................ 130
6.3.3
Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns ..................................... 134
6.3.4
Operationalisierung der Phasen des Verhandelns.................................... 140
6.4
BETRACHTUNG DER ERGEBNISSE DER STRUKTURMODELLE ............................... 145
6.4.1
Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Harvard-Konzepts ..
................................................................................................................... 146
6.4.2
Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten zyklischen
Verhandlungsmodelles nach Gulliver........................................................ 150
6.4.3
Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten Phasenmodells nach
Gulliver ...................................................................................................... 155
6.5
ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNG DER RESULTATE ..................................... 160
7
SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK .................................................. 162
7.1
7.2
7.3
IMPLIKATIONEN FÜR DIE THEORIE ...................................................................... 166
IMPLIKATIONEN FÜR DIE PRAXIS ........................................................................ 168
AUSBLICK UND ANREGUNG FÜR ZUKÜNFTIGE FORSCHUNG ................................ 172
8
Inhaltsverzeichnis
V. LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................. 177
VI. ANHANG ................................................................................................................... 192
VII. CURRICULUM VITAE ......................................................................................... 236
9
Abbildungsverzeichnis
III. Abbildungsverzeichnis
Abb. 2-01: Zielsetzungen des Dissertationsprojektes ......................................................... 18
Abb. 2-02: Aufbau und Struktur der Arbeit ........................................................................ 21
Abb. 3-01: Gemeinsamkeiten und Elemente von Verhandlungen ...................................... 25
Abb. 3-02: Verhandlungsstufen nach Saner ........................................................................ 27
Abb. 3-03: Verhandlungsstufen nach Douglas.................................................................... 29
Abb. 3-04: Bargaining zone nach Bazerman/Neale ............................................................ 30
Abb. 3-05: Tauschgewinne nach Saner ............................................................................... 31
Abb. 3-06: Gerechtigkeit und Effizienz nach Saner............................................................ 32
Abb. 3-07: Verhältnis von Strategie und Taktik nach Saner............................................... 34
Abb. 3-08: Verschiede Verhandlungsstrategien nach Lewicki ........................................... 36
Abb. 3-09: Wissenschaftliche Disziplinen in der Verhandlungsforschung......................... 41
Abb. 3-10: Analysekontexte des Verhandelns nach Oser/Reichenbach (2002).................. 45
Abb. 4-01: Konsensebenen nach Reichenbach.................................................................... 51
Abb. 4-02: Die drei Phasen des Harvard-Konzeptes........................................................... 65
Abb. 4-03: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für das Model des HarvardKonzeptes ......................................................................................................... 69
Abb. 4-04: Emotionen und Verhandlungsphasen nach Saner ............................................. 72
Abb. 4-05: Massnahmen gegen Fehler aufgrund von Emotionen nach Saner .................... 73
Abb. 4-06: Gullivers Zyklisches Phasenmodell .................................................................. 87
Abb. 4-07: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für das ZVM...................... 92
Abb. 4-08: Phasenmodell nach Gulliver ............................................................................. 93
Abb. 4-09: Zusammenfassung der Untersuchungshypothesen für die Phasen des
Verhandelns nach Gulliver ............................................................................. 102
Abb. 5-01: Pfaddiagramm Harvard-Konzept mit Hypothesen und Messmodellen........... 109
Abb. 5-02: Pfaddiagramm Zyklisches Verhandlungsmodell mit Hypothesen und
Messmodellen ................................................................................................. 111
Abb. 5-03: Pfaddiagramm Phasenmodell nach Gulliver mit Hypothesen und Messmodellen
........................................................................................................................................... 113
Abb. 5-04: Empirisches Design der Dissertation von Alexander Hasler .......................... 116
Abb. 5-05: Fragekatalog für semi-strukturierte Interviews ............................................... 117
Abb. 5-06: Merkmalsstruktur der Stichprobe (Verkaufsverhandlungs-Befragung 2006). 121
Abb. 6-01: Überblick über die Auswertungsverfahren nach Homburg und Giering
(Homburg and Giering 1996, S. 12) ............................................................... 124
10
Abbildungsverzeichnis
Abb. 6-02: Ergebnisse und Hypothesentest des Wirkungsmodells Harvard-Konzept...... 148
Abb. 6-03: Ergebnisse und Hypothesentest des Zyklischen Verhandlungsmodells ......... 152
Abb. 6-04: Ergebnisse und Hypothesentest des Phasenmodells nach Gulliver ................ 157
Abb. 7-01: Zielsetzungen der Dissertation........................................................................ 163
Abb. 7-02: Zusammenhänge zwischen Verhandlungsmodellen und Erfolg ..................... 165
11
Tabellenverzeichnis
IV. Tabellenverzeichnis
Tab. 4-01: Regel und Punkteverteilung im Prisoner’s Dilemma......................................... 53
Tab. 4-02: Grundpfeiler und Massnahmen zur kooperationspflege .................................... 54
Tab. 4-03: Strategien für integrative Verhandlungslösungen nach Bazerman und Neale... 60
Tab. 4-04: Vier Grundregeln des Harvard-Konzeptes nach Fisher/Ury (a.a.O., S.31) ....... 62
Tab. 4-05: Anchoring and Adjustment Effket: Fragen Gruppe 1........................................ 74
Tab. 4-06: Anchoring and Adjustment Effket: Fragen Gruppe 2........................................ 75
Tab. 4-07.: Antworten auf den Waffenabrüstungsvorschlag............................................... 80
Tab. 4-08: Rationaler Rahmen für Verhandlungen (Bazerman and Neale 1992) ............... 83
Tab. 4-09: Rezept für integratives Verhandeln nach Bazerman und Neale ........................ 83
Tab. 4-10: Strategien zur Prioritätenfestlegung nach gulliver............................................. 88
Tab. 5-01: Untersuchungshypothesen zum harvard-Konzept ........................................... 110
Tab. 5-02: Untersuchungshypothesen des Zyklischen Verhandlungsmodells .................. 112
Tab. 5-03: Untersuchungshypothesen zum Phasenmodell nach Gulliver ......................... 114
Tab. 6-01: Postulierte Cut-Off-werte bei den Verfahren 1. Und 2. Generation ................ 130
Tab. 6-02: In der Befragung verwendete Indikatoren des Harvard-Konzeptes................. 131
Tab. 6-03: Übersicht über die werte der messmodelle der Dimension Harvard-Konzept 133
Tab. 6-04: Faktoren und Indikatoren Dimension Zyklen des Verhandelns ...................... 136
Tab. 6-05: Faktoren und Indikatoren der Dimension Zyklen des Verhandelns nach
Hauptkomponentenanalyse............................................................................. 137
Tab. 6-06: Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns nach Gulliver..................... 138
Tab. 6-07: Faktoren und Indikatoren der Dimension Phasen des Verhandelns ................ 142
Tab. 6-08: Statistische Werte der Operationalisierung der Phasen des Verhandelns........ 144
Tab. 6-09: Gütemasse des Strukturmodelles des Harvard-Konzeptes .............................. 146
Tab. 6-10: Fornell/Larcker-Kriterium für die Faktoren des Harvard-Konzeptes.............. 149
Tab. 6-11: Mittelwerte der Faktoren des Harvard-Konzeptes........................................... 150
Tab. 6-12: Gütemasse des Strukturmodelles des zyklischen Verhandlungsmodelles....... 151
Tab. 6-13: Fornell/Larcker-Kriterium für die Faktoren des ZVM .................................... 153
Tab. 6-14: Mittelwerte der Faktoren des ZVM ................................................................. 154
Tab. 6-15: Gütemasse des Strukturmodelles des Phasenmodells...................................... 156
Tab. 6-16: Fornell/Larcker für die Faktoren des Phasenmodells ...................................... 158
Tab. 6-17: Mittelwerte der Faktoren des Phasenwirkungsmodells ................................... 159
Tab. 6-18: Zusammenfassende Betrachtung der Zusammenhänge ................................... 160
12
Kapitel 1: Summary
1 Summary
Successful negotiating: Cyclical and phase-related influences on successful
negotiating
This dissertation is not redundant, even though Donald G. Gifford frivolously
claims that „everyone knows what negotiation is“. (Gifford 1989, p. 2) On the basis
of three negotiation models, this doctoral thesis investigates which factors lead to
successful negotiations and which do not. The main purpose of this study is to point
out ways and elements of how to make negotiations and especially sales
negotiations more predictable and successful. Effective negotiating can be
accomplished rather by considering clearly distinguishable phases and cycles and
less by personal factors, the ways of discussing or the choice of arguments.
Therefore, the very well known “Harvard concept” by Roger Fisher and William
Ury, is being operationalised. Furthermore, two less known negotiation models, the
cyclical negotiation model and the phase model, both of them by the ethnologist
P.H. Gulliver, are being investigated. The data are based on quantitative and
qualitative methods. The qualitative part contains an analysis of various documents
as well as semi-structured interviews. A questionnaire, completed by 177
negotiating salesmen in the industrial sector, is the main part of the quantitative
analysis. The analysis shows that the structural model of the Harvard concept can
explain negotiation success by 0.43 percent. The two models by Gulliver even show
stronger correlations: The cyclical negotiation model shows a correlation of 0.64,
the phase model one of 0.56.
The analysis of these structural models in this dissertation leads to six practical
suggestions for business and marketing negotiations. These suggestions and
conclusions support Hans Ulrich’s demand for relevant research for entrepreneurial
use.
13
Kapitel 1: Summary
Verhandlungserfolg:
Zyklische
und
phasenbedingte
Einflüsse
auf
Verhandlungserfolg
Diese Dissertation ist nicht obsolet, obwohl Donald G. Gifford leichtfertig
behauptet, dass „everyone knows what negotiation is“ (Gifford 1989, S. 2).
Vielmehr zeigt diese Doktorarbeit anhand dreier Verhandlungsmodelle auf, welche
Faktoren bei Verhandlungen Erfolg versprechen und welche nicht. Das Ziel dieser
Studie liegt darin, Verhandlungen im Allgemeinen und Verkaufsverhandlungen im
Speziellen planbarer und erfolgreicher gestalten zu können. Verhandlungserfolg
lässt
sich
weniger
auf
Gesprächsführung,
Persönlichkeitsmerkmale
und
Argumentationsketten zurückführen, als auf klar unterscheidbare Phasen und
Zyklen. Diesbezüglich wird zum Einen die bestens bekannte Arbeit von Roger
Fisher und William Ury, das Harvard-Konzept, operationalisiert. Zum Anderen
werden
zwei
weniger
bekannte
Verhandlungsmodelle,
das
zyklische
Verhandlungsmodell sowie das Phasenmodell, des Ethnologoen P.H. Gulliver
untersucht. Die Empirie besteht aus einem Mix qualitativer und quantitativer
Methoden. Die qualitative Arbeit besteht in einer Dokumentenanalyse und semistrukturierten Interviews. Im Zentrum der quantitativen Analyse steht ein
Fragebogen,
der
von
177
verhandelnden
Verkäufern
aus
der
Baubefestigungsbranche beantwortet wurde. Diese Analyse zeigt, dass das
Strukturmodell des Harvard-Konzepts Verhandlungserfolg mit 0.43 Prozent zu
erklären im Stande ist. Die beiden Modelle Gullivers erklären noch stärkere
Zusammenhänge. So weist das Zyklische Verhandlungsmodell gar einen
Zusammenhang von 0.64 und das Phasenmodell von 0.56 auf.
Die Analysen der Arbeit münden in sechs Folgerungen für die unternehmerische
Verhandlungspraxis, die aus der Analyse der Strukturmodelle abgeleitet werden.
Diese Folgerungen, die den Abschluss der Dissertation bilden, stehen in der
Tradition Hans Ulrichs, der die unternehmerische Praxis durch fundierte
wissenschaftliche Forschung unterstützen und voranbringen will.
14
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
2 Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
Das Geheimnis der Verhandlung liegt darin,
die wirklichen Interessen der betreffenden
Parteien in Einklang zu bringen.
François de Callières (1645 - 1717)
2.1 Relevanz der Verhandlungsforschung
Verhandlungen sind nicht nur ein immer wichtiger werdender Bestandteil der
Gesellschaft – sie durchdringen auch das wirtschaftliche Wirken fast aller
Individuen. „… negotiation has also come to be viewed as a central aspect of
managerial life” (Neale and Bazerman 1991, S. 1). Bazerman und Neale (Bazerman
and Neale 1992) führen die Wichtigkeit von Verhandlungen auf die folgenden
“wirtschaftlichen Veränderungen und Trends” zurück:
„1. Workforce Mobility,
2. Corporate Restructuring,
3. Diversified Workforce,
4. Service-Sector Economy,
5. Renegotiation und
6. Global Marketplace.“
Diese Punkte rufen vermehrt Verhandlungen hervor, wodurch Verhandlungen im
Allgemeinen und durch die gesellschaftliche Bedeutung als Forschungsgegenstand
an Wichtigkeit gewinnen. Es darf angenommen werden, dass zumindest einer dieser
sechs Punkte die meisten Personen in den Industrienationen betrifft, unabhängig
von ihrem Alter, sozialen Status oder Beruf. So gesehen ist ein Grossteil der
Bevölkerung von berufsbezogenen Verhandlungen betroffen. Darüber hinaus, auf
den privaten Bereich bezogen, finden ebenfalls häufig Verhandlungen statt, ob wir
es wollen oder nicht (Fisher, Ury et al. 2001).
Diese Entwicklung macht auch vor dem Marketing nicht halt: Verhandlungen
finden sowohl im Business to Business (B2B-), wie auch im Business to Consumer
(B2C-) Marketing statt. B2B-Verhandlungen unterscheiden sich von B2CVerhandlungen zumeist in Verhandlungsvolumen und -komplexität. So verhandelt
15
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
beispielsweise der Reifenhersteller Continental als Zulieferer mit einem der grossen
Automobilproduzenten über die Reifen-Erstausstattung von Neufahrzeugen. Die
Verhandlung zwischen diesen beiden ist eine klassische B2B-Verhandlung mit
wenigen Ansprechpartnern, dafür umso grösserem Verhandlungsvolumen. Mit
diesen wenigen Verhandlungspartnern wird ein prozentualer Umsatzanteil von 70
Prozent erzielt. Continental vertreibt seine Produkte jedoch nicht nur über einige
wenige Automobilhersteller. Die restlichen 30 Prozent der rund 14 Milliarden Euro
Jahresumsatz (Zahl aus dem Jahr 2005) werden in unzähligen B2C-Verhandlungen
erwirtschaftet: Der Reifenkäufermarkt umfasst allein in Deutschland rund 40
Millionen Personen. Für diese 30 Prozent des Umsatzes muss im B2C-Markt
deshalb ein ungleich grösserer Aufwand für Verhandlungen betrieben werden.
Diese Problematik stellt sich nicht nur für Continental, sondern für viele andere
Firmen, die sowohl im B2B wie auch im B2C tätig sind, sei dies in der Bauzuliefer, Zigaretten- oder in der Flugzeugtriebwerksindustrie.
Betreffend der Relevanz von Verhandlungen für das Marketing muss an dieser
Stelle festgehalten werden, dass sich Marketing-Verhandlungen (B2B wie auch
B2C) nicht unterscheiden von Verhandlungen in einem anderen Kontext. Sie
unterscheiden sich allenfalls in Verhandlungsgegenstand, Anzahl Teilnehmende
oder im Komplexitäts- und Aufmerksamkeitsgrad der Öffentlichkeit – die Zyklen
und Phasen einer Verhandlung bleiben jedoch gleich, wie diese Studie aufzeigen
wird.
2.2 Forschungslücke
Obwohl Verhandlungen, wie soeben gezeigt, ein fixer und evidenter Bestandteil
unserer Gesellschaft darstellen, schlägt sich dies, zumindest in der europäischdeutschsprachigen
wissenschaftlichen
Forschungsliteratur,
nicht
nieder.
Forschungsschwerpunkte und –Massstäbe sowie Trends werden im anglikanischen
Raum gesetzt. Und obschon zwischen dem anglikanischen und dem europäischdeutschsprachigen Raum eine solche Differenz besteht, fordern für den
anglikanischen Sprachraum Eliashberg et al. mehr praxisbezogene Forschung und
die Adaption eklektischerer Forschungsmethoden-Sets (Eliashberg, Lilien et al.
1994). In der deutschsprachigen Literatur findet sich nicht einmal ein Aufruf nach
16
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
mehr Forschung bezüglich Verhandlungen und deren Aspekte1. Werden
praxisrelevante Lücken mit wissenschaftlichen Bedürfnissen zusammengebracht,
sollten einerseits pragmatische Hilfestellungen möglich sein und andererseits der
theoretische Gegenstand wissenschaftlich vorangebracht werden.
Durch die Literaturarbeit im Rahmen dieser Dissertation wurden die folgenden zwei
Forschungslücken eruiert und in der folgenden Studie bearbeitet:
1. Hunderte von Verhandlungsstudien haben sich mit Verhandlungsverhalten
beschäftigt,
die
wenigsten
starteten
den
Versuch,
Verhandlungsprozesse,
insbesondere im Industriekontext zu erklären (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25).
Prozessuale Aspekte wurden beispielsweise bis anhin mehrheitlich ausgeklammert.
Denn oft werden Aspekte nicht erforscht, da sie schwierig zu operationalisieren sind
und deshalb komplexere Methodensets verlangen.
2. Psychologische Aspekte, Emotionen und andere sogenannte „softe Faktoren“
sind bis anhin zwar isoliert, jedoch im Verhandlungsprozess nur unzulänglich
erforscht (vgl. Downie 1991). Diese „soften Faktoren“ müssen verstärkt erforscht
und in prozessuale Verhandlungs-Modelle miteinbezogen werden.
Deshalb bedient sich, wie weiter unten aufgezeigt wird, diese Arbeit dreier
Verhandlungsmodelle, die zum einen zyklische und prozessuale Aspekte explizit
und zum anderen genau solche „softe“ Faktoren implizit miteinbeziehen.
Verhandlungen können, wie im Laufe des vierten Kapitels demonstriert wird, nicht
vollkommen rational geführt werden. Vielmehr hängt Verhandlungserfolg von
klaren Prozessen, Zyklen und dem Miteinbezug dieser „soften Faktoren“ ab. Durch
die Auswahl der Probanden wird auch der Forderung nach vermehrtem Einbezug
von Verhandlungen im Industriekontext in Marketing-Studien Rechnung getragen.
Eine ausführlichere Herleitung und Ausführung der Forschungslücke aus dem
“Body of Literature” findet im dritten Kapitel in Anschluss an jenen statt.
2.3 Zielsetzung
Die Zielsetzung des Dissertationsprojektes gründet auf einer Analyse des „Body of
Literature“2 sowie den zu Beginn der Studie geführten explorativen Interviews3. Die
1
2
Im Folgenden gelten die Annahmen und Appelle, die für den anglikanischen Raum gelten auch für den europäisch-deutschsprachigen.
Vgl. dazu Kapitel 3.2
17
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
Relevanz, sowie die Forschungslücke wurden in den vorangegangenen Abschnitten
beschrieben und präsentiert. Abbildung 2-01 stellt die drei zentralen Zielsetzungen
dieser Studie graphisch dar. Da sich diese Promotionsarbeit, wie weiter unten
ausgeführt wird, dem Tomczakschen (Tomczak 1992) wie auch dem Ulrichschen
(Ulrich
1981)
Forschungsansatz
verpflichtet
fühlt
und
dies
auch
im
forschungsmethodischen Design und Vorgehen einfliessen lässt, wird nicht
zwischen theoretischer und praktischer Relevanz unterschieden.
ABB. 2-01: ZIELSETZUNGEN DES DISSERTATIONSPROJEKTES
1) Modell-Test und -Entwicklung
Aus theoretischer Sicht, wie weiter oben bereits aufgezeigt, geniesst die
praxisbezogene Weiterentwicklung von Verhandlungsmodellen grösstmögliche
Relevanz. Dies ist, wie folgende Aussage belegt, auch ein Anliegen der Praxis.
„Empirische Daten, die belegen könnten, dass System X dem System Y überlegen
ist in bestimmten Situationen. Das könnte ein Ansatz (für die Forschung) sein.“
(Interview 2005, S. 5) Dies wird durch die Operationalisierung der drei
Verhandlungs-Modelle in Indikatoren und den darauf folgenden empirischenquantitativen
Praxistest
angestrebt.
Dabei
sollen
erfolgsrelevante
Verhandlungsfaktoren operationalisiert und deren Einfluss auf ihre Effektivität
analysiert werden. Es wird vermutet, dass nicht alle theoretisch beschriebenen
Modell-Faktoren auch empirisch nachweisbar sein werden. Die zu testenden und
3
Siehe dazu Anhang
18
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
modifizierten Verhandlungsmodelle sollen Praktikern eine Orientierungs- und
Gestaltungshilfe sein.
2) Erfolgssteuerung
„We need more researcher-practitioner interaction to allow researchers to better
understand the important elements of the real-world negotiations problems they are
researching“ (Eliashberg, Lilien et al. 1995, S. G56). An dieser Forderung orientiert
sich diese Studie: Die praxisbezogene Analyse der drei Verhandlungsmodelle
anhand komplexer und adäquater statistischer Auswertungsverfahren verfolgt das
Ziel Verhandlungserfolg planbarer zu machen. Die praxisbezogene Analyse bringt
nicht nur eine verbesserte Planbarkeit von Verhandlungen mit sich; diese macht
Verhandlungserfolg auch unabhängiger von Verhandlungserfahrung. Indem die
effizientesten
Verhandlungsfaktoren
normativer
und
deskriptiver
Verhandlungsmodelle operationalisiert und auf ihren Erfolgsanteil hin untersucht
werden,
können
diese
Erkenntnisse
zu
einem
sequentiellen
Modell
zusammengeführt werden. Mit den weiter unten in dieser Studie postulierten
Handlungsempfehlungen sollte es einem unerfahrenen Verhandlungsführer eher
möglich sein, Verhandlungen erfolgreich zu gestalten. Die im letzten Kapitel
formulierten Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen unterscheiden sich
durch
ihre
wissenschaftliche
Basis
vom
Gros
der
Ratschläge
in
der
deutschsprachigen Verhandlungsliteratur. Diese basiert zumeist auf primärem oder
gar sekundären Erfahrungswissen und entbehrt jeglicher empirischer Basis.
3) Die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und Forschung
Dieser letzte postulierte Punkt darf als sogenanntes „Kuppelprodukt“ (Nadig 2000,
S. 256ff; Rieder and Siegwart 1997, S. 147) der vorliegenden Studie betrachtet
werden. Obwohl Verhandlungen, wie weiter oben schon skizziert, privates und
berufliches Tun und Handeln durchdringen, sind vor allem im deutschsprachigen
Forschungsraum
wenig
bis
gar
keine
empirischen
überprüfte
Handlungsempfehlungen zu finden. Deshalb ist ein Anliegen dieser Studie,
suboptimale Transaktionen durch Handlungsempfehlungen aufgrund der empirisch
überprüften Modelle zu minimieren. Dieser letzte Punkt impliziert erfolgreiche
Transaktionen analog des bereits beschriebenen Nash-Punktes (vgl. dazu Kapitel 3),
bei welchem alle Parteien optimale Erträge verhandeln.
Der anschliessende Abschnitt soll einen knappen Überblick über den Aufbau der
vorliegenden Dissertation liefern.
19
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
2.4 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel und einen Anhang, denen
folgende Inhalte zu Grunde liegen:
Kapitel 1 fasst die wichtigsten Punkte dieser Studie in einem Abstract zusammen.
Kapitel 2 beschreibt das Thema dieser Studie, die Relevanz, die Forschungslücke,
die Ziele der Promotionsarbeit sowie den hier aufgeführten Aufbau der Dissertation.
In Kapitel 3 werden die beiden Forschungsfelder, welche diese Dissertation
tangieren, beschrieben. Zunächst wird auf- und ausgeführt, weshalb Verhandeln ein
Grundpfeiler und deshalb unerlässlich, für die Gesellschaft ist. Diesbezüglich
werden
normative
und
deskriptive
Verhandlungsmodelle
aufgezeigt,
ein
analytischer Rahmen für Verhandlungen postuliert und Strategien und Taktiken
umschrieben. Im Anschluss daran wird ein Überblick über die relevante Literatur
der Verhandlungs- als auch der Marketingforschung gegeben. Aus der Analyse des
„Body of Literature“ werden Folgerungen und Ziele der Verhandlungsforschung im
Rahmen des Marketings abgeleitet, worauf die inhaltlich, wissenschaftliche
Relevanz dieser Studie gründet.
20
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
ABB. 2-02: AUFBAU UND STRUKTUR DER ARBEIT
Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle sind Bestandteile des vierten
Kapitels. Die Modelle von P.H. Gulliver, sowie R. Fisher und W. Ury werden
detailliert beschrieben und analysiert. Die drei Verhandlungsmodelle werden
einerseits theoretisch beschrieben und an der Verhandlungsliteratur gemessen und
andererseits in die empirisch zu untersuchenden Faktoren zerlegt. Aus der Analyse
der drei Modelle werden statistisch zu testende Hypothesen abgeleitet und
postuliert.
Da
das
Harvard-Konzept
von
Fisher
und
Ury
ein
problemlösungsorientiertes Modell der rationalen Verhandlungsschule repräsentiert,
21
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
wird diese in gebotener Kürze hergeleitet und erläutert. Dem wird ein kontroverser
Exkurs gegenüber gestellt, denn es darf bereits an dieser Stelle bezweifelt werden,
dass es den „rationalen Verhandlungsführer“ überhaupt gibt. Dies ist die Thematik
des Abschnittes „der rationale Verhandlungsführer existiert nicht“, das Emotionen
und kognitive Effekte im Kontext des Verhandelns ausführt.
Kapitel 5 gibt einen fundierten Einblick in die Grundlagen und Methoden der im
Rahmen
dieser
Dissertation
getätigten
Untersuchung.
Zunächst
werden
wissenschaftstheoretische Grundlagen erarbeitet und auf deren Erkenntnissen für
die wissenschaftstheoretische Ausrichtung dieser Promotionsarbeit argumentiert.
Ferner werden Kausalbeziehungen zwischen Verhandlungszyklen und -phasen,
rationalem Verhandeln und Verhandlungserfolg hergestellt und in Form von
Hypothesen überblicksartig aufgelistet, nachdem die Hypothesenherleitung
Bestandteil des dritten Kapitels sein wird. In den darauf folgenden beiden
Abschnitten wird zunächst das empirische Design präsentiert und erläutert, um im
Anschluss daran aufzuzeigen, wie das empirische Design effektiv umgesetzt werden
soll. Dies ist Teil des forschungsmethodischen Vorgehens und der Datenerhebung
im letzten Abschnitt des fünften Kapitels.
Das sechste Kapitel steht ganz im Zeichen der statistischen Auswertung und
Darstellung der Ergebnisse der quantitativen Erhebung. Nachdem zunächst ein
Überblick über das auswertungsmethodische Vorgehen gegeben und im Anschluss
daran
eine
knappe
Einführung
in
die
methodischen
Grundlagen
der
Modellschätzung erfolgt ist, werden im zentralen Abschnitt des sechsten Kapitels
die Modellkonstrukte operationalisiert. Welches Modell einen Verhandlungsführer
eher zu Erfolg führt, zeigen die Ergebnisse der Strukturmodelle, welches Inhalt des
zweitletzten Absatzes ist, bevor die Erkenntnisse in einem zusammenfassenden
Abschnitt zusammengeführt und abschliessend betrachtet werden.
Die Konklusion der theoretischen Aufbereitung der drei Verhandlungsmodelle
sowie deren statistische Analyse finden in Kapitel 7 statt. Zunächst sollen
Implikationen für die Theorie aus den Ergebnissen abgeleitet, geprüft und erörtert
werden. Im zweiten Abschnitt werden aus den gewonnenen Erkenntnissen
Vorschläge für die Verhandlungspraxis erörtert. Ziel und Antrieb dieser Arbeit
besteht in der Verbesserung der Verhandlungsprofessionalität von Praktikern. Diese
Handlungsempfehlungen finden Niederschlag in den Implikationen für die Praxis.
Den Schluss bildet ein Ausblick mit Anregungen für zukünftige Forschung
22
Kapitel 2: Einleitung, Zielsetzung und Aufbau
einerseits im Bereich der klassischen Verhandlungsforschung und andererseits auf
der Schnittstelle von Marketing- und Verhandlungsforschung.
Nach dem Literaturverzeichnis werden im Anhang im Sinne der verlangten
empirischen Nachvollziehbarkeit zunächst die geführten Interviews angehängt, die
Personenliste
der
Validierungs-Experten
aufgeführt
und
Screenshots
des
Fragebogens abgebildet.
23
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
3 Theoretische
Bezugspunkte:
Verhandeln
und
Verhandeln im Marketing
3.1 Verhandeln: Ein Grundpfeiler der Gesellschaft
Die vorliegende Arbeit wäre obsolet, folgte man Donald G. Giffords leichtfertiger
Aussage, dass „everyone knows what negotiation is“ (Gifford 1989, S. 2). Dies
rührt daher, weil wir über den eigenen Lohn, über die Wahl der nächsten
Feriendestination oder über den Preis eines neuen Autos verhandeln. Wir sind
häufig selbst in solchen grossen und kleinen, wichtigen oder weniger wichtigen
Verhandlungen. „Like it or not, you are a negotiator“, bringen es Roger Fisher und
William Ury (Fisher, Ury et al. 2001) auf den Punkt. „Wir können uns also nicht
länger
der
Einsicht
entziehen:
„Verhandlungsdemokratie“
ist
Für
geradezu
uns
das
Heutige
Zeitalter
als
Bürger
des
einer
Verhandelns
angebrochen. Darauf haben wir uns künftig einzustellen. Die Kunst des
zielbewussten und Ergebnis bringenden Verhandelns ist daher für jeden von uns,
der in Zukunft hier noch wirkungsvoller mitreden und mithandeln will, ein
unerlässliches Grund- und Führungswissen“ (Hartig 1995, S. 21). Und obschon das
„Zeitalter des Verhandelns“ angebrochen zu sein scheint, herrscht in der
Wissenschaft zunächst Unklarheit darüber, was Verhandeln genau ist. So
definieren
die
beiden
Marketeers
McCall
und
Warrington
Verhandeln
folgendermassen: „Negotiation is any sequence of written and / or verbal
communication processes whereby parties to both common and conflicting
interests (…) consider the form of any joint action they might take in pursuit of
their individual objectives which will define or redefine the terms of their
independence” (McCall and Warrington 1984, S. 13). Der Ökonom Raymond
Saner stellt demgegenüber Verhandlung dar als einen „Vorgang, bei dem zwei
oder mehr Parteien eine Einigung darüber suchen, wer von ihnen in einer
angestrebten Transaktion was leisten, empfangen, dulden oder unterlassen soll”
(Saner 1997 S. 13). Der Ethnologe Philip H. Gulliver wiederum gewichtet den
Informationsaustausch: „In essence – and this is to be emphasized – the process of
negotiation is one of information exchange and of consequent learning and
24
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
adjustment by the parties“ (Gulliver 1979, S. 81). Selbst Gifford definiert trotz
seiner eingangs provokanten Aussage Verhandlung: “... negotiation can be defined
as a process in which two or more participants attempt to reach a joint decision on
matters of common concern in situations where they are in actual or potential
disagreement or conflict“ (Gifford 1989, S. 3). Die beiden wohl bekanntesten
Verhandlungsexperten Roger Fisher und William Ury beschreiben Verhandeln als
“eine Grundform, Gewünschtes von anderen Leuten zu bekommen. Es ist
wechselseitige Kommunikation mit dem Ziel, eine Übereinkunft zu erreichen,
wenn man mit der anderen Seite sowohl gemeinsame als auch gegensätzliche
Interessen hat“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 15). Eine leicht andere Gewichtung
nimmt Dean G. Pruitt vor, indem er sein Hauptaugenmerk auf die Entscheidung
und auf das Problemlösen legt: „Negotiation is a form of decision making in which
two or more parties talk with one another in an effort to resolve their opposing
interests“ (Pruitt 1981, S. xi).
Obschon
die
Varianz
dieser
Definitionen
über
die
verschiedenen
wissenschaftlichen Disziplinen nicht unwesentlich ist, so fasst Roland Reichenbach
diese Unterschiede doch zu zwei äusseren Gemeinsamkeiten und zwei inneren
Elemente des Verhandelns zusammen (vgl. Reichenbach 1994).
ABB. 3-01: GEMEINSAMKEITEN UND ELEMENTE VON VERHANDLUNGEN
Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, meint Reichenbach mit den äusseren
Gemeinsamkeiten erstens Divergenzen und zweitens Interdependenzen zwischen
den verhandelnden Parteien. Mit inneren Elementen beschreibt er einerseits den
25
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Informationsaustausch
zwischen
den
Parteien
sowie
andererseits
die
Notwendigkeit der Anpassung und des Lernens.
In den folgenden Abschnitten sollen weitere generelle und allgemeingültige
Unterschiede
und
Gemeinsamkeiten
von
Verhandlungen
aufgezeigt
und
ausgearbeitet werden. Diese Abschnitte sollen Antworten auf die Fragen liefern,
welche Arten von Verhandlungen es gibt, wie die Struktur von Verhandlungen ist,
welche Verhandlungsstile und -modelle existieren, sowie welche Relevanz
Verhandlungen fürs Marketing haben.
3.1.1 Verhandlungsmodelle
Verhandlungsmodelle versuchen, Verhandlungen modellhaft abzubilden und zu
erläutern. Jede Verhandlung, ob komplex oder einfach, kompetitiv oder kooperativ,
distributiv oder integrativ, kurz oder lang, unterliegt einem ähnlichen Ablauf und
einer analogen Struktur. „TIME MATTERS in negotiations; a negotiation begins,
unfolds, and concludes“ (Holmes 1992, S. 82). Verhandlungen können und werden
in voneinander trennbaren Phasen unterteilt und in Phasenmodellen dargestellt.
Pruitt beschreibt auf der Grundlage von Druckmans (Druckman 1977; Druckman
and Mahoney 1977) Artikeln ein Modell mit sechs Stufen (Pruitt 1981, S. 14):
1. Agreement about the need to negotiate.
2. Agreement on a set of objectives and principles (e.g., in arms control
negotiations, the principle that the agreement should permit neither side to coerce
the other).
3. Agreement on certain rules of conduct, which occasionally leads to initialling
(sic!) a protective contract.
4. Defining the issues and setting up an agenda.
5. Agreement on a formula (i.e., an agreement in principle).
6. Agreement on implementing details.
Unterscheidungen lassen sich vor allem im Detaillierungsgrad und der Anzahl der
Phasen feststellen.
26
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Saner (Saner 1997) beschreibt diesbezüglich vier grundlegende aufeinander
folgende Phasen.
ABB. 3-02: VERHANDLUNGSSTUFEN NACH SANER
Eine
weitere,
viel
fundamentalere
Unterscheidung
bezüglich
Verhandlungsmodellen ist ihr wissenschaftlicher Zugang. So lassen sich einerseits
normative und andererseits deskriptive Verhandlungsmodelle unterscheiden
(Holmes 1992). Das Prinzip der Modelle bleibt generell das gleiche. Die
Auseinandersetzung mit Phasenmodellen zeigt, „how interaction changes over
time, how the longitudinal structure of negotiation is related to input and outcome
variables, and how interventions (such as change of bargainers) influence the
development of a negotiation” (Holmes 1992, S. 83f). Allen Modellen zugrunde
liegt die gleiche, hier kurz angedeutete Kritik: Modelle vereinfachen die Realität
und sind deshalb für die Praxis nur von beschränktem Nutzen. Ferner müssen für
Modelle viele Annahmen getroffen werden, die in der Realität wiederum keine
Gültigkeit besitzen (Holmes 1992; Hartig 1995; Saner 1997). Nichtsdestotrotz
können Modelle helfen, „ein flexibles strategisches Rahmenkonzept, innerhalb
dessen
sich
verschiedenartige
Strategien
taktisch
umsetzen
lassen
und
wirkungsvoll entfalten können“, umzusetzen (Hartig 1995, S. 250). Des Weiteren
erleichtern sie das Verständnis und den Zugang zu Verhandlungen und geben einen
formal-logischen Rahmen vor. Wie weiter oben angedeutet, werden normative und
deskriptive Verhandlungsmodelle unterschieden, welche Inhalt der folgenden
beiden Abschnitte sein werden und den Gedanken von Holmes (Holmes 1992)
folgen.
27
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
3.1.2 Normative Verhandlungsmodelle – wie verhandelt werden soll!
Normative Phasen-Modelle dienen Verhandlungsführern zumeist als Richtlinie und
Checkliste. Pruitt spricht von einer dualen Funktion von Stufen und Phasen.
“Organizing the intellectual efforts of the bargainers so that they can think more
clearly and dealing efficiently with basic differences in outlook between the two
bargainers that might otherwise continually plague their discussion of specific
issues” (Pruitt 1981 S. 14). Holmes meint zur Logik und Struktur von normativen
Modellen: „In the case of prescriptive models, phases are coherent periods of
activity that center on a particular subgoal or milestone in the negotiation“
(Holmes 1992, S. 86). Die Phasen lassen sich klar voneinander unterscheiden und
sind als solche auch erkennbar. Ein wichtiger Aspekt ist, dass „jede der vier4
dargestellten Phasen einer Verhandlung eine ganz bestimmte Funktion zu erfüllen
[hat]“ (Saner 1997, S. 159). Obwohl die Anzahl der einzelnen Phasen bei
unterschiedlichen Modellen differiert, weisen alle die folgenden „Grund-Phasen“
auf: 1. Einstiegs-, 2. Problemlösungs- und 3. Beschlussphase. Zumeist fokussieren
normative Modelle auf die Aktivitäten der verhandelnden Parteien. Des Weiteren
tendieren diese Modelle dazu, den transaktionalen Charakter von Verhandlungen
zu vernachlässigen.
Zu den wichtigsten und vor allem bekanntesten normativen Verhandlungsmodellen
gehört das Harvard-Konzept von Fisher, Ury und Patton (Fisher, Ury et al. 2001).
Ferner repräsentieren die Modelle von Atkinson (Atkinson 1980), Carlisle und
Leary (Carlisle and Leary 1981), Zartman und Berman (Zartman and Berman
1982), und Donohue et. al (Donohue, Kaufmann et al. 1990a; Donohue, Kaufmann
et al. 1990b) am besten normative Verhandlungsmodelle.
3.1.3 Deskriptive Verhandlungsmodelle – wie verhandelt wird!
Deskriptive Verhandlungsmodelle beschreiben Verhandlungen und sind für
gewöhnlich das Resultat wissenschaftlicher Beobachtung und Analyse. „Since
most descriptive models are not guides for practitioners, they depict the unfolding
negotiation itself, rather than the activities of only one party” (Holmes 1992, S.
4
Die Modelle unterscheiden sich in der Anzahl der Phasen und Stufen. Bei Saner sind es in diesem Fall vier Phasen. Die Logik bleibt
aber unabhängig von der Anzahl der Stufen die selbe.
28
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
92). Im Zentrum deskriptiver Modelle stehen die sich entwickelnde Verhandlung
und nicht die Aktivitäten der Verhandler.
Ein sehr zentrales und grundlegendes deskriptives Verhandlungsmodell hat Ann
Douglas (Douglas 1962) entwickelt. Sie beschreibt die Verhandlung in drei
aufeinander folgenden Phasen:
ABB. 3-03: VERHANDLUNGSSTUFEN NACH DOUGLAS
Diese
drei
Phasen
Verhandlungsmodellen
finden
sich
wieder.
in
den
meisten
Weitere
anderen
relevante
deskriptiven
deskriptive
Verhandlungsmodelle wurden von Gulliver (1979), Putnam, Wilson und Turner
(Putnam, Wilson et al. 1990), Abbott (Abbott 1986) und Bednar und Curington
(Bednar and Curington 1983) entwickelt. Diese Modelle unterscheiden sich in der
Anzahl Stufen oder Phasen, in deren Ausgestaltung sowie durch den
wissenschaftlichen Hintergrund.
3.1.4 Analytischer Rahmen von Verhandlungen
Der analytische Rahmen von Verhandlungen folgt in diesem Abschnitt der
Struktur von Walton und McKersie (Walton and McKersie 1965) unter Auslassung
der Faktoren „Attitudinal Structuring und Intraorganizational Bargaining“. Walton
& McKersie haben zum ersten Mal sogenannte distributive und integrative
Verhandlungen als „systems of activity“ (Walton and McKersie 1965, S. 4)
unterschieden. „Verhandlung bedeutet oft Verteilung. (…) Daher nennen wir
diesen Vorgang auch distributive Verhandlung“ (Saner 1997, S. 39). Distributive
Verhandlungen unterliegen der Logik des „Nullsummenspiels“: Des Einen
29
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Gewinne sind des Anderen Verluste. “A distributive negotiation usually involves a
single issue – a “fixed-pie” – in which one person gains at the expense of the
other” (Bazerman and Neale 1992, S. 16). Deshalb werden solche Verhandlungen
auch als “win-lose, zero-sum, pure conflict and competitive” beschrieben (Kersten
2001, S. 500). Derartige Verhandlungen werden allgemein dort angetroffen, wo
Käufer und Verkäufer um einen Preis feilschen: Beim türkischen Bazar, vor
Gericht bei einer Schadenersatzklage oder beim Kauf eines neuen Autos.
Bei distributiven Verhandlungen müssen die Begriffe „bargaining zone“ sowie
„Zone of possible Agreement, ZOPA“ eingeführt werden (Walton and McKersie
1965; Raiffa 1982; Bazerman 1990; Bazerman and Neale 1992; Saner 1997). Die
„bargaining zone“ beschreibt bei einer Preisverhandlung das Spektrum zwischen
den maximal geforderten und minimal erwarteten Outcome der beiden Parteien.
Dies soll die nachstehende Abbildung verdeutlichen:
ABB. 3-04: BARGAINING ZONE NACH BAZERMAN/NEALE
Wenn die Angebote der verhandelnden Parteien einen übereinstimmenden oder
überlappenden Teil vorweisen, spricht man von einer positiven Verhandlungszone
(Bazerman 1990, S. 107). „The challenge is to identify where the two price ranges
overlap, if it all“ (Bazerman and Neale 1992, S. 72). Verhandlungen mit positiven
Einigungsbereichen müssten bei rationalem Vorgehen zum Abschluss gebracht
werden, wohingegen Verhandlungen, die keinen Einigungsbereich vorweisen,
unter rationalem Verhalten zu keiner Einigung führen sollten.
30
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
„Eine wirklich erfolgreiche Verhandlung hat keine Verlierer“ (Saner 1997, S. 83).
Im Gegensatz zu distributiven Verhandlungen ermöglicht die Struktur und Logik
von integrativen Verhandlungen Lösungen, die über das reine Feilschen des
Preises hinweggehen. „Integrative agreements in bargaining are those that
reconcile (i.e., integrate) the parties’ interests and hence yield high joint benefit”
(Pruitt 1983, S. 35). Dazu müssen aber zuerst auch mehrere Gegenstände zur
Verhandlung stehen. „Die wichtigste Bedingung für eine integrative Lösung ist das
Vorhandensein mehrerer Verhandlungsgegenstände“ (Saner 1997, S.84).
Die folgende Abbildung soll diesen Sachverhalt aufzeigen:
ABB. 3-05: TAUSCHGEWINNE NACH SANER
Die Vergrösserung des Kuchens misslingt oft auf Grund einer fixierten Sichtweise
des Verhandlungsgegenstandes. “In most conflicts, however, more than one issue
is at stake, and each party values the issues differently. The outcomes available are
no longer a fixed-pie divided among all parties. An agreement can be found that is
better for both parties than what they would have reached through distributive
negotiation. This is an integrative negotiation” (Bazerman and Neale 1992, S. 16).
Die integrative Verhandlung führt von “win-lose”, “Nullsummenspiel” usw. weg
hin zu „win-win“ Lösungen.
Saner fasst den Hauptunterschied zwischen distributiven und integrativen
Verhandlungen folgendermassen zusammen: „Wer eine distributive Verhandlung
führt, strebt ausschliesslich den grössten eigenen Nutzen an; er verursacht
gleichzeitig die grössten Kosten des Gegners. (…) Die integrative Verhandlung
31
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
erweitert diesen Spielraum, indem sie mehrere Themen gleichzeitig behandelt und
damit Tauschgewinne ermöglicht“ (Saner 1997, S. 88). Distributive und integrative
Verhandlungsstrategien sollen weiter unten besprochen werden.
Ein weiterer interessanter Aspekt, der distributive und integrative Verhandlungen
betrifft, ist jener der Fairness und Gerechtigkeit (Saner 1997). Distributive
Verhandlungen produzieren Verlierer, die sich unfair und ungerecht behandelt
fühlen und zumeist diesen emotionalen Zustand in einer weiteren Verhandlung
korrigieren wollen. Howard Raiffa (Raiffa 1982) hat diesbezüglich in „The art and
science of negotiation“ interessante Überlegungen angestellt. Nach Raiffa lässt
sich bei Verhandlungen ein Pareto-Optimum herstellen. Die folgende Abbildung
von Saner (Saner 1997, S. 95) zeigt den angesprochenen Sachverhalt.
ABB. 3-06: GERECHTIGKEIT UND EFFIZIENZ NACH SANER
Die Gerade A-B (verbindet X- und Y-Achse) beschreibt den Spielraum für alle
distributiven Lösungen zwischen den Parteien A und B. Rationale und distributive
Lösungen finden im Abschnitt zwischen den beiden „Effizienz-Pfeilen“ statt. Zu
betonen gilt aber, dass des Einen Gewinne des Anderen Verluste darstellen. Indem
der „fixed-pie“ vergrössert wird, kann ein integratives und in dem graphisch
dargestellten Falle effizientes, gerechtes und faires Verhandlungsresultat
herbeigeführt werden. Dieses stellt der „Nash-Punkt“ dar. Dieser Punkt ist nicht
nur optimal sondern „it also satisfies the criterion of maximizing the product of the
parties’ rescaled utilities“ (Greenhalgh and Neslin 1983, S. 123). Der Nash-Punkt
32
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
stellt die integrative „Ideal-Verhandlungs-Lösung“ dar, die in der Realität zumeist
nicht erreicht werden wird. Aber auch integrative Verhandlungen können
suboptimal verlaufen. Gillespie und Bazerman (Gillespie and Bazerman 1997)
sprechen diesbezüglich von „parasitärer Integration“: „Parasitic integration
involves two or more negotiating parties reaching an agreement that is Paretosuperior for them but imposes costs on other stakeholders to the negotiations“
(Gillespie and Bazerman 1997, S. 274). In Verhandlungen lässt sich feststellen,
dass diese oft mit distributiven Strategien begonnen werden und im Verlaufe der
Verhandlung auf integrative gewechselt wird (Olekalns, Brett et al. 2003, S.
194ff).
3.1.4.1 Verhandlungsstrategien
Die Ausgestaltung einer Verhandlung erfolgt durch die Wahl der Strategie. „A
strategy is a plan of action, specifying broad objectives and the general approach
that should be taken to achieve them“ (Pruitt and Carnevale 1993, S. 3). Die
Verhandlungspartei muss sich darüber im Klaren sein, welches ihre Position sowie
die Wünsche sind und welche Ziele sie durch die Verhandlung verfolgt. “Die
Strategie ist die übergeordnete Leitlinie, die uns die Richtung von den Wünschen
und Bedürfnissen zu den Zielen weist” (Saner 1997, S. 109). Oft werden die
Begriffe Strategie und Taktik im selben Atemzug und hierarchisch als
gleichgestellt verwendet (vgl. Karrass 1980). Dies führt allerdings zu einer
ungenauen Betrachtungsweise, da Strategie und Taktik begrifflich von einander
getrennt und hierarchisch betrachtet werden müssen. „Strategie“ bedeutet
ursprünglich die „Kunst der Heerführung“ (Duden 1997). Heute wird damit das
vorausplanende Miteinbeziehen der relevanten Faktoren in ein Vorgehen, um ein
definiertes Ziel zu erreichen, gemeint. Schon Carl von Clausewitz hat Strategie und
Taktik unterschieden, indem er „die Taktik die Lehre vom Gebrauch der
Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum
Zweck des Krieges“ beschrieben hat (Clausewitz 2004, S. 53f). Dieses Verständnis
kann sehr wohl und direkt auf das Verständnis von Strategie und Taktik bei
Verhandlungen übertragen werden. Die Strategie ist der Taktik übergeordnet,
jedoch nur erfolgreich, wenn beide, Strategie sowie Taktik, bestens ausgeführt und
umgesetzt werden. „Wir verstehen unter „Verhandlungsstrategie“ die Planung und
33
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
umsichtige Vorbereitung einer Verhandlung, unter „Verhandlungstaktik“ das
geschickte und planmässige Vorgehen im Verhandlungsgespräch“ (Hartig 1995, S.
35f).
Die folgende Abbildung (Saner 1997, S. 110) soll das Verhältnis von Strategie und
Taktik aufzeigen.
ABB. 3-07: VERHÄLTNIS VON STRATEGIE UND TAKTIK NACH SANER
Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass die Strategie eine klare Richtung und
Grenze vorgibt, innerhalb derer die Taktik zu Anwendung gelangt.
3.1.4.2 Verhandlungstaktik
Das Verhältnis zwischen Strategie und Taktik wurde weiter oben bereits
aufgezeigt. Unter Verhandlungstaktik wird „das geschickte und planmässige
Vorgehen im Verhandlungsgespräch (verstanden) (…). Zugespitzt formuliert, ist
Verhandlungstaktik gewissermassen die Geistesgegenwart des planvollen Agierens
und Reagierens im Fluss der Verhandlung, sie ist argumentative, psychologische
und auch intuitive Manövrierkunst, Verhandlungsgeschick“ (Hartig 1995, S. 35f;
S. 249). Zu ergänzen gilt es, dass „schlecht inszenierte Taktik jede noch so gute
Strategie ruinieren“ kann (Saner 1997, S. 135). Die Umsetzung einer Strategie
hängt demnach eng mit der Auswahl und Realisierung von Taktiken zusammen.
Grundsätzlich lassen sich Taktiken immer anwenden, jedoch gibt es solche, die
besser zu kompetitiven, solche die besser zu kooperativen und wieder andere
besser zu problemlösungsorientierten Verhandlungsstrategien passen. Einen sehr
umfangreichen Überblick über Taktiken gibt Chester L. Karrass (Karrass 1980) in
34
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
seinem Buch „Verhandlungsführung von A bis Z“. Darin beschreibt er 200
Strategien und Taktiken. In den meisten Verhandlungswerken finden sich Kapitel
zu Taktiken (Karrass 1980; Karrass 1989; Pruitt and Carnevale 1993; Hartig 1995;
Saner 1997; Hodgson 1998; Lewicki, Hiam et al. 1998; McCormack 2001)5.
Grundsätzlich lassen sich Taktiken in faire und weniger faire unterteilen. Hodgson
unterteilt Taktiken in „Taktiken, Tricks und Drohungen“ (Hodgson 1998). An
dieser Stelle sollen keine Taktiken näher aufgezeigt und ausgeführt werden.
Abschliessend soll darauf hingewiesen haben, dass die meisten Taktiken erlernt
werden können. Ihre Anwendung in einer Verhandlung hingegen geschieht oft
intuitiv. Da Intuition wiederum nicht erlernt werden kann und durch eine falsch
inszenierte
Taktik
die
Strategie
und
dadurch
sogar
der
potentielle
Verhandlungserfolg zerstört werden kann, soll darauf verwiesen werden, dass
Taktiken sehr genau durchdacht, geplant und eingesetzt werden müssen (Hartig
1995; Saner 1997).
3.1.5 Eine Klassifizierung von Strategien des Verhandelns
Grundsätzlich
werden
kompetitive
und
kooperative
Verhandlungsstile
unterschieden. Eine dritte Strategieart sind die problemlösungsorientierten
Verhandlungsstrategien. Gulliver definiert kompetitiv als: „where interests in the
outcome are, or seem to be, diametrically opposed“ (Gulliver 1979, S. 35).
Demgegenüber ist nach Williams bei kooperativen Verhandlungen das explizite
Ziel „to reach a fair resolution of the conflict based on an objective analysis of the
facts and law” (Williams 1983, S. 53). Problemlösen wird definiert als „trying to
locate and adopt options that satisfy both parties’ goals“ (Pruitt and Carnevale
1993, S. 3).
Die
Festlegung
auf
eine
Strategie
hängt
von
„der
Beziehung
zum
Verhandlungspartner und dem Verhandlungsergebnis selbst“ (Lewicki, Sheppard
et al. 1986, S. 61) ab. Folgt man Lewickis Ausführungen, so unterscheidet er im
Grunde genommen ebenfalls die drei oben aufgeführten Strategien, differenziert
diese jedoch mehr, indem jene in Beziehung zum Verhandlungsergebnis und der
Beziehung zwischen den verhandelnden Parteien gestellt werden. Daraus lassen
5
Dies ist nur eine Auswahl von Monographien, die Taktiken besprechen, die für diese Studie zu Rate gezogen wurden.
35
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
sich fünf Strategien ableiten (Lewicki, Hiam et al. 1998): 1. Vermeidung (LoseLose)
2. Anpassung (Lose to Win),
3. Konkurrenz (Win-Lose),
4. Kooperation (Win-Win),
5. Kompromiss (sich auf halbem Weg entgegenkommen).
Die folgende Abbildung (Lewicki, Hiam et al. 1998, S. 64) soll diesen Sachverhalt
aufzeigen:
ABB. 3-08: VERSCHIEDE VERHANDLUNGSSTRATEGIEN NACH LEWICKI
Lewicki zeigt fünf Strategien für Verhandlungen auf, die jedoch alle auf den drei,
eingangs des Abschnittes definierten,
grundlegenden Strategien beruhen
(kooperativ, kompetitiv und problemlösungsorientiert). Vier dieser fünf Faktoren
sollen im Folgenden genauer betrachtet und ausgeführt werden. Auf die Strategie
„Vermeidung“ (Lose-Lose) wird mangels praktischer Relevanz im Verkauf
verzichtet (vgl. Wallihan 1998).
Die erste Strategie des Verhandelns sensu Lewicki et al. ist die Anpassung (Lose to
Win), bei welcher der Verhandlungsführer der Beziehung mehr Gewicht beimisst
als dem Ergebnis. Der Verhandlungsführer ist in seiner Grundhaltung kooperativer
als kompetitiver eingestellt. „Um die Gegenseite zufrieden zu stellen, opfert er
seine eigenen Interessen – sei es nun aus selbstloser Grosszügigkeit, Mildtätigkeit
36
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
oder erzwungenem Gehorsam“ (Saner 1997 ,S. 114). Diese Verhaltensweise darf
jedoch nicht als Schwäche interpretiert werden. „Diese Strategie von Verhandeln
wird oft als Schwäche ausgelegt und als Zeichen naiver Gutgläubigkeit gesehen.
Dennoch ist diese Position nicht von vornherein abzulehnen – es kommt immer auf
das Ziel und die näheren Umstände an. Wer in unwichtigen Dingen nachgibt, dafür
aber seine wichtigen Ziele erreicht, wird am Ende kaum als Verlierer dastehen“
(a.a.O, S. 115).
Die zweite Strategie (Win-Lose) nach Lewicki wird von Jürgen Herzlieb (Herzlieb
2000) als kompetitiven Verhandlungsstil beschrieben. Ihr werden folgenden
Eigenschaften zugeschrieben:
• Die Verhandlungspartei wird als Gegner betrachtet.
• Die Verhandlungspartei will den Gegner besiegen.
• Die eigene Position wird konsequent verteidigt.
• Die sogenannte Verhandlungslinie ist nicht transparent.
• Die gegnerische Verhandlungspartei wird ständig unter möglichst grossen
Druck gesetzt.
• Es wird gedroht und Ultimaten werden eingesetzt.
• Die Verhandlungsparteien misstrauen sich.
Eine weitere Strategie in der obigen Abbildung (Win-Win) wird dahingegen von
Deutsch (Deutsch 1973) und Deutsch und Coleman (Deutsch and Coleman 2000)
sowie Johnson und Johnson (Johnson and Johnson 1989) durch die folgenden
Attribute dargestellt:
A perceived similarity in beliefs and attitudes.
• A readiness to be helpful.
• Openness in communication.
• Trusting and friendly attitudes.
• Sensitivity to common interests with a de-emphasis of opposed interests.
An orientation to enhancing mutual power.
Die letzte hier beschriebene Verhandlungsstrategie (Kompromiss) ist die wohl
„schweizerischste“, will man Saner Glauben schenken. Dieser zitiert das böse
Vorurteil über Schweizer Verhandlungsführer: „Die Schweizer beginnen eine
Verhandlung mit einem Kompromiss und beenden sie in Konfrontation“ (Saner
37
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
1997, S. 121). Der Kompromiss ist eine Mittellösung, „bei der beide Seiten sich
Zugeständnisse machen“ (Hartig 1995, S. 265). Vor allem in der Politik und
Diplomatie findet der Kompromiss, oder das sich „in der Mitte treffen“, eine
häufige Anwendung. In der Politik gilt der Kompromiss als Kunst des Machbaren
und ist positiv konnotiert. Bei ökonomischen Verhandlungen hingegen ist der
Begriff der Kompromissorientierung eher negativ belastet. Denn am Kompromiss
muss bemängelt werden, dass sowohl in Bezug auf die Beziehung wie auch auf das
Ergebnis Potenzial unausgeschöpft bleibt.
Ein Hauptanliegen dieser Studie liegt darin, aufzuzeigen, inwieweit die
Anwendung von den in Kapitel 4 beschriebenen Verhandlungsmodellen
Verhandlungserfolg nach sich zieht. Deshalb soll an dieser Stelle die Frage nach
der Effizienz von kooperativen und kompetitiven Verhandlungsstilen aufgeworfen
werden. Denn sowohl der letztere als auch der erstere Stil haben Vor- wie auch
Nachteile und können zu Erfolg und Misserfolg führen. Kompetitives Verhandeln
birgt das Risiko, durch stures Beharren auf Sachverhalten, durch Festhalten an
Positionen und Verletzen von Beziehungen, den Verhandlungserfolg zu gefährden.
Kooperative Verhandler unterliegen dem Risiko, vor allem wenn sie auf
kompetitive Verhandlungsführer treffen, ausgenutzt zu werden. Ferner kann es
dabei zu zeitlicher Ineffizienz, parasitärem Verhalten (vgl. Gillespie and Bazerman
1997) und schlechten, vorschnellen Kompromissen führen. Williams (Williams
1983) hat deshalb diese beiden Verhandlungsstile im Hinblick auf ihre Effizienz
hin empirisch untersucht. Seine Analyse zeigte, dass sowohl kooperative als auch
kompetitive Verhandler effizient sein können. Bei genauerer Betrachtung lassen
sich folgende Schlussfolgerungen aus Williams’ Untersuchung6 ziehen: Fast zwei
Drittel verhandeln kooperativ, wovon wiederum ca. 40 Prozent effizient
verhandeln. Von den einem Drittel kompetitiv verhandelnden Versuchspersonen
sind nur gerade sechs Prozent effizient.
Interessant sind die Eigenschaften, die Williams den effizient-verhandelnden
Personen zuschreibt (Williams 1983, S. 27ff):
Ethisch, vertrauenswürdig, ehrlich.
Beachtung und Befolgung der üblichen Regeln.
6
Williams repräsentative Stichprobe umfasst amerikanische Anwälte.
38
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Seriöse und umfassende Vorbereitung.
Kreativ, flexibel, anpassungsfähig.
Fähigkeit den Gegner einzuschätzen und Hinweise richtig zu deuten.
• Ausgeprägtes Wahrnehmungsvermögen.
Interessanterweise beziehen sich diese Eigenschaften einerseits auf kompetitive
und kooperative effektive Verhandler und andererseits gehören sie in das Portfolio
der dritten Verhandlungsstrategie, des problemlösungsorientierten Verhandelns.
Einer der bekanntesten problemlösungsorientierten Ansätze ist das sachbezogene
Verhandeln. Dieses bildet das Kernstück des Harvard-Konzepts (Fisher, Ury et al.
2001). Das „principled negotiation“ umfasst die vier folgenden Grundaspekte:
Erstens sollen Menschen und Probleme getrennt von einander behandelt werden.
Des Weiteren soll darauf geachtet werden, dass nicht Positionen, sondern
Interessen in den Mittelpunkt gestellt werden. Drittens müssen immer mehrere
Entscheidungsalternativen zur Auswahl stehen. Und zuletzt soll das Ergebnis auf
objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen (Fisher, Ury et al. 2001, S. 31). Das
Harvard-Konzept wird weiter unten im vierten Kapitel ausführlicher diskutiert.
Welche Strategie nun in einer Verhandlung zur Anwendung gelangt, hängt von der
jeweiligen Situation, den Verhandlungspartnern, Zielen und Bedürfnissen ab.
Grundsätzlich und hier abschliessend sollten „gute Verhandler das gesamte
Repertoire beherrschen“ (Saner 1997, S. 121).
3.2 Verhandeln als Forschungsfeld
Dieses Kapitel lokalisiert zunächst Verhandeln als Marketingforschungsgebiet, um
im Anschluss Forschungsschwerpunkte aufzuzeigen. Den Abschluss dieses
Kapitels bilden Folgerungen, die aus dem Forschungsstand abgeleitet und die
Relevanz dieser Dissertation unterstreichen sollen.
3.2.1 Verhandeln ist kein eigenständiges Marketingforschungsgebiet
Dieser Abschnitt verfolgt das Ziel, „Verhandeln“ als Gegenstand in der
Marketingforschung zu lokalisieren. Der Abschnitt folgt den Ausführungen
39
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Malhotra, Peterson et al. (Malhotra, Peterson et al. 1999) und Roths und Gmürs
(Roth and Gmür 2004).
Vorweggenommen werden kann, dass Verhandeln kein eigenständiges MarketingForschungsfeld mit einer homogenen Forschungs-Schule ist und so gesehen auch
keine Forschungs-Tradition im Marketing aufweist. So kristallisieren Roth und
Gmür (Roth and Gmür 2004) in ihrer Zitations- und Kozitationsanalyse
nordamerikanischer Marketingjournals der Jahrgänge 1987 bis 2001 drei
Richtungen heraus: Die institutionenökonomische Unternehmensperspektive, die
industrieökonomische
Wettbewerbsperspektive
und
die
verhaltenswissenschaftliche Konsumentenperspektive. In der ganzen Analyse fällt
der Begriff „Negotiation“ oder „Verhandeln“ kein einziges Mal. Diese
Beobachtung ist auch auf die Analyse von Malhorta, Peterson et al. (Malhotra,
Peterson et al. 1999) übertragbar. Beiden Marketingforschungs-Analysen gleich
ist, dass sich hingegen das Thema „Sales“ als eigenständiges Forschungsgebiet
lokalisieren lässt.
Bestimmte Punkte, die im „Sales“ erforscht werden, sind auch für die
Verhandlungsforschung
relevant,
insbesondere
Persönlichkeitsmerkmale,
Motivation und Pricing. Allerdings wäre es meines Erachtens falsch, „Negotiation“
als ein Teilforschungsgebiet des Forschungsfeldes „Sales“ oder auch „Sales
Promotion“ zu betrachten. Und selbst im Bereich des „Sales“ finden sich Begriffe
wie „Negotiation“ und „Verhandeln“ nicht als eigenständige Themen (Bush and
Grant 1994, S. 61).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Verhandeln kein prioritäres
Marketingforschungsgebiet ist. Gründe dafür liegen meines Erachtens in der
Interdisziplinarität des Forschungsgegenstandes: Im Gegensatz zu einem
klassischen Marketingthema wie „Marktsegmentierung“ oder „Branding“ wird
Verhandeln vielmehr durch andere wissenschaftliche Disziplinen beeinflusst.
40
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Ein Überblick über die wichtigsten Forschungsdisziplinen, die sich mit Verhandeln
auseinandersetzen, liefert die folgende Abbildung:
ABB. 3-09: WISSENSCHAFTLICHE DISZIPLINEN IN DER VERHANDLUNGSFORSCHUNG
So befassen sich die Politikwissenschaft, die Psychologie, die Jurisprudenz u.a. mit
Verhandeln. Anzufügen gilt, dass sich auch andere Forschungsrichtungen mit
Verhandlungen auseinandersetzen, auch wenn sie in der obigen Abbildung nicht
enthalten sind. In Abbildung 3-09 wurden vor allem jene Disziplinen
berücksichtigt, welche für diese Studie hilfreiche Publikationen stellen.
3.2.2 Überblick über die Verhandlungsliteratur und Stand der
Forschung
Über Verhandeln wird schon so lange nachgedacht und geschrieben, wie es Macht
und
Kriege
gibt.
Solche
Werke
beschreiben
zwar
eher
Macht
und
Machtkonstellationen, wie man diese erreicht und erhält (Machiavelli 2001) oder
sie führen Kriegsstrategien und –Taktiken aus (Sunzi 1988; Clausewitz 2004;
Musashi 2004). Dennoch beinhalten diese Schriften verhandlungsrelevante
Aspekte und können einen guten Einstieg in das Gebiet der Verhandlung bieten.
Da wie weiter oben aufgezeigt Verhandlungsforschung im Marketing über die
letzten Jahre nur eine untergeordnete Priorität gespielt und einen sehr geringen
marketingspezifischen Literaturoutput nach sich gezogen hat, soll die Perspektive
41
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
auf den Forschungsgegenstand der Verhandlung selbst gerichtet werden. Somit
werden primär Literaturquellen verwendet, bei denen Verhandeln im Zentrum
steht, auch wenn diese keinen marketingspezifischen Kontext vorweisen können.
Dies macht in Bezug auf diese Studie auch Sinn, da die drei Verhandlungsmodelle
nicht explizit einen Marketing-Approach verfolgen.
Doch welche Arten von Verhandlungen werden letztendlich erforscht und
beschrieben? Diesbezüglich unterscheiden Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg,
Lilien et al. 1994) fünf Haupt-Forschungsfelder im Bereich des Verhandelns:
1. Marketing Negotiations,
2. Political Negotiations,
3. Labor/Management Negotiations,
4. Legal Negotiations/Arbitration,
5. Interpersonal Negotiations.
Mit Marketing-Verhandlungen ist „the exchange process between organizational or
business decision-making units“ gemeint (a.a.O.Eliashberg, Lilien et al. 1994 , S.
6). Die fünf Forschungsfelder können für diese Studie nicht sinnvoll getrennt
werden, da hier unterstellt wird, dass die in dieser Studie zu untersuchenden
Zyklen und Phasen in allen Verhandlungen sichtbar sind. Deshalb ist ein
Wissenstransfer sinnvoll, da generalisierende Aussagen über den Gegenstand der
Verhandlung angestrebt werden sollen. Der Fokus dieser Arbeit liegt
nichtsdestotrotz auf Marketing-Verhandlungen mit dem Ziel, allgemeingültige
Aussagen zu erarbeiten.
Diese Studie bedient sich zum einen an Quellen aus der Psychologie, die, wie
weiter unten aufgeführt, einen grossen Input bezüglich Persönlichkeit, Emotionen
und kognitiven Effekten bietet. Ferner übt die ganze Salesforschung einen grossen
Einfluss auf die Verhandlungsforschung und die vorliegende Arbeit aus. Den
grössten Artikel-Output verweisen die Themen „Selling Process and Technique“,
„Motivation“, „General Selling und Sales Management“ und „Sales Evaluation and
Performance“ (Bush and Grant 1994, S. 61). Es gilt aber auch hier festzuhalten,
analog zur Marketingverhandlungsforschung, dass die Auseinandersetzung mit
diesen Gebieten vor allem in den siebziger Jahren stattgefunden hat. Für diese
Studie interessieren aus dem Gebiet des Sales vor allem Artikel, die den Prozess
und Techniken vertiefen (Rook 1985, Kurtz 1993; Clopton 1984).
42
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Der
„Body
of
Literature“
dieser
Arbeit
orientiert
sich
an
einer
Verhandlungsliteraturgliederung von Eliashberg et al. (Eliashberg, Lilien et al.
1994), die den forschungsrelevanten Literaturoutput in fünf Felder unterteilen, von
denen hier die ersten vier kurz umschrieben werden sollen: Ein erstes Gebiet
umfasst
Studien
mit
anekdotischem
Charakter,
die
auf
fundierten
Praxiserfahrungen basieren. In methodischer Hinsicht sind dies vor allem
Fallstudien (Cohen 1980; Douglas 1962). Ein zweites, sehr umfassendes und für
die vorliegende Arbeit sehr wertvolles Feld kann mit „experimentellen Studien“
umschrieben werden, welches auch gleich den methodischen Hintergrund erraten
lässt. Dazu zählen allen voran die wertvollen Arbeiten von Neale und Bazerman
(Neale and Bazerman 1985; Bazerman, Russ et al. 1987; Bazerman 1990;
Bazerman and Neale 1992b) zu unterschiedlichen kognitiven Effekten (Rubin and
Brown 1975). Ferner werden Einflüsse von Macht (McAlister, Bazerman et al.
1986; Eliashberg 1986), Zeitdruck (Carnevale and Lawler 1986) oder Erwartungen
(Pruitt 1981) erforscht.
Die dritte Gruppe von Artikeln und Werken widmet ihre Aufmerksamkeit der
Entwicklung von formalen Theorien, die Verhandlungsresultate unter dem Einfluss
von Macht, Effizienz oder Gleichheit vorherzusagen im Stande sind. Diese
basieren auf den klassischen Arbeiten der Spieltheorie von Nash oder Young (Nash
1950; Young 1975). Diese Beiträge sind vor allem deshalb wertvoll, weil sie die
Basis für die Schule des rationalen Verhandelns bilden.
Das vierte und letzte Feld lässt sich durch Arbeiten zu „nicht-kooperativen“
Verhandlungs-Modellen bilden. Diese Arbeiten beschäftigen sich mit dem Einfluss
von unvollständiger Information auf das Verhandlungsresultat, z.B. den Einfluss
des „reservation prices“ (Chatterjee and Samuelson 1983), Verhandlertypen
(Harsanyi and Selten 1972) oder Zeitpräferenzen (Rubinstein 1987).
Zu diesem „Body of Literature“ gilt es festzuhalten, dass vor allem in den siebziger
und frühen achtziger Jahren vermehrt in den aufgeführten Bereichen geforscht und
die Thematik auch ausgereizt wurde. Da aber, wie eingangs dieser Studie erläutert,
die Bedeutung von Verhandlungen generell zunimmt, erstaunt es, dass der Output
an Verhandlungsstudien im Bereich des Marketings und Sales abgenommen hat.
Aus dem Stand der Forschung kann ein eigentlicher inhaltlicher Trend in der
Verhandlungsforschung nicht klar festgemacht werden. Am ehesten gehören den
43
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
Themen „Emotionen“ (Adler, Rosen et al. 1998, Graham, Kim et al. 1988;
Bagozzi, Gopinath et al. 1999; Barry, Fulmer et al. 2004; Barry 1999),
„Beziehungsmanagement“ (Harwood 2002; Sondak, Neale et al. 1999, Cannon and
Perreault 1999; Weitz and Bradford 1999; Weitz, Castleberry et al. 1992) und
„Teamverkauf und -verhandlungen“ (Brodt 1997; 283ff; Eden and Ackermann
2001;) die nahe Forschungszukunft.
Schwerpunktmässig
bearbeitet
werden
mit
Sicherheit
die
Felder
„computergestützte Verhandlungssysteme“ (Khan and Quaddus 2004; Weigand,
Schoop et al. 20033 Quellen) sowie „Interkulturelle Verhandlungsunterschiede“
(Graham, Kim et al. 1988; Salacuse 1999, Campell, Graham et al. 1988; Kopelman
and Olekalns 1999; Simintiras and Thomas 1996). Spannend zu verfolgen wird vor
allem das Forschungsfeld der „computergestützten Verhandlungssysteme” sein, da
diese an einer Form von Verhandlungen forschen, welche auf persönliche, direkte
Kommunikation
verzichtet:
Verhandelt
wird
beispielsweise
per
computergestützten Bietverfahren (Ku and Murnighan). Interessant wird
diesbezüglich sein, inwiefern sich kognitive Effekte und Emotionen damit
reduzieren oder gar eliminieren lassen.
Bei „Internationalen Verhandlungsunterschieden“ werden noch, aufgrund der
Intensivierung der weltweiten Vernetzung und des globalen Handels, unzählige
Studien über Unterschiede im Verhandlungsverhalten zwischen verschiedenen
Ländern und Kulturen in Angriff genommen und veröffentlicht werden. Dies
macht auch deshalb Sinn, da unzählige Verhandlungen aufgrund ungenügender
Kultur- und Verhandlungskenntnisse scheitern. Bezüglich „Emotionen“ und
„beziehungsrelevanten Faktoren“ muss erwähnt werden, dass es genau diese
weichen Faktoren sind, die methodisch schwierig zu erforschen sind und deshalb
auch die grössten Herausforderungen an die Verhandlungsforschung stellen.
Im folgenden Abschnitt sollen Folgerungen aus dem Stand der Forschung gezogen
werden. Diese Folgerungen leiten zum vorliegenden Dissertationsprojekt über
zeigen die die Relevanz der Studie auf.
44
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
3.2.3 Folgerungen aus dem Stand der Forschung
Im folgenden Abschnitt sollen drei Folgerungen, die aus dem Überblick der
Verhandlungsliteratur und dem Stand der Forschung getroffen werden, aufgezeigt
werden.
Eine erste und generelle Folgerung aus der Analyse der Verhandlungsliteratur
besteht darin, dass eine Schwierigkeit in der Verhandlungsforschung darin besteht,
die richtige Balance zwischen Theorie und Praxis, zwischen theoretischen und
empirischen Publikationen, konkreten Ratschlägen von und für Praktiker und
generalisierenden Aussagen, zwischen deskriptiver und normativer Forschung,
zwischen einfachen statistischen und komplexen statistischen Methoden zu finden.
So zeigen Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994), dass es mehr
theoretische als empirische Studien gibt, dass einfachere statistische Methoden
überwiegen, dass oft normative Ratschläge getätigt werden, die nicht empirisch
überprüft wurden.
Eine zweite inhaltliche Folgerung liefern die beiden Erziehungswissenschaftler
Oser und Reichenbach, die einen Analysekontext des Verhandelns vorlegen.
Dieser
Analysekontext
eignet
sich
bestens,
um
Folgerungen
für
die
Marketingwissenschaft konkreter festzumachen. Die folgende Abbildung zeigt
diesen Analysekontext auf:
ABB. 3-10: ANALYSEKONTEXTE DES VERHANDELNS NACH OSER/REICHENBACH (2002)
Wie die Abbildung zeigt, konzentriert sich Verhandlungsforschung auf vier
verschiedene Felder: 1. (Inter-) Kultureller Kontext des Verhandelns, 2. Soziale,
45
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
organisationale, rechtliche Bedingungen der Verhandlungsparteien, 3. Konkretes
Interaktions-
und
Kommunikationsgeschehen
und
4.
Innerpsychologische
Bedingungen oder Situationen der verhandelnden Person (Oser and Reichenbach
2002). Die wichtigste inhaltliche Folgerung aus Osers und Reichenbachs
Analysekontext hängt stark mit einem methodischen Appell Eliashbergs, Lilien et
al. zusammen: Die grössten wissenschaftlichen Forschungslücken bestehen beim
konkreten Interaktions- und Kommunikationsgeschehen und innerpsychologischen
Bedingungen oder Situationen der verhandelnden Personen. Diese beinhalten
sogenannte „weiche Faktoren“. Es sind zumeist gerade diese „weichen Faktoren“
wie Emotionen, beziehungsrelevante Aspekte, Persönlichkeitsmerkmale oder
psychologische Aspekte etc, die eine Verhandlung scheitern oder gelingen lassen
(vgl. Downie 1991). Diese „soften Faktoren“ müssen verstärkt erforscht und in
prozessuale Verhandlungs-Modelle miteinbezogen werden.
Damit hängt die dritte, letzte und methodische Folgerung eng zusammen:
Verhandlungsforschung muss vermehrt „real world“ Probleme bearbeiten und
adäquate, komplexe statistische Methoden berücksichtigen. Dies ist auch im Sinne
einer anwendungsorientierten Forschung im Sinne Ulrichs (Ulrich 1981), die von
Problemen der Praxis ausgehen soll. Auch Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg,
Lilien et al. 1994) appellieren für eine pragmatischere und praxisorientiertere
Verhandlungsforschung. “We need more researcher-practitioner interaction to
allow researchers to better understand the important elements of the problems they
are researching” (Eliashberg, Lilien et al. 1994, S. 17). Aus der Analyse der
bisherigen Forschung geht hervor, dass aus methodischer Sicht auffällt, dass
Forscher zu oft jene Methoden anwenden, die ihnen leicht fallen und beherrscht
werden und nicht jene, die benötigt würden, damit das Untersuchungsobjekt auch
effektiv und umfassend erfasst werden kann. Ob allerdings mit der Forderung der
Autoren nach mehr Fallstudien der Verhandlungsforschung gedient wäre, muss vor
allem in Hinblick auf generalisierende Aussagen und Methodenvielfalt bezweifelt
werden.
Da die Ziele in dieser Studie aus den Abschnitten „Überblick über die
Verhandlungsforschung
und
Stand
der
Verhandlungsforschung“
sowie
„Folgerungen aus dem Stand der Verhandlungsforschung“ abgeleitet werden,
46
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
sollen die Ziele der Verhandlungsforschung in diesem Abschnitt nur knapp
aufgeführt werden, wodurch Redundanzen vermieden werden.
Ein
generelles
Ziel
Verhandlungsforschung
jeglicher
sollte
es
praxisorientierter
sein,
dass
und
–relevanter
Verhandlungsführer
durch
Forschungsergebnisse die Strukturen und Prozesse leichter und besser verstehen
und
dadurch
wirksamere
Ergebnisse
erzielen
können.
Damit
könnten
Verhandlungsergebnisse unabhängiger von Alter und Verhandlungs-Erfahrung
gemacht werden, denn “older, more experienced, and more highly educated
individuals were more prone to assume the risks associated with enacting a
coordinative stance when negotiating with their younger, less experienced, and less
educated peers“ (Alexander, Schul et al. 1994, S. 37). Dies verlangt nach empirisch
überprüften Verhandlungsmodellen, durch die weniger erfahrene oder jüngere
Verhandlungsführer bessere Verhandlungsresultate erreichen.
Unmittelbar mit diesem generellen Ziel hängt ein spezifischeres, inhaltliches Ziel
zusammen, das Alexander, Schul und Babakus fordern. “While hundreds of studies
of negotiation behaviours have been conducted, only a few of these studies have
attempted to explain the content of the negotiation process in an industrial selling
context (e.g. Alexander, Schul, and Babakus 1991, Angelmar and Stern 1978,
Clopton 1984; Campell, et al. 1988; Graham 1986, 1987; McAlister, Bazerman,
and Fader 1986; Soldow and Thomas 1984)” (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25).
Die vorliegende Studie wird den Verhandlungsprozess unter anderem auch im
Industriekontext
analysieren
und
versuchen,
Generalisierungen
bezüglich
prozessualer Aspekte und inhaltlicher Schwerpunkte zu entwickeln. Weitere
inhaltliche Ziele der Verhandlungsforschung sind, wie schon in den beiden
vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, die Operationalisierung und Erforschung
von Emotionen und beziehungsrelevanten Aspekten, sowie der vermehrte
Einbezug von psychologischen Aspekten in den Verhandlungsprozess. Eliashberg,
Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1995) wünschten sich vermehrt Fallstudien,
die sich auf die Persönlichkeit, die soziale Beziehung, kulturelle Unterschiede, auf
die Bedeutung des Verhandlungsortes, Zeitbeschränkungen und auf das Lernen
konzentrierten.
Die methodischen Ziele der Verhandlungsforschung wurden ebenfalls bereits in
den vorangegangenen Abschnitten betrachtet. Zusammenfassend handelt es sich
47
Kapitel 3: Theoretische Bezugspunkte: Verhandeln und Verhandeln im Marketing
dabei einerseits um Forderungen nach einer anwendungsorientierteren Forschung,
die auf einem Dialog mit der Verhandlungspraxis basiert und andererseits auf den
Einbezug und die Weiterentwicklung komplexerer statistischer Methoden.
Allerdings ist im Gegenzug dazu ein anderes Ziel, vermehrt Fallstudien zu
erstellen, wodurch zwar weniger generalisierende Aussagen gemacht, dafür jedoch
in engerem Rahmen konkrete Aussagen und Hilfestellungen für die Praxis
bereitgestellt werden können (Eliashberg, Lilien et al. 1995).
Einige der aufgeführten Ziele der Verhandlungsforschung tangieren dieses
Dissertationsprojekt ebenfalls. Eines der Hauptziele des Projektes geht aus einer
Forderung Alexanders, Schuls et al. hervor, die aufzeigen, dass “very little is
known about the negotiation process as it is enacted in industrial marketing
exchanges” (Alexander, Schul et al. 1994, S. 25). Die drei zentralen
Verhandlungsmodelle dieser Studie sollen auch auf Verhandlungen im
Industriekontext angewendet werden können. Ferner verlangen Alexander, Schul
et al. auch vermehrt ein Überprüfen normativer Annahmen im industriellen
Kontext, damit das formale Verständnis von Verhandlungen zunimmt (Alexander,
Schul et al. 1994, S. 25). Da das Harvard-Konzept ein rein normatives
Verhandlungsmodell ist, kann auch dieser Forderung entsprochen werden. Eng
damit zusammen hängt der Wunsch der Verkaufs-Verhandlungs-Praxis7, die ein
Interesse an der Antwort auf die Frage hat, welches Modell letztendlich in der
Praxis funktioniert. Durch den quantitativen Ansatz besteht die Möglichkeit einer
komplexen
und
dem
Untersuchungsobjekt
entsprechenden
statistischen
Auswertung. Schliesslich soll die weiter oben bereits beschriebene Balance
zwischen Theorie und Praxis, zwischen theoretischen und empirischen
Publikationen, konkreten Ratschlägen von und für Praktiker und generalisierenden
Aussagen, zwischen deskriptiver und normativer Forschung, zwischen einfachen
statistischen
Detailliertere
und
komplexen
Ausführungen
statistischen
zu
den
Methoden
Zielen
der
angestrebt
werden.
vorliegenden
Studie,
Forschungsfragen und Hypothesen werden in Kapitel 5 aufgezeigt, beschrieben
und erläutert.
7
Dieser Wunsch wurde teilweise explizit geäussert, mehrheitlich jedoch nur implizit angedeutet und in den Interviews im Rahmen
dieser Vorstudie (siehe Anhang) festgestellt.
48
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4 Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.1 Rationales Verhandeln als Grundlage des Harvard-Konzepts
…oder wie Kooperation entsteht.
„Manchmal entsteht Kooperation dort, wo man sie am wenigsten erwartet.“
(Robert Axelrod)
Das Ziel einer Verhandlung sollte eine Einigung zwischen den verhandelnden
Parteien sein. Da diese Parteien jedoch zumeist unterschiedliche Bedürfnisse und
Wünsche vorweisen und diese befriedigt sehen wollen, muss ein Mindestmass an
Kooperation an den Tag gelegt werden, damit letztendlich in der Verhandlung ein
Konsens gefunden werden kann. Diese Kooperation muss aus Freiwilligkeit
entstehen oder gerne an den Tag gelegt werden. „In realen Diskursen können wir
uns zigfache Gründe vorstellen, warum eine Einigung zustande gekommen ist.
Konformitätsdruck,
Falschbeurteilung
der
Sachlage,
subtile
Drohungen,
Informationsmangel, Müdigkeit, Zeitdruck, Einigungsdruck u.s.w. mögen kräftig
mitgeholfen haben, den "Konsens" hervorzubringen. In der Tat wäre es naiv, nicht
mit solchen Einflussgrössen zu rechnen“ (Reichenbach 1994, S. 227f). Es besteht
grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass sich die verhandelnden Parteien nicht
kooperativ zeigen und keine Einigung gefunden werden kann. Auch für diesen
Ausgang der Verhandlung lassen sich fast unzählige Gründe aufführen. Zuerst soll
die Thematik des Konsenses eingehender behandelt werden. Was für Einigungen
gibt es und wie kommt es dazu? Im Anschluss daran soll der Frage nachgegangen
werden, wann, wie und warum Kooperation entsteht und was diese bewirkt.
Daraus sollen drittens Grundlagen des rationalen Verhandelns aufgezeigt und
ausgeführt werden. Diese Grundlagen rationalen Verhandelns bilden das
Fundament des Harvard-Konzeptes, das als vierter und zentraler Abschnitt
besprochen werden wird. Die Limitationen des Harvard-Konzeptes und des
rationalen Verhandlungsparadigmas schlagen die Brücke zum zweiten Absatz
dieses Kapitels, welcher psychologische Effekte aufzeigt und den „Faktor Mensch“
in Verhandlungen miteinbezieht und zu verstehen hilft.
49
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.1.1 Konsens als Ziel der Verhandlung – doch auf welcher Ebene?
Wenn zwei Parteien Differenzen ausräumen müssen, so zumeist mit dem Ziel,
einen Konsens zu erreichen. Reale Diskurse beschäftigen sich ebenfalls mit
Einigungsprozessen, es ist aber vor allem die Verhandlungsforschung, die sich
damit auseinandersetzt. Im Verhandlungsprozess werden, wie weiter oben bereits
aufgezeigt, Informationen ausgetauscht. Diese Informationen beinhalten oft
Argumente, mit welchen versucht wird, die Gegenseite von den eigenen Anliegen
zu überzeugen. „Beim Argumentieren für oder gegen den Geltungsanspruch einer
Aussage beziehen wir uns auf eine andere Aussage, von der wir behaupten, dass
sie in der Lage sei, uns rational zu Anerkennung bzw. Bestreitung der betreffenden
Aussage zu bewegen. (Kopperschmidt 2000, S. 55) Allerdings führen gute
Argumente nicht zwingend zu einer Einigung und ferner kann Rationalität weder
in realen, argumentativen Diskursen noch in Verhandlungen vorausgesetzt werden.
Es gilt zu unterstreichen, dass Argumente nicht zwingend die Kraft haben,
Personen zu überzeugen. „Oft können Argumentationen, obwohl sie schlecht sind,
trotzdem überzeugend wirken; und manche gute Argumentationen, vor allem,
wenn sie schon komplizierter sind, überzeugen mitunter nur ein paar wenige“
(Follesdal, Walloe et al. 1988, S. 5). Dies hängt damit zusammen, dass Individuen
nur ungern von ihren Argumenten und Positionen ablassen wollen. Des Weiteren
vermag die Glaubwürdigkeit, die Attraktivität oder die Macht einer Person
grösseren Einfluss auf die Güte und Kraft eines Argumentes auszuüben als die
Qualität des Argumentes selbst. „Auf den Punkt gebracht kann man sagen, dass
„Glaubwürdige schneller zu überzeugen vermögen“ (Reichenbach 1994, S. 240).
Doch selbst solch überzeugende Individuen und starke Argumente können keine
Einigung garantieren. Denn vor allem in distributiven Situationen, wird der Einsatz
der folgenden Aussage eine Einigung verhindern. „Ich weiss, dass du recht hast,
aber ich sage trotzdem nein“ (a.a.O., S. 229). Dieses Festhalten an den eigenen
Argumenten und Positionen und das damit zusammenhängende Unterstreichen der
Differenzen, schliesst eine diskursive Einigung aus und impliziert eine
Verhandlung. „Wenn die Kraft des besseren Arguments verpufft ist, muss
verhandelt werden – die Argumente allein vermögen kein Herbeiführen eines
Konsenses mehr“ (a.a.O., S. 238).
50
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Reichenbach (Reichenbach 1994) unterscheidet drei verschiedene Diskurs-Ebenen,
auf denen eine Einigungen erzielt werden kann. Diese Ebenen unterscheiden sich
zunächst in den zur Diskussion stehenden Themen, dann in deren Relevanz und
schliesslich in der Art, wie der Konsens diskursiv erarbeitet wird.
Konsensebene I
Normen
Schwache Diskurse
Konsensebene II
Allgemeingültige Normen
Starke Diskurse
Konsensebene III
Fundamentale Prinzipien
Keine Diskurse, der Konsens wird vorgefunden
ABB. 4-01: KONSENSEBENEN NACH REICHENBACH
Auf der Konsensebene III wird der Konsens bereits vorgefunden, da dieser
fundamentale Prinzipien wie bspw. Verbote des Tötens behandelt. Auf der zweiten
Konsensebene werden allgemeine Normen diskursiv behandelt. „Hier finden
Diskurse im starken Sinne statt, da die Kraft der besseren Argumente wirksam ist
und gefundene Konsense als moralisch-inhaltlich richtig (legitimiert) betrachtet
werden müssen (was nicht deren Unveränderbarkeit bedeutet)“ (a.a.O., S. 226). Es
gilt zu unterstreichen, dass auf dieser Ebene die Einigungen, obwohl dies weiter
oben angezweifelt wird, nur aufgrund der Stärke der Argumente zustande
kommen. Auf der Konsensebene I, die wie schon Konsensebene II, auf der
vorangegangenen Ebene aufbaut, werden Einigungen bezüglich Normen, die keine
Allgemeingültigkeit beanspruchen, angestrebt. Diese Einigungen können auch
aufgrund schwächerer oder gar falscher Argumente getroffen werden, denn „auf
dieser Ebene ist bedeutsam, dass konsensuell entschieden wird, nicht was
entschieden wird“ (a.a.O., S. 227). Im Gegensatz zu Reichenbach unterscheidet
Giegel (Giegel 1992) nicht drei qualitative unterscheidbare Ebenen des Konsens,
sondern
differenziert
Konsens
in
Hintergrund-,
Ergebnis-
sowie
Argumentationskonsens. Interessant ist diesbezüglich die Anmerkung Giegels,
51
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
dass es vor allem eine Argumentations-Kompetenz braucht, wenn eine Einigung
diskursiv
getroffen
werden
soll.
Aber
auch
mit
einer
ausgeprägten
Argumentations-Kompetenz ist nicht gesichert, dass sich die stärksten oder
klügsten Argumente in einem Diskurs durchsetzen. Grundlegende Voraussetzung
solcher Diskurse ist die Fähigkeit zur Interaktion. Oser (Oser 1982, Oser 1981)
zeigt empirisch auf, dass sich vier Stufen der Interaktion unterscheiden lassen.
Diese Stufen, die bis zum dritten Niveau durch älter werden erreicht und
überwunden werden, unterscheiden sich durch qualitative kognitive Differenzen.
Somit muss in Diskursen auch evaluiert werden, ob die am Diskurs teilnehmenden
Personen erstens nach Giegel (Giegel 1992) die Kompetenz im Umgang mit
Argumenten mitbringen, zweitens nach Oser (Oser 1981; 1982) die kognitiven
Fähigkeiten zur Interaktion und drittens, je nach Problem, sich auf der richtigen
Konsensebene nach Reichenbach (Reichenbach 1994) befinden. Nebst diesen drei
postulierten
Grundlagen
Kooperationsbereitschaft.
braucht
Diese
es
für
Kooperation
den
kann
Verhandlungsprozess
verschiedene
Aspekte
(Informationsabgabe, Agenda-Punkte, Zeitfaktoren etc.) im Verhandlungsprozess
berühren. Nichtsdestotrotz muss ein Mindestmass an Kooperationsbereitschaft
vorhanden sein, damit die Verhandlung zu einer Einigung, dem Ziel der hier zu
untersuchenden Verhandlungen, gelangt. Wie Kooperation entstehen kann, soll im
nächsten Abschnitt aufgezeigt werden.
4.1.2 Die Entstehung der Kooperation
Zumeist wird Konsens nur durch ein Mindestmass an Kooperation erreicht. Wie
Kooperation entstehen kann, zeigt Axelrod auf Basis des Gefangenen-Dilemmas
anhand mehrerer Computersimulationen (Axelrod 1987). Zentral in den
Untersuchungen Axelrods ist die Frage, welche Strategien im GefangenenDilemmas zum Einsatz gelangen und erfolgreich sind. Interessanterweise wird
bezüglich Ausrichtung und Einsatz der unterschiedlichen Strategien die Annahme
völliger Rationalität überwunden, was die Untersuchung für die Realität wertvoller
macht. Die Ergebnisse und die Schlüsse daraus sollen im Folgenden beschrieben
werden.
52
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Im „Prisoner’s Dilemma“ besteht das Dilemma darin, „dass es für jeden Spieler,
unabhängig vom Verhalten des anderen, vorteilhafter ist, zu defektieren8, dass
jedoch beiderseitige Defektion für jeden Spieler ungünstiger ist als wechselseitige
Kooperation“ (Axelrod 2000, S. 5). Zunächst wurden 14 Regeln analysiert, die
jeweils paarweise gegeneinander und gegen eine Zufallsstrategie antraten (Axelrod
1980, S. 7f).
Die Versuchsanlage, sowie die Punkteverteilung der Computer-Simulation zeigen
sich wie in der folgenden Tabelle:
Spieler 1
Spieler 2
Kooperation
Defektion
Kooperation
Defektion
R = Reward
S = Sucker’s Payoff; T = Temptation
Reward = 3, Reward = 3
Sucker’s Payoff = 0, Temptation = 5
Temptation = 5, Sucker’s P = Punishement
Punishment = 1, Punishment = 1
Payoff = 0
TAB. 4-01: REGEL UND PUNKTEVERTEILUNG IM PRISONER’S DILEMMA
Bei wechselseitiger Kooperation bekamen beide Spieler 3 Punkte ausbezahlt.
Wenn eine Partei die andere ausnützt, werden der ausnützenden Partei fünf und der
ausgenutzten null Punkte zugeschrieben. Bei wechselseitiger nicht-kooperativer
Spielweise erhalten die Spieler pro nicht-kooperativer Runde je 1 Punkt.
Die erfolgreichste Strategie war „Tit-For-Tat“ (TFT), die immer mit einem
kooperativen Schritt beginnt und die in den folgenden 199 Spielrunden immer
gleich gehandelt hat wie der Gegenspieler. In einer zweiten Turnierrunde wurden
die
Anzahl
Spielrunden
nicht
festgelegt,
sondern
mit
einer
niedrigen
Wahrscheinlichkeit nach einer Spielrunde beendet. In diesem Turnier traten total
63 Strategien gegeneinander an und wiederum gewann Tit-For-Tat (Axelrod
1980b).
Der Erfolg von TFT liegt einerseits in seiner Einfachheit und andererseits in seiner
Stringenz und Robustheit. „Was den robusten Erfolg von TIT FOR TAT erklärt, ist
die Kombination, freundlich zu sein, zurückzuschlagen, Nachsicht zu üben und
verständlich zu sein“ (Axelrod 2000, S. 48). Freundlichkeit hilft bezüglich
8
Mit Defektion ist nicht-kooperatives Verhalten gemeint.
53
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Konfliktvermeidung, Zurückschlagen hält den Gegner davon ab, den Spieler nach
Möglichkeit auszunützen und Nachsicht verhindert zumeist eine Eskalationsspirale
und stellt die Möglichkeit für wechselseitige Kooperation wieder her. Schliesslich
sind die Regeln und die Vorgehensweise von TFT sehr leicht verständlich,
wodurch die Identifikation und langfristige Kooperation erleichtert wird.
Interessanterweise setzt sich TFT auch in langfristigen Spielen gegen andere
Strategien in feindlichen Territorien durch.
„Kooperation kann also auch in einer Welt unbedingter Defektion entstehen. (…)
Also kann wechselseitige Kooperation in einer Welt von Egoisten ohne zentrale
Kontrollinstanz entstehen, wenn sie mit einer Gruppierung von Individuen beginnt,
die sich auf Gegenseitigkeit verlassen“ (a.a.O., S. 61f.). Axelrod entwickelt aus
den Erkenntnissen der Computer-Simulationen Massnahmen zur Förderung und
Pflege von Kooperation. Der Erfolg von TFT basiert auf vier Grundpfeilern, die im
Folgenden kurz aufgezeigt werden sollen. Die Pflege der Kooperation beruht auf
fünf Massnahmen, die einen hohen praktischen Nutzen aufweisen und ebenfalls
erläutert werden sollen.
Grundpfeiler
Massnahmen
Sei nicht neidisch
Erweitere den Schatten der Zukunft
Defektiere nicht als erster
Ändere die Auszahlungen
Erwidre sowohl Kooperation als auch Unterweise die Menschen, sich umeinander
Defektion
zu kümmern
Sei nicht zu raffiniert
Unterweise in Sachen Reziprozität
Verbessere die Erinnerungsfähigkeit
TAB. 4-02: GRUNDPFEILER UND MASSNAHMEN ZUR KOOPERATIONSPFLEGE
Die Grundpfeiler von Tit For Tat decken sich mit den weiter unten beschriebenen
Erfolgsfaktoren und sollen an dieser Stelle deshalb nicht erläutert werden.
„Erweitere den Schatten der Zukunft“ unterstreicht die Wichtigkeit von
langfristigen Beziehungen. Denn je langfristiger eine Beziehung angelegt ist, desto
lohnenswerter ist es, diese auch kooperativ zu gestalten. Mit „Ändere die
Auszahlung“ meint Axelrod, dass es notwendig ist, „den langfristigen Anreiz zur
wechselseitigen Kooperation grösser zu machen als den kurzfristigen zur
54
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Defektion“ (Axelrod 2000, S. 120). Dies kann durch eine externe Instanz,
beispielsweise die Regierung und ihre Gesetze, verfolgt und erreicht werden. Eine
weitere Massnahme besteht darin, die Menschen zu unterweisen, dass sie sich
umeinander kümmern. Dahinter steht das Konzept des „Altruismus“, womit
gemeint ist, „dass der Nutzen einer Person durch die Wohlfahrt einer anderen
Person positiv beeinflusst wird“ (a.a.O., S. 121). Dies birgt allerdings die Gefahr
von sogenannten Trittbrettfahrern (Kirsch 1997, S. 108) und Profiteuren.
Nichtsdestotrotz erhöht diese Unterweisung die Chance auf langfristige
Kooperation. „Reziprozität“ wirft die Frage nach dem moralischen Wert von TFT
auf. Die Strategie handelt nach der einfachen Regel „wie du mir, so ich dir“, mit
dem wichtigen Zusatz, dass sie kooperativ beginnt. Der moralische Wert von TFT
entspricht ungefähr der zweiten Stufe des moralischen Urteils nach Kohlberg,
einem amerikanischen Psychologen, der sich mit moralischer Entwicklung
auseinandergesetzt hat (Oser and Althof 1994, S. 41 – 83). Die zweite Stufe
entspricht in etwa dem Handeln eines Kindes. So gesehen könnte behauptet
werden, dass Tit For Tat keine anspruchsvolle, sondern eine „minderwertige“ oder
„unterentwickelte“ oder zumindest eine „kindlich-naive“ Moral enthält und
darstellt. Hält man sich jedoch das Verhalten von Nationen oder Firmen in
Konflikten vor Augen, so wird ersichtlich, dass Tit For Tat sehr wohl zum Einsatz
gelangt (vgl. Saner 1997, S. 102ff). Da TFT „Defektierer“ bestraft und diese
dadurch langfristig nicht erfolgreich sein können, werden deshalb der Nutzen und
der Wert von Kooperation erkannt. Insofern hat Saner auch Recht, wenn er
schreibt, dass TFT eine „gutgläubige und vertrauensweckende Strategie“ (Saner
1997, S. 101) ist, die Kooperation im Anderen weckt. Eine Grundbedingung für
die soeben beschriebene Reziprozität ist die Erinnerungsfähigkeit einer Person.
Wenn sich die Person nicht an das Verhalten einer anderen Person erinnern kann,
ist auch reziprokes Verhalten nicht möglich.
Im folgenden Exkurs soll aufgezeigt werden, dass die Ausführungen und
Erkenntnisse Axelrods nicht nur realitätskonform beschrieben werden, sondern
effektiv auch realitätstauglich sind.
55
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.1.3 Exkurs: Kooperation entsteht an den bizzarsten Orten - Leben
und leben lassen im Stellungskrieg
Im erbittertsten Stellungskrieg in Frankreich und Belgien, so zeigt Axelrod (2000,
S. 68ff.) auf, kann wechselseitige Kooperation entstehen. Das „Leben und leben
lassen“ wird mit dem „Tit for Tat“ Rapoports verglichen. Gemeinsamkeiten dieser
beiden Strategien zeigt das folgende Zitat auf:
„Es wäre ein Kinderspiel, die mit Verpflegungswagen und Wasserkarren
vollgestopfte Strasse hinter den feindlichen Linien zu beschiessen und in eine
blutige Wüste zu verwandeln(...) aber im grossen ganzen ist es ruhig. Wenn du
deinen Feind daran hinderst, seine Verpflegung zu fassen, verfügt er schliesslich
über ein einfaches Mittel: er wird dich daran hindern, Deine zu bekommen“ (Hay
1916, zitiert von Axelrod 2000, S. 71).
Obwohl Gemeinsamkeiten zwischen dem zitierten Beispiel und TFT bestehen,
unterscheiden sie sich in ihrem ersten Schritt. Der besteht im Kriegsfall nämlich in
der Defektion, wohingegen TFT kooperativ auftritt. So gesehen stellen die
unzähligen Kooperationsbeispiele (Dugdale 1932; Belton 1916) im Ersten
Weltkrieg ein Paradoxon dar. Die Pflege des kooperativen Verhaltens im
Stellungskrieg basiert jedoch auf den oben beschriebenen Grundpfeilern und
Massnahmen von TFT.
Interessant
erscheinen
diese
Beispiele
auch
im
Hinblick
auf
das
Eskalationspotential dieser erstaunlichen Konstellationen im Stellungskrieg. Denn
wie Bazerman im nächsten Exkurs aufzeigt, bergen die soeben beschriebenen
Situationen enormes Eskalationspotential. „Consider your alternatives by
evaluating only the future costs and benefits associated with each.” (Bazerman and
Neale 1992, S. 10f). Und gerade im Stellungskrieg wiegen diese „future costs“
höher als die „benefits“. Denn im Krieg bezahlen Individuen ihren Einsatz häufiger
mit dem Leben als dass sie einen Gewinn erzielen. Darin liegt wohl der
wesentlichste Unterschied, denn Tit For Tat wurde als Spiel konzipiert, die
Konstellationen im Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges waren bitterste Realität.
Und es darf angenommen werden, dass Spieler wie Soldaten sich dessen bewusst
waren.
56
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.1.3.1 Kritische Betrachtung von Tit For Tat
Wie soeben aufgezeigt wurde, ist Tit For Tat eine stabile, glaubwürdige, Vertrauen
weckende und erfolgreiche Strategie. Der Erfolg dieser Strategie, vor allem in
evolutorischen Spielrunden, wurde in unzähligen Nachfolgestudien weiter
untersucht. Die Resultate dieser Nachfolgestudien (Kirchkamp 2000; Nachbar
1992; Schenk 1995; Schenk and Wiese 1995) brachten allerdings teilweise stark
abweichende Ergebnisse; je nach Umwelt agiert TFT mit mehr oder weniger
Erfolg. (Roth 2003, S. 57)
Ferner muss erwähnt werden, dass das Muster von Tit For Tat zwar in der Realität
beobachtet und vorgefunden werden kann (Saner 1997, S. 102ff; Bazerman and
Neale 1992, S. 160ff), aber der Unterschied zwischen einer Computersimulation
und dem realen Leben doch unterstrichen werden muss. Eine Computer-Simulation
impliziert maximale Rationalität in dem Sinne, dass sich die Computer-Programme
strikt an ihre Programmierung halten. In Axelrods Versuchsanlage konnten die
Spieler nur zwischen Kooperation und Defektion wählen. Die Realität bietet aber
mehr als nur zwei Handlungsarten. Des Weiteren weist das Prisoner’s Dilemma
einen strikt distributiven Charakter auf. Integrative Lösungen können nicht in
Betracht gezogen werden. Eine weitere grosse Gefahr im Spiel mit TFT ist die
Eskalationsspirale:
Denn
es
gilt
zu
beachten,
dass
zu
Beginn
einer
Eskalationsspirale Rache stehen kann und „Rache kann rational sein“ (Heumann
and Storbeck 2005, S. 86), wie Nobelpreisträger Robert Aumann in einem
Interview treffend zitiert wird. Beginnt ein Spieler mit einer Defektion gegen TFT
und wartet auf ein kooperatives Zeichen, wird das Spiel eskalieren und
Kooperation der Verhandlung versagt bleiben. Pruitt und Carnevale sprechen
diesbezüglich von drei Defekten: „One is to adopt a variant of tit-for-tat. The
second is to employ a „starting mechanism“. The third is to communicate with the
other party through an auxiliary channel.” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 76) Diese
drei Defekte führen zu einem klassischen „Lose-Lose“ (vgl. Lewicki, Hiam et al.
1998). Eine weitere Limitation besteht darin, dass TFT und die anderen ComputerProgramme weder über ihre Strategie kommunizieren noch davon lernen können.
Wie Gulliver (Gulliver 1979) in seinem zyklischen Verhandlungsmodell
aufgezeigt hat, sind gerade Kommunikation und Lernen zwei elementare
57
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Indikatoren für erfolgreiches Verhandeln. Durch kommunizierte Informationen
werden Erwartungen und Präferenzen und somit auch die Taktik ständig angepasst.
Dies impliziert, dass die Verhandlungspartner über ein Mindestmass an
Lernfähigkeit verfügen. Dies wird ausgeklammert, da die Spieler bei Axelrod nur
zwischen Kooperation und Defektion in unterschiedlichen Kombinationen
programmiert sind, aber nicht voneinander lernen und ihre Absichten nicht
kommunizieren können. Die einzige stattfindende Kommunikation besteht im
Handeln der jeweiligen Spieler.
Axelrod zeigt aber mit seiner Studie nichtsdestotrotz auf, wie Kooperation
zustande kommt und gefördert werden kann. „Kooperation muss auf
Gegenseitigkeit beruhen, und der Schatten der Zukunft muss gross genug sein, um
diese Gegenseitigkeit stabilisieren zu können“ (Axelrod 1987, S. 156). Um das
Wachstum sowie die Aufrechterhaltung der Kooperation zu erlauben, müssen
andere in der Umgebung existieren, die Gegenseitigkeit zeigen und dieses
stillschweigende Einverständnis TIT FOR TAT aufrechterhalten. Zum anderen
muss die Zukunftsperspektive, der Schatten der Zukunft, vorhanden sein. Dadurch
wird es sich langfristig lohnen zu kooperieren und eine Defektion des
Kontrahenten könnte vergelten werden.
4.1.4 Konzeptionalisierung eines rationalen Verhandlungsmodells auf
Basis des Harvard-Konzeptes
Die Grundlagen rationalen Verhandelns bestehen aus problemlösungsorientiertem
Handeln und die Suche nach integrativen Verhandlungslösungen. Bazerman
definiert Rationalität folgendermassen: „(…) rationality refers to the decisionmaking process that is logically expected to lead to the optimal result given an
accurate assessment of the decision maker’s values and risk preferences”
(Bazerman 1990, S. 4; Bazerman and Messick 1998). Pruitt und Carnevale
definieren „problem solving“ als „trying to locate and adopt options that satisfy
both parties’ goals” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 3f). Wo der kompetitive
Verhandlungsführer zu hohe Forderungen stellt, wird der kooperative eher zu tiefe
festlegen. Deshalb kann allein der problemlösungsorientierte Verhandlungsstil
Rationalität
für
sich
beanspruchen
(Fisher,
Ury
et
al.
2001).
Der
problemlösungsorientierte Verhandlungsführer setzt das Minimum dort, wo es für
58
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
ihn eine mindestens so gute Alternative zur Verhandlungseinigung gibt.
Diesbezüglich wird auch von der sogenannten BATNA gesprochen, der Best
Alternative To a Negotiated Agreement. Alle Übereinkünfte, die höher als die
BATNA liegen, sollten von einem rationalen Verhandler akzeptiert werden.9 Wenn
der rationale Verhandler an der vermeintlich besten Alternative für beide Parteien
interessiert ist, wird das Verhandlungs-Pareto-Optimum (Raiffa 1982) angestrebt.
Diesbezüglich beschreiben Raiffa und Saner den sogenannten Nash-Punkt10, der
für alle beteiligten Parteien die rationalste und gleichzeitig fairste Lösung in einer
Verhandlung darstellt. (Raiffa 1982; Bazerman 1990; Saner 1997) Der Nash-Punkt
wird ausschliesslich in integrativen Verhandlungen erreicht. Pruitt (Pruitt 1990, S.
118) referiert vier Schwierigkeiten, die beim Problemlösen in der VerhandlungsWirklichkeit zu beachten sind. So weist er erstens auf die Gefahren von
kompetitivem, distributivem Verhalten hin. Zweitens unterstreicht er die
Wichtigkeit von Vertrauen. Drittens beeinträchtigen psychologische Anspannung
und Informationsüberfluss die kooperative Haltung und schliesslich wird
Problemlösen durch inadäquate Kommunikation behindert.
Bazerman und Neale (Bazerman and Neale 1992, S. 91ff) beschreiben zwölf
Strategien, um rationale, integrative Lösungen zu erreichen:
Strategien nach Bazerman und Neale
1
Build trust and share information
2
Ask lots of questions
3
Give away some information
4
Make multiple offers simultaneously
5
Search for post-settlement settlements
6
Use differences of expectations to create mutually beneficial perceived trade-offs
7
Use differences of risk preferences to create mutually beneficial perceived trade-offs
8
Use different time preferences to create mutually beneficial trade-offs
9
Consider adding issues to the negotiation to increase the potential for making
mutually beneficial trade-offs
10 Consider whether there is some way to reduce the costs to the other party of
9
Vgl. dazu das Kapitel 4.1.6 über die BATNA.
Vgl. dazu auch die Ausführungen, sowie die Abbildung in Kapitel 3.1.4
10
59
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
allowing you to get what you want, and vice versa
11 Consider whether there is some way to reduce or eliminate the scarcity of the
resource that is creating the conflict between the two parties
12 Search for novel solutions to the negotiation that do not meet either party’s stated
position, but do meet their underlying interests
TAB. 4-03: STRATEGIEN FÜR INTEGRATIVE VERHANDLUNGSLÖSUNGEN NACH BAZERMAN UND
NEALE
Diese Strategien decken sich auch mit dem Vorgehen von Fisher und Ury (Fisher,
Ury et al. 2001), Saner (Saner 1997) oder Pruitt und Carnevale (Pruitt and
Carnevale 1993). Zu beachten gilt, dass die Strategien (1) bis (5) zwar für
rationale, aber nicht zwingend integrative Lösungen herangezogen werden müssen.
Strategien (6) bis (12) helfen hingegen rationale und integrative Übereinkünfte zu
erzielen. Diese Strategien müssen, je nach Situation, selektiv ausgewählt und
eingesetzt werden und stellen keine Garantie für Verhandlungserfolg dar.
Allerdings reduzieren sie die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruches
oder suboptimalen Verhandlungsergebnisses.
4.1.5 Das Harvard-Konzept
Der wohl bekannteste normative Problemlösungs-Ansatz im Verhandeln ist das
Harvard-Konzept von Fisher und Ury.
„Jede Verhandlungsweise sollte man am besten aufgrund von drei Kriterien
bewerten: Sie sollte eine vernünftige Übereinkunft zustande bringen - sofern
Übereinkunft möglich ist. Sie sollte effizient sein. Und sie sollte das Verhältnis
zwischen den Parteien verbessern oder zumindest nicht zerstören“ (Fisher, Ury et
al. 2001, S. 22).
Das Harvard-Konzept basiert auf vier Axiomen: Eine erste Grundvoraussetzung
für diese drei zentralen Kriterien für erfolgreiches Verhandeln ist die Dichotomie
von Positionen und Interessen. Ein zweiter zentraler Punkt besteht im
Auseinanderhalten von Verhandlungsobjekt und -führer. Ferner unterstreichen
Fisher und Ury die Notwendigkeit Verhandlungen nach Möglichkeit nicht als
„fixed pie“ zu betrachten und stets nach multiplen, integrativen Lösungen auf
60
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Basis neutraler und objektiver Kriterien zu suchen. Diese vier Grundannahmen von
Fisher und Ury werden im folgenden Absatz ausführlich beschrieben.
4.1.5.1 Sachgerecht verhandeln anstatt um Positionen feilschen!
Es ist nach Reichenbach (Reichenbach 1994) sinnvoll, zwischen eingenommenen
Positionen (Forderungen/Offerten, Argumentationen, ausgedrückten Wünschen
und Meinungen etc.) und zugrunde liegenden Interessen (so genannt "wahren"
Interessen) zu unterscheiden. Die Positionen verändern sich im Verlaufe des
Verhandlungsprozesses (Gulliver 1979), da durch neue Informationen die
Erwartungen und Präferenzen angepasst werden. Ein weiterer UnterscheidungsGrund von Positionen und Interessen liegt darin, dass die Interessenlage der Partei
oft, auch aufgrund ungenügender Informationen, noch nicht gänzlich geklärt ist
und sich im Verhandlungsprozess entwickelt. Die Positionen hängen stark mit dem
ersten Angebot, der Initial-Offerte, zusammen und oft auch davon ab. Empirische
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Initial-Offerte die Zone of possible
Agreement stärker beeinflussen, im Sinne des „primacy effects“11, als alle
folgenden Konzessionen, wodurch das erste Angebot an grosser Bedeutung
gewinnt (Liebert, Smith et al. 1968; Rubin and Brown 1975). Hohe oder
übertriebene Initial-Offerten können als Taktik eingesetzt werden. Eine Regel
besagt, dass wer mehr verlangt, in den meisten Fällen auch mehr erhält
(McCormack 2001, S. 103ff; Karrass 1989). Daraus kann, zum Teil
fälschlicherweise, gefolgert werden, zu Beginn einer Verhandlung eine
kompetitive Strategie zu fahren, um im Verlauf des Verhandlungsprozesses auf
eine kooperative zu wechseln (Coker, Neale et al. 1987). Die Vorteile, zu Beginn
einer
Verhandlung
eine
kompetitive,
maximalistische
Initial-Offerte
zu
veröffentlichen, sind in etwa die folgenden: Zuerst können die tatsächlichen
Erwartungen und Präferenzen, sprich die Interessen verdeckt werden. Zweitens
wird die Gefahr einer zu bescheidenen Evaluation der Verhandlungssituation
vermindert. Ferner verschafft die Partei sich dadurch mehr Verhandlungszeit,
wodurch die wahren Interessen der gegnerischen Partei (eventuell sogar die
eigenen) erörtert werden können. Des Weiteren kann eine zu optimistische Haltung
der anderen Partei gebrochen werden und zuletzt ermöglicht ein hohes Initial11
Kognitionspsychologische Effekte werden im Exkurs 4.2 ausgeführt.
61
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Gebot die Möglichkeit für nachträgliche „wenig“ schmerzvolle Konzessionen,
wodurch Kooperation demonstriert werden kann. Diese Vorteile werden zum Teil
von den folgenden drei Nachteilen kompensiert: Eine zu hohe Initial-Offerte birgt
die Gefahr, dass diese einen Verhandlungsabbruch provoziert. Zweitens können
übertriebene Forderungen die Beziehung zwischen den Parteien nachhaltig
belasten und drittens sind diese maximalistischen Forderungen schwierig zu
rechtfertigen. Dies kann zu einem Argumentations- und damit einem
Glaubwürdigkeitsdefizit führen (Williams 1983). Dies können Gründe dafür sein,
warum in Verhandlungen Positionen bezogen werden, die nicht direkt mit den
Interessen übereinstimmen. Sehr dramatisch formulieren Fisher und Ury die
Gefahren, die durch das Feilschen um Positionen entstehen: „Das Feilschen um
Positionen belastet so die Beziehung zwischen den Parteien und zerstört sie
mitunter gar. (...) Der bittere Nachgeschmack solcher Zusammenstösse kann ein
Leben lang weiterwirken“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 25). Die beiden Autoren
sehen ferner den kompetitiven Verhandlungsstil dem kooperativen (oder auch
weichen) überlegen (a.a.O., S. 29), wobei Williams (Williams 1983) diese Aussage
mit seiner empirischen Studie widerlegen würde12. Fisher und Ury schlagen einen
„alternativen“ Weg zu weichem (kooperativen) und hartem (kompetitiven)
Verhandeln vor: Dieser besteht zunächst darin, die Aufmerksamkeit auf die
Interessen und nicht auf die Positionen zu lenken. Ferner soll eine Verhandlung
nicht mit überrissenen Initial-Offerten eröffnet werden, sondern mit kooperativen
und rationalen Alternativen. Zuletzt sollen integrative, multiple Offerten angeboten
werden, die auf standardisierten Kriterien beruhen. Im Zentrum des sogenannten
Harvard-Konzeptes steht die Methode des „sachgerechten Verhandelns“. Dieses
besteht aus den in der folgenden Tabelle aufgeführten vier Grundregeln:
Menschen
Menschen und Probleme getrennt von einander behandeln!
Interessen
Nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt stellen!
Möglichkeiten Vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten entwickeln!
Kriterien
Das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen!
TAB. 4-04: VIER GRUNDREGELN DES HARVARD-KONZEPTES NACH FISHER/URY (A.A.O., S.31)
12
In Kapitel 3.1.5 werden die Erkenntnisse der empirischen Studie von Williams bezüglich Verhandlungsstilen aufgezeigt.
62
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Erstens „Menschen und Probleme getrennt von einander behandeln!“ Des
Weiteren soll darauf geachtet werden, dass „nicht Positionen, sondern Interessen
in den Mittelpunkt!“ gestellt werden. Drittens müssen immer mehrere
Entscheidungs-Alternativen zur Auswahl stehen. Und zuletzt soll „das Ergebnis
auf objektiven Entscheidungsprinzipien aufbauen!“ (a.a.O., S. 31) Diese vier
Aspekte sollen kurz erläutert werden, da sie faktisch das „Herz“ des HarvardKonzeptes darstellen.
Zu Menschen:
Personen, die an Verhandlungen teilnehmen sind Menschen, die emotional
reagieren können. Des Weiteren sind diese Personen stets in einem Kontext,
bestehend aus ihrer Beziehung und ihrer „Verhandlungs-Geschichte“ zu sehen.
Deshalb ist es ratsam, Probleme zu attackieren und nicht die Menschen (a.a.O.,
2000). Fisher und Brown (Fisher and Brown 1988) postulieren sieben Richtlinien,
wie zerrüttete Beziehungen verbessert werden können. Ausserdem zeigen
Untersuchungen, dass der Angriff auf die Kompetenz einer Person eine
Beeinträchtigung
der
Offenheit
der
Verhandlungsperson
gegenüber
den
Forderungen der gegnerischen Partei bewirkt (Tjosvold, Johnson et al. 1980).
Zu Interessen:
Wie schon weiter oben aufgezeigt wurde, ist es nicht ratsam, sich auf Positionen zu
konzentrieren. Im Gegenteil: Verhandlungspositionen verschleiern oft das richtige
Anliegen der jeweiligen Verhandlungspartei. Die Konzentration sollte vielmehr auf
die Interessen, die hinter den Positionen stehen, gerichtet werden, die sogenannten
„underlying concerns“. „An interest is what the negotiator really desires even if it
is not publicly stated” (Neale and Bazerman 1991, S. 19). Allerdings sollte
beachtet werden, dass die selben Angelegenheiten verschiedene Bedeutungen für
die Verhandlungsparteien haben können (Pruitt and Carnevale 1993, S. 39). Zuletzt
unterstreichen Neale und Bazerman, dass selbst die Interessen hinter den
Positionen stets relativ zu betrachten und immer wieder neu zu evaluieren und
beurteilen sind (a.a.O., S. 40).
Zu Möglichkeiten:
63
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Wenn die Verhandelnden die Sachlage nüchtern analysieren und von menschlichen
Belangen getrennt haben, ist es an der Zeit, multiple integrative Lösungen für die
Verhandlung zu suchen. Die Suche nach Verhandlungslösungen soll nach
Möglichkeit immer auch die andere Seite mit einbeziehen. Die wohl wichtigste
Komponente im Bestreben, integrative Möglichkeiten zu entwickeln, ist der
Informationsaustausch (Bazerman and Neale 1992, S. 67f). Dieser Punkt gewinnt
an Wichtigkeit, wenn die beiden Parteien zu sehr unterschiedlichen Informationen
Zugang haben (Walton and McKersie 1965, S. 148f). In dieser Phase der
Verhandlung, bei der Suche nach möglichen Lösungen, ist Kreativität gefragt. Wie
weiter oben bereits aufgezeigt, kommen hier die multiplen integrativen Angebote
zum Tragen. Wie bringe ich die eigenen Interessen mit denen des Gegners in
Einklang?
Zu Kriterien:
Konnten sich die beiden Parteien auf eine gemeinsame Lösung einigen, so muss
dieses Ergebnis kontrolliert werden. Diesbezüglich weisen Fisher und Ury darauf
hin, dass dies aufgrund von neutralen Kriterien und nicht aufgrund von Wünschen
geschehen sollte. Dies kann prinzipiell wiederum eine kleine Verhandlung
auslösen, da sich die beiden Parteien auf neutrale Kriterien einigen müssen. Dies
können beispielsweise Experten, Rechtsnormen oder auch Rituale sein (Gulliver
1979; Saner 1997).
Diese Grundsätze des sachgerechten Verhandelns nach Fisher und Ury folgen
bestimmten normativen Phasen. Diese Phasen sind Bestandteil der Ausführungen
des folgenden Abschnittes.
4.1.5.2 Die Phasen des Harvard-Konzeptes
Wie bereits in Kapitel 3.1.2 aufgezeigt, dienen normative Phasen-Modelle vor
allem als Richtlinien und Checklisten. “In the case of prescriptive models, phases
are coherent periods of activity that center on a particular subgoal or milestone in
the negotiation“ (Holmes 1992, S. 86).
64
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Der problemlösungsorientierte Verhandlungsansatz von Fisher und Ury kann im
Sinne Holmes verstanden werden und lässt sich, wie in der folgenden Graphik
abgebildet, in drei Phasen unterteilen (Fisher, Ury et al. 2001):
ABB. 4-02: DIE DREI PHASEN DES HARVARD-KONZEPTES
Die erste Phase, die sogenannte Analyse-Phase, beinhaltet die Suche, das Ordnen
und die Analyse der erhaltenen und abgegebenen Informationen. Ausserdem
sollten allfällige Probleme von den Verhandlungsführern getrennt werden. Durch
den Informationsaustausch sollte es gelingen, die „underlying concerns“ zu
eruieren, wodurch die Verhandlung sich an den Interessen und nicht den
Positionen der Verhandlungsparteien orientiert. Dies führt zu nachhaltigeren
„Agreements“. Ein wichtiger Bestandteil der ersten Phase ist die Entwicklung von
Möglichkeiten und das Vorantreiben von Verhandlungskriterien.
In der Planungsphase sollten möglichst viele „W-Fragen“ gestellt und nach
Möglichkeit
auch
beantwortet
werden.
Birkenbihl
führt
zu
Informationsbeschaffung und Fragen an: „Wer fragt, führt“ (Birkenbihl 2001, S.
152). Welches sind unsere Ziele? Wie verfolgen wir diese? Welches sind die Ziele
der anderen? Wie gehen wir menschliche Probleme an? In der Planungsphase
eminent wichtig ist das Miteinbeziehen der gegnerischen Partei, wodurch
Verhandlungslösungen deutlich bessere Realisierungschancen geniessen (Fisher,
Ury et al. 2001, S. 112).
Die letzte Phase ist die Phase der eigentlichen Verhandlung, die erst beginnen kann
oder sollte, wenn die Parteien die vier Grundlagen (Menschen, Interessen,
65
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Möglichkeiten, Kriterien) in den Phasen 1 und 2 bearbeitet haben. In der
Diskussionsphase sollten alle Beteiligten soweit sein, dass die Sachlage rational
erörtert und Emotionen aussen vor gelassen werden können. Dann sind beide
Parteien soweit, der anderen Seite ihre Interessen sachlich aufzuzeigen und auch
zuzuhören.
Wird
keine
gemeinsame
Lösung
erreicht,
so
muss
die
Verhandlungssituation wieder bei der ersten Phase begonnen werden.
Im folgenden Abschnitt wird ein zentrales Problem rationalen Verhandelns
thematisiert: Der Umgang mit Verhandlungslösungen und deren rationale
Beurteilung. Die rationale Beurteilung kann unter Umständen weniger rational
vollzogen werden als gewünscht und der Umgang mit Verhandlungslösungen
unterliegt zumeist auch Faktoren wie Handlungszwang, Informationen und Macht.
„Was nützt nun das Gespräch über Interessen, Optionen und Kriterien, wenn die
Gegenseite in der stärkeren Position ist?“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 143). Eine
Methode, die dem Verhandlungsführer hilft, die eigene Verhandlungsposition zu
entwickeln und stärken, ist die sogenannte BATNA, welche im folgenden Absatz
beschrieben und ausführlich diskutiert werden soll.
4.1.6 Best Alternative To a Negotiated Agreement
Ein Verhandlungsführer muss vor jeder Verhandlung seine Verhandlungsziele,
Prioritäten und Erwartungen definieren (Gulliver 1979; Bazerman and Neale
1992). Diese Definitionen sollten auch Überlegungen miteinbeziehen, dass die
Verhandlung scheitern oder abgebrochen werden könnte, weil bessere Alternativen
als das vermeintliche Verhandlungsergebnis bestehen. „At least one negotiator
appears to have a better nonagreement alternative“, meint Wallihan (Wallihan
1998, S. 259) dazu und beschreibt damit das Konzept der sogenannten BATNA.
Diese sollte in der Vorbereitungsphase definiert werden, denn sie „determines the
lowest value acceptable to you for a negotiated agreement; if the parties cannot
reach agreement, they settle for their BATNAs” (Bazerman and Neale 1992, S:
67). Beispielsweise bietet Verkäufer X das Auto für 25‘000 Franken an. Falls
Verkäufer Y nicht unter diesen Preis geht, wird Käufer A Auto bei X kaufen, der
besten Alternative von Käufer A. Die beste Alternative wird von beiden Parteien
autonom festgelegt, in Abhängigkeit der jeweiligen Möglichkeiten. Dabei ist es
66
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
auch durchaus möglich, dass keine Alternativen existieren, was den Druck auf die
Verhandlung und die Verhandlungsführer ausserordentlich verstärken wird.
“BATNA refers to the best outcome a party could achieve if the talks ended in
impasse. In theory, behavior, and ultimately outcomes, depend centrally on the
parties’ alternatives. The worse a party’s alternative, the lower its reservation
value and the more eager it will be to sign a deal” (Odell 2002, S. 44f). Nicht nur
wird es schwieriger, einen Abschluss zu erzielen, wenn eine Partei schlechte
Alternativen vorweist, auch die Machtverhältnisse werden asymmetrisch verteilt
sein. Denn es gilt zu berücksichtigen, dass „je attraktiver Ihre „Beste Alternative“,
um so grösser ist Ihre Macht“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 147). Die
Verhandlungsmacht oder –stärke muss nicht zwangläufig mit der Grösse der
Verhandlungsparteien oder deren Repräsentanten korrelieren (Bacharach and
Lawler 1981). Vielmehr liegt die Macht darin, eine Verhandlung scheitern lassen
zu können, aber trotzdem noch Alternativen in der Hinterhand zu haben. „Je
stärker Ihre Bereitschaft ist, Verhandlungen auch scheitern zu lassen, um so
machtvoller können Sie Ihre Interessen und die für Sie akzeptable Grundlage für
ein Übereinkommen präsentieren“ (Fisher, Ury et al. 2001, S. 153). Denn wie
Bazerman und Neale dazu schreiben, ist das Ziel einer Verhandlung, „knowing
how to reach the best agreement, not just any agreement“ (Bazerman and Neale
1992, S. 1). Die beste Übereinkunft schliesst bei einer rationalen langfristig
ausgelegten Verhandlungsbeziehung beide Seiten mit ein. Denn wie Saner schreibt
und Axelrod (Axelrod 2000) empirisch zeigt, ist „ein guter Abschluss nicht
maximal, sondern optimal. Das heisst nun keinesfalls, eigene Vorteile ohne
weiteres preiszugeben. Regelmässig wird sich aber eine kooperative Haltung
bezahlt machen“ (Saner 1997, S. 40). Damit eine BATNA für beide Seiten eine
optimale Übereinkunft herbeiführen kann, muss zunächst einmal eine „Zone of
possible Agreement“ (Raiffa 1982; Saner 1997; Lewicki, Hiam et al. 1998)
bestehen und Informationen im Sinne Gullivers (Gulliver 1979) ausgetauscht
werden. Diesbezüglich weisen Fisher und Ury jedoch auf die Gefahr hin, dass
nicht zu viele Informationen bezüglich der eigenen BATNA Preis gegeben werden
dürfen, da ansonsten diese an Macht verliert. Ferner muss als Limitation beachtet
werden, dass die Beziehung der verhandelnden Parteien Einfluss auf die Wahl und
Realisierung der BATNA nimmt. „Greenhalgh points out that inherent in the
67
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
BATNA concept is the assumption that negotiators consider only the utility of their
alternatives and not the parties’ commitment to their relationships in deciding to
abandon negotiations. (…) Relationship generally has a higher value than zero in
any negotiations” (Donohue and Ramesh 1992, S. 209). Greenhalgh muss wohl
Recht gegeben werden, allerdings impliziert seine Aussage, dass auch suboptimale
Alternativen zugunsten der Beziehung realisiert werden sollten. Mit anderen
Worten sollen alle Lösungen realisiert werden, die grösser Null sind, damit eine
allfällig bestehende Beziehung nicht gefährdet werden wird, was meines Erachtens
ein Trugschluss wäre. Die Beziehung ist mit Bestimmtheit wichtig, der
Verhandlungserfolg aber ebenso. Mit Saners Worten: „Eine wirklich erfolgreiche
Verhandlung hat keine Verlierer“ (Saner 1997, S. 83).
4.1.7 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen
zwischen dem sachgerechten Verhandeln und Erfolg
Die folgenden Schlussfolgerungen gründen sich ausschliesslich auf den
vorangegangenen Ausführungen über rationales Verhandeln und das HarvardKonzept von Fisher und Ury (2000). Im Zentrum dieser Studie steht die
Überlegung, Verhandlungen für die Praxis erfolgreicher zu machen. Verspricht die
Anwendung eines bestimmten Verhandlungsmodells effektiv auch Erfolg in
Verhandlungen? Deshalb wird zunächst das normative Harvard-Konzept in vier
Faktoren („Menschen und Probleme trennen“, „Interessen und Positionen
unterscheiden“, „Möglichkeiten“ und „Kriterien“) zerlegt und in einem
Wirkungsmodell zusammengeführt. Das Wirkungsmodell als solches wird in
Kapitel 5 und 6 detailliert aufgezeigt und ausgeführt.
68
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Im vorliegenden Absatz sollen nur die Kausalbeziehungen in der untenstehenden
Abbildung zwischen den vier Faktoren und Verhandlungserfolg aufgeführt werden.
Hypothese 1:
Das
Harvard-Konzept
hat
einen
positiven
Einfluss
auf
Verhandlungserfolg.
Hypothese 2:
Die Teilkomponente „Trennung von Mensch und Sache“ bildet eine
relevante Komponente des Harvard-Konzeptes.
Hypothese 3:
Die Teilkomponente „Interessen und Positionen unterscheiden“ hat
einen positiven Einfluss auf das Harvard-Konzept.
Hypothese 4:
Die Teilkomponente „Alternativen“ bildet eine relevante Komponente
des Harvard-Konzeptes.
Hypothese 5:
Die Teilkomponente „Kriterien“ bildet eine relevante Komponente des
Harvard-Konzeptes.
ABB. 4-03: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DAS MODEL DES
HARVARD-KONZEPTES
Hypothese 1 beschreibt den vermuteten Kausalzusammenhang zwischen der
Anwendung des Harvard-Konzeptes und Verhandlungserfolg. Hypothesen 2 bis 5
beschreiben hingegen die Zusammenhänge zwischen dem Konstrukt des HarvardKonzeptes und dessen Teilkomponenten des Secondorder-Konstrukts. Alle
aufgeführten Wirkungszusammenhänge wurden im Rahmen einer schriftlichen
Online-Befragung eines internationalen Unternehmens im Befestigungssektor
überprüft. Die Aufbereitung, Auswertung und Interpretation der Befragung sind
Bestandteil der Kapitel fünf bis sieben.
Im Anschluss an diesen Abschnitt werden zunächst kritische Einwände zum
rationalen Verhandeln, insbesondere dem Harvard-Konzept aufgeführt. Dies leitet
zum zweiten Exkurs dieser Studie über. Dieser führt den „Faktor Mensch“ bei
Verhandlungen ein, mit all seinen Komplikationen.
4.1.8 Kritische Einwände und Überleitung zu psychologischen
Aspekten und Emotionen
Normative Modelle wie das Harvard-Konzept unterstellen eine idealistische
Rationalität, die so in der Wirklichkeit zum Scheitern verurteilt ist: Sie setzen nicht
nur voraus, dass Verhandlungsführer stets vollkommen rational handeln, sondern
69
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
auch, das Verhandler das relevante Wissen konstant verfügbar und einsatzbereit
haben. Gerade dies kann jedoch angezweifelt werden, vor allem bei diesen vielen
Annahmen (Pruitt and Carnevale 1993, S. 125). Der sogenannte „human factor“ ist
aber nicht zu negieren. „Der „human factor“ ist der grösste Unsicherheitsfaktor
und die grosse Unbekannte, auf die wir uns bei der Gegenseite am Konferenz- und
Verhandlungstisch einstellen müssen, wenn wir Erfolge erzielen wollen“ (Hartig
1995, S. 70). Nicht nur ist es nicht möglich, dass ein Verhandlungsführer selbst
immer rational handelt und stets nach bestem Wissen handelt, auch wird dies dem
Verhandlungspartner
kaum
gelingen.
Zuletzt
müssten
sich
auch
Verhandlungssituation und -prozess als stabil und voraussehbar herausstellen, um
ein Mass an Rationalität gewährleisten zu können, beispielsweise mit Saners
Worten: „Je länger die Verhandlung dauert und je mehr Stress sie verursacht, desto
leichter wird das Verhalten des Verhandlers emotional; er entfernt sich damit vom
Idealbild eines vollständig rationalen und effektiven Unterhändlers“ (Saner 1997,
S. 34). Zeitdruck ist nur eine limitierende Störvariable bezüglich Verhandlungen:
Kostendruck, Team-Hierarchien, Unglücksfälle und Emotionen etc. stören und
limitieren permanent die Rationalität der meisten Verhandlungen. Bazerman
(Bazerman 1990) sieht drei Quellen für Limitationen der gewünschten Rationalität:
(1) Emotionen, (2) Motivation und (3) Kognitionen. Rationales Verhandeln
verlangt, „that negotiators understand and reduce the cognitive errors that permeate
their decision processes“ (Neale and Bazerman 1991, S.1). Damit die kognitiven
Effekte reduziert und verstanden werden können, braucht es zunächst ein Wissen
dieser Effekte. Deshalb soll im Anschluss ein Exkurs über einschränkende
kognitive Effekte und der Einfluss von Emotionen im Verhandlungsprozess
behandelt werden, die zur Verhandlungswirklichkeit dazu gehören.
70
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.2 Exkurs: Der rationale Verhandler existiert nicht
„Anyone can become angry – that is easy. But to be angry with the right person, to the
right degree, at the right time, for the right purpose, and in the right way – this is not
easy.”
Aristoteles, The Nicomachean Ethics
4.2.1 Über Emotionen
William James hat schon im 19. Jahrhundert gefragt, was eine Emotion sei (James
1884). Der Begriff der Emotion gehört zu jenen Worten, die sich kaum exakt
definieren lassen. Ott meint dazu: „Definitionen bereiten zwar in allen Bereichen
der Psychologie Probleme, scheinen aber in der Emotionspsychologie besonders
widerspenstig zu sein“ (Otto J. H. 2000, S. 11). Vielleicht deshalb findet sich
diesbezüglich eine Umschreibung von einigen wenigen Kernbegriffen, die das
Konstrukt „Emotion“ beschreiben (Maslow 1978, S. 386f, Goleman 1996, S. 289,
Frijda 2000, S. 61). Reinhard Pekrun löst das babylonische Sprachchaos um die
Definition von Emotionen dadurch, dass er eine reduktive Definition vorschlägt.
Zunächst definiert Pekrun Emotionen als „subjektives emotionales Erleben,
physiologische Aktivierung und Ausdrucksmotorik“ (Pekrun 1988, S. 98). Die
zweite Definitionsmöglichkeit besteht darin, „den Emotionsbegriff auf die
Komponente subjektiven Erlebens zu reduzieren“ (Pekrun 1988, S. 98). Daniel
Goleman bezieht sich bei Emotionen „to a feeling and its distinctive thoughts,
psychological and biological states, and range of propensities to act” (Goleman
1996, S. 289). Kleinginna und Kleinginna definieren Emotion „als ein komplexes
Muster von Veränderungen, das psychologische Erregung, Gefühle, kognitive
Prozesse und Verhaltensweisen umfasst. Diese treten als Reaktion auf eine
Situation auf, die ein Individuum als persönlich bedeutsam wahrgenommen hat
(Kleinginna and Kleinginna 1981). Ulrich dahingegen beschreibt Emotionen als
subjektive
Erfahrungstatsachen
bzw.
Bewusstseinsinhalte,
die
persönliche
Betroffenheit und Engagement in unseren Beziehungen zur Welt ausdrücken
(Ulrich 1995, S. 82).
71
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Da Verhandlungen von Menschen geführt werden, sind Emotionen immer ein
Bestandteil jener, da sie nicht ausschliesslich rational geführt werden können.
Barry, Fulmer et. al. (Barry, Fulmer et al. 2004) geben in ihrer Arbeit einen
detaillierten Überblick über den Forschungsstand zur Rolle von Emotionen bei
Verhandlungen. Diesbezüglich proklamiert das Harvard-Konzept die Trennung
von “Menschen” und “Problemen”. Wenn allfällige Emotionen angesprochen
worden sind, lassen sich Probleme leichter lösen (Fisher, Ury et al. 2001, S. 56).
Gulliver erwidert diesbezüglich noch einmal die zu hohen Erwartungen an die
Rationalität: „I’m content to make a few observations in order to suggest that the
convenience and optimism of an oversimplification of “rational” does not and
cannot adequately deal with, or dispose of, the problems relating to actual
negotiations and negotiators” (Gulliver 1979, S. 44). Saner zeigt auf, welche
Emotionen in welcher Phase einer Verhandlung auftreten können (Saner 1997, S.
236). Die folgende Abbildung zeigt den Sachverhalt auf:
ABB. 4-04: EMOTIONEN UND VERHANDLUNGSPHASEN NACH SANER
Die aufgeführten Gefühle sind ein Ausschnitt aus der Gesamtheit aller möglichen
Emotionen. Ferner werden diese hier nur auf-, aber nicht ausgeführt, da diese
hinlänglich bekannt sein sollten. Für eine Vertiefung diesbezüglich sei auf die
Arbeit von Schumacher (Schumacher 2004, S. 65ff) verwiesen. Interessant
erscheint die Phase III, die Parallelen mit Gullivers Phase 3 aufweist.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Qualität von Verhandlungsergebnissen mit
72
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
der Zeit korreliert, die in die Phase 3 sensu Gulliver investiert wird (Laupper 1999,
S. 180ff). Wird diesen Gefühlen Zeit und Raum gegeben, können sie geäussert
werden und wird ihnen mit Ernst entgegen gekommen, so zieht dies qualitativ gute
Verhandlungsergebnisse nach sich. Ist dies nicht der Fall, so kommt es entweder
zu Verhandlungsabbruch oder aber die verhandelnden Parteien müssen diese Phase
ein weiteres Mal durchlaufen (a.a.O.Laupper 1999, S.180ff).
Emotionen müssen aber Verhandlungen nicht zwangsläufig behindern. Sie können
diese im Gegenteil sogar vorantreiben und positiv beeinflussen (Adler, Rosen et al.
1998). Lawler und Yoon schreiben dazu, dass „emotions can be a positive
motivation force in or a subtle hindrance to successful negotiation“ (Lawler and
Yoon 1995, S. 146). Allerdings betonen Adler, Rosen et al., dass durch Emotionen
in Verhandlungen oft Fehler resultieren (Adler, Rosen et al. 1998a.a.O., S. 1).
Saner beschreibt pragmatische und sinnvolle Massnahmen, die dagegen ergriffen
werden können. Diese sind in der nachfolgenden Abbildung aufgeführt:
ABB. 4-05: MASSNAHMEN GEGEN FEHLER AUFGRUND VON EMOTIONEN NACH SANER
Analog zu der vorangegangenen Abbildung gilt auch für diese, dass Saners
Massnahmenkatalog einer unter vielen darstellt. Ferner fällt auf, dass diese
Massnahmen einen Versuch veranschaulichen, durch klar strukturiertes und
bestens geplantes Verhalten, den Emotionen mit Rationalität Einhalt zu gebieten.
Dazu gehört auch das von Roger Fisher proklamierte „systematische Denken“
(Fisher 1995, S. 82ff).
73
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Emotionen sind zwar irrationaler Natur, allerdings lassen sie sich im Sinne
taktischen Verhaltens rational gezielt einsetzen (Barry 1999, S. 93ff). Für den
Verhandlungsgegner kann ein solcher Einsatz als echte Emotion erscheinen und
nicht rationales Verhalten auslösen. Deshalb müssen Bazerman und Neale zufolge
Verhandler „(…) understand and anticipate the impact of emotional considerations
and perceptions of fairness“ (Bazerman and Neale 1992, S. 116). Denn ohne dieses
Verständnis
würden
einerseits
pareto-optimale
Verhandlungsergebnisse
unwahrscheinlicher und andererseits der Konkurrenz allenfalls ein Vorteil
zugestanden werden. Damit Emotionen taktisch eingesetzt werden können, muss
der Umgang mit diesen erlernt werden. Wird den Ausführungen Golemans
Glauben geschenkt, so ist dies in der Tat möglich (Goleman 1996, S. 261ff).
Kognitive Effekte können selbst nicht erlernt werden. Nichtsdestotrotz können sich
Verhandlungsführer Wissen von und über kognitive Effekte aneignen. Deshalb soll
im Anschluss an diesen Abschnitt, der die Limitation von Verhandlungsrationalität
durch Emotionen zum Thema hat, die wichtigsten kognitiven Effekte, wie sie
wirken, sich erkennen und vermeiden lassen, beschrieben werden. Denn nur wer
Kenntnisse und Wissen von solchen Effekten hat, kann diese kontrollieren
(Bazerman and Neale 1992, S. 116). Verhandlungsführer, die dies nicht wissen,
werden in die Falle dieser kognitiven Effekte treten und dadurch suboptimale
Ergebnisse erzielen oder gar scheitern.
4.2.2 Über kognitive Effekte
Anchoring and Adjustment-Effekt
Anhand dieser Fragen eines kleinen Experimentes lässt sich der erste hier
beschriebene kognitive Effekt aufzeigen:
Frage an die erste Experimentalgruppe
1
Hat die Türkei mehr als 35 Millionen Einwohner?
2
Wie gross schätzen Sie die Einwohnerzahl der Türkei?“
TAB. 4-05: ANCHORING AND ADJUSTMENT EFFKET: FRAGEN GRUPPE 1
74
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Frage an eine zweite Experimentalgruppe
1
Hat die Türkei mehr als 100 Millionen Einwohner?
2
Wie gross schätzen Sie die Einwohnerzahl der Türkei?“
TAB. 4-06: ANCHORING AND ADJUSTMENT EFFKET: FRAGEN GRUPPE 2
Wenn einer ersten Experimentalgruppe die beiden Fragen der ersten Tabelle und
einer anderen Gruppe die Fragen der zweiten gestellt werden, so nennt die zweite
Gruppe eine um viele Millionen grössere Einwohnerzahl (Hammond, Keeney et al.
2001, S. 146f). Die Antworten werden durch die erhaltenen Informationen
beeinflusst, die wie ein Anker wirken (Eisenführ and Weber 1993, S. 174). Dies
wurde bereits in den siebziger Jahren durch Kahneman und Tversky empirisch
nachgewiesen (Tversky and Kahneman 1974) und in etlichen Nachfolgestudien
bestätigt (Joyce and Biddle 1981; Ritov 1996; Neale and Bazerman 1985). Der
einflussreichste und häufigste Anker ist der Status Quo (Pruitt and Carnevale 1993,
S.95). Anchoring beeinflusst Verhandlungen, beispielsweise beim sogenannten
„initial offer“, äusserst stark und hält Individuen von rationalem Verhandeln ab
(Bazerman and Neale 1992, S. 25). Damit dieser kognitive Effekt keine Wirkung
auf die eigene Verhandlung auswirken kann, müssen die Gebote der gegnerischen
Verhandlungspartei sorgfältig analysiert und der Situation angepasst werden. Auf
keinen Fall darf dem Anfangsgebot zu viel Gewicht beigemessen werden. Wenn es
jedoch gelingen sollte, diesen Effekt zu seinem eigenen Vorteil zu verwenden, so
muss entschieden werden, wie hoch das Anfangsgebot als Anker definiert werden
soll. „If you prepare before a negotiation and are flexible during the negotiation,
you can reduce the adverse impact of anchoring” (a.a.O.Bazerman and Neale 1992,
S. 29f).
Framing
„Pessimists see the wine glass half empty, optimists see it half full” (Mandel 2001,
S. 56). Es gibt, analog zum Weinglas, auch Verhandlungen, die pessimistisch oder
optimistisch betrachtet und angegangen werden können. Dieser kognitive Effekt,
das sogenannte Framing, lässt sich auf Kahnemann und Tverskys (Kahneman and
Tversky 1979) „prospect theory“ zurückführen. Der Begriff „decision frame“
75
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
wurde von den beiden Autoren zwei Jahre später (Tversky and Kahneman 1981)
eingeführt. Durch welchen Rahmen Verhandlungen betrachtet werden, hat einen
Einfluss „how they (die Verhandlungsführer) see the dispute unfolding and
whether and how they see the dispute being resolved“ (Gray 1997, S. 171). Durch
welch unterschiedliche „Rahmen“ Konflikte betrachtet werden können, wurde in
etlichen Studien untersucht (Highhouse and Yüce 1996; Levin, Scheider et al.
1998; Li and Adams 1995; Pinkley and Northcraft 1994). Einen interessanten
Überblick über die Framing-Forschung geben Putnam und Holmer (Putnam and
Holmer 1992, S. 128ff). Die zur Verhandlung stehenden Alternativen werden als
potentielle Gewinne oder potentielle Verluste betrachtet. „Negotiators behave in a
more risk-averse fashion when evaluating potential gains, and in a more riskseeking manner when evaluating potential losses” (Neale and Bazerman 1991, S.
44). Verhandlungsführer müssen beachten, dass “it is harder for people to accept a
loss than to fail to make a gain” (Pruitt and Carnevale 1993, S. 99). Neale und
Bazerman (Neale and Bazerman 1991, S. 47) beantworten die Frage, wovon es
abhängt, ob Individuen einen positiven oder negativen Rahmen haben, anhand
eines Beispieles: „Consider the reference points available to a union negotiator in
negotiating a wage: (1) last year’s wage, (2) management’s initial offer, (3) the
union’s estimate of management’s reservation point, (4) the union’s reservation
point, or (5) the union’s publicly announced bargaining position” (Neale and
Bazerman 1991, S. 47). Deshalb müssen Verhandlungsführer versuchen, positive
Verhandlungsrahmen zu entwickeln und gleichzeitig die Verluste für die
Gegenseite zu minimieren. Zuletzt ist es evident, dass Verhandlungsführer bei der
Evaluation von Verhandlungsalternativen eine risiko-neutrale oder risiko-suchende
Perspektive einnehmen. Dies führt zu profitableren Übereinkünften (Bazerman and
Neale 1992, S. 41).
Winner’s Curse
Dieser kognitive Effekt lässt sich am einfachsten anhand einer beispielhaften
Situation aufzeigen: Sie befinden sich an einem Markt und wollen ein schönes
Schmuckstück erwerben. Obwohl Sie schon einige Schmuckstücke gekauft haben,
sind Sie kein Schmuckexperte. Sie diskutieren mit dem Verkäufer und machen
kurzerhand ein Angebot, das Ihnen vernünftig und fair erscheint. Der Verkäufer
76
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
akzeptiert sofort und das Schmuckstück gehört Ihnen. Die meisten Käufer fühlen
sich bei einem solchen Kauf unsicher und unwohl. Dieser Effekt wird „Winner’s
Curse“ genannt, der vor allem bei Auktionen ein Problem darstellt. Foreman und
Murnighan verweisen auf unterschiedliche Arten von Auktionen (Foreman and
Murnighan 1996, S. 170), die in zahlreichen Studien untersucht wurden. Die
Schlüsseleigenschaft des Winner’s Curses liegt in der Informationsassymmetrie
zugunsten des Verkäufers. „Against a better informed opponent, your expected
return from a transaction decreases dramatically” (Bazerman and Neale 1992, S.
53). Elementar bei Verhandlungen und für zufriedenstellende Ergebnisse ist der
Informationsaustausch zwischen den beiden Parteien (Pruitt and Carnevale 1993,
S. 42; Gulliver 1979, S. 81). Aber gerade bei Auktionen ist dieser Austausch nicht
immer gewährleistet. Neben dieser Informationsassymmetrie stellt das unbedingte
„Gewinnen-wollen“, vor allem bei unerfahrenen oder naiven Verhandlungsführern,
eine weitere Falle dar (Murnighan 1991). Bazerman und Neale zeigen zwei
Möglichkeiten auf, die gegen den Winner’s Curse schützen können. Zunächst
unterstreichen die Autoren die Wichtigkeit der Informationen im Hinblick auf die
eigene Expertise, die ständig verbessert werden muss. Dies kann auch durch den
Kauf von Informationen geschehen (Bazerman and Neale 1992, S. 55). Eine zweite
Möglichkeit besteht in der Stärkung und Betonung der Beziehung, denn „a seller
may not want to harm the relationship by taking advantage of a buyer”
(a.a.O.Bazerman and Neale 1992, S. 54). Interessanterweise haben Kagel et al.
empirisch festgestellt, dass Märkte lernen, den Winner’s Curse zu vermeiden,
obwohl dies Individuen nicht gelingen mag (Kagel and Levin 1986; Garvin and
Kagel 1994). Deshalb sei für Verhandlungsführer der folgende Rat Bazermans und
Neales aufgeführt: „But if you actively think about the other party, you can act
more rationally” (Bazerman and Neale 1992, S. 55).
Escalation
Bazerman und Neale definieren „irrationale Eskalation“ als „continuing a
previously selected course of action beyond what rational analysis would
recommend (Bazerman and Neale 1992, S. 10). Dies kann am Paradigma der
„Dollar Auktion“ veranschaulicht werden (Shubik 1971, S. 111f): In einer Gruppe
wird eine 20 Franken Note versteigert. Gebote können in 1 Franken-Schritte
77
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
getätigt werden. Die Person mit dem höchsten Gebot bezahlt den gebotenen Betrag
und erhält dafür die 20 Franken Note. Allerdings, und dies ist das Spezielle an der
„Dollar Auktion“, muss die Person mit dem zweithöchsten Gebot den zweithöchst
gebotenen Betrag ebenfalls bezahlen. Wenn Person X 6 Franken bietet und Person
Y 5 Franken, so erhält Person X den Zuschlag und 14 Franken (die 20 Franken
minus die gebotenen 6 ergeben die gewonnen 14 Franken) und Person Y zahlt 5
Franken an den Auktionär. Dieses sehr einfache Experiment wurde in
Verhandlungskursen schon unzählige Male durchgeführt. Die Dozenten haben
damit, obwohl es jeglicher Rationalität widerspricht, mehr als 20 Franken für eine
20 Franken Note zu bezahlen, tausende von Franken verdient (Neale and
Bazerman 1991, S. 67f). Verhandlungsführer müssen lernen, solche Fallen zu
erkennen und zu vermeiden. Die beiden Autoren führen drei Gründe für Eskalation
auf, wenn der Weg durch ein Anfangsgebot festgelegt ist (Bazerman and Neale
1992b, S.166):
1) biases our perception and judgment,
2) leads us to make irrational decisions to manage the impressions of others and,
3) leads to a competitive escalatory spiral.
Staw (Staw 1981, S. 581ff) führt Eskalation in seinem theoretischen Modell
ebenfalls auf drei Hauptpunkte zurück:
1) motivation to justify previous decisions,
2) norms for consistency,
3) perceived probability of future outcomes.
Da Studien zu Tage gefördert haben, dass öffentlich gemachte Commitments
weniger eskalieren als nicht öffentlich gemachte, ist es unter Umständen ratsam,
Verhandlungen öffentlich zu kommunizieren, wodurch die Gefahr einer Eskalation
verringert werden kann (Staw 1981). Eine weitere Strategie Eskalationen zu
verhindern liegt darin, die Anreize für Verhandlungsführer zu ändern: So sollten
Unternehmen Führungskräfte für gute Entscheidungen belohnen und nicht für die
stets höchsten Erträge. Nichtsdestotrotz bleibt die Verantwortung für eine
Eskalation beim Verhandlungsführer selbst. Deshalb müssen diese „…learn to
recognize good choices, not just good outcomes” (Bazerman and Neale 1992, S.
15).
78
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Availability of Information
Entscheidungen werden durch Informationen beeinflusst. Diese Beeinflussung
kann unterschiedliche Gründe haben: Es können die falschen Informationen sein
oder die richtigen, jedoch falsch interpretiert oder überbewertet. Es muss beachtet
werden, dass „information that is more available in memory, more salient, or more
concrete and vivid, may play a greater role in judgment than it should” (Pruitt and
Carnevale 1993, S. 92). Blount, Thomas-Hunt et al. (Blount, Thomas-Hunt et al.
1996, S. 3) unterscheiden interne und externe Informationen, die sich einerseits
unterscheiden
und
andererseits
beeinflussen.
So
sprechen
sie
beim
Reservationspreis von internen Informationen, die aber durch externe beinflusst
werden, bspw. durch Marktinformationen. Neale und Bazerman (1991, S. 51)
führen drei Punkte bezüglich der falschen Anwendung von Informationen auf:
1) ease of retrievability,
2) established search patterns,
3) illusory correlations.
Für Verhandlungsführer gilt es demzufolge zu beachten, dass Informationen, die
emotional und ansprechend aufbereitet präsentiert werden, einen grösseren Effekt
hinterlassen als die gleichen Informationen, die sachlich und nüchtern präsentiert
werden (Taylor and Thompson 1982; Wilson, Northcraft et al. 1989). Der
Schlüssel zur Umgehung der „Availability“-Falle liegt in Entscheiden, die auf
brauchbaren und nicht nur verfügbaren Informationen basieren (Bazerman and
Neale 1992, S. 47).
Mythical Fixed-Pie
Im Zentrum des folgenden kognitiven Effektes steht die Annahme der
Verhandlungspartei, dass sich die eigenen Interessen diametral von jenen der
anderen Partei unterscheiden und ferner die Verhandlungspunkte, welche der
eigenen Partei zentral und eminent wichtig erscheinen, dies auch für die anderen so
sein muss (Gelfand and Christakopoulou 1999, S. 250). Studien haben gezeigt,
dass viele Verhandlungsführer mit einer „Fixed-Pie-Einstellung“ in eine
Verhandlung gehen (Thompson and Hastie 1990; Pinkley, Griffith et al. 1995).
Dies kann bei distributiven Verhandlungen schnell zu einem Verteilkampf führen
und integrative Lösungen verhindern (De Dreu 2003, S. 286; Thompson and Hastie
79
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
1990). Auslöser dieser Haltung ist die Annahme, dass „what is good for the other
side must be bad for us” (Bazerman and Neale 1992, S. 16). Die Wirkung des
“Mythical Fixed-Pies” lässt sich an einem Experiment von Connie Stillinger
(Stillinger, Epelbaum et al. 1988) veranschaulichen: 137 US-Amerikaner wurden
in zwei Gruppen aufgeteilt und zu einem Waffenabrüstungsvorschlag befragt. Der
ersten Gruppe wurde mitgeteilt, dass es sich um einen Vorschlag vom sowjetischen
Präsidenten Michael Gorbatschow handle. Der zweiten Gruppe dahingegen teilten
die Forscher mit, der Vorschlag stamme vom amerikanischen Präsidenten Ronald
Reagen. Wie die beiden Gruppen auf die Frage, wer eher durch den
Waffenabrüstungsvertrag begünstigt würde, ist der folgenden Tabelle zu
entnehmen:
Gruppe 1:
Begünstigt die
Begünstigt die
Begünstigt beide
UDSSR
USA
Nationen gleich
56%
16%
28%
27%
27%
45%
Annahme: Sowjetischer
Vorschlag
Gruppe 2:
Annahme: USAmerikanischer Vorschlag
TAB. 4-07.: ANTWORTEN AUF DEN WAFFENABRÜSTUNGSVORSCHLAG
Aus Stillingers, Epelbaums et al. Experiment lassen sich zwei Folgerungen
schliessen: Obwohl der Vorschlag, Waffen abzurüsten, für beide Seiten derselbe
war, wird angenommen, dass er die andere Seite begünstige, wenn er auch von
jener Seite stamme. Des Weiteren wird das eigene Verhalten kooperativer und
toleranter eingeschätzt als dasjenige der Gegner (Stillinger, Epelbaum et al. 1988,
S. 7). Pinkley, Griffith et al. (Pinkley, Griffith et al. 1995, S. 102) zeigen die
Determinanten des Fixed-Pies anhand eines theoretischen Modelles auf. Darin
wird ersichtlich, dass vor allem durch „Information Availability Errors“ und
„Information Processing Errors“ suboptimale Verhandlungsergebnisse erzielt
werden (a.a.O.Pinkley, Griffith et al. 1995, S. 102). Strategien zur Vermeidung
dieses kognitiven Effektes liegen zunächst darin, die Perspektive der anderen Seite
80
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
realistisch einzuschätzen. Ferner sollten Verhandlungen nicht distributiv betrachtet
werden. Bazerman und Neale zeigen Strategien für integratives Verhandeln auf
(Bazerman and Neale 1992, S. 89ff). Integratives Verhandeln lässt die soeben
aufgezeigten Effekte viel weniger entfalten. Pruitt und Carnevale (Pruitt and
Carnevale
1993,
S.
86)
fügen
der
Diskussion
bei,
dass
erfahrene
Verhandlungsführer weniger anfällig für den Fixed-Pie-Effekt sind als ihre
weniger erfahreneren. Daraus lässt sich schliessen, dass nicht nur Wissen vom
Effekt, sondern vor allem auch das Erfahren und Erlernen der kognitiven Falle das
Verhandlungsverhalten nachhaltig verändert. Wie Gulliver, hier abschliessend,
schon feststellte, ist verhandeln ein Prozess „of consequent learning and
adjustment by the parties“ (Gulliver 1979, S. 81).
Overconfidence
Ein Grund für die zum Teil schwachen Verhandlungsleistungen einzelner Personen
liegt
in
der
Beeinflussung
durch
diese
vorangegangenen
kognitionspsychologischen Effekte. Der letzte hier besprochene kognitive Effekt
besteht aus dem Zusammenwirken verschiedener solcher Effekte. Denken
Personen von sich, dass sie mehr wissen als dass sie wirklich wissen (Soll 1996, S.
117)? Diese Frage wurde in vielen Studien mit „Ja“ beantwortet (Lichtenstein,
Fischhoff et al. 1982; Keren 1991). Brenner und Koehler definieren
„Overconfidence” “as the difference between mean confidence and overall
accuracy” (Brenner and Koehler 1996, S. 212). Die Risiken liegen im
Unterschätzen respektive Überschätzen zu hoher resp. zu tiefer Forderungen und
Möglichkeiten, wodurch attraktive Alternativen verspielt und zu hohe Risiken
eingegangen werden (Hammond, Keeney et al. 2001, S. 163). Bazerman und Neale
führen „Overconfidence“ auf „Anchoring“, „The Winner’s Curse“, “Need-Based
Illusions” und “Searching for Confirming Evidence” zurück (Bazerman and Neale
1992, S. 60ff). Es werden drei “Illusions” unterschieden:
1) Illusion of superiority,
2) illusion of optimism und
3) illusion of control.
Die erste Illusion basiert auf einer unrealistisch positiven Einschätzung seiner
selbst. Es wird angenommen, man sei beispielsweise intelligenter, besser oder
81
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
fähiger. Die „Optimismus-Illusion“ basiert auf der Annahme, dass zukünftige
Ereignisse zu positiv und optimistisch eingeschätzt werden. Die letzte Illusion
basiert auf der Annahme, dass Verhandlungsführer glauben, sie hätten mehr
Kontrolle über die Verhandlungslösungen als ihr Gegenüber (Bazerman and Neale
1992, S. 61). Dies führt letztendlich dazu, dass Verhandler die Welt nicht so sehen,
wie sie sich in Wirklichkeit präsentiert. Ein letzter Grund für „Overconfidence“
liegt darin, dass Personen an ihren Erwartungen festhalten und dadurch zu
Ignoranz gegenüber neuen relevanten Informationen tendieren (a.a.O.Bazerman
and Neale 1992, S. 62). Zum Abschluss scheint interessant, dass Overconfidence
verbreitet aber nicht universal zu sein scheint und vor allem bei leichten Fragen
typischerweise eliminiert wird (Lichtenstein and Fischhoff 1977).
4.2.3 Besteht Hoffnung für rationales Verhandeln?
Wie
in
den
vorangegangen
Abschnitten
aufgezeigt
wurde,
können
Verhandlungsführer sowie Verhandlungen durch irrationale Faktoren beeinflusst
und deren Ergebnisse beeinträchtigt werden. Rationales Verhandeln ist in der
Wirklichkeit eher die Ausnahme denn die Regel. Im folgenden Teilkapitel sollen
Strategien aufgezeigt werden, die es Verhandlungsführern ermöglichen, kognitive
Effekte zu erkennen und deren Einfluss auf sich selber sowie die Verhandlung zu
minimieren. Bazerman und Neale (Bazerman and Neale 1992, S. 69ff) entwickeln
einen rationalen Rahmen für Verhandlungen, der auf acht Vorschlägen basiert.
1)
Assess what you will do if you don’t reach an agreement with your current
negotiation opponent.
2)
Assess what your current negotiation opponent will do if they do not reach an
agreement with you.
3)
Assess the true issues in the negoatiation.
4)
Assess how important each issue is to you.
5)
Assess how important each issue is to your opponent.
6)
Assess the bargaining zone.
7)
Assess where the trade-offs exist.
8)
Assess the degree to which you might be affected by a) the tendency to irrationally
escalate commitment to a previously chosen strategy, b) the mythical fixed-pie, c)
82
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
anchoring and adjustment, d) the framing of the negotiation, e) the availability of
information, f) the winner’s curse, and g) overconfidence.
9)
Assess the degree to which your negotiation opponent might be affected by a) the
tendency to irrationally escalate commitment to a previously chosen strategy, b) the
mythical fixed-pie, c) anchoring and adjustment, d) the framing of the negotiation,
e) the availability of information, f) the winner’s curse, and g) overconfidence.
TAB. 4-08: RATIONALER RAHMEN FÜR VERHANDLUNGEN (BAZERMAN AND NEALE 1992)
Des Weiteren unterstreichen die beiden Autoren die Wichtigkeit von integrativen
Lösungen. Insgesamt zwölf Strategien werden ausgeführt, durch welche integrative
Lösungen erreicht werden können und kognitive Effekte reduziert (a.a.O.Bazerman
and Neale 1992, S. 89ff).
1)
Build trust and share information.
2)
Ask lots of questions.
3)
Give away some information.
4)
Make multiple offers simultaneously.
5)
Search for post-settlement settlements.
6)
Use differences of expectations to create mutually beneficial perceived trade-offs.
7)
Use differences of risk preferences to create mutually beneficial perceived tradeoffs.
8)
Use different time preferences to create mutually beneficial trade-offs.
9)
Consider adding issues to the negotiation to increase the potential for making
mutually beneficial trade-offs.
10) Consider whether there is some way to reduce the costs to the other party of
allowing you to get what you want, and vice versa.
11) Consider whether there is some way to reduce or eliminate the scarcity of the
resource that is creating the conflict between the two parties.
12) Search for novel solutions to the negotiation that do not meet either party’s stated
position, but do meet their underlying interests.
TAB. 4-09: REZEPT FÜR INTEGRATIVES VERHANDELN NACH BAZERMAN UND NEALE
Diese normativen Vorschläge werden an dieser Stelle nur aufgeführt, da sie
selbsterklärend
sein
sollten.
In
der
Bestrebung
zu
mehr
integrativen
83
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Verhandlungslösungen liegt mit Bestimmtheit Potential, der VerhandlungsIrrationalität Einhalt zu gebieten.
Hammond, Keeney und Raiffa schlagen folgendes vor: Verhandlungsführer sollen
sich klar werden über Maximal- und Minimalbeträge und eine realistische
Einschätzung für sich selber sowie für die Gegner aufstellen. Dies soll aus
verschiedenen Perspektiven wiederholt werden. Ferner sollen die Kosten stets
transparent gehalten und so oft wie möglich erläutert und erklärt werden. Zuletzt
sollen getroffene Annahmen basierend auf Zahlen, am besten mit aktuellen
Statistiken, legitimiert werden (Hammond, Keeney et al. 2001, S. 165f).
Die Aussage von Gulliver (Gulliver 1979), dass Verhandeln auch Lernen
beinhalte, wird durch verschiedene Studien belegt (Kelley 1966; Thompson 1990).
So zeigt sich, dass erfahrene Verhandlungsführer ihre ersten Gebote erfolgreich
höher an- und durchsetzen und den Verhandlungsraum generell grösser zu
gestalten vermögen. Auch lassen sie weniger Konzessionen zu als ihre
unerfahreneren Gegenüber. Dies kann, Bazerman und Neale zufolge, mit drei
zentralen Fragen, die Verhandlungsführer sich selber beantworten können müssen,
angestrebt werden.
1) Welches ist ihr Minimum?,
2) Was sind Ihre Interessen?, und
3) Wie wichtig ist jedes einzelne zur Verhandlung stehende Traktandum im
Vergleich zu den anderen Verhandlungspunkten?
Wenn diese Fragen auch für die andere Seite beantwortet werden können, so kann
irrationales Verhandeln zwar nicht ausgeschlossen, aber zumindest vermindert
werden (Bazerman and Neale 1992, S. 173).
84
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.3 Zyklisches und prozessorientiertes Verhandlungsmodell von
Gulliver
Outcomes are inevitably the result, in part, of
nonrational choices in what might otherwise be
impossibly difficult situations to resolve.
(P.H. Gulliver)
1979 erschien „Disputes and Negotiations“ des Ethnologen P. H. Gulliver. Darin
beschreibt er ein Verhandlungsmodell, das einerseits die Zyklen des Verhandelns
und andererseits die Phasen einer Verhandlung aufzeigt. Diese Erkenntnisse
entwickelte Gulliver, indem er Verhandlungen zweier Parteien in kulturell
verschiedenen Regionen beobachtet hat. Es gelingt ihm, übliche Verhaltensweisen,
Interaktionsmuster und Kommunikationsflüsse aufzuzeigen, zu analysieren und in
einem deskriptiven Modell festzuhalten. „The intention is to improve
understanding of what goes on in negotiation, how it goes on and why and to
identify the interaction of some of the variable components involved” (Gulliver
1979, S. 65). Dazu untersuchte Gulliver einerseits Verhandlungen in Ost-Afrika
und andererseits in Nordamerika. Dadurch weist das Verhandlungsmodell einen
trans-kulturellen Charakter auf, wodurch die Reichweite des Modells durch den
universalen Charakter erweitert wird. „My primary concern here, however is to
make cross-cultural, sociological comparison in the search for sharper conceptual
tools as a preliminary to the detailed examination of the process of negotiation”
(a.a.O., S. 33)
Gulliver entwickelte aufgrund seiner Untersuchungen zwei Verhandlungsmodelle.
Einerseits beschreibt er Zyklen des Verhandelns. Diesbezüglich zeigt er
Informationsflüsse, Interaktionsmuster, Lern- und Anpassungsprozesse auf.
Andererseits zeigt er aufeinander folgende Phasen einer Verhandlung und damit
den Ablauf und die Entwicklung einer solchen. Die beiden Modelle werden weiter
unten detaillierter präsentiert und besprochen.
85
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.3.1 Konzeptionalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells
(ZVM) nach Gulliver
Verhandlungsprozesse
basieren
auf
vier
grundlegenden
Merkmalen:
Informationsaustausch, Präferenzen, Erwartungen und taktischen Entscheiden. Auf
diesen vier Faktoren bauen auch das weiter unten beschriebene Phasenmodell,
respektive die Verhandlung auf. Diese Grundmerkmale sollen in den folgenden
Abschnitten erläutert werden.
4.3.1.1 Informationsaustausch
Eine unabdingbare Grundlage jeglichen Verhandelns sind Informationen.
„Information exchange is a crucial element of joint problem solving“, wie Pruitt
und Carnevale (Pruitt and Carnevale 1993, S. 42) ergänzen. Des Weiteren lässt
sich durch Informationen Verhandlungsmacht aufbauen. Denn je genauer die zu
Verfügung
stehenden
Informationen
über
Verhandlungspartner,
-objekt,
Verhandlungskontext etc. sind, desto genauer lassen sich die eigenen Präferenzen,
Erwartungen und Verhandlungsziele sowie die des Gegenübers definieren. „Je
mehr sie über ihn [den Kontrahenten] wissen, desto besser sind ihre Chancen, ihn
zu beeinflussen“ (Ury 1992; McCormack 2001, S. 50), wie es William Ury
ausdrückt. Eine Art Dilemma besteht zwischen den verhandelnden Parteien, denn
beide wollen und brauchen voneinander möglichst viele Informationen, ohne aber
selber welche abgeben zu wollen, damit die eigenen Ziele erreicht werden, aber
nicht bekannt gemacht werden können. Wie Studien zeigen, gilt es jedoch zu
beachten, dass das Verhalten in Verhandlungen reziprok ist (Lewicki and Litterer
1985). Wenn sie demnach Informationen abgeben, werden sie auch eher welche
erhalten. Bazerman und Neale postulieren zwölf Strategien, um an die richtigen
Informationen zu gelangen (Bazerman and Neale 1992, S. 89ff). Beide Parteien
versuchen möglichst viele Informationen bezüglich der wirklichen Erwartungen
und Minimalforderungen zusammenzutragen. Wie viel wird von den eigenen
Präferenzen und Prioritäten preisgegeben? Wie viel sind Informationen über die
Erwartungen und Präferenzen der Konkurrenten im Austausch wert? Ohne
Vertrauen werden auch keine relevanten Informationen ausgetauscht, da die Angst
vor Missbrauch überwiegt (Kimmel, Pruitt et al. 1980).
86
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
ABB. 4-06: GULLIVERS ZYKLISCHES PHASENMODELL
Durch diesen ständigen Informationsfluss zwischen den Verhandlungspartnern
sind die Präferenzen und Erwartungen einer ständigen Anpassung unterworfen.
Eine Verhandlung besteht in diesem Sinne aus Kommunikations-, Lern- und
Anpassungszyklen. Die Partei P gibt dem Verhandlungspartner O Informationen
ab. Partei O nimmt diese Informationen wahr und interpretiert sie, was zu einer
Informationsabgabe von O an P nach sich ziehen kann, welche nun ihrerseits
wiederum wahrnimmt, interpretiert, evtl. eigene Ziele neu definiert und informiert
(Gulliver 1979, S. 81). Ziel dieser Informationsabgaben ist immer der Versuch, die
Ziele beider Parteien soweit anzunähern, dass eine Einigung möglich wird. Diesen
Zyklus zwischen den Parteien P und O wird in der Abbildung 4-06.
4.3.1.2 Prioritäten-Sets
Ein erstes, zentrales Problem, das sich nach dem Beschluss zur Verhandlung stellt,
ist, welche Präferenzen und Prioritäten gesetzt werden wollen und unter
Kenntnisnahme der gegnerischen Partei gesetzt und verfolgt werden können. Ein
zweites Problem entsteht durch unbestimmbare Faktoren, die eine genaue
Festlegung der Präferenzen und Prioritäten verhindern. Durch den bereits
beschriebenen zyklischen Informationsfluss lassen sich diese erst im Verlauf der
Verhandlung klären, wodurch die Prioritäten und Präferenzen einer ständigen
Anpassung unterliegen. „The principal sources of uncertainty and inconsistency are
inherent in a range of problems that, singly and together, are not completely
resolvable by the time of the culminating outcome“ (Gulliver 1979, S. 90).
87
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Gulliver zeigt aber Strategien zur Prioritätenfestlegung auf, die der folgenden
Tabelle 4-10 zu entnehmen sind.
Die eigenen Präferenzen und deren Realisierungswahrscheinlichkeit zuerst evaluieren.
Die verschiedenen Verhandlungspunkte und Verhandlungspakete vergleichend bewerten.
Die Ziele der Gegenpartei kennen und die diesbezüglichen eigenen Stärken einschätzen.
Äussere Einflüsse auf den Verhandlungsablauf abschätzen.
Die Wirksamkeit von normativen Regeln und Werten antizipieren.
Die Kosten für verschiedene Verhandlungsergebnisse vergleichen.
TAB. 4-10: STRATEGIEN ZUR PRIORITÄTENFESTLEGUNG NACH GULLIVER
Wenn eine Verhandlung aber trotzdem erfolgreich gestaltet werden soll, müssen
beide Parteien beim Festlegen der eigenen Prioritäten diese partielle Ungewissheit
anerkennen und in den Prozess miteinbeziehen. Gulliver hat dieses Problem der
Unsicherheit beim Festlegen der Prioritäten und wie die Parteien damit umgehen,
untersucht und dabei festgestellt, dass Verhandelnde dieses Unwissen und die
Unsicherheit zu einem grossen Teil auszublenden vermögen. „Negotiators
gradually become prepared to ignore a great deal and to adopt an assumed certainty
in the face of otherwise intractable potence” (Gulliver 1979, S. 60). Daraus lässt
sich folgern, dass die konkreten Präferenzen und Prioritäten erst im Verlauf der
Verhandlung entwickelt werden können. Denn die unvollständigen Prioritäten-Sets
sind permanenter Anpassung unterworfen und werden durch stets neu eintreffende
Informationen adaptiert. Dadurch entsteht im Verlauf des Prozesses ein immer
ausgereifteres Prioritäten-Set. Gulliver schlägt, bei einer flexiblen Handhabung der
Bestimmung der Ziele, des Weiteren eine „Drei-Fokus-Strategie“ vor (a.a.O., S.
101ff.). Die Partei muss sich erstens über ihr Minimalziel in der Verhandlung im
Klaren sein13. Zweitens sollte sie ein „vernünftiges“ Maximum für sich definieren,
das den vermuteten Ressourcen der anderen Partei entspricht. Zudem sollte sich
die verhandelnde Partei drittens auch eine Vorstellung davon machen, wie ein
wünschenswertes Ergebnis zwischen Minimum und Maximum aussehen könnte.
13
Dieses Minimal-Ziel entspricht etwa dem BATNA, der Best Alternative to a Negotiated Agreement (Fisher, Ury et al. 2001, S.
143ff).
88
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Dieses wünschenswerte Ergebnis, das Gulliver umzeichnet, kann als „Zone of
possible Agreement“ (Saner 1997, S. 41) beschrieben werden. Dieses Minimum
und Maximum kann, wie bereits erwähnt, durch neue Informationen während der
Verhandlung immer wieder Anpassungen unterliegen.
4.3.1.3 Erwartungen an die Gegenseite
„The difficulty really lies in getting behind the opponent’s overt demands and
discovering what he might be prepared to agree to, what his expectations aims are“
(Gulliver 1979, S. 108). Stets muss sich die Partei die Prioritäten und Ziele der
Gegenpartei vor Augen halten und in ihr eigenes Verhandlungs-Kalkül
miteinbeziehen. Die eigenen Ziele stehen demnach in direkter Abhängigkeit von
den Zielen der Gegenpartei. Da die Erwartungen in einer Verhandlung eng mit den
Interessen korrespondieren, ist es ratsam, die selben Strategien zu verfolgen, wie
wenn man integrative Verhandlungsergebnisse anstrebt. Diesbezüglich sei auf die
Strategien von Bazerman und Neale verwiesen (1992, S. 89ff). So darf auch für die
Erkundung der Erwartungen vor allem auf häufiges Fragen hingewiesen werden.
Denn Verhandlungsführer, welche nach Informationen fragen, erhalten auch eher
welche (Roloff and Campion 1987; Thompson 1991). Ein zumeist unterschätzter
und wenig erforschter Punkt im Verhandlungsprozess ist die Vorbereitung und
Planung der Verhandlung (Roloff and Jordan 1991; Rackham and Carlisle 1978),
die sehr stark mit den Erwartungen und „Outcomes“ (Bass 1966) zusammen hängt.
Je
nach
Erwartungen
an
eine
bevorstehende
Verhandlung
wird
diese
unterschiedlich seriös geplant und dies obwohl „preparation and planning the most
important parts of negotiation (are)“, wie Lewicki und Litterer beobachtet haben
(Lewicki and Litterer 1985, S. 47). Bazerman und Neale unterstreichen die
Wichtigkeit, in Unterschieden der Erwartungen Chancen bezüglich integrativen
Lösungen zu sehen. „Use differences of expectations to create mutually beneficial
perceived trade-offs” (Bazerman and Neale 1992, S. 95).
4.3.1.4 Taktische Entscheidungen
Durch die Taktik entscheidet sich auch, welche Informationen an die gegnerische
Partei abgegeben werden und wie man an Informationen gelangt. Prinzipiell
verfügt jede Partei über unzählige zur Verfügung stehende Taktiken und
89
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Verhaltensweisen während einer Verhandlung. Gulliver erachtet sieben solcher
Taktiken als relevant. „One possibility is to concentrate on obtaining further
information from the opponent rather than given information about one’s own
position“ (Gulliver 1979, S. 109). Die Partei kann Kooperation vortäuschen, indem
sie wichtige Informationen abgibt; dadurch signalisiert sie Offenheit. Dies kann
Stärke zum Ausdruck bringen, vice versa aber auch als Schwäche aufgefasst
werden. Eine weitere Taktik stellt das Vorgehen dar, bei dem die Partei von einem
ungeliebten Thema ablenkt, um die eigenen Schwächen zu verdecken oder
bestimmte Entscheide hinauszögern zu können. Die Partei kann sich von der
Sachebene weg, hin zur Beziehungsebene bewegen, indem Freundschaft oder
Feindschaft signalisiert wird. „An avowed tactic is to reciprocate the manner of
information giving by the opponent: to offer antagonism for antagonism...“ (a.a.O.,
S. 110f.). Eine zentrale Taktik ist die Konzentration auf die Interessen der
gegnerischen Partei. Durch dieses Vorgehen erhält die Partei voraussichtlich mehr
Informationen, wodurch auch die Möglichkeit zu einer Manipulation bezüglich
Änderung ihrer Einstellungen und Erwartungen leichter fallen kann. Die letzte von
Gulliver vorgeschlagene Taktik rät, Konzessionen zu machen. Dadurch signalisiert
die Partei dem Gegenüber wiederum Offenheit und ein Entgegenkommen. Die
Frage, wann man Konzessionen machen soll, muss gestellt werden und Gulliver
verweist darauf, dass je länger die Verhandlung dauert und je näher sich die
Parteien dem Ende nähern, desto weniger Taktiken stünden zur Verfügung.
„Toward the end, tactical choice becomes almost a joint choice as coordination
increases“ (a.a.O., S. 112). Es macht wohl wenig Sinn, gegen Ende einer
Verhandlung der gegnerischen Partei mit Feindschaft entgegenzutreten.
Das zyklische Verhandlungs-Modell hilft, den Verhandlungsprozess besser zu
verstehen. Es macht keine expliziten Aussagen, wie eine Verhandlung
erfolgreicher gestaltet und abgeschlossen werden kann. Dies entspricht aber auch
nicht der Intention Gullivers. Das Modell hilft vielmehr, ein Verständnis der
Grundlagen einer Verhandlung zu erlangen und mit diesem Hintergrund
möglicherweise professioneller verhandeln zu können (Gulliver 1979, S. 116). Im
folgenden Absatz sollen Kausalbeziehungen aus den theoretischen Überlegungen
zum zyklischen Verhandlungsmodell nach Gulliver gezogen werden.
90
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.3.2 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen
von Verhandlungszyklen und –Erfolg
Aufbauend
auf
den
vorangegangenen
Abschnitten
des
Zyklischen
Verhandlungsmodells (ZVM) sollen im Folgenden die in dieser Studie zu
analysierenden Hypothesen generiert werden. Gullivers ZVM soll einerseits in
einem neuen Kontext getestet werden und dies andererseits mit neuen Methoden.
So analysierte Gulliver mit qualitativen Methoden zunächst in Afrika
Stammesverhandlungen. Verglichen wurden diese mit Industrieverhandlungen in
den Vereinigten Staaten von Amerika. Die vorliegende Studie bedient sich
quantitativer Methoden und ist im Verkauf angesiedelt.
Wie im Absatz über rationales Verhandeln und das Harvard-Konzept bereits
erwähnt wurde, steht im Zentrum dieser Studie die Überlegung, Verhandlungen für
die Praxis erfolgreicher zu machen. Verspricht die Anwendung eines bestimmten
Verhandlungsmodells effektiv auch Erfolg in Verhandlungen? Deshalb wird das
deskriptive zyklische Verhandlungsmodell von Gulliver in sieben Faktoren
(„Informationen“,
„Informationen
von
Drittparteien“,
„Wahrnehmung“,
„Strategie“, „Erwartungen“, „Prioritäten/Anpassung“ und „Taktik“) zerlegt und in
einem Wirkungsmodell zusammengeführt. Das Wirkungsmodell als solches wird
in Kapitel 5 und 5 detailliert aufgezeigt und ausgeführt. Im vorliegenden Absatz
sollen nur die Kausalbeziehungen in der untenstehenden Abbildung 4-07 zwischen
den sieben Faktoren und Verhandlungserfolg aufgeführt werden. Zunächst gilt es
zu untersuchen, ob diese sieben Faktoren wie theoretisch beschrieben in der
Verhandlungsrealität beobachtbar sind und sich wie in der Theorie unterscheiden
lassen.
Hypothese 1:
Das Zyklische Verhandlungsmodell hat einen positiven Einfluss auf
Verhandlungserfolg.
Hypothese 2:
Der Faktor „Informationen“ bildet eine relevante Teilkomponente des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
Hypothese 3:
Der Faktor „Informationen von Drittparteien“ bildet eine relevante
Teilkomponente des Zyklischen Verhandlungsmodells.
Hypothese 4:
Der Faktor „Erwartungen“ bildet eine relevante Teilkomponente des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
91
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Hypothese 5:
Der Faktor „Strategie“ bildet eine wichtige Teilkompetenz des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
Hypothese 6:
Die
Teilkomponente
„Anpassung“
bildet
eine
relevante
Teilkomponente des ZVM.
Hypothese 7:
Der Faktor „Taktik“ bildet eine relevante Teilkomponente des
Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver.
ABB. 4-07: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DAS ZVM
Nachdem
geklärt
wird,
ob
die
einzelnen
Elemente
des
zyklischen
Verhandlungsmodells effektiv beobachtbar sind oder nicht, soll untersucht werden,
wie die Ausprägungen der Elemente im Verkauf sind. Denn es gilt anzunehmen,
dass die Faktoren bei Verkaufsverhandlungen zwar beobachtbar sind, die
Schwerpunkte sich jedoch verschieben. Durch das neue Setting des Verkaufes
sollen in Bezug auf das zyklische Verhandlungsmodell die Zusammenhänge der
einzelnen Faktoren neu untersucht und analysiert werden. Gullivers Kernfaktor
besteht im Informationsaustausch. Lässt sich dies für Verkaufsverhandlungen
bestätigen oder liegen die Schwerpunkte bei einem anderen Faktor? Es soll
aufgezeigt werden, wie diese zusammenhängen und ob sich Unterschiede zum
Modell Gullivers festmachen lassen.
Die Intention von Gulliver war die Entwicklung eines zyklischen und
prozessorientierten Modells, das Verhandlungen möglichst genau beschreibt. Diese
Dissertation verfolgt dahingegen das Ziel, auf der Basis von Gullivers Modellen
aufzuzeigen, ob das Modell so auch für Verkaufsverhandlungen gelten kann und
darüber hinaus auch erfolgsversprechend ist. Ferner soll aufgezeigt werden, welche
Faktoren für Verhandlungserfolg unabdingbar sind.
In den folgenden Abschnitten werden die Phasen des Verhandelns nach Gulliver
beschrieben, konzeptionalisiert und spezifiziert und daraus wiederum Hypothesen
abgeleitet und formuliert.
4.3.3 Konzeptionalisierung des Phasen-Verhandlungsmodells nach
Gulliver
Das zweite Modell im Rahmen von „Disputes and Negotiations“ beschreibt acht
Phasen der Verhandlung. Phasenmodelle zeigen, “how interaction changes over
92
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
time, how the longitudinal structure of negotiation is related to input and outcome
variables, and how interventions (such as change of bargainers) influence the
development of a negotiation” (Holmes 1992, S. 83f). Die Unterteilung einer
Verhandlung in aufeinander folgende Phasen soll helfen, die Komplexität und die
Entwicklung einer Verhandlung zu erfassen.
Gullivers deskriptives Phasenmodell unterscheidet acht aufeinander folgende
Phasen, die sich in Länge und Dynamik qualitativ voneinander unterscheiden
lassen. Sie können sich einerseits wiederholen oder gar überlappen, da die Phasen
schwierig voneinander zu unterscheiden oder klar zu trennen sind. „Phases can
overlap and shade into one another because exact boundaries between phases are
arbitrary”, wie auch Holmes (1992, S. 94) ausführend unterstreicht. „Each phase in
my model represents an analytically distinguishable set of interaction, exchange of
information, learning, and, in effect, purpose of the negotiators“ (Gulliver 1979, S.
172). Die verschiedenen Sequenzen werden im Hinblick auf die innere Dynamik
zwischen antagonistischen und koordinierenden Elementen hin unterschieden. So
herrscht in den ersten drei Phasen eine antagonistische Dynamik, die ab Phase vier
durch eine kooperative abgelöst wird.
In den folgenden Abschnitten sollen die acht Phasen in Abbildung 4-08
beschrieben werden:
ABB. 4-08: PHASENMODELL NACH GULLIVER
93
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
4.3.3.1 Vor der Verhandlung
Zwei oder mehrere Parteien mögen anerkennen, dass verhandlungswürdige
Probleme bestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass es auch zu einer Verhandlung
kommen muss. Denn zuerst müssen sich die beteiligten Parteien darüber einig sein,
dass dieses Problem zweitens nicht unmittelbar lösbar ist und dass drittens ein
„gemeinsamer“ Weg erwünscht ist. Bevorzugt allerdings eine Partei den Status
Quo oder beurteilt die Situation anders oder falsch, wird sie nicht in eine
Verhandlung einwilligen. Stimmen die Parteien aber einer Verhandlung zu, so
müssen sie sich über einen Verhandlungsort einigen.
4.3.3.2 Phase 1: Die Suche nach einer Verhandlungsarena
Die Wahl des Verhandlungsortes wird meist unterschätzt (Hartig 1995, S. 35ff),
kommt dem Verhandlungsort unter Umständen doch eine grosse symbolische
Bedeutung zu. So wird die Verhandlung um den Verhandlungsort zumeist nicht als
an eine erste Verhandlung wahrgenommen. Einerseits bietet diese Phase die
Möglichkeit, Kooperation zu demonstrieren, andererseits kann sie aber auch dazu
ausgenutzt werden, die Verhandlung zu verzögern oder geringe Flexibilität und
damit Kompetition und Macht an den Tag zu legen.
„The preference for a particular arena, or the aversion to another one, is not
primarily a matter of the physical location of meetings, though that may have
symbolic significance or offer certain kinds of facilities. Rather, the choice refers
to the kind of social and cultural rules, assumptions, and predispositions an arena
prescribes” (Gulliver 1979, S. 124f.).
Auch Saner misst der Auswahl des Verhandlungsortes und der räumlichen
Gestaltung eine wichtige taktische Rolle zu (Saner 1997, S. 141). Karrass (1980)
führt diverse Taktiken und Strategien auf, die durch die geschickte Wahl des
Verhandlungsortes zu einem Vorteil gelingen können.
4.3.3.3 Phase 2: Agenda-Setting / Bestimmung der Verhandlungspunkte
Ziel der zweiten Phase ist es, sich über Verhandlungspunkte zu einigen.
„The problem of agenda formulation is not only a matter of what issues are to be
negotiated. Some issues are capable of being defined in more than one way. Each
94
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
party, insofar as he is aware of this, seeks the definition and the associated rules,
values, and interests that seem most advantageous to him” (Gulliver 1979, S. 129).
Dies führt in vielen Fällen bereits zu einem Kräftemessen zwischen den Parteien,
denn jede Partei versucht, zum Teil sehr emotional, ihre Verhandlungspunkte
einzubringen und die Anliegen der gegnerischen Partei zu unterdrücken. Damit
diesen Problemen entgegen gewirkt werden kann, schlagen Bazerman und Neale
folgendes Vorgehen vor: „Instead of using rigid issue-oriented agendas, managers
in mixed-motive groups should use agendas that structure the general problemsolving process: (1) identify priorities, (2) reveal individual interests, and (3)
suggest creative approaches to solving the problems (Bazerman and Neale 1992, S.
136f). Auch Saner (Saner 1997) betont die Wichtigkeit der ersten beiden Phasen
der Verhandlung, welche die Planung der Verhandlung betreffen und zitiert
diesbezüglich Winham (Winham 1979), der empirisch aufgezeigt hat, dass die
Planung mehr als die Hälfte des Erfolgs oder Misserfolgs einer Verhandlung
ausmacht.
4.3.3.4 Phase 3: Exploration des Feldes
Nachdem
die
Parteien
in
den
ersten
beiden
Phasen
ihre
relative
Verhandlungsstärke zeigen konnten, welche im Übrigen den weiteren Verlauf
einer Verhandlung stark beeinflussen kann, beginnt in Phase 3 die eigentliche
Verhandlung. Phase 3 ist von starken Widerständen und Antagonismus geprägt;
dies zeigt sich auch daran, dass die Parteien noch nicht daran interessiert sind zu
kooperieren. Es dominiert die Darstellung der eigenen Positionen und Interessen;
es werden keine konkreten Verhandlungsziele genannt, aber bestimmte Intentionen
müssen trotzdem durchsickern, damit die andere Verhandlungspartei erfährt, wo
die Gegenseite ungefähr steht.
„There is a wide and freeranging reference to (…) everything on the agenda and,
in effect, of more or less anything and everything touching the parties’ statuses,
relationships, past histories, and future prospects. In short, anything is brought
into the arena that may conceivably be relevant and advantageous” (Gulliver
1979, S. 137) Unterschiede werden betont, Emotionen wie Wut und Feindseligkeit
formuliert, wodurch die Positionen der Parteien in dieser Phase oft weiter
voneinander entfernt sind als zu Beginn der Verhandlung. Deshalb ist diese Phase
95
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
so wichtig, gerade weil sie den Parteien negative Gefühle, Wut und
Feindseligkeiten zu formulieren erlaubt. Das Ausleben dieser Emotionen und
überrissenen Forderungen, bringt die Parteien wieder näher zusammen, weil
eingesehen wird, dass ansonsten keine Lösung gefunden werden kann. Zuletzt
ermöglicht diese Phase ein erstmaliges Ausloten der ungefähr reellen
Verhandlungszone (a.a.O., S. 135ff).
4.3.3.5 Phase 4: Die Verkleinerung der Unterschiede
In Phase 4 der Verhandlung beginnen die Parteien, mögliche Ergebnisse ins Auge
zu fassen. Durch die Expression der übertriebenen Forderungen und Emotionen in
Phase 3, erscheint den Parteien die gegnerische Seite, deren Intentionen,
Vorstellungen und Prioritäten klarer. Die Interaktion wechselt allmählich oder
rasant von antagonistisch zu koordinativ und kooperativ. Zumeist werden im Zuge
dieses Wechsels auch die ersten realistischen Offerten und Forderungen getätigt.
„In any event, sooner or later the parties begin to propose real offers and demands,
often with considerable modification of their previous attentions” (a.a.O., S.142).
Dieser Wechsel von kompetitivem zu kooperativem Verhalten, sowie miteinander
verflochtene Fragen mit dem Ziel, eine Einigung zu erreichen, führt zu hoher
Komplexität. Damit diese Komplexität reduziert werden kann, schlägt Gulliver
fünf Strategien vor, die im Folgenden beschrieben werden:
1) „Agenda Method“
Bei der Agenda-Methode wird eine Traktandenliste festgelegt und ein Punkt nach
dem anderen diskutiert. Durch die Auflistung der einzelnen Traktanden wird die
Komplexität reduziert und ermöglicht ein effizientes Vorgehen. „Issues in dispute
are merely taken, one at a time, in the order already prescribed by the agenda and
treated and settled separately. Altough this may commonly succeed for decision
making in committees and conferences, it can rarely work in negotiations” (a.a.O.,
S. 143). Diese “joint strategy” hat den Nachteil, dass sie vor allem bei komplexen
Verhandlungen nicht einsetzbar oder zumindest sehr beschränkt anzuwenden ist,
da die Verhandlungspunkte oft miteinander verbunden und schwierig voneinander
zu trennen sind.
96
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
2)„Die Einigung über die Hauptpunkte“
Die Strategie, sich über die Hauptpunkte zu einigen, wird gewählt, wenn die
Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei Übereinstimmung bezüglich der
Hauptpunkte die restlichen Probleme einfacher zu bewältigen sind. „The major
difficulty here is to gain agreement as to which are the most important issues“
(a.a.O., S. 144). Dadurch soll und kann verhindert werden, zu Beginn einer
Verhandlung Ressourcen durch relativ unwichtige Verhandlungspunkte zu
verlieren, ohne dass sich die Parteien schlussendlich einigen werden. Wird jedoch
bereits zu Beginn klar, dass keine Einigung bezüglich der Hauptpunkte gefunden
werden kann, so kann die Verhandlung direkt abgebrochen und dadurch Kosten
gespart werden.
3) „Die Reduktion auf ein gemeinsames Ziel“
Bei der dritten postulierten Strategie soll die Komplexität dadurch reduziert
werden, indem die Verhandlung auf ein gemeinsames, dominantes Ziel hin
bewertet und interpretiert wird. Diese Ziele können unter anderem monetären,
zeitlichen oder auch beziehungsrelevanten Charakter aufweisen. „In essence, this
method, by its procedure of simplification, enables the parties to compare and
measure what were initially perceived as unlike and incommensurable items“
(a.a.O., S. 145). Des Weiteren hilft diese Strategie Forderungen und
Verhandlungsziele der Parteien anzugleichen und verhandelbar zu machen.
4)„Fokus auf weniger schwierige Punkte legen“
Hier werden zunächst die Punkte verhandelt, bei denen die Differenzen eher klein
und schnell überbrückbar sind. „It can keep the negotiation going, preventing a
deadlock on the more difficult issues which could lead to a breakdown“ (a.a.O., S.
146). Die Parteien wenden sich erst später den grossen Themen und Differenzen
zu. Somit wird es ihnen ermöglicht, eher auf Emotionen zu verzichten und dem
Gegenüber „Wohlwollen“ durch Kooperation zu demonstrieren, da eine Einigung
bei diesen Verhandlungspunkten weniger schmerzhaft ist.
97
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
5) „Trading of issues“
Das Aushandeln von Verhandlungspunkten ist eine weitere gemeinsame Strategie
im Dienste der Komplexitätsreduktion. Es kann sehr effektiv sein, wenn die Partei
P vorschlägt die Punkte A und B fallen zu lassen, wenn Partei O ihrerseits die
Verhandlungspunkte X und Y von der Agenda streicht. „We give way on this issue
if you will concede on that one; we agree to compromise on one if you will agree
to do the same on another“ (a.a.O., S. 147).
Diese fünf Strategien weisen Gulliver zufolge keinen normativen Charakter auf.
Der Grund, weshalb er diese aufführt, liegt darin, dass die Parteien die Komplexität
reduzieren müssen. Es braucht eine Struktur; es braucht Methoden und Techniken,
welche es den verhandelnden Parteien erleichtern, die komplexe Situation zu
meistern. Durch die Komplexitätsreduktion wird den Parteien auch ermöglicht, zur
Kooperation überzugehen und dies trotz der zum Teil immer noch grossen
Differenzen und gezeigten Emotionen. „Nevertheless, as Phase 4 proceeds,
negotiators come to control themselves more carefully in order that a still
somewhat precarious reorientation is not upset and, therefore, that impetus toward
agreement is not halted” (Gulliver 1979, S. 151).
4.3.3.6 Phase 5: Vorbereitung zur Schlussverhandlung
Nachdem in Phase 4 die Differenzen zwischen den Parteien genau definiert, ein
Fundament für Kooperation gelegt und eine Strategie bezüglich der zu
verhandelnden Punkte ausgearbeitet wurde, ist das Ziel der fünften Phase, die
Differenzen noch klarer zu definieren und eine Einigungszone (Walton and
McKersie 1965) festzulegen. „With the parties’ differences more starkly revealed
and the issues reduced to a small number, the parties can come to final bargaining“
(Gulliver 1979 S. 153). Es geht nun darum, eine Zone möglicher Ergebnisse, die
sogenannte “viable bargaining range”, festzulegen. Zwei Problemfelder müssen in
Phase 5 bewältigt oder umgangen werden: Zum Einen besteht die Möglichkeit,
dass die Verhandlungsgrenzen nicht so genau definiert werden können und zum
Anderen kann es vorkommen, dass die Parteien immer noch nicht bereit sind,
verhandlungsrelevante Informationen abzugeben. Allenfalls müssen noch weitere
Differenzen aufgezeigt und beseitigt werden und zu guter Letzt muss die
98
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
„bargaining formula“, die Kriterien, welche für die Schlussverhandlungen gelten,
ausgemacht werden.
4.3.3.7 Phase 6: Die Schlussverhandlung
Mit Beginn dieser Phase müssen beide Seiten ein klares Präferenzenset haben und
sich über die eigenen und die Erwartungen der Gegenseite im Klaren sein.
Einigungsvorschläge sind entweder schon als Position von früher bekannt oder sie
sind neue entgegenkommende und ernstzunehmende Konzessionen. Kann eine
Partei einer Forderung nicht entgegenkommen, so wird dies nun nicht mehr als
Feindseligkeit oder Bluff wahrgenommen und interpretiert, sondern als ein echtes
„Nicht-können“. Vier Situationskonstellationen können sich nach Gulliver
ergeben:
1) Die „viable bargaining range“ ist mittlerweile so klein geworden, dass eine
Einigung wahrscheinlich relativ schnell getroffen werden kann.
2) Die „viable bargaining range“ ist zwar eingeengt, aber es gibt noch viele kleine
Detailfragen zu klären. Dies wird eine schnelle Einigung verzögern.
3) Die „viable bargaining range“ ist noch sehr weit offen. Die Parteien haben die
Grenzen des Verhandlungsfeldes abgesteckt, aber es bestehen noch grosse
Differenzen, die mit grösster Wahrscheinlichkeit noch Verhandlungen nach sich
ziehen.
4)Die Parteien vermochten keine Einigungszone zu lokalisieren. Die Verhandlung
wird voraussichtlich scheitern, obwohl die Parteien einander Offerten und
Vorschläge unterbreitet haben. Es herrscht immer noch eine Stimmung von
Ignoranz und Feindseligkeit.
Gulliver erwähnt abschliessend, dass das häufigste Interaktionsmuster in dieser
Phase jenes ist, bei der sich die Parteien gegenseitige Konzessionen zugestehen.
„My conclusion is that, in real-life conditions, it is not possible to foretell the
particular outcome in negotiations by reference to specific rules of behavioral
interaction and rational choice, nor is it possible retroactively to perceive an
outcome as specifically determined. Outcomes are inevitably the result, in part, of
nonrational choices in what might otherwise be impossibly difficult situations to
resolve.” (a.a.O., S. 168)
99
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Die Konzessionsbereitschaft der beiden Parteien hängt stark von der Beziehung,
dem Vertrauen, den spezifischen Erwartungen und der verfügbaren Zeit ab. Diese
Einflüsse verhindern, dass Verhandlungsführer rational handeln14. „The variable
factors involved, including apparently inchoate subjective ones, are so numerous
and permutational that an actual bargainer can not „rationally“ deal with them,
especially in the face of his opponent and under the stress of negotiations“
(Gulliver 1979, S. 167).
4.3.3.8 Phase 7: Ritual confirmation
Haben sich die Parteien in der Einigungszone gefunden, so wird diese Einigung
durch ein Ritual (Verträge, Umarmen, Hände schütteln und dergleichen mehr)
besiegelt. Vielfach wird durch einen gemeinsamen Schritt an die Öffentlichkeit die
Einigung in der Verhandlung besiegelt. „The point of importance, however, is that
the outcome is marked in some form or other and there is an expression of
collaboration and agreement“ (a.a.O., S. 169). Erstaunlicherweise finden sich zu
diesem Prozessabschnitt keine Untersuchungen. Da Verhandlungen aber wie
weiter oben diskutiert, zyklisch und nicht abschliessend betrachtet werden müssen,
sei auf die Wichtigkeit des Beziehungsmanagements bei Verhandlungen (Salacuse
1998)
hingewiesen.
Gerade
in
transkulturellen
Verhandlungen
nimmt
Beziehungsmanagement eine evident wichtige Rolle ein (Gulliver 1979; Graham
and Sano 1984; Graham 1985; Campell, Graham et al. 1988). Denn nach Salacuse
(1998) soll bei einer Verhandlung nicht nur das Ergebnis sondern auch die
Beziehung maximiert werden. Dies kann gerade bei der rituellen Bestätigung des
Verhandlungsergebnisses relativ leicht erfolgen.
4.3.3.9 Phase 8: Durchführung
Bevor die achte von Gulliver postulierte Phase in Kraft tritt, soll Raiffa (Raiffa
1985) mit seinem „post-settlement settlement (PSS) erwähnt werden. Dieser wirft
die Frage nach der Güte des Verhandlungsergebnisses auf. Ist dieses auch wirklich
für beide Parteien das bestmögliche Verhandlungsergebnis? Diesbezüglich besteht
nach Raiffa die Möglichkeit, die Agreements durch eine unabhängige, objektive
dritte Partei überprüfen zu lassen. Dadurch wird in den Verhandlungsprozess
14
Kognitionspsychologische Aspekte von Verhandlungen werden in Kapitel 4.2 erläutert.
100
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
unweigerlich
ein
grosses
Mass
an
Rationalität
eingebracht
und
die
Wahrscheinlichkeit, ein pareto-optimales Verhandlungsergebnis auszuarbeiten
steigt. Auch Bazerman, Russ et al. unterstreichen den Einbezug von PSS bei der
Überprüfung oder Suche von integrativen Verhandlungsergebnissen (Bazerman,
Russ
et
al.
1987).
Mit
Verhandlungsspezialisten
der
siebten
eigentlich
Phase
erledigt.
ist
die
Die
Arbeit
für
die
Durchführung
der
ausgehandelten Resultate sollen wiederum Spezialisten übernehmen. Die
Umsetzung soll zeitlich möglichst eng an die Phase 7 gegliedert sein und nicht erst
viel später durchgeführt werden, weil dadurch die Gefahr vermieden wird, dass die
Verhandlungspunkte noch einmal auf den Tisch kommen könnten. Diesbezüglich
unterscheidet Salacuse drei Arten von Nachverhandlungen: „The three situations
are:
post-deal
renegotiations;
intra-deal
renegotiations;
and
extra-deal
renegotiations“ (Salacuse 2001, S. 312).
4.3.4 Schlussfolgerungen aus der Analyse und Kausalbeziehungen
zwischen den Phasen des Verhandelns und Verhandlungserfolg
Nach den Ausführungen zu den Phasen des Verhandelns nach Gulliver sollen in
diesem letzten Absatz des vierten Kapitels analog zu den Abschnitten 4.1 und 4.3
die Untersuchungshypothesen in Bezug auf Gullivers Phasenmodell aufgeführt
werden. Das Wirkungsmodell des Phasenmodells wird in den Kapiteln 5 und 6 aufund ausgeführt. Dafür wird das deskriptive Phasenmodell von Gulliver in sieben
Faktoren (Phase 1 bis Phase 7) zerlegt und in einem Wirkungsmodell
zusammengeführt. Im vorliegenden Absatz sollen nur die Kausalbeziehungen in
der
untenstehenden
Abbildung
zwischen
den
sieben
Faktoren
und
Verhandlungserfolg aufgeführt werden. Zunächst gilt es zu untersuchen, ob diese
sieben Faktoren wie theoretisch beschrieben in der Verhandlungsrealität
beobachtbar sind und sich wie in der Theorie unterscheiden lassen, da
Verkaufsverhandlungen einen distributiveren Charakter als die von Gulliver
beschriebenen Verhandlungen besitzen. Verkaufsverhandlungen weisen nicht den
gleich hohen Komplexitätsgrad aus, wie die von Gulliver beschriebenen
Verhandlungen.
101
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Aus dieser Feststellung lassen sich die folgende Hypothesen formulieren:
Hypothese 1:
Das Phasenmodell nach Gulliver hat einen positiven Einfluss auf
Verhandlungserfolg
Hypothese 2:
Die Teilkompetenz „Suche nach einer Verhandlungsarena“ (Phase 1)
bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 3:
Die Teilkompetenz des „Agendasettings“ (Phase 2) bildet eine
relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 4:
Die Teilkompetenz der „Exploration des Feldes und der Expression
von Differenzen“ (Phase 3) bildet eine relevante Komponente des
Phasenmodells.
Hypothese 5:
Die Teilkompetenz der „Annäherung der Differenzen“ (Phase 4) bildet
eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 6:
Die Teilkompetenz des „Übergangs zur Schlussverhandlung“ bildet
eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 7:
Die Teilkompetenz der „Schlussverhandlung“ bildet eine relevante
Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 8:
Der Faktor des „Einigungsritual“ bildet eine relevante Komponente des
Phasenmodells.
ABB. 4-09: ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN FÜR DIE PHASEN DES
VERHANDELNS NACH GULLIVER
Die erste Hypothese beschreibt den vermuteten Kausalzusammenhang zwischen
der Anwendung des Phasenmodells sensu Gulliver und Verhandlungserfolg.
Hypothesen 2 bis 8 beschreiben hingegen die Zusammenhänge zwischen dem
Phasenmodell und deren Teilkomponenten des Secondorder Konstrukts. Dabei
wird zunächst vermutet, dass die einzelnen Teilkompetenzen einen Einfluss auf das
gesamte Phasenmodell haben. Ferner werden aber auch Gewichtungen zwischen
den Teilkompetenzen vorgenommen. Alle aufgeführten Wirkungszusammenhänge
wurden in der gleichen schriftlichen Online-Befragung, wie bereits das HarvardKonzept und das Zyklische Phasenmodell, eines internationalen Unternehmens im
Befestigungssektor überprüft. Details zur Stichprobenstruktur werden im fünften
Kapitel erläutert. Die Aufbereitung, Auswertung und Interpretation der Befragung
sind Bestandteil der Kapitel fünf bis sieben.
102
Kapitel 4: Zentrale theoretische Konstrukte und Modelle
Mit den hier in Untersuchungshypothesen mündenden Schlussfolgerungen über
das Phasenmodell von Gulliver enden die theoretisch-inhaltlichen Ausführungen
dieser Studie. Der zweite empirische Teil steht im Zeichen der Überprüfung der
Untersuchungshypothesen der drei Wirkungsmodelle. Dazu werden zunächst in
Kapitel 5 die wissenschaftstheoretischen Grundlagen und die Ausrichtung dieser
Studie situiert. Diesbezüglich findet ein Diskurs zwischen dem kritischen
Rationalismus,
dem
qualitativen
Forschungsvorgehen
und
dem
betriebswirtschaftlichen anwendungsorientierten Vorgehen statt. Daran schliessen
Ausführungen zum empirischen Design dieser Analyse. Den Schluss des fünften
Kapitels bildet zunächst ein Beschrieb des forschungsmethodischen Vorgehens
dieser Studie, der in Ausführungen zur Datenerhebung der schriftlichen OnlineBefragung mündet. Kapitel 6 steht ganz im Zeichen der Datenaufbereitung und –
auswertung. Im ersten Absatz wird ein Überblick über das auswertungstechnische
Vorgehen präsentiert, um daran im Anschluss im zweiten Absatz einige
Grundlagen der Modellschätzung auszuführen. Darauf werden die drei Modelle
operationalisiert. Die Ergebnisse der Strukturmodelle finden sich im vierten Absatz
des fünften Kapitels, welches mit einer zusammenfassenden Betrachtung der
Ergebnisse schliesst. Den Abschluss der Studie bildet Kapitel 7, das Implikationen
für die Theorie und die Praxis entwickelt und einen Ausblick für zukünftige
Forschung geben wird.
103
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
5 Grundlagen und Methoden der Untersuchung
In den folgenden Abschnitten des fünften Kapitels sollen zunächst die Grundlagen
dieser
wissenschaftlichen
Studie
dargelegt
werden,
insbesondere
die
wissenschaftstheoretische Situierung und Ausrichtung. Im Anschluss daran werden
die drei entwickelten Wirkungsmodelle dargestellt. Die sich daraus ableitenden
Untersuchungshypothesen, welche bereits im vierten Kapitel, im Anschluss an die
jeweiligen Theoriekapitel, aufgelistet wurden, werden in Zusammenhang mit den
Wirkungsmodellen erneut präsentiert. Den Abschluss dieses fünften Kapitels
bilden die Ausführungen zum empirischen Design dieser Studie sowie die
Darlegungen zum forschungsmethodischen Vorgehen und der Datenerhebung.
5.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen und Ausrichtung
Marketing als Wissenschaft der Sozialforschung emanzipierte sich in den fünfziger
und sechziger Jahren zu einer eigenständigen Disziplin (Buzzell 1963). Der
richtige Weg der Erkenntnis jedoch beschäftigt die Disziplin auch nach ihrer
Emanzipation immer noch wie zu Beginn ihres Entstehens (Easton 2002, S. 103).
Die Marketingforschung lässt sich in einer vereinfachten Beschreibung in zwei
wissenschaftstheoretische Lager unterteilen: Zum Einen existiert die Schule,
welche aus der Realität allgemeingültige, objektive Erkenntnisse in Form von
empirisch überprüften Zusammenhängen und Wirkungsmodellen bereitstellen
möchte (Kromrey 1983, S. 28). Die andere Schule argumentiert, dass die
Sozialwissenschaft stets als subjektive Forschung betrachtet werden muss, da die
Betrachtung des Untersuchungsgegenstandes stets in einen sozialen Kontext
eingebunden ist. Dadurch werden objektive Werturteile und generalisierende
Aussagen verunmöglicht (Müller 2000, S. 136; Hunt 1993, S. 77).
Diese
beiden,
in
ihren
extremen
Ausprägungen,
gegensätzlichen
Forschungsrichtungen werden als quantitative und qualitative Forschung
bezeichnet.
104
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
5.1.1 Der kritische Rationalismus als Grundlage der empirischquantitativen Sozialforschung
Die empirisch-quantitative Sozialforschung basiert weitestgehend auf den Ideen
des kritischen Rationalismus. Dieser wiederum fusst auf der Annahme, dass
objektive Erkenntnis grundsätzlich gewonnen werden kann. Die Überprüfung von
Hypothesen steht am Ende des analytisch-nomologischen Forschungsprozesses:
Hypothesen sind Formulierungen und Vermutungen über Zusammenhänge des zu
beobachtenden Gegenstandes. Diese Gegenstände sind Teile einer feststellbaren
Realität, in der Gesetze und Strukturen existieren. Die Aufgabe der Wissenschaft
besteht darin, diese Gesetze und Strukturen zu entdecken, Hypothesen zu
formulieren und diese zu prüfen (Hildebrandt 2000, S. 36f). Das Testen der
Hypothesen unterliegt allerdings Einschränkungen (Kromrey 1983, S. 14).
Nach Popper (Popper 2002) weisen Hypothesen folgende Kriterien zwingend auf:
•
Hypothesen müssen sich auf die erfahrbare Welt beziehen.
•
Hypothesen müssen grundsätzlich an der Realität scheitern können;
Tautologien sind nicht zulässig.
Popper geht davon aus, dass eine Verifikation grundsätzlich nicht möglich ist, da
immer Zustände vorstellbar sind, welche die Aussage einer Hypothese widerlegen.
Damit grenzt er sich auch von der induktiven Vorgehensweise ab, indem er
verneint, dass ein Schliessen vom Speziellen auf das Allgemeine zulässig sei
(Popper 2002, S. 13 f).
Wie Hypothesen formuliert werden sollen, darüber geben Hildebrandt (Hildebrandt
2000) und Kromrey (Kromrey 1983) detailliert Auskunft. Nach der korrekten
Formulierung der Hypothesen werden diese mittels adäquater statistischer
Methoden an der Realität getestet. Diese Tests resultieren in der Annahme oder
dem sogenannten Verwerfen der Hypothese. Das Ende des Forschungsprozesses
besteht in der Identifikation von neuen relevanten Forschungslücken (Kromrey
1983, S. 35).
5.1.2 Das qualitative Forschungsvorgehen als alternativer
Erkenntnisweg
Eine zweite Forschungsschule, die sich neben der quantitativen etabliert hat, ist die
qualitative, welche sich an fünf Postulaten qualitativer Forschung orientiert. Sie
105
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
betont erstens die Subjektbezogenheit jeder Analyse und zweifelt an objektiv
erschlossener Erkenntnis wie dies die quantitative Forschung anstrebt (Mayring
1996, Flick 1998). Gegenstand humanwissenschaftlicher Forschung ist stets der
Mensch. Damit diesem komplexen Forschungsgegenstand Rechnung getragen
werden kann, schlägt die qualitative Forschung einen anders strukturierten
Forschungsprozess vor. An dessen Anfang steht als zweites Postulat die „genaue
und umfassende Beschreibung des Gegenstandsbereiches“ (Mayring 1996). Damit
einher geht auch die Forderung nach Einbezug von Daten verschiedener Quellen.
Diese Daten sowie der Untersuchungsgegenstand erschliessen sich dem Forscher
nie vollumfänglich, wodurch diese stets durch Interpretation erschlossen werden
müssen. Dieses Postulat ist der Hermeneutik zu verdanken, die darauf hingewiesen
hat, dass Forschung von Menschen betrieben immer mit subjektiven Intentionen
verbunden sei. Das vierte Postulat qualitativer Forschung zielt auf das Umfeld, in
welchem jene betrieben wird. Der Untersuchungsgegenstand soll nach Möglichkeit
stets in seinem natürlichen und alltäglichen Umfeld untersucht werden und
kritisiert damit die Verallgemeinerbarkeit von Laborexperimenten. Diese
Verallgemeinerbarkeit ist eine weitere evidente Forderung: Aufgrund der
Alltagsnähe und der Subjektbezogenheit stellt sich diese Verallgemeinerbarkeit
nicht zwangläufig ein, deshalb muss sie sorgfältig und schrittweise begründet
werden (Mayring 1996, S. 9ff, Lamnek 1988, S. 21ff).
Das methodische Spektrum qualitativer Forschung reicht von qualitativen
Interviews über Inhaltsanalyse bis hin zu diversen Formen der Beobachtung. Diese
Art der Forschung verfolgt immer das Ziel, ein tiefes Verständnis einzelner
Situationen zu erlangen (Lamnek 1989, S. 35ff). Eine häufig gebrauchte Methode
in der betriebswirtschaftlichen Forschung ist die Fallstudienforschung (Yin 1994).
Diese bietet sich vor allem zu Beginn einer Studie an. Durch diese Methode kann
den explorativen Bedürfnissen einer Studie gerecht werden. Ein häufig
proklamiertes Defizit der Fallstudienforschung liegt in der Generalisierbarkeit;
deshalb sollten die aus einer Fallstudie gewonnenen Erkenntnisse in einer
nachfolgenden quantitativen Studie überprüft und weiter untersucht werden
(Lamnek 1989, S. 9; Eisenhardt 1989, S. 541).
106
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
5.1.3 Die Betriebswirtschaftslehre als anwendungsorientierte
Sozialwissenschaft und der daraus resultierende
Forschungsprozess
Ulrich zufolge soll die betriebswirtschaftliche Forschung anwendungsorientiert
ausgerichtet sein (Ulrich 1981). Sein Wissenschaftsverständnis bestimmt zu
grossen Teilen auch den Prozess dieses Forschungsprojektes. Nach Ulrich liegt das
Bestreben betriebswirtschaftlicher Forschung nicht im Ziel, Grundlagenforschung
zu betreiben, sondern praxisrelevante Probleme aufzugreifen und durch adäquate
Lösungen diese in der Praxis zu verankern. Hypothesen werden induktiv aus
relevanten, meist einzelfallbasierten Praxisproblemen generiert und bei fehlenden
theoretischen Erklärungsmodellen weiter verfolgt (Ulrich 1981, S. 5).
Einen alternativen Weg zu der begrenzten rein quantitativen oder rein qualitativen
Marketingforschung zeichnet Tomczak (Tomczak 1992) auf. Eine sinnvolle
Triangulation sowie ein adäquater Methoden-Mix verschiedener quantitativer und
qualitativer Methoden wird als optimales forschungsmethodisches Vorgehen
gesehen (Desphande 1983, S. 106, Tomczak 1992, S. 77, Jick 1979, S. 602), denn
wie Chalmers (Chalmers 1999, S. 11f, Chalmers 2001, S. 131ff) ausführt, existiert
keine allgemein gültige wissenschaftliche Methodik.
Sinnvolle Hypothesen entstehen nach Tomczak auf der Basis von offenen
qualitativen
Studien,
die
das
Vorverständnis
des
zu
analysierenden
Forschungsgegenstandes fördern. Vielfach werden jedoch sogenannte ad hocThesen proklamiert, welche aufgrund defizitärer Theoriegebilde innerhalb der
Marketingwissenschaften eher problematisch sind. Jene Hypothesen werden im
weiteren Verlauf der Studie durch quantitative Methoden, wo möglich, überprüft,
falsifiziert und verworfen oder verbessert und wiederum untersucht. Dieser
Forschungsprozess verlangt aber einen sinnvollen Einsatz von qualitativen und
quantitativen Methoden (Tomczak 1992, S. 79ff). Erkenntnisse, die im Laufe des
qualitativen Forschungsteils gewonnen wurden, sollen durch bereits existierende
theoretische Modelle abgebildet werden. Diese sollen weiteren Tests unterzogen
werden, wodurch die wissenschaftliche Anschlussfähigkeit gewährleistet werden
kann.
107
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
5.2 Drei Wirkungsmodelle des Verhandlungserfolg und
Hypothesen für die empirische Untersuchung
Im Zentrum dieser Studie stehen Verhandlungen mit besonderer Berücksichtigung
von Verhandlungen im Verkauf. Diese weisen oft einen distributiven,
preisorientierten Charakter auf. Allerdings erlauben gerade solche Verhandlungen
die Integration von zusätzlichen verkaufsrelevanten Aspekten und Argumenten
(Saner 1997; Fisher, Ury et al. 2001). Die in Verkaufsverhandlungen zur
Verhandlung stehenden Traktanden dürfen nicht als sogenannter „fixed pie“
betrachtet werden. Die meisten Verhandlungsgegenstände lassen sich durch
zusätzliche, den „Kuchen vergrössernde“, Werte erweitern (Bazerman 1990;
Bazerman and Neale 1992). Gelingt es Verhandlungsmodellen, kognitive Effekte
so zu integrieren, dass ein Verhandlungsführer dies berücksichtigt und die
Verhandlung dadurch nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr erleichtert und die
Übereinkünfte
verbessert
problemlösungsorientierten
werden?
Diesbezüglich
Verhandelns,
die
nach
sind
Methoden
kreativen,
des
multiplen
Verhandlungslösungen suchen, zu analysieren (Lewicki, Hiam et al. 1998; Fisher,
Ury et al. 2001). Zur besseren Verständlich- und Lesbarkeit wurden die
Hypothesen bereits in Kapitel 4 im Anschluss an die jeweiligen theoretischen
Modellabschnitte (Abschnitte 4.1.3, 4.2.2 und 4.3.4) aufgeführt.
5.2.1 Wirkungsmodell und Hypothesenübersicht des HarvardKonzeptes
Zunächst wird dies anhand des normativen und problemlösungsorientierten
Harvard-Konzeptes gemacht. Die folgende Abbildung zeigt das aus der Theorie
abgeleitete und entwickelte Wirkungsmodell des Harvard-Konzeptes nach Fisher
und Ury.
108
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
ABB. 5-01: PFADDIAGRAMM HARVARD-KONZEPT MIT HYPOTHESEN UND MESSMODELLEN
Das präsentierte Pfaddiagramm enthält nicht nur alle aufgeführten Hypothesen,
sondern ebenfalls die nach dem Vorgehen von Homburg (Homburg and Becker
2000b, S. 95ff) bereinigten Modelle der Konstruktmessung. Diesbezüglich wird
allerdings dem sechsten Kapitel bereits vorgegriffen. Die in Kapitel vier
beschriebenen Faktoren „Menschen und Probleme“, „Interessen und Positionen“,
„Alternativen“ und „objektive Kriterien“ des Harvard-Konzeptes bilden das
reflektive Second-Order Konstrukt. Es wird vermutet, dass die konsequente und
richtige Handhabung und Anwendung des beschriebenen Harvard-Konzeptes einen
signifikanten Einfluss auf den angestrebten Verhandlungserfolg hat (H1+). Des
Weiteren wird vermutet, dass die einzelnen vier Faktoren des Harvard-Konzeptes
unterschiedlichen Einfluss auf das übergeordnete Konstrukt haben. Dies gilt es
ebenfalls zu analysieren (H2+ bis H5+). Die folgenden Hypothesen der Tabelle gilt
es zu überprüfen:
109
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Hypothese 1:
Das
Harvard-Konzept
hat
einen
positiven
Einfluss
auf
Verhandlungserfolg.
Hypothese 2:
Die Teilkompentenz „Trennung von Mensch und Sache“ bildet eine
relevante Komponente des Harvard-Konzeptes.
Hypothese 3:
Die Teilkompetenz „Interessen und Positionen unterscheiden“ hat einen
positiven Einfluss auf das Harvard-Konzept.
Hypothese 4:
Die Teilkompetenz „Alternativen erarbeiten“ bildet eine relevante
Komponente des Harvard-Konzeptes.
Hypothese 5:
Die Teilkompetenz „Kriterien“ bildet eine relevante Komponente des
Harvard-Konzeptes.
TAB. 5-01: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN ZUM HARVARD-KONZEPT
Im Mittelpunkt stehen die Ausgangsüberlegungen zum Verhandlungserfolg. Kann
ein Verhandlungsführer durch die konsequente Anwendung des Harvard-Konzepts
seinen
Verhandlungserfolg
maximieren
(These
1)?
Die
weiteren
Untersuchungshypothesen basieren auf vermuteten Kausalzusammenhängen
zwischen dem Verhandlungsmodell und seinen vier Faktoren. Diesbezüglich wird
vermutet, dass nicht jeder Faktor den gleichen Einfluss auf das übergeordnete
Konstrukt ausübt (These 2 bis These 5).
5.2.2 Wirkungsmodell und Hypothesen des Zyklischen
Verhandlungsmodells nach Gulliver
Die Methoden, die verwendet werden, um die Modelle adäquat zu untersuchen
entsprechen einerseits dem Untersuchungsgegenstand und andererseits den
Forderungen einer fundierten und seriösen Marketingforschung. Gullivers Zyklen
und Phasen wurden, wenn überhaupt, bis anhin mit qualitativen Methoden
erforscht. Es konnten keine relevanten quantitativ-empirischen Studien zum
vorliegenden Dissertationsthema hinzugezogen werden. Diese Analyse macht
Gebrauch von einem untersuchungsgegenstandsbezogenen Mix aus qualitativen
und quantitativen Methoden.
110
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Die theoretischen Überlegungen und Ausführungen aus dem Kapitel 4.3 münden
im nachstehenden Wirkungsmodell zum Zyklischen Verhandeln nach Gulliver.
ABB. 5-02: PFADDIAGRAMM ZYKLISCHES VERHANDLUNGSMODELL MIT HYPOTHESEN UND
MESSMODELLEN
Aus dem Pfaddiagramm, welches die vier in Kapitel 6 operationalisierten Faktoren
(f1, f2, f4 und f5), sowie das übergeordnete Konstrukt des „Zyklischen
Verhandeln“ und den Verhandlungserfolg beinhaltet, lassen sich fünf Hypothesen
ableiten. Im Zentrum des Wirkungsmodelles steht der Einfluss des Zyklischen
Verhandelns auf einen potentiellen Verhandlungserfolg (H1+). Die weiteren
Kausalbeziehungen beziehen sich auf den Einfluss der einzelnen Faktoren auf das
übergeordnetete Konstrukt. Diese sind in der nachfolgenden Tabelle formuliert.
Hypothese 1:
Das Zyklische Verhandlungsmodell hat einen positiven Einfluss auf
Verhandlungserfolg.
Hypothese 2:
Die Teilkompetenz „Informationen“ hat einen positiven Einfluss auf das
Zyklische Verhandlungsmodell.
111
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Hypothese 3:
Die Teilkompetenz „Erwartungen“ bildet eine relevante Teilkomponente
des Zyklischen Verhandlungsmodells.
Hypothese 4:
Der Faktor „Strategie“ bildet eine wichtige Teilkomponente des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
Hypothese 5:
Der Faktor „Taktik“ bildet eine relevante Teilkomponente des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
TAB. 5-02: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLS
Die Hypothesen werden im sechsten Kapitel anhand adäquater statistischer
Auswertungsverfahren getestet.
5.2.3 Wirkungsmodell und Untersuchungshypothesen des
Phasenmodells nach Gulliver
Das hier letzte entwickelte Wirkungsmodell basiert auf den theoretischen
Überlegungen und empirischen Analysen und Erkenntnissen von Gulliver (1979).
Sein Phasenmodell beschreibt den sequentiellen Prozess von Verhandlungen. Die
einzelnen
Phasen
sind
unterscheidbare,
aufeinanderfolgende
Sequenzen.
Allerdings machen sie keine expliziten Aussagen zu Verhandlungserfolg. Damit
ein Verhandlungsergebnis jedoch ausgehandelt werden kann, müssen die sieben
Phasen in chronologischer Abfolge absolviert und durchlaufen werden. Wie bereits
im theoretischen Absatz über das Phasenmodell in Kapitel 4 aufgezeigt wurde,
macht Gulliver keine Angaben über die „Verweil-Dauer“ in den einzelnen Phasen.
Es ist jedoch anzunehmen, dass nicht alle Phasen gleich wichtig sind.
112
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Das Phasenmodell wurde deshalb in sieben einzelne Faktoren zerlegt und das
nachfolgende Wirkungsmodell in Abbildung 5-03 wieder zusammengeführt.
ABB. 5-03: PFADDIAGRAMM PHASENMODELL NACH GULLIVER MIT HYPOTHESEN UND
MESSMODELLEN
Das Hauptaugenmerk liegt auf Hypothese H1(+), welche die Vermutung
beinhaltet, dass die konsequente und richtige Anwendung des Phasenmodells zu
erfolgreichem Verhandeln führt. Das prozessorientierte Verhandlungsmodell nach
113
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Gulliver (1979) ist ein sequentiell-chronologisches Verhandlungskonstrukt. Es
interessiert jedoch, wie die einzelnen Phasen isoliert betrachtet, Einfluss auf das
gesamte Verhandlungsmodell ausüben. Denn wie qualitative Studien von Laupper
(Laupper 1999) oder Schumacher (Schumacher 2004) gezeigt haben, sind nicht
alle Phasen gleich wichtig. Dies wird in den Hypothesen H2(+) bis H8(+)
dargestellt. Diese Vermutungen sollen mit dieser quantitativen Analyse erhärtet
werden. Die ausformulierten Überlegungen münden in den nachfolgenden, zu
testenden Untersuchungshypothesen
Hypothese 1:
Das Phasenmodell nach Gulliver hat einen positiven Einfluss auf
Verhandlungserfolg.
Hypothese 2:
Die Teilkompetenz „Suche nach einer Verhandlungsarena“ (Phase 1)
bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 3:
Die Teilkompetenz des „Agenda-Settings“ (Phase 2) bildet eine relevante
Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 4:
Die Teilkompetenz der „Exploration des Feldes und der Expression von
Differenzen“ (Phase 3) bildet eine relevante Komponente des
Phasenmodells.
Hypothese 5:
Die Teilkompetenz der „Annäherung der Differenzen“ (Phase 4) bildet
eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 6:
Die Teilkompetenz des „Übergangs zur Schlussverhandlung“ (Phase 5)
bildet eine relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 7:
Die Teilkompetenz der „Schlussverhandlung“ (Phase 6) bildet eine
relevante Komponente des Phasenmodells.
Hypothese 8:
Der Faktor des „Einigungsrituals“ (Phase 7) bildet eine relevante
Komponente des Phasenmodells.
TAB. 5-03: UNTERSUCHUNGSHYPOTHESEN ZUM PHASENMODELL NACH GULLIVER
Nachdem die drei Wirkungsmodelle und die daraus abgeleiteten Untersuchungshypothesen präsentiert wurden, gilt es, den Untersuchungsrahmen zu erläutern und
auszuführen. Dies ist Inhalt der nächsten Abschnitte. Zunächst wird das empirische
Design
dieser
Studie
ausgeführt.
Im
Anschluss
daran
sollen
das
forschungsmethodische Vorgehen und die Datenerhebung beschrieben werden.
114
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Diese Erläuterungen bilden die Basis für das auswertungsmethodische Vorgehen
und die Darstellung der Ergebnisse im darauf folgenden sechsten Kapitel.
5.3 Überblick über das empirische Vorgehen
Entsprechend der in Abschnitt 5.1.3 beschriebenen wissenschaftstheoretischen
Zuordnung, erfolgten daran im Anschluss die Ausführungen zu den drei
Wirkungsmodellen und den dazugehörigen Untersuchungshypothesen. „Questions
before methods!“, postuliert Punch (Punch 2000, S. 17) und unterstreicht damit,
dass sich die Wahl und der Einsatz der Forschungsmethoden an den inhaltlichen
Fragestellungen zu orientieren habe. Die ersten Forschungsschritte wurden im
März 2004 mit einer inhaltlichen Vertiefung (I) im Bereich der Forschungsfelder
Verhandeln und Marketing getätigt, wodurch erste Forschungslücken- und Fragen
eruiert werden konnten. Das von Punch (2000) geforderte Ziel wurde durch eine
umfassende Literaturanalyse (IIa) von deutsch- und englischsprachiger Literatur
sowie einzelnen gezielt geführten Einzelinterviews mit Verhandlungsexperten
(IIIb) verfolgt. Auf Basis dieser semi-strukturierten Interviews sowie der
Literaturanalyse wurden die ersten konkreten Forschungsfragen (IIIa) formuliert.
Im Anschluss daran wurden die zu überprüfenden Modelle in Faktoren zerlegt und
Indikatoren dazu formuliert (IV). Dieser Itempool entstand nicht nur aus einer
Ableitung der Theorie sondern auch aus Aussagen und Anregungen aus den
geführten Interviews. Diese ersten Schritte (I bis IV) dienten dazu, einen
Fragebogen zu entwickeln, der die in den vorangegangenen Abschnitten
aufgeführten Untersuchungshypothesen zu testen vermochte.
Dieser erste Fragebogen wurde in einem qualitativen Pre-Test (V) einerseits auf
eine inhaltliche Validität und andererseits auf sprachliche Verständlichkeit hin
überprüft. Dieser Pre-Test hatte eine Indikatorenreduktion, Praxisrelevanz und
sprachliche Verbesserung der verbleibenden Items zum Ziel. Dieses wurde
angestrebt und erreicht durch die Befragung von Experten aus Wissenschaft und
Praxis.
115
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
ABB. 5-04: EMPIRISCHES DESIGN DER DISSERTATION VON ALEXANDER HASLER
Die quantitativ-empirische Studie (VI) mit dem postulierten Ziel, die drei
Verhandlungsmodelle und die daraus abgeleiteten Untersuchungshypothesen zu
testen,
wurde
mittels
eines
standardisierten,
schriftlichen
Fragebogens
durchgeführt. Die Befragung von Verkäufern und Verhandlungsführern in der
Baubefestigungsbranche fand anhand eines Online-Fragebogens statt. Im
Anschluss an die Befragung der Versuchspersonen wurden die Daten aufbereitet
und die Hypothesen anhand adäquater statistischer Auswertungsverfahren getestet
(VII). Die Datenaufbereitung und die diversen statistischen Auswertungen wurden
mit den Computerprogrammen „SPSS 14.0“ und „Amos 6“ durchgeführt. Die
Ergebnisse dieses forschungsmethodischen Schrittes werden ausführlich im
sechsten Kapitel besprochen. Den Abschluss des Forschungsprozesses bildet die
Zusammenfassung der Ergebnisse (VIII) und ein Ausblick für zukünftige
weiterführende Forschung im Bereich der Verhandlung.
Grundsätzlich lässt sich die Dissertation in einen empirisch-qualitativen (IIIb und
V) und einen empirisch-quantitativen (VI und VII) Forschungsblock unterteilen.
Dieser Mix von quantitativen und qualitativen Methoden wird der Komplexität
dieser Studie und den Anforderungen an eine zeitgemässe empirische
Marketingforschung gerecht (Jick 1979, S. 602). Diesbezüglich verfolgt der
Forschungsansatz auch die Ansprüche Tomczaks (Tomczak 1992) und dies in der
116
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Tradition
Ulrichs
mit
dem
Ziel,
letztendlich
die
Verbesserung
der
Verkaufsverhandlungspraxis anzustreben.
5.3.1 Forschungsmethodisches Vorgehen und Datenerhebung
Am Anfang des Dissertationsprojektes standen das Interesse am Forschungsgebiet
sowie die Kenntnis darüber, dass es zwar Verhandlungsmodelle gibt, diese aber
keine Aussagen über Verhandlungserfolg ermöglichen.
5.3.1.1 Explorative Phase
In einer ersten explorativen Phase wurde durch eine Literaturanalyse, vor allem der
Verhandlungs- aber auch der Marketingforschung ein Body of Literature erarbeitet
und aktuelle Forschungsgebiete erörtert. Damit das Thema eingegrenzt und das
Verständnis geschärft werden konnte, wurden sechs halb-strukturierte Interviews
mit Führungskräften geführt. Diese Gespräche hatten zum Ziel, die Relevanz des
Themas für die Praxis zu evaluieren und Input für die Wissenschaft einzuholen.
Die Interviews wurden alle in der Schweiz in deutscher Sprache durchgeführt und
folgten dem nachstehenden Interviewleitfaden.
ABB. 5-05: FRAGEKATALOG FÜR SEMI-STRUKTURIERTE INTERVIEWS
Die persönlichen Gespräche dauerten zwischen 45 und 90 Minuten, wurden
aufgezeichnet und transkribiert. Im Anschluss an die Transkription bekamen die
117
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Gesprächspartner das ausführliche Gesprächsprotokoll zugesandt. Alle InterviewProtokolle wurden von den Gesprächspartnern gelesen, redigiert und für diese
Studie freigegeben.
Resultat dieser explorativen Phase mit dem Literaturstudium und den
Einzelinterviews waren konkrete Forschungsfragen und in die Studie mündende
empirische Richtlinien. Ferner war die praktische Relevanz durch die Aussagen in
den Gesprächen legitimiert. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde eine
quantitativ-empirisches Vorgehen gewählt, welches in den folgenden Abschnitten
ausführlicher beschrieben werden soll.
5.3.1.2 Quantitativ-empirische Studie
Ziel der Studie ist es, Zusammenhänge zwischen diversen Variablen von
Verhandlungsmodellen zu entdecken und vermutete Zusammenhänge zwischen
diesen Variablen und Verhandlungserfolg zu überprüfen. Somit schliesst an eine
erste explorative eine zweite konfirmatorische Phase. Damit quantitative
Auswertungsverfahren angewandt werden können, bestand die Notwendigkeit,
eine ausreichend grosse Stichprobe zu generieren. Deshalb wurde auf die
standardisierte, schriftliche Befragung zurückgegriffen (Homburg and Becker
2000b, S. 81).
Stichprobenbildung und Gewinnung von Probanden
Zur Beantwortung der Forschungsfragen sollten Verhandlungsführer, nach
Möglichkeit solche im Verkauf, den Fragebogen bearbeiten. Nach anfänglichem
Bestreben eine branchenübergreifende Befragung durchzuführen, wurde dieses
Anliegen verworfen. Aufgrund der Einzelinterviews in der explorativen Phase
konnten keine signifikanten Unterschiede über Branchen hinweg festgemacht
werden. Deshalb wurde eine möglichst homogene Stichprobe angestrebt. Aufgrund
der beruflichen Nähe und Kontakte des Autors wurde als Branche die der
Baubefestigung ausgewählt und bearbeitet. Die Umfrage beschränkte sich
aufgrund sprachlicher wie auch beziehungsspezifischer Überlegungen auf den
deutschsprachigen Raum Europas.
118
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Konzeption und Pretest des Fragebogens
Auf der Grundlage der explorativen Phase wurde ein Fragebogen konzipiert (s.
Anhang). Da die Umfrage im europäisch-deutschsprachigen Raum stattfinden
sollte, wurde der Fragebogen in deutscher Sprache ausformuliert. Der Fragebogen
enthält fünf Themenfelder. Diese beinhalten Fragen zu:
Persönliche Angaben der Befragten
Phasen des Verhandelns
Zyklen des Verhandelns
Integrativen Verhandlungsstrategien nach Fisher und Ury
Flankierende Themenfelder wie Verhandlungspartner, Geschlecht u.s.w.
Der Autor entwickelte alle Indikatoren und Faktoren selbstständig auf Basis der
drei in Kapitel 4 beschriebenen Verhandlungsmodelle, da auf keine bestehenden
Skalen zurückgegriffen werden konnte. Deshalb genoss die Ausarbeitung des
Untersuchungsinstrumentes auch grösste Aufmerksamkeit. Bevor der Fragebogen
an die gezogene Stichprobe versandt werden konnte, sollte er einer „zweiten
Lesung“ unterzogen werden (Mummendey 2003, S. 62). Diese zweite Lesung
verhindert zum einen, dass sprachlich unkorrekte Items in den Fragebogen
aufgenommen werden und prüft zum anderen, ob sich die in Erwägung gezogenen
Indikatoren inhaltlich auch effektiv auf die Faktoren beziehen (Homburg and
Giering 1996, S. 14). Der erste Prestest bestand darin, die Itemanzahl anhand von
Expertengesprächen von zirka 180 auf 130 zu verringern. Dazu wurden im März
2006 Führungskräfte mit Verhandlungserfahrung befragt. Pro Faktor sollten nicht
mehr als fünf Items in den Fragebogen aufgenommen werden. Ferner wurde der
Online-Fragebogen von Verkäufern und Akademikern auf seine Verständlichkeit
hin
überprüft.
Weitere
Pretests,
wie
explorative
oder
konfirmatorische
Faktorenanalysen, werden in einem vorgelagerten Schritt zur Analyse und
Interpretation durchgeführt.
Durchführung der Befragung
Die internationale Befragung fand in drei Etappen, nach Ländern geteilt, statt. In
Kalenderwoche 13 wurden 29 Probanden in Österreich angeschrieben, von denen
26 die Umfrage angeklickt haben. Von diesem Sample haben 22 Prozent die
Umfrage auch beendet. Die zweite Etappe wurde in Kalenderwoche 18 zur
119
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Beantwortung des Fragebogens eingeladen. Diesbezüglich wurden die Probanden
von ihrem nationalen Verkaufsleiter (Schweiz) zusätzlich aufgefordert, an der
Befragung vollzählig teilzunehmen. Dies führte zu einer Beteiligung von total 83
Probanden, was 46,73 Prozent am Gesamtsample ausmacht. Die dritte Etappe
umfasste eine Verkaufsregion in Deutschland. Dieser Sample stellte mit 46 Prozent
auch den grössten Anteil an den 177 retournierten Fragebögen dar. In den
jeweiligen Ländern wurden nach rund zwei Wochen die ersten Erinnerungen für
die Teilnahme an der Befragung versandt. Diese Prozedur wurde insgesamt
zweimal wiederholt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit des Fragebogens lag
bei einer guten halben Stunde. Als Anreiz, diese halbe Stunde zu investieren,
wurden die Verlosung von Büchergutscheinen und ein Management Summary mit
den Ergebnissen der Studie in Aussicht gestellt. Diese Massnahmen führten zu
einem Rücklauf von insgesamt 179 Fragebögen, was einer effektiven
Rücklaufquote
von
53,15
Prozent
entspricht.
Diese
ausserordentlich
zufriedenstellende Rücklaufquote lässt sich auf drei Ursachen zurückführen: Die
Probanden wurden von ihren jeweiligen Vorgesetzten ermutigt, sich die Zeit zur
Beantwortung des Fragebogens zu nehmen. Des Weiteren ist der OnlineFragebogen äusserst attraktiv gestaltet und einfach und schnell zu bearbeiten.
Zuletzt muss festgehalten werden, dass das Thema „Verhandlungserfolg“ viele
Personen einfach interessiert und dies die Teilnahmefreude begünstigt. Um eine
Verzerrung der Resultate zu verhindern, mussten weitere 19 Fragebögen aufgrund
inkonsistentem
Antwortverhalten
ausgeschlossen
werden.
Der
bereinigte
Nettoumfang der Befragung beträgt somit 160, was einen bereinigten Rücklauf von
48,04 Prozent bedeutet.
Stichprobenstruktur und Repräsentativität
Die quantitativ-empirische Umfrage besteht aus einem Online-Fragebogen, der
sich an verhandelnde Verkäufer im Innen- sowie Aussendienst richtet. Ferner
werden ehemalige Verkäufer der selben Firma, die als Produktmanager arbeiten,
ebenfalls in die Umfrage miteinbezogen. Die äusserst homogene Stichprobe
besteht aus Personen aus der Baubefestigungsbranche und den Ländern
Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zur Umfrage eingeladen wurden 333
Personen. Davon teilgenommen haben 177. Dies entspricht einer Rücklaufquote
120
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
von 53.15 Prozent. „Weiterhin sollten die Befragten einer möglichst homogenen
Stichprobe entstammen, da die Höhe der Korrelationen zwischen den
Untersuchungsmerkmalen
(Variablen)
durch
den
Homogenitätsgrad
der
Befragungsstichprobe beeinflusst wird“ (Backhaus, Erichson et al. 2003, S. 269).
Die folgende Abbildung zeigt die Struktur der Stichprobe:
ABB. 5-06: MERKMALSSTRUKTUR DER STICHPROBE (VERKAUFSVERHANDLUNGS-BEFRAGUNG
2006)
Die Abbildung zeigt, dass von 333 Personen insgesamt 177 den Fragebogen
beantwortet haben. Der zweite Balken von links zeigt die Verteilung über die drei
Länder. Deutschland stellt diesbezüglich mit 46,73 Prozent knapp mehr Probanden
als die Schweiz mit 41,71 Prozent. Der geringe Anteil aus Österreich hängt mit der
geringen
Anzahl
angeschriebener
österreichischer
Probanden
zusammen.
Erwartungsgemäss tief liegt die Frauenquote: Nur gerade ein wenig mehr als 8
Prozent Frauen haben sich an der Umfrage beteiligt. Da der Frauenanteil in der
Baubefestigungsbranche jedoch ähnlich tief ist, sind die 8 Prozent Teilnehmer
nicht aussergewöhnlich tief. Fast 60 Prozent aller Probanden arbeiten im
Aussendienst als Verkaufsberater und sind täglich mit deren Kunden am
121
Kapitel 5: Grundlagen und Methoden der Untersuchung
Verhandeln. Die restlichen rund 40 Prozent arbeiten im Innendienst: 22,61 Prozent
stehen
in
Verkaufscenter
in
täglichem
Kundenkontakt
und
führen
Verkaufsverhandlungen. Rund 10 Prozent verkaufen Produkte über das Telefon.
Die Ausbildung der 177 teilnehmenden Probanden ist äusserst heterogen. Mit
34,67 Prozent den grössten Anteil stellen Personen mit einem kaufmännischen
Hintergrund dar. Ähnlich gross ist der Anteil handwerklich ausgebildeter Personen.
Rund 26 Prozent der Fragebögen wurden von Individuen mit Gymnasium,
Fachhochschule oder Universität beantwortet.
Das nächste Kapitel beschreibt zunächst das auswertungsmethodische Vorgehen
der Studie. Im Anschluss daran werden die Resultate der statistischen Analysen
dargestellt und ausgeführt.
122
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
6 Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung
der Ergebnisse
Im Zentrum des sechsten Kapitels steht die quantitative Analyse zur Beurteilung
und Optimierung der Mess- und Strukturmodelle. Im ersten Abschnitt soll ein
Überblick über die verschiedenen verwendeten Auswertungs-Methoden und deren
chronologischer Einsatz gegeben werden. Im Anschluss daran werden die
methodischen Grundlagen der Modellschätzung sowie die Operationalisierung der
Modellkonstrukte dargelegt. Ferner sollen die Ergebnisse der Strukturmodelle
erläutert werden. Den Abschluss bildet eine zusammenfassende Betrachtung der
Resultate.
Die
Interpretation
dieser
Daten
und
Berechnungen,
die
Schlussfolgerungen und die forschungsmethodischen Implikationen daraus sind
jedoch Gegenstand des siebten und abschliessenden Kapitels.
6.1 Überblick über das auswertungsmethodische Vorgehen
Die quantitative Analyse zur Beurteilung und Optimierung der Messmodelle und
Strukturmodelle ist, wie auch die methodische Vorgehensweise, an die
Empfehlungen und das Vorgehen von Homburg und Giering (Homburg and
Giering 1996) angelehnt.
123
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Dieses lässt sich der folgenden Abbildung mit deren neun Schritten entnehmen.
ABB. 6-01: ÜBERBLICK ÜBER DIE AUSWERTUNGSVERFAHREN NACH HOMBURG UND GIERING
(HOMBURG AND GIERING 1996, S. 12)
Die ersten vorgelagerten, auswertungstechnischen Schritte bestanden darin, wie
bereits
in
Absatz
5.3.1.2
ausgeführt,
anhand
von
Interviews
und
Expertengesprächen die Grobkonzeptionalisierung und Indikatorenreduktion der
zu
untersuchenden
Konstrukte
vorzunehmen.
Der
erste
statistisch-
auswertungsmethodische Schritt besteht in der Berechnung des Cronbachschen
Alphas, das die interne Konsistenz der Indikatoren eines Faktors misst (Nunnally
1978, Cronbach 1951, Churchill 1979, S. 68). Im Anschluss daran wird eine
weitere allfällige Indikatoren-Reduktion anhand der Item to Total-Korrelation
durchgeführt. Durch diesen Schritt besteht die Möglichkeit, das Cronbachsche
Alpha zu optimieren (Churchill 1979, S. 68). Wenn die einzelnen Konstrukte die
Anforderungen der beiden soeben aufgeführten Methoden erfüllen, wird durch die
explorative Faktorenanalyse (EFA) kontrolliert, ob diese Faktoren sich auch
effektiv extrahieren lassen (Homburg and Giering 1996, S. 12). Die Methoden der
ersten Generation weisen Nachteile bezüglich der Beurteilung von Reliabilität und
124
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Validität (Bagozzi and Phillips 1982, Hildebrandt 1984, S. 44), aber auch
bezüglich von Messfehlereinflüssen auf. Die konfirmatorische Faktorenanalyse
(KFA) vermag diese Schwächen zu beheben. „Die Überlegenheit der
konfirmatorischen Faktorenanalyse sowie der mit ihr verbundenen Methoden (…)
ist in der Marketingforschung mittlerweile unumstritten“ (Homburg and Giering
1996, S. 9). Im folgenden Abschnitt werden methodische Grundlagen der KFA, die
ein Sonderfall der Kausalanalyse darstellt und als Kovarianzstrukturanalyse
bezeichnet wird, dargelegt und auf weiterführende Literatur verwiesen. Die
postulierten auswertungsmethodischen Schritte sind auf Konstrukt- wie auch auf
Dimensionen-Ebene durchzuführen. Die verlangten Cut-Off Werte lassen sich
Tabelle 6-01 entnehmen.
6.2 Methodische Grundlagen der Auswertung
Durch verschiedene empirische Testverfahren soll ermittelt werden, ob die
entwickelten Verhandlungsmodelle auch wirklich die Realität abbilden. Die
folgenden statistischen Methoden sollen zum Einsatz gebracht werden:
• Explorative
Faktorenanalyse
(EFA)
zur
Ermittlung
potenzieller
Indikatorenstruktur
• Cronbachsches Alpha (CA)
• Item-to-Total-Korrelationen (ItTK)
• Konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) zur Validierung verschiedener
Konstruktannahmen
• Kausalanalyse mit AMOS zur Überprüfung theoretisch postulierter
Zusammenhänge.
Die statistischen Verfahren wurden alle mit den Statistikprogrammen SPSS 14.0
(Bühl 2006) und AMOS 6 (Arbuckle 1999; Paul 2001) gerechnet.
Durch die explorative Faktorenanalyse kann die einer Indikatorengruppe zugrunde
liegende Faktorenstruktur erörtert und untersucht werden (Hartung and Elpelt
1989, S. 505ff; Steinhauser 1997, S. 20). Bei der Extraktion der Faktoren wird das
Kaiser-Kriterium angewandt, welches die Faktoren durch einen Eigenwert grösser
1 bestimmt (Kaiser 1974, S. 31ff). Nicht nur sollte der Eigenwert eines extrahierten
125
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Faktors grösser 1 betragen, weiter sollte die durchschnittlich erklärte Varianz eines
solchen Faktors mehr als 50 Prozent betragen (Becker 1999, S. 82).
Das Cronbachsche Alpha (Cronbach 1951) bemisst die Reliabilität einer Gruppe
von Indikatoren, die einen Faktor bilden (Nunnally 1978; Gerbing and Anderson
1988, S. 190). Die Reliabilität eines Faktors kann wertemässig zwischen 0 und 1
liegen. Nach Nunnally sollte ein Faktor mindestens 0.7 vorweisen (Nunnally 1978,
S. 245), diesbezüglich ist die Diskussion jedoch noch nicht abgeschlossen (Cortina
1993) und es werden auch Messmodelle publiziert, die einen geringeren Wert
vorweisen (Desphande, Farley et al. 1993, S. 30).
Eine Möglichkeit, das Cronbachsche Alpha eines Faktors zu verbessern, liegt in
der Item-to-Total-Korrelation (ItTK). Durch die Elimination des Indikatores mit
der niedrigsten Item-to-Total-Korrelation wird das CA verbessert (Churchill 1979,
S. 68). Die ItTK misst die Korrelation zwischen einem Indikator und der Summe
aller dem entsprechenden Faktor zugeordneten Indikatoren (Nunnally 1978, S.
274).
Die soeben diskutierten Verfahren werden der ersten Generation zugerechnet und
in neueren Arbeiten (Gerbing and Anderson 1988; Bagozzi and Phillips 1982)
aufgrund ihrer restriktiven Annahmen kritisiert (Gerbing and Anderson 1988, S.
190). Kritisiert werden zunächst die ungenügende Beachtung von Messfehlern
sowie die Grundlagen der Verfahren der ersten Generation, die im wesentlichen
nur auf Faustregeln basieren (Gerbing and Anderson 1988, S. 189f).
Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) überwindet diese Kritikpunkte und
erweist sich deshalb den Verfahren erster Generation als überlegen (Jöreskog
1966; Jöreskog 1967; Bagozzi and Phillips 1982; Peter 1996, S. 142). Da die
Konstrukte latente Variablen beinhalten, welche durch direkt beobachtbare
Indikatoren erhoben werden, können ihnen in der Regel Messfehler anhaften (vgl.
Siems 2003, S. 123). Die KFA arbeitet mit sogenannten reflektiven Indikatoren
(Mühlmeier 2004, S. 168ff; Homburg 2000a, S. 72f), die fehlerbehaftete
Messungen
der
zugrunde
liegenden
Faktoren
darstellen.
Einer
der
Hauptunterschiede zwischen der EFA und der KFA liegt in der Zuordnung der
Indikatoren. So werden bei der KFA diese fest einem Faktor zugeordnet. Bei der
KFA erfolgt eine detaillierte Spezifikation eines Messmodells mit dem Ziel, ein
postuliertes Modell möglichst gut an die empirisch gewonnen Daten anzupassen.
126
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Diesbezüglich
stehen
dem
Analysten
verschiedene
Schätzmethoden
zur
Verfügung: das Maximum Likelihood-, das Weighted Least Squares (WLS)-, das
Unweighted Least Squars (ULS)- sowie das Generalized Least Squares (GLS)Verfahren (Jöreskog and Sörbom 1989, S. 18ff). Die Schätzergebnisse werden mit
Hilfe von Globalkriterien und Detailkriterien geprüft und beurteilt.
Die folgenden Kriterien kommen in der vorliegenden Studie zum Einsatz und
sollen kurz präsentiert und knapp diskutiert werden:
• Indikatorreliabilität
• die durchschnittlich erfasste Varianz
• Signifikanztest der Faktorladung
• χ2-Test zur Beurteilung der Anpassungsgüte
• GFI, AGFI, NFI, CFI, RMSEA, RMR
Die Indikatorreliabilität beschreibt für ein einzelnes Item deren Anteil an der
Varianz für einen Faktor. Die Werte der Indikatorreliabilität liegen zwischen 0 und
1, wobei hohe Werte besser als tiefe sind. Der gängigste Cut-Off-Wert bei der
Indikatorreliabilität liegt bei 0,4 für einen Indikator, obwohl darüber in der
Literatur noch diskutiert wird (Bagozzi and Baumgartner 1994, S. 402). Bei der
vorliegenden Studie wird der Cut-Off-Wert (für eine Übersicht über die diversen
Cut-Off-Werte sei auf Tab. 6-01 verwiesen) ebenfalls bei 0,4 festgelegt, wobei
inhaltliche Überlegungen zu Ausnahmen führen können.
Signifikanztests der Faktorladungen dienen dazu, inferenzstatistische Aussagen
über die allgemeine Gültigkeit der Beziehungen zwischen den Indikatoren und
Konstrukten machen zu können (Homburg 2000a, S. 88ff).
Der χ2-Test misst das Verhältnis zwischen dem Chi-Quadrat-Wert und den
Freiheitsgraden und dient zur Überprüfung der Validität eines Modells. Modelle
mit Werten kleiner 3 sprechen für die Richtigkeit und Annahme des Modells,
wobei auch bezüglich dem χ2-Test verschiedene Meinungen existieren und der
Wert kleiner 3 ein eher strenges Mass darstellt (Homburg 2000a, S. 93;
Hildebrandt 1983, S. 105).
127
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Der GFI, der sogenannte Goodness of Fit-Index und der AGFI, der adjusted GFI
sind beschreibende Masse zur Beurteilung der globalen Anpassung eines Modells
an die Daten (Jöreskog and Sörbom 1989, S. 44). Der NFI, der normed Fit-Index,
beurteilt die Anpassungsgüte des Zielmodels durch den Vergleich mit einem
Basismodell. Der CFI bezieht im Vergleich zum NFI zusätzlich noch die
Freiheitsgrade mit ein. Die Cut-Off-Werte werden in dieser Studie bei 0,9
festgelegt (Peter 1996, S. 156), wobei auch hier wiederum nicht dogmatisch an den
Werten festgehalten werden wird. Ein weiteres Gütemass wird durch den RMSEA
ausgedrückt, den sogenannten Root Mean Squared Error of Approximation. Die
Nullhypothese dieses Prüfkriteriums wird dabei meist so gefasst, dass ein guter Fit
dann vorliegt, wenn der RMSEA-Wert unter 0,08 liegt (Braunstein 2000, S. 231).
Der RMR, der sogenannte Root-Mean-Square-Residuals-Index erfasst den Anteil
der Restvarianz der durch das Modell nicht erklärt wird. Diesbezüglich wird ein
Wert von kleiner 0,1 verlangt.
Die ganze Diskussion dieser Beurteilungskriterien und Cut-Off-Werte hat
allerdings keine generellen Hinweise geliefert, wann ein ganzes Modell
abzulehnen ist (Fritz 1995, S. 142-143). Die Beurteilung der nachfolgenden Messund
Strukturmodelle
erfolgt
nicht
auf
reiner
Fokussierung
bestimmter
Gütekriterien, vielmehr wird eine inhaltsorientierte Argumentation verfolgt
(Homburg and Baumgartner 1995, S. 1101). Dies auch im Sinne, dass „nicht eine
simultane Erfüllung aller spezifizierten Kriterien“ (Homburg 2000a, S. 93)
gefordert wird. Geringfügige Verletzungen einzelner Kriterien werden als
akzeptabel betrachtet und dementsprechend behandelt.
Eine weitere Anforderung an das empirische Auswertungsverfahren besteht in der
Fähigkeit, Beziehungen zwischen exogenen Modellvariablen abzubilden, sowie die
im Vorfeld aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. Obwohl sich kausale
Beziehungen
durch
alle
mathematisch-statistischen
Verfahren,
die
auf
regressionsanalytischen Überlegungen basieren, überprüfen lassen, genügen diese
den Anforderungen dieser Arbeit nicht (vgl. Peter 1996, S 144). Die klassische
Regressionsanalyse scheitert an den Anforderungen, einerseits Messfehler zu
berücksichtigen, sowie kausale Relationen zwischen exogenen Variablen
aufzustellen und andererseits an der unmittelbaren Überprüfung der postulierten
Hypothesen des Modells. Aufgrund dieser Limitationen wird in dieser Arbeit auf
128
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
das Strukturgleichungsverfahren „Amos“ zurückgegriffen, welches durch seine
höhere Leistungsfähigkeit den Anforderungen dieser Studie genügt. Für eine
vertiefende Auseinandersetzung des Strukturgleichungsverfahrens „Amos“ sei vor
allem auf Barbara Byrne verwiesen (Byrne 2001, Bühner 2006, S. 236ff, Trier
2002).
6.3 Operationalisierung der Modellkonstrukte
6.3.1 Vorgehensweise bei der Operationalisierung der
Modellkonstrukte
Damit die beschriebenen Faktoren empirisch überprüft werden können, gilt es im
Rahmen der Konstruktoperationalisierung, die in den drei Modellen verwendeten
latenten Variablen durch beobachtbare Indikatoren messbar zu machen. Als ein
adäquates Vorgehen erweist sich im Rahmen der Qualitätsbeurteilung dabei die
Zugrundelegung von Reliabilitäts- und Validitätskriterien (Homburg and Giering
1996, S. 6) der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen ersten und zweiten
Generation (a.a.O., S. 118f). Dieses Vorgehen schlägt in einem ersten Schritt die
Reliabilitätsbewertung der verwendeten Skalen mit Hilfe des Cronbachschen
Alphas und der Item to Total-Korrelation sowie eine Validitätsprüfung auf Basis
der exploratorischen Faktorenanalyse (EFA) (Verfahren der ersten Generation)
vor. Der zweite Schritt besteht in der konfirmatorischen Faktorenanalyse (KFA),
welche die explizite Berücksichtigung von Messfehlern und inferenzstatistischen
Prüfungen der Modellparameter erfüllt. Die KFA, die an gewisse Voraussetzungen
gebunden ist, wird zur Überprüfung der im Rahmen der EFA ermittelten
Strukturen herangezogen (Homburg and Pflesser 2000, S. 416). Als graphische
Darstellung in Form eines Pfaddiagrammes enthält das Strukturmodell latente
unabhängige, latente abhängige Variablen und die vermuteten Zusammenhänge
zwischen diesen.
129
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Interne Konsistenz- und Konvergenzreliabilität
Mindestmass und Handlungsoption
Ebene der Indikatoren
Faktorladung (EFA)
≥ 0.40
Item to Total-Korrelation (RA)
Ggf. Elimination des Indiktors mit dem
niedrigsten Wert
Indikatorreliabilität (RA)
≥ 0.4
Ebene der Konstrukte
Cronbachsche Alpha (RA)
≥ 0.70
Anzahl der extrahierten Faktoren (EFA)
= 1.00
Erklärte Varianz (EFA)
≥ 0.50
Faktorreliabilität (KFA)
≥ 0.60
Durchschnittlich erfasste Varianz
≥ 0.50
p-Wert (KFA)
≥ 0.05
RMSEA (KFA)
≥ 0.08
χ2 / df
GFI und AGFI (KFA)
CFI (KFA)
NFI (KFA)
≤ 3.00
≥ 0.90
≥ 0.90
≥ 0.90
EFA: Explorative Faktorenanalyse; RA: Reliabilitätsanalyse; KFA: Konfirmatorische Faktorenanalyse
TAB. 6-01: POSTULIERTE CUT-OFF-WERTE BEI DEN VERFAHREN 1. UND 2. GENERATION
Die in dieser Studie verwendeten Cut-Off Werte entsprechen den Forderungen in
der Literatur (s. Bühner 2004, S. 203 ff., Homburg and Pflesser 2000, S. 651,
Jensen 2001, S. 96). Geringfügige Verletzungen der einzelnen geforderten
Kriterien (Homburg 2000a, S. 93) werden in Kauf genommen, solange das
Gesamtbild für eine hohe Qualität der Messung spricht (a.a.O, S. 93; Jensen 2001,
S. 96). Für eine weitergehende Diskussion der Gütekriterien und der Cut-Off
Werte wird an dieser Stelle auf Homburg (Homburg 2000a, S. 87-95), Jensen
(Jensen 2001, S. 89-96) und Bühner (Bühner 2004, S. 202-206) verwiesen.
6.3.2 Operationalisierung des Harvard-Konzeptes
Im folgenden Abschnitt wird das bekannte „Harvard-Konzept“ operationalisiert
und die statistischen Werte der vier postulierten Messmodelle aufgezeigt. Die
inhaltliche Erarbeitung der vier Faktoren erfolgte bereits im Kapitel 4.1.3 und soll
an dieser Stelle nicht noch einmal ausgeführt werden. Die zu operationalisierenden
Faktoren basieren auf den Arbeiten von Fisher und Ury (Fisher, Ury et al. 2001,
Fisher 1995, Fisher and Ertel 1997, Ury 1992). Tabelle 6-02 gibt einen Überblick
über die in der Erhebung verwendeten Indikatoren: Sie zeigt zum Einen alle Items,
die im Fragebogen zur Erhebung der Dimension Harvard-Konzept benötigt und
130
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
verwendet wurden und zum Anderen die einzelnen Faktoren der Dimension. Die
Indikatoren wurden wie auch die Indikatoren der beiden anderen Dimensionen
anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben, deren Ankerpunkte von „stimme zu“
bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss an diesen Überblick sollen die
einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte präsentiert werden.
trennen
Positionen
Interessen und
Item
Indikator
Während einer Verhandlung müssen Probleme rational gelöst werden.
v_105
Wenn ich verhandle, belaste ich nie die Beziehung zwischen den Verhandlungsparteien, weil ich
v_106
das Verhandlungsproblem von den Menschen trenne.
Wenn ich Probleme auf der Beziehungsebene miteinbeziehe, behindert das eine Verhandlung
v_107
bezüglich ihres Erfolges.
Emotionen, welche die Verhandlung behindern, müssen angesprochen und ausgeräumt werden.
v_108
Bei emotionalen Äusserungen höre ich zu und bleibe ruhig.
v_109
Ich stelle mir immer die Frage, was mein Verhandlungspartner wirklich will.
v_110
Oft ist es so, dass die Verhandlungspartner gar nicht das wollen, was sie sagen.
v_111
Man gerät oft in ein Feilschen um Positionen, die gar nicht im Interesse der Verhandlung sind.
v_112
Ich versuche unabhängig von einer bestimmten Position, einen Verhandlungsgegenstand zu
v_113
beurteilen.
Ich kommuniziere meine Interessen deutlich und erkennbar, damit die Verhandlung zu einem
v_114
alternativen
Verhandlungs-
erfolgreichen Abschluss kommen kann.
Kriterien
Dimension Harvard-Konzept
Menschen & Probelme
Faktor
Es ist wichtig, während einer Verhandlung mehrere Verhandlungsoptionen zu entwickeln.
v_115
Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es eher zu einem Abschluss kommt, wenn mehrere
v_116
Möglichkeiten auf dem Tisch sind.
Wenn nur eine Variante verhandelt wird, ist die Wahrscheinlichkeit eines Verhandlungsabbruchs
v_117
viel grösser.
Beim Streben nach einem Verhandlungsergebnis beziehe ich die gegnerische Partei mit ein.
v_118
Ein Verhandlungsergebnis sollte für beide Parteien das bestmögliche Resultat sein.
v_119
Das Verhandlungsergebnis muss objektiven Standards gerecht werden.
v_120
Allgemeingültige Prinzipien helfen, vernünftige Verhandlungsergebnisse zu erzielen.
v_121
Verhandeln nach objektiven Kriterien belastet die Beziehung der beiden Verhandlungsparteien
v_122
nicht.
Ein Verhandlungsergebnis aufgrund objektiver Kriterien ist nachhaltiger als eins, bei welchem
v_123
eine Partei die Kriterien vorgegeben hat.
Bei der Einigung auf Kriterien anhand derer das Verhandlungsergebnis verglichen wird, spielt
v_124
Macht eine Rolle.
TAB. 6-02: IN DER BEFRAGUNG VERWENDETE INDIKATOREN DES HARVARD-KONZEPTES
Die vier Messmodelle sollen wie auch die Faktoren der beiden anderen
Dimensionen anhand der gleichen Methoden der ersten und zweiten Generation
statistisch überprüft werden. Einen ausführlichen Überblick über die vier
Konstrukte und deren Ergebnisse der statistischen Auswertungen gibt die
nachfolgende Tabelle 6-03.
131
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Die Beurteilung der Skala „Menschen & Probleme trennen“ liefert nur teilweise
zufrieden stellende Resultate. Das Cronbachsche Alpha (CA) mit nur 0.636 sollte
höher ausfallen und erreicht den verlangten Wert von 0.7 nicht. Ferner wird durch
den Faktor auch zu wenig durchschnittliche Varianz erfasst. Im Zuge der
Realiabilitätstests wird ein Item eliminiert, wodurch sich die Konsistenz des
Faktors ein wenig besser wird. Die verbleibenden vier Items laden jedoch
genügend hoch auf den Faktor. Die Ergebnisse der zweiten Generation bestätigen
den
Eindruck
der
Resultate
der
ersten
Generation:
So
sind
die
Indikatorreliabilitäten ausreichend, dürften mitunter aber höher ausfallen. Die pWerte erfüllen zweimal nur das Signifikanzniveau 0.005. Die globalen Fitmasse
dahingegen
sind
ausreichend
(RMSEA=0.000,
AGFI=0.985,
GFI=0.999,
NFI=0.994, CFI=1.000), wodurch die Anpassung des Modells an die Realität als
gelungen betrachtet werden kann.
Das zweite Messmodell beschäftigt sich mit „Interessen und Positionen“ nach
Fisher und Ury. Die vier übrig bleibenden Items erklären eine durchschnittlich
erfasste Varianz von 54.643 Prozent und erfüllen auch die Mindestanforderung des
Cronbach Alphas mit 0.721. Im Zuge der Reliabilitätsanalysen wird ein Item
eliminiert. Die Methoden der zweiten Generation zeigen ebenfalls ein zufrieden
stellendes Bild: So laden die einzelnen Items höher als die geforderten 0.4 auf den
Faktor und die p-Werte erfüllen die Signifikanzniveaus. Die Gütemasse der KFA
erfüllen zu guter Letzt ebenfalls die geforderten Mindestwerte (RMSEA=0.000,
AGFI=0.976, GFI=0.995, NFI=0.989, CFI=1.000), insbesondere auch der
Standardized RMR mit 0.0209, wodurch sich auch das zweite Messmodell als
tauglich zur Operationalisierung des Harvard-Konzeptes erweist.
132
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Ausgangslage
1. Generation
2. Generation
.514
.701
.47
.002
v_109
.557
.629
.68
***
v_110
.684
.687
.49
(***)
v_111
.636
.767
.75
***
622
.788
.83
***
***
.721
54.643
v_113
.698
.631
.42
v_114
.721
.565
eliminiert
v_115
.604
.846
.75
(***)
.662
.716
.73
***
.688
.695
.60
***
v_118
.695
.658
.40
***
v_119
.723
.555
eliminiert
v_120
.631
.782
.61
(***)
.659
.708
.61
***
.678
.693
.49
***
v_123
.612
.805
.82
***
v_124
.754
.432
eliminiert
v_117
.723
v_121
v_122
.754
56.129
57.759
NFI
v_108
CFI
eliminiert
GFI
p-Wert Signifikanzniveaus
.412
Indikatorelim. in Gen 1)
Indikatorreliabilität
.636
47.846
AGFI
Probl.
Mensch. &
Interessen
∅ erf. Varianz (in Prozent) (Wert nach
.003
.636
Ladung
(***)
.45
(Item-to-Total-Kriterium)
.81
.655
v_112
Möglichk.
CA nach Items-Elimination
.722
.545
Cronbachs Alpha (CA)
.511
v_106
v_116
Verh.-
KFA
v_105
v_107
Kriterien
Dimension Harvard-Konzept: Verhandlungsstil und Verhalten
(Wert nach Indikatorelim. in Gen 1)
EFA
RMSEA
Stufe 1
.000
.985
.999
1.000
.994
.000
.976
.995
1.000
.989
.058
.955
.996
.996
.990
.000
.999
1.000
1.000
1.000
TAB. 6-03: ÜBERSICHT ÜBER DIE WERTE DER MESSMODELLE DER DIMENSION HARVARDKONZEPT
Die dritte Skala dieser Dimension, „Verhandlungsmöglichkeiten“, zeigt ein
ähnliches Bild wie die vorhergegangene Skala: Durch die Elimination des Items
v_119 erhöht sich die Konsistenz der Skala auf ein genügendes CA von 0.723. Die
verbleibenden vier Items laden alle ausreichend hoch auf den Faktor und erklären
eine Varianz von 56.129 Prozent. Interessant erweisen sich auch die Ergebnisse der
KFA: So laden die vier Indikatoren mit mindestens 0.4 auf den Faktor, wobei Item
v_118 gerade diesen Cut-Off-Wert erreicht. Dies könnte unter Umständen auch ein
133
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Grund dafür sein, dass bei den globalen Gütemassen der RMSEA durchaus im
Rahmen, aber ein wenig höher als bei den anderen Skalen ausfällt
(RMSEA=0.058, AGFI=0.999, GFI=1.000, NFI=0.990, CFI=1.000). Auch der
Standardized RMR mit einem Wert von 0.0195 erlaubt nicht die Ablehnung der
Skala „Verhandlungsmöglichkeiten“.
Die vierte und letzte Skala des Harvard-Konzeptes operationalisiert den Aspekt der
„Verhandlungs-Kriterien“. Von den vier Skalen, die das Harvard-Konzept zu
operationalisieren
versuchen,
ist
dieser
Faktor
der
stärkste
mit
einer
durchschnittlich erfassten Varianz von 57.759 Prozent und einem CA von 0.754,
das nach der Elimination anhand der ItTK erreicht wird. Der durchwegs positive
Eindruck wird durch die Ergebnisse der KFA bestätigt: Die globalen Gütemasse
schaffen die Cut-Off Anforderungen mühelos (RMSEA=0.000, AGFI=0.999,
GFI=1.000, NFI=1.000, CFI=1.000). Auch der Standardized RMR mit einem Wert
von 0.0025 bestätigt ein sehr gutes Bild, welches durch die Indikatorreliabilitäten
und p-Werte der einzelnen Items unterstrichen wird. Die Anpassung dieser Skala
an die Realität kann ohne weiteres angenommen werden.
6.3.3 Operationalisierung der Zyklen des Verhandelns
Im folgenden Abschnitt sollen die „Zyklen des Verhandelns“ von P.H. Gulliver
operationalisiert und die statistischen Werte der einzelnen Messmodelle aufgezeigt
und erläutert werden. Die ausführliche, inhaltlich-theoretische Vertiefung dieses
Verhandlungsmodelles findet in Kapitel 4.3.1 statt.
Gulliver unterscheidet sieben Faktoren der Zyklen des Verhandelns. Diese sieben
Faktoren wurden in einem ersten Schritt anhand 15 Indikatoren beschrieben. Die
qualitative Validierung durch Experten zog eine Indikatorenreduktion nach sich.
Im Anschluss an diese Indikatorenreduktion wurden diese sieben Faktoren in den
Fragebogen zu Verhandlungserfolg aufgenommen. Die statistisch-quantitative
Aufbereitung und Auswertung wich jedoch vom Prozess von Homburg und
Giering (Homburg and Giering 1996) ein wenig ab: Auf Faktorenebene liessen
sich die sieben theoretisch postulierten Faktoren zwar statistisch operationalisieren,
allerdings liessen sie sich auf Dimensionenebene zu ungenau voneinander trennen.
Daraufhin wurde eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt, die nur noch
gerade vier Faktoren der „Zyklen des Verhandelns“ zu Tage förderte. Mit diesen
134
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
vier Faktoren wurde der Auswertungs- und Aufbereitungsprozess von Homburg
und Giering (Homburg and Giering 1996) wieder aufgenommen.
Somit
lassen
sich
für
diese
Studie
vier
relevante
„Zyklen“
im
Verhandlungsgeschehen unterscheiden. Zunächst wird anhand der untenstehenden
Tabelle ein Überblick über diese erste von insgesamt drei Dimensionen, sowie
über die einzelnen Indikatoren gegeben. Diese Tabelle zeigt zum einen alle Items,
die im Fragebogen zur Erhebung der Dimension der Zyklen des Verhandelns
verwendet wurden und zum anderen die einzelnen theoretischen Faktoren dieser
Dimension. Die darauffolgende Tabelle gibt einen Überblick über die bereinigten
Faktoren und Indikatoren. Im Anschluss daran zeigt Tabelle 6-06 die statistischen
Werte. Auch diese Indikatoren wurden anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben,
deren Ankerpunkte von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss
an diesen Überblick sollen die einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte
präsentiert werden.
Dritt-Parteien
Wahrnehmung
Item
Indikator
Je mehr ich über die andere Partei weiss, desto besser sind meine Verhandlungschancen.
v_50
Die Beachtung von Informationen beeinflusst, wie ich meinen Verhandlungskontrahenten sehe
v_51
und wahrnehme.
Meine Verhandlungsplanung basiert auf allen gesammelten Informationen.
v_52
Der Einbezug on externen Informationsquellen ist wichtig bei der Informationssammlung.
v_53
Auch ohne Informationen von Anderen schliesse ich Verhandlungen erfolgreich ab.
v_54
Der Prüfung von relevanten Informationen kann nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden.
v_55
Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab.
v_56
Verhandeln bedeutet auch, dass man sich auf die gegnerische Partei genau so konzentriert wie
v_57
auf die eigene.
Forderungen und Erwartungen
Ein guter Verhandler braucht ein Gespür für wichtige Informationen.
v_58
Ich bin immer aufmerksam gegenüber Informationen meiner Verhandlungspartner.
V_59
Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab.
v_60
Ich muss die Erwartungen der Verhandlungspartner kennen, damit ich meine Verhandlungsziele
v_61
festlegen kann.
Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine
v_62
Verhandlung.
Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine
v_63
Verhandlung.
Je mehr ich über die Ziele der Gegenseite weiss, desto leichter erreiche ich meine eigenen
v_64
Verhandlungsziele.
Strategie
Verhandlungs-
Dimension Zyklen des Verhandelns
Informationen von
Faktor
Meine Strategie wird im wesentlichen durch die Informationen, die ich besitze, definiert.
v_65
Relevante Informationen fliessen direkt in meine Verhandlungsstrategie ein.
v_66
Meine Strategie beinhaltet, welche Taktiken ich wann anwende.
v_67
Meine Strategie ist ein Plan, der durch die erhaltenen Informationen definiert wird.
v_68
Es ist wichtig zu wissen, dass man in Bezug auf die Verhandlung nie alles weiss.
v_69
135
zone
Einigungs-
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Ich passe meine Verhandlungsziele neuen Informationen immer wieder an.
v_70
Bevor ich in eine Verhandlung trete, bin ich mir zumindest über mein Minimalziel im Klaren.
v_71
Bevor ich in eine Verhandlung trete, bin ich mir zumindest über mein Maximalziel im Klaren.
v_72
Vor einer Verhandlung hab ich mir ein Wunschergebnis zwischen Minimal- und Maximalziel
v_73
definiert.
Meine Verhandlungstaktiken sind stark beeinflusst durch die während der Verhandlung
v_75
taktiken
Verhandlungs-
erhaltenen Informationen.
Ich passe meine Taktik der Verhandlungssituation an.
v_76
Wenn ich beim Gegner eine Schwäche entdecke, dann greife ich diese sofort auf.
v_77
Ich nutze Schwächen von Verhandlungspartnern immer gleich aus.
v_78
Wenn ich merke, dass mein Verhandlungspartner nicht die relevanten Informationen preisgibt,
v_79
abgabe
Informations-
dann halte auch ich wichtige Infos zurück.
Wenn ich Informationen abgebe, schafft das Vertrauen.
v_80
Ich gebe Informationen ab, damit die Verhandlung vorankommt.
v_81
Informationen sind bei einer Verhandlung das wichtigste Element.
v_82
Mit meinen abgegebenen Informationen will ich meinen Kontrahenten gezielt beeinflussen.
v_83
Durch meine Informationen versuche ich, den Verhandlungspartner für meine Verhandlungsziele
v_84
zu gewinnen.
TAB. 6-04: FAKTOREN UND INDIKATOREN DIMENSION ZYKLEN DES VERHANDELNS
Die Indikatoren der Tabelle 6-04 wurden zunächst auf Faktorenebene den
Verfahren der ersten Generation unterzogen. Diesbezüglich hätten die Resultate
den
Cut-Off-Werten
genügt,
allerdings
liessen
sich
die
Faktoren
auf
Dimensionenebene nicht genügend scharf voneinander trennen. Problematisch
waren diesbezüglich vor allem die drei sehr informationslastigen Faktoren
(Informationen von Dritt-Parteien, Wahrnehmung von Informationen und
Informationsabgabe), die statistisch kaum voneinander zu unterscheiden waren und
deshalb in einem einzigen Faktor „Information“ zusammengeführt wurden.
Deshalb wurde diese Dimension, im Gegensatz zu den beiden anderen, einer
Hauptkomponentenanalyse unterzogen. Diese brachte eine Verdichtung von
ursprünglich sieben Faktoren auf nur noch vier mit sich.
136
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Item
Indikator
Je mehr ich über die andere Partei weiss, desto besser sind meine Verhandlungschancen
v_50
Die Beachtung von Informationen beeinflusst, wie ich meinen Verhandlungskontrahenten sehe
v_51
und wahrnehme.
Meine Verhandlungsplanung basiert auf allen gesammelten Informationen.
v_52
Der Einbezug on externen Informationsquellen ist wichtig bei der Informationssammlung.
v_53
Meine Strategie beinhaltet, welche Taktiken ich wann anwende.
v_67
Je mehr ich über die Ziele der Gegenseite weiss, desto leichter erreiche ich meine eigenen
v_64
Strategie
Verhandlungsziele.
Meine Strategie wird im Wesentlichen durch die Informationen, die ich besitze, definiert.
v_65
Meine Strategie ist ein Plan, der durch die erhaltenen Informationen definiert wird.
v_68
Informationen sind bei einer Verhandlung das wichtigste Element.
v_82
Von der Wahrnehmung der Verhandlungssituation hängt meine Strategie ab.
Ich
Erwartung
Zyklen des Verhandelns
Information
Faktor
muss
die
Erwartungen
der
Verhandlungspartner
kennen,
v_56
damit
ich
meine
v_60
Je mehr ich über die Erwartungen der Gegenseite weiss, desto leichter fällt mir eine
v_63
Verhandlungsziele festlegen kann.
Anpassung
Verhandlung.
Ich passe meine Verhandlungsziele neuen Informationen immer wieder an.
v_70
Meine Verhandlungstaktiken sind stark beeinflusst durch die während der Verhandlung
v_75
erhaltenen Informationen.
Ich passe meine Taktik der Verhandlungssituation an.
v_76
TAB. 6-05: FAKTOREN UND INDIKATOREN DER DIMENSION ZYKLEN DES VERHANDELNS NACH
HAUPTKOMPONENTENANALYSE
Der erste Faktor „Information“ der Dimension „Zyklen des Verhandelns“,
bestehend aus fünf Indikatoren, wird durch ein knapp genügendes Cronbach Alpa
(CA) von 0.696 beschrieben. Die Ergebnisse der explorativen Faktorenanalyse sind
jedoch
ausreichend
mit
einer
zwar
ebenfalls
nur
knapp
genügenden
durchschnittlich erfassten Varianz von 46.862 und Ladungen zwischen 0.504 und
0.743. Die konfirmatorische Faktorenanalyse (KFA) dieses ersten Messmodelles
erbringt folgende Ergebnisse: Die Indikatorreliabilitäten (IR) der Items liegen
zwischen ausreichenden 0.48 und 0.65. Die p-Werte genügen allesamt den
höchsten
Anforderungen.
Die
globalen
Gütekriterien
(RMSEA=0.000,
AGFI=0.976, GFI=0.992, NFI=0.974, CFI=1.000) weisen ebenfalls auf eine sehr
gute Anpassung des Messmodells an die Realität hin. Auch der Standardized RMR
mit einem Wert von 0.0251 spricht für die Beibehaltung des Fünf-IndikatorenModells
zur
Operationalisierung.
Die
detaillierten
Ergebnisse
der
Operationalisierung der einzelnen Faktoren lassen sich der Tabelle 6-06
entnehmen.
137
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Das zweite Messmodell dieser Dimension besteht aus vier Items. Das CA fällt mit
einem Wert von 0.750 sehr positiv aus. Ferner bestechen die Indikatoren durch
sehr hohe Faktorladungen von 0.672 bis 0.839. Die Güte dieser Werte wird
ebenfalls durch die hohe durchschnittlich erfasste Varianz mit einem Wert von
57.723 bestätigt. Die statistischen Werte der KFA übertreffen diejenigen der EFA:
Die
globalen
Gütekriterien
des
zweiten
Messmodells
(RMSEA=0.000,
AGFI=0.996, GFI=0.999, NFI=0.998, CFI=1.000) fallen sehr zufrieden stellend
aus und weisen ebenfalls auf eine gute Anpassung des Messmodells an die Realität
hin. Auch der Standardized RMR mit einem Wert von 0.0073 ist ausreichend,
wodurch das Messmodell ins Strukturmodell integriert werden kann.
Ausgangslage
1. Generation
2. Generation
***
.62
***
v_52
.696
.626
.706
46.862
v_53
.616
.743
.65
***
v_67
.681
.722
.48
***
v_64
.730
.672
.55
(***)
v_65
.644
.839
.78
***
.665
.769
.73
***
v_82
.724
.739
.58
***
v_56
.422
.728
.68
(***)
.481
.872
.59
***
v_63
.564
.575
.47
***
v_70
.586
.833
.50
(***)
.435
.789
.73
***
.538
.596
.58
***
v_60
v_75
v_76
.750
.593
.620
57.723
57.203
59.440
NFI
***
.59
CFI
.49
.637
GFI
.504
.638
AGFI
.670
v_51
Ladung
p-Wert
∅ erf. Varianz (in Prozent)
(Item-to-Total-Kriterium)
CA nach Items-Elimination
Indikatorreliabilität
mationen
F2 Strategie
wartun
F4 Er-
KFA
v_50
v_68
passung
F5 An-
Dimension Zyklen des Verhandelns
F1 Infor-
Cronbachs Alpha (CA)
EFA
RMSEA
Stufe 1
.000
.976
.992
1.000
.974
.000
.996
.999
1.000
.998
Df = 0
Df = 0
TAB. 6-06: OPERATIONALISIERUNG DER ZYKLEN DES VERHANDELNS NACH GULLIVER
Der dritte Faktor der „Zyklen des Verhandelns“ operationalisiert die Erwartungen,
mit denen ein Verhandlungsführer in eine Verhandlung steigt. Dieses Messmodell
besteht aus drei Indikatoren, welche eine durchschnittlich erfasste Varianz von
138
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
57.203 aufweisen. Des Weiteren laden die drei Items zwischen .575 bis .872
ausreichend hoch auf den Faktor. Aufgrund der eher tiefen Indikatorenanzahl fällt
das Cronbach Alpha mit .593 bescheiden aus. Bei Skalen, die nur aus drei Items
bestehen, liegt der Cut-Off-Wert des Cronbach-Alphas bei 0.6 (Bühner 2006,
Homburg and Giering 1996). Deshalb kann das CA von .593 auch akzeptiert
werden. Die Resultate der statistischen Auswertungsverfahren der zweiten
Generation bestätigen die Ergebnisse der EFA: Die P-Werte sind alle auf hohem
Niveau signifikant, nur gerade ein Item zeichnet sich durch eine etwas tiefere IR
aus.
Die
Ermittlung
globaler
Gütemasse
ist
aufgrund
perfekter
Modellidentifikation (df=0) nicht möglich. Obwohl das CA sowie vereinzelte
Ladungen der Items den Cut-Off nicht erreichen, wird das Messmodell aufgrund
inhaltlicher Validität und Überlegungen beibehalten und nicht eliminiert.
Der letzte Faktor dieser Dimension zeichnet sich durch bessere Werte als der
vorherige Faktor aus. Mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von 59.440 und
Ladungen zwischen 0.596 und 0.833 fällt höchstens die Ladung des Items v_76
knapp aus, wobei es nicht eliminiert werden muss. Auch das CA fällt mit 0.620
nicht hervorragend, aber doch zufrieden stellend aus. Die Resultate der Verfahren
der zweiten Generation widerspiegeln die der EFA voll und ganz. Die
Indikatorreliabilitäten der drei Items liegen zwischen 0.500 und 0.730 und dies auf
einem sehr strengen Signifikanzniveau. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist
aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht möglich. Die Werte der EFA
sowie vor allem der KFA lassen auf eine ordentliche Anpassung des Modells an
die Realität schliessen, was zur Annahme dieses Konstruktes führt.
Generell jedoch muss festgehalten werden, dass die Operationalisierung dieser
Dimension sich problematisch gestaltet hat. Vereinzelte Werte genügen den
postulierten Gütekriterien und deren Cut-Off-Werten nicht. Allerdings wurde
weiter oben bereits auf eine inhaltsorientierte Argumentation und Validität
hingewiesen. Diese wird zwar auch nicht bei der soeben operationalisierten
Dimension überstrapaziert, doch zumindest wird der Sinn dieses Postulats durch
diese Dimension klar.
139
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
6.3.4 Operationalisierung der Phasen des Verhandelns
Im folgenden Abschnitt sollen die „Phasen des Verhandelns“ operationalisiert und
die statistischen Werte der einzelnen Messmodelle aufgezeigt und erläutert
werden. Für die inhaltlich-theoretische Vertiefung der einzelnen Phasen des
Verhandelns nach Gulliver sei an dieser Stelle auf das Kapitel 4.3.3 verwiesen.
Gulliver (Gulliver 1979) unterscheidet für diese Studie sieben relevante Phasen im
Verhandlungsprozess15. Zunächst wird anhand der untenstehenden Tabelle 6-07
ein Überblick über diese Dimension, sowie über die einzelnen Indikatoren
gegeben. Diese Tabelle zeigt zum einen alle Items, die im Fragebogen zur
Erhebung der Dimension Phasen des Verhandelns benötigt und verwendet wurden
und zum anderen die einzelnen Faktoren der Dimension. Die Indikatoren wurden
anhand einer fünfgliedrigen Skala erhoben, deren Ankerpunkte von „stimme zu“
bis „stimme nicht zu“ reichen. Im Anschluss an diesen Überblick sollen die
einzelnen Faktoren und deren statistischen Werte präsentiert werden.
15
Effektiv unterscheidet Gulliver im Totalen neun Verhandlungsphasen. Für diese Arbeit sind jedoch nur die sieben postulierten von
Relevanz und werden weitergehend untersucht.
140
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Faktor
Item
Die erste Chance für ein gutes Verhandlungsergebnis liegt in der Übernahme der Organisation
Indikator
v_35
Phase 1
Verhandlungsort
des Verhandlungsortes.
Bei der Suche nach einem Verhandlungsort verhalte ich mich immer kooperativ.
v_36
Wer den Verhandlungsort bestimmt, hat einen enormen Verhandlungsvorteil.
v_37
Wenn der Verhandlungspartner aus der Organisation des Verhandlungsortes einen zu grossen
v_38
Vorteil schlägt, muss dieser neu verhandelt werden.
Die meisten Verhandlungspartner unterschätzen die Wahl und Wichtigkeit der Suche nach einem
v_39
Verhandlungsort.
Die Bestimmung der zu verhandelnden Punkte macht einen Grossteil des Verhandlungserfolges
v_40
Phase 2
Agenda
aus.
Ich bin eher erfolgreich, wenn ich die Verhandlungspunkte selbst gestalten kann.
v_41
Bei der Festlegung der Verhandlungspunkte folge ich einem klaren problemlösungsorientierten
v_42
Ansatz.
Bei der Bestimmung der Verhandlungspunkte versuche ich, meine eigenen Punkte stärker zu
v_43
Exploration
Am Anfang einer Verhandlung versuche ich, meine Forderungen möglichst hoch zu
v_45
Informationen (…) zu Beginn einer Verhandlung sind wichtig, aber zumeist nicht entscheidend.
v_46
Mit meinen Forderungen am Anfang provoziere ich meine Verhandlungspartner bewusst.
v_47
Zu Beginn einer Verhandlung mache ich bewusst auf Unterschiede aufmerksam.
v_48
Ich lasse im ersten Teil einer Verhandlung bewusst Emotionen zu.
v_49
Nach einem ersten sehr emotionalen Teil mit übertriebenen Forderungen beginnt eine weniger
v_85
emotionale Phase bei der man sich gegenseitig annähert.
Durch die Benennung der Differenzen wechselt das Verhandlungsverhalten von kompetitivem
v_86
(durch Konkurrenz bedingtes, eher feindseliges Verhalten) zu kooperativem Verhalten.
Die Verhandlung gelangt nur dann zum Abschluss, wenn die Anzahl der Verhandlungs-
v_87
Möglichkeiten auf irgendeine Weise verkleinert wird.
Kooperatives Verhalten ist enorm wichtig, damit eine Verhandlung zum Abschluss kommt.
Schlussverhandlung
Phase 3
v_44
positionieren.
Annäherung der Parteien
Phase 4
Phase 5
Vorbereitung
Mit dem Stil, wie man sich auf die Verhandlungspunkte einigt
v_88
Wenn die Schlussverhandlung naht, behindern Emotionen eine Verhandlung nur.
v_89
Bevor man sich über die Hauptpunkte einigen kann, müssen sich die Verhandlungspartner soweit
v_91
angenähert haben, dass eine Einigung möglich wird.
Damit eine Verhandlung zu einem redlichen Ende geführt werden kann, müssen sich beide
v_93
Parteien über die Ober- und Untergrenzen im Klaren sein.
Wenn die Differenzen zwischen den Parteien nicht genau definiert worden sind, ist es nicht
v_94
sinnvoll zu den Schlussverhandlungen überzugehen.
Während der Verhandlung muss eine Zwischenvereinbarung bezüglich einer Ober- und
v_207
Phase 6
Untergrenze getroffen werden.
Schlussverhandlung
Phasen des Verhandelns nach Gullliver
gewichten als die der anderen Partei.
Wenn es zur Schlussverhandlung kommt, bin ich mir über meine Erwartung völlig im Klaren.
v_95
Wenn es zur Schlussverhandlung kommt, weiss ich, was die andere Seite will.
v_96
Wenn es gegen Ende einer Verhandlung geht, bin ich mir bewusst, was meine
v_97
Verhandlungspartner von mir erwarten.
Gegen Schluss einer Verhandlung bin ich eher zu Zugeständnissen bereit als zu Beginn.
v_98_re
Übertriebene Forderungen akzeptiere ich im letzten Teil einer Verhandlung nicht mehr.
v_99
141
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Phase 7
Einigungsritual
Ein Einigungsritual am Ende einer Verhandlung festigt das Verhandlungsergebnis.
v_100
Eine Verhandlung sollte mit einem Handschlag oder einer Unterschrift besiegelt werden.
v_101
Ich finde es gut, am Ende einer Verhandlung eine symbolische Bekräftigung der Übereinkunft zu
v_102
vollziehen.
Ich finde es wichtig, dass das Verhandlungsresultat auf eine symbolische Art beschlossen wird.
v_103
Ein Einigungsritual nach Beendigung der Verhandlung wirkt sich positiv auf weitere
v_104
Verhandlungen mit derselben Verhandlungspartei aus.
TAB. 6-07: FAKTOREN UND INDIKATOREN DER DIMENSION PHASEN DES VERHANDELNS
Der erste Faktor dieser Dimension, der in dieser Arbeit empirisch analysiert wird,
ist bei Gulliver die „Phase 1: Verhandlungsort“. Dieses Messmodell weist ein
zufrieden stellendes Cronbach Alpha (CA) von 0.850 auf, allerdings erst nachdem
anhand der Item-to-Total-Korrelation (ItTK) ein Item ausgeschlossen werden
musste. Die daraufhin durchgeführte explorative Faktorenanalyse (EFA) führt mit
einer Varianzaufklärung durch den extrahierten Faktor von 69.124% sowie über
dem Mindestmass liegenden Faktorladungen ebenfalls zu guten Ergebnissen.
Dadurch
kann
anhand
vier
Items
das
Konstrukt
„Verhandlungsort“
operationalisiert werden. Dieses Ergebnis wird im Folgenden durch die
Modellschätzung der konfirmatorischen Faktorenanalyse (KFA) bestätigt: Die
Fitmasse (RMSEA=0.039, AGFI=0.963, GFI=0.993, NFI=0.992, CFI=0.998)
weisen auf eine sehr gute Anpassung des Messmodells an die Realität hin. Ferner
genügen die p-Werte, sowie auch die Indikatorreliabilitäten (IR) der vier geprüften
Items den Anforderungen. Auch der Standardized RMR mit einem Wert von
0.0161
spricht
für
die
Beibehaltung
des
Vier-Indikatoren-Modells
zur
Operationalisierung der Phase 1 des Verhandelns nach Gulliver. Die detaillierten
Ergebnisse der Operationalisierung der einzelnen Faktoren lassen sich der Tabelle
6-08 entnehmen.
Das nächste Messmodell, Phase 2 nach Gulliver „Agenda“, fällt durch ein
ungenügendes CA von 0.611 auf, welches erst durch die Elimination von zwei
Items zustande kommt. Die Ergebnisse der EFA sind jedoch ausreichend mit einer
erfassten durchschnittlichen Varianz von 57.175 und Ladungen zwischen 0.628
und 0.836. Die KFA erbringt folgende Ergebnisse: Die IR der Items liegen
zwischen 0.46 und 0.83. Die p-Werte genügen den Anforderungen. Die Ermittlung
globaler Gütemasse ist aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht
142
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
möglich. Prinzipiell müsste dieses Konstrukt eliminiert werden, allerdings soll es
aufgrund inhaltlicher Validität beibehalten werden.
Ausgangslage
1. Generation
2. Generation
***
v_38
.680
.783
.69
***
v_39
.654
.830
.75
***
v_40
.599
.628
.46
(***)
v_41
.385
.766
.82
***
**
**
v_42
.611
57.175
eliminiert
v_43
.545
.836
.53
v_44
*
*
eliminiert
v_45
.708
.578
.45
.737
.577
.656
.717
.57
***
v_48
.661
.712
.69
***
v_49
.609
.846
.76
***
v_85
.752
.755
.63
(***)
v_86
.721
.777
.75
***
.73
***
v_47
v_87
.737
.796
62.352
.796
.449
eliminiert
v_89
.728
.813
.72
***
v_91
.652
.505
.46
(***)
v_93
.599
.727
.73
***
.640
.622
.62
***
v_207
.540
.899
.67
***
v_95
.658
.795
.68
(***)
v_96
.644
.826
.70
***
.70
***
.734
.993
.998
.992
.000
.996
1.000
1.000
.999
.076
.942
.988
.990
.981
.000
.977
.998
1.000
.993
Df = 0
eliminiert
56.520
v_88
v_97
.963
(***)
.806
.679
.039
***
.726
v_94
NFI
.86
CFI
69.124
GFI
.879
.850
AGFI
p-Werte Signifikanzniveaus
.635
v_37
Indikatorelim. in Gen 1)
Indikatorreliabilität
∅ erf. Varianz (in Prozent) (Wert nach
***
eliminiert
Ladung
.76
.008
(Item-to-Total-Kriterium)
.830
.850
CA nach Items-Elimination
.658
v_36
Cronbachs Alpha (CA)
Phase 1
Phase 2
Phase 3
Phase 4
Phase 5
KFA
v_35
v_46
Phase 6
Dimension Phasen des Verhandelns
(Wert nach Indikatorelim. in Gen 1)
EFA
RMSEA
Stufe 1
55.543
65.348
.641
.803
v_98_re
***
***
eliminiert
V_99
****
****
eliminiert
Df = 0
143
Phase 7
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
v_100
.848
.827
.77
(***)
v_101
.877
.728
.62
***
.79
***
v_102
.880
.853
.829
69.180
v_103
.836
.911
.88
***
v_104
.854
.810
.79
***
.087
.928
.981
.988
.980
TAB. 6-08: STATISTISCHE WERTE DER OPERATIONALISIERUNG DER PHASEN DES VERHANDELNS
Das nächste zu operationalisierende Konstrukt ist die Phase 3 (Exploration)
welches durch ein CA von 0.737 besticht. Die EFA genügt mit einer
durchschnittlich erfassten Varianz von 56.520 und im Rahmen liegenden
Ladungen der einzelnen Indikatoren. Im Zuge der Anwendung der Methoden der
ersten Generation wird das Item v_46 (Informationen (…) zu Beginn einer
Verhandlung sind wichtig, aber zumeist nicht entscheidend) aufgrund einer zu
geringen
Faktorenkonsistenz
eliminiert.
Signifikante
p-Werte
und
Indikatorreliabilitäten, sowie sehr gute Fitmasse (RMSEA=0.000, AGFI=0.996,
GFI=1.000, NFI=0.999, CFI=1.000) zeichnen die Ergebnisse der KFA aus.
Abschliessend genügt auch der Standardized RMR mit guten 0.0049. Die
ermittelten Werte sprechen insgesamt für das Messmodel „Phase 3: Exploration“.
Die nächste zu operationalisierende Phase ist nach Gulliver die Phase 4, die
Annäherung der Parteien. Mit 0.796 ist das CA des Faktors ausreichend, dies
allerdings erst nach der ItTK, bei der ein Item eliminiert wird. Die EFA zeigt eine
durchschnittlich aufgeklärte Varianz von 62.352 Prozent und ausreichend hohe
Faktorladungen. Auch die statistischen Resultate der Methoden der zweiten
Generation zeigen ein zufrieden stellendes Bild dieses Messmodells der Phase 4:
Die Indikatorreliabilitäten übersteigen das Mindestmass von ≥0.4 und die p-Werte
sind signifikant. Die Fitmasse sind gut (RMSEA=0.076, AGFI=0.942, GFI=0.998,
NFI=0.981, CFI=0.990), jedoch nicht überragend. Der Standardized RMR bewegt
sich mit 0.0244 tendenziell am oberen Limit, aber noch im aktzeptablen Rahmen.
Somit kann das Konstrukt „Annäherung der Parteien“ angenommen werden.
Die Vorbereitung zur Schlussverhandlung (Phase 5) liefert nicht durchwegs
zufrieden stellende Resultate. Das CA mit einem Wert von 0.679 kann gerade noch
akzeptiert werden. Die ItTK birgt keine Verbesserungsvorschläge für die
Reliabilität des Konstruktes. Mit einer durchschnittlich erfassten Varianz von
55.543 Prozent genügt das Messmodell, um es mit den Methoden der zweiten
144
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Generation zu testen. Die KFA ergibt zum einen Indikatorreliabilitäten zwischen
0.46 und 0.73. Dabei sind die p-Werte durchwegs signifikant. Die globalen
Fitmasse (RMSEA=0.000, AGFI=0.997, GFI=0.998, NFI=0.993, CFI=1.000),
sowie der Standardized RMR mit 0.0160 sind dahingegen durchwegs ausreichend.
Die Konsistenz des Faktors „Schlussverhandlung“ (Phase 6) wird durch ein CA
von 0.734 ausgewiesen, dies jedoch erst durch die Elimination zweier Items. Die
durchschnittlich erfasste Varianz beträgt 65.352 Prozent. Die drei verbleibenden
Indikatoren laden hoch mit Werten von 0.795, 0.826 und 0.803. Die KFA ergibt
zum Einen Indikatorreliabilitäten, die den Anforderungen entsprechen und zum
Anderen signifikante p-Werte. Die Ermittlung globaler Gütemasse ist jedoch
aufgrund perfekter Modellidentifikation (df=0) nicht möglich.
Das letzte Messmodell dieser Dimension, welches die siebente Phase, respektive
das „Einigungsritual“ zeigt, zeichnet sich durch äusserst hohe Konsistenz aus.
Dies wird durch ein CA von 0.880 ausgewiesen. Die fünf Items laden mit Werten
zwischen 0.728 und 0.911 auf den Faktor und erfassen eine durchschnittliche
Varianz von fast 70 Prozent. Die KFA bestätigt das sehr gute Bild der Methoden
der ersten Generation: Die Indikatoren laden einerseits genügend hoch und
andererseits erfüllen die p-Werte die Anforderungen. Die globalen Fitmasse
(RMSEA=0.087, AGFI=0.928, GFI=0.981, NFI=0.980, CFI=0.988), sowie der
Standardized RMR mit 0.0206 bestätigen die Anpassung des Modells an die
Realität, wobei der RMSEA ein wenig zu hoch ausfällt.
6.4 Betrachtung der Ergebnisse der Strukturmodelle
Gemäss der in Abbildung 6-01 dargestellten Vorgehensweise werden im folgenden
die Ergebnisse der Strukturmodelle dargestellt und diskutiert, nachdem in den
vorangegangenen Abschnitten die einzelnen Faktoren der Strukturmodelle
operationalisiert und streng getestet wurden. Die Beurteilungskriterien bestehen in
dem bereits beschriebenen χ2-Test, der den ChiQuadrat-Wert durch die
Freiheitsgrade teilt und nicht grösser als 3 sein sollte. Ferner kommen die
Gütekriterien GFI, AGFI, RMR, RMSEA, die bereits weiter oben ausgeführt
wurden, zum Einsatz. Die Cut-Off-Werte dieser Kriterien sind der Tabelle 6-01 zu
145
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
entnehmen. Zur Parameterschätzung für die drei Wirkungsmodelle wurde die
Maximum-Likelihood-Methode (ML) verwendet. Diese Methode verlangt eine
multivariate Normalverteilung der Daten (Homburg and Baumgartner 1995, S.
1102). Der Mardia-Test ergab leichte Abweichungen und Verletzungen der
Normalverteilung, die aber innerhalb der postulierten Grenzen von < 2.0 für die
Schiefe und Kurtosis < 7.0 liegen (Luthard 2003). Durch die leichte Verletzung der
Normalverteilung ist mit leicht erhöhten χ2-Werten zu rechnen (Bühner 2004, S.
232). Geringfügige Verletzungen der einzelnen geforderten Kriterien (Homburg
2000a, S. 93) werden in Kauf genommen, solange das Gesamtbild für eine hohe
Qualität der Messung spricht (a.a.O., S. 93; Jensen 2001, S. 96).
6.4.1 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten
Harvard-Konzepts
Bevor
eine
ausführliche
Untersuchungshypothesen
Interpretation
erfolgt,
soll
zunächst
der
Ergebnisse
der
die
Gesamtstruktur
des
Wirkungsmodells „Harvard-Konzept“ beurteilt werden. Die unten nachfolgende
Tabelle zeigt einerseits die berechneten Ergebnisse des Strukturmodells und
andererseits die postulierten Cut-Off-Werte.
Globale Gütekriterien
Tatsächlicher Wert
Geforderter Wert
χ2-Wert (Freiheitsgrade)
141.9 (121)
χ2-Wert/df
1.173
≤ 3.000
RMSEA
.034
≤ 0.050
Standardized RMR
.0504
≤ 0.110
RMR
.037
≤ 0.050
CFI
.977
≥ 0.900
GFI (AGFI)
.908 (.871)
≥ 0.900
TAB. 6-09: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES HARVARD-KONZEPTES
146
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Die Parameterschätzung erfolgte anhand der ML-Schätzung und zeigte insgesamt
eine gute Anpassung an das Datenmaterial. So beträgt das Verhältnis von ChiQuadrat-Wert und Freiheitsgraden nur gerade 1.173, was deutlich unter dem streng
formulierten Wert von 3.0 liegt. Die Modell-Fit-Indizes liegen bis auf eine
Ausnahme alle im geforderten Rahmen. Der Root Mean Squared Error of
Approximation liegt mit 0.034 unterhalb der postulierten 0.05 und verlangt keine
Modellspezifikationen. Auch der RMR und der Standardized RMR liegen
innerhalb der tolerierten Grenzen. Einzig der AGFI ist mit 0.871 ein wenig zu tief
und erreicht den geforderten Cut-Off-Wert von 0.9 nicht. Da die restlichen Werte
jedoch für eine sehr gute Modellanpassung sprechen, kann der AGFI-Wert
dennoch toleriert werden. Dahingegen genügen der CFI und der GFI mit äusserst
akzeptablen Werten und halten somit die Grenzen ein.
6.4.1.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des HarvardKonzeptes
Die folgende Abbildung 6-02 zeigt die standardisierten Pfadkoeffizienten auf Basis
der ML-Schätzung für die in Kapitel 4.1.6 hergeleiteten Untersuchungshypothesen
für das Wirkungsmodell des Harvard-Konzeptes nach Fisher und Ury. Auf der
Basis der Parameterschätzung konnten alle postulierten Hypothesen bestätigt
werden. Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen.
147
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge
der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf.
ABB. 6-02: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES WIRKUNGSMODELLS HARVARD-KONZEPT
Der
vermutete
Zusammenhang
zwischen
dem
Harvard-Konzept
und
Verhandlungserfolg, sozusagen eine Haupt-Hypothese (H1 (+)), konnte deutlich
bestätigt werden. Daraus lässt sich schliessen, dass Verhandeln nach dem HarvardKonzept Verhandlungserfolg ermöglicht. Dies setzt allerdings die Anwendung und
das Verständnis der vier Teilkompetenzen des Harvard-Konzeptes voraus. Im
postulierten
Second-Order
Wirkungsmodell
konnten
durchwegs
positive
Zusammenhänge zwischen den Faktoren und dem übergeordneten Konstrukt des
Harvard-Konzeptes
festgemacht
werden.
So
besteht
ein
signifikanter
148
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Zusammenhang zwischen der Teilkompetenz „Menschen und Probleme trennen“
und dem übergeordneten Konstrukt des Harvard-Konzepts (H2(+)). In einem an
Chandon, Wasink et al. (Chandon, Wasink et al. 2000, S. 65ff) angelehnten
Verfahren zur Gewichtung von Faktoren bei reflektiven Second-Order Konstrukten
wird die Wichtigkeit dieses Faktors im Verhältnis zu den anderen drei Faktoren
ebenfalls signifikant unterstrichen, wie Tabelle 6-11 entnommen werden kann.
Dieses Verfahren orientiert sich an der in der Untersuchung verwendeten
Skalierung des Fragebogens. Diese fünfgliedrige Skala reicht, wie weiter oben
bereits aufgeführt, von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“. Die verschiedenen
Aussagen von „stimme zu“ bis „stimme nicht zu“ erhalten Werte von 1 bis 5
zugeordnet, wobei der Wert 1 („stimme zu“) den stärksten Zusammenhang
zwischen einer Aussage und dem jeweiligen Faktor beschreibt. Diese Logik wird
auch im Verfahren nach Chandon et al. angewendet: In dieser Untersuchung sind
Faktoren mit tiefen Mittelwerten die stärkeren, weil sie einen höheren Grad an
Zustimmung aufweisen.
Der
Zusammenhang
zwischen
„Interessen
und
Positionen“
und
dem
übergeordneten Konstrukt ist zwar der tiefste der vier Messmodelle allerdings
immer noch sehr deutlich erkennbar und signifikant (H3(+)). Die durchschnittlich
erfasste Varianz ergibt einen zufrieden stellenden Wert von 54 Prozent. Die
Ergebnisse für das sogenannte Fornell-Larcker-Kriterium sind der Tabelle 6-10 zu
entnehmen und weisen mit einer Ausnahme zufrieden stellende Werte auf.
Fornell/Larcker-Kriterium
∅ erfasste
F1
F2
F3
F4
0.43
0.54
0.50
0.53
Varianz
F1
0.43
F2
0.54
0.28
F3
0.50
0.53
0.50
F4
0.53
0.72
0.49
0.32
TAB. 6-10: FORNELL/LARCKER-KRITERIUM FÜR DIE FAKTOREN DES HARVARD-KONZEPTES
149
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Der Mittelwert dieses zweiten Faktors weist mit fast 2.0 den höchsten Wert und
somit die relativ kleinste Bedeutung für das Konstrukt des Harvard-Konzeptes auf.
Nichtsdestotrotz müssen Verhandlungsführer darauf achten, Interessen und
Positionen nicht zu verwechseln. Verhandelt werden müssen Interessen und nicht
die an den Tag gelegten Positionen. Diese verhindern im Gegenteil sogar gute
Verhandlungsergebnisse.
Die vierte postulierte Hypothese wird ebenfalls bestätigt, da der Zusammenhang
zwischen dem Faktor „Alternativen“ und dem übergeordneten Konstrukt deutlich
aufgezeigt werden kann. Es ist demnach äusserst wichtig für Verhandlungen,
möglichst sinnvolle, pragmatische Verhandlungsalternativen zu entwickeln, die für
beide Seiten verhandel- und annehmbar sind (H4(+)). Die durchschnittlich erfasste
Varianz ist mit einem Wert von 50 Prozent gerade noch zufriedenstellend.
Strukturmodell Harvard-Konzept
Mittelwert
Signifikanz
Faktor 1 Menschen & Probleme
1.706
***
Faktor 2 Interessen & Positionen
1.949
***
Faktor 3 Alternativen
1.582
***
Faktor 4 Kriterien
1.893
***
TAB. 6-11: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES HARVARD-KONZEPTES
Auch die letzte im Rahmen des ersten Wirkungsmodelles postulierte Hypothese
kann bestätigt und somit die Nullhypothese verworfen werden, denn der
Zusammenhang zwischen „Kriterien“ und dem übergeordneten Konstrukt ist
wiederum sehr deutlich und signifikant (H5(+)). Damit wird empirisch bestätigt,
dass objektive Beurteilungskriterien für allfällige Verhandlungsergebnisse äusserst
wichtig sind. Wer im Rahmen des Harvard-Konzeptes erfolgreich verhandeln will,
muss die zur Verhandlung stehenden Alternativen aufgrund objektiver Kriterien
beurteilen.
6.4.2 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten
zyklischen Verhandlungsmodelles nach Gulliver
Die Anpassung des Wirkungsmodells „Zyklisches Verhandlungsmodell“ nach
Gulliver stellte sich als problematischstes der drei dar, wie auch schon weiter oben
150
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
beschrieben wurde. Aufgrund der Verfahren der ersten Generation wurden drei von
sieben Faktoren eliminiert. Die Beurteilung des spezifizierten zyklischen
Verhandlungsmodells
umfasst
demnach
die
vier
Faktoren,
welche
im
Wirkungsmodell der Abbildung 5-02 grafisch abgebildet sind. Das Verhältnis von
Freiheitsgraden und dem Chi-Quadrat-Wert genügt sehr deutlich den in der
Literatur (Bühner 2004; Jensen 2001) aufgeführten Werten mit 1.276. Der RMSEA
beträgt 0.042, was ein ebenfalls genügender Wert ist, da der verlangte Cut-OffWert bei 0.08 liegt. Ferner entsprechen der Standardized RMR mit 0.055 und der
RMR mit 0.037 den postulierten Werten von 0.110 bzw. 0.050. Auf der CFI und
der GFI weisen auf eine gute Modellanpassung hin. Mit Werten von 0.953 und
0.906 liegen sie höher als die Mindestanforderung von 0.9. Dahingegen erreicht
der Adjusted Goodness of Fit-Index den Wert von 0.9 nicht ganz. Mit seinen 0.869
liegt er leicht darunter. Da aber im Sinne von Homburg (Homburg 2000a)
vereinzelte Verletzungen der Gütekriterien in Kauf genommen werden können,
wird
der
AGFI
toleriert.
Die
vollständigen
Werte
des
spezifizierten
Wirkungsmodells sind der folgenden Tabelle 6-12 zu entnehmen.
Globale Gütekriterien
Tatsächlicher Wert
Geforderter Wert
χ2-Wert (Freiheitsgrade)
139.1 (109)
χ2-Wert/df
1.276
≤ 3.000
RMSEA
.042
≤ 0.080
Standardized RMR
.0550
≤ 0.110
RMR
.037
≤ 0.050
CFI
.953
≥ 0.900
GFI (AGFI)
.906 (0.869)
≥ 0.900
TAB. 6-12: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLES
6.4.2.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des zyklischen
Verhandlungsmodells
Abbildung 6-03 zeigt die standardisierten Pfadkoeffizienten auf Basis der MLSchätzung für die in Kapitel 4.3.2 hergeleiteten Untersuchungshypothesen für das
Wirkungsmodell des Zyklischen Verhandlungsmodells nach Gulliver. Die
Hypothesen 3 und 4 mussten verworfen werden, da sich diese Faktoren im Rahmen
151
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
der Verfahren der ersten Generation nicht operationalisieren liessen. Alle anderen
aufgestellten Hypothesen konnten durch die Parameterschätzung bestätigt werden.
Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen.
Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge
der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf.
ABB. 6-03: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES ZYKLISCHEN VERHANDLUNGSMODELLS
Die
Haupthypothese
über
den
Zusammenhang
des
Zyklischen
Verhandlungsmodells und Verhandlungserfolg kann deutlich bestätigt werden
(H1(+)). Mit einem Effekt von 0.64 zwischen dem übergeordneten Konstrukt des
ZVM und Verhandlungserfolg bei einem Signifikanzniveau von 0.001 muss die
152
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Nullhypothese abgelehnt werden. Somit kann festgehalten werden, dass durch das
Verständnis von Zyklen in Verhandlungen mit grosser Wahrscheinlichkeit auch
Verhandlungserfolg eintritt.
Wie ein Vergleich der Mittelwerte zeigt, stellt der Faktor der Informationen den
wichtigsten der vier Messmodelle dar (Tabelle 6-14). Die Hypothese über den
Zusammenhang zwischen Informationen und dem Zyklischen Verhandlungsmodell
kann bei einem Signifikanzniveau von 0.001 deutlich angenommen und der
Zusammenhang aufgezeigt werden (H2(+)). Informationen und zwar Informationen
von Dritten, nicht zwingend der Verhandlung beiwohnenden Personen, wie auch
Informationen der gegnerischen Partei und solche, die selber gewonnen wurden,
stellen das zentrale Moment des Zyklischen Verhandlungsmodells dar. Die
Ergebnisse für das Fornell-Larcker-Kriterium zeigen bis auf den ersten Faktor
zufrieden stellende Ergebnisse. Da jedoch Informationen in alle Zyklen einfliessen,
fallen die Werte des ersten Faktors für das Fornell-Larcker-Kriterium ungenügend
aus. Nichtsdestotrotz wird dieser Faktor aufgrund inhaltlicher Validität im Modell
belassen. Die weiteren Ergebnisse dieser Diskriminanzanalyse sind der Tabelle 613 zu entnehmen:
Fornell/Larcker-Kriterium
∅ erfasste
F1
F2
F3
F4
0.31
0.41
0.32
0.34
Varianz
F1(Info)
0.31
F2(Strat)
0.41
0.62
F3(Anpas)
0.32
0.43
0.29
F4(Erwart)
0.34
0.67
0.49
0.31
TAB. 6-13: FORNELL/LARCKER-KRITERIUM FÜR DIE FAKTOREN DES ZVM
Die Strategie, welche eine Verhandlungspartei verfolgt, weist einen deutlichen
Zusammenhang mit dem von Gulliver postulierten und beschriebenen Zyklischen
Verhandlungsmodell auf (H3(+)). Die Hypothese über den soeben beschriebenen
Zusammenhang kann deutlich angenommen werden. Mit einer tolerierbaren
durchschnittlich erfassten Varianz von 41 Prozent und einem Mittelwert von
153
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
1.5*** stellt der Faktor „Strategie“ eine unentbehrliche Grundlage für
Verhandlungserfolg dar.
Die dritte aufgeführte Hypothese vermutet einen Zusammenhang zwischen der
Flexibilität eines Verhandlungsführers und der Güte des ZVM (H4(+)). Die
Teilkompetenz der Anpassungsfähigkeit hat, wie im obigen Pfaddiagramm
ersichtlich, einen höchst signifikanten Einfluss auf das übergeordnete Messmodell
des Zyklischen Verhandelns. Somit kann die Nullhypothese (H40) deutlich
verworfen werden, auch wenn die durchschnittlich erfasste Varianz nur gerade 32
Prozent beträgt. Durch den ständigen Informationsaustausch wird von einem
Verhandlungsführer erwartet, dass er seine Strategie und seine Erwartungen
ständig diesen Informationen anpasst. Diese Vermutung konnte durch diese
quantitative Analyse eindeutig bestätigt werden. Allerdings stellt dieser Faktor im
Rahmen des ZVM die am wenigsten wichtige Kompetenz dar, wie die folgende
Mittelwert-Tabelle zeigt.
Strukturmodell ZVM
Mittelwert
Signifikanz
Faktor 1 Information
1.331
***
Faktor 2 Strategie
1.500
***
Faktor 3 Anpassung
1.799
***
Faktor 4 Erwartungen
1.591
***
TAB. 6-14: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES ZVM
Die letzte postulierte Hypothese im Rahmen des Zyklischen Verhandlungsmodells
nach Gulliver vermutet einen Zusammenhang zwischen den Erwartungen, die ein
Verhandlungsführer an eine Verhandlung hat und der Qualität des Zyklischen
Verhandelns (H5(+)). Auch dieser Pfadkoeffizient zeigt einen deutlichen
Zusammenhang zwischen dem übergeordneten Konstrukt des ZVM und dem
Faktor „Erwartungen“. Die Nullhypothese (H50) muss verworfen werden.
Messtechnisch problematisch stellt sich höchstens die relativ tiefe durchschnittlich
erfasste Varianz mit einem Wert von 34 Prozent dar. Aufgrund der Logik des
ZVMs werden die relativ tiefen durchschnittlich erfassten Varianzen aber toleriert.
Eine Erläuterung dazu findet im siebten Kapitel statt. Nichtsdestotrotz liefert das
Wirkungsmodell einen wesentlichen Erkenntnisbeitrag zum Zusammenhang von
154
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Erwartungen über Minima und Maxima und dem ZVM, welches wiederum einen
grossen Einfluss auf Verhandlungserfolg aufweist.
6.4.3 Parameterschätzung und Beurteilung des spezifizierten
Phasenmodells nach Gulliver
Die letzte hier betrachtete Parameterschätzung diskutiert die Ergebnisse des
spezifizierten Phasenmodells nach Gulliver. Bevor im folgenden Absatz die
Interpretation der Hypothesenprüfung erfolgen kann, wird hier die Gesamtstruktur
des Phasenmodells beschrieben. Die Verfahren der ersten Generation ergaben beim
vorliegenden Strukturmodell durchwegs zufriedenstellende Werte, die der Tabelle
6-15 zu entnehmen sind. Auch die Verfahren der zweiten Generation förderten mit
zwei geringfügigen Abweichungen zufriedenstellende Resultate zu Tage. Die
verlangten ≤ 3.000 des Verhältnis von Chi-Quadrat-Wert und Freiheitsgraden wird
mit 1.056 deutlich unterschritten und dies, obwohl der Mardia-Test eine leichte,
aber tolerierbare Verletzung der Normalverteilung ergeben hat, was einen erhörten
χ2-Wert nach sich ziehen kann. Der CFI und der GFI liegen höher als die
geforderten 0.900 und deuten auf eine gute Modellanpassung hin. Wie auch schon
in den anderen beiden spezifizierten Modellen dieser Studie erreicht der AGFI
nicht den Cut-Off-Wert von 0.9, wird aber vor allem aufgrund argumentativer
Validierung mit 0.859 akzeptiert. Dieselbe Argumentation wird auch auf den RMR
angewendet, der mit einer absolut vernachlässigbaren Verletzung von 0.003 über
der Mindestforderung von 0.050 liegt. Dahingegen genügt der RMSEA mit 0.018
den postulierten 0.08. Auch die beiden Fit-Indizes CFI und GFI genügen mit 0.993
und 0.901 den verlangten 0.9.
155
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Die vollständige Übersicht über die Werte der statistischen Verfahren der zweiten
Generation können der folgenden Tabelle 6-15 entnommen werden.
Globale Gütekriterien
Tatsächlicher Wert
Geforderter Wert
χ2-Wert (Freiheitsgrade)
262 (248)
χ2-Wert/df
1.056
≤ 3.000
RMSEA
.018
≤ 0.080
Standardized RMR
.0469
≤ 0.110
RMR
.053
≤ 0.050
CFI
.993
≥ 0.900
GFI (AGFI)
.901 (.859)
≥ 0.900
TAB. 6-15: GÜTEMASSE DES STRUKTURMODELLES DES PHASENMODELLS
6.4.3.1 Interpretation der geschätzten Zusammenhänge des
Phasenmodells nach Gulliver
Das letzte analysierte Wirkungsmodell ist das Phasenmodell nach Gulliver,
welches
den
Verhandlungsprozess
in
sieben
unterscheidbare
und
aufeinanderfolgende Sequenzen unterteilt. Abbildung 6-04 zeigt wiederum auf
Basis der ML-Methode die standardisierten Pfadkoeffizienten für die in Kapitel
4.3.4 hergeleiteten Untersuchungshypothesen für das Wirkungsmodell des
Phasenmodells. Auf der Basis der Parameterschätzung können alle postulierten
Hypothesen bestätigt werden. Die Nullhypothesen werden alle deutlich verworfen.
Wie der Abbildung weiter entnommen werden kann, weisen die Zusammenhänge
der Pfadkoeffizienten alle die vermuteten positiven Vorzeichen auf.
Die erste Hypothese über den Zusammenhang zwischen den Phasen des
Verhandelns und Verhandlungserfolg kann deutlich angenommen werden (H1(+)).
Dieser positive Einfluss lässt sich dem folgenden Pfaddiagramm entnehmen.
Die erste Teilkompetenz der Phasen des Verhandelns besteht in der richtigen Wahl
des Verhandlungsortes (H2(+)). Dieser übt wiederum einen signifikanten positiven
Einfluss auf das übergeordnete Konstrukt des Phasenmodells aus. Mit einer hohen
durchschnittlich erfassten Varianz von 59 Prozent weist das Konstrukt mit der
letzten
Phase
7
zusammen
den
höchsten
Varianzanteil
des
gesamten
Strukturmodells auf.
156
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Die statistischen Werte der zweiten Phase (Agenda-Setting) sind denen des ersten
Faktors sehr ähnlich, wenn auch die berechneten Werte ein wenig tiefer ausfallen.
So kann die Hypothese bei einem Signifikanzniveau von 0.001 angenommen
werden,
dass
das
Agenda-Setting
eine
relevante
Teilkomponente
des
Phasenmodells nach Gulliver bildet (H3(+)).
ABB. 6-04: ERGEBNISSE UND HYPOTHESENTEST DES PHASENMODELLS NACH GULLIVER
157
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Der Zusammenhang zwischen der „Expression der Differenzen“ und dem
Phasenmodell stellt mit 0.97 den stärksten des gesamten Wirkungsmodells dar
(H4(+)). Mit einer tolerierbaren durchschnittlich erfassten Varianz von 44 Prozent
genügt auch diese Anforderung an den Faktor. Das Fornell-Larcker Kriterium
ergibt für dieses Messmodell bis auf eine vernachlässigbare Überschreitung
durchwegs akzeptable Werte. Nichtsdestotrotz zeigt das Wirkungsmodell die
Wichtigkeit, in einer eher frühen Phase des Verhandelns den Emotionen Raum zu
geben und diese auszudrücken.
Die folgende Phase der „Annäherung“ durch die Äusserungen der zum Teil sehr
überrissenen Forderungen der beiden Parteien genügt zunächst mit einer
durchschnittlich erfassten Varianz von 49 Prozent. Der Zusammenhang zwischen
dieser Teilkompetenz und dem Phasenmodell als Ganzem beträgt 0.94 bei einem
Signifikanzniveau von 0.001. Somit kann die Hypothese (H5(+)) deutlich
angenommen werden.
Fornell/Larcker-Kriterium
∅
F1
F2
F3
F4
F5
F6
F7
0.59
0.51
0.44
0.49
0.43
0.48
0.59
erfasste
Varianz
F1(PH1)
0.59
F2(PH2)
0.51
0.53
F3(PH3)
0.44
0.42
0.49
F4(PH4)
0.49
0.46
0.37
0.94
F5(PH5)
0.43
0.36
0.23
0.54
0.64
F6(PH6)
0.48
0.15
0.00
0.06
0.00
0.05
F7(PH7)
0.59
0.12
0.07
0.09
0.18
0.20
0.03
TAB. 6-16: FORNELL/LARCKER FÜR DIE FAKTOREN DES PHASENMODELLS
Der „Übergang zur Schlussverhandlung“ zeichnet sich durch kooperatives
Verhalten aus. Die Verhandlungsparteien postulieren keine überrissenen sondern
realistische Forderungen und Verhandlungslösungen. Diese Teilkompetenz zeigt
einen
signifikanten
und
hypothesenbestätigenden
Zusammenhang
zum
158
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Phasenmodell mit einem Wert von 0.78 (H6(+)). Der durchschnittlich erfasste
Varianzanteil beträgt lediglich 43 Prozent und könnte höher ausfallen. Da
allerdings das Fornell-Larcker Kriterium positive Werte liefert stellt die Varianz
kein Problem dar. Die Wichtigkeit dieses Faktors zeigt sich im Vergleich mit den
anderen Phasen. Der Mittelwert des Faktors zeigt den zweittiefsten und somit
zweitwichtigsten Wert aller sieben beschriebenen Faktoren.
Nicht unerwartet ist der wichtigste Faktor derjenige der „Schlussverhandlung“
(Phase 6), welcher den tiefsten aller Mittelwerte aufweist (1.481). Einschränkend
muss jedoch erwähnt werden, dass der Zusammenhang dieser Teilkompetenz und
dem
Phasenmodell
nur
sehr
gering
ausfällt.
Dahingegen
genügt
die
durchschnittlich erfasste Varianz des Faktors mit knapp 50 Prozent. Das FornellLarcker-Kriterium weist durchwegs zufriedenstellende Werte für diesen sechsten
Faktor auf. Deshalb wird die Hypothese (H7(+)) auch nicht verworfen, sondern
angenommen - wenn auch nicht deutlich.
Strukturmodell des Phasenmodells
Mittelwert
Signifikanz
Faktor 1 Verhandlungsort
2.597
***
Faktor 2 Agenda Setting
2.292
***
Faktor 3 Expression der
2.468
***
Faktor 4 Annäherung
2.377
***
Faktor 5 Vorbereitung der
1.656
***
Faktor 6 Schlussverhandlung
1.481
***
Faktor 7 Einigungsritual
1.578
***
Differenzen
Schlussverhandlung
TAB. 6-17: MITTELWERTE DER FAKTOREN DES PHASENWIRKUNGSMODELLS
Der letzte zu beschreibende Faktor im Rahmen des Phasenmodells nach Gulliver
ist der Faktor des „Einigungsritual“ und deren Einfluss auf das Gesamtmodell.
Diesbezüglich muss festgehalten werden, dass das „Einigungsritual“ eine relevante
Komponente des Phasenmodells darstellt (H8(+)). Der Zusammenhang zwischen
dem Faktor und dem übergeordneten Konstrukt beträgt 0.38, wodurch die
Hypothese doch deutlich angenommen und die Nullhypothese verworfen werden
159
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
kann. Mit 59 Prozent erreicht dieser Faktor zusammen mit dem Faktor der ersten
Phase
die
höchste
durchschnittlich
erfasste
Varianz
des
gesamten
Wirkungsmodells. Dies zieht auch durchwegs gute Werte beim Fornell-LarckerKriterium nach sich.
6.5 Zusammenfassende Betrachtung der Resultate
Im folgenden Abschnitt sollen die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Kapitels
überblicksartig
zusammengefasst
werden.
Die
Haupterkenntnis
liegt
im
Zusammenhang zwischen den drei Konstrukten und Verhandlungserfolg.
Diesbezüglich lässt sich jeweils ein deutlicher Einfluss der Modelle auf
Verhandlungserfolg feststellen. Die Zusammenhänge der jeweiligen Konstrukte
lassen sich der folgenden Tabelle entnehmen.
Verhandlungsmodell
Zusammenhang
Phasenmodell
0.56***16
Zyklisches
0.64***
Verhandlungserfolg
Verhandlungsmodell
Harvard-Konzept
0.43***
TAB. 6-18: ZUSAMMENFASSENDE BETRACHTUNG DER ZUSAMMENHÄNGE
Den stärksten Zusammenhang zeigt das im Zuge der Operationalisierung
problematischste Strukturmodell: Das Zyklische Verhandlungsmodell weist einen
Zusammenhang von 0.64 auf. Nur unwesentlich weniger stark ist der
Zusammenhang zwischen dem Phasenmodell und Verhandlungserfolg. Der Wert
von 0.56 weist auf eine hohe Verhandlungserfolgswahrscheinlichkeit beim
Verhandeln nach dem Phasenmodell hin. Auch das Harvard-Konzept weist mit
0.43
eine
starke
Beziehung
auf.
Da
die
Zusammenhänge
der
drei
Verhandlungsmodelle so nah beieinander liegen, wäre es jedoch unangebracht, von
einem besten und einem schlechtesten Verhandlungsmodell zu sprechen.
16
*** entspricht einem Signifikanzniveau von 0.001
160
Kapitel 6: Auswertungsmethodisches Vorgehen und Darstellung der Ergebnisse
Nebst
den
deutlich
Verhandlungsmodelle
gilt
angenommenen
es,
die
Güte
Haupthypothesen
der
der
spezifizierten
Modelle
drei
zu
unterstreichen. So ist es dem Autor gelungen, die drei Modelle zum ersten Mal zu
operationalisieren und statistisch zu testen. Die Überprüfung der drei
Verhandlungsmodelle
bediente
sich
der
neusten
statistischen
Verfahren.
Diesbezüglich gilt es, höchstens Teilbereiche der Güte des Zyklischen
Verhandlungsmodells zu kritisieren. Der simultanen Erfüllung der Anforderungen
von Homburg (Homburg 2000a) kann mit Bestimmtheit nicht nachgekommen
werden, doch ist diese auch nicht postuliert. Auf die Problematik der
Operationalisierung des Zyklischen Verhandlungsmodells soll im nächsten Kapitel
detaillierter eingegangen werden. Im Gegensatz zum ZVM gelang die
Operationalisierung der beiden anderen Modelle fast durchwegs optimal. Ein
weiterer interessanter Punkt scheint der jeweilige modellinterne Vergleich der
Mittelwerte, da dieser allenfalls Schwerpunktsetzungen ermöglicht. Interessant
sind die analysierten Ergebnisse nun aber vor allem deshalb, weil die Mittelwerte
sehr nahe beisammen liegen.
In diesem sechsten Kapitel wurde zum einen das auswertungsmethodische
Vorgehen beschrieben und erläutert und zum anderen die Ergebnisse für die drei
Wirkungsmodelle ausführlich aufgezeigt. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend
sollen im nächsten und letzten Kapitel Schlussfolgerungen gezogen und ein
Ausblick für zukünftige Forschung geboten werden. Die Schlussfolgerungen
werden in drei Absätzen abgehandelt. Zunächst sollen Implikationen für die
Verhandlungs- oder Marketingtheorie entwickelt und präsentiert werden. Danach
soll den Implikationen für die Verhandlungs- und Verkaufspraxis ein Abschnitt
gewidmet werden, der das in dieser Studie analysierte Wissen auch der Praxis
zugänglich machen soll. Den Abschluss der vorliegenden Dissertation bildet ein
Ausblick
mit
Anregungen
für
zukünftige
Forschung
im
Bereich
der
Verhandlungsforschung.
161
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
7
Schlussfolgerungen und Ausblick
Es gibt Dinge über die man sich einigen kann und es gibt wichtige Dinge.
(Max Planck zugeschrieben)
Die vorliegende Arbeit setzt sich nicht nur mit einem betriebswirtschaftlich
relevanten,
sondern
mit
einem
gesellschaftlichen
Problem
auseinander.
Verhandlungen bestimmen unser privates und berufliches Dasein häufiger und
weitreichender als angenommen. Deshalb sollen in diesem letzten Kapitel dieser
Dissertation zunächst Schlussfolgerungen bezüglich der theoretischen und
methodischen Arbeit und Analyse aufgezeigt werden. Darauf folgen Restriktionen
der Untersuchung mit einem anschliessenden Ausblick mit Anregungen für
zukünftige
Forschung
im
Bereich
von
Verhandlungen
und
Marketing-
Verhandlungen.
Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die Erkenntnis, die in Kapitel 2 dargestellt wird,
dass in der Verhandlungsforschung entweder der Praxisbezug fehlt oder aber
Verhandlungen oder deren Effekte mit ungeeigneten Methoden erforscht werden.
Dies erstaunt umso mehr, wenn man sich vor Augen hält, wie eminent wichtig
Verhandlungen sein können und wie stark diese unsere Gesellschaft durchdringen.
Im beruflichen Alltag, insbesondere im Marketing, finden häufig Verhandlungen
über Produkte, Strategien oder Verträge statt. Wenn ein Einkäufer des
Süssigkeitenproduzenten Ferrero mit einem Einkäufer eines Grossverteilers über
Sortiment, Volumina, Preise oder Ausstellungsort verhandelt, so unterliegen diese
Verhandlungen bestimmten Phasen und Zyklen. Verhandlungen finden aber eben
nicht nur im B2B-Marketing statt sondern auch im B2C. So verhandeln täglich
unzählige Aussendienstmitarbeiter im Verkauf. Gerade diese Verhandlungen
werden zumeist höchst unprofessionell und ohne theoretischen Hintergrund
geführt.
162
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Die folgende Abbildung aus dem zweiten Kapitel soll noch einmal zeigen, welches
die übergeordneten Fragen und somit auch Antrieb dieser Studie sind.
ABB. 7-01: ZIELSETZUNGEN DER DISSERTATION
Im zweiten Kapitel wurde der erste Frageblock der Abbildung 7-01, der nach der
Bedeutung von Verhandlungen fragt, ausführlich aufgearbeitet. Hartig (1995)
schreibt bezüglich der Bedeutung von Verhandlungen sogar vom „Zeitalter des
Verhandelns“, womit der Autor zwar ein grosses, aber nicht zwingend
übertriebenes Wort braucht. Auf Basis der unzähligen Definitionen von
Verhandeln könnte fast die kontroverse These aufgestellt werden, dass je wichtiger
eine Thematik scheint, desto uneiniger ist man sich über deren Kerneigenschaften.
So soll an dieser Stelle Pruitt, stellvertretend für viele andere Forscher,
Verhandlungen treffend definieren: „Negotiation is a form of decision making in
which two or more parties talk with one another in an effort to resolve their
opposing interests“ (Pruitt 1981, S. xi). Im dritten Kapitel wurden des weiteren
Unterschiede zwischen normativen und deskriptiven Verhandlungsmodellen
erläutert. Dies war deshalb von Interesse, da einerseits die empirisch überprüften
Modelle deskriptiver und normativer Natur waren und andererseits der Sinn und
Logik von Verhandlungsmodellen im Allgemeinen aufgezeigt werden konnte. Ein
weiterer Schwerpunkt des dritten Kapitels war die Aufarbeitung des Body of
Literature dieser Dissertation und die Ableitung der zentralen Forschungsfragen:
163
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
1) Modell-Test und –Entwicklung
Untersucht werden sollte, ob ein Modell dem anderen als Ganzes oder in Teilen in
Bezug auf den Erklärungsgehalt für Verhandlungserfolg überlegen ist. Dafür
wurden drei Modelle analysiert und spezifiziert.
2) Erfolgssteuerung
Anhand des Modell-Tests sollten Erfolgsfaktoren bestimmt werden, die den drei
Verhandlungsmodellen entnommen und spezifiziert wurden.
3) Die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und Forschung
Dieser dritte Punkt ging einher mit der Arbeit an den ersten beiden Zielsetzungen.
Durch die ausführliche Auseinandersetzung konnte aufgezeigt werden, wie stark
Verhandlungen das private und wirtschaftliche Wirken durchdringen.
Inhalt des vierten Kapitels waren die zentralen Konstrukte und Modelle der Studie.
So wurden im ersten Absatz die Grundlagen für das erste zu operationalisierende
Verhandlungsmodell geschaffen. Rationales Verhandeln steht am Ursprung des
Harvard-Konzepts (Fisher, Ury et al. 2001). Rationales Verhandeln basiert auf den
theoretischen Arbeiten zu Konsensfindung und Kooperationsforschung der
Spieltheorie, die Individuen rationales Handeln unterstellen. Im Anschluss an die
Ausführungen zu rationalem Verhandeln und dem Harvard-Konzept wurde
bewusst der Faktor Mensch in einem Exkurs ausgeführt, der auf die
Unzulänglichkeiten des menschlichen Verhaltens und Denkens, auch bei
Verhandlungen, hinweisen soll. Die Überlegungen zu Emotionen und kognitiven
Effekten münden zumindest zu einem gewissen Teil in die Arbeit von Gulliver
(Gulliver
1979),
der
einerseits
ein
zyklisches
und
andererseits
ein
prozessorientiertes Verhandlungsmodell entwickelt hat und den Einfluss von
Emotionen zwar nicht explizit aber doch indirekt miteinbezogen hat. Diese
deskriptiven Modelle wurden wie auch das normative Harvard-Konzept in zu
testende Faktoren zerlegt, die an der Verhandlungsrealität einem quantitativempirischen Test unterzogen wurden.
Gegenstand des fünften Kapitels waren die Grundlagen und Methoden der
empirischen
Untersuchung
dieser
Dissertation.
Nachdem
eine
164
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
wissenschaftstheoretische Situierung anhand zweier gegensätzlicher Richtungen
und der Synthese daraus erfolgte, wurden im Anschluss daran noch einmal die
Untersuchungshypothesen aufgeführt, nachdem diese bereits im vierten Kapitel,
direkt im Anschluss an die jeweiligen Theorien, dargestellt wurden. Im Zentrum
des fünften Kapitels standen jedoch die drei spezifizierten Wirkungsmodelle, die
von den im vierten Kapitel theoretisch beschriebenen Verhandlungsmodellen
abgeleitet wurden. Alle Untersuchungshypothesen beziehen sich auf diese drei
spezifizierten Wirkungsmodelle. Den Abschluss des fünften Kapitels bilden
Ausführungen zum empirischen Design der vorliegenden Studie.
In Kapitel 6 wurden zum Einen das auswertungsmethodische Vorgehen und zum
anderen die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert. In einem an
Homburg
und
Giering
Auswertungsverfahren
(Homburg
wurden
die
and
Daten
Giering
anhand
1996)
angelehnten
adäquater,
dem
Untersuchungsgegenstand entsprechenden Methoden analysiert. Auf Basis dieser
aufbereiteten Daten wurden die Untersuchungshypothesen anhand statistischer
Verfahren der ersten sowie der zweiten Generation überprüft. Die zentralen
Erkenntnisse aus der statistischen Analyse lassen sich folgendermassen
zusammenfassen:
Alle drei untersuchten Verhandlungsmodelle erklären Verhandlungserfolg. Der
Zusammenhang zwischen dem Harvard-Konzept und Verhandlungserfolg beträgt
0.43.
ABB. 7-02: ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN VERHANDLUNGSMODELLEN UND ERFOLG
165
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Der Einfluss der beiden Gulliver-Modelle auf Verhandlungserfolg ist noch grösser:
Mit 0.64 ist der Zusammenhang zwischen dem ZVM und Verhandlungserfolg doch
beträchtlich und die Hypothese, dass das Modell einen positiven Einfluss auf den
Erfolg ausübt, konnte deutlich bestätigt werden, wie der obigen Abbildung
entnommen werden kann. Auch das letzte operationalisierte Verhandlungsmodell,
das
Phasenmodell
nach
Gulliver,
übt
einen
positiven
Einfluss
auf
Verhandlungserfolg aus mit einem Wert von 0.56, wodurch auch diese Hypothese
deutlich bestätigt werden konnte.
Die Verifizierung der im vierten sowie im fünften Kapitel postulierten Hypothesen
interessiert
auch
in
Bezug
auf
den
wissenschaftlichen
Beitrag
zur
Modellentwicklung. So darf hier festgehalten werden, dass die bis anhin qualitativ
erforschten und analysierten Modelle einerseits mit modernen statistischquantitativen Methoden und andererseits in einem anderen Setting getestet wurden.
Der Beitrag dieser Studie liegt sicherlich darin, dass das Harvard-Konzept sowie
das Phasenmodell Gullivers einem quantitativen Praxistest unterzogen wurden und
die Modelle diesen bestanden haben, wodurch die Güte und Reichweite der beiden
Konstrukte erweitert wurde.
Ein weiterer interessanter Punkt scheint der jeweilige modellinterne Vergleich der
Mittelwerte, da dieser allenfalls Schwerpunktsetzungen ermöglicht. Interessant
sind die analysierten Ergebnisse nun aber vor allem deshalb, weil die Mittelwerte
sehr nahe beisammen liegen, woraus gefolgert werden kann, dass die Modelle als
Ganze verstanden und angewendet werden müssen und eben genau keine
Schwerpunkte gesetzt werden können.
7.1 Implikationen für die Theorie
Der Abschnitt über die Implikationen für die Theorie unterscheidet drei inhaltlichtheoretische und zwei methodisch-empirische Implikationen.
Die erste wesentliche inhaltlich-theoretische Implikation besteht in den
Modellbestätigungen. Die drei theoretisch und bis anhin qualitativ erforschten und
beschriebenen Verhandlungsmodelle genügen dem in dieser Studie unterzogenen,
quantitativen Praxistest. Das Verhandlungsmodell des Harvard-Konzepts wird
166
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
durch diese Studie in seiner theoretischen Struktur und Logik quantitativ bestätigt.
Dasselbe gilt für das Phasenmodell von Gulliver. Auch bei diesem lassen sich die
sieben von Gulliver beschriebenen Phasen empirisch nachweisen, auch wenn, wie
Abschnitt
6.3.4
zu
entnehmen
ist,
mindestens
bei
einer
Phase
die
Operationalisierung nicht optimal gelungen ist. Nur gerade das Zyklische
Verhandlungsmodell wurde erheblich spezifiziert und der Praxis angepasst, da sich
bestimmte informationslastige Faktoren (die Rede ist von den Faktoren
„Informationen von Drittparteien“, „Wahrnehmung von Informationen“ und
„Informationsabgabe“) nicht voneinander unterscheiden liessen und zu einem
einzigen Faktor „Information“ zusammengefasst werden mussten. Dies hat sich
aber bereits in der theoretischen Vertiefung abgezeichnet, da das Zyklische
Verhandlungsmodell von Gulliver faktisch als Metamodell betrachtet werden kann,
welches in das Phasenmodell von Gulliver einfliesst. Nichtsdestotrotz wurde das
ZVM operationalisiert und der Zusammenhang zwischen dem Modell und
Verhandlungserfolg konnte deutlich bestätigt werden.
Ein zweiter wesentlicher Beitrag liegt in der Arbeit auf Faktorenebene. Durch die
exakte Operationalisierung der Modelle und die adäquaten statistischen Methoden
können Aussagen über die Gewichtung der einzelnen Faktoren gemacht werden.
Anhand der Mittelwerte können Vergleiche zwischen den einzelnen Faktoren eines
Modells gezogen werden. Nicht möglich sind auch auf Faktorenebene
modellübergreifende Vergleiche. Dies wäre allenfalls ein Ansatz für weitergehende
Studien. Nichtsdestotrotz erlauben die Resultate Aussagen über die relative
Wichtigkeit der einzelnen Konstrukte, wobei dazu die Erkenntnis relativierend
festgehalten werden muss, dass sich die einzelnen Modellfaktoren in ihrer
Wichtigkeit sehr gering unterscheiden.
Ein dritter Beitrag zur Verhandlungsforschung wurde durch die Erfüllung der
Forderung von Alexander (Alexander, Schul et al. 1994) nach vermehrter
prozessualer Verhandlungsforschung im Industriekontext geleistet. Durch den Test
des prozessorientierten Phasenmodells nach Gulliver im Kontext des Verkaufs
eines internationalen Industrieunternehmens wurde auch dieser wichtigen
Forderung Rechnung getragen.
167
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Methodisch wurden im Laufe der Studie zwei wesentliche Forderungen postuliert,
die teilweise erfüllt worden sind. Zum einen wurde der Forderung Evans und
Beltraminis
(Evans
Forschungsmethodik
and
im
Beltramini
Bereich
der
1987,
S.
60ff)
nach
Verhandlungsforschung
adäquater
mit
dem
Forschungsvorgehen von Homburg und Giering (Homburg and Giering 1996)
nachgekommen. Auch kann der Studie nicht die Kritik entgegengebracht werden,
dass sie nur Aspekte untersucht, die einfach und mit unterkomplexen statistischen
Methoden zu analysieren sind. Ob die in dieser Studie erzielten Beiträge zur
Verhandlungsforschung jedoch „hard to quantify“ Phänomene sind, die sich
Eliashberg, Lilien et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1995, G 56), stellvertretend für
die Verhandlungsforscher wünschen, wird die zukünftige Forschung zeigen.
7.2 Implikationen für die Praxis
Auf Basis der gewonnen Ergebnisse der theoretischen Auseinandersetzung und vor
allem der empirisch-quantitativen Arbeit lassen sich als weitere Implikationen für
die unternehmerische Praxis ableiten. Diese Implikationen sollen in Form von
sechs Folgerungen nachfolgend erläutert werden.
Folgerung 1:
Erfolg ist planbar
Eine erste zentrale Folgerung aus der Analyse der drei Verhandlungsmodelle ist,
dass Erfolg bei Verhandlungen planbar ist – und dies unabhängig von Ausbildung,
Alter und Erfahrung. Durch funktionierende, einfach verständliche und doch nicht
unterkomplexe Modelle wird Verhandlungswissen und schliesslich auch Erfolg
demokratisiert. Modelle vereinfachen die Realität, allerdings strukturieren sie diese
auch. Gerade bei Verhandlungen, die zumeist an einem hohen Mass an
Komplexität scheitern, ist es wichtig, einen Handlungsrahmen präsent zu haben.
Dieser Handlungsrahmen allein verspricht noch keinen Erfolg, allerdings bildet er
die Leitlinien für erfolgreiches Handeln. Dazu sind aber Kenntnisse über die
Modelle und deren Faktoren im Einzelnen wichtig. Festgehalten werden muss
168
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
weiter, dass nicht alle Faktoren bei jeder Verhandlung gleich wichtig, jedoch
immer von Bedeutung sind. Je nach Länge der Beziehung, Erfahrung oder
Ausbildung werden Verhandlungsführer unterschiedliche Schwerpunkte setzen
können und müssen, ohne aber die Gesamtmodelle aus dem Fokus zu verlieren.
Folgerung 2:
Modellwissen ist wichtig
Die
Forderung
der
Unternehmenspraxis
nach
funktionierenden
Verhandlungsmodellen erfolgte explizit in einem der geführten Interviews und dies
obwohl Gifford festgestellt hat, dass „everyone knows what negotiation is“
(Gifford 1989, S. 2). Mit dieser Studie konnte empirisch ein Beitrag zur
Modellentwicklung geleistet werden. Jede Verhandlung, ob komplex oder einfach,
kompetitiv oder kooperativ, distributiv oder integrativ, kurz oder lang, unterliegt
einem ähnlichen Ablauf und einer analogen Struktur. Eine solche empirisch
überprüfte Struktur weist auch das Phasenmodell von Gulliver auf. Dieses lässt
sich in sieben Phasen unterteilen. Jede erfolgreiche Verhandlung wird diese Phasen
in ähnlicher Art durchlaufen. Das Wirkungsmodell des Harvard-Konzepts liefert
dahingegen
Wissen
Verhandlungsalternativen
zum
und
Umgang
mit
Beurteilungskriterien,
Interessen,
die
Menschen,
ebenfalls
einen
bedeutenden Einfluss auf Verhandlungserfolg haben. Modellwissen ist deshalb
wichtig, weil es dem Verhandlungsführer hilft, „ein flexibles strategisches
Rahmenkonzept, innerhalb dessen sich verschiedenartige Strategien taktisch
umsetzen lassen und wirkungsvoll entfalten können“, umzusetzen (Hartig 1995, S.
250). Es gilt deshalb, die beiden spezifizierten Verhandlungsmodelle (HarvardKonzept und Phasenmodell) einerseits zu kennen und andererseits zu beherrschen,
damit nachhaltiger Verhandlungserfolg angestrebt werden kann.
169
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Folgerung 3:
Nicht die Anzahl von Phasen ist wichtig, aber das Wissen, dass es solche immer gibt
Eine vermeintlich simple Folgerung aus der Analyse der Verhandlungsmodelle
besteht darin, dass es nicht wichtig ist, wie viele Phasen ein Modell hat, sondern
dass es Phasenmodelle gibt, die Verhandlungen erklären können. Der Peter
Drucker zugeschriebenen Aussage: „It’s simple, but not easy!“ muss auch
bezüglich
der
dritten
Folgerung
Richtigkeit
zugeschrieben
werden.
Verhandlungsführer müssen Verhandlungen konzeptionell begreifen und planen.
Dann sollte Verhandlungserfolg auch für weniger erfahrene Verhandler und ohne
den Umweg über unzählige Niederlagen, greifbar werden. Die vorliegende Studie
hat ferner aufzuzeigen vermocht, dass nicht allen Verhandlungsmodell-Faktoren
die gleiche Wichtigkeit beigemessen werden kann. Dahingegen sind die erhobenen
Unterschiede zu gering, um innerhalb eines Modells einen speziellen Faktor als
den ultimativen darzustellen. Wichtig ist, die Modelle und Faktoren im
Zusammenhang zu begreifen und danach zu handeln und sich trotzdem immer
wieder zu vergegenwärtigen, wo man gerade in der Verhandlung steht und was
man über die jetzige Situation weiss.
Folgerung 4:
Rationalität steigern
Rationalität ist ein grosses Postulat in der Verhandlungsforschung und -theorie,
eingebracht vor allem von Spieltheoretikern und Wissenschaftlern der normativen
Schule. Wie im Abschnitt 4.1 aufgezeigt wurde, kann vollkommene Rationalität
nie vorausgesetzt werden. Da aber Verhandlungsergebnisse mit einem hohen Mass
an Rationalität zumeist die besseren sind, sollte versucht werden, die Rationalität
zu steigern. Zunächst gilt es, und dies ist eine wichtige Erkenntnis dieser Studie,
nie die Gesamtheit aus den Augen zu verlieren. Ein Ziel eines jeden
Verhandlungsführers müsste es sein, Verhandlungen als einen ganzheitlichen
Prozess zu sehen und zu begreifen. Denn wenn es einem Verhandler gelingt, das
170
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, wird er auch viel weniger in die Falle von
Emotionen und kognitiven Effekten tappen. Dies kann angestrebt werden durch
das Erlernen der hier operationalisierten Phasen und Modelle.
Folgerung 5:
Kognitive Effekte nicht vergessen
Der wohl häufigste Grund, dass Verhandlungen scheitern oder die erzielten
Verhandlungsergebnisse suboptimaler Natur sind, findet sich bei kognitiven
Effekten. Diese sind, wie in Absatz 4.2 beschrieben, von subtiler Art, da
Verhandlungsführer kognitive Effekte nicht als solche wahrnehmen und oft auch
keine
Strategien
dagegen
kennen.
Diesbezüglich
hilft
das
Zyklische
Verhandlungsmodell von Gulliver, da es eine Verhandlung als Zyklus von
erhaltenen und abgegebenen Informationen begreift, welche die Erwartungen und
Strategien zu Anpassungen zwingt. Wiederum besteht eine Hilfestellung darin,
dass zuerst ein Wissen dieser kognitiven Effekte vorhanden sein muss. Die
Verhandlung als Ganzes muss in regelmässigen Abständen aus einer
„Vogelperspektive“ betrachtet und beurteilt werden. Dazu empfehlen sich folgende
Fragen: Wo stehen wir? Was wurde erreicht? Was wurde nicht erreicht? Wie
verhält sich das Erreichte und Nicht-Erreichte mit den eigenen Erwartungen und
den potentiellen Erwartungen der Gegenseite?
Folgerung 6:
Einschränkung – Unkontrollierbare Faktoren
Verhandlungen als Ganzes werden sich nie vollumfänglich empirisch erklären
lassen, weil sie zu vielfältigen Einflüssen ausgesetzt sind. Diese Einflüsse lassen
sich stets nur partiell jedoch nie total kontrollieren. Deshalb muss der Ansatz
verfolgt werden, einzelne Faktoren von Verhandlungen zu analysieren und
kontrollierbar zu machen. Zu diesem Ansatz konnte mit dieser Studie sicherlich ein
Beitrag geleistet werden. Denn wie auch den explorativen Einzelinterviews zu
Beginn der Studie entnommen wurde, werden Verhandlungen durch Glück,
171
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Tagesform, Verhandlungs- und Berufserfahrung, Beziehung und persönliches
Befinden massgeblich beeinflusst. Der „Faktor Mensch“ ist einerseits bei
Verhandlungen nicht zu negieren und andererseits auch nicht vollumfänglich
erforschbar. Wichtig sind deshalb Wissen und Konsequenzen von solchen Effekten
und limitierenden Verhandlungsaspekten, damit adäquat gehandelt werden kann.
Verhandlungen können verschoben oder vertagt werden und bei schlechtem
Befinden kann und soll dieses angesprochen werden, damit schlussendlich beide
Seiten ein zufriedenstellendes Verhandlungsergebnis erzielen.
Dem letzten Votum könnte bezüglich des Erkenntnisgewinns eine gewisse
Hilflosigkeit unterstellt werden. Wozu sich mit Verhandlungen wissenschaftlich
auseinandersetzen, wenn diese schlussendlich durch ein schlechtes Mittagessen
oder die Grippe der Tochter des Verhandlungsführers so stark beeinträchtigt
werden, dass ein zufriedenstellendes Verhandlungsergebnis verunmöglicht wird?
Nicht aus dem Fokus geraten dürfen bei allen Limitationen von Verhandlungen die
Bedeutung von optimalen, nachhaltigen Verhandlungsübereinkünften und die
Bedeutung dieses Untersuchungsobjektes als solches für die Gesellschaft (vgl.
dazu Kapitel 2 und 3).
Die verschiedenen Hinweise und konkreten Empfehlungen zeigen, dass durchaus
für Firmen und Unternehmen Möglichkeiten bestehen, Verhandlungserfolg gezielt
nachhaltig anzustreben.
7.3 Ausblick und Anregung für zukünftige Forschung
Wie bereits weiter oben angedeutet unterliegen der Erkenntnisgewinn und die
Untersuchung gewissen Restriktionen. Im Folgenden wird daher auf einige
methodische und inhaltliche Einschränkungen der Studie hingewiesen.
Auch wenn die Daten und durchgeführten Analysen darauf schliessen lassen, dass
die
spezifizierten
Verhandlungsmodelle
einen
signifikanten
Einfluss
auf
Verhandlungserfolg ausüben, so darf diese Erkenntnis nicht abschliessend
wahrgenommen
werden.
Zwar
erfüllen
die
operationalisierten
Modelle
weitestgehend die strengen Gütekriterien der Verfahren der ersten und zweiten
Generation, um aber auch der Forderung nach externer Validität gerecht werden zu
172
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
können, müssten die entwickelten Modelle weiter getestet werden. Zunächst wäre
es
interessant
zu
sehen,
wie
die
Resultate
mit
dem
angepassten
Fragebogeninstrument aussehen würden. Dieser wurde durch die angewendeten
Verfahren in der Anzahl der Indikatoren und im Falle des Zyklischen
Verhandlungsmodells auch in der Anzahl der Faktoren zum Teil stark reduziert.
Somit sollten die analysierten und nun entwickelten Verhandlungsmodelle anhand
eines zweiten Datensatzes erneut überprüft werden. Interessant sind ferner die
Ergebnisse des Fornell-Larcker-Kriteriums beim Phasenmodell. Mehrere Werte
genügten bei strenger Befolgung der postulierten Cut-Off-Werte nicht den
gestellten Anforderungen. Ein zu untersuchender Erklärungsansatz könnte in der
Logik des Phasenmodells liegen: Die von Gulliver theoretisch beschriebenen,
qualitativ analysierten und hier quantitativ bestätigten Phasen überlappen und
bedingen sich eben nicht nur in der Theorie, sondern auch in der
Verhandlungspraxis. Dies führt zu bedingten Korrelationen bei aufeinander
folgenden Phasen. Die daraus eigentlich ungenügenden Fornell-Larcker-Werte bei
aufeinander folgenden Faktoren werden durch die soeben geführte Argumentation
tolerierbar. Zu untersuchen gilt es weiter, ob diese partiellen Korrelationen bei
diesen aufeinander folgenden Faktoren allenfalls sogar statistisch positiv ausgelegt
werden könnten.
Die vorliegende Studie basiert auf einer Erhebung in der Baubefestigungsbranche
mit Schwerpunkt im Verkauf. Im Verkauf wird verhandelt, doch sind diese
Verhandlungen stark distributiv geprägt. Deshalb wäre es interessant, den
Fragebogen in einem anderen, sprich weniger distributiven Umfeld einzusetzen,
um die Zusammenhänge des Pfaddiagramms weiter zu analysieren. Es ist
anzunehmen, dass in weniger distributiven Branchen Verhandlungserfolg eine
andere Bedeutung haben und demnach auch der Weg dorthin ein anderer sein
könnte. So wären branchenübergreifende Vergleiche äusserst wertvoll, um die
spezifizierten Modelle noch weiter zu entwickeln. Kompromissorientierte
Branchen (Verbände, Politik) gehen vermutlich mit einem anderen Ziel in eine
Verhandlung als ein verhandelnder Verkäufer. Ein lokalisierter und im dritten
Kapitel auch angesprochener Trend in der Verhandlungsforschung liegt in
interkulturellen
Vergleichen
verschiedenster
Verhandlungspunkte
und
-
eigenschaften. In diese Richtung ginge auch der Einsatz des hier entwickelten
173
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Fragebogens in Ländern verschiedener Kulturen. Dies würde den Modellen
allenfalls einen universalen Charakter verleihen oder andererseits interessante
Unterschiede zwischen Verhandlungsführern verschiedener Ländern aufzeigen.
Diese allfälligen Erkenntnisse könnten einen wertvollen Beitrag zur Güte der
spezifizierten Verhandlungsmodelle liefern. Die vorliegende Studie weist zwar
auch einen internationalen Charakter auf, allerdings in einem homogenen
Sprachraum.
Eine zweite, grössere Stichprobe würde erlauben, moderierende Variablen
einzuführen, wodurch auch die externe Validität erhöht werden könnte.
Diesbezüglich interessieren vor allem Variablen wie Verhandlungsumfang (Grösse
des zu verhandelnden Objekts), Genderaspekte, firmeninterne und –externe
Verhandlungen.
Die Ergebnisse dieser Studie machen Aussagen zum Zusammenhang zwischen
dem jeweiligen Modell und Verhandlungserfolg, sowie zum Zusammenhang der
Modelle und den einzelnen Faktoren. Es sind jedoch keine modellübergreifenden,
vergleichenden Aussagen möglich, obwohl es vor allem für die Praxis äusserst
wertvoll wäre, ein „Best Practice Modell“ zu entwickeln, das aus den
erfolgversprechendsten
Faktoren
aller
Verhandlungsmodelle
besteht.
Die
Zusammenführung der Faktoren des Harvard-Konzepts und der Modelle Gullivers
in ein „Best Practice Modell“ müsste zum einen kognitive Effekte und Emotionen
und zum anderen den ganzen Bereich des Beziehungsmanagement in die
Versuchsanlage miteinbeziehen. „Gerade das Beziehungsmanagement, das auf die
Gestaltung und die Pflege von Kooperationen abhebt, scheint in diesem
Zusammenhang17
ein
viel
versprechendes
Anwendungsgebiet
verhandlungstheoretischer Ansätze zu sein“ (Roth 2003, S. 53). Wie in den
Einzelinterviews festgestellt wurde, ist eine gute Beziehung zwischen den
verhandelnden Parteien eminent wichtig für nachhaltige Verhandlungslösungen.
Diesbezüglich würden auch Langzeitstudien von Interesse sein, denn nur über eine
längere und wiederholte Erhebungszeit, könnten Zeit- und Beziehungseffekte in
Relation gestellt werden.
17
„Die beispielhaft genannten Verhandlungslösungen, die für individualistisch-kooperative Spiele sowie für Koalitionsspiele
entwickelt wurden, spielen in der Marketingtheorie bisher nur eine untergeordnete Rolle“ (Roth 2003, S. 53).
174
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Ein Ausblick für zukünftige Forschung muss auch methodische Anregungen
beinhalten, die auf den Erfahrungen der vorliegenden Studie beruhen. Eine
wichtige Anforderung (Peter 1996, S. 142) an das Verfahren besteht in der
Berücksichtigung von Messfehlern, da die Konstrukte latente Variablen beinhalten,
welche durch direkt beobachtbare Indikatoren erhoben werden, denen in der Regel
solche Fehler anhaften können (Siems 2003, S. 123). In methodischer Hinsicht
können Messprobleme trotz sorgfältiger Operationalisierung und Validierung der
einzelnen Faktoren nicht ausgeschlossen werden. Zudem können vor allem auch
die Interkorrelation zwischen den unabhängigen Variablen zu Verzerrungen der
Schätzer geführt haben. Für weitere Arbeiten kann daher die Anregung gegeben
werden, mögliche Interaktionseffekte zwischen den Faktoren zu untersuchen und
anschliessend statistisch zu testen. Die erste wichtige Erfahrung besteht in der
exakten Operationalisierung der Messmodelle. Da die Studie nicht auf bereits
bestehende
Skalen
zurückgreifen
konnte
und
dadurch
gewissermassen
Pionierarbeit geleistet hat, müssen vor allem Messprobleme tangiert werden. Dies
könnte auch ein Erklärungsansatz für die zum Teil relativ tiefe durchschnittlich
erfasste Varianz einzelner Faktoren darstellen, insbesondere bei den Faktoren des
Zyklischen Verhandlungsmodells.
Ein weiterer, mit den vorangegangenen Punkten eng zusammenhängender Aspekt
stellt das Postulat von Eliashberg et al. (Eliashberg, Lilien et al. 1994; Eliashberg,
Lilien et al. 1995) nach mehr Fallstudien dar. Gerade Fallstudien gelingt die
gezielte Vertiefung, auf deren Basis Praxisprobleme konkret aufgezeigt und gelöst
werden können. Der Autor dieser Studie würde sich demnach ebenfalls vermehrt
Single- und Multiple Case Studies wünschen, welche die angesprochenen Aspekte
für zukünftige Forschung vertiefen und mit pragmatischen Lösungsansätzen
aufwarten könnten. Denn gerade bei der Erforschung und Integration von
kognitiven Effekten und Emotionen wären Forschungsbeitrage mit Fallstudien
wünschenswert. Auch um Zusammenhänge zwischen dem Beziehungsmanagement
und
den
entwickelten
Verhandlungsmodellen
aufzuzeigen,
könnte
die
Fallstudienmethode wesentliche Forschungsaufgaben übernehmen.
Der Abschluss und das letzte Wort der vorliegenden Studie soll Wilfred Hartig
gehören, der die Bedeutung von Verhandlungen für die Gesellschaft und deren
175
Kapitel 7: Schlussfolgerungen und Ausblick
Individuen richtig einschätzt und damit auch dieser Dissertation ein wenig mehr
Gewicht verleiht: „Die Kunst des zielbewussten und Ergebnis bringenden
Verhandelns ist daher für jeden von uns, der in Zukunft hier noch wirkungsvoller
mitreden und mithandeln will, ein unerlässliches Grund- und Führungswissen“
(Hartig 1995, S. 21).
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191
Anhang
VI. Anhang
Interviews
Interview-Protokoll vom 23.5.2005
Interview-Partner:
Wilhelm Zach und
Helmut Bullah
Geschäftsführer und Partner der Creative Project Architects GmbH in Wien
Rahmenbedingung:
Das Interview mit den Praktikern Zach und Bullah fand in ungezwungener Art statt. Zuerst hat man
beim Mittagessen über die Thematik gesprochen, um dieses Gespräch im Anschluss ans Essen im
Büro weiterzuführen und abzuschliessen. Insgesamt dauerte das Gespräch 3 Stunden.
Zu den Personen:
Zach und Bullah führen unterschiedlichste Verhandlungen. Ein-, zwei- und MehrparteienVerhandlungen, distributive wie auch integrative Verhandlungen. Wobei integrative Verhandlungen
ganz klar überwiegen, soweit man distributiv und integrativ exakt voneinander trennen kann. Beide
sind durch unzählige theoretische, aber vor allem auch praktische Verkaufsverschulungen gegangen
und haben sich auch autodidaktisch ständig weitergebildet. Diese Verhandlungen beinhalten in letzter
Zeit vor allem den Verkauf von Beratungs- und Netzwerkaufträgen.
Einleitung und Allgemeines:
Als die wichtigsten Aspekte/Indikatoren in Bezug auf Verkaufsverhandlungen werden aktives
Zuhören, Vertrauen, Emotionen, Zeit, Kultur, Gender, positive Einstellung den Menschen gegenüber
oder Freunde am Kontakt mit Menschen, aufgeführt.
Das Dissertationsthema wird als spannend und relevant eingestuft. Allerdings bezweifeln die
Befragten daran, dass man durch bestimmte Indikatoren Erfolg voraussagen kann. Dies wünschten sie
sich zwar, bezweifeln es aber aufgrund ihrer grossen Erfahrung. Angezweifelt wird dies vor allem
auch deshalb, weil der Erfolg einerseits von einem grossen Stück Glück abhängt und andererseits von
emotionalen, soften Faktoren, die sehr schwer bis unmöglich quantitativ zu erheben seien.
Zum Interview-Protokoll:
Kultureller Aspekt und Erfolg:
192
Anhang
Schweizer seien sehr anständige Verkäufer, die solide Angebote unterbreiten. Sie ziehen praktisch nie
eine Show ab; im Gegensatz zum klassischen amerikanischen Verkäufer, bei dem man vom Gesagten
immer etwa 40% abziehen muss. Solche kulturellen Unterschiede müssen unbedingt miteinbezogen
werden, denn ein Schweizer wird, sofern er sich nicht an die dortigen kulturellen Codes anpasst, in
den USA nie ein erfolgreicher Verkäufer werden, so wenig wie ein Amerikaner in der Schweiz. Herr
Zach vermutet im „Wesen“ des Österreichers gute Voraussetzungen für Verkäufer. Vor allem im
Charme und „Schmäh“. Ein seriöses Auftreten, dem Schweizer nicht unähnlich, in Verbindung mit
Charme und „Schmee“, das dem Schweizer hingegen eher abgeht, machen Österreicher zu guten
Verkäufern, aber auch Führungskräften. Deshalb sei es nicht erstaunlich, dass es relativ viele
Österreicher an Konzernspitzen geschafft haben. Nach Meinung der Befragten eben auch aus diesen
Eigenschaften. Der deutsche Verkäufer hält mit seiner Meinung nicht zurück und versucht, sein
Gegenüber zu überzeugen. Die Verkäufer in den westeuropäischen Ländern könnten viel von einem
Teppichverkäufer aus Istanbul lernen. Diese wissen, wie wichtig der Beziehungsaspekt beim
Verkaufen sei.
Verhandlungs- und Verkaufskompetenz:
Hervorzuheben gilt es, dass jede Person bis zu einem bestimmten Level als Verkäufer gebracht werden
kann, vieles aber „angeboren“ sei. Basics müssen gelernt und trainiert werden, sind aber schon
bekannt und oft in einschlägiger Literatur beschrieben worden. Wer diese nicht beherrscht, bekommt
auch nie einen Auftrag oder schliesst eine Verkaufsverhandlung erfolgreich ab. Aber nur mit
Verkaufstalent wird man auch nie ein erfolgreicher Verkäufer, der Umsatz generiert. Es braucht
schlussendlich beides: Das Talent, aber auch ein Grundlagenwissen. Im Ansatz zeigen sich
Verkaufstalente meist schon bei Bewerbungsgesprächen. Das Bauchgefühl sagt dem Rekrutierter, ob
der Bewerber die Menschen mag und gerne mit ihnen in Kontakt kommt.
Die jeweilig spezifische Fachkompetenz lässt sich erfahrungsgemäss in 4-8 Wochen erarbeiten. Von
sekundären Erfahrungen lässt sich zwar vieles übernehmen, aber schlussendlich muss man
verhandeln/verkaufen
vor
allem
auch
„on
the
job“
lernen.
Zur
Vorbereitung
für
Verkaufsverhandlungen hilft vor allem auch das Internet. Dieses wird für Produktinformationen,
Kundeninformationen, Rahmenbedingungen, kulturelle Aspekte usw. herangezogen. Man findet im
Internet fast alles, was für eine seriöse Vorbereitung benötigt wird.
Als Verkäufer muss man Probleme erwähnen oder sogar Probleme kreieren, um diese dann für den
Kunden lösen zu können. Das Schlimmste ist, wenn man keine Probleme hat. Wie bei den Politikern.
Die Aussage „Man ist Verkäufer oder nicht!“ wird implizit in den Raum gestellt. Ungefähr 30 bis 40
Prozent des Erfolges machen die Basics aus. Weitere ca. 30 bis 40 Prozent sind emotional bedingt und
die restlichen Prozente sind erfahrungsgemäss durch Glück bedingt.
Kundenbeziehung und -management, Softfacts, „Black-Box“:
193
Anhang
Ganz grosse Bedeutung erhält die Beziehung zum Kunden, die Vertrauen enthalten muss. Ohne
Vertrauen wird nie erfolgreich etwas verkauft werden. Dieses Vertrauen wird einerseits durch die
Verkäufer-Basics aufgebaut, andererseits auf einer unbewussten Ebene entwickelt. „Man ist sich halt
sympathisch.“ Dieser Prozess läuft in den ersten 5 Minuten des Kontaktes ab. Deshalb muss ein
Verkäufer auch damit rechnen, ab und zu brüsk abgelehnt zu werden, weil es auf der unbewussten
Ebene keine Entwicklung gibt und man sich deshalb „fremd“ bleibt. Diese Ebene lässt sich aber nicht
direkt beeinflussen. Wenn man als Verkäufer erfolg haben will, sollte man bei 70 bis 80 Prozent der
Kunden beliebt sein. Mehr sei nicht gut, da dies auf zu wenig Individualität schliessen lässt. Ein
Verkäufer dürfe nicht ein aalglatter Banker- oder Beratertyp sein, sonder müsse auch ein wenig
Kanten und Ecken haben. Und an diese aalglatten Menschen erinnere man sich nach 10
Verkaufsgesprächen (aus Sicht des Käufers) nicht mehr. Dann bleiben einem die Menschen in
Erinnerung, die ein wenig Kanten und Ecken haben.
Die aufgebauten und entwickelten Beziehungen dürfen unter keinen Umständen vernachlässigt werden
und müssen gepflegt werden.
Fachkompetenz, Skills, Beziehungsmanagement:
Das A und O eines Verkäufers ist das „aktive Zuhören“. Nicht sich anpreisen, sondern dem
Käufer/Kunden zuhören, ist das Erfolgscredo des guten und erfolgreichen Verkäufers und somit auch
des Verhandlungsführers. Vorteile: Durch Zuhören wird Vertrauen aufgebaut, indem man dem
Kunden wertvolle Zeit schenkt. Der Kunde fühlt sich ferner ernst genommen. Er muss spüren, dass
man sich für ihn einsetzen wird, komme was wolle. Man erfährt sehr viel über den Kunden (auch
private Dinge, nach denen man bei zukünftigen Kontakten wieder fragen kann), die Wünsche und
allenfalls sogar über andere Mitkonkurrenten und kann das angepriesene Produkt oder die
Produktpalette den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden viel eher anpassen.
Taktiken:
Gute Erfahrungen machte Herr Bullah auch damit, dass zu Beginn einer Verkaufsverhandlung eher
trockene und unangenehme Aspekte besprochen wurden (nicht gerade zu Beginn, aber auch nicht zu
lange warten). So war eine Taktik, dass relativ schnell die „allgemeinen Geschäftsbedingungen“ dem
Kunden vorgelegt wurde. Dies hat zum Vorteil, dass der Kunde sehr schnell sieht, ob diese überhaupt
im Rahmen des Verhandelbaren und Möglichen sind und dadurch die Verhandlung allenfalls nicht
daran erst am Schluss scheitert. Ferner wird dadurch von anfang an Transparenz geschaffen und eine
Beziehung aufgebaut. Auch ist dieser Weg eher ungewöhnlich, wodurch man in der Erinnerung des
Kunden bleibt. (Ecken und Kanten eines Verkäufers) Ferner sind von diesem Vorgehen vor allem eher
„Zahlen-orientierte“ Personen sehr angetan. Auch ist dadurch der Kontakt zur Firma einfacher, da man
bspw. beim Controller nachfragen könne, ob alles verständlich sei. Vielfach machen genau diese Leute
dann den Unterschied zwischen Deal oder No-Deal aus. Dann kommt vor allem Vertrauen,
Transparenz und Beziehung zum tragen. Ferner erlaubt einem dieses Vorgehen auch, dass man die
„AGB“ verhandeln und anpassen kann. Dadurch wird dem Kunden auch Kooperationswille bewiesen.
194
Anhang
Ein wichtiger Aspekt sind die Kosten: Diesbezüglich sei es zumeist richtig, die Kosten früh
aufzuzeigen und auch mal zu fragen (nach vorrangiger eigener Überprüfung), ob der Kunde überhaupt
in der Lage sei, für das Produkt zu bezahlen. Dies hat wiederum zwei Vorteile: Zum einen verliert man
aufgrund allfälliger Zahlungsunfähigkeit keine Kostbare Zeit und Projektkosten und zweitens wollen
einem viele Firma beweisen, dass man sehr wohl zahlungsfähig sei. Dies geschehe oft durch
Heranziehen der Bilanz, die man ansonsten nicht zu Gesicht bekommen würde. Dies liefert die
Information über die Zahlungsfähigkeit, aber auch noch zusätzliche potenziell wichtige Information.
Kosten aufzeigen. Verhandelbar.
Im Verkauf und auch bei Verhandlungen muss immer auch Mut zum Risiko vorhanden sein. An einem
bestimmten Punkt darf man nicht mehr weiter „verkaufen“, sondern muss den Kunden zu einem
Entscheid „drängen“ (ihm Entscheidungsmöglichkeiten bieten, Entscheidungen fördern). Und dies mit
der Möglichkeit, den Kunden zu verlieren; drängt man ihn aber nicht, so ist die Chance, ihn an die
Konkurrenz, der man nota bene den Weg bereitet hätte, noch grösser. Diesbezüglich gibt es
unterschiedlichste Taktiken, eine Abmachung oder eine Unterschrift zu erhalten. Mut zum Risiko
beinhaltet aber auch die Möglichkeit, in einer Verkaufsverhandlung zu scheitern und dies sogar öfter
als es einem Verkäufer lieb sein wird. Aber nur wer dieses Risiko mit seinen Konsequenzen zu tragen
bereit ist, wird ein erfolgreicher Verkäufer.
Zu beachten gilt es diesbezüglich auch, dass alle Verträge wieder neu verhandelt werden können und
viele auch werden. (Re-Negotiations) Wichtig ist der grundsätzliche Kaufentscheid und die
Unterschrift dazu. Preise, Geschäftsbedingungen und auch Produkteigenschaften können durch
Nachverhandlungen immer noch angepasst werden.
Taktiken, Informationsmanagement:
Zu Informationen gelangt man nicht nur durch aktives Zuhören oder das Internet sondern auch durch
Telefonate mit bestimmten Teilen der Organisation des potentiellen Käufers. Denn oft gelangt man
über Telefonisten/-innen oder Sekretäre, Assistenten usw. an sehr aussagekräftige und wertvolle
Informationen, die man vom Entscheidungsträger eventuell nicht erhalten würde. Diesbezüglich muss
man allerdings auf der Hut sein, dass diese Informationen, die ohne Wissen des Entscheidungsträgers
eingeholt werden, nicht offensiv ins Verkaufsgespräch mit dem Entscheidungsträger eingeflochten
werden.
Gender:
Zum Gender-Aspekt meinen die Befragten, dass Frauen die besseren Verkäufer seien, da sie im
emotionalen Bereich gegenüber Männern einen Vorteil vorweisen. Frauen können zumeist besser
zuhören und wollen Produkte nicht nur einfach über rationale Faktoren an die Kunden bringen sondern
betonen viel eher softe Faktoren. Das aktive Zuhören wird von Frauen viel eher und natürlicher
praktiziert als vom männlichen Geschlecht. Männer versuchen Produkte viel eher über die
Produkteigenschaften zu verkaufen und durch vernunftbedingte Vorteile. Dies drücke sich auch im
Management aus, wo Frauen diesbezüglich Männern ebenfalls überlegen seien. Attraktivität wirke auf
195
Anhang
den Erfolg bei Frauen noch stärker und dies nicht nur gegenüber Männern sondern auch gegenüber
Frauen. Männer könnten von Frauen im Verkauf sehr viel lernen.
Interview-Protokoll vom 01.6.2005
Interview-Partner:
Walter Brändle
Leiter Technischer Beratungsdienst, TB-Dienst
Geberit Vertriebs AG
Rahmenbedingung:
Das Interview mit Herrn Brändle fand in Jona in seinem Büro statt und dauerte eine knappe Stunde,
war offen geführt und ungezwungen.
Zur Person Brändle:
Bei Geberit ist es ein wenig speziell, aber das könnte es gerade auch interessant machen. Herr Brändle
leitet den Technischen Beratungsdienst. Das hat eigentlich gar nichts mit Verkauf zu tun, es ist ja
technisch beraten. Wir machen eine Push-Pull-Strategie (wird anhand eines Charts erklärt). Geberit
verkauft an Grosshändler, der nimmt es an Lager und wartet auf den Installateur. Wir wecken mit
unseren Leuten bei den Installateuren die Nachfrage, das versuchen wir. Das ist der Hauptjob. Der
Verkaufsleiter verkauft dem Grosshändler das, was durch meine Leute wieder rausgezogen wird. Und
darum haben wir auch mehr auf der Pull-Seite unsere Kräfte konzentriert. Und auf der Push-Seite
müssen wir eigentlich nur die Logistik sicherstellen.
Es ist nicht so der klassische Verkaufsprozess. Es ist aber komplizierter dadurch, weil die Aktivitäten
nicht klar sind, die wir unten bei den Installateuren machen, vor allem weil das der Grosshändler erntet
und nicht ich. Ich setze keinen Franken um. Aber man sieht trotzdem die Resultate. Wir arbeiten sehr
eng zusammen (Pull und Push Seite, rspk. Verkauf und Technische Beratung.)
Zum Interview-Protokoll:
Wo und wann verhandeln Sie?
Wenn wir unterscheiden zwischen internen und externen. Fangen wir mal mit den internen an: Interne
Verhandlungen habe ich mit dem Mgmt-Team, wo ich versuche, meine Konzepte durchzubringen. Das
sind „Kämpfe“, die man hat, weil die Ressourcen gegeben sind und man braucht Ressourcen für die
Marktbearbeitung. Und das sind die ersten Verhandlungen überhaupt, bevor es dann nach draussen
geht. Bsp: Wir wollten Architekten bearbeiten. Wir hatten zwei verschiedene Konzepte. Das
Marketing war eher für einen Wettbewerb und ich eher für direkte Bearbeitung, die müssen zu uns
kommen und uns kennen lernen. Und dann ging es darum, wer das bessere Konzept hat. Das sind dann
Verhandlungen, die wir führen. Die werden aber kollegial geführt im Team. Auch sehr offen, wo man
sagen kann, dass man etwas schlecht findet aus dem und dem Grund. Und im Mgmt-Team wird dann
196
Anhang
entschieden, wie etwas gemacht wird. Das sind so interne Verhandlungen, damit wir überhaupt
draussen im Markt agieren können.
Sind das eher Verteilungs-Verhandlungen oder eher Verhandlungen wo man etwas versucht
zusammenzuführen?
Beides. In der Vergangenheit lag es zumeist nicht am Geld. Wenn zwei eine gute Idee hatten, hat man
meistens beides gemacht. Da hat man nicht aufs Geld geschaut. Jetzt werden die Ressourcen knapper.
Man schaut jetzt vielmehr, was wirklich nötig ist und speckt Konzepte ab oder verzögert etwas
zeitlich. Und deshalb gehen diese Verhandlungen auch immer mehr in Verteilkämpfe. Jede Abteilung
braucht Geld für ihren Job und die Mbo-Ziele. Man hat weniger Geld und der Markt wird immer
kompetitiver.
Gibt es Möglichkeiten, diesen Kuchen durch andere Möglichkeiten zu vergrössern?
Erstens geht es um Projekte. Man gleist Projekte auf. Alle sind sehr initiativ. Man wartet nicht auf
Anweisungen des Chefs. Und diese initiativen Projekt-Ideen kosten immer Geld. Und somit geht es
denn darum, die Kosten und Nutzen der einzelnen Projekt-Ideen zu vergleichen. Dort sind
Verhandlungen innerhalb des Teams wichtig. Die Leute zu überzeugen, wo das Geld richtig investiert
ist. Oder wenn wir Projekte streichen. Welche werden gestrichen? Niemand ist ja froh, wenn sein
Projekt gestrichen wird. Dort muss man sich dann auch verkaufen, damit das Projekt erhalten bleibt.
Wie sieht bei Ihnen die Vorbereitung auf eine solche Verhandlung aus?
Wir haben eine monatliche Mgmt-sitzung, wo die Geschäftsleiter, die fünf Mitglieder dabei sind. Es
wird erwartet, dass man Konzepte im Voraus abgibt und sich anhand dessen seriös vorbereitet. Die
Anträge müssen formuliert sein. Das Projekt wird dann nicht mehr besprochen. Es werden höchstens
Verständnisfragen gestellt und dann Pro und Contra jedes Bereiches besprochen. Und dann wird
entschieden. Dann wird es abgelehnt oder angenommen oder kommt in eine Verbesserungsschlaufe,
wo es verbessert werden muss.
Haben Sie für die Vorbereitung bestimmte Formulare?
Nein, das gibt es nicht. Wir machen es so, dass wir die Präsentationen auf PPT machen. Das ist der
Normalweg. Aber was es gibt, bspw. Wenn wir einen neuen Spülkasten machen wollen: Den machen
wir ja nicht selber, da wir nur eine Vertriebsorganisation sind. Dann gibt es einen Antrag an die
Gruppe. Das ist dann schriftlich. Der ist dann standardisiert und enthält ganz viele wichtig Infos.
Aber so bei internen Projekten ist der persönliche Kontakt schon viel wichtiger.
Wie ist denn das Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung einer Verhandlung?
Das kann 1:20 sein. Bei einer Konzeptentwicklung bin ich zum Teil 3 bis 4 Tage dran, aber die
Sitzung ist dann kurz.
Laufen da viele Gespräche auch schon im Vorfeld? Es sind ja oft nur noch
Entscheidungssitzungen. Aber wo findet der Prozess für die Entscheidungsfindung statt?
Das ist dann eben abhängig von dem, der das Konzept einbringt. Oft werden da taktische Fehler
gemacht bei der Ausarbeitung von Konzepten. Wer entscheidet, das weiss man. Und es gibt immer
wieder Fälle, wo die Entscheidungsträger nicht in den Prozess involviert werden, wo dann die
Präsentation eine Woche vor der Sitzung geschickt wird, in der Meinung, dass alles gut sei. Die
Entscheidungsträger verstehen aber die Materie, sind schon lange dabei und alles gestandene
197
Anhang
Personen. Die Projektleiter integrieren diese ab und zu nicht, arbeiten zwar enorm viel, aber wissen
gar nicht, was am Schluss rauskommt. Und dann sind diese ganz erstaunt, wenn das Mgmt-Gremium
diese Projekte zerreisst. Das ist der Hauptfehler.
Der zweite Hauptfehler ist, wo wir auch alle unter Druck sind, dass man zu wenig Zeit hat. Dass man
Heute eine Präsentation bekommt und zwei Tage später man drüber entscheiden sollte. Dann wird
besonders genau geschaut, weil man sich nicht gerne etwas unterjubeln lassen will. Das ist einfach
schlecht.
Und drittens vielleicht: Wenn jmd. erst bei der Sitzung ein Projekt verteilt, dann wird das sofort
zurückgewiesen, dann behandeln wir das gar nicht.
Was ist für Sie ein Verhandlungserfolg?
Wir funktionieren als Mgmt-Team. Wir haben schon auch Meinungsverschiedenheiten, zum Glück
auch! Somit kann es nicht sein, dass ich als einziger als Gewinner hervorgehe. Das kann nicht sein.
Dann ziehen Sie nicht einfach ein Projekt durch gegen die anderen vier?
Vielleicht gäbe mir die Zukunft Recht. Aber das gäbe mehr Unruhe. Ausserdem kann ich alleine
nichts ausrichten, wenn alle anderen dagegen sind. Dann geht es nicht. Das kann ich mit meinen
Leuten machen, aber die folgen mir dann auch nicht. Die wollen wissen, warum man etwas so macht.
Normalerweise stimmen wir demokratisch ab. Ausser der Chef will mal was probieren, dann steht man
da auch dahinter.
Kann man Verhandlungserfolg immer auch quantitativ, monetär belegen?
Vieles kann man, indem man in den Variablen irgendwelche Zahlen einsetzt. Das schöne ist ja im
Marketing, dass nicht alles klar ist. Und auch wenn es ein gutes Konzept ist, kann es, wenn sich die
Umwelt ändert, das Konzept auch ändern. Wir versuchen mit Facts zu arbeiten. Das ist unser Job.
Wo wir aber stark sind, ist, dass wir nicht nur den Franken anschauen, sondern auch schauen, wie
etwas beim Menschen, beim Kunden wirkt. Was hat der für ein Gefühl? Wir sind Marktleader. Wir
können praktisch nur verlieren. Wir haben ziemlich gute Marktanteile. Aber wenn das Gefühl schlecht
ist, dann verlieren wir in der Zukunft. Da sind wir sehr strikt und die Erfahrung des Teams ist da sehr
wichtig, weil in einem gesättigten Markt Kundenbeziehung sehr wichtig ist.
Der neue Geschäftsführer ist neu und macht das hervorragend. Er ist nicht aus dem Sanitasbusiness
gekommen. Und er hatte ganz viele Ideen. Aber von 100 Ideen waren vielleicht 5 umsetzbar und die
anderen haben wir abgewürgt. Und er meinte dann mal, dass es mühsam sei, mit uns
zusammenzuarbeiten, weil man immer mit Ideen kommen könne und alles werde abgelehnt. Und zwar
mit stichhaltigen Argumenten und Erfahrungen. Das sei deprimierend. Sein Verhandlungsgeschick
war, zuzuhören und zu sagen, dass es zwar seine Idee, aber trotzdem eine schlechte gewesen sei. So
funktionieren Verhandlungen bei uns. Es wird viel und gut und tief überlegt und nachgedacht, weil wir
auch die Detailinfos haben.
Dann sind Kundenbeziehungen genauso wichtig wie die finanziellen Komponenten?
Ziele von unser aller Arbeit ist Geld zu verdienen. Geld zu verdienen ist unser Job hier. Das kann man,
indem man nur über Facts redet. Wir haben diese Mgmt-Wissen (Zahlen, Methoden) auch, aber wir
wissen auch, wie das draussen ankommt. Das zusammen garantiert uns, dass wir Geld verdienen.
198
Anhang
Eines alleine in einem gesättigten Markt nützt einem nichts mehr. Aber der Markt bei und ist ein
wenig anders als wenn man Sugus verkauft.
Aber sind das denn so Bauchgefühle beim Mgmt?
Es hat sicher 20 Prozent Bauchgefühle dabei. Es hat echte Bauchgefühle, wo wir sagen, ja oder nein,
wir machen es so, wo wir etwas nur zu 90 Prozent wissen. Aber es ist dann nicht klar mit einer
Wirtschaftlichkeitsberechnung zu belegen.
Ein Gefühl aus der Erfahrung?
Genau. Oder auch aus Fehlern, die man früher gemacht hat. Ein Mitglied im Mgmt-Team ist schon
über 20 Jahre dabei. Der kennt die ganze Geschichte. Und für Verhandlungen etwas wichtiges:
Normalerweise bleibt man in der gleichen Branche. Und wenn man mal einen Fehler macht, wird man
sich daran erinnern.
Sind Sie eher der kompetitive Verhandler oder der kooperative?
Ich bin sicher, von den fünf im Mgmt-Team, bin ich sicher nicht der harmonischste. Ich sage, was ich
denke. Das ist wieder die Kultur, die das erlaubt. Wenn das Umfeld anders wäre, würde ich das nicht
machen. Aber weil wir den Auftrag haben, im Schweizer Markt weiter nach vorne zu kommen,
müssen wir ehrlich miteinander sein.
Das Architektenkonzept wurde dann am Schluss doch abgeschossen. Nach drei Interventionen von
mir. Das kommt also vor, aber sehr selten. Dort wo es schwierig ist, ist es auch schwierig Argumente
zu bringen. Wir verhandeln nicht mit extrem harten Bandagen, aber wir sagen uns die Meinung, auch
schon im Vorfeld einer Sitzung.
Wo hilft Verhandlungstheorie in der Praxis? Kennen Sie Theorien?
Ich hab das gerade jetzt als Mbo-Ziel. Was wir machen ist Verkaufs-Training mit unseren
Aussendienstmitarbeitern. Und diese Trainings, da kam ein externer, zweimal und seit dann, führe ich
diese Verkaufstrainings. Nutzenargumentationen, damit die argumentieren können und die richtigen
Sätze beieinander haben. Da gibt es Verkaufstrainings, die ich für meine Leute gemacht habe. (Herr
Brändle zeigt ein Manual) Wir haben Trainings. Wir haben festgestellt, dass unsere Leute gut sind, sie
sind kompetent. Technisch zumindest. Die sind vom Fach und müssen eine Meisterprüfung haben.
Aber wo sie noch nicht so gut sind, ist im Verkauf. Sie verkaufen ja nicht direkt, aber sie müssen
überzeugen, dass die Leute dann zu Grosshändler gehen. Und daran haben wir in den letzten zwei
Jahren gearbeitet.
Und wo sehen Sie da noch Verbesserungspotential? Was könnte da die Wissenschaft noch
beitragen?
Von zwanzig Aussendienstlern sind immer etwa die Hälfte bei solchen Trainings voll dabei und ein
drittel sind eher reserviert. Was wir uns vom externen Trainer erhofft hatten, war, dass sie eine andere
Sicht erhalten. Das ist zum Teil gelungen. Wenn ich was sage, dann ist es einfach der Alte. Und wenn
es extern ist, hat es einfach mehr Gewicht. Wo der externe Probleme hat, ist, dass er nicht ihre Sprache
spricht.
Es werden uns viele Dienstleistungen angeboten. Da wiegeln wir aber sehr stark ab. Wir fahren dann
meistens ein System. Wenn es allen Klick machen würde, so eine Ausbildung, das wäre gut. Viele
199
Anhang
sind auch noch nicht in der Lage, gut zu verkaufen. Viele sind schon besser als vor drei Jahren, klar,
aber es gibt immer noch Verbesserungspotential.
Kann man Verkaufen und Verhandeln lernen?
Ich war früher zehn Jahre Schulungsleiter. Meine These ist: Gott hat viel gegeben. Den einen und den
anderen ein bisschen weniger. Und jetzt kann man mit gewissen Techniken vieles wettmachen. Aber
wenn jmd. keine Freude und Talent hat, wird der nie ein guter Verkäufer. Das ist wie beim
Präsentieren.
Und wir machen, bei der Auswahl dieser Leute, ob die Person Ansätze und Fähigkeiten für Verkaufen
hat. Ob die Mitarbeiter wirklich überzeugen wollen und können. Mit einem Test „Inside“ testen wir
das auch schon im Voraus. Dort ist der Verkauf schon auch ein wichtiges Thema.
Und prozentual? Was meinen Sie?
Das hängt schon von der Branche ab. Ich glaube, es hängt sehr viel vom Kopf ab. Wenn jmd. das will
und auch noch die Fähigkeiten dazu hat, dann ist er erfolgreich und kann alles verkaufen. Dass es auch
Glück braucht, das glaube ich auch, aber dass man alles lernen kann, das würde ich unterschreiben.
Warum fährt Geberit die Strategie mit den Meistern als Verkäufer?
Im Mgmt Team sind auch die meisten Meister oder Htl Ingenieure. Aber bei denen, die mit den
Kunden zu tun haben, die müssen eine Kundenbeziehung aufbauen und das geht am besten, wenn man
vom gleichen „Pott“ kommt. Sei das regional, aber vor allem von der gleichen Branche. Alle die was
zu sagen haben, machen eine Meisterprüfung. Dann spricht man halt die gleiche Sprache, war oft auf
der gleichen Schule, hatte die gleichen Lehrer usw. Man hat dann eine Beziehungsebene. Unsere
Kunden würden nie jemandem etwas abkaufen, der von der Computer-Industrie kommt. Das würde
nicht funktionieren. Das würde nicht die Akzeptanz bringen. Auch weil wir die teuersten Produkte
haben. Da muss man die Produkte erklären können. Der Installateur, der Kunde, ist kein guter
Verkäufer, da erwartet er selber auch keine sehr guten Verkäufer. Er braucht jmd., der ihm Probleme
lösen kann.
Dann läuft aber sehr viel über die technischen Eigenschaften?
Auch, ja. Die Sympathie ist die Bedingung. Und sympathisch heisst ja auch, dass er die gleiche
Sprache spricht. Von dem leben wir. Die aufgebauten Kundenbeziehungen sind enorm wichtig. Weil
wir Marktleader sind, können wir nur verlieren. Ein Wechsel zu einem Konkurrenzprodukt ist viel
schwieriger, weil er unseren Technischen Berater kennt, der ihm immer wieder mal in die Bude läuft.
Beziehungen sind eminent wichtig, weil wir nur verlieren können und die teuersten sind. Und die
Beziehung baut man auf, weil man die gleiche Sprache spricht. Man wird zusammen gross.
Hätte ich anders erwartet, weil die Produkte so technisch sind. Auch weil es keine HighInvolvment Produkte sind. Hätte gedacht, dass der Preis und Innovation wichtiger sei als die
Beziehung.
Der Preis ist bei uns immer der höchste. Das ist doch die Strategie der anderen: Einfach Geld
verdienen, weil man der Billigste ist. 10 Prozent mindestens. Wir sind die teuersten und brauchen das
Geld für Innovationen und Beziehungspflege, deshalb ist der Kreislauf auch so wichtig. Das schöne an
der Branche ist, dass sie konservativ ist. Man wechselt den Anbieter nur selten. Es braucht schon eher
viel. Von diesen 10 Prozent mehr leben wir, aber wir müssen dafür auch etwas bieten.
200
Anhang
Bringen Sie Ihren Verkäufern auch Tricks bei?
Wie gesagt, wir haben ein Grundtraining gemacht. Bei unseren Tagungen gibt es immer
Trainingseinheiten. Diese beinhalten, dass man die Erfahrungen abholt. Sie müssen was bringen. Was
ich bringe, geht eh verloren. Ich fordere die TBs auf, die grössten Verkaufserfolge zu präsentieren. Die
bekomm ich auch über die Quartalsberichte. Was ist gut und schlecht gegangen? Dann analysiert man
das. Vieles hole ich von den Leuten raus. Eigentlich machen die TBs das gar nicht so gern. Erstens
verraten sie dadurch ihre Geheimnisse. Und zweitens kommt das auch noch schwierig an bei den
Kollegen, weil die anderen dann denken, dass der eine bevorzugt würde. Konkurrenzdenken unter
sich. Aber ich will das trotzdem, dass wir das so machen. Damit sie unter sich besser werden.
Sie sammeln das und werten das aus?
Ja, das mache ich. Oder wenn mir jemand beim Quartalsgespräch von einem Grosserfolg erzählt,
versuche ich auch die Gründe zu eruieren. Und mein Job ist dann mehr, wie kann das den anderen
nützen. Die Umwandlung in Nutzen für alle ist mein Job. Das funktioniert gut. Sie gehen auch
miteinander mit. Gehen zusammen zu Kunden. Lernen so voneinander.
Wenn ich mitgehe, ist das schon wieder ein wenig anders.
Woran scheitern Verhandlungen?
An der Konkurrenz. Man ist nicht alleine im Markt. Zweitens glauben wir, dass wir die Kunden
kennen. Aber wir kennen nicht jeden einzeln. Und es scheitert dann daran, dass die Anwendung vom
Allgemeinen auf den Einzelnen nicht passt. Und dementsprechend geht man den dann falsch an. Bsp.:
Einer wurde mal schlecht behandelt. Und dann geht einfach nichts mehr. Dann fragt man, warum das
so sei, ob man etwas falsch gemacht habe. Man ist offen mit dem Kunden.
Oft ist die Vorbereitung oder der Info-Stand nicht optimal. Ein Gespräch reicht normal nicht für den
Verkaufsunterschied. Vielleicht wird das unterschätzt. Es sind mehrere Aspekte, die viel mit dem
Mensch zu tun haben, warum es nicht klappt.
Dann gibt es auch die Fälle, wo die Kunden auch mit den TBs nicht zufrieden sind. Manchmal stimmt
auch einfach die Chemie nicht.
Haben Sie auch Verhandlungserfahrung mit Frauen?
Wir haben auch eine Verkäuferin, die zwar aufgrund gesundheitlicher Probleme aussteigt. Wir haben
an und für sich nichts gegen Frauen, haben ja auch ganz viele im Betrieb. Wie soll ich sagen? Unsere
Kunden sind aber Männer, mehrheitlich und es sind eher konservative, hemdsärmelige. Da kann es
sein, dass eine Frau das sensationell macht, weil sie ihn „packen“ kann. Das ist eine Möglichkeit.
Dann ist es aber auch möglich, dass der Kunde sagt: Was, da kommt eine Frau? Die muss sich aber
zuerst beweisen. Die haben aber auch Meisterprüfung. Die haben dann einfach einen schweren Stand.
Ein paar können sich beweisen und anderen machen es einfach nicht. Da geht es einfach nicht, da ist
die Akzeptanz nicht da. Wahrscheinlich einfach, weil sich die Kunden es sich nicht gewohnt sind. Wir
haben alles schon gesehen: Von heiss-geliebt bis null Akzeptanz. Aber der Kunde sagt das ja nicht.
Viel eher wechseln die dann das Produkt. Aber dass wir negative Erfahrungen damit gemachte hätten,
so übers Band, könnte ich nicht sagen. Es gibt einfach mehr Polarisierung.
Haben sie eine Verhandlungs- oder Verkaufsbibel?
201
Anhang
Wir arbeiten mit „Bei Anruf Erfolg“ von Umberto Saxer. Aus dem haben wir unsere
Verkaufstrainings abgeleitet. Aber wenn man das ausblendet, was nicht so zu uns passt, ist genau
richtig. Das Verkaufsgespräch läuft nämlich immer gleich ab. Man unterbreitet etwas, dann kommen
die Einwände und dann wird argumentiert. Viele hören halt schon beim ersten Einwand auf und das
macht Saxer sensationell gut.
Und wir haben unseren TBs, bevor der Partner von Saxer für die Schulung kam, eine CD-Rom
abgeben zur Vorbereitung, wo man alle diese Szenen durchspielen kann. Da unsere TBs viel
Autofahren, konnten die das sich schon anhören.
Wir arbeiten ganz klar nach dem auf unserer Stufe. Wir wollen ja, dass wir unser Zeugs verkaufen.
Die Grenzen sind ja eng. Wir geben eigentlich keine Rabatte. Vielleicht mal ein Prozent oder so oder
einen gratis Spülkasten. Aber bei Verhandlungen geht es ja zehnmal hin und her und bei uns sind die
Rahmenbedingungen immer die gleichen. Wir können nicht einfach 10 Prozent geben. Das geht nicht.
Und das Buch funktioniert nicht nur auf der TB-Stufe, sondern auch auf Mgmt-Stufe bei mir. Denn
wenn jmd. ein Konzept verkaufen will oder ich beim Chef eine Weiterbildung herausholen will,
kommen auch Einwände, die ich dann locker zurückgeben und beantworten kann. Es hilft auch auf
dieser Stufe.
Schlussfrage: Ergänzungsfrage.
Tendenziell kann man sagen, dass es härter wird. Das ist zwar keine neue Feststellung. Trotz guter
Verhandlungstaktiken, Verkaufs-Skills und langjähriger Beziehungen und guter Betreuung zählt
immer mehr der Frankenbetrag. Und all das was ich vorher gesagt habe, mit Beziehung und Treue und
Service und Dienstleistung hilft uns die Differenz zur Konkurrenz herzubringen. Aber die grosse
Differenz lässt sich fast nicht mehr rechtfertigen. Und das merken wir. Auch, dass Kunden abspringen,
die nicht mehr so perfekte Produkte wollen. Die Preissensitivität hat zugenommen. Das merken wir
vor allem in Verhandlungen mit den Grosshändlern, wo dann auch um Prozente verhandelt werden
kann. Und dort geht es wirklich nur noch um Geld. Von Morgen bis Abends. Das stellt schon eine
Herausforderung dar, herauszufinden, wie die Produkte in der Zukunft aussehen sollen. Brauchen wir
wirklich noch Spülkästen, die 30 Jahre halten, würden zehn Jahre nicht reichen. Auch von der
Dienstleistungen: Was bringen die uns wirklich noch.
Zum Beziehungsnetz: Unsere TBs haben 200 bis 300 Kunden. Man muss also so anderthalb bis zwei
Jahre dabei sein, damit man den TB kennt. Ich war immer der Meinung, dass das Beziehungsnetz
immer das Wichtigste sei. Wenn ich einen Mann habe, der lange dabei ist und alle kennt, das sei das
Beste. Aber wenn ich einen Neuen habe, der gut ist, bringt mir der eher neue Kunden. Nur über
Beziehungen verkauft man auch nichts.
Interview-Protokoll vom 03.6.2005
Interview-Partner:
Steven Nikolov
Senior Vice-President Sales & Marketing, Mövenpick
202
Anhang
Rahmenbedingung:
Das Interview mit Herrn Nikolov fand in Adliswil in einem Sitzungszimmer statt und dauerte eine
knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen.
Zum Interview-Protokoll:
Wo und wann verhandeln Sie?
In erster Linie bei und mit Kunden. Als Senior Vice President werde ich bei Verhandlungen eher
beigezogen, wenn es um grössere Geschichten geht: Mit Vertragspartnern um neue Hotels oder
Reiseveranstalter. Und eigentlich eher nur dann, wenn es Probleme gibt. Ansonsten ist das eher ein
Job für die Verkaufsleute oder von den Länderdirektoren. Aber wenn es länderübergreifende
Verhandlungen oder Knacknüsse gibt, dann bin ich dabei. Bsp: Mit dem Hotel in Djerba, Tunesien, da
arbeiten wir zusammen mit TUI, war ein wichtiger Kunde. Im Verlauf der letzten drei Jahre, der
Reiseveranstalter kam aber nicht annähernd an die Zahlen, die geplant waren (sieben-stelliger Betrag
in Euro), die sie uns eigentlich schulden würden. Jetzt ist es aber so, dass man mit einem Touroperator
wie Tui, der ja nicht nur in Djerba, sondern fast überall mit uns zusammen arbeitet. Und wenn ich dem
auf die Füsse trete, was vertraglich gesehen absolut legal wäre, kann er mir natürlich sagen, dass wir
eure Hotels in anderen Ländern halt auch vergessen. Das ist dann meistens der Moment, wo ich zu
einer Verhandlung beigezogen werde.
Was gibt es sonst noch? Auch Einstellung von Mitarbeitern. Bei schwierigen Verhandlungen von
neuen Hotelprojekten. Wir sind ja nicht Hotelbesitzer. Aber zugezogen zur Verhandlung werd ich
auch zumeist erst, wenn es Probleme gibt.
Wie bereiten Sie sich auf solche Verhandlungen vor?
Das ist sehr unterschiedlich, ob das jetzt ein Reiseveranstalter, ein Tour-Operator oder ein
Hotelbesitzer ist. In der Regel versuche ich mich so optimal und detailgerecht wie möglich
vorzubereiten, sprich so viel Korrespondenz und Dokumentationen zu konsultieren wie nur möglich
und die auch miteinzubeziehen. Damit ich möglichst viel über die History und den Background der
Thematik weiss, wodurch ich verhindere, dass ich nicht auf irgendwelche Fragen keine Antwort
wüsste. Ich versuch mich auch mit Gesprächen, die schon im Prozess involviert sind, zu beraten, die
zu konsultieren mit Verkäufern, Beratern. Was wäre wenn? Wie könnte der Vertragspartner reagieren.
Verschiedene Szenarien durchgehen. Damit man wirklich total vorbereitet in eine solche Verhandlung
reingehen kann.
Gibt es standardisierte Manuals an die man sich bei der Vorbereitung halten kann?
Bei uns nicht. Es gibt keine Manuals, es ist schon viel mehr auf Erfahrung basiert. Klar, ich hab in der
Vergangenheit schon Verhandlungsseminare besucht und Checklisten erhalten, wie man sich auf
Verhandlungen vorbereitet usw. Aber das ist schon lange her. Aber auf dem Niveau ist es schon eher
eine Erfahrungsgeschichte.
Wie haben Sie verhandeln gelernt?
Viel aus Erfahrung. Aber auch durch Kurse, wo man unterschiedliche Verhandlungen kennen lernt.
Wo man Schlüsseltools kennen lernt. Wir haben halt wie in vielen Branchen auch das Problem, dass es
203
Anhang
sehr schnell auf den Preis zu sprechen kommt. Und da ist es wichtig, dass man verschiedene
Techniken anwendet und lernt. Wie verhandelt man überhaupt mit Kunden? Das sagen auch unsere
Verkäufer, dass Preisverhandlungen das härteste sind. Und das ist auch ein Punkt, wo wir in der
Mitarbeiterausbildung Wert drauf legen.
Sind Sie eher ein kompetitiver oder kooperativer Verhandler?
Wir gehen schon davon aus, in der Regel, dass beide Seiten Etwas gewinnen sollen. Die Erfahrung
zeigt, dass wenn du knallhart in eine Verhandlung gehst, gewinnst du nichts. Das kommt meistens
schlecht raus. Es ist einfach gesagt und schwer anzuwenden. Wir sind in einer Branche, wo man mit
Peanuts Geld verdient. Preisunterschiede von einem Dollar könnnen viel ausmachen. Die Qualität von
Verträgen in der Reisebranche hat sich massiv verbessert. Die sind viel professioneller geworden.
Auch vor allem in Europa, wo man gemerkt hat, dass es nichts bringt, kurzfristige Gewinne zu
erzielen. Das ist in Middle East aber noch ein wenig anders.
Haben Sie da kulturelle Unterschiede festgestellt?
Absolut. Es ist eine ganz andere Sache, ob du mit einem deutschen Reiseveranstalter oder PM redest,
der in Frankfurt oder Hamburg sitzt oder ob du mit einem Saudi oder Kuwaiti redest, geschweige mit
einem Ägypter, wo man zuerst mal dreimal zusammen Abendessen gehen und Bier trinken muss,
bevor das Geschäft zum ersten Mal auf den Tisch kommt. Dort ist es im Mittleren Osten ähnlich wie
in Asien, wo man zuerst einmal das Vertrauen aufbauen muss. In Europa ist es immer mehr der
amerikanische Stil: Business right away. Man hat sehr wenig Zeit. Und das ist im Middle East nicht
der Fall.
Passen Sie sich da der Kultur an?
Wir versuchen es, auf jeden Fall. Wir versuchen das auch, unseren MA beizubringen. Das ist nicht
einfach. Vor allem auch für Asien. Da kannst du eine ganze Verhandlung komplett ruinieren durch die
Kleider, das Überreichen der Geschäftskarte usw. Es gibt so viele Stolpersteine, vor allem in Asien,
wo sehr viel Wert auf das Gesicht bewahren gelegt wird. Japan ist sehr extrem. China ist auch
schwierig, die sind aber viel tougher. Die legen auch viel Wert auf das Gesicht wahren. Man darf nie
in eine Verhandlung und dafür sorgen, dass das Gegenüber das Gesicht nicht wahren kann. Das wäre
das Schlimmste. Und das macht es sehr schwierig. Ein Japaner wird nie nein sagen, aber am Schluss
ist es doch nein. Die kulturellen Aspekte sind sehr wichtig.
Wann fällt dir eine Verhandlung leicht?
Sie fällt sicher leichter, wenn der Verhandlungspartner eine bekannte Person ist, wenn schon eine
Beziehung vorhanden ist. Noch einfacher, wenn man zusammen schon Erfolg hatte und er mit deinen
Produkten zufrieden war. Das macht die ganze Sache einfacher als wenn es ein neuer ist, der vielleicht
sogar noch mit dem Produkt mal Troubles hatte.
Es fällt sicher leicht in europäischen Ländern, wo das kulturelle und traditionelle nicht so ins Gewicht
fällt. Das schwierige mit dem kulturellen ist auch, herauszufinden was denn wirklich den Unterschied
ausmacht. Letztendlich kommt es darauf an, ein paar Mal real ins Fettnäpfchen zu treten und etwas
falsch zu machen.
Scheitert es dann effektiv an solchen Sachen oder steht die Sache doch im Vordergrund?
204
Anhang
Heutzutage sind solche Kulturen immer toleranter und können auch mal ein Auge zudrücken bei
solchen Fauxpas, so lange sie nicht schwerwiegend sind. Vor zehn fünfzehn Jahren kam es auch nach
kleinen Ausrutschern zu Vertragsabbrüchen, zwar nett und freundlich aber bestimmt. Heute ist mehr
Kulanz drin.
Was braucht es, damit man sagen kann, dass ist ein Verhandlungserfolg?
Das kann ein Handschlag sein. In Middle East ist das schon sehr viel. Der gilt. Ein Vertrag kann das
auch sein. Das ist ein Beweisstück. Das ist dann der kurzfristige Erfolg der ganzen Verhandlung; ein
Teil der ganzen Relationship. Das ist der erste Schritt, was dann nachher kommt ist auch sehr wichtig.
Das Zwischendurch ist schon sehr wichtig.
In Ihrer Branche geht der harte Stil eher nicht, oder? Den Kunden vor den Kopf stossen durch
hartes Auftreten in Verhandlungen.
Das ist selten, sehr selten, dass das möglich ist. Das ist nur möglich wenn du eine Monopol-Situation
hast oder es ist ein totaler Sellers-Market. Wo der Käufer dem Verkäufer ausgeliefert ist. In Dubai ist
es fast soweit. Dort ist es ein absoluter Sellers-Market. Dort kann man die Preise alle zwei Monate
substantiell nach oben schrauben. Dort kann man ziemlich unverfroren sagen: He Guys, take it or
leave it. So ist es. Dann muss man einfach aufpassen, das hat mir meine Erfahrung gezeigt, dass man
auf diese Leute halt wieder später mal treffen kann und dann rächt sich das. Das versuch ich immer
wieder und es ist schwierig, unseren Verkäufern einzubläuen, dass man zu den Kunden Sorge halten
muss. Denn nur weil wir in einer wirtschaftlich guten Situation sind und die Zimmer teurer verkaufen
könnten, jetzt vielleicht schon, aber es kommt der Zeitpunkt, wo man um diese Kunden auch wieder
froh ist. „Don’t burn your bridges before you cross them.“
Dann ist das Beziehungs-Mgmt das Wichtigste?
Es geht nur darum! In der Hotellerie sowieso. Das ist ein pures Peoples-Business. Du führst auch mit
einzelnen Gästen Verhandlungen, die nur eine Nacht bleiben. Es sind nicht nur die grossen Verträge.
Das ist das absolute A und O. Und je besser die Beziehungen sind, desto einfacher die Verhandlungen.
Wir stellen auch MA gezielt wegen derer Beziehungen an. Beziehungen zu Tour-Operators, Hotels
usw. Dadurch können unterschiedliche Probleme leichter gelöst werden. Das ist sehr viel wert.
Wo hilft Ihnen theoretisches Verhandlungswissen?
Doch, das gibt es schon. Es gab ein paar Seminare: Mit Rolf Ruhleder. Da ging es mehr um Rhetorik,
Body Language usw. Da hab ich sehr viel gelernt und es funktioniert. Das hol ich auch oft wieder nach
vorne. Auch andere Seminare haben mir geholfen. Die Unterlagen hab ich auch behalten und
konsultier sie vor allem bei schwierigen Verhandlungen. Aber vor allem helfen solche Dinge jungen
Leuten, die am Anfang ihrer Karriere stehen, die im Verkauf tätig sind.
Mentoren-Prozesse sind aber viel wichtiger als Theorie und Bücher. Wenn ein junger mit einem
erfahrenen Verkäufer mal zwei drei Verkaufsgespräche und Verhandlungen führen kann, lernen diese
enorm viel. Vor allem auch parallel zur theoretischen Ausbildung.
Wo könnte die Wissenschaft denn der Praxis konkret helfen?
Empirische Daten, die belegen könnten, dass System X dem System Y überlegen ist in bestimmten
Situationen. Das könnte ein Ansatz sein. Verhandeln ist so etwas unwissenschaftliches, wo soviel
205
Anhang
Menschliches reinkommt und von so vielen Faktoren abhängt, die ganze Emotionalität, die MenschenChemie usw.
Dann müsste man mal untersuchen, was unter Black Box läuft?
Das wär interessant und mal ein Ansatz, ja. Wenn man kein Produkt hat, dass unique ist, muss man
sich halt durchsetzen. Es kommt sehr schnell nur auf den Preis drauf an. Und dann ist die ganze
Verhandlung sehr schnell nur noch eine Preisverhandlung. Und da wäre es interessant, vielleicht
machen wir da auch was falsch, vielleicht gibt es einen Ansatz, dass man sich nicht zu lange über
Product Quality beschäftigt sondern von Anfang an über den Preis unterhält und sich darauf
konzentriert. In Deutschland dreht sich alles nur noch um den Preis. Das ist nicht nur mühsam sondern
auch sehr frustrierend.
Die teuersten haben es normalerweise am Besten. Würdest Sie das unterstützen?
Jein. In dieser Branche bedingt. Bsp: Ritz Carlton ist zusammen mit Four Season das absolut beste.
Hotel in Berlin in einem masslos übersättigten Markt. Der Kuchen wird nicht grösser. Die sind auch
unter Preisdruck gekommen. Von 500 Euro runter auf 250 Euro.
Ganz allgemein gesagt, man hat das Gefühl, dass es einfacher ist, den Preis beizubehalten, man
verkauft aber weniger Stückzahlen. (Rolls Royce usw.) Da ist der Brand so enorm wichtig.
Gehen Sie eher in eine Verhandlung und verlangen dann auch einen höheren Preis oder setzen
Sie von Anfang an einen realistischen Preis fest?
Gute Frage. Man versucht beides. Es ist immer ein Game. Wir arbeiten ja auch mit Yield-Mgmt
ähnlich wie die Airlines. Das ist aber sehr kompliziert, dass MA vielfach Mühe habe es zu verstehen
und umzusetzen.
Die grosse Preisvielfalt verwirrt die Kunden nur.. Deshalb bieten wir unsere
Zimmer zu sogennanten "Best Available Rates" an. wir garantieren, dass es immer der beste Preis ist,
egal über welchen Kanal man das Hotelzimmer bucht. Und siehe da, die Kunden, they love it. Die
Kunden haben da das Gefühl, dass die Preise transparent, fair sind und dass sie nicht über den Tisch
gezogen werden. Das funktioniert bei Konsumenten so, aber bei Vermittlern und Grossabnehmern ist
es nicht ganz so einfach. Dort versucht man schon den besten Preis zu bekommen. Aber es kommt halt
wieder auf die Relationship an. Wenn ich mit jmd zum ersten Mal verhandle, dann versuch ich schon
herauszufinden, wo die Schmerzgrenze liegt und einen guten Preis zu bekommen. Wenn ich aber mit
einem langjährigen Partner verhandle, dann wissen beide Seiten, was möglich ist. Da kann man mehr
kaputt machen als gewinnen. Es ist sehr unterschiedlich.
Auch kulturell betrachtet, vor allem in Middle East, wo etwas schnell als too cheap gilt. Niedriger
Preis gleich schlechte Qualität. Das kann sich sehr negativ auswirken. Luxusprodukte sind nicht
einfach einfacher zu verkaufen, denn man muss auch beachten dass der Markt viel kleiner ist. Und
wenn man den nicht kennt und nicht gezielt angeht…wehe! Man ist sehr schnell weg vom Fenster.
Kann man verhandeln lernen?
Das kann man. Fast jeder kann es lernen, wenn man nicht völlig introvertiert ist und auf Personen
zugehen kann. Solche die noch Talent haben, für die ist es noch einfacher, Erfolg zu haben. Das ist
sicher eine Grundbedingung. Es gibt viele Kurse, die einem das technische beibringen, Prozesse,
Grundmuster usw. Aber ich würde behaupten, die Praxis beweist dann, ob man gut oder nicht so gut
ist. Es braucht schon Erfahrung.
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Wieviel Prozent sind Können, Emotionen und Glück?
Die Portion Glück ist sehr klein. Der Vertragabschluss ist harte Arbeit. Glück, den neuen Kunden zu
finden. Das ist Glück. Aber in der Verhandlung, damit man zum Abschluss kommt, da braucht es viel
mehr harte Arbeit als Glück. Wieviel ist Relationship? Das sind 70 bis 80 Prozent, wenn nicht sogar
mehr.
Was machen Sie im Bereich Relationship Mgmt?
Kundenbesuche, Newsletter, Emails, Events, Messen, Customer-Partys usw. Wir machen da sehr viel.
Die Events sind aber schwierig interessant zu gestalten, damit die Kunden überhaupt kommen,
Kunden werden in der Hotelbranche mit Events sehr verwöhnt.
Werden da diese Interventionen auch quantitativ monetär gemessen?
Das ist sehr schwierig direkt beizuordnen. Bei gewissen Sachen kann man das schon machen. Aber es
gibt auch PR-Events, die sehr schwierig sind zu messen. Aber wenn wir Heute an eine Messe gehen
und die Vertragsabschlüsse sind erst in ein zwei Monaten und man sieht dass dann im Umsatz erst 18
Monate später. Das ist schwierig, einer Massnahme zuzuordnen.
Man versucht eher pro Kunde, die man immer wieder einlädt, den Umsatz zu eruieren. Das ist besser.
Welche Theorien kennen Sie?
Nach Namen keine.
Aber glauben Sie, dass solche Modelle in der Praxis helfen können oder eher nicht?
Doch doch. Es gibt leider sehr wenige, die nur auf die Hotellerie ausgerichtet sind. Aber es ist einfach
schwierig, ein Praxisbsp von GM auf die Hotellerie anzuwenden. Es gibt sehr wenige, die sich auf die
Hotellerie konzentrieren. In D kenne ich zwei. Mit denen arbeiten wir auch.
Was sind die grossen Gefahren bei Verhandlungen?
Eine grosse Gefahr ist sicher, dass der Verkäufer seine Produkte und Firma zuwenig gut kennt. Wo
sind seine Grenzen? Wie weit rauf und runter kann er gehen? Die Features! Den Markt und die
Konkurrenz zu wenig kennen.
Eine Gefahr ist, dass man Verhandlungen zu legere nimmt, weil sich Routine einschleicht. Wer ist
mein Gegenüber? Man muss sich immer gut vorbereiten auf eine Verhandlung. Weiter besteht die
Gefahr, dass man zu überheblich ist. Man muss versuchen, auf sein Gegenüber einzugehen, dass man
emphatisch ist. Der kulturelle Aspekt ist sicher auch wichtig. Vieles hat mit Vorbereitung zu tun. Vor
allem bei erfahrenen Verkäufern sieht man das oft.
Werden Verhandlungen auch auf Kosten geprüft?
Nein, ob die Verhandlung lange dauert, spielt eine untergeordnete Rolle. Der Abschluss zählt. Das ist
auch oft sehr unterschiedlich.
Hast du bestimmte Taktiken oder Strategien bei Verhandlungen?
Es kommt halt wieder stark drauf an, wer das Gegenüber und wie das Verhältnis ist. Warum geht die
Verhandlung so lange? Stockt sie, weil man auf Konfrontation ist? Dann braucht man jmd der dazu
kommt und die Knacknuss löst. Wenn es um Details geht, dann finde ich es gut, wenn man zusammen
Mittagessen geht und die Verhandlung mal ruhen lässt. Es ist halt sehr unterschiedlich. Manchmal hilft
es auch, wenn man einen Consultant beizieht. Oft hilft es, wenn jmd eine andere Perspektive aufzeigt
und plötzlich löst sich alles.
207
Anhang
Gibt es auch viele Nachverhandlungen?
Absolut. Das machen wir vor allem bei Verhandlungen über ein neues Hotel. Da unterschreibt man
mal eine Letter of Intent. Da legt man mal die groben Ziele fest, hat immer noch Exit-Möglichkeiten,
aber ist sich einig darüber, dass man zusammen arbeitet. Man will ja nicht zuerst sechs Monate
zusammen verhandeln und dann merken, dass man gar nicht die gleichen Ziele verfolgt und sich nie
einigen wird.
Was haben Sie für Erfahrungen bei Verhandlungen mit Frauen?
Sehr gute. Es gibt sehr viele Frauen in der Branche. Auf beiden Seiten. Es arbeiten vorwiegend Frauen
im Hotelverkauf. Und ich hab schon viele Frauen getroffen, die härtere Verhandlungspartner waren als
viele Männer. Ich persönlich gehe genau gleich in die Verhandlung wie mit einem Mann. Ich habe es
noch nie erlebt in einer Business Verhandlung, dass eine Frau ihre Weiblichkeit als Vorteil ausspielen
wollte für den eigenen Vorteil. Das ist meist sehr professionell. Ich würde sogar behaupten, dass
einzelne Frauen, durch ihre weibliche Intuition, die besser oder akzentuierter als die der Männer ist
und dadurch einen Vorteil haben können. Sie können aber auch genauso harte und toughe Verhandler
sein. Man darf aber Frauen nicht in gewissen Ländern als Verhandler schicken. Vor allem in Länder,
wo Frauen als zweitklass Menschen behandelt werden, vor allem Saudi Arabien. Auch in Asien ist es
zum Teil sehr schwierig.
Können Sie mir allenfalls noch ein Sales- oder Verhandlungsbuch empfehlen?
Rolf Ruhleder. Deutscher. Sehr teuer. Der ist vor allem stark in Rhetorik und Verkauf. Berät auch
Politiker. (Management Institut Ruhleder http://www.ruhleder.de/)
Karrass, Chester L. und Gary Karrass, die haben sich auf Negotiations spezialisiert.
Harvard-Konzept?
Das kenn ich nicht.
Ergänzungen?
Wir haben ziemlich viel angeschaut. Wir haben glaub ich nichts vergessen. Ein grosser Unterschied
besteht zwischen Verhandlungen mit Einzelpersonen (Person kauft Auto) und die gleiche Person, die
als Vertreter einen Multimillionendeal verhandelt. Die Verkaufsdynamik ist sicherlich eine andere.
Interview-Protokoll vom 09.6.2005
Interview-Partner:
Heinz Christen, Geschäftsführer Polymeca
Peter Kuratli, Verkaufsleiter Polymeca
Polymeca
Rahmenbedingung:
Das Interview mit Herr Christen und Herr Kuratli fand in Heerbrugg in einem Sitzungszimmer statt
und dauerte eine knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen.
208
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Zu den Personen:
Herr Christen ist Geschäftsführer der Polymeca.
Herr Kuratli ist Verkaufsleiter und verantwortlich fürs Marketing und den Verkauf.
Einleitung und Allgemeines:
Herr Kuratli gibt einen Überblick über die Firma, den Markt und die Verkaufsorganistation anhand
einer Geschäftspräsentation. Zeigt Probleme und Stärken des Marktes und von Polymeca anhand von
Kundenbeispielen auf.
Zum Interview-Protokoll:
Wo wird verhandelt?
Kuratli: Verhandlungen beim Kunden vor Ort. Sicher. Das ist meistens der Fall. Nach einem ersten
Kontakt, nach einem Telefon. Dort gibt es vor allem Verhandlungen beim Kunden. Was aber sicher
immer ein Ziel sein muss, ist einen Point of Sales zu erreichen und den Kunden in die Polymeca zu
bringen, damit wir einen „Heimvorteil“ haben. Dann können wir zeigen, was wir alles machen und
wie gut dass wir sind.
Christen: Wir kämpfen seit ein paar Monaten mit hohen Preisen und Überkapazitäten. Dann gibt es oft
keine Verhandlungen mehr. Dann schreibt der Kunde: „Leider nein, viel zu teuer!“ Und zwar nicht 10
Prozent zu teuer sonder 30 bis 50 Prozent. Und da können und wollen wir nicht mehr verhandeln.
Dann kommt es schlussendlich schon auf den Preis an?
Kuratli: Das ist momentan leider schon sehr stark feststellbar. Ich weiss nicht, ob wir das pushen,
wobei wir das auch von anderen hören, von anderen ähnlich gelagerten Firmen, die sich ähnlich
schwer tun wie wir. Und es ist schwierig, dieser Ansatz, die Kostenvorteile rüberzubringen.
Christen: Kunden sagen immer, uns ist Qualität, Liefertermine, Zusammenarbeit wichtig. Und
natürlich sind uns die Preise auch wichtig. Und dann offerieren wir und dann heisst es: Ja, ja der Preis
ist viel zu weit entfernt. Viel zu teuer. Keine Chance. Dann ist der Preis plötzlich das Wichtigste. Wir
müssen nicht an die Einkäufer rankommen, denn die werden an den Einstandspreisen gemessen. Das
ist klar. Wir müssen and die Supply Chain Manager, an CEOs rankommen, die Prozesskosten
einsparen wollen. Der Einkäufer sagt natürlich nicht, dass er alles aus einer Hand will, denn dann
rationalisiert er sich selber weg.
Kuratli: Er wird ja nicht an dem gemessen sondern am Teilchen-Preis.
Christen: Der Preis ist nach wie vor ziemlich dominant.
Und was machen Sie, um den Kuchen zu vergrössern?
Kuratli: Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir versuchen über Einzelteile ins Geschäft zu kommen.
Und dann schauen, dass der Einkäufer seinen Chef mitnimmt und dann die Prozesskosten ansprechen.
Dass wir an andere höhere Entscheidungsträger rankommen. Diesen Weg fahren. Aber es gibt auch
SPM, die ganz klare diesen Weg der Einzelteile fahren wollen. Der andere Weg ist, wir haben im
Marketing grosse Anstrengungen unternommen, mit Mails, Direct-Mails. Dort haben wir festgestellt,
dass eine Reaktion erst auf das dritte Mail jemand reagiert. Und da haben wir festgestellt, dass sich
wenige CEOs melden. Und wir haben diese Mailings extra auf diese CEO-Stufe und SPMs angesetzt.
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Anhang
Aber die wollen nichts wissen, von diesen Mechanik-Lieferanten. Aber das kennen wir ja selber.
Wenn ein Stadler-Schrauben-Mech kommt und einen Termin mit dem Herrn Christen will, wird das
auch delegiert. Es ist schwierig reinzukommen. Ein Beispiel war, dass wir über jmd. Reingekommen
sind, den wir kannten, wo wir schon eine Beziehung hatten, der früher mal hier gearbeitet hat.
Steht denn nicht die Technik im Vordergrund?
Christen: Das ist schon auch ein Ansatz, den wir haben: An die Techniker rankommen. Aber wie Peter
gesagt hat, der erste Kontakt ist der Einkäufer. Und der Einkäufer hat eine relativ grosse Macht. Und
das sind die bestorganierten Leute. Die haben sogar eine eigene Verbandszeitung. Was wir wollen, ist
das, was du sagst, wir wollen an die Techniker rankommen. Und dann reden wir von unserer Supply
Involvement, von Beratung, von dieser Dienstleistung, die wir anbieten. Wir haben immer Probleme,
wenn der Kunde an zehn Anbieter eine Zeichnung schickt, mit der Aufforderung, eine Offerte zu
machen.
Unsere Verkäufer, ihre Herausforderung ist es, keine Preisdiskussionen aufkommen zu lassen.
Ist es nicht einfacher, wenn man teurer ist als die Konkurrenz?
Christen: Ein gutes Argument. In dieser Branche ist das nicht so. Wir haben Kontakte zu anderen
Firmen in dieser Branche, mit einer ähnlichen Grösse wie wir. Die sagen alle das Gleiche, es ist ein
einziger Preiskampf geworden.
Kuratli: Ich weiss nicht, ob es zum Preiskampf geworden ist, weil man sich beim Kunden nicht um die
Mechanik gekümmert hat auf höherer Ebene. Wir haben auch andere Beispiele, wo wir über Techniker
reingekommen sind und eher Chancen haben. Wo in einer ersten Phase vielfach der Preis noch keine
Rolle spielt, sondern vielmehr die Qualität oder die Lieferfrist. Und irgendwann wird es dann dem
Einkauf gegeben und dann geht es los. Dann geht der Preiskampf los.
Christen: Ich glaube einfach, dass die Mechanik zu wenig sexy ist für einen CEO. Er kümmert sich um
seine Kunden und nicht um die Lieferanten, insbesondere wenn das Zulieferprodukt für ihn nicht
besonders attraktiv scheint. Und drum: Im besten Fall: SPM. Wir müssen denen irgendwie
rüberbringen, dass sie Prozesskosten sparen können.
Wie bereiten Sie sich auf eine Verhandlung vor?
Kuratli: Da gibt es gewisse Vorlagen. Es gibt auch gewisse Protokolle, die einem sagen, wie man sich
vorbereitet. Wir unterscheiden zwischen einem Erstbesuch und den Folge-Besuchen mit eigentlich
klaren Fragen. Und vor allem ist wichtig nach diesen Gesprächen, die Analyse, denn Ziel ist es dann,
die Firmenpräsentation, wo wir zeigen können, was wir können und die nächsten konkreten Schritte
miteinander vereinbaren können. Und bei einem Folgebesuch gibt es auch konkrete Fragestellungen,
wo wir eingehen auf die Liefertermine, auf die Qualität, den ganzen Abwicklungsprozess etc. Was wir
vielleicht noch mehr machen sollten, ist vermehrt Techniker mitzunehmen. Die Verkaufsprojektleiter,
die wir haben, die sind dabei, die haben Vorgaben, dass sie mitgeben. Und es gibt, wenn ein Techniker
beim Gespräch dabei ist, ein ganz anderes Gespräch dann. Es ist eine andere Basis. Man muss dann
aber schauen, dass auf der anderen Seite nicht nur der Einkäufer sitzt, sondern auch eine zusätzlicher
Techniker.
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Anhang
Christen: Und dann hat jeder Verkäufer einen Argumentenkatalog: Wie verkaufe ich hohe Preise. Und
dann gibt es noch einen Katalog für Argumente und Wertschöpfung. Alle diese Argumente haben wir
in einem gemeinsamen Workshop zusammen erarbeitet. Die sollten unsere Verkäufer drauf haben.
Ist das von der Branche her eher eine geschlossene Gesellschaft. Kennt man sich da?
Christen: Der Einkäufer versteht uns. Wir haben das gleiche Wording. Kunden sind ja oft ähnlich
strukturiert wie wir. Die Einkäufer beschäftigen sich nur mit mechanischen Teilchen. Wenn unser
Verkäufer kommt, dann spricht der in den meisten Fällen auch mit einem ehemaligen Mechaniker,
auch mit einem Fachmann.
Kommen Sie auch von der Technik, Herr Kuratli?
Kuratli: Ja, ich komm ursprünglich von der Technik. Das ist für uns schon grundlegend wichtig im
Verkauf. Unsere Verkäufer sind ursprünglich Techniker. Es muss so sein. Es gibt eben schon noch
viele Details, Galvanikoberflächen-Techniken, wo man viel wissen muss. Sicher, wenn es ganz
kompliziert wird, dann nimmt man einen Techniker mit. Aber ein Grundstock an Kenntnissen muss
schon vorhanden sein.
Wo haben Sie verhandeln gelernt?
Kuratli: Bei externen Trainern.
Christen: Zuerst einmal durch bittere Erfahrungen. Und dann haben wir schon im 97 mit einem
externen Trainer, der arbeitet immer noch mit uns zusammen, Training durchgeführt.
Kuratli: Da treffen wir uns nächste Woche schon wieder für eine Runde.
Christen: Das mussten wir lernen. Wir sind ja auch ein Cost-Center gewesen. Wir hatten ja keine
Ahnung von Kunden.
Kuratli: Im 98 haben wir das angefangen aufzubauen.
Was ist das zeitliche Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung bei Verhandlungen?
Kuratli: Was gehört zur Vorbereitung? Wenn wir da die Offerten miteinbeziehen, das ist oft eine teure
Angelegenheit, weil viel Manpower dahintersteckt. Allerdings nicht nur vom Verkäufer, denn der
akquiriert vor allem und stellt dann die Kontakte den Verkaufsprojektleitern zu Verfügung. Der
Verkäufer erhält dann vom Verkaufsprojektleiter dann die exakten Preise vorgesetzt. Wenn wir also
diese Zeit mitein berechnen, dann ist es natürlich ein Vielfaches. Sonst würd ich sagen, sich auf ein
Gespräch mit dem Kunden vorbereiten, das sollte der Verkäufer mit ein wenig Routine dann mal
ziemlich schnell drauf haben. Da ist Recherche im Internet sicher ein Punkt. Was kann man mit
Kunden zusammen machen. Aus Erfahrungen von anderen lernen. Wir haben ein gutes CRM
Programm, wo wir viele Daten drin haben. Das ist sehr hilfreich.
Christen: Zeitschriften ist vielleicht noch etwas, was wir zu wenig machen. In den Zeitungen steht ja,
wenn eine Firma wächst und erfolgreich ist. Gute Hinweise sind auch immer von anderen Kunden.
Kuratli: Als Konkurrenzanalyse sozusagen. Konkurrenzdaten haben wir auch sehr viele. Das sind
wichtige Vorbereitungen die man machen muss.
Und wie würden Sie Verhandlungserfolg definieren? Was braucht es für Verhandlungserfolg?
Christen: In einem Erstkontakt müsste der Erfolg eines Käufers sein, der Kunde muss sehen, dass
Polymeca ein Partner sein könnte. Der Verkäufer sollte nicht aus einem Gespräch ohne eine OffertenAnfrage. Der Verkäufer müsste sich dieses Ziel setzen.
211
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Kuratli: Das ist wichtig bei einem Erst-Besuch. Gut ist, wenn man das weitere Vorgehen geregelt hat.
Das kann aber auch sein, dass man sagt, dass ein weiteres Vorgehen zusammen keinen Sinn macht.
Christen: Das kann auch sein.
Kuratli: Dann haben wir auch was gelernt. Kunden, die man übers Internet findet und dann vor Ort
merkt man, dass es nicht ganz das richtige sein wird.
Wie wichtig ist die Beziehung zwischen Verkäufer und den Kunden?
Kuratli: Sehr wichtig. Ganz wichtig. Wir haben auch festgestellt, dass es wichtig ist, reinzukommen
und anbieten zu können. Wir haben viele Kunden hier am Standort und haben gute Beziehungen, aber
auch da spielt der Preis immer mehr eine Rolle.
Was macht man im Beziehungs-Magmt?
Kuratli: Bei wichtigen Kunden versuchen wir regelmässige Meetings und Treffen zu haben. Mit
Kundenevents sind wir eher zurückhaltend. Da haben wir letztes Jahr mit allen Standort-Kunden
gemacht. Wir wiederholen den auch wieder. Und haben auch mit den Nicht-Standort-Kunden einen
Event dieses Jahr geplant. Auf Kundengeschenke wollen wir uns nicht einlassen. Da haben wir ganz
klar definierte kleine Sachen.
Christen: Ein Event ist sicher, wenn man den Kunden hierherbringt und dann geht man Mittagessen.
Das ist normal und üblich. Wir haben auch keine Geburtstage der Kunden gespeichert.
Weiss man denn bei einem neuen Kunden schnell, ob es funktioniert oder nicht?
Kuratli: Das spürt man schnell.
Christen: Das glaub ich auch. Wir sind uns sympathisch oder eben nicht. Das merkt man bald. Wir
spüren das auch aus den Feedbacks unserer Kunden. Wenn wir zu unseren Kunden gehen, dann spürt
man das dort. Und meistens haben wir dort auch Erfolg.
Kuratli: Das kann man so sagen.
Wie stark rotieren die Verkäufer untereinander bezüglich Einsatzgebiet?
Kuratli: Das ist unter Umständen eine grosse Gefahr. Wir hatten das bis jetzt stabil. Jetzt gab es aber
einen Wechsel. Das ist eine grosse Gefahr, wo wir aber darauf aufpassen. Aber den Wechsel haben wir
aus Effizienzgründen gemacht.
Christen: Das Marktgebiet ist natürlich schon noch ein Thema. Wir haben mal gesagt, so 300Km von
hier. Dass der Verkäufer in einem Tag mehrere Kunden besuchen kann. Wenn wir aber in Bremen
einen wirtschaftlichen Kunden haben, bedienen wir den natürlich trotzdem.
Wann fällt eine Verhandlung leicht?
Kuratli: Wenn man sich sympathisch ist.
Christen: Wenn die Chemie stimmt.
Kuratli: Dann sowieso.
Christen: Wir müssen an Grosskunden rankommen, die diese Prozesskosten sehen. Die mit einem
Grossproduzenten arbeiten wollen. Sobald die mit kleinen arbeiten, dann sind wir weg. Das muss man
einfach sagen. Ich erlebe oft, dass alles stimmt, und dann der Kunde sagt, da seid ihr noch um 10
Prozent zu teuer. Und wenn alles stimmt, dann geht man halt drauf ein. Der Preis ist immer das erste
oder letzte Argument. Und wenn es dort plus minus 10 Prozent geht, dann kann der Verkäufer gut
verhandeln. Aber sobald das grösser zehn oder zwanzig Prozent sind, wird es schwierig.
212
Anhang
Kuratli: Es kann auch sein, dass man eine Absage erhält, weil man dem Einkäufer nicht sympathisch
ist. Das gibt es schon. Und dann bekommt man die Absage aber natürlich nicht wegen dem, sondern
weil man viel zu teuer ist.
Christen: Wenn das Gegenüber sagt, dass man 50 Prozent zu teuer sei, dann hat man keine Argumente
mehr.
Kuratli: Aber wir stark die Sympathie in die ganze Sache mitspielt, das ist eine gute Frage.
Was meinen Sie, was macht das Prozentual aus bei einem Verkaufserfolg?
Christen: Das macht 60 bis 80 Prozent aus.
Kuratli: Ich hätte drei Viertel gesagt. Ziemlich sicher schon. Um überhaupt mal miteinander
zusammen arbeiten zu wollen.
Der Rest ist Preis?
Christen: Ja, ja, so Sachen wie Preis, Liefertermin.
Kuratli: Oder auch Qualität.
Christen: Wir haben auch schon Aufträge gewonnen, weil wir schneller als die Konkurrenz waren.
Aber auch schon verloren. Das kann auch ein Argument sein.
Kuratli: Oder weil wir die Qualität liefern konnten. Da waren wir in der ersten Runde ausgeschieden,
aber über die Qualität sind wir wieder reingekommen.
Wie werden Verkäufer ausgebildet? Eher kompetitiv oder kooperativ?
Christen: Da haben die ein gewisses Spiel und sonst kommt es zu uns zurück. Dann muss man sich
entscheiden, ob man diesen Kunden will und Geschäfte machen will und sich intern über die
Konsequenzen im Klaren sein.
Kuratli: Er kommt die Kalkulation über. Da gibt es ein wenig Spiel. Und wenn es zurück kommt,
schauen wir, wo wir noch optimieren und entgegen kommen können. Wir schauen dann, dass nicht nur
die Marge geschmälert wird, sondern versuchen über andere Aspekte den Druck zurück zugeben.
Christen: Was die Verkäufer einfach noch intensiver machen müssen ist, auf die Spezifikationen
hinweisen, wo wir noch billiger produzieren könnten. Wo man dann halt nicht in die genauste
Genauigkeit produziert. Deshalb ist es auch gut, wenn Techniker mitgehen, aber das kostet dann halt
wieder uns mehr, weil es zwei Personen sind.
Kann man Verhandeln und Verkaufen lernen?
Kuratli: Ein gewisser Ehrgeiz und Wille muss da sein. Es ist nicht einfach, wenn man sieht, wie ein
Verkäufer „Klinken“ putzen gehen muss. Wenn man viele Sachen ausbaden gehen muss. Aber man
muss auch bestimmte Weiterbildungen machen und werden wir auch weiterhin machen. Wir haben
auch eine Verkaufsschulung, ein Training und werden vor allem auch noch das Team-Training noch
mehr üben. Das ist ja auch für die Kunden schwierig. Mit wem muss er dann reden. Das wollen wir
noch üben und verbessern.
Christen: Was ein Verkäufer mitbringen muss: Er muss gern reisen bei uns. Er muss gerne
telefonieren. Viele Leute haben Hemmungen zu telefonieren. Er muss etwas von der Materie
verstehen. Er muss ein Auftreten haben. Er muss gewillt sein, mehrere Kunden pro Zeiteinheit zu
besuchen. Und was wir auch machen, sind bestehende Kunden vermehrt auszubauen. Lange haben wir
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Anhang
versucht unsere Bekanntheit auszubauen. Jetzt haben wir einen Kundenstamm und den müssen wir
jetzt pflegen und ausbauen.
Kuratli: Bestehende Kunden sind auch billiger als neue zu akquirieren.
Was halten Sie von der Aussage, dass man 30 Prozent lernen kann, 40 Prozent sind so
Bauchgefühle und der Rest ist Glück.
Christen: Glück ist noch ein guter Hinweis. Glück gehört dazu.
Kuratli: 10, 20 Prozent können schon Glück sein, aber gleich 30?
Christen: Die Leute, die ich im Verkauf kennen gelernt habe, die können das. Der eine mehr, der
andere weniger. Wir wollten mal einen Techniker zum Verkäufer machen. Das ist nicht gegangen.
Kuratli: Es muss drin sein. In der Einarbeitungsphase hat unser Verkäufer nach zwei Wochen gezittert,
weil er jeden Tag hier war und nicht draussen. Die müssen raus.
Wie stark verkauft man Problemlösungen?
Christen: Das müssen wir noch mehr üben. Da haben wir beim Projekt mit dem Dirk (Zupanic) fest
daran gearbeitet. Dass wir mehr vom Produktverkauf hin zum Problemlösungsverkauf gehen. Das stell
ich bei Verkäufern eben schon immer wieder fest, dass sie umsatzgeil sind. Die wollen Umsatz
machen. Das müssen wir auch lernen. Beim Problemlösungsansatz hast du den Auftrag eben nicht
Morgen oder Übermorgen im Sack. Das geht dann länger.
Kuratli: Eine Lösung verkaufen, das beim Kunden rüberbringen ist das erste. Wenn der Kunde
wirklich ein Problem hat, dann genau zur Stelle sein, da gehört dann eben schon auch Glück dazu. Das
hatten wir schon ein paar Mal, aber…
Christen: Das Glück ist bei uns noch nicht 40 Prozent! Aber wir müssen unsere Verkäufer schon noch
mehr zu Problemlösungs-Verkäufern erziehen. Und nicht Auftragserbringung um jeden Preis. Unser
Trainer heisst Augustoni. Da hatten wir so ein Verkaufsgespräch: Er Einkäufer, ich Verkäufer. Da
haben wir gesprochen übers Produkt und plötzlich habe ich ihn dann gefragt, ob er mit dem Preis
zufrieden sei. Und er darauf sofort, wer denn schon wieder zuerst vom Preis rede! Und wir neigen
dazu, sehr schnell auf den Preis zu kommen. Wir haben ein wenig Angst davor. Und das müssen wir
immer wieder trainieren. Lösungsverkauf.
Wir sind auch eher problemlösungsorientiert und hochpreisig. Da kannst du nicht einfach auf eine
Faxanfrage einen Preis draufschreiben und zurück. Da müssen wir auch einfach längere und
ausführlichere Offerten machen. Diesen Anspruch haben wir. Unsere Offerten sind sehr professionell.
Habt ihr ein bestimmtes Modell durch diesen Trainer erhalten?
Christen: Jeder hat ein Büchlein. Wann man welche Fragen wie richtig stellt. Wie verhalte ich mich
richtig bei Reklamationen. Sein Konzept wird vermittelt. Schon länger jetzt.
Ist das ein Prozessmodell?
Kuratli: Ja und in diesen Prozessen gibt es spezifische Fragestellungen. Es fängt an mit der
Begrüssung, mit den Fragestellungen, mit der Analyse. Dann mit der Präsentation, wo man den
Kunden nicht langweilen will und auf der Analyse basiert. Man geht gezielt auf seine Geschichten ein.
Guten Erfahrungen?
Christen: Wir versuchen Kontinuität zu haben. Bis jetzt haben wir nur mit einem Trainer
zusammengearbeitet. Auch im Marketing.
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Und wo müsste man noch etwas verbessern? Wo gibt es für die Wissenschaft noch
Handlungsbedarf?
Christen: Stichwort: Problemlösungs-Verkauf. Wie löst man dem Kunden ein Problem, nicht ein
Produkt verkaufen. Nicht über den Preis. Weg vom Preisverkauf, hin zum Problem-Preis. Das könnte
auch in unseren Ansatz übergehen, dass der Kunde alles aus einer Hand erhält und sich TransferKosten erspart. Wir müssen uns aber auch im klaren sein, dass dort der Erfolg nicht so schnell kommt.
Ein Problem lösen, dauert länger. Und wir wollen ja auch Umsatz generieren.
Kuratli: Team-Verkauf ist auch sehr wichtig. Ein Verkäufer ist schon noch ein Einzelkämper. Muss er
auch sein. Wir können ja nicht immer zu zweit oder dritt beim Kunden auftauchen. Aber es braucht
sicher Team-Verkauf.
Werden die Verhandlungen und die Verkaufsanstrengungen auch auf Kosten überprüft.
Kuratli: Ist unterschiedlich. Wird individuell abgeschätzt. Wir schauen immer die Marge an. Aber
wenn die Margen sehr schlecht sind, schauen wir, was für Aufwendungen wir noch ungefähr haben
und was noch übrig bleibt. Aber wir können nicht auf Knopfdruck sagen, was wie viel kostet. Wir
müssen da auf die Technik, aufs Lager schauen und dann abschätzen. Aber Prozesskosten haben wir
im Verkauf so nicht abgebildet.
Was sind die Erfahrungen mit Frauen im Verkauf?
Christen: Gute. Unsere Frauen, die Heute an der Front sind, das hat sich bewährt. Das sind eher
Kaufleute, keine Techniker. Das hat sich bewährt und ist sehr gut. Einkäufer sind ja eher Männer und
die sind sich Frauen eher nicht gewohnt.
Erschrecken diese Männer dann nicht eher?
Die Frauen sind ja technisch nicht so tätig. Da geht es vielmehr um die Auftragskoordination, um
Auftragsabwicklung. Wie läuft es ab? Logistisch. Den Kunden zufrieden stellen.
Christen: In der kommerziellen Offerten-Abwicklung, da haben wir Frauen. Das hat sich bewährt. In
Auftragsgenerierung haben wir Techniker.
Kuratli: Als wir einen Verkäufer gesucht haben, ist mir das schon auch durch den Kopf gegangen. Ich
habe auch schon mit einem Einkäufer darüber diskutiert und es kann schon sein, dass eine Frau einem
dann mal als Verkäuferin sympathischer ist als ein Mann. Es könnte durchaus ein Türöffner sein.
Christen: Das Grundproblem ist vielmehr, dass Frauen einfach nicht solche technischen Berufe
erlernen. Es gibt ja kaum Polymechanikerinnen. Das ist das Grundproblem, aber auch unsere
Grundvoraussetzung.
Und generell die Unterschiede zwischen Männern und Frauen? Wo liegen die Vor- und
Nachteile?
Christen: Unsere Frauen müssen schon auch verhandeln. Vielfach bezüglich Terminen. Die Preise sind
dann schon abgemacht. Dann müssen sie auch verhandeln, dann kommen terminliche Forderungen.
Und da haben wir auch schon schlechte Erfahrungen gemacht, wo ein Mann dann sagt, geht nicht,
fertig. Aber die Frauen das hinkriegen. Und dort müssen diese Frauen schon richtig reagieren. Und
unsere Frauen machen das sehr gut.
Kuratli: Wir haben sehr gutes Feedback diesbezüglich.
Was macht es genau aus?
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Anhang
Christen: Sie können sich vielleicht besser in den Kunden hineinversetzen. Sie sehen nicht gerade die
technischen Grenzen. Sie können nicht abschätzen, was etwas für die Maschinen-Auslastung heisst.
Und ein Mann denkt dann eher aufgrund der Ausbildung, dass es eher nicht geht.
Kuratli: Die sind vielleicht ein wenig feinfühliger. Wir hatten Probleme mit einem Kunden mit einem
Mann und haben dort jetzt den Switch gemacht und jetzt klappt es wunderbar. Ob es ein anderer Mann
auch so hingebracht hätte? Kann schon sein.
Haben Sie eine Verkaufs- oder Verhandlungsbibel?
Der Leitfaden von Augustoni. Der basiert ja aus einem Workshop, den wir gemacht haben. Einen
Fragekatalog für unsere Verkäufer.
Kuratli: Der gibt schon sehr viel her.
Ergänzungen?
Christen: Mir ist noch einmal klar geworden, dass wir die Initiative ergreifen müssen: Wir müssen
Problem-Lösungen verkaufen, Dienstleistungen. Das müssen wir immer wieder trainieren.
Interview-Protokoll vom 22.6.2005
Interview-Partner:
Frank Johner, Verkaufsleiter Herren Globus
Rahmenbedingung:
Das Interview mit Herr Johner fand in Spreitenbach im Büro von Herrn Johner statt und dauerte eine
knappe Stunde, war offen geführt und ungezwungen.
Zum Interview-Protokoll:
Wo wird verhandelt?
Vom Aufgabengebiet her verhandle ich an verschiedensten Fronten im Moment. Ich hab neben der
Verkaufsleitung ja auch noch die Expansionsleitung, die ganzen Mietvertragsgeschichten. Als
Verhandlungspartner hab ich Vermieter, wo es um neue Vermieter und Verträge geht. Aber auch
Makler oder Vermittler, mit denen ich zu tun habe, die einem Objekte vermitteln wollen. Das sind
Verhandlungspartner. Das wären eher externe Verhandlungspartner. Interne sind meine Vorgesetzten
und meine Mitarbeiter, mit denen ich Zielsetzungen verhandeln muss, damit wir auf einen
gemeinsamen Nenner bringen. Dann kann es noch die ganze Dekorationsabteilung sein, die in einer
Matrix ist und mir nicht direkt untersteht. Das sind so die Verhandlungsfelder.
Was für Verhandlungen sind das?
Es sind distributive und integrative Verhandlungen.
Was ist schwieriger?
Interessanter sind die Verhandlungen, wo man etwas bilden und erweitern kann. Da hat man auch viel
mehr kreative Möglichkeiten. Bei einer Preisverhandlung musst du nur schauen, ob du zum Preis, den
man anstrebt auch wirklich gelangt. Das sind relativ harte aber einfache Gespräche. Aber wenn du
216
Anhang
über einen Mietvertrag oder ein Mietobjekt sprichst, ist das oft mit bestimmten Anforderungen
verknüpft. Und dann geht es um ein Finden. Wer kann wem was geben, das beiden etwas nützt. Und
am Schluss ist es dann für alle besser. Ich seh die Schwierigkeit, herauszufinden, ein Konstrukt zu
bringen, damit mein Partner seinen Nutzen erzielt und ich meinen. Das man einen Win-Win Situation
erzielen kann. Da ist vor allem Kreativität gefragt.
Kommen integrative Verhandlungen häufiger vor?
Würd ich schon sagen. In meinem Gebiet. Das sind auch die Verhandlungen, die herausfordernder
sind. Intern sind es dann eher distributive, da muss man sein Zeugs einfach durchbringen oder nicht.
Machen wir oder nicht.
Wie bereiten Sie sich auf Verhandlungen vor?
Ich versuche auf der einen Seite die Fakten auf den Tisch zu legen. Notizen. Nachher setze ich mich
mit dem ganzen Thema auseinander. Mit dem Gegenüber. Viele kennt man ja durch langjährige
Beziehungen. Man weiss, wie man die einordnen muss. Man kennt die Situation. Man sucht dann eben
den Spielraum auszuloten. Bedenken muss man auch immer, dass man intern auch noch einen Prozess
abwickeln. Man kann nicht einfach verhandeln und fertig. Das muss ich ja auch gegenüber meinem
Chef verantworten. Was brauche ich, damit das Projekt bewilligt wird. Das ist verbunden mit
Investitionsrechnungen usw. Und man braucht auch einen Überblick über den Markt.
Was ist so das Verhältnis von Vorbereitung und Durchführung?
Ein Drittel zu zwei Drittel.
Wo haben Sie verhandeln gelernt?
Expansion hab ich gelernt bei einem ungarischen Betriebswirt. Der kam 57 in die CH. Hat studiert. Ist
pensioniert. Bei dem war ich drei Wochen in einem Kurs über Expansion. Hab da viel gelernt. Alle
diese Berechnungsmodelle, theoretischer Ablauf. Dann hab ich die Expansionsstelle bei Globus
übernommen. Dannzumal wollte man mit Druck expandieren, deshalb wurde auch die Stelle
geschaffen. Das ist eigentlich ein schlechtes Resultat, wenn man expandieren muss. Man sollte wollen
und es dann machen, wenn es stimmt. Nicht aus dem Druck, schnell zu wachsen. Das haben wir dann
auch gemerkt.
Dort hab ich die Komponenten dann auch gespürt und gelernt. Worauf es drauf ankommt, zwischen
Menschen untereinander. Auch wenn es vielleicht ein Auslaufmodell ist, ist es für mich ein Modell
geblieben und versuch mich daran bei aller Verhandlungshärte zu halten. Und da geht es um eines:
Faire Lösungen für alle zu kreieren und nicht aus einer Machtposition heraus die Leute über den Tisch
zu ziehen. Was oft einfach wäre. Das ist aber nie gut. Ich hab so viele Situationen erlebt, wo man nach
einer bestimmten Zeit wieder selber in einer gleichen Position ist. Und dann muss man von dem nichts
erwarten. Und ich hab oft Resultate erzielt, wo meine Vertragspartner in für uns schwierigen
Situationen auf unsere Schwierigkeiten eingegangen sind. Und das hat mir klar gezeigt, in die Augen
schauen und sagen, wenn dann wieder mal ein Problem besteht, könne man selbstverständlich auch
wieder vorbeikommen und darüber sprechen. Und so eigentlich, von einem selber etwas zu geben.
Und nicht immer das Billigste ist das Beste.
Dann hast du Verhandeln „on the job“ gelernt oder durch Weiterbildung?
217
Anhang
Dann gab es Verhandlungstechnik-Kurse gegeben. Wo es um so Win-Win-Situationen ging. HarvardKonzept. Da war ich einer der ersten, der von unserer Firma diesen Kurs besuchen durfte. Das war
auch noch eindrücklich. Das war in Zürich, bei der Migros in Rüschlikon. Das war noch speziell und
vieles ist on the job und durch die Routine gekommen.
Was macht für Sie ein Verhandlungserfolg aus?
Klammerbemerkung im Voraus: Man muss auch an kleinen Erfolgen Freude haben. Und nicht nur ans
grosse Ziel denken und wenn man einen Szloty abweicht, dann ist es schon schlecht. Auch kleine
Erfolge feiern können. Der Erfolg zeigt erst die Zeit, wenn man mit diesen Partnern auch später noch
zusammenarbeitet. Und wenn es beide noch gibt. Wenn ich den Einkauf anschaue: Dort gibt es ja
praktisch nur den Preis. Dort ist man aber trotzdem nur erfolgreich, wenn es deine Partner auch später
noch gibt, weil man sich nicht jedes Jahr neue Partner suchen kann.
Sind Sie eher ein kooperativer oder kompetitiver Verhandler?
Ich bin sehr kooperativ und sehr offen. Vor allem wenn man sich mit dem Gegenüber auseinander
setzt und auch dessen Bedürfnisse berücksichtigt, muss man offener sein, als wenn man sagt, der Chef
habe vorgegeben und jetzt müsse einfach das erreicht werden.
Könnte man denn einfach knallhart sein? Oder sind Sie schon auf solche gestossen?
Ja, ja, aber dann trennt man sich nach relativ kurzer Zeit schon wieder. Bsp.: Ladenlokalitäten im
Tessin, da ist es eher schwierig erfolgreich zu sein, weil viel mit Schwarzgeld funktioniert. Und wenn
man für eine seriöse Firma arbeitet, hat man diese Möglichkeiten gar nicht. Auch in der West- und
Deutschschweiz läuft viel über Ablösesummen für bestehende Mietverträge. Bsp.: Laden-Lokalität in
der Westschweiz.
Ist es eine Schweizer Eigenschaft, dieses sachliche Verhandeln auf Faktenbasis?
Ich weiss nicht, ob das typisch Schweizerisch, weil ich auch sehr wenige internationale
Verhandlungen führe. Ich finde es einfach die fairere Art. Und ich habe jetzt so einen Fall, wo ich
noch nicht weiss, wie ich vorgehen soll. Es geht um eine Liegenschaft, wo wir das ganze Haus
gemietet haben und nicht auf unsere Ziele kommen. Und sind daran mit dem Hausbesitzer, dass wir
ihm etwas zurückgeben können, aber er muss gewaltig investieren. Wir wollen etwas zurückgeben, er
muss aber investieren und jetzt läuft es ein wenig an. Architekten machen Studien und ich muss mich
jetzt dann mit dem treffen und ihm sagen, unsere Ausgangslage ist die und die und die und es hat sich
in den letzten zwanzig Jahren einiges geändert. Wir wollen zwar und können aber nur das und müssten
uns hier entgegenkommen. Wollen und können Sie das wirklich? Das wird schwierig. Das ist eine
ganz integre und intelligente Person. Ich hab mit seinem Onkel vor zwanzig Jahren die Verträge
gemacht, der hat jetzt geerbt. Wir müssen ja fair bleiben und weiss aber noch nicht wie?
Wann fällt eine Verhandlung leicht?
Eine Verhandlung fällt leicht, wenn man keinen Resultatdruck hat. Im Moment fallen mir
Expansionsverhandlungen um Standorte sehr leicht, weil es leicht ist für mich, Nein zu sagen. Früher
war ich unter einem anderen Druck. Zielverhandlungen mit MA fallen mir auch relativ leicht, weil wir
eine Kultur haben, wo wir faire Ziele anbieten können.
Was ist der Anteil der Beziehung bei einer Verhandlung?
218
Anhang
Das ist sehr subjektiv, aber für mich ist es wichtig. Es entstehen immer wieder sehr gute Beziehungen,
geschäftlicher Art, wo man immer wieder zurückgreifen kann. Auch wenn mal andere Verhandlungen
stocken, z.B. im Ladenbau: Architekten, Ladenbauer gehen aufeinander los. Dann kommt das oft zu
mir. Dann mach ich ein Telefon und meist ist der Fall schon bald geklärt. Bsp: Rückbau Laden. Das
sind Beziehungen, wo ein Wort noch ein Wort ist. Da hab ich dann intern zum Teil grösste Probleme,
wenn ich sage, dass ich das telefonisch abgemacht habe. Und da kann man sich auf das Wort
verlassen. Und da geht es ja um Geld um grosse Beträge.
Dann fällt eine Verhandlung leichter, wenn man eine positive Beziehung hat?
Das ist so. Und mit einer Person, die man lange kennt, hat man auch einen anderen Ehrlichkeitsgrad.
Das ist so. Bsp: Laden. Verträge, Wechsel auf Wunsch von Partner. Umbau vor 4 Jahren.
Da kann man sich dann hinsetzen und schauen, ob man eine Lösung findet oder eben nicht. Natürlich
ist im Hintergrund immer noch die vertragliche Situation. Ich bekomm ja auch nicht einfach so einen
halben Laden gratis. Und offen kommt man viel weiter. Aber die anderen schenken einem ja auch
nichts. Es ist nicht so, wenn man sich besser kennt, dass man dann Sachen billiger oder freiwillig oder
gar gratis gibt. Man ist einfach offener, ehrlicher und gemeinsam gewillt, eine gute Lösung zu finden.
Wenn ich ihm da entgegenkomme, dann wird er mir ein andermal auch entgegen kommen. Aber einen
Laden bekomm ich trotzdem nicht gratis. Aber er sagt es mir zuerst.
Kommt man schneller zu Vertragsabschlüssen?
Ich glaube schon. Wobei es ist immer eine Problematik, wie viel Macht mein Verhandlungspartner
hat. Das ist eine Frage der Vorbereitung, wo ich mich fragen muss, was ich brauche, damit ich es
durchbringe. Dann kann ich auch offen und ehrlich sein. Aber wenn du dann intern die Projekte nicht
durchbringst, bist du gegen aussen auch nicht mehr glaubwürdig in der Verhandlung. Und da ist es oft
von Vorteil zu wissen, wer wen beeinflussen kann. Und da kann man dann versuchen über eigene
Leute andere zu beeinflussen.
Wo kann die Wissenschaft noch helfen?
Bei solchen Sachen ist es wohl schwierig zu sagen, dass man nach einem bestimmten Muster vorgehen
kann. Im Verkauf gibt es klare Richtlinien und Konzepte für Bedürfnissermittlung und Begrüssung
und Beratung etc. Dort gibt es auch von der Theorie her ein paar fragliche Methoden. Wenn man
bspw. die JA-Strasse bahnt. Solche Methoden können schon zu Erfolg im Verkauf führen, aber sind
meines Erachtens nicht auf Verhandlungen anwendbar.
Und Modelle, die Phasen, Stufe etc ansprechen?
Das macht aber doch nicht mehr als ein Drittel aus.
Wo kann die Wissenschaft noch helfen?
Eine ganz heisse Frage.
Das Harvard-Prinzip zeigt das ja schon ein wenig auf. Wie kann man Bedürfnisse des anderen
erkennen und darauf eingehen oder ausnützen. Nur schon das Wissen ist schon zentral. Oder wenn
man weiss, dass Japaner darauf achten, immer ihr Gesicht zu wahren. Das sind ganz wichtige Sachen,
dass man sich dann richtig verhaltet. Und Rücksicht nimmt auf die verschiedenen Kulturen.
Kann man verhandeln lernen?
Ja.
219
Anhang
30 Prozent kann man lernen, 40 Prozent seien so Bauchgefühle und der Rest sei Glück. Was
halten Sie von dieser Aussage?
Ich würde das Glück weniger hoch einstufen. Aber das Verhandeln oder das Verkaufen selber kann
man lernen. Einerseits über die Wissenschaft und so Kurse. Das öffnet ja die Sicht auf die Dinge. Das
bin ich überzeugt. Auch das Verkaufen. Aber es braucht schon gewisse Grundfähigkeiten, die man
unterstützen kann. Aber zum ganz erfolgreich sein, braucht es die schon. Ein Verkäufer muss ein
kommunikativer, extrovertierter Typ sein. Der muss begeisterungsfähig für eine Materie sein. Der
muss positiv sein. Das braucht es schon auch noch. Managen kann man ja auch lernen. Aber ich
glaube eben schon auch, wenn man keine Menschenkenntnis hat, braucht man auch nicht zu managen.
Kennst du neben dem Harvard-Konzept noch andere Verhandlungsmodelle?
Nein, höchstens noch Verkaufsmodelle. Aber die sind rein auf den Verkauf aus.
Ist der Nutzen dieser Modelle, weniger begabte Menschen auf ein gewisses Niveau zu bringen?
Das ist es auf jeden Fall. Die können einem Halt geben und auch einen roten Faden. Wenn man das
Harvard-Konzept anschaut, dann muss man sich zwangsläufig Gedanken über die Interessen des
Gegenübers machen. Und das bringt einem weiter.
Was sind die grössten Gefahren beim Verhandeln?
Eine grosse Gefahr ist, dass man sich irgendwo in eine Ecke verirrt. In eine Richtung drängen lässt,
wo man nicht mehr rauskommt und nur noch Ja oder Nein entscheiden kann. Und eine grosse Gefahr
liegt auch darin, dass für viele gar keine Handlungsspielraum mehr gegeben ist.
Ist das dann nicht verlorene Zeit?
Man überlegt sich das nicht. Aber oft nimmt sich der Chef die Wichtigkeit heraus, selbst zu
entscheiden. Aber es werden oft Personen mit ganz klaren Zielen in Verhandlungen geschickt. Und
das hat sich in den letzten zwanzig Jahren schon so entwickelt. Es „menschelet“ viel weniger.
Woran scheitern Verhandlungen?
Sicher oft, wenn die Erwartungen völlig auseinander liegen. Dann ist es wahnsinnig schwierig, einen
Konsens zu finden und oft ist es auch nicht seriös. Wenn die Spielräume zu gross auseinander liegen
und man sich trotzdem findet.
Vielleicht bin ich da dann zu ehrlich, wenn ich sage, was Sache ist, wo wir uns treffen können und was
möglich ist.
Aber Sie würden sagen, dass Sie ein erfolgreicher Verhandler sind?
Ja. Man kann auch mit Ehrlichkeit erfolgreich sein.
Warum gibt es wohl die Tendenz, dass es weniger „menschelet“ und Personen mit wenig
Kompetenz in Verhandlungen geschickt werden?
Weil der Führungsstil weiter oben hat geändert. Das ist zum Bauch raus. Wir haben weniger
Unternehmer und mehr Manager, die einzig ihren Profit im Kopf haben. Und das führt zu solchen
Resultaten.
Gibt es eine Art Verhandlungs-Controlling?
Bei uns gibt es das nicht, ein Verhandlungscontrolling. Nein, das glaube ich nicht. Gewisse Projekte
dauern einfach sehr lange. Das Beziehungsnetz ist schon noch wichtig. Und es ist wichtig, mit
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Anhang
Personen reden zu können und wenn man das dann immer noch belegen und verrechnen müsste, das
würde nirgends hinführen. Dann sind vielleicht die Controlling Kosten nicht gerechtfertigt.
Haben Sie auch schon mit Frauen verhandelt? Was sind da Ihre Erfahrungen?
Ja. Unterschiede: Die Sympathie ist noch entscheidender für mich. Aber sonst…Ich habe nur einen
Fall….Bsp: Da wollte jmd aus einem stehenden Vertrag völlig linkisch raus. Und wir haben Verträge
und der andere war uns noch etwas schuldig. Und das merkt man schon, wenn jmd einem nie entgegen
kommt. Aber der kam uns nie entgegen und brauchte plötzlich den Platz. Und nachher wollte er mich
noch einmal „linken“ über einen Grundbucheintrag. Und dann wollte ich mit dem nichts mehr zu tun
haben. Anwälte, das muss man auch noch sagen, haben wir eben auch noch gute bei der Migros. Und
dann kam eine Frau, die wollte mit mir darüber reden. Und für mich gab es eigentlich nichts mehr zu
reden. Dann gab ich ihr eine Chance und hat die Sachlage erklärt und sich entschuldigt. Hin und her.
Und ich muss sagen, irgendwo hat es für mich einfach gestimmt. Die hat es geschafft, ich war
granaten-verrückt. Dann haben wir eine kreative Phase eingeschoben und schlussendlich eine Lösung
gefunden. Neue Wege gesucht. Und dort hatte ich das Gefühl, dass die Chemie stimmte. Vielleicht lag
das daran, dass es eine Frau war. Hätte aber vielleicht auch bei einem Mann so sein können.
Gibt es bei euch so ein Verhandlungsmanual?
Nein, ich glaube nicht. Möglicherweise haben die Einkäufer etwas.
Kannst du mir ein Buch empfehlen?
Nein, hab ich auch nicht. Nur den Verhandlungstechnik-Ordner vom Seminar aus dem 89.
221
Anhang
Einladung Fragebogen und Personenübersicht
Mit dem folgenden Schreiben wurden die untenstehenden Personen eingeladen, eine
Itemreduktion vorzunehmen, sowie den Fragebogen zu validieren:
Sehr geehrte Expertinnen und Experten
Hauptziel und Inhalt der Dissertation:
Im Rahmen meiner Dissertation an der Universität St.Gallen soll die Güte und
Praxisrelevanz zweier Verhandlungsmodelle im Kontext von Verkaufsverhandlungen
nachgewiesen werden können. Es geht einerseits darum, welchen Nutzen diese beiden
Konstrukte für die Praxis darstellen und andererseits soll anhand der beiden Modelle
aufgezeigt werden können, wie verhandelt wird. Zu diesem Zweck werde ich eine
Befragung bei Verhandlungs- und Verkaufspraktikern durchführen. Die Schlüsse aus
der Befragung sollen sodann in ein Verhandlungsmodell münden, das der
Verhandlungspraxis zu helfen vermag, weil es Praxisprobleme berücksichtigt und
dafür Lösungen anbietet.
Vorarbeit für die Befragung:
Damit ich die Qualität meines Fragebogens steigern kann, bin ich im Rahmen der
vorbereitenden Phase auf Ihre Mithilfe angewiesen. Da Sie über Verhandlungsund/oder Forschungserfahrung verfügen, zähle ich Sie zum Kreis meiner
"vorberatenden Experten".
Anbei finden Sie einen grossen Itempool (Item = Aussage). Dieser Itempool beschreibt
die zwei Verhandlungskonstrukte, die empirisch getestet werden sollen. Durch Ihre
Expertise soll in einem ersten Schritt die Anzahl der Items von 190 auf 120 gekürzt
werden. Ihre Itemauswahl wird in den endgültigen Fragebogen einfliessen, der es
erlauben wird, die beiden Verhandlungskonstrukte zu testen.
Aufgabenstellung:
222
Anhang
Untenstehend finden Sie 24 Dimensionen (grau hinterlegt), die spezifische Aspekte
von Verhandlungsmodellen darstellen. Diese Dimensionen werden jeweilen kurz
erläutert (grau hinterlegt). Pro Dimension sind bis zu 15 Items (Aussagen) aufgeführt.
Die Items sollen die entsprechenden Dimensionen treffend beschreiben. Durch Ihre
Expertise soll die Anzahl der Items pro Dimension auf fünf bis sechs reduziert werden.
1) Deshalb bitte ich Sie, erstens die Items pro Dimension durchzulesen und dann diese
in
eine
Rangfolge
zu
bringen,
indem
sie
dem
besten
(Definition?
Besten=passendsten??) Item eine 1, dem zweitbesten eine 2 u.s.w. verteilen. Diese
Zahlen fügen Sie bitte in das entsprechende Feld rechts neben das entsprechende Item.
2) Zweitens bitte ich Sie, dort wo etwas nicht verständlich ist, ein Fragezeichen zu
setzen.
3) Nachdem Sie den Itempool bearbeitet haben und die Items in eine Rangfolge
gebracht haben, bitte ich Sie, mir Ihre Arbeit entweder zu faxen (zu Handen A. Hasler:
0041 / (0)44 / 712 13 79) oder per Email ([email protected]) zukommen zu
lassen. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir bis spätestens 17. Februar 2006
antworten könnten.
Für Ihre wertvolle Mitarbeit bedanke ich mich jetzt schon sehr herzlich! Sie trägt einen
wichtigen Beitrag zur Qualitätsssteigerung meines Fragebogens für die emprische
Erhebung meiner Dissertation bei.
223
Anhang
Die folgenden sechs Personen haben sich Einverstanden erklärt, den Fragebogen zu
validieren:
Name
Firma
Funktion
Philipp Meyer
Hilti Schweiz AG
General Manager
Urs Lehner
Hilti Schweiz AG
Nationaler Verkaufsleiter
Steven Nikolov
Mövenpick Hotels & Resorts
Senior Vice President Salesund Marketing
Nicolo Paganini
Kanton St.Gallen
Leiter Amt für Wirtschaft
Ulrich Egger
Egger, Philips und Partner
Präsident
des
VR,
Senior
Partner
Reto Kuster
Stiftung Berner Gesundheit
Berater
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Anhang
Screenshots des Fragebogens
225
Anhang
226
Anhang
227
Anhang
228
Anhang
229
Anhang
230
Anhang
231
Anhang
232
Anhang
233
Anhang
234
Anhang
235
Curriculum Vitae
VII. Curriculum Vitae
Ausbildung
2004 – 2007
Universität St.Gallen, HSG
Doktorarbeit am Institut für Marketing und Handel, IMH
1998 – 2003
Universität Freiburg i.Ue
Studium der Erziehungswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre und
Kommunikationswissenschaften
1999 – 2000
Universität Wien
Austauschsemester
1992 – 1998
Primarlehrerseminar Heerbrugg
Berufliche Tätigkeiten
Seit 08/2007
AXA Winterthur
Interne Beratung/Black Belt
2005 - 2006
Hilti Schweiz AG
Verkauf, Leiter Hilti Center Adliswil
2004 - 2005
Malik Management Zentrum St.Gallen, Seminare
Projekt-Manager und Seminarbetreuung
2003 – 2004
Universität Freiburg i.Ue
Wissenschaftlicher Projektassistent am Institut für Allgemeine Pädagogik
und Pädagogische Psychologie
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