Schweine im Schlaraffenland

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Schweine im Schlaraffenland
MAZ
Dienstag,
10. November 2015
POTSDAM
21
Schweine im Schlaraffenland
Zwei Geografen haben den „Potsdamer Sauenhain“ gegründet und halten Schweine auf einer alten Apfelplantage in Grube so artgerecht wie möglich
Von Peter Degener
Grube. Unter alten Apfelbäumen
suhlen, graben, fressen und schlafen die Schweine von Axel Penndorf und Clemens Stromeyer nicht
nur den lieben langen Tag, sondern das ganze Jahr über. Mit der
in Deutschland üblichen Schweinezucht hat der „Potsdamer Sauenhain“ in Grube nichts zu tun.
„Wir möchten unsere Tiere artgerecht und regional halten und
das Gefühl haben, dass es normal
ist diese Tiere so zu halten“, sagt
Axel Penndorf. Der 45-Jährige
Berliner ist ein Idealist, der Sauenhain sein „Liebhaberprojekt“.
Sein Partner Clemens Stromeyer
hat die gleiche Freude an den Tieren, nennt aber ein anderes Motiv:
„Ich habe vernünftiges Schweinefleisch in Potsdam vermisst, denn
auch die guten Fleischer haben
nur Schweinefleisch aus Stallhaltung. Ich möchte aber gerne gutes
Fleisch essen, wie es auch bei
Rindfleisch möglich ist“, sagt der
36-jährige Potsdamer. Mit Landvermessung kennen sich Penndorf
und Stromeyer aus, denn die beiden sind freiberufliche Geografen.
Landwirtschaft gehörte bisher
nicht zu ihrem Beruf. Ihr Knowhow haben die beiden von Biolandwirt Bernd Schulz aus Brück,
der schon seit 20 Jahren Freilandhaltung betreibt.
Seit dem Frühjahr haben sie eine
alte Apfelplantage am Bahnhof
Grube gepachtet, die den großflächigen Rodungen der 1990er-Jahre entgangen war. Auf etwa zehn
Hektar Fläche tummeln sich derzeit rund 60 Ferkel, zehn Sauen
und ein Eber namens Romeo, der
die Tiere nach und nach beglückt.
Der Eber gehört zur Rasse der Duroc-Schweine. „In den letzten 60
Jahren wurden Schweine dahin
gezüchtet, dass sie immer fettfreier
sind. Mageres Fleisch hat aber keinen Geschmack. Eine feine Marmorierung aus Fett ist für guten
Geschmack entscheidend und typisch für die Duroc-Schweine“, erklärt Stromeyer diese Wahl. Die
Diese Ferkel genießen nicht nur Eicheln, sondern auch ein ganzes Jahr im Freien auf der früheren Apfelplantage. Danach werden aber auch sie geschlachtet.
Sauen teilen sich in LandrasseSchweine und seltene „Bunte
Bentheimer“, von denen es weltweit nur noch etwa 500 Sauen gibt.
Von der Mischung aus muskulösen
und „speckigen“ Sorten erhoffen
sich die Landwirte einen besonders guten Geschmack.
28 Millionen Schweine werden
laut dem Statistischen Bundesamt
derzeit in Deutschland gehalten.
Bis auf wenige Ausnahmen leben
fast alle diese Tiere in Ställen. Die
Tierschutz-Nutztierverordnung
sieht nur einen Quadratmeter für
die über 100 Kilogramm schweren
Mastschweine und
weniger als zweieinhalb Quadratmeter für eine
Sau vor. Für die
Ferkel
ist
nicht einmal
ein
halber
Quadratmeter
vorgeschrieben.
Auch
Axel Penndorf
(l.) und Clemens
Stromeyer sind
nebenberufliche
Landwirte.
Schweine, deren Fleisch mit einem
der vielen Biosiegel ausgezeichnet
ist, haben nur wenig mehr Platz
und etwas Auslauf unter freiem
Himmel.
Im „Sauenhain“ ist der Platz dagegen fast endlos. Derzeit tummeln sich auf den rund 100 000
Quadratmetern nicht einmal einhundert Tiere. Bis zur Schlachtung
leben die Tiere ein ganzes Jahr im
Freien, auch im Winter. Als Schlafplätze haben die Junglandwirte
Hütten aus Stroh errichtet. „Die
Tiere können hier gemeinsam in
den Familiengruppen interagieren.“ Dass sie stets der Natur ausgesetzt seien, sei kein Problem.
Derart gehaltene Schweine sind
robuster und gesünder als Stalltiere. Von den Landwirten ist mindestens einer der beiden jeden Tag
draußen, um die Tiere zu versorgen. Gefüttert werden sie mit
Eicheln, Äpfeln, Gras, Heu und vor
allem Getreideschrot. „Die umliegenden Bauern liefern das Futter“,
sagt Penndorf.
Das Motto der beiden lautet
„Das Umland ernährt die Stadt“.
Wenn Stadtbewohnern der Bezug
zur Landwirtschaft verloren gegangen ist, können sie im Sauenhain zumindest lernen, was früher
die Regel war: das sogenannte
Weideschwein. Im Frühjahr soll
Weideschweine
Bis ins 19. Jahrhundert wurden fast
alle Schweine im Freien gehalten. Diese Weideschweine zeichnen sich durch
Robustheit und Genügsamkeit aus sowie den Instinkt, selbst nach Nahrung
zu suchen.
Ihr auf die selbstständige Nahrungssuche angepasster Rüssel ermöglicht
ihnen eine intensive Grabtätigkeit im
Boden.
Durch die zunehmende Stallhaltung
in Deutschland waren die zu den Weideschweinen gehörenden Rassen um
1975 fast ausgestorben.
Die „Bunten Bentheimer“ sind eine besonders seltene Schweinerasse.
ein kleiner Besucherbereich eingerichtet werden, von dem aus
man Sauen und Ferkel beobachten
kann. „Mal schauen was daraus
wird und ob daraus Arbeitsplätze
entstehen“, überlegt Penndorf.
Wenn die ersten Tiere ein Jahr
alt sind und geschlachtet werden,
scheint die Abnahme des Fleisches
gesichert. Über eine eigene Homepage wird das Fleisch bereits angeboten, aber vor allem der Zuspruch auf dem CrowdfundingPortal „Kickstarter“ gibt den
Schweinewirten Mut. Dort läuft
„Mir ist jeden Tag bange“
Nach tödlichem Radunfall weisen MAZ-Leser auf gefährliche Stellen in der Stadt hin
Potsdam. Eine Woche ist es
nun her, dass eine junge Frau
(19) am Nauener Tor mit dem
Rad tödlich verunglückte.
Seither melden MAZ-Leser
täglich Stellen, an denen sie
sich als Radfahrer unwohl
fühlen oder gar Angst haben.
Dörte Behrendt: Ein großes
Problem sei der grüne Pfeil
an der Otto-Nagel-/ Ecke Berliner Straße: „Autos aus der Otto-Nagel-Straße kommend
sehen nicht ihre rote Ampel,
sondern fast immer nur ihren
grünen Pfeil. Auch an der
Kreuzung Berliner-/Behlertstraße aus Berlin kommend ist
mir jeden Tag bange. Bei
Grün fahre ich geradeaus
und Autos biegen rechts ab.
Ebenso aus Richtung Stadt in
Richtung Berlin über die Kreuzung
Behlert-/Nuthestraße
fahrend ist es eine Zitterpartie, denn im ersten Teil der
Überfahrt hat der Radfahrer
zwar immer Vorfahrt vor den
nach rechts auf die Nuthestraße abbiegenden Fahr-
zeugen, aber es gibt keine
Ampel. Ich habe von quietschenden Reifen und Hupen
schon alles erlebt. Ich muss
aber leider auch viele Radfahrer kritisieren. Auf dem
falschen Radweg in die falsche Richtung radeln, das erlebe ich auch jeden Tag. Und
das sind nicht nur die Fahrradraser, sondern auch Mütter/Väter mit ihren Kindern.
Andreas Müller nennt Gefahrenstellen in Potsdam-West:
Geschwister-Scholl-Straße
nach der Haltestelle Am Kiewitt (parkende Autos, Straßenbahnschienen), am Bahnhof Charlottenhof (Abbiegen/
Fahren auf Fußgängerweg
und anschließend wieder auf
die Straße) sowie an der Brücke über den Schafgraben
(Schienen der Straßenbahn).
Eine gefährliche Stelle, die die MAZ-Leser immer wieder nennen, ist die Promenade an der Hegelallee. FOTO: CHRISTEL KÖSTER
FOTOS (3): PETER DEGENER
In Babelsberg sei die Kurve in
Höhe Freiland kritisch. Hier
müssen Radfahrer die Straße
nutzen, haben auch eine extra Markierung. Durch die
Kurve überholen jedoch die
Autos/Busse extrem eng und
schneiden die Fahrbahn der
Radfahrer. Im Zentrum werde es in der Charlottenstraße
insbesondere aufgrund der
Tramschienen und der daneben parkenden Autos brenzlig. Problematisch sei dort
auch die Tramhaltestelle:
„Durch die Erhöhung und
Verengung der Straße versuchen die Autofahrer oftmals,
noch vor der Haltestelle
schnell an den Radfahrern
vorbei zu kommen und
schneiden oftmals den Weg.“
In der Friedrich-Ebert-Straße
sei es zwischen Charlottenstraße und Nauener Tor heikel:
„Viele Fußgänger sind hier
auf der Straße unterwegs,
oftmals sehr unbedarft, dazu
viele Autos, die parken und
wegen
der
verbotenen
Durchfahrt wenden.“
noch bis zum Sonnabend eine
Kampagne, bei der man sich
Fleischpakete vorbestellen kann
und damit schon jetzt laufende
Kosten des Sauenhains gedeckt
werden. „Da geht es nicht nur um
mögliche Käufer. Wir wollten die
Potsdamer von Beginn an miteinbeziehen und haben das als partizipative Möglichkeit gesehen, um
herauszufinden, ob die Menschen
eine solche Initiative tragen“, sagt
Stromeyer.
Im Mai 2016 sollen die ersten
Kunden mit Fleischpaketen belie-
So fängt der
Tag gut an.
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fert werden. Den richtigen
Schlachter haben Penndorf und
Stromeyer allerdings noch nicht
gefunden. Auch ein Biosiegel werden die Produkte aus dem Sauenhain vorerst nicht tragen. Die dafür
notwendige Zertifizierung haben
die Unternehmer für die nächsten
Jahre ins Auge gefasst, um das
Fleisch auch als Zulieferer von Bioprodukten vermarkten zu können.
Dass es für ihr eigentliches Ziel –
gutes Fleisch aus artgerechter Haltung – mehr braucht als nur ein Siegel, zeigen sie schon jetzt.
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