Das polnische Berlin - eine Spurensuche (pdf - Osteuropa
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Das polnische Berlin - eine Spurensuche (pdf - Osteuropa
* am Ort der Hauptwohnung am 31. Dezember 2006 Bezirke Berlins polnische Staatsbürger Charlottenburg 3 254 Friedrichshain 1 041 Hellersdorf 297 Hohenschönhausen 251 Köpenick 613 Kreuzberg 2 247 Lichtenberg 2 448 Marzahn Polnische Staatsbürger in Berlin * Mitte Neukölln Pankow Berlin gesamt 44 461 517 735 6 756 713 Prenzlauer Berg 1 052 Reinikkendorf 2 806 Schöneberg 2 158 Spandau 2 866 Steglitz 2 547 Tempelhof 2 718 Tiergarten 2 429 Treptow 569 Wedding 5 135 Weißensee 482 Wilmersdorf 2 021 Zehlendorf 806 Wie femd ist Osteuropa in Westeuropa? Wo und in welcher Form findet polnisches Leben in Berlin statt? Mit unserem Projekt im Rahmen des leiten. Dabei möchten wir zeigen, wie und Kabarett, Seminars Reinventing Eastern Europe wo polnisches Leben in Berlin stattfindet soziale Einrichtungen der Freien Universität Berlin wollten wir und dass es eine lange Tradition hat. Vielzahl von einem breiten Publikum das polnische Die Geschichte Berlins ist von Polen Lebensart findet sich in ganz Berlin und Berlin näherbringen. Unsere Gruppe, fünf stark geprägt worden, was in unserem hat eine bereichernde, vitale und lange Studentinnen ersten Spuren“ Tradition. Eine Besonderheit ist, dass Osteuropawissenschaften, laden Sie hier dargestellt wird. Begeben Sie sich selbst alles „Polnische“ integrativer Bestandteil auf eine Spurensuche ein. auf die Suche! Sicherlich waren schon des Berliner Stadtbildes ist und sich fast In Anbetracht der vielfältigen Vorurteile viele Berliner einmal über ein polnisches geräuschlos eingefügt hat. Zu keinem und den Denkmal oder einen polnischen Schriftzug Zeitpunkt Bewohnern des Nachbarlandes, kamen verwundert. Die „Polnische Apotheke“ stattgefunden, die zu etwas wie einer wir auf die Idee, einen Reiseführer zu gehört dabei ebenso zum Stadtbild, wie „Parallelgesellschaft“ schreiben. Wir wollten mit unserem der Reichstag, bei dem kaum einer seine Nach einem polnischen Ballungszentrum zugegebenermaßen wohlgesonnenem „polnischen“ Wurzeln vermutet. Unser sucht man in Berlin vergeblich. Trotzdem Blick Grundeinstellung des Masterstudiengangs Stereotype und positiver gegenüber Kapitel „Historische Lebensmittelgeschäfte Anlaufstellen. hat hier und bieten eine eine Polnische Separation geführt hätte. historisches Kapitel wird Ihnen Antworten werden auf die polnischen Traditionen das vermeintlich „Fremde“ zeigen, das geben und weiter sensibilisieren. und den Erhalt der Sprache, Kultur und vielmehr Bestandteil des Berliner Lebens Diese deutsch-polnische der sozialen Kontakte Wert gelegt, ohne ist, als dass es „fremd“ wäre. Typische Verflechtung zeigt sich bis heute und dabei „Deutsches“ abzulehnen. Polnisches Elemente eines klassischen Reiseführers, ist eine Bereicherung für das Berliner Leben ist - wie auch die polnischen wie eine Auflistung von Hotels, fehlen, da Stadtleben. In den Kapiteln „Kultur“ Bewohner Berlins - seit langem in das wir insbesondere Berliner vor die eigene und „Alltag“ können Sie mitten in Berlin Hauptstadtleben Haustür locken wollen. verreisen, ohne dass Sprachbarrieren unsere „Reise“ eine „Spurensuche“, zu Lassen Sie sich mit unserem Reiseführer hinderlich der wir Sie hiermit anstiften möchten. durch die polnischen Facetten Berlins Zeitschriften, Theaterabende, Galerien, historische wären: Polnische Musik, integriert. Daher ist Inhalt Historische Spuren im polnischen Berlin 1 Polnische Kultur in Berlin 28 Polnisches Alltagsleben in Berlin 50 Anhang 71 Historische Spuren im polnischen Berlin 2 „Solange die Welt besteht, ...“ 3 Polen in Berlin 1815–1914 „Polenbegeisterung” 4 Der polnische Freiheitskampf 5 Berlin als Migrationsziel 6 Berlin als Reiseziel 8 Berlin als Studienziel Inhalt Historische Spuren im polnischen Berlin 9 Siedlungsgebiete der Polen 10 Beruftstruktur 11 Preußische Polenpolitik 12 Die Berliner Polonia 13 Die „polnische Community“ 13 Anti-Polnische Gesetzgebung 14 Polen in Berlin zu Beginn des I. Weltkrieges 14 Polen in Berlin 1918–1989 Zwischenkriegszeit 15 Polnische Leben in Berlin 1933–1945 15 Polnische Zwangsarbeiter 16 Die polnische Armee in Berlin 17 Migration in der Nachkriegszeit 19 Polen in Ostberlin 21 Denkmäler und andere Erinnerungsorte 22 Der Polenmarkt 24 Das Zentrum für Historische Forschung 26 Historische Spuren im polnischen Berlin Geht man durch das heutige Berlin, so polnisches Leben in Berlin eine lange historischen Spurensuche im polnischen fallen einem an einigen Stellen Namen Tradition hat und noch heute Spuren Berlin einladen sollen. Wir haben uns auf, die Hinweise auf Polen geben, wie z.B. polnischer zu entschlossen mit dem Jahr 1795 zu Warschauer Straße oder Görlitzer Bahnhof. finden sind. Wir erheben dabei nicht beginnen, als Polen von der Landkarte Doch können diese Bezeichnungen gleich den des verschwunden war. Dies war ein be- als Indiz dafür genommen werden, dass polnischen Berlins von den Anfängen an deutender Einschnitt in der polnischen Polen in der Geschichte Berlins einen Provenienz Anspruch die in Berlin Geschichte chronologisch darzustellen. Wir möchten Geschichte und führte dazu, dass Berlin Platz haben? Ihnen anhand subjektiv ausgewählter zu dieser Zeit von Polen sehr differenziert Im historischen Teil unserer „Spuren- Ereignisse, Orte und Sachverhalte die wahrgenommen suche“ werden wir genau dieser Frage Geschichte des polnischen Berlins näher unsere Spurensuche 1989, als die Polen nachgehen. Sie erhalten einen Einblick bringen und Anregungen geben, die zu scheinbar herzlich in Berlin begrüßt in die Geschichte der Polen in Berlin einer weiteren Auseinandersetzung mit wurden. und werden gleichsam feststellen, dass dem Thema, sowie einer persönlichen, wurde. Enden wird „Solange die Welt besteht, „Was soll ich ihnen, meine Liebe [Maria Szymanowska], über Berlin schreiben? Sie kennen es besser als ich; und ich kenne es nur oberflächlich, da mich die Sehenswürdigkeiten schrecklich langweilen.“ (Adam Mickiewicz, poln. Nationaldichter, 1829) einer Stadt wider, die nicht nur Schauplatz wird der Deutsche dem Polen kein Bruder sein“ preußischer (Polen-)Politik war. Mit der dritten Teilung Polens durch Ös- diese Eindrücke polnischer Künstler und terreich, Preußen und Russland verlor Schriftsteller unkommentiert Polen seine Eigenstaatlichkeit und ver- und einen schwand gänzlich von der europäischen aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Landkarte. Die Einstellung der Polen ge- Polen vermitteln. Diese Aussagen und genüber den Teilungsmächten war am- Eindrücke sind dabei sehr subjektiv und bivalent, was sich auch in der stellen kein unvoreingenommenes Bild Wahrnehmung Berlins durch der gegenwärtigen Wirklichkeit dar. Die „Polnische Apotheke“ von 1862 an der Friedrichstraße ist einer der ersten Beweise einer polnischen Bevölkerung in Berlin. Diese Polen widerspiegelte. Aufschrift schmückt heute noch eine Hausfassade Viele Künstler und Schriftstel- an der Friedrichstraße, schräg gegenüber dem ler nahmen Berlin bei ihren Kulturkaufhaus Dussmann. Der Name der Apotheke ist vermutlich auf einen Besuchen sehr unterschiedlich Besuch von August dem Starken in Berlin zurück- war. Bei einigen stand die Fas- zuführen, der König von Polen und Kurfürst von zination der Metropole Berlin Sachsen war. Friedrichstraße 153/ Ecke Mittelstraße 56 10117 Berlin im Vordergrund, die im Ver- Auf den nächsten Seiten werden Sie Ihnen Eindruck begleiten Berlins „[…] Meine Meinung über Berlin: Es ist zu groß für die Deutschen, es könnte ohne weiteres nochmal so viele Einwohner fassen.“ (Frederic Chopin, poln. Komponist, 1828) gleich zu der Wahrnehmung polnischer Städte prunkvoller, sauberer vielleicht auch moderner schien. Andere Wahrnehmungen spiegeln wiederum Distanz und Ablehnung gegenüber [Die Zitate sind entnommen aus: Szarota, Tomasz: Berlin in den Augen der Polen (1789-1939), in: Jürgen Wetzel (Hg.): Berlin in Geschichte ung Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 1994.] 1815 – 1914 “Polenbegeisterung” zeigte Anerkennung und Sympathie für Mit Ende des Wiener Kongresses 1815 den Aufstand und die damit in Verbindung blieb polnischen stehenden Ziele. In Berlin trafen sich zu Staatsgebietes bestehen. Preußen besaß dieser Zeit, besonders im Café Stehely am ca. polnischen Gendarmenmarkt, sowie im Salon von Karl Reichsgebietes (siehe Karte). Friedrich II. August Varnhagen von Ens, Polenfreunde. prägte die Auffassung, dass gerade die Nach der Revolution 1848/49 nahm preußische Annexion Polens unter den die Bedeutung des Café Stehelys als damals vorherrschenden Bedingungen Begegnungsort des intellektuellen Berlins maßgeblich ab; 1876 wurde das Café geschlossen und die 1/6 Aufteilung des des ehemaligen zum Frieden in Europa beigetragen hätte und auch für Polen von Vorteil war. Dies habe auch die Integration vieler Polen in den preußischen Staat gezeigt, in dem einige Karriere machten. Deutsche und Polen verband zu dieser Zeit fast das gleiche Schicksal, nämlich eine Nation ohne eigenen Nationalstaat zu sein. Polen begann für seine Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen. Im Novemberaufstand von 1830/31 setzten sich die Polen erfolglos gegen den russischen Besatzer zur Wehr. Die Niederschlagung des Aufstandes führte zu einer großen Emigration. Die Berliner Zivilbevölkerung 1884/85 das Gebäude abgerissen. Der polnische Freiheitskampf Preußen verschärfte daraufhin seine Politik gegenüber Polen. Das preußische Nach dem Novemberaufstand 1830/31 Großherzogtum Posen verlor seine Son- planten einige Polen 1846 in Posen einen derrechte und wurde in eine Provinz weiteren Aufstand für die Unabhängigkeit umgewandelt. Unter der Berliner Be- und geteilten völkerung entfachte aber wieder eine Leitung Welle von Mitgefühl für die polnischen Wiedervereinigung Landes durchzuführen. übernahm Ludwik des Die Mierosławski. Der Aufständischen. Die Sympathie mit Aufstandsversuch wurde jedoch an den den Aufständischen war dabei weniger Posener Polizeipräsidenten verraten. 254 mit einem solidarischen Gefühl für die polnische Freiheitskämpfer wurden am Belange Polens, sondern viel mehr mit 12. Februar 1846 verhaftet und in das der Tatsache verbunden, dass eine Nation Zellengefängnis Moabit gebracht. Es kam versuchte sich gegen die politischen Ehemaliges Zellengefängnis Moabit in zum so genannten Polenprozess der am Machthaber zur Wehr zu setzen. der Lehrter Str. 1-5, direkt hinter dem 2. Dezember 1846 endete. Mit dem „Völkerfrühling“ 1848/49 besserte Die Überreste des ehemaligen Zellengefängnisses Moabit können noch heute im Geschichtspark Hauptbahnhof, besichtigt werden. sich die Lage in Berlin wieder. Durch ein neu eingeführtes Wahlrecht war es nun auch Polen möglich als Abgeordnete in den preußischen Landtag zu gelangen, wo sie sogar eigene Fraktionen bildeten. Das vorrangige Ziel der Polen war zunächst nicht in Berlin sesshaft zu werden. Nach einem kurzen Aufenthalt wollte eine Vielzahl der Migranten wieder zurück in Das Zellengefängnis Moabit 1846 ihre Heimat. Berlin als Migrationsziel notwendig. Im Herbst 1865 entstand da- Hier waren sie frei von schlechten Nach 1860 lebten um die 4000–5000 Po- her, unter der Hauptinitiative des Deut- Arbeitsbedingungen len in Berlin. Sie waren mit der Hoffnung schen Karl Leckel, der erste „Polnische Zwängen, die gekommen im wirtschaftlich wachsenden oft herrschten. Berlin Arbeit zu fin- über den und somit ihre eigene finanzielle Lage zu verbessern. Ein Überschuss an 1815 – 1914 Es ist der Schauplatz für das Allerherrlichste was Berlin hat - ... Informationen Lebensbedingungen und Arbeitsmöglichkeiten in Berlin, welche die Stadt als Migrationsziel attraktiv machten, wurden meist durch persönliche Beziehungen, polnische Organisationen und die Presse geschaffen. Die Hoffnung auf Arbeit ließ viele blind werden für die Ostprovinzen war ein häufiger Grund für vereinigung und hatte, worauf der Name Realität. Das die Arbeitssuche durchaus die Migration. Da größere Industriezen- schon schließen lässt, einen stark natio- schwierig werden könnte und nicht tren in diesen Gebieten fehlten und die nal-katholischen Charakter. immer zu dem gewünschten Erfolg landwirtschaftlichen Betriebe nicht genü- Die Gründung der Organisation verfehlte führte, wurde von vielen nicht beachtet, gend Arbeitsplätze boten, fassten viele ihre Nutzen nicht. Das Leben in Berlin viel stärker waren die positiven Vorstel- den Entschluss für kurze Zeit nach Berlin war kostspieliger, als zunächst von vielen lungen des Lebens in der Fremde, in der auszuwandern, dort Geld zu verdienen, angenommen. Nur sehr wenige schafften das Leben freier, die Arbeit besser und die um dann wieder mit dem Ersparten in es, genügend Geld ihre Heimat zurück zu kehren. zu sparen, um sich Obwohl eine Vielzahl der Migranten wie- wieder eine sichere der zurück in die Heimat wollte, erachtet Existenz die polnische Intelligenz die Gründung Heimat einer nationalen und sozialen Organisa- und tion für die polnischen Zuwanderer als gleich in preußischen in ihrer aufzubauen blieben in daher Berlin. entsprach die sozialen Ostprovinzen in den Dies noch und den etwa einer Bürger- Arbeitskräften Verein unter dem Schutz der Heiligen „Die großartigsten Bauten Berlins um- Mutter Gottes von säumen eine breite, mit Linden bepflanz- Częstochowa und te und in der Tat herrliche Promenade, des Schutzheilian deren beiden Seiten dicht aneinan- gen Polens, des hl. dergedrängt die schönsten Läden liegen. Stanisław“ in Berlin. in ... Kleider, Pferde, Equipagen, Statuen, Militär, luxeriöse Schaufenster, Leute und Denkmäler. Überwiegen sollen jedoch Uniformen und Paraden. Zu Recht hat jemand bemerkt, daß selbst auf Monumenten alle uniformiert sind, einen zivilen Helden gibt es hier nicht.“ (Józef Ignacy Kraszewski, poln. Schriftsteller, 1864) Wohnverhältnisse komfortabler sein sollten. Viele hatten auch Glück, da sie zu einer Zeit nach Berlin kamen, in der es durch die fortschreitende Industrialisierung eine hohe Nachfrage an Arbeitskräften gab. Das breite Vergnügungsangebot und die besseren Ausbildungsmöglichkeiten und Bildungschancen waren ein Motiv für die Migration und trugen dazu bei, dass viele Migranten sesshaft wurden. Zeughaus um1706 Der Bau des Berliner Zeughauses, welches heute das Deutsche Historische Museum beherbergt, wurde 1698/99 von dem Danziger Künstler Andreas Schlüter geleitet, der seit 1896 in Berlin als Bildhauer arbeitete. Es zählt zu den ältesten und bedeutendsten Barockbauten der Stadt. Deutsches Historisches Museum Unter den Linden 2 10117 Berlin Zeughaus heute Was bot Berlin den Auswanderern noch „[Berlin im Vergleich mit Polen] Wir sind schreklich arm und leben im Vergleich mit der zivilisierten Welt wie Maulwürfe.“ dort bis zu seinem außer Arbeit und Freizeitmöglichkeiten? Tod lehrte, oder die Es wanderten ja schließlich nicht nur Künstler Julian Fałat und Wojciech Kos- Arbeiter nach Berlin aus. Vor allem die sak (auch als Adalbert Kossak bekannt) polnische Intelligenz, sowie die höheren welche am Hofe Wilhelm II. arbeiteten. Schichten sahen in Berlin ein interes- Des Öfteren wurden polnische Intellek- santes Reiseziel, welches politisch und tuelle und Künstler von bestimmten Krei- kulturell einiges zu bieten hatte. Auch sen der Berliner Gesellschaft eingeladen auf politischer Ebene war es den Polen oder waren in den literarischen Salons möglich aktiv zu werden. Viele polnische der preußischen Hauptstadt zugegen, 1815 – 1914 Berlin als Reiseziel Abgeordnete beteiligten sich am Aufbau der Berliner Polenkolonie. Auch die Berliner Zeitung wurde von Polen, wie Karol Rose und Rosa Luxemburg, beeinflusst. Kulturelle Interessen spielten bei einer Reise nach Berlin auch eine große Rolle. Zu nennen sind u.a. Aleksander Brückner, der an die Berliner Universität berufen wurde und „Ich bin ein entschiedener und entschlossener Feind – ein Feind Deutschlands. Dies sagend, drücke ich mich nicht ganz präzise aus, denn eigentlich bin ich nicht allen Deutschen feindlich gesonnen, sondern ausschließlich den Preußen, da alle unangenehmen Züge wie Rücksichtslosigkeit, Brutalität, Überheblichkeit und Arroganz, die wir heute [gegen Ende der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts –T.S.] in Deutschland beobachten können, von den Preußen aufgezwungen sind.“ (Ignacy Paderewski, Memorien) (Bolesław Prus, poln Schriftsteller, 1895) beides polnische Pianisten, die in Berlin gefördert wurden. Auch wirkten in Berlin u.a. die Komponisten Feliks Nowowiejski und Karol Szymanowski wie Wojciech Cybulski, Adam Mickiewicz und Karol Libelt, um nur einige zu nennen. Zudem prägten viele polnische Musiker und Theaterleute die Berliner Kulturlandschaft. Polnische denten musiker Musikstuund Berufs- eroberten die Stadt, unter ihnen Ignacy Paderewski und Arthur Rubinstein, „Wie alle neuen Städte hat Berlin keine Erinnerung. Keine Kirche, kein Schloß, keine Straße kann auf eine Tradition zurückblicken.“ (Włodzimierz Budyzński, poln Schriftsteller, 1850) Berlin als Studienziel Auch das Universitätsleben in Berlin wurde von vielen polnischen Studenten „Das erste Viertel des 20. Jahrhunderts wird schwierig sein und entweder mit einem Triumph der Zivilisation und einer Veredelung der Deutschen oder mit einer furchtbaren Entfaltung der brutalen preußischen Macht enden. Oder mit einer Katastrophe.“ (Bolesław Prus, poln Schriftsteller, 1895) geprägt. dritten Nach Teilung der Polens kamen viele Studenten aus dem preußischen Teilungsgebiet nach Berlin. Berlins Hochschule war international angesehen. Für sehr viele polnische Studenten war es aber oft ein rein pragmatischer Grund für die Auswanderung nach Berlin, da es in den Das Gelände auf dem der Reichstag gebaut westpreußischen Provinzen und dem ist, gehörte von 1834-1880 dem polnischen Raum Posen keine Hochschulen gab. Diplomaten, Autor, Kunstsammler und Mäzen Athanasius Graf von Raczynski. Sein Palais Die polnischen Studenten machten lange auf dem Reichstaggelände beherbergte eine Zeit ein Gros der in Berlin lebenden Polen Gemäldegalerie, mit Kunstwerken von überwiegend aus, wobei die meisten von ihnen die italienischen Malern, die nach seinem Tod in preußisch-deutsche Staatsangehörigkeit preußischen Besitz überging. Platz der Republik 1 11011 Berlin hatten. Viele waren in polnischen Vereinen aktiv. Bereits 1817 gab es die erste polnische Studentenorganisation in Berlin. Siedlungsgebiete der Polen grieren. Polen in fast allen Stadtvierteln zu finden Die nach Berlin zugewanderten Polen lie- Die Gebiete, in denen hauptsächlich waren, verlagerte sich ihr Siedlungsrayon ßen sich nicht alle in einem bestimmtem Arbeiter sich bis zum Jahr 1910 mehr in die Ostgebiete Teil Berlins nieder, sondern waren über vermehrt in die Peripherie der Berlins. Auch bei den Wohnverhältnissen das ganze Stadtge- Stadt. Von der Reichsgründung gab es aufgrund der Integration keine biet ver- streut. Sie be- wohnten, verlagerten 1871, wo die größeren Unterschiede. vorzugten sogar eher die Gebiete, in denen vermehrt 1815 – 1914 die deutsche Bevölkerung war, zugewandert da ihnen dadurch die über 3000 Polen zw. 2000 und 3000 Polen Integration in die Berliner Gesellschaft einfacher fiel. Sie konnten so mit der unter 1000 Polen deutschen Gesellschaft, selbst zw. 1000 und 2000 Polen nach die Berlin zugewandert war, ein Gemeinschaftsgefühl auf gleicher Basis aufbauen und sich schneller in die Berliner Gesellschaft inte- 10 Die Verteilung der polnischen Bevölkerung auf die Standesamtbezirke der Stadt Berlin 1910 Berufstruktur Bei den nach Berlin zugewanderten Polen war so gut wie jede Gesellschaftsschicht vertreten. Vom polnischen Arbeiter, über den polnischen Studenten, bis hin zum polnischen Politiker und Adeligen. Den Großteil dürften trotzdem nur die niedrigeren Schichten ausgemacht haben. Da der Großteil der Zuwanderer aus den ländlichen Ostprovinzen kam, fiel den Meisten ein beruflicher Aufstieg wegen des niedrigen Bildungsniveaus sehr schwer. In Beamtenberufen konnten Polen nur aufgrund von Ausnahmeregelungen tätig werden. Eine Vielzahl von ihnen arbeitete als Handwerker in größeren Industriebetrieben oder machten sich mit ihren eigenen kleinen Unterneh- verschiedenen Speditionsfirmen als Transportarbeiter beschäftigt und begegnen ihnen im Winter in der Armee der Obdachlosen, deren einzige Beschäftigung das Schneefegen und das reinigen der Straße ist. Sie drehen die Schwungräder von Maschinen, die „ Um 1900 wurde die Berliner Atmosphäre nicht mit Motoren angetrieben immer bedrückender für mich. Nicht etwa werden, und helfen beim Bewegen meiner polnischen Nationalität, die ich und Entladen der Schwärme von stets und überall betonte. […] Im Gegenteil, Lastkähnen, die auf der Spree mit Vergnügen stelle ich fest, daß ich während flussauf, flußab unterwegs sind. dieser mehr als sieben in Berlin verlebten Jahre Man trifft sie unter denen, die auf keinen Augenblick lang den Eindruck gehabt habe, mein Polentum sei mir Ballast oder den Straßen das Pflaster und die Hindernis. In allen Berliner Kreisen hatte ich Wasserleitungsrohre (…) verlegen, Wohlgesinnte und Freunde. Nein, es ging nicht in Fabriken mit den einfachsten darum. Die Luft in Berlin wurde für mich imArbeiten beschäftigt…“. [aus: Steinert, Oliver: „Berlin – Polnischer Bahnhof“, Hamburg 2003, S. 101.] men, vor allem in der Bekleidungsindustrie, selbstständig. Rakowski beschreibt mer beklemmender, weil die Hakatisten nach und nach immer breitere preußische Schichten beherrschten.“ (Wojciech Kossak, Erinnerungen) sehr gut die Berufsstruktur der Polen: „So finden wir in Berlin tausend Polen beim Häuserbau als Handlanger oder in „[Beschreibung einer Villa]: Der Salon war typisch deutsch eingerichtet – mit viel Anspruch und wenig Geschmack.“ (Józef Ignacy Kraszewski, poln. Schriftsteller, 1864) 11 1815 – 1914 Preußische Polenpolitik Posen lebenden Polen und denen in Ber- Preußen erkannte mit der Reichsgrün- lin. In der Provinz Posen war es leichter dung 1871 die Rechte der nationalen nationalpolnische Ziele zu verfolgen als Minderheiten nicht an. Der Status, der im Zentrum der wilhelminischen Macht, auf deutschem Reichsgebiet lebenden in Berlin. Hier schränkten Polizei, der Ost- Polen änderte sich; waren sie bis dahin markverein, sowie eine stark meinungs- preußische Untertanen, so wurden sie zu bildende Presse die Aktionsmöglichkeiten deutschen Staatsbürgern. der Polen sehr ein. Mit der Expansionspolitik des Deut- Die wohl wichtigste Ein- schen Reiches verschärfte sich auch schränkung für die in seine Polenpolitik. Da für die deutsche Berlin Expansionspolitik Nationalismus war, dass ihnen verbo- eine wichtige Rolle spielte, mussten alle ten wurde ihre Mutter- „Sprachfremdem und Rassenfremden“ sprache germanisiert werden. Das Miteinander gebrauchen. von Deutschen und Polen wurde zuse- wurde in den Schulen hends durch die einsetzende Germani- Deutsch als einzige Un- sierungspolitik aufgehoben. In den Jah- terrichtssprache ren 1885/86 kam es zu massenhaften kannt. Ausweisungen von Polen ohne deutsche zu dieser Sprachenpolitik formierten sich der Staatsbürgerschaft. Es gab, bezüglich der preußischen Maßnah- men, Unterschiede zwischen den in der Provinz 12 lebenden ermländischen Fürstbischof Ignacy Krasicki geweiht wurde, wurde von polnischen Investoren gefördert. Als Zeichen der preußischen Toleranzpolitik und dem aufgeklärten Absolutismus war zu sie besonders bei der aus Schlesien eingewanderten polnischen Minderheit sehr beliebt. Weiterhin St. Hedwigs - Kathedrale Bebelplatz 10117 Berlin (Mitte) aner- Widerstand „Man darf den Polen, die nach dem Westen gehen, keine polnisch sprechenden Geistlichen und keinen polnischen Schulunterricht zugestehen“ (Wilhelm II.) katholische Kirche in Berlin, die 1773 von dem Polen öffentlich Als Hedwigskirche 1777 Der Bau der St. Hedwigskirche, der ersten vermehrt Selbsthilfeeinrichtungen, die sich für das Erlernen der polnischen Muttersprache einsetzten. St.-Hedwigs-Kathedrale heute Die Berliner Polonia auf das polnische Leben in Berlin. Dazu Auch auf dem kulturellen Sektor sollten Durch die Zuwanderung von polnischen gehörten die polnischen Sozialisten, die die Polen von den Deutschen sepa- Arbeitern etablierte sich zusehends ein nationalkonservativen Polen und die pol- riert werden. Mit polnischen Musik- und vielfältiges nischen Nationaldemokraten. Theatervorstellungen, polnisches Vereinsleben. Die “polnische Community” Im Zuge dessen erhöhte sich auch die Zahl der von Berliner Polen im Rahmen der Vereinsarbeit herausgegebenen Anhänger der polnischen Bi- bliotheken, sowie eigenen Restaurants sollten sich die Polen nur unter „ihres Nationalkonservativen gleichen“ bewegen. Eine eigene Wirt- Zeitungen. und schlossen schaftspolitik sollte die polnischen Unter- Um 1900 gab allein in Berlin 45 polnische sich zu einer so genannten „polnischen nehmen fördern und brachte gleichsam Organisationen, kurz vor dem I. Weltkrieg Community“ polnische Berufsvereine und Genossen- waren es bereits 89. Diese Organisati- politische onen gliederten sich in gesellschaftlich- der Berliner Polonia kulturelle Vereine, religiöse Vereine, be- widerspiegelte. ruflich-wirtschaftliche Zusammenschlüsse Ziel dieser Community und politische Organisationen. Viele Polen war es, das polnische gehörten mehreren Vereinen gleichzeitig Nationalbewusstsein an. bei Nationaldemokraten den zusammen, Pogramm in Das die das „ Hab keine Angst, germanisieren werde ich mich hier nicht; ich hasse Berlin und die Deutschen in tiefster Seele; daß sie der Donner erschlage! Deutsch rede ich aber schon wie Bismarck.“ (Rosa Luxemburg, 1898) Berlin schaftsbanken, so- wie ein gewerbliches Adressenverzeichnis hervor. Auch wenn die Polonia viel vor hatte, so konnte sie keines ihrer Vorha- Ab 1889 etablierte sich in Berlin eine Eingewanderten zu ben in die Tat umsetzen. Viele der Mi- polnischsprachige den erhalten und zu fördern. Sie sprachen granten sprachen sich gegen eine Sepa- wichtigsten polnischen Berliner Zeitungen sich gegen eine Germanisierung und rierung von der deutschen Gesellschaft zählten die Gazeta Polska, später Dziennik Eingliederung der Polen in die Berliner und für ihre Eingliederung in die Berliner Berlinski und das Wochenblatt Gazeta Robotnicza. Gesellschaft aus. Polen, die sich mit Gesellschaft aus. Auch die politischen Migrationsorganisati- konnten, wurde fehlende nationale und onen hatten einen bedeutenden Einfluss politische Bildung nachgesagt. Presse. Zu diesem weiter Gedanken nicht aufrecht anfreunden 13 Anti-Polnische Gesetzgebung 1815 – 1914 dazu führte, dass sich die polnischen Abgeordneten im Reichstag für den Im Zuge der Sprachenpolitik wurden einen kleinen Beitrag erhoben. Burgfrieden aussprachen. genehmigungspflichtige Veranstaltungen Zu Beginn des Krieges befanden sich die Das Vereinsleben erfuhr einen Wandel. untersagt, sobald auf diesen polnisch Polen in einer schwierigen Situation. Als Nachdem die polnischen Organisationen gesprochen Begründung deutsche Staatsbürger wurde von ih- zu zu wenige nen erwartet, dass sie für ihr Vaterland, einen Stillstand erfahren haben, kam Polizisten der polnischen Sprache mächtig Deutschland, in den Krieg ziehen. Denje- es mit Verlauf des Krieges zunehmend seien, um solche Veranstaltungen im nigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, zur Gründung von Vereinen die sich Auge zu behalten. Um diese Forderung insbesondere Saisonarbeitern aus dem vermehrt für die vom Krieg getroffenen rechtskräftig zu machen, kam es im russischen Teilungsgebiet, wurde auf polnischen Familien einsetzten und diese April unterstützten. wurde wurde. angeführt, Als dass des Anordnung des Preußischen Kriegsmi- Gesetz nisteriums die Heimreise verwehrt. Ziel richtete sich im Rahmen der preußischen war es, diese Saisonarbeiter für die ei- Nationalitätenpolitik explizit gegen die gene landwirtschaftliche Arbeit und den polnische Minderheit. Kriegsdienst zwangszuverpflichten. Ein Jahr später kam es auch zu dem so Der Kriegsalltag der Polen Reichsgerichtsverfassungs- in Berlin unterschied sich gesetz, welches die Anwendung der nicht sehr von dem der polnischen Sprache, bei Gericht, in der Deutschen. Aus Berichten Verwaltung und in amtlichen Bekanntma- ist zu entnehmen, dass die chungen untersagte. Polen sich loyal gegenüber Um diese Gesetze zu umgehen gründeten den Deutschen verhielten die Polen Wahlvereine, die als geschlos- und sene Veranstaltung erklärt wurden und Einstellung an den Tag legten, die 1908 zur Verabschiedung Reichsvereinsgesetzes. genannten 14 Polen in Berlin zu Beginn des I. Weltkrieges Dieses eine Beginn des Ersten „ Wo ist hier Germania, die alte Wiege der Kunst, die Mitgebärerin der Gotik, die Heimat Dürers, Goethes, Heines? In Berlin gibt es sie nicht. Seit der Zeit der preußischen Hegemonie, seit 1871, ist die Seele des wahren Deutschland immer mehr aus der Art geschlagen.“ (Józef Weyssenhof, Roman Hetmani, 1911) anti-russische Weltkrieges Zwischenkriegszeit Nach dem Krieg kam es zu ersten Annähe- gab. Ebenso gab es eine Vielzahl von Einige Polen beteiligten sich am Sport- und Frauenvereinen. Widerstand gegen das Dritte Reich. rungen zwischen Polen und Deutschland Sie schlossen sich zu hauptsächlich im in Form von diploma- “Zwei grundlegende Veränderungen sind [in Berlin] zu sehen: ein Meer von Uniformen und keine AusIm Jahre 1920 wurde in länder” Untergrund arbeitenden Organisationen tischen zusammen, sandtschaft gegründet, hier als Standort für die polnischen Beziehungen. Berlin die Polnische Ge- fungieren sollte. 1934 erhielt die Ge- gute Verbindungen nach Warschau unterhielten und von dort aus gelenkt wurden. Berlin kann (Antoni Sobanski, poln. Journalist, 1934) die als offizielle diplomatische Botschaft die Polnisches Leben in Berlin 1933-1945 Informationsdienste der Heimatarmee (Armina Krajowa) gesehen werden. Diese Am 17. August 1939 kam es zur Ent- stellte den Informationskanal für die (Kurfürstenstr. 136/137, Ecke Mackenstr. eignung der Zentrale des Bundes der Exilregierung in London dar. Angehörige 2-4). Polen (Związku Polaków) und am 3. der Widerstandsgruppe Sphinx waren an In der Zwischenkriegszeit war eher eine September 1939, im Zuge der Gleich- der Aktion gegen das Zeughaus am 12. aggressive Polenpolitik alltäglich. Auch stellungspolitik der Na- nach der Machtergreifung Hitlers änderte tionalsozialisten, sich das in Deutschland traditionell Verbot schlechte Polenbild nicht. In der Zeit bis Organisationen und In- zum Zweiten Weltkrieg waren die Polen stitutionen, meist in landwirtschaftlicher Saisonarbeit Schließung der polnischen tätig. polnischen Botschaft, der Enteignung Bevölkerung Berlins organisierte sich des Grundstückes und der zu dieser Zeit in Vereinen von denen Botschaftsgebäude. Erst im Jahre 1997 es 1922 20 Verbände von Kaufleuten, wurde das Grundstück an den polnischen Handwerkern Staat zurückgegeben. Ein Großteil und der Gewerbebetrieben aller zum polnischen sowie der “Die und 13. Oktober 1943 Be-völkerung Berlins benahm beteiligt. sich ruhig. Es gab keine antipolnischen Demonstrationen. Ich war sogar überrascht, daß die Kriegsbegeisterung, wie ich sie 1914 beobachtet hatte, völlig ausblieb.” [Nach Kriegsausbruch] 1918 – 1989 sandtschaft den Status einer Botschaft. (Antoni Szymanski, Militärattaché, 1939) 15 Polnische Zwangsarbeiter in Berlin Reinickendorf beschäftigt. Die arbeiter untergebracht waren, waren in Auch in der Zeit des Zweiten Weltkrieges ersten Zwangsarbeiter, die man 1941 der Prenzlauer Allee, am Alexanderplatz waren Spuren polnischen Lebens in Ber- in diesem Lager untergebracht und an der Jannowitzbrücke. lin zu finden, dabei bildeten die Zwangs- waren Bewohner aus dem polnischen Die Zwangsarbeiter waren im Berliner arbeiter die größte Gruppe. Insgesamt Poznań. Nach Aussage der polnischen Stadtbild alltäglich, genauso wie in waren in Berlin ca. 400 000 Zwangsarbeiter wurden die den Zwangsarbeiter aus 20 Na- französischen AEG, Daimler-Benz und BMW sind nur tionen beschäftigt. Unterge- besten behandelt, die so- einige bracht wurden sie in ungefähr wjetischen, bis zur Ankunft beschäftigten. 1000 Zwangsarbeiterlagern in der italienischen Arbeiter, am Durch die Polenerlasse von 1940 wurde der gesamten Stadt. In der In- schlechtesten. die rechtliche und soziale Stellung von nenstadt handelte es sich um Unter den Polen ließen sich polnischen Saallager, ehemalige Festsäle, alle gesellschaftlichen Schich- begrenzt; sie mussten sich Ausflugslokale oder andere ten finden. Nach den 1941 durch Hallen, die zur Verfügung standen. In den äußeren Stadtteilen wurden meist 16 hatte, Werksausweis von Emilia Bałuta, Zwangsarbeiterin bei der Batteriefabrik Pertrix in Berlin-Niederschöneweide am Berliner Betrieben. Betriebe, ein die Zwangsarbeiter Arbeitskräften „P“ Siemens, kenntlich P aus Poznań stammenden machen. In Berlin beschloss man die Zwangsarbeitern Arbeit der Polen nach Absprache mit der folgten Anfang 1943 Gefangene große Barackenlager errichtet, wie zum aus der Region Zamość Beispiel das Zwangsarbeiterlager in Ber- und 1944 aus Warschau. lin Schönholz oder auch Luna Lager ge- An nannt, welches 1940 auf dem Gebiet des Gefangenen kann man ehemaligen Vergnügungsparkes „Traum- die NS Besatzungs- und land“ erbaut wurde. Bevölkerungspolitik Die hier untergebrachten Zwangsarbeiter lesen. Weitere Lager in waren in Waffen- und Munitionsfabriken denen polnische Zwangs- der Arbeiter Herkunft der ab- Gestapo zu ermöglichen. Eine weitere Diskriminie- Das Zwangarbeiterlager Schöne- rung der polnischen Ar- weide kann noch heute in der beiter war die 1940 durch Britzer Straße 1-5 im Bezirk die Treptow-Köpenick besichitgte werden. Es ist das letzten vollständig Reichsfinanzverwal- tung erhobene „Sozial- erhaltenen Zwangsarbeiterlager ausgleichabgabe“. Diese in Berlin. Steuer betraf neben den polnischen, auch die jü- dischen und die so genannten Ostarbei- Die polnische Armee in Berlin ung des Konzentrationslager Oranien- ter. Sie betrug 15% des Einkommens. Mit Gegen Ende des Krieges zog die pol- burg/Sachsenhausen. der Steuer sollte ein angemessener Aus- nische neben der sowjetischen Armee In Spandau, wo es zu starken Auseinan- gleich dafür geschaffen werden, dass di- gegen Berlin, um die Stadt zu erobern. dersetzungen mit deutschen Truppen ese Gruppe keine Beiträge und Spenden, Bei der polnischen Armee handelte es kam, hielten die polnische und die sowje- wie die deutschen Arbeiter, sich dabei um die dritt größte Armee, tische Armee die Stellung. nach der sowjetischen, amerikanischen Auf und britischen. versammelte sich die polnische Armee Sie umfasste zwei Divisionen, eine unter in General Stanisław Popławski und eine Infanteriedivision andere unter Karol Swierczewski; sowie Sowjetunion den Endkampf um Berlin die I. Kosciuszko-Division. Die Armee von führen sollte. Tadeusz Kosciuzko hatte im Schloss Char- Hier sollten die Reichskanzlei, der Füh- lottenburg Quartier bezogen. Insgesamt rerbunker, das Reichtagsgebäude, der nahmen an der Umzingelung Berlins ca. Bahnhof Tiergarten und die Technische 18 000 polnische Soldaten teil. Universität erobert werden. Nachdem die Die erste polnische Armee war nordöst- polnische Armee den Auftrag bekam Ber- lich von Berlin stationiert und die zweite lin-Mitte mit drei sowjetischen Panzerbri- im Raum Dresden/Bautzen. Am 24. April gaden zu erobern, drang man aus Rich- 1945 stand die polnische Armee bei der tung Siemensstadt, Wedding, Moabit und Umzingelung Berlins bei Henningsdorf, Charlottenburg nach Mitte vor. Am Karl Birkenwerder, sowie Oranienburg und August Platz wurde der erste polnische vereitelte dort Durchbruchversuche der Soldatenfriedhof errichtet. deutschen Armee. Weiterhin beteiligte Am Morgen des 2. Mai 1945 wurde der sich die polnische Armee bei der Befrei- Befehl zur Einstellung der Kämpfe gege- entrichten musste. Reinickendorf, der wo Sowjetunion die polnische an der Seite der 1918 – 1989 Zwangsarbeiterlager Schöneweide heute Anweisung 17 ben. Die polnischen Soldaten hissten da- dem „Grunwald Kreuz“ und dem „Virtu- raufhin die polnische Flagge auf der Siegessäule. Bereits am 30. April 1945 hatten ti Militari“, sowie mit dem sowjetischen „Rotbanner“ und dem „Kutusow Orden“ sowjetische Truppen auf dem Reichstags- ausgezeichnet. gebäude die sowjetische Flagge gehisst. Am 2. April wurden dann, als Zeichen der Waffenbrüderschaft der beiden Armeen, die sowjetische und polnische Flagge zwischen den Pferdeköpfen der Quadira auf dem Brandenburger Tor gehisst. Die polnische Armee hatte nach eigenen Berichten ca. 36 Straßenblocks und 4 Bahnhöfe eingenommen, festigte die Stellung an der Technischen Hochschule und baute 7 Fabriken zu Stützpunkten um. Des Weiteren eroberte sie diverse Panzer und Waffen. Insgesamt sind in der Schlacht um Berlin 100 polnische Soldaten ums Leben gekommen, die, wie weitere 5366 gefallene polnische Soldaten, auf dem Soldatenfriedhöfen in Siekierki und Zgorzelec an der Oder begraben liegen. Die siegreichen polnischen Divisionen wurden mit dem höchsten polnischen Kampforden 18 Migration in der Nachkriegszeit in Deutschland zu bleiben. Die ersten Steglitz, Tempelhof, Spandau, Wilmers- polnischen Organisationen nach dem dorf, Reinickendorf und Wedding. Dies Im Wesentlichen lassen sich die pol- Krieg entstanden erst in den 60er Jahren. ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, nischen Migrationsbewegungen in 2 Pha- Bis Ende der 70er Jahre war die Zahl der dass in den 80er Jahren die polnische sen einteilen. Die erste Phase umfasste polnischen Migranten relativ gering. Bevölkerung wenig Kontakte zu anderen ca. 4 Millionen Polen, die während des Die zweite Phase der Emigration umfasst polnischen Bürgern hatte. In den pol- Zweiten Weltkrieges nach Deutschland den deportiert worden waren. Unter ihnen 1980 und 1990, in befanden sich, neben Zwangsarbeitern, dem der Großteil der auch Kriegsgefangene und Deportierte, Polen nach Deutsch- die am Warschauer Aufstand teilgenom- land kam. Als Aus- men haben. Weiterhin befanden sich löser kann hier die unter ihnen polnische Wehrmachtsange- Verhängung hörige und Flüchtlinge aus dem kommu- Kriegsrechts in Polen nistischen Polen. gesehen werden. Zunächst bestand kein Interesse dauerhaft Der größte Teil der zu migrieren, jedoch bot die Etablierung polnischen Bevölke- des kommunistischen Systems Anreize rung wurde von den „[...]Waren wurden also in den Decken des Abteils, in den Zugbänken, Abfallkörben und in den Toilettenbecken versteckt. Manchmal passierte es, daß ein zufällig in den Zug geratener Tourist in Unwissenheit auf die Salami, die im Klobecken versteckt war, urinierte.“ Berlinern in dieser Zeitraum von Zeit kaum wahrgenommen. Die nischen Familien wurden stark die eigenen Interessen oder die der engeren Angehörigen, mit dem Ziel sich schnell und unauffällig in die Berliner Gesellschaft zu integrieren, verfolgt. 1918 – 1989 des Der so genannte Schmugglerzug Warschau-Berlin-Warschau fuhr ab Berlin Ostbahnhof, später ab Berlin Lichtenberg. Es handelte sich hierbei um den letzten Zug der Berlin verlies, dieser war immer überfüllt. In diesem Zug saßen meist polnische Vertragsarbeiter, die in der DDR wohnten und übers Wochenende nach Hause fuhren. Die Schmuggler in dem Zug verkauften ihre deutschen Waren teuer in Polen, um mit dem erwirtschafteten Geld polnische Waren zu kaufen und diese dann ebenfalls überteuert in Ostberlin, an andere Gastarbeiter oder afrikanische Studenten zu verkaufen. Diejenigen, die aus politischen Gründen Polen verlassen hatten, gründeten ver- pol- schiedene, der Solidariność-Bewegung nischen Migranten unterschieden sich in nahe stehende Organisationen. soweit von den anderen Migrantengrup- Ende der 80er Jahre waren die Polen pen, da sie nicht geballt in einem Bezirk als Händler auf den Polenmarkt, als lebten, sondern meist in unterschied- Saisonarbeiter, lichen Bezirken sesshaft wurden, wie Putzfrauen und Pendelmigranten in der Kontingentflüchtlinge, 19 20 Berliner Schattenwirtschaft zu finden. Die ich sei ein Kaufhausdieb oder Schieber.“ Wachstum der polnischen Medien und Zahl dieser Migranten stieg nach dem Fall Bei einer Umfrage eines polnischen polnischer Radiosendungen ist zu ver- der Mauer stark an. Meinungsforschungsinstituts, welche in merken. Ebenso ist es der polnischen Barbara John, ehemalige Ausländerbeauf- Deutschland tragte des Senats, sprach in einem Inter- wurde, erreichten die Polen view davon, dass man in den 80er Jahren auf große Vorbehalte gegen die Polen hatte. den vorletzten Platz vor den In dieser Zeit kamen zwischen 10 000 und Russen. Polen empfanden 15 000 Polen nach Berlin, was für man- wiederum die Deutschen che einer Invasion gleich kam. Man war als arrogant. zunächst mit dieser großen Zahl von Mi- Mitte der 90er Jahre wurden granten überfordert, wollte sie aber auch 30 000 polnische Staats- nicht direkt wieder zurückschicken. bürger in Berlin gezählt, Das Polenbild dieser Zeit war stark durch geschätzt wurden jedoch Stereotype geprägt, oft wurde der Begriff 100 000. der „polnischen Wirtschaft“ genannt. Un- Mittlerweile ter diesem Begriff lässt sich Chaos, Leicht- Polen im Stadtbild Berlins sinn und Verschwendung, sowie Unsau- immer sichtbarer. Sie or- berkeit und Rückständigkeit verstehen. ganisieren polnische Kul- Des Weiteren galten Polen als Händler, turveranstaltungen für ihre Schmuggler und Schieber. Diese Wahr- „community“ nehmung führte dazu, dass ein aus Polen öfter findet man polnische stammender Student sagte: „Im Museum Betriebe, Arztpraxen, Reisebüros, Versi- zweitgrößte Minderheit in der Stadt dar. rede ich laut, in der U-Bahn dagegen im Flüsterton, damit die Leute nicht denken, cherungsagenturen, die mit dem Spruch 1997 waren es 3544 und 1988 16179 „Mówimy po Polsku“ werben. Auch ein polnische Bürger. der durchgeführt Beliebtheitsskala werden und die immer Die Polen tragen keine Kopftücher und sind auch an der Hautfarbe nicht zu erkennen. Sie bauen keine eigenen Gotteshäuser. Sie demonstrieren nicht, sie organisieren sich nicht, jedenfalls nicht in sichtbarer Form. Sie wohnen auch nicht geballt in bestimmten Stadtvierteln. Die kommunalen Ausländervertretungen überlassen sie den Türken, Serben und Griechen. Fast könnte man meinen, es gebe sie gar nicht, so wenig fallen sie auf. Sie wollen auch gar nicht auffallen. Kaum eine Ausländergruppe hat sich so geräuschlos integriert wie die Polen.“ Artikel der FAZ, 6.5.1998 Bevölkerung polnisches möglich Fernsehen via Satellit zu empfangen und auch polnische Zeitschriften großen sind in Pressehand- lungen der Stadt zu finden. Die Polen werden heute nicht mehr so negativ gesehen, man kann aber auch nicht von einer generellen Polenfreundlichkeit ausgehen, es besteht eher ein Gleichgewicht. Im Jahre 2002 wurden 28 000 polnische Einwohner in Berlin registriert und stellten somit die Polen in Ostberlin Auch im Ostteil der Stadt gab es polnische Migranten, bei denen es sich meist um polnische Vertragsarbeiter handelte, um den dort vorherrschenden Arbeitskräftemangel entgegen zu wirken. Diese Vertragsarbeiter hatten einige Vorteile aus ihrer Arbeit in Ostdeutschland. Ihr Lohn wurde in fremder Währung ausgezahlt und durch den Schmuggel und Verkauf 1918 – 1989 von Waren in Polen konnten sie ihren Verdienst weiter verbessern, so dass die eigentliche Arbeit irgendwann nur noch zweitrangig war. Auch hier fand das polnische Leben sehr abgeschlossen statt, da die polnischen Arbeiter in Sammelunterkünften untergebracht wurden. Eine in der Berliner Straße befindliche Das ehem. Botschaftsgebäude heute Mission wurde 1953 in den Rang einer Botschaft erhoben. Später (1960) wurde ein neues Botschaftsgebäude errichtet, welches nun leer steht. (Unter den Linden 72/73) 21 Denkmäler und andere Erinnerungssorte Weiter wird auf die „Taten der deutschen und Arnd Wittig, sowie Günther Merkel verweisen. Soldaten und den deut- Der erste polnische Sol- schen datenfriedhof befand sich 1971/72 errichtet und am großen Stern, neben bezieht sich auf den Antifaschisten, die bei der Verteidigung der höchsten moralischen Werte ihres Volkes gemeinsam mit dem sowjetischen und polnischen Genossen den Kampf gegen den Hilterfaschistischen Terror führten und damit während der faschistischen Diktatur die Version der künftigen sozialistischen Deutschen Republik schufen“, verwiesen . der Siegessäule. gemeinsamen Kampf 1995 wurde die Inschrift erweitert durch und aus der DDR ein Denkmal geplant. Das der Denkmal befindet sich Ecke Virchowstr/ näheren Umgebung, die auf polnisches Am Friedrichshain. Es wurde zum Geden- Es gibt einige Erinnerungssorte Leben Denkmäler in in Berlin und ken an den polnischen Berlin Antifaschisten interes- gegen den National- eine Inschrift, die auch an die anderen santes Denkmal befindet sozialismus. Auf einer Widerstandskämpfer des Zweiten Welt- sich in Hohen Neuendorf. Wand befindet sich in krieges erinnert. Es handelt sich hierbei polnischer und deut- Heute wird das Denkmal von polnischen, um das „Denkmal des scher Sprache die In- deutschen und Delegationen anderer Län- polnischen Soldaten“, schrift: „Für eure und der genutzt, die den Widerstandskämp- welches am 11. Oktober unsere Freiheit“. Auf fern des Zweiten Weltkrieges gedenken 1978 enthüllt wurde. Es einer Gedenktafel wird wollen. Ein anderes wurde errichtet zum Ge- Denkmal im Volkspark Friedrichshain denken an 11 Infanteristen der 1. Armee, die der Wehrmacht den Zugang nach Berlin versperrten. Im Volkspark Friedrichshain wurde in einem Gemeinschaftsprojekt von Sofia 22 Wolska und Tadeusz Ladziena aus Polen auf den „bewaffneten Kampf der polnischen Volksarmee und ihren Beitrag für die Befreiung der Völker Europas vom Faschismus“ verwiesen. Denkmal im Volkspark Friedrichshain Im Konzentrationslager (KZ) Sachsen- begraben sind. hausen befindet sich eine Gedenktafel - an der Kieferholzstrasse für 33 polnische Häftlinge, die dort ge- 221/222 fanden 145 Zwangsarbeiter und meinsam erschossen wurden und zu den 373 Häftlinge aus Sachsenhausen ihrer ersten ermordeten Polen zählten. Im KZ letzte Ruhestätte. Sachsenhausen waren 30 000 Polen inhaftiert, davon viele die Widerstand geleistet hatten. Es gibt 18 weitere Erinnerungsorte in 1918 – 1989 Berlin, die sich meist auf kommunalen Friedhöfen oder Grabfeldern befin- den, auf denen oft Zwangsarbeiter begraben liegen, z.B.: - die Grabstätte am Wiesenburgweg in Gedenktafel im KZ Sachsenhausen Marzahn, bei der es sich um Gräber von Zwangsarbeitern handelt, unter ihnen 83 Polen. - auf dem Bucher Friedhof XII, an der Schwanebecker Chausse in Pankow, auf dem 102 polnische Zwangsarbeiter 23 Der Polenmarkt zweiten Phase, die bis September 1989 aufgrund von Der Polenmarkt befand sich in der Nähe dauerte, verlagerte sich der Markt auf politischen und des Krempelmarktes, einem Flohmarkt den Matthäikirchplatz, direkt neben die ökonomischen am Reichpietschu- Nationalgalerie. Der Markt Gründen auf. fer (Tiergarten), brach zunächst alle Besu- Ein Merkmal unweit des Pots- cherrekorde und fand nicht des Marktes damer Platzes, mehr nur am Wochenen- war, das sich gegenüber der de, sondern auch unter der auf Staatsbibliothek, Woche statt. Es regte sich keine unterhalb der Neu- Unmut am neuen Standort. Stände befan- en Der Polenmarkt entwickelte den, womit der sich mehr und mehr zu ei- illegale ner Touristenattraktion und del erleichtert National Ga- lerie. Er lässt sich im 24 Wesentlichen Polenmarkt am Matthäikirchplatz, 1989, im Hintergrund die Berliner Philharmonie diesem festen Han- Polenmarkt am Reichpietschufer 1989 in drei Phasen einteilen. Die erste Phase der Senat versuchte einen alternativen wurde. Gehandelt wurde auf dem Polen- fällt in den Zeitraum von Januar 1989 bis Platz für den Markt zu finden. Er war zu markt mit allem, was sich verkaufen lies. Juni 1989, in der Öffentlichkeit wurde die diesem Zeitpunkt zwar illegal und verbo- Gründe für die polnischen Händler ihre Entstehung und Ausbreitung des Marktes ten, wurde jedoch später als „geduldet“ Waren auf dem Markt zu Verkaufen wa- beobachtet. Es kam zu einem Verbot des erklärt. Die dritte Phase fügt sich in den ren zum einen Devisen für zu Hause und Marktes, das durch eine Einzäunung des Zeitraum von September 1989 bis zum zum anderen wurden mit dem erwirt- Geländes auf dem der Markte stattfand, Frühjahr durchgesetzt werden sollte. Jedoch ver- Letztendlich lagerte sich der Polenmarkt zunächst um de der Polenmarkt verkauft den Zaun herum. Weiterhin kam es zu nicht waren besonders Lebens- ordnungspolitischen Maßnahmen, Kon- Senat trollen, Verboten und Strafen. In der sondern löste sich durch 1990. schafteten Geld Westwaren wur- gekauft, die in Polen wieder den verboten, wurden. mittel gefragt. Matthäikirchplatz heute Hierbei 1918 – 1989 Flugblatt der TAZ, 4.3.1989 25 Das Zentrum für Historische Forschung Auf der Homepage des Zentrums für Hi- Am 11. Oktober 2006 wurde das Zentrum Veranstaltungen entnehmen und auch für Historische Forschung der polnischen Informationen zu anderen wissenschaft- Akademie der Wissenschaften in Berlin lichen Veranstaltungen erhalten. Zur Zeit gegründet. arbeitet das Zentrum selbst an zwei grö- Als erste wissenschaftliche Polnischen ausländische Einrichtung Akademie storische Forschung kann man aktuelle der der Wissen- „Polnische Berlin“ zum Thema haben: schaften befasst sich das Zentrum mit - „Wir Berliner!“ Polen im Leben der historischen und aktuellen Fragen der multikulturellen Metropole an der Spree deutsch-polnischen vom 18. bis 21. Jahrhundert (2006-2009); Beziehungen im europäischen Kontext und trägt damit und dazu bei, die Kontakte zwischen beiden - Polnisch-deutsche Gedächtnisorte (2006 Staaten zu intensivieren. Die regelmäßig - 2010). stattfindenden Kolloquien, und Seminare zu und nicht historischen nur ermöglichen einen Vorträge unterschiedlichen Einblick Themen in die Arbeit des Zentrums und die deutschpolnische Wissenschaftslandschaft. Prof. Robert Traba, Direktor der Zentrums für Historische Forschung, sagt selbst: „Wir wollen zu einer wichtigen Adresse der deutschen Wissenschaftslandschaft werden“. 26 ßeren, langfristigen Projekten, die u.a. das Kontakt: Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften Majakowskiring 47 13156 Berlin Tel. +49-30-486 285 40 e-mail: [email protected] Homepage: www.cbh.pan.pl/de/ 27 Inhalt Polnische Kultur in Berlin 28 Polnische Orte 30 Der Club der polnischen Versager 30 Polnisches Institut Berlin 32 Das polnische Haus & Kurier Polonica 34 Galerien 35 Galerie Miejsce - der Ort 35 Pigasus Gallery 37 Galerie Zero 38 ŻAK Gallery 39 Literatur & Medien 40 Dialog - Das Deutsch-Polnische Magazin 40 Polen Plus 41 WIR – Deutsch-Polnischer Kulturverein 42 RBB Multikulti - Polnische Redaktion 42 Theater 44 Reduta Berlin- Schauspielschule für Theater und Film 44 Teatr Studio am Salzufer deutsch-polnische Studiobühne in Berlin 45 Weitere polnische Institutionen und Orte 46 Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin 46 Polmost 47 Polnischer Buchladen am Südstern 48 Polnische Kultur in Berlin Als wir am Anfang der Projektarbeit unser sich uns die Frage aufgedrängt, was denn zukunftsorientiert. „Polnisch“ kann für Vorhaben präsentiert haben, hörten wir nun „typisch polnisch“ sei. Wir haben die sie vieles bedeuten; es ist ihre Herkunft, oftmals: „Polnisches Leben? Polnische Vertreter der kulturellen Institutionen stets die jedoch weder bestritten noch betont Kultur in Berlin? Davon gibt es doch kaum mit dieser Frage konfrontiert. Überwiegend wird. Nichtsdestoweniger zeigen sich etwas! Vielleicht ein paar Geschäfte, und zeigten unsere Gesprächspartner keine auch in dieser Generation die „polnischen das Polnische Institut…ach und der Klub Nostalgie, Migrationshintergrund Spuren“, hier eine kulturelle Anspielung, der Polnischen Versager, aber mehr nicht“ sei gerade in einer Stadt wie Berlin dort ein polnischer Titel oder es wird – tatsächlich, Polen in Berlin sind gut Normalität. Dieses Kapitel wird sich daher polnisches Bier verkauft… versteckt - um so spannender war unsere nicht Unsere Erkundungen widersprechen den persönliche Entdeckungsreise durch das auseinandersetzten. Die Besonderheit der vielleicht polnische Leben in Berlin. Polnisches Polonia ist vielmehr, dass polnische Kultur Autodieben, (Kultur-) vielfältig, - wie auch die polnischen Bewohner - seit und durch ihr prägen langem in das Hauptstadtleben integriert gebrochenes Deutsch auffallen. Wir mit zahlreichen Galerien, Zeitschriften, ist. Dennoch werden die polnischen hoffen unserem Kapitel über Theatern und kulturellen Veranstaltungen Wurzeln gepflegt, wenn auch auf sehr polnische die Szene. Diese Angebote werden nicht unterschiedliche Art und Weise. Die ältere und Berührungsängste abzubauen. Wir nur von den Polen in Berlin genutzt, die Generation, der politischen Flüchtlinge vor wollten diesem kulturellen Spannungsfeld auch als Polonia bekannt sind. Oftmals dem Fall der Mauer, unterstreichen meist der nehmen auch Berliner mit deutscher die Geschichte und Kultur ihres Landes. auf den Grund gehen und laden Sie Staatsbürgerschaft teil, ohne zu Be- Die durchmischt auf eine eigene Entdeckungsreise ein. ginn den polnischen Hintergrund der von Migranten der zweiten Generation Hoffentlich bietet der Reiseführer hierbei Veranstaltung wahrzunehmen. Hier hatte und Unterstützung. Leben interessante ist sehr Persönlichkeiten mit spätere der einer „Parallelgesellschaft“ Generation, Neuankömmlingen, sind eher gängigeren Vorurteilen Fliesenlegern Pflegepersonal, mit Kultur Generationen die mögliche und von Reinigungs- Vorurteile Nationalitäten 29 Club der polnischen Versager Ackerstraße 170 Berlin-Mitte Polnische Orte Der Club der polnischen Versager 30 Weitere Informationen unter: www.polnischeversager.de Es ist nicht einfach über die Versager zu schreiben, die Einmaligkeit des Ortes in Worte zu fassen. Wer sie verstehen und kennenlernen möchte, muss sie einmal beweisen das Gegenteil; anders, einfach, unkompliziert, unbürokratisch, spontan, freiwillig, vielfältig und offen für alle die mitmachen wollen. Der Club erinnert an Plätzchen für sich selbst zu schaffen. erlebt haben. Wir haben uns lange überlegt, wie die Versager sind, wie kann man sie kurz Beschreiben ohne dabei den Charakter des Ortes und der Menschen, die den Club ausmachen, zu verlieren? Hier die Ergebnisse: Sie sind ironisch – obwohl Ironie schwach im polnischen Bewusstsein verwurzelt ist – die Versager eine Art Stammtisch, der eine dauerhafte Form eingenommen hat. Hier treffen sich Freunde und Fremde, es herrscht die Atmosphäre eines gemütlichen Wohnzimmers, das für alle offen ist... Publikum Dieser Ort ist innerhalb von sechs Jahren Für vermeintliche Versager nicht gerade zu einem Klassiker geworden, obwohl ein leicht umzusetzender Plan, auch wenn die Intention eher war, ein gemütliches sich hier ein kleiner Übersetzungsfehler Ganz nebenbei ist der Club einer der wichtigsten „polnischen“ Orte geworden, egal ob man die Polonia oder das deutsche fragt. Die sechs Gründer und immer wechselnde Weggefährten sprechen eher von einem internationalen Treffpunkt mit dem selbstdefinierten Ziel: „Kampf um ein besseres Deutschland“. eingeschlichen hat: Der polnische September 2007 findet man den Club Nieudacznik gibt sich immer wieder wieder in der Ackerstrasse 170. die größte Mühe, scheitert dann aber Wir – und das liegt meist an widrigen begeistert Umständen! Aber auch der polnische Der Club der polnischen Versager - das Begriff will nicht so recht zu diesem absolute Ort passen, mit dem sich alle anderen des polnischen Lebens in Berlin! Institutionen schmücken wollen, waren von und „Muss“ sind für die auch nur annähernd im osteuropäischen ihrem Humor gespannt! alle Entdecker Polnisch sein in Berlin: „Jemanden zu fragen wie es ist ein Pole in Berlin zu sein, ist als ob man einen Marzahner oder Wilmersdorfer fragen würde, wie es ist in Mitte zu sein…Wie ist es, Mensch zu sein? Die Frage wird mit der Zeit zunehmend unpassend, da Nationalität immer weniger eine Rolle spielt.“ Joanna Bednarska Kontext stehen. Jeder kennt sie und Das Kleine Manifest: sie kennen zwangsläufig jeden, da alle Unsergleichen gibt es nicht viele in der Stadt. Ein paar nur, vielleicht einige zehn. Der Rest, das sind Menschen des Erfolgs, kühle und kaltblütige Spezialisten – was immer sie auch tun, das tun sie bestens. Wir - die Schwachen, weniger Begabten, können kaum etwas erwirken; die Milch versuchen wir in der Apotheke zu kaufen und bei der Friseuse ein halbes Kilo Käse. Autos hupen uns an, wir stolpern auf dem geraden Wege, immer wieder treten wir in die Hundescheisse, bloß es will und will uns kein Glück bringen. Wir lassen den Terror der Vollkommenheit jener Anderen über uns ergehen. Ihre Gegenwart schüchtert uns ein. Denen ist es nur recht so, denn sie leben in der Angst, das Schaffensmonopol, das sie für sich reklamieren, zu verlieren. Wir sind geneigt, ihren Vorrang anzuerkennen, dennoch wollen wir Schöpfer bleiben, und zwar nach unseren Möglichkeiten, auf einem niedrigeren Niveau. “Demiurg verehrte die ausgesuchte, vollkommene und komplizierte Materie, wir bevorzugen den Schund” Institutionen ihre Künstlerisch ist Nähe bei suchen. den Versagern alles erlaubt und begrüßt: Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Filmfestivals, Partys mit DJs und VJs, Kabarett und viele Themenabende. Meist treten die Künstler an den Club heran und wenn er oder sie sympathisch und interessant ist, hat er gute Chancen auf die Bühne zu dürfen. Den gemütlichen Raum in der Torstraße 66 haben die Versager im Mai 2007 aufgegeben. Wie brauchten endlich sie einen sie nach selber sagen sechs Jahren Tapetenwechsel. Ab 31 Polnisches Institut Berlin Das Polnische Institut besteht seit den 1950er Jahren in Berlin und hat damit eine lange Tradition deutschpolnischer Nachbarschaftspolitik, auch wenn sich rechtliche Grundlagen, der Name der Einrichtung und die historische Wirklichkeit gewandelt haben. Nach dem „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991“ sind Einrichtung und Tätigkeit gegenseitiger Kulturinstitute festgelegt. Das deutsche Äquivalent von Polnischen Instituten sind die GoetheInstitute in ihrer heutigen Funktion. Hauptsächlich soll polnische Kunst und Kultur in Deutschland direkt gefördert und präsentiert werden. Polnisch sein in Berlin: “Fällt mir schwer, habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Das Problem ist, ich habe nie in Kategorien „Polnisch“ oder „Deutsch“ gedacht! Das spielt für mich keine Rolle”. Marcin Zastrożny Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 32 Unter den Kunstbegriff fallen die Bildenden Foyer Künste, Musik, Theater, Film und Literatur, hauseigene die nicht nur klassisch oder bekannt zugänglich. Die Mitarbeiter begrüßen Sie sein freundlich auf Deutsch oder Polnisch. muss. Insbesondere die neue, als Galerie genutzt Bibliothek ist und die öffentlich energiegeladene Moderne Kunst wird im internationalen Zusammenhang gezeigt. Über den Newsletter Die eigentliche Zielgruppe ist deutsch, Internetpräsenz sie soll polnische Kultur auf den Bühnen entsprechend Berlins kennenlernen. Daher versucht das abgerufen werden, es ist wirklich alles an Institut hauptsächlich, die Kunst in der Kultur vertreten: Ausstellungen, Filme, gesamten Stadt unterzubringen und nicht Literatur, nur im eigenen Haus zu präsentieren. Musik und vieles mehr! kann der Theater, das eigenen oder die Polnisches Institut Berlin Burgstrasse 27 10178 Berlin Telefon: 0 30 / 24 75 81-0 E-Mail: [email protected] www.polnischeklutur.de Newsletter abonnieren: [email protected] Programm Vorlieben Diskussionsabende, Mit dieser Methode wird auch dem nicht genuin am „Polnischen“ interessiertem Publikum die qualitativ hochwertige Kunst nähergebracht. Dennoch lohnt sich der Besuch des Instituts am Hackeschen Markt, oftmals wird das lichtdurchflutete 33 Polnisch sein in Berlin: Das polnische Haus & Kurier Polonica 34 „...bedeutet Vielfältigkeit in die Kultur der Stadt mitzubringen”. Aleksandra Proscewicz Das polnische Haus hat mit Aleksandra Vorträge zu „Regionaler Politik“ waren Proscewicz eine hingebungsvolle Orga- Kultur bereits nisatorin, die sich bereits seit zehn Jahren Fortgeschrittene enthalten. Neben Kooperation mit der für das polnische Leben in Berlin engagiert. Treffpunkt polnischen Minderheit, will Frau Proscewicz Dom Polski verbindet den Kulturverein jedoch nicht entgehen lassen. Allein das auch anderen Nationen miteinbeziehen. Polonica e.V. mit dem Verlag Kurier Polonica. Ambiente ist stereotypisch „polnischer“ als Vorrangig ist das Haus jedoch für die Im Rahmen des Kulturvereins trifft sich mancherorts in Polen selbst: nostalgisches ältere Generation der polnischen Berliner die Berliner Polonia für Veranstaltungen Mobiliar Anlaufstelle, polnische Senioren- und wie Ausstellungen, Konzerte, Theater herzliche Gastfreundschaft stimmt die Tanzabende sind einmalig in Berlin. oder denen Gäste auf altbekannte Künstler ein. Auch der Kurier Polonica ist vornehmlich vornehmlich - aber nicht ausschließlich Frau Proscewicz pflegt ihr Haus und für ein polnisches Publikum konzipiert, - polnische Künstler eingeladen werden. den Kurier liebevoll bis mütterlich und die als erste polnische Zeitschrift in Berlin Das polnische Haus ist nicht nur für hatte uns bei unserem Besuch sofort Inforationsaustausch über das Leben der Kultur offen, auch wirtschaftliche und hausgemachte Pierogi angeboten. Polonia in Berlin bietet. naturwissenschaftliche Veranstaltungen Aufgrund der hauptsächlich „polnischen“ finden hier ihren Platz: eine Nacht der Ausrichtung des Dom Polski, ist es Wissenschaften, für auch Vorträge, zu Konferenzen oder im Anfänger Veranstaltungsprogramm in Sachen polnischer vorerst nicht der in den zu sollten empfehlen. sich traditionellen den Polonia Nationalfarben und Das polnische Haus Potsdamer Str. 63 10785 Berlin Telefon: +49(30) 38 30 32 00 www.polonica-net.com Galerien Galerie Miejsce - der Ort Magda Potorska versteht ihre Galerie „Miejsce - der Ort“ als einen Treffpunkt Galerie Miejsce - der Ort Berliner Str. 165 10785 Berlin Telefon: 0179 604 30 34 Weitere Informationen unter: www.derort-art.de/ für Ost und West, an dem Erfahrungen, Meinungen und Ideen ausgetauscht werden können. Hier sollen europäische Nachbarn gemeinsam Kultur und damit ein stückweit Stereotype Beziehungen Normalität überwinden und zueinander schaffen, positive aufbauen. Die Galerie versucht sich als kulturelle Brücke zwischen Ost- und Westeuropa, über welche die jeweils fremde Kunst exportiert wird. Die Räume der Galerie in der Berliner Straße bieten Möglichkeiten für kommunale, regionale, nationale und grenzüberschreitende Kunstausstellungen aber auch für wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen, die zu aktuellen Themen organisiert werden. Stets sucht Frau Potorska nach kreativen, innovativen und unkonventionellen Ideen, die an ihrem „Ort“ verwirklicht werden sollen. 35 36 Pigasus Gallery Torstr. 62 10119 Berlin-Mitte Tel./Fax: (030)-28 49 36 97 E-Mail: [email protected] www.pigasus-gallery.de Pigasus Gallery Seit vier Jahren existiert die kleine Galerie stellungen Plakatkünstler Nebenbei kann man hier auch viele der Plakatkunst in der Torstrasse Berlin - statt. Es wird vor allem junge polnische aktuelle CDs mit osteuropäischer Musik Mitte. Schwerpunkt, wie der Name verrät, Plakatkunst der Gegenwart gefördert. kaufen. Polnische, russische, ukrainische, sind polnische Plakate. Von alt bis neu, Die Galerie hat eine Marktlücke gefüllt, tschechische... - über den Onlineshop von berühmt bis unbekannt. Die lange als einzige ihrer Art in Deutschland und oder vor Ort bekommt man einen guten Tradition der polnischen Plakatkunst, als Westeuropa findet „Pigasus“ zahlreichen Überblick und findet eine große Auswahl ehemaliges Schlupfloch Befürworter und Kunden. Das Publikum an guter Musik. Der Besitzer, Mariusz kommunistischer Zensur, hat hier in ist ganz unterschiedlich: alt, jung, nicht Bednarski, der selbst als anerkannter Berlin, vor der eigenen Haustür, einen unbedingt polnisch oder deutsch, eher „DJ Manio“ osteuropäische Musik in Platz gefunden. Die Galerie besteht aus international, vor allem Sammler, Grafiker Berlin auflegt, berät und hilft gerne. Über zwei Räumen: In einem werden die und andere Begeisterte aus der ganzen laufende Ausstellungen kann man sich Originalplakate zum Verkauf präsentiert, Welt. auf der Webseite informieren. „Pigasus“ im zweiten künstlerisches einzelner finden regelmäßig Aus- ist auf jeden Fall einen Abstecher wert! 37 Galerie Zero “ZERO heißt Null, es ist das Gleichgewicht, der neutrale Punkt und gleichzeitig der Anfang. Der Nullpunkt. Etwas Neues soll entstehen, Zusammenarbeit soll sich entwickeln, Ost und West näher rücken. “ Die intime Galerie in Kreuzberg fördert seit Vielseitigkeit sowie das Engagement von 2003 osteuropäische Künstler, wobei der Zero deutlich. Diese Galerie ist daher ein Schwerpunkt auf polnischer Kunst liegt. sehenswertes Beispiel, wie junge Künstler Dieser Umstand hat sich vor allem aus unter Einbeziehung der eigenen Wurzeln dem persönlichen Hintergrund der Inhaber ihr Leben in Berlin erfolgreich gestalten ergeben: Anna Krenz und Jacek Slaski sind und wie das – ganz nebenbei – mitunter selbst polnischer Herkunft. Auch wenn in sich Zero als Galerie versteht, werden für Diese Galerie ist für alle, die endgültig das deutsch-polnisch gemischte Publikum polnische Stereotype von Rückständigkeit auch Lesungen, Performances, politische überwinden wollen! Aktionen und Filme präsentiert. Das Team aus Künstlerin und Journalist wollen junge, vielfältige Kunst fördern und versuchen dabei, so offen wie möglich für Neues zu sein. Dafür arbeiten sie oftmals auch mit anderen Projekten wie zum Beispiel WIR (siehe Seite 42) zusammen. Zusätzlich ist die Galerie der Knotenpunkt eines Informationsnetzwerks, Journalistenbüro und bietet Ökoarchitektur einen Raum. Mit 38 dieser Kombination werden die Partystimmung umschlagen kann! zero.project Köpenicker Str. 4 10997 Berlin Tel: 30 74073309 E-Mail: [email protected] www.zero-projekt.org Żak Gallery Linienstraße 148 10115 Berlin Tel: 30 50181908 ŻAK Gallery E-mail: [email protected] www.zak-gallery.com Mitten auf der Berliner „Galerienmeile“ - Linienstrasse 148 - in den ehemaligen Ausstellungsräumen von Bodo Niemann befindet sich eine weitere Galerie. Żak ist eine der wenigen Galerien in Berlin, die sich schwerpunktmäßig mit der mittelosteuropäischen Fotokunst beschäftigt. Künstler aus Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn sind hier herzlich willkommen. Seit Juli 2006 bieten die Galeristinnen Asia Żak und Anna Morlinghaus eine künstlerische Plattform an, sowohl für renommierte als auch für junge, aufsteigende Künstler. In Berlin, der Schnittstelle zwischen Ost und West, entstand die junge Galerie mit dem Ziel, vorhandene Klischees bezüglich osteuropäischer Kunst zu brechen. Ihr Programm widmet sich der Präsentation zeitgenössischer, osteuropäischer Kunst mit einem breiten Spektrum von Ausdrucksformen: schwarz-weiß ebenso wie konzeptuelle und inszenierte Fotografie, Videoarbeiten als auch Installationen sollen hier ihren Platz finden. Das Publikum der Galerie ist recht gemischt, was auch durch die zentrale Lage begünstigt wird. Schnell und einfach zu finden, im Herzen Berlins, eignet sich die Galerie wunderbar für einen spontanen Besuch während des Spaziergangs durch die Stadt. 39 Literatur & Medien Dialog Das DeutschPolnische Magazin DIALOG Schillerstr. 59 10625 Berlin Telefon: 30 26 55 16 30 www.dialogonline.de Polnisch sein in Berlin: “Berlin ist eine Insel in multikulturellem Sinne, hier gibt es die Probleme nicht die Minderheiten in anderen Städten haben.” Sabine Stekel DIALOG wird seit 1987 mit Unterstützung ecken die Journalisten auch manchmal osteuropäische Themen berücksichtigt. der bei der einen oder anderen staatlichen Die Befindlichkeit an. einen akademischen Hintergrund mit Trägerorganisation Polnische Gesellschaft „Deutsch- Bundesverband Mehrheit der Abonnenten hat e.V.“ herausgegeben, zuerst nur auf Die Einfluss dem Schwerpunkt Politik, Kultur oder deutsch, später dann in deutscher und überraschend kleine - hochengagierte Geschichte, wobei vor allem deutsche polnischer Sprache. Das ursprüngliche Redaktion Leser erreicht werden. Die Zeitschrift - gemessen um an deren Chefredakteur Basil kann aber auch in Polen gekauft werden. Zusätzlich werden viele Hefte thematisch bedingt einzeln bestellt, was bei der Redaktionsstelle in Berlin möglich ist. Für einen ersten Eindruck kann die Onlineausgabe genutzt werden, die ausgewählte Artikel der aktuellen 40 Ziel, nur die Mitglieder der Gesellschaft Kerski will helfen Informationsdefizite Printausgabe sowie ein übersichtliches zu informieren, wurde inzwischen zu und Vorurteile abzubauen. Seit 1999 Archiv bereithält. einer hochwertigen Zeitschrift ausgebaut, hat die Redaktion ihren festen Platz in Gerade die mit einer Auflage von 12 000 Heften Berlin gefunden und schreibt sowohl von vierteljährlich will ihre Zeitschrift als auch Exemplare ihrer und Polen ist die Zeitschrift auch für einen Beitrag zum deutsch-polnischen Buchreihe für Menschen, die Interesse an Deutsche interessant, die sich anhand gut Informations- und Meinungsaustausch deutsch-polnischen Beziehungen haben. recherchierter und hochwertiger Artikel leisten, Neben dieser thematischen Orientierung jenseits von Stereotypen informieren werden wollen. ohne erscheint. dabei DIALOG Sprachrohr der einen oder anderen Seite zu sein. Damit auch weitere spannende wegen DIALOG der Sonderstellung „zwischen“ Deutschen Weitere Informationen unter: www.polenplus.eu Polen Plus Eines der jüngsten „polnischen“ Projekte und genau das zeigen sie in ihrem Heft deutsch-polnischen Beziehungen deutlich ist das Magazin Polen Plus. Zum Glück anhand und sie werden gekonnt verstärkt! für uns befindet sich der Standort Essays und Interviews. Bisher sind drei Polen Plus erscheint vierteljährlich mit der Redaktion in Berlin und die zwei Ausgaben erschienen, die sich thematisch einer Auflage von 15.000 Exemplaren, die polenbegeisterten jungen Redakteurinnen mit der polnischen Wirtschaft, Küche und in großen Buchhandlungen, in Kiosken auf haben sich die Zeit genommen, mit uns Kunst auseinandergesetzt haben. Dabei Bahnhöfen und Flughäfen sowie in Polen über ihr Projekt zu sprechen. Elisabeth durften Artikel über Pierogi natürlich erworben werden kann. Die Zeitschrift ist Münchow und Antje Ritter-Jasińska zeigen nicht fehlen, aber der in Deutschland für jeden lohnenswert, den die kleinen das moderne attraktive Polen, jenseits unbekannte polnische Hype um Sushi Kuriositäten des (polnischen) Lebens von über oder verblüffende Bewegungen in der Bio- interessieren, eine klassische Zielgruppe einseitigen Darstellungen von Berichten, Erzählungen, Zwangsarbeitern Landwirtschaft werden auch gezeigt. Mit haben und Vertriebenen. In ihrem Heft vermitteln ihrem empathischen Blick „auf das Land nie festgelegt. Wir wurden von ihrer sie ein sympathisches Bild, bestimmt von und aus dem Land heraus“ bieten sie ein Faszination infiziert und können Polen Plus Menschen und deren Geschichten. Ihr Forum, das mit dem Ballast der Geschichte für jeden empfehlen, der auch angesteckt Fazit: Polen ist mitten in einem spannenden ein stückweit abgeschlossen hat. Damit werden will! Auf- und Umbruch, der erzählenswert ist, werden die verbindenden Elemente der Kriegsvergangenheit, die beiden Journalistinnen 41 Polnisch sein in Berlin: „Schwierig zu sagen. Ich pflege mein Image als polnische Künstlerin, ich betone es auch immer. Mein Gott, ich würde nicht sagen, dass ich Patriotin bin. Ich bin vielleicht nicht immer besonders stolz über Geschichte und Gegenwart Polens, aber es ist das, was ich in die Wiege gelegt bekommen habe.“ WIR – Deutsch-Polnischer Kulturverein “WIR” heißt wir. Im Polnischen aber bedeutet es ein Wirbel, Strudel oder Getümmel. Das Chaos. Wie auch auf Deutsch in “Wirrungen”, “Wirr”, “Wirrnis”, “Wirrwarr”. WIR war 1994 der erste polnische junger Kunst. Die Hauptsache ist, dass die Literaturverein in Berlin, der polnisch- Deutsch-Polnische Kulturbeziehung lebt. sprachigen die Möglichkeit Ein gut gemischtes Publikum scheint in Deutschland das zu schätzen, WIR hat Stammkunden bieten wollte. Das geschah entweder und freut sich selbstverständlich auch über über solche, die es werden wollen. Erste der Autoren Veröffentlichung die unregelmäßig erscheinende Zeitschrift oder in Buchform. In der Anlaufstellen sich die Beschreibung von WIR auch zweiten Schaffensphase von WIR wurden darüber, in welcher Phase WIR gerade etwas wirr. Hauptsächlich ist es ein vor allem Workshops zu Literatur und steckt finden sich im Internet auf der Zusammenschluss deutschen Übersetzung für deutsche und polnische Seite des Vereins oder von Galerie Zero. die sich Autoren organisiert. Seit 2003 arbeitet gemeinsam mit Literatur und Kunst WIR oft mit Galerie ZERO zusammen und mit veranstaltet Abende zu Musik, Film und Entsprechend dieses Namens gestaltet und 42 Ewa Maria Slaska polnischen Hilfe von Autoren, unterschiedlicher Medien für Informationen und auseinandersetzen. Das Zentrum von natürlich Literatur. WIR ist die Gründerin Ewa Maria Slaska, Diese sich ständig wandelnde Ausrichtung Weitere Informationen unter: die schon fast selbst eine „polnische des Vereins erklärt sich vornehmlich aus der Institution“ in Berlin ist. Die Journalistin, Nachfrage des Publikums, ohne dabei den www.wir-edition.de Autorin und Künstlerin lebt seit 1985 in roten Faden aus den Augen zu verlieren: Berlin und ist seither aktives Mitglied in die Förderung unbekannter, polnischer, der Polonia. deutsch-polnischer, innovativer und meist RBB Multikulti - Polnische Redaktion „Mit dem orangenen Mikrofon trefft ihr uns im Bundestag, im Laden, beim Fußballspiel oder beim Konzert. Wir versuchen überall dort zu sein, wo man in Berlin polnische Sprache hören kann. Wir informieren uns bei den deutschen und polnischen Experten in den Bereichen, die euch interessieren. Wir geben euch Anregungen zu Musik, Bücher, Veranstaltungen. Wir spielen, informieren, beraten und hören was ihr uns zu sagen habt“. Freie Übersetzung aus der polnischen Multikulti-Broschüre Radio Multikulti gibt den Minderheiten betrifft und betreffen kann: Übersicht der in der deutschen Gesellschaft willkommen in Deutschland eine Stimme: Seit 1994 polnischen Presse, aktuelle Ereignisse, sind und ihre Besonderheiten einen Platz werden Uhr polnische Neuheiten, ein Kulturkalender finden. Sendungen in den Sprachen der Minoritäten und verschiedene Programme um Kunst, Da die Sendung speziell für das polnische ausgestrahlt. dem Soziales, Politik und Wirtschaft. Dabei Publikum in polnischer Sprache ist, sind bei Chefredakteur der polnischen Abteilung stehen die menschlichen Aspekte im interessierten Deutschen Vorkenntnisse Jacek Tyblewski gesprochen, der gleich zu Vordergrund. Die polnische Redaktion, gefragt. Wir können das Programm nur Beginn des Gesprächs klarstellte, dass die die neben den Chefredakteur 10-15 freie empfehlen, die Redakteure entdecken Sendung kein nostalgisches Fenster zur Mitarbeiter umfasst, versucht sich hier sehr aktuelle polnische Musik, noch bevor alten Heimat sei, sondern ein Beitrag zu der Herausforderung zu stellen, für alle sie zum Trend wird. Insbesondere Freitags und für „Klein-Polen“ in Deutschland und Generationen und sozialen Schichten ein haben sich im Wechsel verschiedene Berlin. Montags bis Freitags von 19:00- Programm zu gestalten. Berichte, die für Programme etabliert, zum Beispiel „Kunst 19:30 wird über das polnische Leben alle interessant sein könnten, finden auch in Berlin“, eine Sendung vom Club der auf polnisch „für die nicht existierende ihren Platz im deutschen Tagesprogramm. polnischen Versager, eine Schlesische Gemeinschaft“ berichtet, dazu gehört alles Mit der polnischen Sendung will die Sendung oder ein Literatur Magazin. was die Polen in Berlin und Deutschland Redaktion ein Zeichen setzen, dass Polen deutschlandweit Wir haben ab 17 mit Polnisch sein in Berlin: „Polnisch in Berlin zu sein bedeutet normal sein – es ist nichts besonderes, wenn ein Viertel der Berliner einen Migrationshintergrund haben. Es ist ein natürlicher Zustand, ich bin nicht fremd in Berlin.“ Jacek Tyblewski Polnische Sendung von Montag bis Freitag immer von 19:00 bis 19:30 Uhr www.multikulti.de 43 Theater Reduta Berlin- Schauspielschule für Theater und Film Teresa Nawrot, die Gründerin und Leiterin der Reduta-Berlin Schauspielschule für Theater und Film, versucht in ihrer Reduta Jerzy Grotowski, 1933 in Polen geboren, wurde weltweit bekannt durch seine Trainings- und Inszenierungsarbeit am 1959 in Opole gegründeten “Teatr 13 Rzedów” (»Theater der 13 Reihen«) und dem 1965 bis 1984 in Wroclaw arbeitenden Theater “Laboratorium”. Grotowski forderte eine hundertprozentige physische und psychische Hingabe vom Schauspieler. Alles hat im und durch den Körper seinen Ursprung: Der Schauspieler muss mit dem Körper denken, reagieren und agieren. Grotowski sieht darin den Weg zur Totalität. Seine Arbeitsmethoden im Sinne eines “Armen Theaters” (arm an Ausstattung und Dekor), befreit von allem Nebensächlichen, reich an Ausdrucksmöglichkeiten und Geistesgegenwart der Akteure, begründeten seinen Ruf als einer der größten Theaterreformer des 20. Jahrhunderts. Am 14. Januar 1999 starb Grotowski im Alter von 65 Jahren in Italien. www.alexander-verlag.com „Redoute“ ist die Bezeichnung für eine Wehranlage, eine befestigte Schanze, die Schutz vor feindlichen Geschossen bietet. Redoute ist seit dem 17. Jahrhundert auch die Bezeichnung für einen Mummenschanz oder Maskenball. Reduta hieß ein sehr berühmtes Theater in Warschau, das in der Zeit zwischen den Weltkriegen existierte. Gegründet wurde es von Juliusz Osterwa, selbst Schauspieler und Theaterlehrer, der als Vater des modernen Polnischen Theaters gilt. seit 25 Jahren, all diese Bedeutungen zu vereinen. Sie betrachtet die „Kunst als Festung gegen “Ungeist, soziale Ungerechtigkeit und Gefühllosigkeit“. Die langjährige Assistentin von Jerzy Grotowsky, der als einer der größten Künstler des polnischen Theaters des letzten Jahrhunderts Schule im Geiste gilt, seiner führt Damit kann ein Stückchen polnischer Theatergeschichte in Berlin erlebt werden. Die Schauspielschüler führen ihre Arbeitsergebnisse regelmäßig als Teil ihrer Ausbildung im kleinen Studiotheater REDUTA BERLIN Gneisenaustraße 41 10961 Berlin Tel.: 30 693 55 49 www.reduta-berlin.de von Reduta vor. Etwas versteckt im Hinterhof lohnt sich die Suche. Der Spielplan ist international und kann auf der Homepage abgerufen werden, unter anderem werden auch polnische Stücke in deutscher Übersetzung gezeigt. 44 ihre Methoden. Teatr Studio am Salzufer deutsch-polnische Studiobühne in Berlin Die „Internationale Theater Werkstatt“ (ITW) Berlin wurde mit den künstlerischen Leitern Janina Szarek und Professor Sprachbarrieren miteinbezogen werden. macht die Annäherung an die polnische Doktor Olaf Münzberg 1999 in Berlin Neben den eigenen Projekten stehen Literatur und Theaterkunst in deutscher gegründet. Nach Meinung der Gründer auch Stücke aus Polen auf dem Spielplan, Sprache möglich, die etwas provisorische ist die wechselseitige Kenntnis der Kultur die Kooperation mit polnischen Kollegen Bühne in einem berliner Hinterhof sollte Voraussetzung für eine Verständigung ist mehr als erwünscht und ein weiterer keinen zwischen den Völkern Europas. Die ITW Schwerpunkt der Theaterwerkstatt. Der Spielplan und Informationen zur will hier ihren Beitrag in Form eines Parallel zur Studiobühne ist die ITW Träger Kartenbestellung internationalen und gleichzeitig deutsch- der TRANSform Schauspielschule, die Internetseite polnischen Theaters leisten. Auf dieser sich als internationale Schauspielschule werden. Bühne treffen sich insbesondere deutsche mit und polnische Kultur; die menschliche, versteht. Hier wird ebenfalls im Sinne gesellschaftliche Grotowskis (siehe Seite 44) unterrichtet, Annäherung ist und der kulturelle Versuch, deutsch-polnischer Interessierten Ausrichtung des abschrecken. können Studios auf der abgerufen Teatr Studio am Salzufer Salzufer 13/14 10587 Berlin Aufgang H, 1. OG Tel (030) 324 23 41 einen aber auch der Einfluss von den russischen gemeinsamen Weg nach der schwierigen Schauspielern Konstantin Stanislawski und historischen Vergangenheit zu finden. Michael Tschechow ist von Bedeutung. Vielen Berlinern und Brandenburgern ist Der besondere Schwerpunkt der Arbeit der die polnische Theaterkultur fast völlig ITW liegt darin, eine ost- westeuropäische unbekannt. Das Theater plant jährlich Zusammenarbeit zu ermöglichen und da- drei Stücke von hauptsächlich polnischen mit über Kultur das zu erreichen, was die „Ich fühle mich wie eine emotionale www.teatrstudio.de Polnisch sein in Berlin: Autoren in deutscher Sprache aufzuführen, Politik augenblicklich nicht schafft: einen Bombe, wenn meine polnische Mentalität so soll das deutsche Publikum jenseits von Dialog auf Augenhöhe. Das Teatr Studio Janina Szarek auf die deutsche trifft.“ 45 Weitere polnische Institutionen und Orte Deutsch-polnische Gesellschaft Berlin Schillerstraße 59 10627 Berlin Telefon: 030 / 71389213 Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin www.dpgberlin.de Gesellschaft und historischen Themen in Berlin und Deutsche. Sie sollen auf die Attraktivität Berlin e.V. wurde vor über 30 Jahren in Umgebung. In Zusammenarbeit mit den polnischer Kultur aufmerksam werden. West-Berlin gegründet (April 1973) und Berliner Bezirken werden kommunale Neben dem kulturellen Angebot fördert bemüht sich seither, den Berlinern das Kleinbühnen polnische der gemeinnützige Verein insbesondere Nachbarland Polen mit seiner Geschichte, Kultur zu „importieren“. Ergänzend ist es Kontakte zwischen Jugendlichen beider Kultur und Menschen näher zu bringen. jedoch auch möglich, über Kurzreisen und Nationen. Die Berliner Gesellschaft ist Heute hat die Gesellschaft mit Christian Studienfahrten das Nachbarland direkt Zentralstelle Schröter (ein „Berliner Original“) einen kennen zu lernen. Jugendwerk für alle Deutsch-Polnischen Die Deutsch-Polnische um beim Deutsch-Polnischen engagierten Vorsitzenden und ungefähr Gesellschaften und der mit ihr verbundenen 300 Mitglieder. Organisationen in Deutschland. Polen wird von dem Verein als Kulturnation Bei eventuellen ersten Berührungsängsten präsentiert, mit dem verbinden Element ist das Büro in der Schillerstraße eine gute der Kultur zwischen den Völkern sollen Anlaufstelle, hier können Sie Informationen vor allem Stereotype von deutscher zum Seite Informationsheft „Infodienst Spotkanie“ abgebaut veranstaltet die Gesellschaft Berlin werden. Deshalb mehreren Programm oder das (zu deutsch Treffen/ Begegnung) erhalten. Deutsch-Polnische mit aktuellen Entsprechend der Mitglieder, die zu 70% Des Weiteren gibt die Gesellschaft Bücher Deutsche sind, richten sich die Angebote zur deutsch-polnischen Geschichte und sungen, Ausstellungen sowie Vorträge der Gesellschaft aktuellen Themen sowie die Zeitschrift und politische Diskussionen zu aktuellen Berlin interessierte „Dialog“ (siehe Seite 40) heraus. Kooperationspartnern 46 genutzt, Konzerte, Le- Deutsch-Polnischen vor allem an Polmost „Unser Anliegen ist es, das Land Polen und seine kulturelle Vielfalt bekannter zu machen, die Beziehungen zu Polen und den anderen mittel- und osteuropäischen Ländern mit auszubauen und uns aktiv an der deutsch-polnischen Verständigung zu beteiligen.“ Instanz deutsch-polnischer Kooperation. Annäherung leicht gemacht, die natürlich Auch wenn die studentischen Gründer auch von einem nichtstudentischen oder inzwischen aus ihrem Studentendasein älteren Publikum genutzt werden kann. herausgewachsen sind, bemühen sie sich Eine weitere Ausrichtung von Polmost um Nachwuchs: Jeden ersten Mittwoch ist im Monat steht allen Interessierten der Studierende. Polnische Studenten in Berlin/ Polmost Stammtisch offen, um sich aktiv Brandenburg können sich hier sowohl der Informationsaustausch für in die Projektplanung, wie zum Beispiel über Stipendien und Praktika informieren, Die studentische Initiative Polmost wurde themenbezogener Konzerte, als auch eigenes soziales Engagement nach einem polnischen Salons, Länderabend Länder-, Literatur- und Filmabende oder zeigen und von den Erfahrungen anderer der osteuropäischen Organisation Most- politischen Diskussionen, einbringen zu Kommilitonen lernen. Den deutschen Brücke e.V. im Februar 2004 gegründet. können. Oberstes Ziel ist hier stets, einem Studenten werden Polnischkurse geboten Aus der Idee, ein polnisches Projekt deutschen Publikum die polnische Kultur sowie Informationen rund ums Studium zu gestalten wurde schnell eine feste näher zu bringen. Um das zu erreichen, in Polen. werden Projekte gefördert, die sich mit verbindenden Elementen zwischen Polnisch sein in Berlin: „einerseits Einschränkung – als Mitgestalter ist man in eine Community reingewachsen, auf der anderen Seite viele Möglichkeiten, Berlin ist multikulturell, Polen sind hier nicht mehr „exotisch“ das vereinfacht einiges“ Anna Socha Deutschland und Osteuropa beschäftigen. Das aktuelle Programm befindet sich auf der Homepage. Die Zusammensetzung des Publikums ist je nach Veranstaltung sehr verschieden, auch wenn der deutsche Anteil meist überwiegt. Damit Der Stammtisch trifft sich jeden ersten Mittwoch des Monats im Hauptgebäude der Humboldt Universität zu Berlin (genaue Beschreibung siehe Homepage). www.polmost.de wird den Deutschen eine zaghafte erste 47 Polnischer Buchladen am Südstern Buchhandlung Inh. Joanna Krasowska Lilienthalstr. 12 10965 Berlin Tel. 030/ 740 737 86 Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 16-20 Sa. 14-20 So. 9.30-19.30 Direkt gegenüber der St. Johannes Basilika befindet sich die kleine polnische Buchhandlung von Frau Joanna Krasowska. Hier kann man in gemütlicher Atmosphäre bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen nach interessanten polnischen Büchern und Zeitschriften stöbern. In nächster Zeit soll das Sortiment noch um polnische DVD´s und Musik-CD´s erweitert werden. Wenn man nach diesen literarischen Eindrücken selbst in das Land jenseits der Oder reisen möchte, berät sie Frau Kraskowska auch gern bei der Suche nach einer geeigneten Busverbindung Polnische Kultur in Berlin trifft man auch oft in: 48 Kino Babylon: www.babylonberlin.de Jazzclubs A-Trane und b-flat: www.a-trane.de www.b-flat-berlin.de Theater Hebbel am Ufer: www.hebbel-am-ufer.de Kulturbrauerei: www.kluturbrauerei-berlin.de Lebensmittelgeschäfte, polnischer Alltag pur! 51 Stettiner Feinschmecker Alma 53 Anjas polnische Spezialitäten 54 Polnische Delikatessen 55 Klon 56 Pyza 57 Polnische Messe 58 Reisebüros 59 Tourismusfallen oder: Der schnelle Weg nach Polen ohne Berlin zu verlassen Darpol & Gromada 60 Polnische Restaurants 62 Alt-Krakau 62 Chopin: Polnisch/schlesisches Traditionsbewusstsein in Zehlendorf 63 Kneipe „Myśliwska“ ��������������� 64 50 Kindergarten & Schule 65 Kindergarten Kajtek 65 Europaschulen & Oświata 66 Nike - Polnische Frauen in Wirtschaft und Kultur e.V. 68 Der polnische Sozialrat 69 Inhalt Polnisches Alltagsleben in Berlin Polnisches Alltagsleben in Berlin Bei den Recherchen zu diesem Abschnitt Auf dem Weg dort hin machten sich die Berlin, insbesondere das Alltagsleben der kam es zu sehr informativen und guten, verschiedensten Vorstellungen breit, die Polen in Berlin, sich ebenso verändert skurrilen und amüsanten, aber auch Galerie und deren Künstlerin betreffend. und wandelt wie der Rest Berlins. Wer zu Begegnungen; Es erschien klar und deutlich im Gedanken: sich also auf die Spuren polnischen hoffnungslos, weil sie manchmal gar Eine kräftig gebaute, feuerrothaarige Alltaglebens in Berlin begeben will, der nicht erst zustande kamen. Ursache für Künstlerin Mitte 50 in langem, selbst sollte mit Veränderungen, Wandlungen diese „Phantomtreffen“ ist wohl die nicht gestricktem Kleid, mit Bernsteinbrosche und Neuerungen rechnen, schließlich ist immer aktuelle Welt des world wide web bestückt, Bernsteinohrpendel, ganz Berlin eine sich wandelnde Stadt gewesen, welche das Arbeiten manchmal die bei jeder Bewegung des Kopfes und eine ständige Neuorientierung ist erschwerte. Hier ein Beispiel: An einem Tag mitschwingen und dazu eine Katze, somit von Nöten. Polen kommen und im März diesen Jahres ging es voller Eifer die Künstlerin gehen, genauso wie Trends kommen und Tatendrang in Richtung Europacenter, herumschleicht. Europacenter und gehen. Doch wer am Ball bleibt in dem sich laut einer Anzeige im www die angekommen Erwartung und sich auf das Abenteuer „Polen in Golden Stone Gallery befinden sollte, eine das im Kopf zusammengesteckte Bild Berlin, eine Spurensuche“ einlässt, wird polnische Galerie für Schmuck und Kunst bestätigt werden, doch leider geschah eine facettenreiche Welt kennen lernen, (oder Schmuck als Kunst? Man weiß es dies nicht. Die Galerie gab es nicht mehr die zu Berlin gehört und nicht mehr nicht und wird es wohl auch nie erfahren). und die feuerrote Künstlerin im Gedanken wegzudenken ist: Kreativ und dynamisch, Wie der Name schon vermuten ließ, sollte zerplatzte wie eine Seifenblase. jung und aufregend, ein Teil vom großen den Betrachter dort eine Galerie erwarten, Anhand dieses Beispiels, welches sich Ganzen. deren Dominante der für Polen ach so tatsächlich so begab, kann wunderbar bekannte Bernsteinschmuck sein sollte. verdeutlicht werden, dass das polnische hoffnungslosen um lange die Beine Im sollte der voller 51 Lebensmittelgeschäfte, polnischer Alltag pur! nette deutsche Nachbar von nebenan Polen, die in Berlin leben, sehnen sich oder nicht selten nach heimischen Produkten. Bürokomplex gegenüber kann Kunde in Diese nostalgische Ader steckt wohl einem polnischen Lebensmittelgeschäft in jedem von uns und so ist es nicht sein, denn es hat sich mittlerweile verwunderlich, dass es nicht wenige, herumgesprochen, dass polnische Waren gute Lebensmittelgeschäfte weder schlecht noch unangemessen teuer in Berlin gibt, die sich über das ganze sind, ja sogar das Gegenteil ist der Fall. Stadtgebiet verteilen. Aber nicht nur der Besonders die polnischen Wurstwaren Käufern der polnischen Waren haben Berliner Pole sondern auch der Türke, der erfreuen sich großer Beliebtheit in Berlin, ergeben, polnische Oscypek der Büroangestellte aus dem Befragungen viel dass die aromatischer, polnische ausgefallener von Wurst und besser gewürzt sei als das deutsche Angebot. Nicht selten kommen nicht nur umliegende Nachbarn, sondern auch Käufer von weiter her, um die polnischen Spezialitäten zu erwerben, gelegentlich sind dies Schlesier, die auf der Suche nach dem Geschmack der Kindheit sind und sich in einem polnischen Geschäft ein Stück Vergangenheit erkaufen wollen. Doch was für Läden sind es, um die es hier geht? Wie genau sehen sie aus und wer betreibt diese? Die folgenden Passagen dieser Broschüre sollen eine kleine Reise in ein wahrlich polnisches Berlin ermöglichen, eine Reise in den 52 Alltag wie er polnischer nicht sein kann. Stettiner Feinschmecker Alma Dieses Geschäft im Stadtteil Wedding existiert es seit einem Jahr. Die Idee, dieses Geschäft zu eröffnen kam dem Besitzerpärchen, Herr und Frau Grzybowski, spontan und obwohl er einen sicheren Job bei Siemens hatte. Hier betritt man einen kleinen Laden, um einiges noch kleiner als Pyza, und fühlt sich auf Anhieb wohl. Trotz der kleinen Größe des Geschäftes findet man ein erhebliches Angebot an Waren wie Süßigkeiten, Brot, Mineralwasser, Marmelade oder Gewürzen und auch hier die obligatorischen Wurstspezialitäten, eben alles was man zum alltäglichen Leben - zum polnischen alltäglichen Leben - braucht. „Zu Alma kommen hauptsächlich Anwohner aus der näheren Umgebung, auch Türken und Asiaten, die aufgrund der Nähe zu Polen die Geschmäcker dort kennen und demnach genau wissen was sie wollen, wenn sie den Laden betreten“, so Frau Grzybowski. Die Wahlberlinerin ist stolz auf ihren Laden und die polnischen Produkte, für die sie und ihr Mann regelmäßig positive Feetbacks erhalten. Und so schleicht sich auch bei den Bewohnern des Stadtbezirks Wedding ein Hauch von polnischem Alltag Stettiner Feinschmecker Alma ein, polnische Lebensmittel als Brücke Reinickendorfer Str. 35 13347 Berlin Tel. 0160/2242210 zwischen Deutschen, Asiaten, Türken plus allen anderen Stadtteilbewohnern und Polen. 53 die gleichzeitig Betreiberin des polnischen korrekt, freundlich und jederzeit für ein Standes ist, hat sich mit diesem Geschäft Pläuschchen zu haben, sie bereut in keiner einen kleinen Traum erfüllt, obwohl sie Weise ihren Schritt in die Selbständigkeit, daheim in Polen eigentlich Juristin ist. Sie auch wenn sie anfangs nicht wusste, ob kam der Liebe wegen nach Deutschland ihr Konzept an einem solch exklusiven und suchte einen Weg legal arbeiten Ort aufgehen würde. Berlin ist für sie ein zu dürfen, was als Polin in Deutschland guter Ort für eine Polin wie sie, sie fühlt trotz EU-Erweiterung nicht ohne weiteres sich voll integriert und lebt ihr Leben wie möglich ist. Es blieb ihr nur der Weg in jeder Deutsche auch. Die polnische Kultur die Selbständigkeit und so kam sie auf ist ihr aber trotzdem wichtig, somit ist den Stand in der Markthalle Tegel. Der ihr Stand ein Beitrag zur Repräsentation Am Rande Berlins, in der Markthalle Tegel, Ort ist recht exklusiv, trotzdem hat sie polnischer Spezialitäten, um diese den zwischen französischen und südländischen ihre Stammkunden – meist Deutsche Deutschen näher zu bringen. Spezialitäten, Fischständen, Obstständen, – und auch viel Laufkundschaft, die von Asialäden, den Wurstwaren gehört haben und nun Anjas polnische Spezialitäten Vollkornproduktanbietern, und mal selber probieren wollen. Da machen ein der Ladenbetreiberin, Frau Anna Borcz, polnische auch die teilweise langen Schichten von Glastheke, 11 Stunden nichts aus. Das Berlin nah ausstaffiert mit Wurst so weit das Auge an der polnischen Grenze liegt kommt reicht, mit Schmelzkäse und anderen ihr nur recht, sie selber hält nämlich den Milchprodukten, mit Fertigprodukten und Kontakt zu Polen, obwohl sie mittlerweile Flaki im Glas (polnische Kuttelsuppe), mit tatsächlich in Berlin angekommen ist, Süßigkeiten und Pirogen… dieser Stand nie abgebrochen. Mit den deutschen hat es in sich. Die freundliche Bedienung Kunden ist sie sehr zufrieden, sie seien Ökoläden, anderen Stand einem Ständen, mit Spezialitäten. 54 Namen Eine Sushiladen befindet Anjas lange sich Anja’s polnische Spezilitäten Gorkistr. 13 -17 (in der Markthalle) 13507 Berlin Tel. 030/40982596 www.polnischespezialitaeten.de Polnische Delikatessen Diesen nicht gerade kleinen Laden gibt es zum Beispiel aus Grunewald; aus dem treu bleibt, da sie weiß was sie an der seit 3 Jahren. Frau Mailer gründete den ladenansässigen Bezirk Wedding kommt freundlichen Bedienung hat und die Geschäft vor etwa drei Jahren und tat weniger Kundschaft. Woran das liegen polnischen Produkte in Berlin zu schätzen dies, um die guten polnischen Produkte mag ist schwer nachzuvollziehen, jedoch weiß. Und so ist auch dieser Laden wieder zu präsentieren. Von Alkoholika über liegt nach Frau Mailer die Vermutung mal ein beweis dafür, dass der polnische Brot, Senf, Gewürze und Milchprodukte… nahe, dass die Weddinger Polen sich ihre Alltag in Berlin seinen festen Platz hat auch hier findet man ein großes Spektrum Produkte selber mitbringen, die Grenze und von einer Vielzahl von Kunden nicht an Waren, neben der obligatorischen sei nicht weit und so würden diejenigen, gemisst werden will. Fleischtheke, an der, wie kann es anders die noch Kontakt zu ihrer Heimat haben, sein, präsentiert sich dort mit polnischen Delikatessen werden. Der Laden bietet auch eine eindecken. Fakt bleibt in jedem Fall, Snacktheke, an der sich die Kundschaft dass die Stammkundschaft dem Laden an feine kleinen Wurstwaren polnischen Snacks und Polnische Delikatessen Müllerstr. 61 13349 Berlin Tel. 030/45081271 Spezialitäten erfreuen kann und zudem einen Kaffee, Tee oder eine Limonade genießen kann. Im Sommer stehen draußen auch Bistrotische bereit, so dass man sich an die belebte Straße setzen und bei einem kühlen Bier nach einem Bummel verschnaufen kann. In den polnischen Delikatessenladen kommen hauptsächlich Kunden von weiter her, 55 Pierogi Klon Das polnische Lebensmittelgeschäft Klon und Oktoberfest über die Wahl von Miss ist einer der wenigen festen Bestandteile Polonia bis zu polnischen Konzerten und des polnischen Lebens in Berlin. Es wird seit Kabarett können sich Interessierte ganz 1996 erfolgreich von Familie Klon geführt, vom Polnischen in Berlin einfangen lassen. die sich 1988 in Berlin niedergelassen Dieses Angebot nutzen meist Polen, das hatte. der Publikum wird jedoch immer jünger und Wilmersdorfer Fußgängerzone kann man vertritt damit meist die zweite Generation ganz in das Flair eines typisch polnischen der Migranten, die auch ihren Platz in Tante-Emma-Ladens Deutschland haben. unter Polnische Lebensmittel „Klon“ Pestalozzistr. 71 10627 Berlin Tel. 030/324 16 32 www.pl-online.de/klon/ In einer frischen Seitenstraße eintauchen und und tiefgefrorenen Neben diesen eigenen Veranstaltungen Pierogi, Süßigkeiten, Alkohol und circa 40 organisiert Klon ebenfalls Catering für Sorten polnischer Wurst wählen. Nur die private Veranstaltungen, hierzu sollte man Kundschaft ist meist nicht authentisch, sich an das geschäftsführende Ehepaar seit den Anfängen ist das Verhältnis von wenden, die mit ihrem Anzeigenheft überwiegend polnischen zu überwiegend „Kontakty“ auch bei der Suche nach deutschen Käufern umgeschlagen. Daher anderen „polnischen“ Dienstleistungen kann sich hier jeder (kulinarische) Neuling weiterhelfen können. der polnischen Kultur hinein trauen und sowohl auf deutsch als auch polnisch beraten lassen. Zusätzlich organisiert die Familie Veranstaltungen, die meist auf die Polonia ausgerichtet ist: von polnischem Karneval 56 Bigos Kotlet Schabowy Pyza Pyza In einer Nähe Seitenstraße, der gegenüber ganz Kurfürstendamms des in der und deutsch-polnischen Europagrundschule gelegen, befindet sich Sybelstr. 48 10629 Berlin Tel. 0177/3877022 www.pyza.eu das Lebensmittelgeschäft Pyza. Allein der Name verrät schon: Hier gibt es polnische Waren, denn Pyza ist ein typisch polnischer Klos, der hervorragend zu Fleischspeisen und Soßen passt (kleiner Tipp). Es handelt sich um ein nicht großes, dafür aber umso liebevoller gestaltetes kleines Lädchen mit einem Fliesenboden aus vergangenen Zeiten und die im Laden angebrachten Reeddächer, eine rustikale Lampe und die Holzregale erwirken, dass man für einen kurzen Moment das Gefühl bekommt auf dem Land zu sein, irgendwo in Polen. Man betritt den Laden und fühlt sich sofort wohl, was auch der netten und jungen Besitzerin, Frau Döser, zu verdanken ist, die selber noch hinter ihrem Tresen steht und ihre Waren feilbietet. Im Februar 2006 eröffnete sie den Laden, hat mittlerweile auch Angestellte und plant zu expandieren, da das Geschäft gut läuft. Schaut man in die Regale, so findet man dort ausschließlich polnische Produkte auch draußen kann man an gemütlichen wie Käse, Quark, Mehl, Gewürze, Gurken Tischchen sitzen. Fragt man die Besitzerin und anderes Gemüse, Süßes, Eis und die nach der Intention, warum sie den Laden ach so beliebte polnische Wurst. Auch eröffnet hat, so erhält man folgende Zeitschriften findet man, ebenso wie Brot Antwort: „Ich möchte mit meinem Laden und Spirituosen, Bestellungen bezüglich die Meinung über die Polen in Berlin Torten und anderen Leckereien werden verbessern. Polen sind auch normale gerne entgegengenommen. Sogar die Menschen Tiefkühltruhen stammen aus Polen und Läden sind sauber und die Waren gut. so ist die polnische Kulisse perfekt. Man Es ist wichtig vorherrschende Stereotype kann in Ruhe einen Kaffee trinken und gegenüber Polen abzubauen, schließlich dabei auf die ruhige Straße blicken, leben wir hier, zahlen Steuern und mein Sitzmöglichkeiten hierzu sind vorhanden, Sohn geht hier auch zur Schule“, meint und keine Diebe, unsere Frau Döser. Sie selbst ist schon mit Stereotypen in Kontakt gekommen und will damit aufräumen. Schließlich fühlt sie sich auch als Berlinerin und lebt hier mit ihrer Familie. Das polnische Geschäft ist jedenfalls ihr persönlicher Beitrag zum polnischen Alltag in der Hauptstadt. Barszcz 57 Polnische Messe Für einen Großteil Bevölkerung in regelmäßige Besuch der Berlin polnischen scheint der der polnischen Messe ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags zu sein. Als wir uns Sonntags auf dem Weg zum Südstern machten, um uns die polnische Messe in der St. Johannes Basilika anzuschauen, fanden wir uns zwischen einer Vielzahl polnischsprachiger Menschen wieder, die scheinbar alle das gleiche Ziel hatten wie wir, so dass es uns relativ einfach, fiel die Basilika zu finden. Der Gottesdienst war im Gegensatz zu den deutschsprachigen Gottesdiensten sehr gut besucht. Fast insgesamt 3000 Besucher zählen die drei sonntäglichen Messen. Nach dem Gottesdienst lädt dann die Jahrmarktsatmosphäre der beiden Verkaufstände mit polnischen Köstlichkeiten, Zeitschriften, Musik-CD´s und DVD´s zum verweilen ein. 58 Polnische Mission in: St. Johannes - Basilika Lilienthalstr. 5 10965 Berlin Gottesdienste: Sonntags 10.15,12.00, 18.00 Uhr Polnisches Fremdenverkehrsamt Kurfürstendamm 71 10709 Berlin Tel. 030/210092-0 www.polen-info.de Wer Reisebüros Tourismusanlaufstellen oder: Der schnellste Weg nach Polen ohne Berlin zu verlassen sich in Berlin auf das hiesig Repertoire an Informationen ist praktisch vorgestellte Abenteuer einlässt, der sollte unerschöpflich auch polnische, ansässige Institutionen Mitarbeiterinnen des Amtes sind stets aufsuchen, die für die Vermittlung von bemüht, einen Hauch von Polen in Berlin Informationen bezüglich Polens stehen. zu repräsentieren. Wer sich auf der Hier erwarten einen Auskünfte aus erster Internetseite des Amtes bewegt, der Hand, die durch das polnische Personal und wird auch hier viele nützliche Tipps und deren Know-how der polnischen Realität beeindruckende Bilder finden, die Polen kaum näher sein könnten. Hierzu zählen erkundenswert und die Lust auf mehr Reisebüros ebenso gut wie das polnische machen. Ein Abstecher zum polnischen Fremdenverkehrsamt, letzteres ist in Berlin Fremdenverkehrsamt am Kurfürstendamm erste Anlaufstelle für Poleninformationen ist demnach absolut lohnenswert, wenn geworden. Ob Auskünfte zu bestimmten man Informationen erhalten möchte, Regionen oder Städten in Polen, zur bunte und informative Flyer, Broschüren nächsten und andere Informationsmaterialien liegen Miss-Polonia-Wahl oder zu Pilgereisen an heilige Orte in Polen, das und die freundlichen dort kostenlos für jedermann bereit. 59 Darpol & Gromada Doch auch in beiden polnischen Reisebüros Berlins, Gromada und Darpol, erwartet einen eine kompetente und freundliche Beratung durch vorwiegend polnisches Personal (dass aber natürlich auch fließend Deutsch spricht), welches stets bemüht ist, Polen als einzigartiges Reiseland zu präsentieren. Lässt man sich auf ein meist ausführliches Gespräch mit den Reisebüroangestellten ein, so erkennt man schnell die Vielfalt und die Palette an Möglichkeiten, die man als Reisender in Polen nutzen kann. Obwohl man während des Beratungsgespräches in Berlin ist, kann man im Laufe des Dialogs die Luft an der polnischen Ostsee während eines Kurangebotes erahnen, man meint plötzlich den Schnee unter den Skiern in der polnischen Tatra knirschen hören zu können und die Ruhe an den masurischen Seen zu erhaschen. Zudem werden einem auch hier zahlreiche Broschüren ausgehändigt, so dass man sich zu Hause in Ruhe über verschiedene Regionen, Hotels, Reisemöglichkeiten, Kulturgüter und Traditionen informieren kann. Die polnischen Reisebüros sind somit, ebenso wie das polnische Fremdenverkehrsamt, wichtiges Bindeglied zwischen Berlin und dem Land auf der anderen Seite der Oder, welches in Berlin von enormer Präsenz ist. Doch wann entstanden die beiden polnischen Reisebüros in Berlin und wer nutzt diese Quelle als Infopool für seine Reiseplanung? Beide Reisecenter blicken auf eine lange Tradition zurück, so wurde Darpol in Deutschland bereits im Jahre 1966 gegründet. Da es zu damaligen Zeiten für Deutsche eine Visumspflicht in Polen gab, befasste sich das Büro meist mit derartigen Formalitäten. Als diese Pflicht abgeschafft wurde, blieben die Stammkunden dem Reisebüro treu und buchten auch weiterhin ihre Reisen über Darpol. Guter Service und kompetente Beratung zahlten sich im Laufe der Jahre aus und so buchen auch heute noch zahlreiche deutsche Kunden, viele davon Stammkunden, ihre Reisen über das Büro in Wilmersdorf. Aber auch die in Berlin lebende Polonia vertraut dem Service der Polenspezialisten und so buchten die deutsch-polnische Gesellschaft 60 und der Verein Oświata bereits Reisen über das Reisebüro Darpol.. Die Konkurrenz, sprich Gromada, blickt auf eine ebenso beeindruckende Tradition zurück, allerdings gilt das 70-jährige Jubiläum des Unternehmens, welches in diesem Jahr gefeiert wird, nicht für Berliner Boden, da das Unternehmen erst seit den 90ern in Berlin und somit in Deutschland aktiv ist. Beide sind Spezialisten auf ihrem Gebiet und das macht sich in ausführlichen und detaillierten Beratungsgesprächen bemerkbar. Die Reiseberater kennen Polen sehr gut und können somit individuell auf ihre Kunden, meist Deutsche, eingehen, die sich in der Regel für Kuraufenthalte in Polen interessieren. Das Preisleistungsverhältnis ist stimmig, Polen ist aufgrund seiner vielen günstigen Angebote bei vielen Kunden ein Präferenzland wenn es um die Urlaubsplanung geht und so scheinen laut einer Mitarbeiterin des Büros auch immer mehr junge Menschen, die Strände von Sopot oder Międzyzdroje für sich zu entdecken, auch weil das Angebot für junge Menschen keine Wünsche offen lässt. In beiden Reisebüros, ebenso wie beim polnischen Fremdenverkehrsamt, kristallisiert sich klar eine Tendenz heraus: Das Interesse an Polen in Berlin ist seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union gewachsen. Die Deutschen sind mutiger geworden und die Neugier bezüglich des Nachbarlandes wächst stets. Somit haben die polnischen Tourismusanlaufstellen ihren festen Platz in Berlin verteidigen können und es kann gesagt werden, dass diese Stellen wichtiger Bestandteil des polnischen Berlins waren und auch in Zukunft bleiben werden, da hier nicht nur den Berlinern mit viel Herz Polen näher gebracht wird. Reisebüro Gromada Spreeufer 6 10178 Berlin Tel. 030/2423165 www.reisenachpolen-gromada.de Halbinsel Hel Reisebüro Darpol Kaiser-Friedrich-Str. 19 10585 Berlin Tel. 030/3420074 www.darpol.com 61 Polnische Restaurants Alt-Krakau Das Altstadt von Krakau polnisch-schlesische Restaurant wie Kohlroulade, Sauerbraten ist Schnitzel ergänzt. Fünf polnische Biere traditionell vom Fass machen den polnischen Abend „polnischsten“ Orte in Berlin. In diesem perfekt. Dabei kosten alle Gerichte unter Restaurant fehlen nur die typischen 10 Euro. Freitag und Samstag sorgt Live- Papierservietten aus Polen, von den Musik für Stimmung, hier ist allerdings meist eine Reservierung Alt-Krakau in wahrscheinlich angebotenen Berlin-Tempelhof einer der Spezialitäten und dem Ambiente her wurde alles importiert, was notwendig, da diese Abende von vielen Polen in Berlin geschätzt wird. besonders beliebt sind. Die Inhaber sind ein nettes polnisches Für Ehepaar, das sich freundlich um seine ständigen, gutbürgerlichen und Gäste kümmert. Die Speisekarte bietet preisgünstigen Küche ist Alt- einiges Krakau nur zu empfehlen. an polnischen Köstlichkeiten: Freunde einer boden- Barszcz, Flaki, Sauergurkensuppe, Bigos und Piergogi werden mit hierzulande etwas bekannteren schlesischen Spezialitäten 62 oder Stadtansicht von Krakau in der Schedel’schen Weltchronik von 1493 Polnisches Restaurant „Alt-Krakau“ Tempelhofer Damm 232 12099 Berlin-Tempelhof Tel. 030/ 751 22 13 www.altkrakau.de Zeichnung von Delacroix, um 1838 Restaurant „Chopin“ Chopin: Polnisches/schlesisches Traditionsbewusstsein in Zehlendorf Wilhelmplatz 4 14109 Berlin Tel. 030/8053033 www.chopin-restaurant.de Bereits von weitem fällt einem die Ähnlichkeit des Gebäudes mit Chopins Geburtshaus in Polen, Żelazowa Wola, auf und genau aus diesem Grund hat der Saal, oder er begibt sich bei gutem Wetter Besitzer des Restaurants, Herr Turkowski, in den Sommergarten, der von einem wild sein Restaurant nach dem weltbekannten wachsenden, blühenden Dach überdeckt Pianisten benannt. Schon seit 1994 ist. Genau dieses natürliche Gewächsdach existiert es nun und erfreut seine teilweise verleiht dem Sommergarten einen Hauch hochkarätig prominenten Gäste – man verzaubern den Gast und entführen ihn von Romantik und Urlaub, man setzt nehme Angela Merkel als Beispiel – mit auf eine Endeckungsreise, die ergründet sich und fühlt sich sofort wohl, was auch Leckereien aus Polen und der schlesischen werden will: Schlesisches Himmelreich, an der netten Bedienung liegen mag, Region, dessen Geschmäcker vielen Gästen masurisches Panorama oder Josefine und die einen vorzüglich in der Auswahl der aus ihrer Kindheit noch bekannt sind und Napoleon sind nur einige der Gerichte, Speisen berät. die sie hier in Erinnerungen schwelgen die den Gast auf eine kulinarische Reise Keine Frage also: In Zehlendorf ist lassen. Schaut man auf die Menükarte, schicken, eine Reise in den Osten Europas Polen fest verankert und das bereits seit so vielerlei und das mitten in Berlin, im idyllischen geraumer Zeit. Das Traditionsbewusstsein polnische und schlesische Spezialitäten Zehlendorf. Betrachtet man das Restaurant von Herr Turkowski hat sich ausgezahlt wie die berühmte Rote-Beete-Suppe, genauer, so kann man wahrlich von einem und sein Traum von einem Stück Polens/ Pierogen in allen Variationen und den Idyll sprechen, schließlich kann der Gast Schlesiens in Berlin ist Realität. Und somit leckeren Mohnkuchen, der in Polen in wählen liebevoll hat sich wieder einmal erwiesen, dass das vielerlei Variationen auftritt und sehr thematisch gestalteten Räumlichkeiten wie polnische Berlin ein unabdinglicher Teil beliebt ist. Allein die Namen der Gerichte etwa dem Jazz-Atelier oder dem Frederic- der Stadt ist. entdeckt man wahrlich zwischen mehreren 63 Kreuzberg. Einst in den 90ern von einem Künstler namens Marcinkiewicz gegründet, ist dieser Ort damals wie heute ein Ort kreativer, polnischer Köpfe, die sich hier auf ein Bier treffen, diskutieren und nachts auch schon mal auf den Tischen tanzen. Geprägt von guter und hipper Musik tanzt hier mittlerweile aber nicht mehr Kneipe „Myśliwska“ Bei dieser übersetzt 64 Lokalität, etwa nur die polnische Szene, sondern auch dessen Name der Rest Berlins, denn auch wenn die „Jägerstübchen“ Getränkekarte nicht viel hergibt und bedeutet, lässt es sich streiten, ob es die angesagten Drinks es nicht bis auf sich um eine Bar, eine Lounge oder eine die Karte in diesem laden schafften, Kneipe handelt. Das Interieur ist von so ist die Stimmung nachts heiß und uriger Gestalt, von den Wänden bröckelt voller Elan, ein Ort zum Feiern eben. die Farbe (angeblich sollen in den 90ern einige Gastarbeiter fassungslos gewesen Dabei entdeckt man nicht nur junges Feierfolk, sondern ein durchmischtes sein, als ihr Angebot, die Kneipe kostenlos Potpourri zu renovieren, abgelehnt wurde), die alternativen bis hippen, polnischen und Beleuchtung erinnert an vergangene nicht polnischen Gästen. Wer sich also Zeiten und das Mobiliar ist eher alt bis in Kreuzberg auf die Suche polnischen dürftig und genau darum passt sich dieses Lebens begibt, der ist hier genau richtig. Lokal hervorragend seiner Umgebung Kreuzberger Nächte sind lang, auch auf an, nämlich der Schlesischen Straße in polnische Art. aus alten und jungen, Kneipe Mysliwska Schlesische Str. 35 10997 Berlin Tel. 030/6114860 Kindergarten & Schule Kindergarten Kajtek Auch Berlins Kinder haben Anspruch auf einen geregelten, polnischen Alltag und so erfreut sich der im Juni 1997 gegründete, polnische Kindergarten Kajtek großer Beliebtheit. Die Gründerinnen, Frau Bielicki und Frau Jastak, beide in Berlin lebende Polinnen, wollen mit ihrem Kindergarten, der eigentlich ein Verein zur Förderung der polnischen Sprache ist, die polnische Kultur und Tradition vermitteln, auch wenn ein Kind sich nicht im direkten polnischen Umfeld bewegt, wie eben in Berlin. Oftmals haben die Kinder noch Kontakt nach Polen zu Familienmitgliedern, etwa den Großeltern und die Eltern der Sprösslinge legen großen Wert auf den Erhalt dieser Kontakte. Damit es dort auch Deutsche und dass es sogar eine Warteliste gibt und teilweise Kinder aus anderen europäischen die Räumlichkeiten an der bisherigen Ländern wie etwa Spanien nehmen Adresse langsam aber sicher zu eng hier am polnischen Alltag teil und sind werden, der Kindergarten wird folglich begeistert, denn sie können eine andere in Kultur kennenlernen und selber etwas Geplant ist, sich in die Nähe einer der von der eigenen preis geben. Schaut man der polnischen Schulen zu begeben, zum in die Gesichter der putzigen Kinder des Beispiel der Goerdeler-Grundschule in der Kindergartens, so sieht man das Konzept Nähe des Kurfürstendamms. Eines bleibt des Vereins bestätigt. Polnische Lieder in jedem Fall gewiss: Der Kindergarten werden Spiele ist ein wichtiger Beitrag zur polnischen gespielt und die nichtpolnischen Kinder Kulturförderung und beginnt mit dieser sind stets integriert in die Gemeinschaft. Förderung bereits im frühen Kindesalter, Natürlich wird auch die deutsche Sprache welches prägend für die gesamte Zukunft gefördert, schließlich sollen die Kinder eines Sprosses ist. Somit kann mit sich auch in Deutschland zurechtfinden Sicherheit gesagt werden, dass diese und heimisch fühlen, es ist in keinem Fall Institution eine wichtige Rolle für den Ziel, eine Parallelgesellschaft gedeihen zu polnischen Berliner Alltag spielt. gesungen, polnische lassen! Der Kindergarten ist so beliebt, der kommenden Zeit umziehen. Albert Anker, Kleinkinderschule auf der Kirchenfeldbrücke in Bern, 1900 keinerlei Probleme gibt, in kultureller wie sprachlicher Hinsicht, ist „für viele Eltern dieser Kindergarten die optimale Lösung“, so Frau Bielicki. Hier wird auf spielerische Weise der polnische Alltag vermittelt, das Kind soll ihn mit all seinen kulturellen Aspekten erfahren, ohne dabei pauken zu müssen. Aber nicht nur polnischstämmige Kinder finden den Weg in die Einrichtung, 65 Europaschulen & Oświata 66 Polnisch lernen in Berlin ist nicht populär. ersten Blick die Vorteile der bilingualen Mit dem Schuljahr 2005/2006 entstand für Trotz der großen polnischen Minderheit Erziehung miterleben. Kinder, egal ob die Kinder aus der Goerdeler-Grundschule und der günstigen Lage in der Nähe der groß oder klein, bewegen sich fließend die Möglichkeit, auch eine deutsch- polnischen Grenze, existieren in Berlin in beiden Sprachen und abhängig von polnische überraschend wenige Möglichkeiten für der Situation wechseln sie zwischen den Die Robert-Jungk-Oberschule hat nach Kinder, die polnische Sprache zu lernen. Sprachen ohne Mühe und Überlegung. In langen Bemühungen und dank großem In der Stadt gibt es nur drei Schulen, die der Schule werden jedes Jahr zwei deutsch- Engagements polnisch als Fremdsprache anbieten und polnische Klassen geführt, die nach dem Garstka, den Status einer Europaschule zwei deutsch-polnische Europaschulen Model der bilingualen Begegnungsschule bekommen. Seit dem Jahr 1993 wird hier (Grund- und Oberschule). Dazu zählt unterrichtet werden. Für die Schüler Polnisch angeboten, seit 1997 als zweite noch das Angebot, das von polnischer bedeutet zwei Fremdsprache. Die Europaschule, die als Seite organisiert wird: eine polnische Sprachen auf dem Muttersprachlerniveau Erweiterung der Grundschule gedacht Schule bei der Botschaft und der Polnische zu erlernen. Ab der dritten Klasse werden war, arbeitet mit ähnlichen Methoden. Die Schulverein „Oświata“. beide Sprachen gleichrangig gestellt, Hälfte der Fächer wird auf Deutsch, die was bedeutet, dass jeweils 50% der andere Hälfte auf Polnisch unterrichtet, Als erste staatlich anerkannte deutsch- Unterrichtszeit in der einen oder anderen die „Europaschüler“ werden aber nicht von polnische Europaschule in Berlin entstand Sprache erteilt wird. Für die „polnischen“ den anderen isoliert. Die Schule will nicht vor neun Jahren die Grundschule, die Fächer werden auch Lehrbücher aus Polen nur die Sprache, sondern auch Interesse in der Goerdeler Schule aus Eltern- und verwendet. Das Ziel ist, dass die Kinder an Polen, sowie Sensibilität, Offenheit Lehrerinitiative gegründet würde. Schon in mit dem Schulabschluss beide Sprachen und Toleranz gegenüber den Nachbarn der großen Pause, kann man hier auf den auf muttersprachlichem Niveau können. dies die Möglichkeit, Oberschule der zu besuchen. Schulleiterin Frau Leider wird das Angebot der beiden aus der berliner Polonia. Der Unterricht Schulen noch immer überwiegend von findet in den Räumen der Robert-Jungk- Kindern aus polnischen oder polnisch- Oberschule statt. deutsch gemischten Familien genutzt, seltener von Kindern deutscher Herkunft. Polnisch, Geschichte und Grundelemente der Landeskunde werden auch in Eine weitere Möglichkeit auf Polnisch zu Nachmittagskursen von dem polnischen lernen, bietet die Schule bei der Polnischen Schulverein Botschaft. Die Schule untersteht dem Der Polnischen Ministerium für Bildung und Deutschlands Kultur und existiert schon seit über 300 Kinder verteilt auf neun Filialen 30 Jahren in Berlin. In der Schule, in Berlin. Neben dem Sprachangebot die ursprünglich für Diplomatenkinder werden auch zahlreiche Bildungs- und gedacht war, wird zwei Mal in der Woche Kulturveranstaltungen angeboten, durch nachmittags unterrichtet. Das Ziel ist es, die polnische Kultur und Tradition des die polnische Sprache zu lernen, sowie Herkunftslandes gepflegt werden. Das die zwischen Ziel ist, den polnisch stämmigen Berlinern Polen und Deutschland in den Fächern ihr Heimatland näher zu bringen, ihnen Mathematik, Geschichte, Erdkunde und die Möglichkeit zu geben in Verbindung Politik zu bleiben, es besser kennen zu lernen Programmunterschiede auszugleichen. Die Zeugnisse der Schule werden in Polen anerkannt. älteste „Oświata“ polnische angeboten. Schulverein unterrichtet zurzeit Robert-Jungk-Oberschule Berlin Gesamtschule und staatliche Europaschule Sächsische Str. 58 10707 Berlin - Wilmersdorf Tel. 030 / 8639 28 - 0 www.robert-jungk-oberschule.de/ Goerdeler-Grundschule Staatliche Europa Schule Berlin Deutsch/ Polnisch Sybelstr. 20 D-10629 Berlin Tel. 030/9029-27220 www.goerdeler.schule-berlin.net Polnischer Schulverein „Oświata“ Berlin Lichtenrader Str. 42 12049 Berlin Tel. 030 / 627 08 745 www.oswiataberlin.de/ Polnische Schulen an der Botschaft der Republik Polen Adresse gleich Robert Jungk Schule www.szkolaberlin.polemb.net/ und sich damit zu identifizieren. Zurzeit stammt die Mehrheit der Kinder 67 NIKE polnische Frauen in Wirtschaft & Kultur e.V. Westhafenstr. 1 13353 Berlin Tel. 030/21966038 www.nike2001.de Polnische Frauen in Wirtschaft und Kultur e.V. Der Verein NIKE ist prägnant für das wie polnische Förderung junger Künstler. mit einem eigenen Info-Stand vertreten Es „Netzwerke sollen geschaffen werden“, war handelt sich um einen Verein, der 2001 wie die Vorsitzende des Vereins, Frau Poesieabends in Eichwalde bei Berlin im erst als Club polnischer Frauen in Berlin Alina einer Oktober 2005. Auch mit dem polnischen entstand, später dann, im Jahre 2004 Vorstellung der Gruppierung im März Sozialrat, der in dieser Broschüre auch wurde daraus der bis heute bestehende dieses Jahres in der polnischen Botschaft näher beschrieben wird, steht NIKE Verein polnischer Frauen in Wirtschaft nannte. Auch die Berliner Politik hat in Verbindung und so scheinen die und Kultur. Vielerlei Berufstypen vereinen sich Alltagsleben in Berlin. Winiarski, es während oder die Veranstaltung eines NIKE bereits für sich entdeckt und so Netzwerke, von denen Frau Winiarski dieser Gruppierung war der amtierende Oberbürgermeister gesprochen hatte, zu funktionieren. Juristinnen, innerhalb Galeristinnen, Klaus Wowereit im Jahr 2002 zu Gast, als Letzten Endes kann an dieser Stelle Informatikerinnen, Sängerinnen oder Web- NIKE ein Ost-West-Treffen präsentierte gesagt werden, dass NIKE eine wichtige Designerinnen. Doch eines haben sie alle und so das Interesse der Öffentlichkeit Position gemeinsam: Sie verfolgen konkrete Ziele, weckte. Blickt man in die Vergangenheit, Frauenwelt in Berlin einnimmt. Berlin die gemeinsam umgesetzt werden zum so kann man außerdem noch viele ohne NIKE ist praktisch unvorstellbar, da Beispiel die Förderung und Verstärkung andere, ansprechende Veranstaltungen viele deutsch-polnische Initiativen von der wie 68 die etwa innerhalb der polnischen Verständigung finden, die durch NIKE ins Leben gerufen diesem Verein ausgehen, aus kultureller oder die Entwicklung und Realisierung wurden, wie etwa die Beteiligung an der wie wirtschaftlicher Sicht. Demnach ist von Projekten, die die polnische Kultur Frauenmesse im März 2006 im Rathaus NIKE ein weiterer und unersetzbarer und Charlottenburg-Wilmersdorf, bei der NIKE Teil im polnischen Berlin. deutsch-polnischen Wirtschaft begünstigen, ebenso Der polnische Sozialrat polnischen Traube von Menschen und das kostbare und das war schon etwas... meinten Sozialrates in Berlin weckt Interesse: Gut war im nu verkauft. Glücklich konnten die „Bananler“ zumindest. Oder ist die Eine bekannten sich all diejenigen schätzen, die einen der Banane eine Anspielung auf Polen als „Hammer-und-Sichel-Emblems“, welches kostbaren Chiquita-Anstecker ergattern eine Bananenrepublik, in der ein jeder auch die sozialistischen Zeiten in Polen konnten, die oftmals als Werbeprodukte wegen des vorherrschenden Systems prägte. Doch im Logo des polnischen der gelben Ware beigefügt waren. Diese in Sozialrates ist anstatt der Sichel eine wurden selbstverständlich gut sichtbar Spekulationen über Spekulationen… Banane kennzeichnend. Was mag das am Jackett befestigt, dass auch ein Seit fast 25 Jahren in Berlin vertreten – wohl bedeuten? Soll es eine Anspielung jeder sehen konnte, um wen es sich im Stadtteil Kreuzberg – ist der polnische auf die damaligen „Bananowce“ also die hier Sozialrat Bereits das Logo Abwandlung des des „Bananler“, wie sie in Polen genannt wurden, sein, auf diejenigen, die sich zu sozialistischen Zeiten in Polen Bananen leisten konnten und somit zur Liga der Auserwählten zählten? Welche Rolle spielt die Banane im Logo? Man muss bedenken, dass Bananen zu sozialistischen Zeiten in Polen westliche Luxusgüter waren, die entweder nur durch Beziehungen zu bekommen waren oder in Ausnahmefällen auf Märkten oder in Geschäften. Sobald irgendwo auf einem Markt in Polen Bananen auftauchten, bildete sich eine handele, um einen „Bananler“ die eigene e.V., einzigartige Tasche eine in Institution, wirtschaftete? Deutschland die politisch wie kulturell viel bewegt hat und dies gegenwärtig noch tut. Der Verein ist auch heute noch die wichtigste Anlaufstelle für polnische Migranten, die den Weg nach Deutschland finden und Hilfe in jeglicher Form benötigen. Witold Kaminski, einer der Mitbegründer des Vereins, der heute noch aktiv im Verein mitarbeitet, ist fest davon überzeugt, dass eine derartige Einrichtung in Berlin der ideale Weg ist, um das Zusammenleben von Polen und Deutschen zu unterstützen und zu fördern. 69 70 In seinen Augen war die Gründung des verändert. Die Fälle, die heute an den polnischen Organisationen wie etwa dem Rats zu Jaruselskis Zeiten, also vor mehr polnischen Sozialrat herantreten seien Verein Most-Brücke, der ebenfalls in Berlin als 20 Jahren, der einzige Weg, um den aus entspannter; dramatische Fälle, bei denen tätig ist und sich der deutsch-polnischen Polen nach Berlin kommenden Migranten es um Leben und Tod ginge wie etwa noch Verständigung verschrieben hat. Auch den Weg zu weisen: Wie sie sich zurecht vor 20 Jahren würden immer weniger Radio Multikulti geht aus einer Initiative finden im neuen, westlichen System, wo werden, was die Arbeit aber nicht weniger des polnischen Sozialrats hervor. sie Unterstützung bekommen können, spannend gestalten würde, da jeder Hilfe Aufgrund der vielen Netzwerke, in die der wer ihnen bei verschiedenen, nicht nur suchende ein individuelles Schicksal mit polnische Sozialrat versponnen ist, kann rechtlichen Angelegenheiten helfen kann sich bringen würde und die Arbeit mit eindeutig gesagt werden, dass dieser Teil und dergleichen. Vor allem aber wollte jedem Individuum eine Herausforderung des polnischen Berlins auf keinen Fall mehr er mit den anderen Mitbegründern dabei sei. Ob Sprachkurse, Bewerbungstraining wegzudenken ist aus der Hauptstadt. helfen, die Vorurteile gegenüber Polen oder der Der polnische Sozialrat e.V. ist und bleibt abzubauen psychologische Beratung, zu polnische Sozialrat hat ein vielfältiges ein wichtiger Aspekt polnischen Lebens einem festen Bestandteil Berlins machen, Repertoire im Angebot. Auch Festivals, in Berlin, wer über Migration von Polen schließlich waren und sind die Polen bei denen mit Theaterspielen, Trommeln nach Berlin oder laufende Berlin-Polen- direkte Nachbarn Deutschlands und so und Tänzen gearbeitet wird, widmen Spektakel mehr erfahren will, der ist hier sind Polen durch diese Nähe nicht ungering sich stets der Hauptaufgabe des Vereins: genau richtig und sollte ein Gespräch vertreten in Berlin. „Polen leben in Berlin Der mit einem der Mitarbeiter des polnischen gut integriert“, meint Herr Kaminski, „es verschiedener gibt keine polnische Ghettoisierung in der bestimmten Trotzdem Zusammenkunft. Natürlich steht der Verein sondern habe sich etwas im Laufe der Zeit in engem Kontakt zu anderen deutsch- Europas hierher gefunden haben. und diese Menschen Stadtbezirken“. Förderung des Zusammenspiels Kulturen, deutschen und insbesondere Sozialrates nicht missen, die mittlerweile polnischen nicht mehr nur aus Polen stammen, aus verschiedenen Ländern Anhang 71 Literaturtipps für die Historische Spurensuche Berliner Regionalmuseen (Hg.): Zwangsarbeiter in Berlin 1938-1945, Berlin 2003. Broszat, Martin: Zweihundert Jahre deutsche Polenpolitik, Frankfurt a.M. 1972. Bula, Karol: Polnische Komponisten und Musiker im Berliner Musikleben zwischen 1871 und 1914, Sinzig 2004. Hartmann, Gottfried: Polen in Berlin, in: Stefi Jersch-Wenzel u. Barbara John (Hrsg.): Von Zuwanderern zu Einheimischen Hugenotten, Juden, Böhmen und Polen in Berlin, Berlin 1990. Kiemicki, Edward: Berliner Victoria, 24.IV-2.V 1945, Polnische Soldaten am Brandenburger Tor, Warschau 1975. Liman, Stefan: Polen in Berlin und ihr Milieu, in: Zeitschrift für Slawistik, Band 32.4, Berlin (Ost) 1987. Rada, Uwe: Berliner Barbaren. Wie der Osten in den Westen kommt, Berlin 2002. Ruchniewicz, Krzysztof: Die polnische politische Emigration nach Deutschland in den Jahren 1945 bis 1980, in: Christoph Pallaske (Hg.): Die Migration von Polen nach Deutschland. Zu Geschichte und Gegenwart eines europäischen Migrationssystems, Baden-Baden 2001, S. 61-77. Stach, Andrzej: Das polnische Berlin, 3. Aufl., Berlin 2002. Steinert, Oliver: „Berlin – Polnischer Bahnhof“. Die Berliner Polen. Eine Untersuchung zum Verhältnis von nationaler Selbstbehauptung und sozialem Integrationsbedürfnis einer fremdsprachigen Minderheit in der Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918), Hamburg 2003. 72 Weber, Ursula: Der Polenmarkt in Berlin. Zur Rekonstruktion eines kulturellen Kontaktes im Prozeß der politischen Transformation Mittel- und Osteuropas, Neuried 2002. Abbildungsnachweis Archiv der Stiftung „������������������������������������� �������������������������������������� Polnisch-Deutsche Aussöhnung”, S. 16. Landesarchiv Berlin, S. 5 (links), S. 7 (oben), S. 12 (rechts oben, Fotograf: Rudolf Steinhäuser), S. 18 , S. 24 (oben, Fotograf: Wolfgang Albrecht), S. 25 (Flugblatt). Aus: Rudolf, Hans-Ulrich und Vadim Oswalt (Hg.): TaschenAtlas Weltgeschichte. europa und die Welt, Gotha 2002, S. 4. Aus: Steinert, Oliver: „Berlin – Polnischer Bahnhof“, Hamburg 2003, S. 10. 73 Impressum Texte: Alexandra Falkenauer, Katarzyna Grajner, Larissa Kalthoff, Jasmin Nithammer, Elisabeth Schultze Layout: Katarzyna Grajner, Jasmin Nithammer, Elisabeth Schultze Präsentation: Alexandra Falkenauer, Larissa Kalthoff © 2007 Projektgruppe “Das polnische Berlin”