Adriana vor dem Zerfall

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Adriana vor dem Zerfall
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Adriana vor dem Zerfall
Der Verfall der antiken Stadt Pompeji bei Neapel
sorgte Ende 2010 für Aufsehen - um die einstige Kaiservilla "Adriana"
bei Rom steht es heute nicht besser: Für eine Restaurierung fehlt jedoch
das Geld. Wie auch bei anderen schlecht gepflegten Kulturstätten
Italiens geht das Interesse der Touristen bereits zurück - viele bleiben
einfach weg.
An einem warmen Sommertag wirkt die "Villa Adriana" nahezu
ausgestorben. Nur eine Japanerin sitzt zwischen den Trümmern und starrt
einer Schildkröte hinterher, die durch den antiken Wassergraben paddelt.
Einige Meter weiter führt eine Steintreppe durch einen Torbogen
hindurch. Daneben ist ein gelbes Schild montiert: "Pericolo di crollo" Einsturzgefahr". Ohne Italienisch-Kenntnisse dürfte die Japanerin die
Warnungen nicht verstehen. Solche Tafeln finden sich an allen Ecken und
Enden der einstigen Imperatoren-Residenz. Die Überreste des zwischen 117
und 138 nach Christus erbauten Palastes sind allzu oft keine Erbauung
mehr, sondern immer mehr Gefahr für Leib und Leben.
Tatsächlich könnte die Villa bei Tivoli - seit 1999 Unesco-Weltkulturerbe
- wie viele andere historische Schätze Italiens eine gründliche
Restaurierung gut gebrauchen. Nach letzten Schätzungen der Betreiber
würde sie mindestens 2,5 Millionen Euro kosten. Das Kultusministerium
stellte bisher 370.000 Euro zur Verfügung. "Lächerlich. Damit kann man
gerade mal das Gelände putzen", kommentierte ein Mitglied des regionalen
Kulturausschusses. Doch der zuständige Kultusminister Giancarlo Galan
weist die Vorwürfe weit von sich.
Rom weiß von nichts
"Für die Villa Adriana sind vier Millionen Euro reserviert",
kommentierte Galan verärgert kritische Medienberichte. Das fehlende Geld
soll laut seinem Ministerium aus einem 20 Millionen Euro schweren
Fördertopf der Stadt Rom bezogen werden. Doch dort weiß man von nichts.
"Die Villa fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich", erklärt ein
Beamter des römischen Kulturassessorats sichtlich verdutzt. Die
Restaurierung sei eine Angelegenheit der Staats- und nicht der
Stadtkassen. Klar ist, dass dem hoch verschuldeten Italien Gelder fehlen
- und das nicht nur in Tivoli.
Anfang
des Jahres strauchelte der Vorgänger von Galan, Sandro Bondi, über den
zunehmenden Verfall der weltberühmten antiken Stadt Pompeji. Starke
Regenfälle hatten Ende 2010 Teile des schlecht gehegten Kunstschatzes
einstürzen lassen. Nach zahlreichen internationalen Polemiken trat der
Kultusminister am Ende zurück. Auch das Kolosseum ist schon seit langem arg renovierungsbedürftig.
Wegen Ebbe in der Kasse musste sich die Regierung hier auf die Suche
nach einem privaten Sponsor machen. Mit Erfolg: Mittlerweile wird das
Wahrzeichen Roms mit dem Geld eines Schuhfabrikanten restauriert. Dieser
darf das weltberühmte Monument im Gegenzug allerdings für Werbezwecke
nutzen.
Tourismus leidet
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40 Prozent weniger Besucher musste die Kaiservilla vor den Toren Roms
2010 registrieren, wie der "Corriere della Sera" kürzlich anklagend
berichtete. Und der Tourismus dürfte weiter leiden, wenn nicht bald
etwas geschieht. Für heute reicht ein Blick über das Gelände der
einstigen Kaiserresidenz: Gespenstische Stille herrscht. Die Japanerin
hat das baufällige Kulturgut bereits verlassen. Eine Familie schlendert
über das Gelände und kommt den Warnschildern gefährlich nahe. Die Kinder
quengeln. Die Steine interessieren sie nicht. Sie wollen lieber die
Ente im Wasserbassin füttern und dort unter dem Baum den verwilderten
Hund streicheln. Er sieht wie die "Villa Adriana" ziemlich alt aus aber nicht so gefährlich.
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