Hand / Handschuh
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Hand / Handschuh
Hand / Handschuh von Rhea Powers Wir sind der Handschuh auf der Hand Gottes. Unsere Schwierigkeit besteht nur darin, daß wir uns mit dem Handschuh identifizieren und nicht mit der Hand, die den Handschuh mit Leben erfüllt. Wir zerbrechen uns den Kopf darüber, wo der Handschuh herkommt, welche Farbe er hat oder wie alt er ist. Wir machen uns Sorgen, wenn er einen Riß hat oder sich an manchen Stellen abnutzt und dünner wird. Wir beurteilen andere nach der Qualität des Materials, aus dem ihr Handschuh gemacht ist oder danach, wo ihr Handschuh gemacht wurde. Wir registrieren jede zusätzliche Verzierung auf dem Handschuh eines anderen. Das Design des Handschuhs des anderen entzückt uns oder stößt uns ab. Wir identifizieren uns mit dem Handschuh und wir denken, das ist das, wer wir sind. Aber wir vergessen, daß es die Hand im Handschuh ist, die für die Handlungen in unserem Leben verantwortlich ist. Ohne die Hand ist der Handschuh ein nutzloser Sack, und dennoch bestehen wir darauf, daß wir der Handschuh sind. Und wir betrachten andere weiterhin als Handschuh (Wow! Hast du den roten Handschuh da drüben gesehen?). Was würde passieren, wenn wir unsere Aufmerksamkeit, unsere Identifikation auf die Hand im Handschuh richten würden? Wie wäre es, wenn wir uns auf die Hand und nicht auf den Handschuh konzentrierten? Wie würde sich dein Leben verändern, wenn du wüßtest, daß du dasjenige bist, das dem Handschuh Leben gibt und nicht die äußere Form oder Erscheinung des Handschuhs. Wie würde sich deine innere Erfahrung verändern, wenn du ohne jeden Zweifel wüßtest, daß du die Hand bist, die vorübergehend einen bestimmten Handschuh trägt? Daß unsere Seele in einer Beziehung zum Göttlichen steht bedeutet nicht, daß daß wir vom Göttlichen getrennt oder anders als dieses sind. Beziehung beinhaltet zwei. Aber es gibt keine zwei; es gibt nur viele Formen des EINEN. Wir sind beides: der Handschuh und die Hand des Göttlichen, die sich in der Welt der Form zeigt. Der indische Guru Muktananda pflegte zu sagen: Das Göttliche lebt in der Welt durch dich, als das, was und wer du bist. Der Handschuh und die Hand sind nicht getrennt. Der Handschuh und die Hand sind nicht zwei – der Handschuh hilft der Hand, sich in das Reich der Form hinein auszudehnen. Wenn wir getrennt sind, dann sind wir ein Ding und Objekt. Doch das ist nicht unsere wahre Natur. Wir sind ein Ausdruck des EINEN. Wir sind ein Farbklecks im unendlichen Design der Realität. Wir sind ein integraler Bestandteil des Göttlichen, das sich in der From manifestiert. Alles, was es zu „tun“ gibt, ist zu SEIN. Mehr nicht. Der Trick besteht darin, unsere WAHRE NATUR und nicht die Strukturen unserer Persönlichkeit zu sein. Die Strukturen unserer Persönlichkeit, oder die Ebene unseres Ego-Selbsts, basieren alle auf der Vergangenheit. Sie bildeten sich in der Beziehung zu unserer frühen Umgebung. Sie halfen uns, in unserer Kindheit zu überleben. Wir haben uns mit diesen Strukturen identifiziert und halten sie für das, wer wir sind. Wir haben uns mit dem Handschuh und seiner Geschichte identifiziert. Wissenschaftler, die das Gehirn untersuchen, haben herausgefunden, daß es im Gehirn eine Stelle gibt, die schon in sehr jungem Alter ein Bild entwickelt, wer wir sind, und dieses Bild verändert sich im Laufe der Zeit nicht. Das bedeutet, daß wir uns fühlen, als wären wir noch immer hilflos, daß wir nicht die Ressourcen haben, die wir de facto heute zur Verfügung stehen. Wir klammern uns an die Strukturen, die uns in der Vergangenheit geholfen haben, zu überleben, als müßten wir uns gegenwärtig noch immer verteidigen und schützen. Das müssen wir nicht. Wir sind keine hilflosen Kinder mehr, die vom Wohlwollen ihrer Betreuer abhängig sind. Dennoch neigen wir dazu, an unseren alten Überlebensstrategien festzuhalten, weil unser inneres Selbstbild nicht auf den neusten Stand gebracht wurde. Wir identifizieren uns mit ihnen, weil wir uns bedroht fühlen, wenn wir sie loslassen. Eben jene, in der Vergangenheit entwickelten Muster, durch die wir uns auf die Realität und auf uns selbst beziehen, hindern uns heute daran, die Wahrheit dessen, wer wir sind, im Jetzt zu entdecken. Wir sind nicht unsere Geschichte, weder in diesem noch in irgend einem anderen Leben. Indem wir bewußt an uns arbeiten, können wir beginnen, das, wer wir sind, von dem zu unterscheiden, wofür wir uns gehalten haben. Indem wir die Strukturen unserer Vergangenheit bewußt wahrnehmen, beginnen wir zu erkennen, daß wer wir wirklich sind, weit jenseits der Strukturen unserer Persönlichkeit liegt. Wir sind nicht der Handschuh. Wir sind das EINE, das den Handschuh sowohl manifestiert als auch trägt.