Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien

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Veterinärmedizinische Fakultät - Klinik für Vögel und Reptilien
UNIVERSITÄT LEIPZIG
Klinik für Vögel und Reptilien
Veterinärmedizinische Fakultät
Haltung und Ernährung von Beos
Aufgrund seiner Begabung eine Vielzahl von Geräuschen und Wörtern präzise zu imitieren, wird der Beo relativ häufig in
menschlicher Obhut gehalten. Nicht verwunderlich, dass der Begriff „Beo“ im Indonesischen so etwas wie „Plappermaul“
bedeutet. Seine Anforderungen an eine angemessene Ernährung unterscheiden sich jedoch grundlegend von denen der
meisten anderen Ziervögel, die Körnerfresser sind. Er zählt zu den Nahrungsspezialisten und ist ein Vertreter aus der
Gruppe der Fruchtfresser.
Grundlegendes zur Lebensweise
Um zu begreifen, welche Futtermittel und welche Haltungsart für einen Beo am besten geeignet sind, muss man sich
sowohl seinen natürlichen Lebensraum als auch die bestehenden natürlichen Lebensbedingungen vor Augen halten.
Beos zählen zu der Familie der Stare und sind überaus gesellige Tiere. In freier Natur leben sie außerhalb der Brutzeit in
kleineren Familienverbänden (ca. 15 – 20 Tiere) zusammen. Mit einem ausgewählten Artgenossen verbringen sie eine
lebenslang währende Einehe. Trotz aller Sozialkompetenz kann sich ein Beo innerhalb der Brutzeit mitunter sehr aggressiv
gegenüber Artgenossen und vor allem anderen Vogelarten verhalten. Dies sollte bei der Haltung in menschlicher Obhut
beachtet werden. Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich über weite Teile des subtropischen Südostasiens (Indien,
Sri Lanka, Südchina, Inseln des Indischen Ozeans), wo sie sich hauptsächlich in den Baumkronen der Regenwälder aufhalten.
Ihr natürliches Nahrungsspektrum ist sehr vielfältig und beinhaltet reife, süße Früchte und Beeren aber auch Lebendfutter
wie kleine Insekten und Würmer.
Anforderungen an die Fütterung
Zoofachhandlungen bieten eine Vielzahl industriell hergestellter Futtermittel an. Mit dem Schriftzug „BeoAlleinfuttermittel“ versetzen sie den Käufer in den Glauben, den täglichen Bedarf eines Beos decken zu können. Jedoch sind
diese Fertigfutter alleinig nicht ausreichend für eine optimale Versorgung. Angeboten wird einerseits Weichfutter, welches
aus zerkleinerten tierischen Bestandteilen (kleine Insekten, Mehlwürmer, kleine Krebse), getrockneten Früchten, Eigelb,
Honig, Rosinen und Bäckereierzeugnissen besteht. Trockenfutter für Beos enthält ebenfalls tierische und pflanzliche
Bestandteile, die jedoch im Vorfeld gemahlen, gemischt und anschließend unter Druck- und Wärmeeinwirkung gepresst
wurden. Solch ein Futter kann meist unter der Bezeichnung „Beo-Perlen“ im Handel erworben werden. Allen beiden
Futtermittelarten ist gemeinsam, dass sie in Wasser einweichen bzw. quellen müssen, bevor sie dem Beo angeboten
werden. Hierbei ist eine „Einweichzeit“ von ca. 10 min ausreichend. Darüber hinaus müssen Beos täglich mit einem
reichhaltigen und abwechslungsreichen Obstangebot versorgt werden. Obstsorten wie bspw. Birnen, Äpfel, Bananen,
Aprikosen und exotische Früchte (bspw. Feige, Papaya, Ananas) sollte hier der Vorzug gegeben werden. Dieses sollte
schnabelgerecht zerkleinert und in einem extra Gefäß gereicht werden. Saure und Vitamin C-reiche Früchte (bspw.
Zitrusfrüchte, Weintrauben, Kiwis, Melone, Beeren) sollten nur sehr selten und dann in geringen Mengen verfüttert
werden. Infolge seiner Feuchtigkeit unterliegt Beofutter sehr schnell Gärungsprozessen und kann unverträglich werden. Aus
diesem Grunde sollte das Futter mindestens zweimal täglich frisch zubereitet werden. Hin und wieder können Sie auch
Fruchtsäfte ohne Zuckerzusatz (am besten selbst hergestellt) zum Trinken anbieten. Generell ist bezüglich der BeoErnährung zu sagen, dass das Angebot aller Komponenten in Maßen erfolgen sollte. Dafür sollten die täglichen Rationen
aber umso vielseitiger und abwechslungsreicher wie nur möglich gestaltet werden. Ein ganz wichtiger Aspekt in der
Ernährung des Beos ist der Eisengehalt des Futters. Normalerweise wird das mit der Nahrung aufgenommene Eisen im
Dünndarm resorbiert und an Ferritin im Körper gebunden. Bei Beos findet jedoch eine krankhafte Speicherung von Eisen in
den Leberzellen statt. Dies wird als Eisenspeicherkrankheit bezeichnet. Im Laufe der Zeit kann es bei einer eisenreichen
Fütterung zu einer enormen Einlagerung von Eisen in der Leber kommen, was zu Funktionseinbußen der Leber führen kann.
Folglich erkrankt das Tier. Typischerweise ist dies ein chronischer Verlauf, welcher mit Abmagerung des Tieres und einer
massiven Vergrößerung der Leber einhergeht. Meist werden betroffene Beos dem Tierarzt mit Atemproblemen vorgestellt.
Ein Therapieversuch kann eingeleitet werden, hat im Allgemeinen aber eine ungünstige Prognose. Aufgrund dessen sollten
Sie mit großem Interesse darauf achten, ein hochwertiges Beofutter zu erwerben, dessen Eisengehalt zwischen 40 und
80 ppm liegt. Bei bereits betroffenen Tieren darf der Eisengehalt des Futters 40 ppm nicht übersteigen.
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Getreu dem Motto „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“, verhält sich auch ein Beo sehr skeptisch gegenüber
Neuheiten auf dem Speiseplan und ignoriert diese mitunter komplett. Deswegen sollte ein Beo von Anbeginn an
verschiedenste Futtermittel gewöhnt werden, damit eine ausgewogene Kost und deren Aufnahme gewährleistet werden
kann. Auch die gelegentliche Verabreichung von Lebendfutter (Würmer, Grillen, Drohnenbrut, Zophobas) bietet einen
gewissen Beschäftigungsgrad und stellt eine wertvolle Eiweißquelle dar. Weiterhin bieten Hüttenkäse, Magerquark oder
Tofu Eiweiß zur Deckung des Bedarfs.
Anforderungen an eine tiergerechte Haltung
Da Beos ein ausgeprägtes Sozialverhalten aufweisen, und unter natürlichen Bedingungen in größeren Gruppen
zusammenleben, ist eine Einzeltierhaltung nicht gerechtfertigt. Auch wenn sie in „Einzelhaft“ überaus sprachbegabt sind
und sehr zutraulich werden können, sollten sie mindestens paarweise gehalten werden, da der Mensch keinesfalls den
Vogelpartner ersetzen kann. Bei der Vergesellschaftung von Beos in menschlicher Obhut muss mitunter jedoch sehr
vorsichtig vorgegangen werden. Ein großes Problem stellen bereits erwachsene und auf den Menschen fehlgeprägte Beos
dar. Sie erkennen ihres Gleichen nicht als solchen an und sind auch nicht in der Lage ihr Sozialverhalten dementsprechend
aufzubauen. Eine Vergesellschaftung dieser mit anderen Beos ist sehr schwierig und manchmal auch unmöglich. Allgemein
sollte bei einer Vergesellschaftung darauf geachtet werden, dass den Beos viel Zeit, ausreichend Platz mit
Fluchtmöglichkeiten und genügend Futter- und Wasserbehälter angeboten werden. Insbesondere in der ersten Zeit sollten
die zu vergesellschaftenden Beos nur unter Beobachtung zusammen gehalten werden. Des Weiteren ist auf ein
ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu achten. Die Herkunft aus subtropischen Gefilden erfordert es, dass die
klimatischen Verhältnisse so gut wie möglich nachempfunden werden müssen. Da Beos sehr anfällig gegenüber einer
Schimmelpilzerkrankung sind, ist darauf zu achten, dass die Luftfeuchte dauerhaft hoch (mind. 60 %) ist.
Unterbringung – Voliere und Zubehör
Da Beos einen ausgeprägten Bewegungsdrang haben, ist eine Käfighaltung abzulehnen. Einer mindestens paarweisen
Haltung in geräumigen Zimmervolieren oder kombinierten Innen- und Außenvolieren mit (beheizbarem) Schutzraum ist in
jedem Falle der Vorzug zu geben. Die Größe der Zimmervoliere muss so gewählt sein, dass es den Vögeln „hinter Gittern“
möglich ist, kurze Flugstrecken zu absolvieren, ohne die Käfigwände mit den Flügeln zu berühren. Diese Forderung gilt für
mindestens 2 Tiere. Trotzdem ist es erforderlich, den Vögeln täglich Freiflug unter Aufsicht zu gewähren. Die geeignete
Volierenform ist rechteckig, da eine Orientierung für den Vogel in einem Rundkäfig nicht möglich ist. An den Standort der
Voliere sind verschiedene Bedingungen geknüpft. Beos müssen sich in ihrem Domizil geborgen fühlen; nur so ist
sichergestellt, dass sie den Sozialkontakt zu Artgenossen und ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können. Die
Voliere darf nicht von allen Seiten zugänglich bzw. einsehbar sein; idealerweise sind die Rückwand und die Seitenteile
geschlossen. Die Voliere sollte an einem ruhigen Ort aufgestellt werden, an dem genügend Tageslicht vorhanden und eine
ausreichende Belüftung möglich ist. Der Vogel muss sich jederzeit über die Augenhöhe des Betrachters zurückziehen
können, da er Einflüsse von oben als Bedrohung wahrnimmt. Es ist darauf zu achten, dass die Tiere nicht in Zugluft stehen
und keinen Kochdünsten und Tabakrauch ausgesetzt sind. Des Weiteren sollten die Tiere zu ihrem Wohle nicht ständigen
Störungen durch den Menschen und durch Fernsehgeräte ausgesetzt sein; auch auf eine störungsfreie Nachtruhe ist zu
achten. Die Voliereneinrichtung sollte ausschließlich aus Naturästen als Sitzstangen bestehen, welche mit Rinde, Knospen
und Blattwerk besetzt sein können. Ihr unterschiedlicher Durchmesser sorgt für eine wechselnde Belastung der Sohle und
kann zur Abnutzung der Krallen beitragen. Die Äste sollten so angebracht werden, dass sie beim Landen dem Körpergewicht
des Vogels nachgeben; so kann eine Schonung der Fußgelenke und des gesamten Bewegungsapparates erzielt werden. Die
im Handel häufig angebotenen Sitzgelegenheiten aus gedrechseltem Hartholz sind ungeeignet, weil sie Druckstellen
verursachen und zu Sohlenballengeschwüren führen können. Als Spielzeug sollten ausschließlich Naturmaterialen wie
bereits angesprochene Naturzweige, Blattwerk und Knospen, Korkrinde und Holz Verwendung finden. Faseriges Material,
Kunststoff und zinkhaltige Materialien sind äußerst ungeeignet. Sehr wichtig ist es, jedem Beo in der Voliere eine eigene
Schlafkiste anzubieten, da sie sehr gerne als Schlafplatz in Anspruch genommen werden. Weiterhin muss bei der
Volierenausgestaltung für genügend Flucht- und Versteckmöglichkeiten gesorgt werden. Bei der Haltung muss auf jeden
Fall bedacht werden, dass ein Beo aufgrund seiner Ernährungsweise in kurzen Abständen erhebliche Mengen flüssigen
Kotes ausscheidet. Es kommt also zu beträchtlichen Verunreinigungen, deren Beseitigung täglich gewährleistet sein muss.
Bei Weichfressern ist demzufolge die Verwendung eines Bodensubstrats, welches hohe Saugeigenschaften aufweist und
nicht so schnell zur Schimmelbildung neigt, empfehlenswert (bspw. Buchenholzspäne).
Bei der Beohaltung in Außenvolieren sollte unbedingt ein geschlossener und beheizbarer Schutzraum angegliedert sein, in
den sich die Tiere jederzeit zurückziehen können. Dieser dient einerseits natürlich als Rückzugsort andererseits jedoch auch
als Schutzzone vor diversen Umwelteinflüssen, wie bspw. Sonneneinstrahlung, Wind und Regen. Immens wichtig ist
weiterhin der Schutz der Beos vor Angreifern wie Katzen, Füchsen und Mardern. Um diesen zu gewährleisten, ist bspw. eine
doppelte Verdrahtung sinnvoll.
Gern steht Ihnen unser Klinikteam für Fragen zur Verfügung.
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