Arbeit und Berufsausbildung - Info

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Arbeit und Berufsausbildung - Info
Conseil National des Personnes Handicapées
Centre National d’Information et de Rencontre du Handicap
Info-Handicap
DOSSIER TOP-THEMA
Arbeit und Berufsausbildung
für Menschen mit Behinderung
●
Emploi et formation professionnelle
pour personnes handicapées
65, Avenue de la Gare
L-1611 Luxembourg
Tel. : 366 466-1
Fax : 360 885
[email protected]
www.info-handicap.lu
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Inhaltsverzeichnis
I) Die Gesetzeslage in Luxemburg
…04
II) Leserbriefe und Beiträge zum Thema
…11
III) Beispiel : das Europäische Berufsbildungswerk Bitburg
…25
IV) FAZIT durch die Redaktion
…29
Anmerkung:
Sämtliches Material in diesem Dossier wurde im Informationsblatt von Info-Handicap „de
Bulletin“ (Ausgaben ab N°4 – Mai 2007) veröffentlicht. Alle Ausgaben der Bulletins finden Sie
als PDF-Version auf unserer Internetseite: www.info-handicap.lu.
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I) Die Gesetzeslage in Luxemburg
1997 wurde ein Aktionsplan zugunsten von behinderten Personen veröffentlicht, der im
Auftrag des Familienministeriums erarbeitet worden war. Dieser stellte eine Situationsanalyse aller zu diesem Zeitpunkt bestehenden Strukturen und Leistungen in der Behindertenpolitik dar und definierte darüber hinaus notwendige Verbesserungen.
Dieser Aktionsplan legte auch im Bereich Arbeit und wirtschaftliche Absicherung die zu
unternehmenden Schritte fest. Hier einige wichtige Forderungen, die in diesem Bereich zum
damaligen Zeitpunkt im Kapitel Aktionen aufgestellt wurden:
Situation der Personen mit einer Behinderung
im Bereich Arbeit und Berufsausbildung vor 10 Jahren
● Regulärer Arbeitsmarkt
Zum Zeitpunkt der Situationsanalyse definierte das Gesetz vom 12. November 1991 über die
behinderten Arbeitnehmer den Status behinderter Arbeitnehmer. Wenn dieser zuerkannt
wurde, wurden bestimmte Maßnahmen (z.B. staatliche Lohnbeteiligung, behindertengerechte Anpassung des Arbeitsplatzes...) ausgewählt, die die Integration auf dem regulären
Arbeitsmarkt fördern sollten.
Im Aktionsplan wurde nun festgehalten, dass auch die Personen mit einer psychischen
Behinderung in den Personenkreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden
müssten. Ebenso müssten auch die Personen, die wegen einer Krankheit ihren Beruf nicht
mehr ausüben könnten, von dem Gesetz profitieren. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass
die zu erfüllenden Quoten, d.h. die Festlegung der Anzahl von behinderten Arbeitnehmern in
privaten Betrieben und öffentlichen Stellen, nicht eingehalten würden. Es wurde gefolgert,
dass bei der Überarbeitung des Gesetzes von 1991 Kontrollmechanismen und Sanktionen
aufgestellt werden müssten, um die Einhaltung der Quoten durchzusetzen.
● Der „beschützte“ Arbeitsbereich
Der Aktionsplan forderte, dass ein legaler Rahmen geschaffen werden müsse, in dem ein
Gehalt für die in den beschützenden Werkstätten beschäftigten Personen festgelegt würde.
Dem Stellenmangel müsse durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze entgegengetreten
werden.
Nach dem Gesetz von 1991 hatten alle beschützenden Werkstätten Anspruch auf eine
Lohnbeteiligung der beschäftigten Arbeitnehmer durch den Staat. Künftig seien sie als
Betriebe anzusehen, die sich selbst an den Lohnzahlungen beteiligen müssten. Um das
Funktionieren der Strukturen zu regeln und gleichzeitig eine Qualität zu sichern, müssten
folgerichtig Konventionen zwischen Arbeitsministerium und Werkstätten abgeschlossen
werden.
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● Soziale und wirtschaftliche Absicherung
Was die wirtschaftliche Absicherung der Personen mit einer Behinderung zum Zeitpunkt des
Aktionsplans betraf, so waren die Definitionen der Zielgruppen in den Gesetzen, die
finanzielle Hilfen festschrieben, sehr unterschiedlich und nicht aufeinander abgestimmt. Dies
führte zu Verwirrungen und barg die Gefahr, dass Personen, die Hilfe benötigen, durch die
Maschen des sozialen Netzes fielen.
Um dies zu vermeiden, müsse eine Analyse der Mehrkosten für Personen mit Behinderungen aufgestellt und die entsprechende ausgleichende finanzielle Unterstützung geregelt
werden. Es sei absolut notwendig, künftig den erwachsenen Personen Mittel zur Verfügung
zu stellen, mit Hilfe derer sie eine wirtschaftliche Unabhängigkeit erreichen könnten.
Allen Personen mit einer Behinderung, die - sei es auf dem regulären oder auf dem
beschützten Arbeitsmarkt - einer beruflichen Tätigkeit nachgingen, müsse demnach künftig
ein Gehalt gezahlt werden. Die Personen, die aufgrund der Schwere ihrer Behinderung keine
berufliche Tätigkeit ausüben können, müssten dann ein Ersatzeinkommen erhalten.
Gegenüber der bisherigen Zahlung eines garantierten Mindesteinkommens, bei der die
finanzielle Situation des gemeinsamen Haushalts der Familienmitglieder berücksichtigt
würde, müsse ein solches „Ersatzeinkommen“ unabhängig vom Haushaltseinkommen
ausgezahlt werden, um den Menschen mit einer schweren Behinderung eine wirtschaftliche
Unabhängigkeit zu ermöglichen.
Heutige Situation der Personen
mit einer Behinderung im Bereich Arbeit und Berufsausbildung
► Gesetz bezüglich der behinderten Personen (12.09.2003)
Die größte Reform, um die im Aktionsplan aufgestellten Verbesserungsvorschläge umzusetzen, war die Schaffung des Gesetzes bezüglich der behinderten Personen - § Loi du
12 septembre 2003 relative aux personnes handicapées - das das Gesetz vom 12.
November 1991 über die behinderten Arbeitnehmer ablöste.
Ein zweites Gesetz betreffend der Arbeitsunfähigkeit und der beruflichen Wiedereingliederung - § Loi du 25 juillet 2002 concernant l’incapacité de travail et la réinsertion
professionnelle - verändert durch das Gesetz § Loi du 1er juillet 2005 modifiant 1. la loi du 25
juillet 2002 concernant l’incapacité de travail et la réinsertion professionnelle - regelt heute
die Situation der Berufsunfähigkeit, also die Situation der Personen, die wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ihre Arbeitsstelle nicht mehr ausfüllen können.
Auch dies war ja im Aktionsplan gefordert worden. Wir werden in unserer nächsten Ausgabe
des „Bulletin de Liaison“ auf dieses Gesetz näher eingehen.
Heute möchten wir Ihnen das erstgenannte Gesetz bezüglich der behinderten Personen,
das am 1. Juni 2004 in Kraft getreten ist, vorstellen.
Wichtigste Neuerungen:
► Das Gesetz definiert für alle behinderten Arbeitnehmer, die in einer beschützenden
Werkstatt arbeiten, den Status eines Lohnempfängers und legt für alle behinderten
Personen, die nicht in der Lage sind zu arbeiten, ein so genanntes Einkommen für Personen
mit einer schweren Behinderung fest, das diesem Personenkreis eine finanzielle Unab-
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hängigkeit ermöglicht. Oder anders gesagt: Menschen, die in einer beschützenden Werkstatt
(atelier protégé) arbeiten, bekommen seit Inkrafttreten des Gesetzes ein Gehalt in Höhe des
sozialen Mindestlohns und werden nach geltendem Arbeitsrecht (inklusive bestimmter
Zusatzregelungen) behandelt. Die Werkstätten haben, wie gefordert, Konventionen mit dem
Arbeitsministerium geschlossen und sind als Arbeitgeber anerkannt.
► Menschen, die auf Grund der Schwere ihrer Behinderung nicht arbeiten können, erhalten
jetzt ein vom Nationalen Solidaritätsfond (Fonds National de Solidarité) ausgezahltes Einkommen in Höhe des garantierten Mindesteinkommens eines Haushaltsvorstands.
► Was die behinderten Arbeitnehmer auf dem regulären Arbeitsmarkt betrifft, so gilt
weiterhin wie schon im Vorgängergesetz vom 12. November 1991 über die behinderten
Arbeitnehmer: Wenn der Status behinderter Arbeitnehmer anerkannt wird (Erwerbsminderung von mindestens 30% aufgrund der Behinderung), können - neben einer Zuerkennung
von 6 zusätzlichen Urlaubstagen - bestimmte Maßnahmen ausgewählt werden, um die
Integration auf den regulären Arbeitsmarkt zu fördern. Diese Maßnahmen können eine
staatliche Lohnbeteiligung, eine behindertengerechte Anpassung des Arbeitsplatzes, eine
staatlich finanzierte Umschulung usw. sein.
Das Gesetz unterscheidet also zwischen den Personen mit einer Behinderung, die auf dem
regulären Arbeitsmarkt tätig sind (und Anspruch auf den Status behinderter Arbeitnehmer
haben), den behinderten Personen, die in einer beschützenden Werkstatt arbeiten und den
Personen, die aufgrund der Schwere und Art ihrer Behinderung nicht arbeiten können. Im
Gesetz wurden Prozeduren festgelegt, die eine Orientierung der Menschen mit einer
Behinderung im Sinne des Gesetzes ermöglichen sollen, auf die wir im Folgenden kurz
eingehen möchten. Nähere Informationen finden Sie in der Broschüre „Einkommen für
Menschen mit einer Behinderung“, die sie auf unserer Homepage www.info-handicap.lu
herunterladen können (auf „Documents“ klicken, dann auf „Emploi“).
Um in den Geltungsbereich des Gesetzes zu kommen, muss zunächst Kontakt mit dem
Sekretariat der Medizinischen Kommission (beim Arbeitsamt) aufgenommen werden. Hier
werden die AntragstellerInnen über die notwendigen Formalitäten aufgeklärt. Es kann sowohl
ein Antrag auf den Status des behinderten Arbeitnehmers als auch ein Antrag auf das
Einkommen für Menschen mit einer schweren Behinderung gestellt werden.
Sind alle notwendigen Papiere zusammen, werden sie der Medizinischen Kommission
(Commission médicale) weitergeleitet. Diese entscheidet über den Prozentsatz der
Erwerbsminderung. Wird über einen Antrag auf das Einkommen für Menschen mit einer
schweren Behinderung positiv entschieden, so wird die Akte an den Nationalen
Solidaritätsfonds (Fonds National de Solidarité) weitergeleitet. Der prüft, ob weitere
Bedingungen (Mindestalter 18 Jahre und Wohnsitz) erfüllt sind und zahlt dann das Einkommen dem Anspruchberechtigten aus.
Im Falle eines Antrags auf den Status behinderter Arbeitnehmer prüft die medizinische
Kommission, ob mindestens 30% Erwerbsminderung vorliegen. Sobald man als behinderter
Arbeitnehmer anerkannt ist, muss man sich bei der Dienststelle für behinderte Arbeitnehmer (Service des Travailleurs Handicapés) registrieren lassen.
Die Akte wird an die Kommission für Orientierung und berufliche Wiedereingliederung
(Commission d’Orientation et de Reclassement Professionnel) weitergeleitet. Diese
Kommission entscheidet darüber, ob der Antragsteller zum regulären Arbeitsmarkt hin
orientiert wird, oder aber in Richtung einer Werkstatt für behinderte Menschen. Auch hier
kann entschieden werden, dass die Behinderung so schwerwiegend ist, dass der
Antragsteller auch im beschützten Arbeitsbereich nicht arbeiten kann. In diesem Fall wird
die Akte an den Nationalen Solidaritätsfonds weitergeleitet (s.o.).
Bei einer Entscheidung für eine Orientierung auf dem regulären Arbeitsmarkt kann die
Kommission dem Leiter des Arbeitsamts Maßnahmen zur beruflichen Integration und
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Wiedereingliederung vorschlagen. Der Leiter des Arbeitsamts legt die Maßnahmen fest
und beauftragt die Dienststelle für behinderte Arbeitnehmer mit der Durchführung und
Überwachung dieser Maßnahmen.
Der Lohn der behinderten Arbeitnehmer darf nicht geringer sein als der gesetzlich
vorgeschriebene - weder auf dem regulären noch auf dem beschützten Arbeitsmarkt.
Findet nun der anerkannte behinderte Arbeitnehmer trotz seiner Bemühungen und der Unterstützung des Service des Travailleurs Handicapés aus „nicht von ihm selbst zu verantwortenden“ Gründen keinen Arbeitsplatz, so kann er beim Leiter des Arbeitsamts einen Antrag auf
Einkommen für Personen mit einer schweren Behinderung stellen, der dann an den
Nationalen Solidaritätsfonds weitergeleitet wird (s.o.). Dies gilt sowohl für den behinderten
Arbeitnehmer, der auf den regulären Arbeitsmarkt als auch für denjenigen, der auf den
beschützten Arbeitsmarkt orientiert wurde.
Wie oben erwähnt, stellt dieses Gesetz die größte Reform im Bereich Arbeit und
wirtschaftliche Situation der Menschen mit Behinderungen dar.
Weitere im Aktionsplan aufgestellte Forderungen: Was die Quoten, also die Definition der
Anzahl von behinderten Arbeitnehmern in Privatbetrieben und Ämtern betrifft, so sind diese
seit dem Gesetz von 1991 unverändert, d.h. es gibt sie, allerdings werden keine
Sanktionierungsmaßnahmen angewandt. Man setzt weiter auf den guten Willen der
Arbeitgeber. Allerdings gibt es eine im Nationalen Aktionsplan zugunsten der Arbeit 1998
(Plan d’action national en faveur de l’emploi) formulierte Verpflichtung des Staats, jedes Jahr
50 neue Arbeitnehmer mit dem Status behinderter Arbeitnehmer einzustellen.
Eine andere im Plan aufgestellte Forderung wurde gesetzlich erfüllt: Menschen mit einer
psychischen Behinderung sind seit dem Gesetz vom 12. Februar 1999 betreffend der
Umsetzung des nationalen Aktionsplans zugunsten der Arbeit 1998 anspruchsberechtigt, was die Zuerkennung des Status behinderter Arbeitnehmer und der damit verbundenen
staatlich finanzierten integrativen Maßnahmen betrifft.
Inzwischen ist auch ein - noch nicht abgeschlossener - Prozess im Gang, auch den in den
therapeutischen Werkstätten arbeitenden Personen den Status des Lohnempfängers zuzuerkennen.
FAZIT
Es bleibt festzuhalten, dass die im Aktionsplan 1997 definierten Verbesserungsvorschläge im
Bereich Arbeit und wirtschaftliche Absicherung zumindest theoretisch zu großen Teilen
umgesetzt worden sind.
Wie aber sieht es mit der praktischen Umsetzung aus?
Wir bitten Sie als Leser/innen und vom Gesetz betroffene Menschen, sei es als behinderte/r
Arbeitnehmer/in, als Bezieher/in des Einkommens für Menschen mit einer schweren
Behinderung, als Arbeitgeber/in, als Vertreter/in einer Trägerorganisation einer beschützenden Werkstatt… um Ihre Rückmeldungen!
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► Gesetz betreffend der Arbeitsunfähigkeit und der beruflichen
Wiedereingliederung (25.07.2002)
In der Juliausgabe des „Bulletin de Liaison“ haben wir uns mit dem Gesetz bezüglich der
behinderten Personen - § Loi du 12 septembre 2003 relative aux personnes handicapées beschäftigt, das die rechtliche Arbeitssituation und die finanzielle Absicherung der
Personen mit einer Behinderung reformiert hat.
Ein weiterer Verbesserungsvorschlag des Aktionsplans zugunsten von behinderten
Personen von 1997 war es aber auch, die Situation der Personen zu regeln, die wegen
einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ihre Arbeitsstelle nicht mehr ausfüllen
können. Das sind u.a. auch Personen, die im Laufe ihres Arbeitslebens eine Behinderung
erworben haben.
Heute wird die Situation der Berufsunfähigkeit geregelt durch das Gesetz betreffend der
Arbeitsunfähigkeit und der beruflichen Wiedereingliederung - § Loi du 25 juillet 2002
concernant l’incapacité de travail et la réinsertion professionnelle - inzwischen verändert
durch das Gesetz § Loi du 1er juillet 2005 modifiant 1. la loi du 25 juillet 2002 concernant
l’incapacité de travail et la réinsertion professionnelle…
Arbeitsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit heisst, dass der/die Arbeitnehmer(in) aufgrund
des Gesundheitszustandes die Anforderungen der bisherigen Arbeitsstelle nicht mehr
erfüllen kann - aber durchaus noch in der Lage ist, weiter zu arbeiten.
Die Arbeitsunfähigkeit ist somit abzugrenzen einmal von der vorübergehenden Krankheitssituation und zweitens von der Invalidität oder Erwerbsunfähigkeit, bei der der/die
Arbeitnehmer(in) aufgrund des Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage ist, zu arbeiten
und damit Anspruch auf eine Invalidenpension hat.
Die Prozeduren der Gesetze bezüglich Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder Invalidität und die
implizierten Entscheidungsorgane greifen eng ineinander, was immer wieder zu Verwirrung
und Unsicherheiten bei den betroffenen Personen führt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle
darstellen, wie diese Prozeduren ablaufen :
Bei längerer Erkrankung erhält der/die Betroffene nach ca. 6 Krankheitswochen das
Formular R4. Er/Sie muss nun spätestestens bis zur 10. Krankheitswoche den im Formular
geforderten detaillerten ärztlichen Bericht beim medizinischen Kontrolldienst der Sozialversicherung (Contrôle médical de la Sécurité sociale) einreichen. Tut er/sie das nicht,
wird das Krankengeld eingestellt.
Der medizinische Kontrolldienst der Sozialversicherung entscheidet darüber, ob :
1. der/die Versicherte nicht mehr krank ist, in diesem Fall entscheidet die Krankenkasse, das
Krankengeld einzustellen.
2. der/die Versicherte nach wie vor krank ist, das Krankengeld wird dann weitergezahlt.
Wichtig in diesem Zusammenhang : Nach 52 Krankheitswochen in einem Zeitraum von 2
Jahren, besteht kein Anspruch mehr auf Leistungen der Krankenkasse.
3. der/die Versicherte in Bezug auf den regulären Arbeitsmarkt invalide (erwerbsunfähig) ist.
Dann wird dem/der Versicherten geraten, einen Antrag auf Invalidenpension bei der
zuständigen Pensionskasse zu stellen.
4. der/die Versicherte nicht fähig ist, die bisherige Arbeitsstelle auszuüben. (Hier also greift
das Gesetz betreffend der Arbeitsunfähigkeit und der beruflichen Wiedereingliederung). Im Falle der Einwilligung des/der Versicherten wird nun die Gemischte
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Kommission zur Wiedereingliederung der Arbeitnehmer, die nicht fähig sind, ihre
letzte Arbeitsstelle auszuüben (Commission mixte de reclassement des travailleurs
incapables à exercer leur dernier poste de travail) eingeschaltet. Der zuständige
Arbeitsarzt prüft den gesundheitlichen Zustand des/der Versicherten, die Gemischte
Kommission entscheidet. Im Falle der festgestellten Arbeitsunfähigkeit entscheidet sie über
eine interne oder exerne Wiedereingliederung.
Wichtig: Der/die Versicherte selbst kann auch die Entscheidungsprozeduren auslösen,
entweder mit Hilfe des behandelnden Arztes, der den zuständigen Arbeitsarzt über die
gesundheitliche Situation seines Patienten/seiner Patientin informiert, oder aber durch die
Beantragung der Invalidenpension. Dies muss rechtzeitig geschehen, bevor die Leistungen
der Krankenkasse eingestellt werden (s.o.)
Voraussetzung für eine interne Wiedereingliederung (reclassement interne) ist, dass
noch ein Arbeitsvertrag besteht.
Mit interner Wiedereingliederung ist gemeint, dass der/die Arbeitnehmer(in) beim gleichen
Arbeitgeber weiterarbeitet, aber eventuell auf einer anderen Stelle oder mit einer eingeschränkten Arbeitszeit. Der Arbeitgeber, der die festgelegten Quoten nicht erfüllt, was die
Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer betrifft, ist verpflichtet, den/die betroffene(n)
Arbeitnehmer(in) weiter zu beschäfigen. Von dieser Verpflichtung kann er/sie entbunden
werden, wenn es nachweislich keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung gibt. Im Falle der
Weiterbeschäftigung hat der Arbeitgeber finanzielle Vorteile. So steht ihm eine
Steuererleichterung (bonification d’impôts) zu.
Der/Die betroffene Arbeitnehmer(in) hat einen Kündigungsschutz von einem Jahr. Sollte der
Verdienst geringer sein als bisher, besteht ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung
(indemnité compensatoire) bis zur Höhe des bisherigen Einkommens.
Wenn die gesundheitliche Situation sich verbessert, kann der/die Betroffene nach einer
bestimmten Frist auch wieder die alte Stelle einnehmen.
Immer dann, wenn die interne Wiedereingliederung nicht möglich ist, bzw. der/die Arbeitnehmer(in) die Arbeitsstelle bereits verloren hat - nach 26 Krankheitswochen besteht kein
Kündigungsschutz mehr -, wird eine externe Wiedereingliederung (reclassement externe)
entschieden, d.h. Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt. Sollte noch ein Arbeitsvertrag
bestehen, so erlischt dieser mit der Entscheidung. Der/Die Betroffene ist arbeitssuchend,
nach Ablauf der Zahlung des Arbeitslosengeldes erhält er/sie ein Wartegeld (indemnité
d’attente) in Höhe der Invalidenpension, auf die er in Luxemburg Anspruch hätte. Dies wird
von der zuständigen Pensionskasse ausgezahlt.
Auch nach Ablauf einer befristeten Invalidenpension und gleichzeitiger Feststellung einer
weiter bestehenden Arbeitsunfähigkeit kann eine externe Wiedereingliederung entschieden
werden. Wenn eine neue Stelle gefunden wurde und in Bezug auf die vorherige Stelle
Lohneinbußungen entstanden sind, wird wie bei der internen Wiedereingliederung, eine
Ausgleichszahlung (indemnité compensatoire) gezahlt.
Achtung: dies gilt nur für die erste Stelle - daher ist es sehr wichtig zu prüfen, ob die Stelle
tatsächlich geeignet ist! Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die Anstellung unbefristet
(indéterminé) ist.
Nach einem Jahr kann eine Invalidenpension beantragt werden, wenn neue Gegebenheiten
aufgetreten sind (beispielsweise Verschlechterung des Gesundheitszustandes).
Das Entscheidungsorgan ist, was den Bereich Arbeits- bzw. Berufsunfähigkeit betrifft, - wie
bereits erwähnt - die gemischte Kommission. Unterstützt wird sie bei der Entscheidungsfindung durch die Dienststelle für die Arbeitnehmer mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit (Service des travailleurs à capacité de travail réduite) beim Arbeitsamt
(Administration de l’Emploi).
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Weitere Aufgaben der genannten Dienststelle sind die Auszahlung der erwähnten
Ausgleichszahlung (indemnité compensatoire) und die Begleitung und Beratung des
Arbeitnehmers, bei dem eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorliegt. Die Sachbearbeiter(innen) beraten auch über Hilfen bei Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen,
wie z.B. Sprachkursen. Der Service des travailleurs à capacité de travail réduite bietet
ebenfalls seine Unterstützung bei der Arbeitssuche an.
Die Kontaktaufnahme beim Service des travailleurs à capacité de travail réduite erfolgt über
das Sekretatiat : Madame Kohr Alice (Tel. : 2478 – 5425).
Isabel Sturm
Service d’Information Juridique
Info-Handicap
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II) Leserbriefe und Beiträge
Entdecke deine Möglichkeiten!
Ich bin ein junger Mann von 27 Jahren, körperlich behindert und auf zwei Gehhilfen
angewiesen um mich fortzubewegen. Ich komme aus der Mitte von Deutschland und suchte
einen beruflichen Einstieg mit festem Arbeitsplatz.
Mit meiner Ausbildung als diplomierter Rechtspfleger bin ich auf einen Schreibtischjob
angewiesen. Also ist die Jobpalette und meine Einsatzmöglichkeit aufgrund meiner
speziellen fachlichen Ausbildung sehr eingeschränkt.
Ein Schwerbehinderter in der heutigen Arbeitswelt zu sein, bedeutet immer ein Balanceakt
zwischen dem Erkennen der eigenen Grenzen und dem Ausloten des persönlich Machbaren.
Nur wer immer wieder an seine Grenzen geht, hat überhaupt die Chance, persönlich zu
wachsen und sich zu verändern. Was liegt da näher als „offizieller“ Grenzgänger in
Luxemburg zu werden…
Mit viel Sucherei und auch Glück habe ich in Luxemburg bei einer Treuhandgesellschaft eine
Anstellung gefunden. Bei der Arbeit wird man immer wieder mit Gesunden gemessen. Das
ist normal und auch richtig. Dennoch steht man immer unter besonderer Beobachtung: “ Ist
er nicht länger krank als meine anderen Arbeitnehmer? …etc. “.
Das heißt, im Zweifel muss man mehr fachlich fundierte Kenntnisse haben als die nicht
behinderten Kollegen, um verdeckten oder offenen Vorurteilen gegen Behinderte angemessen entgegenzutreten.
Bei all diesem wird jedoch eines vergessen: in der Regel ist die soziale Kompetenz von
Behinderten nicht zu unterschätzen, was in einer sich immer schneller wandelnden
Arbeitswelt wichtig ist.
Meine tägliche Arbeit fülle ich über das übliche Zeitmaß aus und nehme auch für Hin- und
Rückfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln 2 Stunden und mehr in Kauf.
Ingo Hoos
Emploi et Handicap - Peut mieux faire!
Comme je l'avais déjà indiqué dans un précédent Bulletin à propos des transports, les
discriminations envers les personnes handicapées en matière d'emploi restent nombreuses
au Luxembourg.
Personnellement, je travaille comme enseignant d'anglais au Neie Lycée; mon contrat stipule
cependant que je suis "Employé de Bureau auprès de l'Administration Gouvernementale".
Pourquoi cela ?
Le directeur de l'établissement m'a répondu que cela permettrait de me dispenser du stage,
qui, il est vrai, n'est pas vraiment nécessaire pour le concept du Neie Lycée, car assez
théorique. Par contre, l'autre réalité est aussi, que ce stage est techniquement inaccessible,
vu la nature de la plupart des documents pédagogiques sur lesquels les enseignantsstagiaires travaillent. Le directeur n'a donc pas manqué de bonne volonté en faisant ce
choix.
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Par contre, tout choix de cet ordre s'intègre dans un contexte: Ainsi, l'administration de
l'école admet que j'effectue une tâche d'enseignant malgré mon statut (soit 30 heures au lieu
de 40). Mais au contraire, ce sont les structures institutionnelles qui restent rigides; en effet,
mon contrat ayant été avalisé par le conseil de gouvernement, j'ai effectué une demande
d'équivalence auprès du Ministère de la Fonction Publique, afin de faire reconnaître mon
niveau d'études universitaires à Bac+4 et me faire avancer en "Carrière Supérieure".
Pourtant, le 18 décembre 2006, je reçois un courrier du Ministère afférent indiquant que cette
reconnaissance était soumise à homologation des diplômes, alors que l'on m'avait fait espoir
auparavant. C'est pourtant ce point précis de l'homologation qui cloche: Le Luxembourg a en
effet l'une des législations les plus rigides en ce domaine, mais il appartient plutôt aux
organisations étudiantes (ACEL, UNEL …etc.) de statuer sur la légitimité de ce système. Sur
le site de l'Université de Luxembourg - et c'est la seule information qu'on peut trouver au
Grand-Duché à l'intention directe d'éventuels étudiants handicapés - on peut lire dans la
rubrique "Mobilité" que ces dits étudiants handicapés sont dispensés de séjour à l'étranger
en vue de l'obtention d'un diplôme. Or, la législation de 2004 sur l'homologation des
diplômes stipule qu'une mobilité est indispensable; pour les diplômes de Langues, elle est de
2 ans minimum. Où est donc la cohérence dans le système législatif, d'autant plus que
même un étudiant valide, qui avait décidé de suivre l'intégralité de ses études à l'étranger,
n'a pas eu la reconnaissance pour ne pas avoir effectué les 2 premières années au
Luxembourg? Inutile alors de vous parler alors de "besoins spécifiques".
Ainsi, la dispense semble être un choix de facilité, parfois justifiée, mais elle ne comble pas
tous les manques qui peuvent freiner l'intégration professionnelle des personnes
handicapées:
► les transports: Toutes ces contraintes ont déjà été évoquées dans un précédent TopThema d'Info-Handicap et on n'évitera sans doute pas des investissements conséquents sur
l'accessibilité des offres publiques. Il faut en effet dire que sur base des prix de taxi, les
transports individuels adaptés s'élèveraient à € 15.000 par an dans le budget de l'état pour
une seule personne qui effectue un trajet de 20 km aller-retour chaque jour. € 15.000, c'est
également le coût de 5 bornes audios interactives installées dans des lieux publics et ces
bornes fonctionnent facilement pendant 10 ans et ce, 24 heures sur 24. Ainsi, pour, ne
seraient-ce que 100 personnes aveugles, cela permettrait d'installer 5.000 bornes
d'information dans tout le pays (arrêts de bus, carrefours, administrations, gares, …etc).
► l'accès à la formation et la formation continue: Il faut ajouter qu'une grande majorité des
personnes, - et ce n'est pas qu'une question de handicap - n'est pas assez autodidacte ou
débrouillarde pour compenser les manques d'une pédagogie efficace. À titre d'exemple, un
certain nombre de personnes aveugles sont déjà venues me solliciter pour des cours d'appui
en français ou en anglais, après avoir été abandonnées par d'autres organismes comme le
Centre de Langues.
Un rapport accablant intitulé Discrimination à l'emploi, publié en 2005 par la Commission
Consultative des Droits de l'Homme, et le rapport en janvier 2006 sur l'éducation confirment
que : sans formation adéquate, les personnes handicapées ont peu de chances d'obtenir des
diplômes pourtant indispensables à l'insertion professionnelle à un niveau plus élevé. Le
désormais ex- premier ministre britannique Tony Blair en avait déjà fait un thème de
campagne symbolique en 1995 dans son mémoire New Britain - My Vision of a Young
Country, lorsqu'il promettait la nomination de David Blunkett, aveugle de naissance comme
ministre de l'intérieur. *
* Blair, Tony. New Britain: My Vision of a young country. Boulder: Westview Press, 1997: (p. 40).
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► Les contraintes administratives. Pour pouvoir bénéficier du statut de travailleur handicapé
et donc des droits qu'ouvre ce dernier, la personne handicapée ne doit plus être étudiant ou
en formation. Ainsi, pour quelqu'un qui dépend de ce statut, cette période est extrêmement
lourde, car non seulement, cette personne n'a que 596 € par mois pour vivre, soit l'Allocation
pour Adultes Handicapés**, mais elle dépend alors de la "charité" d'un patron qui voudra
bien recruter la personne sans les bénéfices du statut.
Ici, UNE SIMPLIFICATION ADMINISTRATIVE S'IMPOSE! La personne handicapée est
soumise aux mêmes obligations que les personnes dites valides, sans pourtant bénéficier
des mesures découlant de ses besoins spécifiques; dans le Bulletin de novembre 2006, j'ai
déjà relaté ce qui m'était arrivé à une convocation auprès de l'ADEM. En France, le statut de
travailleur handicapé s'acquiert automatiquement dès lors que le handicap peut être certifié
par une administration (carte d'invalidité, invalidité militaire, certificat de dépendance, &c.) et
que l'on a l'âge de travailler (entre 18 et 64 ans). De plus, une législation nettement plus
stricte permet aux personnes handicapées de mieux défendre leurs intérêts.
► Des préjugés incessants. Il n'est plus concevable qu'aujourd'hui, un organisme de
formation ou une autre instance puisse émettre un jugement de capacité / d'incapacité sur
une personne handicapée à exercer un travail, s'il n'a pas au moins eu une période d'essai
minimale d'un mois et tant qu'il y a du potentiel d'aménagements.
Bref, pour reprendre une expression que même mes élèves savent si bien utiliser, lorsqu'ils
disent que "quelque chose devrait être fait" et qui est d'ailleurs officialisé dans le rapport
d'Eurobaromètre sur l'intégration des personnes handicapées; notez toutefois que la
formulation passive en dit long sur la concrétisation. Les intensions et les "beaux discours"
sont là, mais il manque le courage politique d'agir et d'en assumer les conséquences, même
si elles peuvent parfois paraître douloureuses.
Patrick Hurst
** L’allocation spéciale pour personnes gravement handicapées à laquelle M. Hurst fait allusion, n’existe plus
er
sous cette forme, mais continue d’être versée aux personnes qui en ont bénéficié déjà avant le 1 janvier 1999.
La législation afférente a été remplacée par celle sur l’assurance dépendance.
Les personnes en situation de handicap au RTPH
Cette année, le « Réseau pour le Travail et la Promotion Humaine » fête ses 10 ans. Il s’agit
d’une asbl ayant pour but d’aider les personnes en situation de chômage ou qui ont des
problèmes liés à l’emploi. Cela se fait par un accompagnement personnalisé et une
formation à l’emploi. Le travail commun va de l’analyse de la situation actuelle de la
personne, jusqu’à la préparation de l’entretien d’embauche, en passant par des ateliers
théoriques et pratiques (organisation, CV, lettres de motivation, offres d’emploi, ...).
Nous accueillons les personnes à Esch/Alzette, à Luxembourg et à Diekirch (les deux
derniers bureaux sont accessibles en fauteuil roulant).
Depuis le début de notre travail, également des personnes en situation de handicap viennent
nous demander de l’aide pour trouver un emploi. Leurs expériences de vie et les problèmes
rencontrés (le statut de travailleur handicapé, trouver un emploi sur le marché ordinaire, la
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formation scolaire et professionnelle, la recherche d’un métier alternatif, le reclassement
externe, l’invalidité (partielle...) nous ont amenés à intensifier nos réflexions sur ce sujet.
D’un côté, nous optimisons et personnalisons le travail et l’accompagnement des personnes
qui viennent nous demander conseil. Nous accompagnons les gens d’une façon très
personnalisée et les modules de formation sont adaptés à leurs besoins. En même temps,
nous rassemblons les renseignements sur les lois et les règlements touchant à ce domaine.
D'un autre côté, nous élargissons notre collaboration avec d’autres acteurs actifs du secteur
comme le Service diocésain de pastorale des personnes ayant un handicap, Info-Handicap,
le Service des Travailleurs Handicapés de l’Administration de l'Emploi, etc., afin de servir au
mieux les personnes en recherche d’un emploi et de rendre attentif le grand public aux
problèmes que rencontrent les personnes en situation de handicap dans le monde du travail.
La collaboration avec l'Administration de l'Emploi en général, se fait de façon intensive et
cordiale.
Vous nous trouvez sur Internet sous www.rtph.lu et votre personne de contact est Madame
Andrée Biltgen au numéro de téléphone unique : 26 18 76 10.
Au nom de toute l’équipe du RTPH
Andrée Biltgen, consultante et formatrice
Berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderung
durch Jobcoaching und Arbeitsassistenz – Einleitung durch die Redaktion
Was versteht man unter „Jobcoaching“, was ist ein „Jobcoach“?
Unter einem Jobcoach ist eine Betreuungsperson zu verstehen, die dem behinderten
Menschen beim Einstieg in die betriebliche Organisation hilft und auch Unterstützung bei der
Unterweisung in die konkrete Tätigkeit am neuen Arbeitsplatz bietet. Der Job Coach ist im
Gegensatz zum Patenschaftskollegen oder zur -kollegin eine externe Dienstleistung, die für
die Einschulung eines Behinderten in Anspruch genommen werden kann.
Jobcoaching ist ein Teil der Arbeitsassistenz.
Arbeitsassistenz umfasst sowohl die Beratung, als auch die konkrete Unterstützung der
arbeitssuchenden Person mit Behinderung. Darin kann die Berufsberatung, die
Arbeitsfindung, die Begleitung zum Arbeitgeber hin, die Begleitung beim Arbeitgeber, die
Beratung des Arbeitgebers, die Begleitung oder Durchführung von administrativen
Tätigkeiten und die Nachbetreuung gehören.
Das Jobcoaching begrenzt sich auf die konkrete Ausbildung der Person mit Behinderung im
Betrieb, durchgeführt durch eine dafür spezialisierte betriebsexterne Person.
Arbeitslose Personen mit Behinderung, die bei der Stellensuche auf Unterstützung
angewiesen sind, können oft ihre Fähigkeiten nicht richtig einschätzen. Dies ist aber eine
14
wichtige Voraussetzung für die Fachkraft, um den Arbeitssuchenden erfolgreich unterstützen
zu können. Der Arbeitsassistent kann ein Fähigkeitsprofil erstellen, um die arbeitslose
Person adäquat zu orientieren.
Ein Jobcoach, bzw. ein Arbeitsassistent bietet also:
-
qualifizierte Beratung und Unterstützung auch für schwer behinderte Mitarbeiter von
Betrieben
kompetente Hilfestellung bei psychischer und/oder sozialer Belastung und bei daraus
entstehender Überforderung am Arbeitsplatz
Begleitung bis zur Integration in das Arbeitsprojekt.
Sie haben eine Behinderung und suchen Unterstützung bei der Findung eines Arbeitsplatzes
oder bei der Lösung von Problemen an Ihrer Arbeitsstelle ? Hier in Luxemburg gibt es einige
Vereinigungen, die eine solche Arbeitsassistenz für Menschen mit Behinderung anbieten.
In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen dazu, auf der folgenden Seite, die Beratungsstelle
„Solidarität mit Hörgeschädigten asbl“ vorstellen.
Wenn Sie sonstige Informationen zu diesem Thema benötigen, zögern Sie bitte nicht uns
anzurufen! Info-Handicap - Tel.: 366 466-1.
Jobcoaching im « Réseau pour le Travail et la Promotion Humaine »
Interview mit Frau Andrée Biltgen
► Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Beruf, worin besteht Ihre alltägliche Arbeit ?
Ich bin Beraterin und Ausbilderin im Réseau pour le Travail et la Promotion Humaine, einem
gemeinnützigen Verein, der in Beratungsstellen in Esch/Alzette, Diekirch und Luxemburg
sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen, die auf der Suche nach einer Arbeit sind, zu
unterstützen, zu begleiten und methodisch die Arbeitssuche zu optimieren. Unser
gemeinsames Ziel: ein erfolgreiches Einstellungsgespräch. In der Praxis bedeutet das, dass
wir uns Zeit für diese Menschen nehmen, um zusammen die verschiedenen Etappen, die bis
zu einem Bewerbungsgespräch zu bewältigen sind, zu erarbeiten, in Theorie und Praxis.
► An welche Zielgruppe wenden Sie sich?
Wir wenden uns an alle, die im erwerbsfähigen Alter sind, also Frauen und Männer zwischen
16 und 64 Jahren. Seit einiger Zeit kümmern wir uns verstärkt um die Menschen, die eine
Behinderung haben und auf Arbeitssuche sind.
► Was können Sie einer behinderten Person konkret durch Jobcoaching ermöglichen?
Wir nehmen uns Zeit für die Person, analysieren ihre ganz persönliche Situation, erarbeiten
zusammen, was die Person für Fähigkeiten hat und wo sie diese einsetzen kann. Das kann
bedeuten, dass wir manchmal ein ganz neues Berufsbild entwerfen müssen und bei jeder
Etappe die Behinderung mit einbeziehen, z.B. spätestens im Bewerbungsgespräch stellt sich
die Frage, wie der Einzelne die Behinderung thematisiert.
15
► Stoßen Sie in Ihrer Arbeit auch an Grenzen?
Es kommt vor, dass sich nach einiger Zeit herausstellt, dass die Person nicht oder noch nicht
bereit ist, einer Arbeit nachzugehen. Dann kann es auch eine Lösung sein, dass die Person
ihr Leben neu orientiert und vielleicht nach einigen Monaten auf uns zurückgreift, um das
Thema Arbeit wieder neu anzugehen. Eine Reihe von Umständen können die Arbeitssuche
verzögern (Operation, Kur, Weiterbildung, Umschulung, ...).
► Wie groß ist die Nachfrage hier in Luxemburg? Gibt es viele Menschen, die Ihre
Dienste im Bereich Jobcoaching in Anspruch nehmen?
Nach einer 10-jährigen Erfahrung hat sich ein Durchschnitt von ca. 500 Personen
herausgeschält, die pro Jahr unsere Dienste in Anspruch nehmen. Seit wir uns intensiver mit
der Thematik Behinderung befassen, steigt die Zahl der Personen, bei denen eine
Behinderung eine Rolle spielt, langsam aber stetig an.
► Wie würden Sie im Allgemeinen Ihre bisherigen Erfahrungen beschreiben?
Wir stellen immer wieder fest, dass die Menschen zwar eine Berufsausbildung haben oder
zumindest berufliche Fähigkeiten erwerben, aber die meisten nicht wissen, wie man eine
Arbeitsstelle findet. Diesem Mangel setzen wir eine „Ausbildung zum Beruf“ (formation à
l’emploi) entgegen. Das geht von Selbstanalyse, Berufsbilder, Arbeitsmarktsituation, über
das Erstellen einer Bewerbungsmappe bis hin zur Simulation und Analyse von
Einstellungsgesprächen.
► Wie bewerten Sie die Integration von behinderten Menschen auf dem regulären
Arbeitsmarkt hier in Luxemburg?
In den letzten Jahren ist viel geschehen im Bereich der Integration. Leider haben aber immer
noch behinderte Arbeitnehmer nicht den Stellenwert in der Gesellschaft und in der
Arbeitswelt, der erstrebenswert wäre. Sicherlich gibt es auch in Zukunft noch viel zu tun, um
es auch behinderten Arbeitnehmern zu ermöglichen, ihr Leben durch eine Arbeit auf dem
regulären Arbeitsmarkt selbständig zu gestalten.
► Haben Sie vielleicht Ideen oder Vorschläge, wie man diese Integration (noch)
verbessern könnte?
Es müsste in Luxemburg mehr Unterstützung geben bei einer Umschulung, die Aufklärung
und Begleitung der Arbeitgeber müsste noch viel intensiver geschehen. Die behinderten
Arbeitnehmer, die zu uns kommen, haben kein „atelier protégé“ im Rücken, das sie
unterstützt, das mit dem Arbeitgeber verhandelt, usw. Dieses berufsbegleitende Coaching
werden auch wir in nächster Zeit noch ausbauen müssen. Es stellt sich immer klarer heraus,
dass dies ein wichtiger Faktor bei der Integration von behinderten Menschen ist.
Andrée Biltgen
Mitarbeiterin im RTPH
Réseau pour le Travail et la Promotion Humaine - RTPH (Sud)
8, rue Victor Hugo
L-4140 Esch-sur-Alzette
Tél: 26 18 76 10
16
Info-Handicap im Interview mit Carmen Sattler
von Solidarität mit Hörgeschädigten asbl
Beschreiben Sie bitte kurz Ihre Tätigkeit im Bereich Jobcoaching und Arbeitsassistenz. Worin besteht Ihre alltägliche Arbeit?
Ich arbeite als Beraterin und Betreuerin im Bereich Arbeit in der Beratungsstelle der
„Solidarität mit Hörgeschädigten asbl“ in Dudelange.
Die Beratungsstelle besteht jetzt seit 3 Jahren und hilft Menschen mit einer Hörschädigung,
im Alltag besser zurechtzukommen und Probleme zu lösen. Eine Behinderung im Bereich
des Hörens ist meist auch eine Einschränkung der Kommunikation und das hat
Auswirkungen auf viele Lebensbereiche, auch auf den Bereich der Arbeit.
Für eine hörgeschädigte Person ist es ohne Hilfe oft schwierig, Informationen zu erhalten
oder wichtige Mitteilungen zu machen. Deshalb geben die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle Hilfestellung bei der Kommunikation und unterstützen die Entwicklung einer besseren
Verständigung zwischen Hörgeschädigten und Hörenden.
An welche Zielgruppe wenden Sie sich? Wie groß ist die Nachfrage hier in
Luxemburg? Gibt es viele Menschen, die Ihren Dienst im Bereich Jobcoaching in
Anspruch nehmen?
Wir wenden uns an alle: Gehörlose, Schwerhörige und Personen mit einem Cochlear Implant
(aber nicht an Menschen mit einer Altersschwerhörigkeit).
Wenn sie die Schule oder die Ausbildung beendet haben und in Luxemburg leben und/oder
arbeiten, können sie die Beratungsstelle nutzen. 2004, als wir begonnen haben, wurden 24
Personen von 2 Mitarbeiterinnen im sozialen und im Arbeitsbereich betreut. Mittlerweile
betreuen wir rund 70 Hörgeschädigte und haben seit dem letzten Jahr 2 Teilzeitkräfte (eine
Mitarbeiterin und eine Gebärdensprachdolmetscherin) zusätzlich, um alle Aufgaben zu
leisten. Bei der Betreuung im Arbeitsbereich gibt es mittlerweile auch einen guten und
regelmäßigen Kontakt zu den Arbeitgebern, den Vorgesetzten und den Kollegen. Am Anfang
ist es manchmal schwierig, denn unsere Arbeit wird nicht immer gleich als Hilfe, sondern
auch als etwas Fremdes empfunden. Erst wenn man regelmäßig kommt, einfach mal so
vorbeikommt und in Gesprächen das eine oder andere Problem lösen hilft, entwickelt sich
allmählich Vertrauen und Offenheit, bei dem Behinderten, aber auch bei den Kollegen, dem
Vorarbeiter oder dem Direktor. Dann bringt die Arbeitsassistenz eigentlich den Erfolg, den
sie erbringen soll : eine bessere Integration, mehr Verständnis, mehr Verantwortung.
Es gibt aber auch Angebote für Kollegen, Familienangehörige, Freunde oder Bekannte von
Hörgeschädigten, mit dem Ziel, die Integration und das Zusammenleben zu verbessern, z.B.
Gebärdensprachkurse, Informationsversammlungen, usw.
Was sind meist die Anliegen der Personen, die Ihren Dienst in Anspruch nehmen?
Das sind sehr unterschiedliche Anliegen. Der eine sucht eine geeignete Arbeit, der andere
braucht eine berufliche Neuorientierung, einer hat Fragen zu Weiterbildungsmöglichkeiten
und wieder ein anderer hat Probleme am Arbeitsplatz. Wir helfen bei der Erarbeitung von
Bewerbungsunterlagen, sprechen über Interessen und Fähigkeiten, um die passende Arbeit
zu finden. Wir begleiten die Hörgeschädigten zu Vorstellungsgesprächen und in der
Einarbeitungszeit, wenn das gewünscht wird.
Wir versuchen bei Gesprächen am Arbeitsplatz, Verständnis bei den hörenden Kollegen für
die speziellen Probleme der Hörbehinderten zu wecken und Aufklärung zu geben, wie man
die Kommunikation verbessern kann.
17
Was können Sie einer Person mit Hörbehinderung konkret durch Jobcoaching und
Arbeitsassistenz ermöglichen?
Durch die Hörbehinderung ist das Erlernen der Lautsprache erschwert. Da die Grammatik
der Schriftsprache auf der Lautsprache basiert, haben viele Hörgeschädigte zudem
Probleme, z.B. Bewerbungsbriefe, Lebensläufe oder Anträge zu schreiben. Hier helfen wir,
indem wir gemeinsam über den Inhalt sprechen und dann zusammen schreiben. Dabei ist es
wichtig, dass der Hörgeschädigte jeden Satz versteht. Wenn ein Hörgeschädigter eine neue
Arbeit aufnimmt, versuchen wir, ihn am ersten Tag zu begleiten. Es ist wichtig, dass die
Informationen übermittelt werden, die die Arbeit, die Organisation der Arbeit oder die
Kollegen betreffen. Der Hörgeschädigte hat viele Fragen und diese möchte er stellen
können. Es ist auch wichtig, den Kollegen Hilfestellungen zu geben, wie sie mit einem Hörgeschädigten kommunizieren können oder welche Hilfsmittel man nutzen kann. Oft ist das
der erste Kontakt zu einem Menschen, mit einer solchen Behinderung und es gibt viel
Unkenntnis und auch Ängste. Wenn man den Kollegen erklärt, wie ein Hörgeschädigter gut
verstehen kann und einige Hinweise gibt, ist es für alle viel leichter, Kontakt aufzunehmen
und den Hörgeschädigten mit seinen Fähigkeiten zu sehen und nicht nur mit seinen
Defiziten.
Sehr wichtig ist uns deshalb auch die Auswahl der Arbeitsplätze. Es gibt viele Stellen, wo ein
Hörgeschädigter die gleiche gute Arbeit leisten kann wie ein Hörender. Sicher ist ein Büro
mit viel telefonischer Arbeit und Publikumsverkehr nicht der geeignete Arbeitsplatz. Aber
eine Tätigkeit am Computer, die Arbeit als Hausmeister oder Gärtner, als Näherin oder
Bauzeichner, Optiker oder Buchbinder sind für einen hörgeschädigten Mitarbeiter genauso
gut zu leisten, wie für einen Hörenden. Und wenn in einer großen Werkhalle alle Gehörschutz wegen der Lärmbelästigung tragen, fällt es fast nicht auf, ob jemand gehörlos ist oder
nicht.
Bei unserer Arbeit legen wir aber auch einen Schwerpunkt auf die Entwicklung der
Eigenverantwortung der Behinderten. Wenn sie auf dem regulären Arbeitsmarkt bestehen
wollen, sind sie auch gefordert. Sie müssen ihren Kollegen auch erklären, welche besonderen Bedürfnisse sich aus ihrer Behinderung ergeben, dass die Kollegen z.B. in deutscher
Sprache sprechen müssen und die Hörgeschädigten ansehen müssen, denn sonst können
diese nicht vom Mund ablesen. Es ist auch wichtig, nachzufragen, wenn man etwas nicht
verstanden hat, ansonsten sind Missverständnisse nicht zu vermeiden.
Ein lebenslanges Lernen, Weiterbildungen, Initiative und Einsatz für den Betrieb und die
Kollegen, das sind Forderungen, die auch an jeden Behinderten gestellt werden, wenn er
gleichberechtigt im Arbeitsleben steht. In vieler Hinsicht ist das neu und noch nicht überall
gibt es auch Möglichkeiten für Behinderte, sich z.B. weiterzubilden, Qualifizierungen zu
machen oder Kurse zu besuchen. Vor allem, wenn man, wie die Hörgeschädigten, Hilfe und
spezielle Betreuung braucht (z.B. Gebärdensprachdolmetscher, Schriftdolmetscher, anschauliches Unterrichtsmaterial in einfacher Sprache, usw.).
Durch das Arbeitsamt sind wir auf eine interessante Möglichkeit in Deutschland gestoßen.
Das Berufsbildungswerk in Bitburg nimmt an einem internationalen Projekt namens
„@setera“ teil, welches neue Weiterbildungsmöglichkeiten über das Internet anbietet (z.B.
Computerführerschein, Weiterbildung für Bürofachkräfte oder Französischkurse).
Diese Fortbildungskurse per Internet sind zwar nicht speziell für Hörgeschädigte entwickelt
worden, aber mit 2 Teilnehmern aus Luxemburg machen wir jetzt einen Test, ob das
vielleicht auch eine Möglichkeit der Fortbildung für Hörgeschädigte sein kann.
Stoßen Sie in Ihrer Arbeit auch an Grenzen?
In Luxemburg herrscht Mehrsprachigkeit vor. Die Hörgeschädigten beherrschen meistens
nur eine Sprache und hier in Luxemburg ist das eben die deutsche Sprache, die sie von klein
auf gelernt haben. Im Alltag, aber auch bei der Arbeit, ist das oft ein Problem.
18
Arbeitsbereiche, in denen das Beherrschen mehrerer Sprachen Voraussetzung ist, sind
vielen Hörgeschädigten nicht zugänglich, nur wenige haben z.B. die Möglichkeit in einem
Büro oder einer Verwaltung zu arbeiten. Sie haben auch kaum die Möglichkeit, ein Examen
zu machen, um sich für einen Platz bei einer Gemeinde oder beim öffentlichen Dienst zu
bewerben.
In anderen Bereichen ergeben sich Schwierigkeiten, weil ein Großteil der Kollegen kein
Deutsch beherrscht. Das bringt nicht nur erschwerte Bedingungen für die Absprachen bei
der Arbeit, auch der soziale Kontakt ist oft nur schwer oder gar nicht möglich. Die
Hörgeschädigten fühlen sich dann isoliert und ausgegrenzt.
Wie bewerten Sie die Integration von hörbehinderten Menschen auf dem regulären
Arbeitsmarkt hier in Luxemburg? Haben Sie vielleicht Ideen oder Vorschläge, wie man
diese Integration (noch) verbessern könnte?
Viele Gehörlose und Schwerhörige sind zufrieden mit ihrer Arbeit und haben ein gutes
Verhältnis zu ihren Kollegen. Sie fühlen sich gleichberechtigt und integriert.
Es gibt aber auch Hörgeschädigte, die noch auf der Suche nach „ihrem“ Arbeitsplatz sind.
Manche haben einen Beruf gelernt, der ihnen nicht gefällt oder in dem sie sich, vor allem
wegen der Kommunikationsprobleme, überfordert fühlen. Sie sind unzufrieden und es ist
nicht leicht, einen beruflichen Neuanfang zu finden. Die Hauptursache für diese
Unzufriedenheit liegt wohl im Mangel an Ausbildungsmöglichkeiten, die auch für Personen
mit Hörbehinderung zugänglich sind. Das Angebot an Berufsausbildungen ist extrem
reduziert und teilweise veraltet: so entspricht beispielsweise eine Ausbildung zum
Buchbinder nicht mehr der Nachfrage auf dem heutigen Arbeitsmarkt. Auch Hörgeschädigte,
die nach dem Abschluss der Schule keine Ausbildung gemacht haben, sind oft lange auf der
Arbeitssuche.
Wir würden uns wünschen, dass es mehr Unterstützung für die Behinderten geben
würde. Für Personen mit einer Behinderung, die keine reguläre Ausbildung absolvieren
können, müssten Wege gefunden werden, Nachweise über bestimmte praktische Arbeitsfähigkeiten zu erwerben. Dazu wären auch spezielle Ausbildungseinrichtungen für Behinderte nötig oder die Behindertenwerkstätten müssten die Möglichkeit haben, fachbezogenes
Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln und Zertifikate darüber auszustellen. Wir könnten uns
auch vorstellen, dass modulare Ausbildungsformen, entweder außerhalb oder innerhalb
eines Betriebs den Behinderten helfen könnten (längere Ausbildungszeiten, weniger und
punktuelle Inhalte).
Wir können oft gegenüber einem Arbeitgeber die Kompetenzen einer behinderten Person
nicht aufzeigen, weil wir sie aus der Beratungssituation gar nicht kennen.
Arbeitserprobungen, AssessmentCenter-Verfahren zur Erstellung von Fähigkeitsprofilen oder
andere Möglichkeiten der Unterstützung der Berufsfindung fehlen noch weitestgehend für die
Behinderten in Luxemburg. Der Arbeitsmarkt ist für alle härter geworden. Deshalb ist es
wichtig, dass die Arbeitnehmer mit einer Behinderung eine bestmögliche Förderung ihrer
Fähigkeiten erhalten, damit sie bestehen können.
Daneben fehlt es auch an Unterstützung für den Arbeitgeber. Einige Arbeitgeber stehen
einer Einstellung eines behinderten Arbeitnehmers offen gegenüber. Die Einstellung eines
neuen Arbeitnehmers kostet Zeit und Geld, bis der neue Mitarbeiter autonom und effektiv
arbeiten kann. Bei einer Person mit einer Behinderung ist dieser Zeit- und Kostenaufwand in
der Anfangszeit meist höher. Erklärungen und Einweisungen in eine neue Arbeit dauern bei
einem Hörgeschädigten länger, als bei einem Hörenden. Das wird zu wenig beachtet und
bisher gibt es nach unserem Wissensstand noch keine finanzielle Unterstützung in der
Einarbeitungsphase. Ein Arbeitgeber erhält zwar einen Zuschuss, weil der Mitarbeiter
behindert ist, aber es wird nicht unterschieden, ob die Person erst anfängt oder schon Jahre
im Betrieb gearbeitet hat. Die neuen CAE-Verträge können schon ein Anfang sein, weil sie
eine Verlängerung um 12 Monate vorsehen, aber vielleicht müsste man auch mehr individuelle Lösungen finden. Wenn z.B. jemand in einer Firma neu beginnt, wäre es denkbar,
19
dass ein Mitarbeiter für die Einarbeitungszeit als „Jobcoach“ vom Arbeitsamt oder vom
Arbeitsministerium bezahlt wird. Man könnte sich auch vorstellen, dass das Gehalt der
behinderten Person in einer „Testphase“ zu 100 % vom Staat übernommen würde, und
danach, individuell und gemäß der Fähigkeiten der Person angepasst würde.
Was nun Personen mit einer Hörbehinderung betrifft, wäre es auch notwendig über ein
Budget für die Finanzierung von Gebärdensprachdolmetschern (bspw. für wichtige
Versammlungen, Gespräche oder Fortbildungskurse) zu verfügen.
Schlussendlich müssten auch Betriebe, die Behinderten einen Ausbildungsplatz geben,
mehr Unterstützung erhalten. Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass Betriebe, die
eine behinderte Person beschäftigen könnten, gezielt aufgesucht werden und Informationen
erhalten, wie und wo eine Person mit Behinderung einsetzbar wäre.
Hier könnte man sich an bereits bestehenden Modellen im Ausland inspirieren: Im
benachbarten Trier gibt es einen Integrationsfachdienst, welcher sich der Betriebsfindung,
der Arbeitsvermittlung, sowie der Arbeitsbegleitung für Personen mit Behinderung annimmt.
Wir denken, dass sich in den letzten Jahren viel bewegt hat und wir hoffen, dass die positive
Entwicklung weiter geht, damit alle Behinderten eine Arbeit erhalten, die ihren Fähigkeiten
und Möglichkeiten entspricht.
Carmen Sattler
Solidarität mit Hörgeschädigten asbl
20
Discrimination à l’emploi
Rapport au Commissariat du Gouvernement aux Etrangers
(Version synthétique - Octobre 2005)
Dans le cadre du top thème « Emploi et formation professionnelle », nous vous présentons
par la suite quelques extraits d’un rapport d’une étude intitulée : « Discrimination à
l’emploi ». Cette étude a été commanditée par le Commissariat du Gouvernement aux
Etrangers et élaborée par CEPS/Instead et Sesopi. Le rapport a été publié en 2005.
Il s’agit de la première étude au Grand-Duché de Luxembourg portant sur la
discrimination à l’emploi. Cette étude a été réalisée grâce au financement de la
Présidence luxembourgeoise du Conseil européen et s’inscrit dans le cadre du programme
d’action national de lutte contre les discriminations. Dans l’étude, différents motifs de
discrimination ont été visés : l’origine ethnique, la religion et les convictions, le handicap,
l’âge et l’orientation sexuelle. Il s’agit de motifs de discrimination interdits par la législation
antidiscriminatoire européenne et nationale. L’étude se base sur des interviews menées
avec des syndicats (délégués), des entrepreneurs et avec des représentants d’associations
et organisations dans le domaine du handicap.
Pour consulter le document entier, n’hésitez pas à nous contacter au 366 466-1 ou par e-mail à
[email protected]! De même, vous trouverez le document sur notre site internet www.info-handicap.lu.
«…
IV.1.2 Les travailleurs handicapés sur le marché de l’emploi
Pour les salariés ou demandeurs d’emploi, il s’agit de savoir si le statut améliore leurs
chances d’embauche ou s’il constitue un élément favorisant la discrimination.
Cette question se pose davantage pour les personnes qui ont un handicap psychique et qui
peuvent plus facilement cacher leur handicap : stratégie de l’invisibilité.
Selon les données du STH, 3% des travailleurs handicapés ont un handicap psychique,
70% ont un handicap physique, 19% un handicap mental et 8% un handicap sensoriel
(Ministère du Travail et de l’Emploi, 2003, p. 114). Les travailleurs présentant un handicap
psychique sont plus difficiles à placer. On pourrait l’expliquer par une certaine méconnaissance/inexpérience de la part des employeurs et un diagnostic médical difficile à
évaluer.
Eu égard aux « obligations » de la loi de 2003 ainsi qu’à celle du Plan d’Action National (loi
du 12 février 1999), l’Etat engage, proportionnellement, le plus de travailleurs handicapés.
(voir tableau page 4)
L’angoisse de voir le statut de handicapé se transformer en un stigmate, porteur potentiel de
discriminations, n’incite pas les personnes handicapées à se déclarer telle60 (cf. p. 36, selon
l’Association d’Aide par le Travail Thérapeutique pour Personnes Psychotiques).
Les difficultés à placer un demandeur d’emploi handicapé sont considérables :
l’Administration de l’emploi place 55% des chômeurs/demandeurs d’emploi au cours de leur
6 premiers mois de chômage; or, 75% des chômeurs/demandeurs d’emploi ayant le
« statut », sont toujours inactifs après 12 mois d’inscription. […]
21
Les travailleurs handicapés selon le secteur d’activité (2004)
Secteur
concurrentiel
public
national
Administrations
communales
Ateliers
protégés
Effectif
1.021
605
98
562 + 138*
Répartition des travailleurs
handicapés
47%
23%
5%
25%
0.48% des
salariés
2.82% des
fonctionnaires
employés,
ouvriers
< 1% des
fonctionnaires
employés,
ouvriers
Pourcentage de l’effectif total
du secteur
(100%) des actifs
“pris en charge”
* Parmi les 700, il y a 138 salariés à handicap psychique ayant le statut ou étant en procédure ; […]
Calcul: CEPS; Source: ADEM
IV.2.1 Le recrutement
La phase de recrutement constitue l’obstacle par excellence pour des personnes
handicapées. Une fois le recrutement passé, les discriminations à l’emploi tout comme celles
au licenciement, sont moins présentes – même si des angoisses de licenciement existent du
côté des salariés handicapés. Selon l’UEL, les employeurs hésitent davantage à embaucher
un travailleur handicapé qu’un demandeur d’emploi/chômeurs, entre autres parce qu’ils
disent anticiper l’impossibilité morale de procéder, le cas échéant, à un licenciement
(chapitre IV.2.4).
L’une des questions centrales de la part des associations a été la suivante : que faire en
cas de candidature d’un travailleur handicapé dont le handicap n’est pas visible (le
salarié épileptique, diabétique ou psychique par exemple) ? L’afficher à l’employeur avant la
signature du contrat ou non ?
L’afficher risque d’éliminer toutes les chances d’embauche, y compris celles d’un entretien.
Si le salarié ne l’affiche pas et si le handicap devient manifeste durant les semaines du
contrat à l’essai, il risque la non-reconduction du contrat de travail.
L’employeur n’est pas censé connaître l’état de santé de son futur employé. C’est au
médecin du travail de statuer si la personne est apte au poste ou non (loi du 17 juin 1994).
Selon les associations, les réactions des employeurs sont difficiles à prévoir. Les associations hésitent de conseiller aux candidats une éventuelle « stratégie de l’invisibilité ».
Les travailleurs affectés en atelier protégé sont normalement présentés à l’entreprise par des
professionnels de l’atelier ; c’est mieux qu’une démarche personnelle car ils risquent de ne
pas être pris au sérieux et même d’être humiliés.
Selon les associations et certaines administrations, le degré d’employabilité des travailleurs
handicapés en secteur concurrentiel reste très limité. Les risques de discrimination sont
importants.
Selon les employeurs, dans le passé, certains travaux moins éprouvants étaient effectués
par des salariés « à capacité de travail réduite ».
Aujourd’hui, les exigences et la pression « globale » sont devenues telles que les patrons ne
peuvent plus les garder. On leur suggère de trouver un cadre adapté, avec des conditions de
travail qui correspondent à leurs capacités résiduelles. D’où la suggestion de les orienter
davantage vers des structures adaptées, donc vers des ateliers protégés. Cet objectif peut
être considéré comme largement atteint.
22
Les entreprises de moins de 25 salariés, qui n’ont aucune obligation légale (lois de 2002 et
de 2003), se montrent davantage disposées à accepter un travailleur handicapé que les
autres.
Cet avis est partagé par les associations et les administrations. Est-ce dû aux rapports
personnalisés propres aux petites entreprises, ou au fait que la participation au salaire a une
valeur qu’elle n’a pas dans le cadre d’une masse salariale importante ? Ce type d’entreprise
n’est malheureusement pas inclus dans notre enquête (chapitre I.).
Selon l’enquête délégations, 18% des entreprises emploient au moins un salarié handicapé, avec ou sans statut. Logiquement, les grandes entreprises sont plus nombreuses : 8%
des entreprises comptant de 15 à 49 salariés emploient au moins un salarié handicapé, 34%
des entreprises de 50 à 249 salariés et 63% des entreprises de plus de 250 salariés.
Lors de la phase de recrutement, 88,4% des répondants considèrent la présentation
comme un critère de sélection important. Quelles sont les conséquences sur l’employabilité
des candidats handicapés qui ne peuvent pas recourir à la stratégie de l’invisibilité?
Selon les associations, les salariés handicapés en secteur non protégé tentent de mieux se
comporter que les autres salariés pour « justifier » leur présence dans l’entreprise ; ces
personnes n’osent guère demander les arrangements spécifiques dont elles auraient besoin
par crainte d’un licenciement immédiat. Nous n’avons pas eu d’échos confirmant ou infirmant
ce genre de constat de la part des employeurs. […]
IV.2.3 L’accès à la formation, stage et apprentissage
Selon les associations, l’accès aux formations ordinaires est pour ainsi dire barré aux
salariés handicapés. D’une part, il n’existe pas de formations en institutions de formations «
ordinaires » (comme celles des chambres professionnelles) destinées aux personnes
handicapées mentales et, d’autre part, les problèmes d’accès et de transport rendent
impossible la participation aux formations pour la plupart des handicapés physiques.
Etant donné que la promotion est souvent liée à une participation préalable à des modules
de formation, le non-accès à celles-ci implique une discrimination non seulement au niveau
de la formation, mais également par rapport à la promotion.
Les stages constituent des tremplins lors de la recherche d’un emploi. Les ateliers protégés
et l’ADEM utilisent cet outil pour permettre aux personnes handicapées d’accéder au secteur
ordinaire, soit pour leur procurer une expérience dans ce secteur, soit / et en vue, à plus long
terme, de permettre un placement définitif. La durée maximale d’un stage est de deux ans. A
terme, il semblerait que les employeurs préfèrent engager un nouveau stagiaire handicapé
plutôt que d’embaucher le premier – même si la participation au salaire réduit considérablement les charges salariales et pourrait, théoriquement, aller jusqu’à 100%. Manifestement,
l’angoisse de devoir éventuellement licencier un travailleur handicapé préoccupe les
employeurs et discrimine les stagiaires handicapés en comparaison avec d’autres stagiaires
demandeurs d’emploi.
[…]
IV.3 Conclusions
L’appréciation de la discrimination fondée sur le handicap varie selon l’optique et
l’interlocuteur. Les associations et les administrations pensent que ce sont les personnes
handicapées qui ressentent le plus de discrimination sur le marché de l’emploi, en arguant
23
du taux de placement extrêmement bas qui montre à quel point les demandeurs d’emploi
handicapés se voient discriminés notamment lors du recrutement67.
Les employeurs ont présenté les difficultés de l’entreprise à accueillir de nos jours des
personnes à « capacité de travail réduite », en raison d’une compétitivité globale de plus en
plus pesante. Toutefois, il semblerait que les petites entreprises familiales acceptent
davantage les personnes à « capacité de travail réduite », bien qu’elles n’y soient pas
obligées par la loi. Ces entreprises n’ont pu être touchées par notre questionnaire en raison
de l’absence de délégation.
Tous les intervenants se sont accordés à dire que la pierre d’achoppement est le
recrutement, avec des facilités pour l’Etat et - avis divergents - pour les communes.
Une fois les personnes concernées engagées, leurs angoisses continuent à être très
préoccupantes, alors que les associations et les administrations s‘accordent à dire que les
travailleurs handicapés sont moins souvent victimes d’un licenciement, de discriminations ou
de harcèlement - à l’exception de reclassements internes non souhaités ou demandés (loi
incapacité de travail de 2002).
Les actions/discriminations positives incitent davantage à entrer/rester en secteur protégé :
est-ce voulu ou s’agit-il de respecter les acquis existants ?
Les « discriminations » signalées en lien avec la rémunération concernent uniquement les
ateliers protégés, même s’il s’agit, de facto, d’un atout supplémentaire réservé aux ateliers
protégés, inimaginable en secteur non protégé.
Plusieurs pistes peuvent être suggérées :
En comparaison avec d’autres Etats-membres de l’UE, la séparation des deux mondes - les
ateliers protégés et les secteurs ordinaires, l’école différenciée et l’école ordinaire -, est
relativement accentuée au Luxembourg. Il serait intéressant de connaître l’avis des
travailleurs handicapés à ce sujet : se sentent-ils « discriminés » du fait d’être en atelier
protégé?
La globalisation risque de devenir un argument justifiant les discriminations à l’embauche en
secteur concurrentiel. Encourager des échanges entre les entreprises et les ateliers protégés
en vue de placer des travailleurs handicapés en milieu non-protégé éliminerait peut-être
certaines angoisses ; toutefois, les ateliers protégés ont déjà des contacts réguliers avec «
leurs » entreprises.
Certains problèmes, notamment au moment du recrutement (stratégie de l’invisibilité) et au
cours de la vie professionnelle, sont clairement ressentis de manière différente par les
personnes concernées et les employeurs. Des échanges réguliers et systématiques
pourraient éliminer certaines angoisses de discriminations éventuelles purement imaginaires.
A propos des divers incitants en faveur du secteur protégé, deux questions s’imposent: sontils voulus? Ne risquent-ils pas de devenir un jour des avantages ressentis comme
discriminatoires par les travailleurs handicapés en secteur protégé ?
…»
60
Ceux qui n’utilisent ni la participation au salaire ni la prise de congé veulent peut-être rester invisibles; ceux qui n’utilisent que
la prise de congé doivent avertir l’employeur. Pour des raisons diverses, celui-ci ne recourt pas à l’offre de la participation au
salaire.
67
Dans l’étude de testing sur CV réalisée en France (AMADIEU, 2004), la discrimination fondée sur le handicap apparaît
comme la plus importante.
24
III) Ein Beispiel aus dem Ausland : das Europäische
Berufsbildungswerk Bitburg (Euro-BBW)
Ein Besuch im Europäischen Berufsbildungswerk Bitburg
Erfolgreich ins Berufsleben starten – Menschen mit Behinderung für Europa qualifizieren
Mit dem Europäischen Berufsbildungswerk ist in Bitburg ein modernes Zentrum der
beruflichen Qualifizierung und Rehabilitation für junge Menschen aus Deutschland und den
Nachbarländern Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden entstanden, das
seine Angebote und seine Arbeit gezielt transnational ausrichtet.
Das Ausbildungsangebot umfasst die Berufsbildung in anerkannten Ausbildungsberufen,
Maßnahmen zur beruflichen Orientierung und Arbeitserprobung sowie Qualifizierungen für
neue berufliche Anforderungen. Neben Ausbildungsmöglichkeiten in den traditionellen
Berufsfeldern Gartenbau, Holz, Küche und Hauswirtschaft liegt der Schwerpunkt der
beruflichen Qualifizierung im Bereich kaufmännischer und informationstechnologischer Berufe. Die Ausbildungsdauer beträgt in der Regel 3 Jahre.
► Die Ausbildungsangebote:
Tischler/in
Gärtner/in
Koch/Köchin
Hauswirtschafter/in
Verkäufer/in
Reiseverkehrskaufmann/frau
Kaufmann/frau für Tourismus und Freizeit
Kaufmann/frau für Bürokommunikation
Bürokaufmann/frau
Fachinformatiker/in
Mediengestalter/in für Digital- und Printmedien
Das Europäische Berufsbildungswerk bietet die Möglichkeit, durch Erprobung von
verschiedenen Berufen, eine Berufsausbildungswahl zu treffen. Hier können die
Teilnehmenden während 60 Tagen in maximal 3 Berufsfeldern ihre Fähigkeiten erproben
und im Anschluss entscheiden, welche berufliche Tätigkeit ihnen am meisten liegt und
zusagt.
Ist bereits ein konkreter Berufs- bzw. Ausbildungswunsch formuliert, so kann im Rahmen der
Arbeitserprobung überprüft werden, ob die getroffene Entscheidung dem persönlichen
Fähigkeitsprofil entspricht.
► Infrastrukturen und Betreuung
Die Lerninhalte, die Ausbildungswerkstätten/-büros, die Unterbringung in Wohngruppen und
die begleitende medizinische, psychologische und sozial-pädagogische Betreuung sind im
Europäischen Berufsbildungswerk zusammengefasst und gewähren eine ganzheitliche und
individuell angepasste Förderung sozialer, persönlicher und beruflicher Fähigkeiten und
Fertigkeiten.
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Die Teilnehmenden des Euro-BBW können nach Wahl entweder in einer Außenwohngruppe oder in einem Wohnhaus des Europäischen Berufsbildungswerk wohnen. Hier
werden die Auszubildenden in ihrem Alltag begleitet und unterstützt, mit dem Ziel, Kompetenzen zur selbständigen Lebensführung zu entwickeln. So gibt es beispielsweise Unterstützung bei der Strukturierung des Tagesablaufs, bei Aktivitäten der persönlichen Alltagsbewältigung und Beratung und Unterstützung in persönlichen Angelegenheiten. Körperbehinderte Menschen erhalten die für die Lebensbewältigung notwendigen strukturellen und
pflegerischen Hilfen.
Während der 3-jährigen Ausbildung werden die Teilnehmer von der psycho-sozialen
Förderung begleitet und individuell unterstützt, um die eigenen Stärken und Schwächen
herauszufinden und daran zu arbeiten, bzw. sie zu fördern. Unterstützung gibt es aber auch
bei privaten Problemen.
Die zahlreichen Freizeitangebote stellen verschiedene Möglichkeiten der sinnvollen und
kreativen Freizeitgestaltung dar. Neben dem Entspannen stehen aber vor allem das
Erlernen von sozialen Kompetenzen, das Aufrechterhalten von Freundschaften und das
Miteinander im Vordergrund. Es gibt das „I-Café“, wo man kostenlos im Internet surfen kann
und ein Bistro, in dem Snacks und Getränke angeboten werden und die Haus-DJ’s mit den
aktuellen Techno- Rock- und Pophits für Partystimmung sorgen. Hier gibt es auch manchmal
Live-musik und Karaoke-Wettbewerbe.
Im „Kreativraum“ kann man sich an zwei Abenden der Woche kreativ betätigen (z.B. malen,
töpfern, werken aller Art…). Im „Aktionsraum“ werden verschiedene Formen der Entspannung vermittelt, und im „Multi-Kulti-Raum“ kann man sich musikalisch betätigen.
In der Turn- und Sporthalle werden im Laufe der Woche von Aerobic, Basketball und
Badminton über Fußball bis Volleyball verschiedene Sportaktivitäten angeboten. Ein gezieltes Fitnesstraining oder Training zur Gewichtsreduktion findet unter Anleitung im Fitnessund Physiotherapieraum statt.
Daneben werden regelmäßig Aktivitäten wie Laufen, Klettern, Schwimmen, Aquajogging,
Kanufahren, Out-doortraining und heilpädagogisches Reiten angeboten. Auch treffen sich
immer wieder manche Teilnehmende zu einem Bummel im nahe gelegenen Luxemburg, in
Frankreich oder Belgien.
Nach Ausbildungsabschluss erhalten die Absolventen noch bis zu 1 Jahr Unterstützung
bei der Suche nach einer Arbeitsstelle oder einem Praktikumsplatz.
Diese Unterstützung umfasst daneben auch die Beratung zur Bewerbung, die Vermittlung
von Kontakten, die Organisation der Berufspraktika, eine Farb- und Stilberatung zur Bewerbung…usw. Die Nachbetreuung betrifft aber auch das Wohnen, und umfasst somit den
ganzen Lebenseinstieg in der Heimat.
► Die wichtigsten Leitprinzipien:
√ Autonomie vor Abhängigkeit
√ Stärken vor Schwächen
√ Solidarität und Kooperation vor
Konkurrenz und Einzelkämpfertum
√ Integration statt Ausgrenzung
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► Wie kann ich als Luxemburger eine Ausbildungsstelle im Euro-BBW erhalten?
Um als Luxemburger einen Ausbildungsplatz im Euro-BBW zu erhalten, ist die erste
Anlaufstelle der Service des Travailleurs Handicapés - STH des Arbeitsamtes.
Was die Ausbildungskosten betrifft, ist der STH in der Regel zuständig für die Finanzierung.
Die Berufsausbildung im Euro-BBW setzt ein gewisses Maß an Selbstständigkeit voraus, die
Ausbildungs- und Wohnbereiche sind aber auch für Rollstuhlfahrer barrierefrei gestaltet. Es
gibt behindertengerechte Zimmer und auf Absprache ist auch ein Pflegedienst verfügbar.
1 Mal monatlich wird eine Führung durch die Räumlichkeiten (Porte Ouverte) in Bitburg
organisiert, wo Interessenten sich schon mal einen ersten Eindruck über das Ausbildungszentrum bilden können.
Für weitere Fragen und Auskünfte, wenden Sie sich an das
Europäische Berufsbildungswerk:
Henry-Dunant-Straße 1
D-54634 Bitburg
Tel.: (0049) 6561 9453-102
www.euro-bbw.de
INTERVIEW
mit zwei luxemburgischen Auszubildenden des Euro-BBW
Das Europäische Berufsbildungswerk Bitburg bietet jungen Menschen mit einer Behinderung
eine anerkannte Berufsausbildung und bietet damit auch eine reelle Chance auf dem
öffentlichen Arbeitsmarkt. Im Zentrum trifft man vor allem junge Leute mit leichten bis
mittelschweren, körperlichen oder psychischen Behinderungen.
Wir haben uns mit zwei Auszubildenden aus Luxemburg, mit Katia Urbany und Andreas
Bouché, unterhalten…
Welche Ausbildung machst du hier und wie lange schon ?
Andreas: Ich bin seit August 2006 hier und möchte mich zum Schreiner ausbilden lassen.
Katia: Ich mache, seit 2005, eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation. Die
Ausbildung dauert hier 3 Jahre.
Wieso machst du diese Ausbildung hier und nicht in Luxemburg ?
Katia: In Luxemburg hätte ich diese Ausbildung nicht machen können, da überall ein
Gymnasiums-Abschluss verlangt wird.
Andreas: Bitburg ist nicht weit entfernt, und die Aussicht auf diese Ausbildung hat mir gut
gefallen. In Luxemburg gibt es keine Ausbildungsstelle wo meine spezifischen Bedürfnisse,
mein Handicap, so berücksichtigt werden.
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Gibt es auch negative Aspekte an der Ausbildung hier in Bitburg?
Katia: Im Internat gibt es strenge Regeln die befolgt werden müssen, man wird ziemlich
kontrolliert, das kann schon mal nerven. Obschon es doch praktisch ist, so nah bei der
Ausbildungsstelle wohnen zu können. Manchmal fehlt mir auch eine vertrauenswürdige
Ansprechperson, etwas mehr Intimität und Privatsphäre.
Andreas: Am Anfang ist es schwer, so lange von Familie und Freunden getrennt zu sein,
aber nach und nach habe ich auch hier Freunde (und Freundinnen) gefunden und mich doch
schnell eingelebt.
Was gefällt dir am besten hier? Wie ist das Angebot ?
Andreas: Das Freizeitangebot ist schon toll, für jeden ist etwas dabei und man kann spontan
entscheiden, welcher Aktivität man nachgehen will. Es sind jedoch immer Erzieher
anwesend. Es ist auch möglich, andere Aktivitäten zu planen, wie z.B. ein Konzertbesuch.
Katia: Es werden schon viele verschiedene Freizeitaktivitäten angeboten, man hat wirklich
die Möglichkeit, alles zu machen was man will, von basteln bis Basketball spielen. Was mich
etwas stört ist, dass man manchmal eine Aktivität „aufgedrängt“ bekommt, auch wenn man
einfach mal Zeit für sich haben will.
Wie siehst du deine berufliche Zukunft ?
Katia: Nach der Ausbildung habe ich vor, ein paar Jahre in einem Betrieb zu arbeiten und
mich dann selbstständig zu machen. Mein Wunsch ist es, ein Internet-Café zu eröffnen und
vielleicht daneben noch ein CD-Geschäft.
Andreas: Ich bin sehr zufrieden, dass ich diese Ausbildung hier machen kann. Schreiner zu
sein entspricht meinem Berufswunsch. Wenn ich später die Möglichkeit haben werde, eine
eigene Schreinerei zu führen, bin ich sehr glücklich!
Wie siehst du deine Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt ?
Katia: Es wird schon nicht einfach sein, einen Arbeitsplatz zu finden, vor allem nicht mit einer
Behinderung. Da ich einen Bekannten habe, der nach seiner Ausbildung keine Arbeitsstelle
gefunden hat, bin ich schon etwas unsicher und ängstlich was meine Zukunft betrifft.
Andreas: Ich sehe das Ganze schon etwas positiver. Das Diplom das wir hier erhalten
kommt einem CATP in Luxemburg gleich. Natürlich ist es nicht einfach, eine Arbeitsstelle zu
finden und sich beruflich zu etablieren, aber ich denke, wenn man wirklich motiviert ist und
sich anstrengt, dann ist es doch durchaus möglich.
Würdest du dieses Ausbildungszentrum weiterempfehlen ?
Katia: Dieses Zentrum bietet eine reelle Chance auf einen guten Arbeitsplatz. Auch wenn
man sich anfangs schon ein bisschen allein gelassen hier fühlen kann, sollte man diese
Chance nutzen. Aber man sollte vor allem auch die Chancen nutzen, die man vorher, in der
Schule schon geboten bekommt! Es ist wichtig, dass man schon in der Primärschule sein
Bestes gibt, damit man sich nicht schon so früh die späteren Möglichkeiten verbaut.
Andreas: Ich würde dieses Zentrum auf jeden Fall weiterempfehlen. Man erhält hier eine
Chance auf eine Ausbildung, die einem in Luxemburg als Person mit einer Behinderung
einfach nicht geboten wird.
Interviewer:
Nathalie Gaudron, Joël Delvaux
Info-Handicap
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IV) FAZIT durch die Redaktion
► Aktuelle Gesetzeslage
Personen mit einer Behinderung, die in den regulären Arbeitsmarkt eingegliedert werden
können, haben das Recht, den Status des behinderten Arbeitnehmers zu beantragen. Dies
gilt für Menschen mit einer physischen, geistigen, sensoriellen, sowie einer psychischen
Behinderung. Wird ihnen dieser Status zuerkannt und werden sie auf den regulären
Arbeitsmarkt orientiert, können die ArbeitnehmerInnen dann neben 6 zusätzlichen Urlaubstagen von diversen integrationsfördernden Maßnahmen profitieren, wie z.B. von einer
behindertengerechten Anpassung ihres Arbeitsplatzes oder einer staatlich finanzierten
Umschulung. Daneben kann der Arbeitgeber eine staatliche Lohnbeteiligung erhalten.
Auch die behinderten ArbeitnehmerInnen, die in einer beschützenden Werkstatt (atelier
protégé) arbeiten, müssen den Status des behinderten Arbeitnehmers beantragen. Wenn sie
dann nach ihrer Orientierung auf den beschützenden Arbeitsbereich ihre Arbeit aufnehmen,
werden sie wie alle ArbeitnehmerInnen auch nach geltendem Arbeitsrecht behandelt und
erhalten ein Einkommen in Höhe des sozialen Mindestlohns.
Menschen, die auf Grund der Schwere ihrer Behinderung als arbeitsunfähig eingestuft
worden sind, erhalten ein vom Nationalen Solidaritätsfonds (Fonds National de Solidarité)
ausgezahltes Einkommen in Höhe des garantierten Mindesteinkommens eines Haushaltsvorstands.
► Die Berufsausbildung
Generell sind die Möglichkeiten, was die Berufsausbildung für Menschen mit Behinderung
betrifft, durch die Art und Schwere ihrer Behinderung begrenzt. Bestimmte Berufsbilder
scheiden bei der Wahl des Berufs also von vorneherein aus. Um diese Einschränkung, die in
unserer Zeit der wachsenden Arbeitslosigkeit einen Nachteil bedeutet, auszugleichen, wäre
es unserer Meinung nach sehr wichtig, dass die Jugendlichen mit einer Behinderung eine
angepasste, fundierte Schulausbildung vorweisen können und eine auf ihre Situation
abgestimmte Berufsberatung erhalten, damit sie eine reelle Berufswahl haben.
Was die schulische Laufbahn betrifft, so muss ja bei Schuleintritt entschieden werden, ob die
Schüler und Schülerinnen ihre Schulausbildung in einer regulären Bildungseinrichtung
absolvieren, oder aber ob eine Ausbildung in einer Einrichtung der Education Différenciée
geeigneter erscheint. Wie wir bereits in unserem Fazit im Dossier Top-Thema Schulintegration festgestellt haben, beeinflusst aber die Wahl des Schulwegs die darauf folgende
Berufsausbildung. Die in diesem Dossier aufgeführten Beispiele zeigten, dass die
Entscheidung für eine spezialisierte Schulausbildung offenbar die Chancen einschränkt,
später einen Platz auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden. Wir hatten in unserem Fazit
vermutet, dass dies möglicherweise unter anderem damit zusammenhängt, dass die zwei
nebeneinander bestehenden Schul- und Ausbildungswege nicht so ineinander greifen, dass
ein Wechsel von einem System in das andere ohne weiteres möglich ist.
Ein weiteres Problem kommt hinzu: Damit eine reelle Berufswahl besteht, müsste die
Berufsausbildung selbst natürlich auch barrierefrei und auf die Bedürfnisse der Person
angepasst sein. Das heißt, einem gehörlosen Studenten müsste in wichtigen Vorlesungen
ein Gebärdensprachdolmetscher oder aber Schriftsprachdolmetscher zur Verfügung gestellt
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werden, eine auszubildende Rechtsanwaltsgehilfin, die auf Grund ihrer Behinderung auf
einen Rollstuhl angewiesen ist, bräuchte einen barrierefreien Zugang in die Kanzlei, in der
sie ihre Ausbildung absolviert, … Aber solche technischen oder baulichen Hilfen reichen
nicht immer aus. So hat der Beitrag der Vereinigung „Solidarität mit Hörgeschädigten“ gezeigt, dass vor allem was die sensoriellen Behinderungen betrifft, die Ausbildung ein hohes
Maß an Flexibilität erfordert und genau auf die Person angepasst sein muss.
Im Gegensatz zu den ArbeitnehmerInnen mit einer Behinderung gibt es jedoch für
Auszubildende mit einer Behinderung keinen Status, der die Finanzierung von Hilfsmitteln
und Unterstützungsmaßnahmen regelt. Dies schränkt die Wahl eines Ausbildungsplatzes
wiederum ein.
In einem Leserbrief wurde aber auch deutlich, dass eine besondere Berücksichtigung aber
auch einen Nachteil darstellen kann: Voraussetzung für die Homologierung eines Studiums
in Luxemburg ist es, eine bestimmte Zeit im Ausland zu studieren. Aber für eine Person mit
Behinderung, die in ihrem Alltag auf Unterstützung angewiesen ist, ist ein Studium im
Ausland nicht ohne weiteres möglich. Daher werden Studenten mit einer Behinderung nicht
dazu verpflichtet, ihr Studium teilweise im Ausland zu absolvieren. Gesetzlich ist aber festgehalten (und hier gibt es offenbar keine Ausnahmeregelung), dass ein Auslandsstudium
Voraussetzung für die Homologierung eines Diploms (vor allem im literarischen Bereich) ist.
Ein Zentrum oder eine Institution, welche speziell Berufsausbildungen für Menschen mit
Behinderung anbietet, gibt es in Luxemburg nicht (abgesehen von der Ausbildung zur Arbeit
in einer beschützenden Werkstatt). So kommt es, dass viele junge Luxemburger, die von
einer Behinderung betroffen sind, ihre Berufsausbildung im Europäischen Berufsbildungswerk Bitburg* absolvieren. Hier wird den „Azubis“ eine „Rundum-Betreuung“
geboten und soweit es die Infrastrukturen und die personelle Ausstattung erlauben, werden
die spezifischen Bedürfnisse eines Jeden berücksichtigt. Allerdings müssen die luxemburgischen Auszubildenden in Kauf nehmen, während ihrer Ausbildungszeit nicht zu Hause
wohnen zu können. Ein solches Zentrum auch in Luxemburg einzurichten, würde sicherlich
vielen jungen Menschen neue Perspektiven eröffnen.
Man fragt sich, wieso gerade in einer Zeit, in der die Medien in ihren Möglichkeiten praktisch
unbegrenzt sind, das Vermitteln von Lerninhalten für Personen mit speziellen Bedürfnissen
noch immer ein so großes Problem darstellt. Internetlehrgänge bieten vielen Menschen mit
Behinderung die Chance, sich aus- oder weiterzubilden, doch die Angebote sind (noch) sehr
begrenzt. Das Europäische Berufsbildungswerk Bitburg hat im Rahmen des Projekts
„@setera“ in dieser Hinsicht Möglichkeiten aufgezeigt, das Prinzip „Lernen übers Internet“ ist
aber noch um das Vielfache ausbaubar.
*Mehr Infos unter: www.euro-bbw.de
► Die Berufsfindung
Wettbewerb, Konkurrenz und Profit – Schlagwörter, die in der heutigen Arbeitswelt von
primärer Bedeutung sind. Somit steht ein Arbeitgeber der Einstellung eines behinderten
Arbeitnehmers meist skeptisch gegenüber. Um einen körperlich behinderten Arbeitnehmer
einzustellen ist es oft notwendig, dessen zukünftigen Arbeitsplatz seinen Bedürfnissen
gerecht anzupassen, was meist einen erhöhten organisatorischen Aufwand für den
Arbeitgeber zur Folge hat. Die Einstellung eines neuen Arbeitnehmers mit einer sensoriellen
oder mentalen Behinderung, erfordert – zumindest in der Anfangszeit – einen höheren Zeitund Kostenaufwand. Nach der Einarbeitungsphase aber können viele Personen mit
Behinderung ihre Arbeit genauso gut und schnell erledigen, wie ihre nicht behinderten
Kollegen. Für die Mitarbeiterin von „Solidarität mit Hörgeschädigten asbl“ wäre es zum
Beispiel denkbar, dass, wenn jemand in einer Firma neu beginnt, ein/e Mitarbeiter/in für die
Einarbeitung als „Jobcoach“ ernannt wird und für diese Leistung vom Arbeitsamt oder vom
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Arbeitsministerium bezahlt wird. Dies würde auch die Einstellung eines Arbeitnehmers mit
einer psychischen Behinderung unterstützen. Man könnte sich vorstellen, dass das Gehalt
der behinderten Person in einer „Testphase“ zu 100% vom Staat übernommen wird, und
danach, individuell und gemäß den Fähigkeiten der Person, angepasst würde.
In einem Beitrag weist ein von Behinderung betroffener Arbeitnehmer auf den Balanceakt
hin, zwischen dem Ausloten des Möglichen und dem Erkennen der Grenzen. Es ist unter
diesen Voraussetzungen schwer, die eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen. Ein
Jobcoach könnte den Arbeitssuchenden hier unterstützen, indem er eine Art Fähigkeitsprofil
erstellt und somit herausfindet, wo die Stärken und die Schwächen des Arbeitnehmers / der
Arbeitnehmerin liegen, damit der für ihn/sie passenden Beruf gefunden werden kann. Auch
bei der Formulierung von Bewerbungen und zur Vorbereitung eines Vorstellungsgesprächs
sind nach der Erfahrung der Mitarbeiterinnen des „Réseau pour le Travail et la Promotion
Humaine“ und „Solidarität mit Hörgeschädigten“ viele Menschen mit Behinderung auf Hilfe
und Beratung angewiesen.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist aber auch die Information der Arbeitgeber und
der Betriebe. Viele Arbeitgeber können sich gar kein Bild davon machen, was eine Person
trotz oder mit ihrer Behinderung leisten kann. Ein Mensch, der sich im Rollstuhl fortbewegt,
kann Büroarbeiten genau so gut erledigen, wie sein nicht behinderter Kollege; eine Person
mit Hörbehinderung kann ohne weiteres Arbeiten am PC übernehmen …etc. Der Gesetzgeber stellt dem Arbeitgeber, der eine Person mit dem Status behinderter Arbeitnehmer
einstellt, finanzielle Hilfen zur Verfügung. Auch darüber müssten die Betriebe vor Ort
aufgeklärt werden. Bei einer solchen Betriebsberatung kann dann auch abgeklärt werden, ob
freie Stellen von behinderten ArbeitnehmerInnen besetzt werden könnten oder nicht.
Will ein Arbeitgeber eine behinderte Person einstellen, wird ein so genanntes „Profil“
verlangt, das heißt eine Beschreibung der Fähigkeiten und Kenntnisse, die der behinderte
Arbeitnehmer erfüllen müsste, um den Job zu bekommen. Sehr oft findet aber der Service
des travailleurs handicapés in seiner Kartei keine zu vermittelnde Person, die diesem Profil
entspricht, und es bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als die Stelle anderweitig zu
vergeben. Es stellt sich hier allerdings die Frage, inwiefern solche „Profile“ nicht schon im
Vorfeld zwischen Ausbildern, Werkstätten, Arbeitgebern und Arbeitsamt abgesprochen und
somit die Chancen einer erfolgreichen Vermittlung erhöht werden könnten?
Anstatt darauf zu warten, dass ein Arbeitgeber den Versuch wagt, einen behinderten
Arbeitnehmer einzustellen, könnte man pro-aktiv vorgehen und den Arbeitgeber durch eine
eingehende Beratung motivieren, in seinem Betrieb „Profile“ anzubieten, die von behinderten
Arbeitnehmern erfüllt werden können.
► Der Arbeitsplatz
Nach Ansicht der Mitarbeiterin von „Solidarität mit Hörgeschädigten“, könnte beim Antritt
einer neuen Arbeitsstelle ein Jobcoach die nötige Unterstützung für alle Beteiligten bieten.
Vor allem in der Anfangsphase können nämlich leicht Missverständnisse entstehen, da es
Unsicherheiten auf ArbeitnehmerInnen- und Arbeitgeberseite gibt, und eventuelle Probleme,
aus Angst dem Gegenüber zu nahe zu treten, nicht angesprochen werden. Der/die
Arbeitnehmer/in selbst fühlt sich vielleicht unter Druck gesetzt, den KollegInnen und dem
Vorgesetzten zu beweisen, was er/sie kann. Ganz normale Fehler können dann leicht zur
Frustration führen. Wie auch in einem unserer Leserbeiträge erwähnt, fühlen sich behinderte
ArbeitnehmerInnen oft dazu verpflichtet, mehr zu leisten als die nicht behinderten Kollegen,
sie fühlen sich ständig „unter besonderer Beobachtung“, haben das Gefühl „immer wieder
mit Gesunden gemessen zu werden“. Ein Jobcoach könnte hier vor allem die Kommunikation unter allen Beteiligten erleichtern. Er oder sie könnte Hilfestellung bei psychischer
und/oder sozialer Belastung und der daraus resultierenden Überforderung am Arbeitsplatz
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bieten. Eine solche Begleitung würde die Integration eines behinderten Arbeitnehmers / einer
behinderten Arbeitnehmerin um ein Vielfaches erleichtern.
Wie schon im Interview mit der Vereinigung „Solidarität mit Hörgeschädigten“ erwähnt,
müsste es auch immer die Möglichkeit zu einer betriebs-internen Aus- und Weiterbildung
geben. In solchen Kursen könnte man sich dann auf die für den Beruf relevanten und
unverzichtbaren Lerninhalte beschränken und somit die Berufsausbildung für manche
behinderte Arbeitnehmer/in erleichtern oder überhaupt ermöglichen.
SCHLUSSFOLGERUNG:
Die rechtliche und wirtschaftliche Situation der Menschen, die aufgrund der Schwere ihrer
Behinderung nicht arbeiten können und derer, die in einer beschützenden Werkstatt
arbeiten, hat sich durch die Gesetzgebung von 2003 grundlegend verbessert.
Auch die Integration behinderter ArbeitnehmerInnen auf dem regulären Arbeitsmarkt wird
durch das Gesetz über das Einkommen für Menschen mit Behinderungen (2003) sicherlich
gefördert. Leider lässt sich aber auch feststellen, dass der Weg bis hin zum regulären
Arbeitsmarkt vielen Menschen mit Behinderung nach wie vor erschwert bleibt.
Alle Beiträge, die wir zum Top-Thema „Arbeit und Berufsausbildung für Menschen mit
Behinderung“ erhalten haben, lassen darauf schließen, dass es im Bereich Berufsausbildung
für behinderte Personen nur begrenzte Möglichkeiten gibt. Nur wenige Aus- und
Weiterbildungen sind für jeden problemlos zugänglich.
Falls dann doch ein behinderter Arbeitnehmer / eine behinderte Arbeitnehmerin eine Stelle
antritt, scheitert die Integration ins „normale“ Berufsleben oft an Missverständnissen,
mangelnder Information und/oder mangelnder Kommunikation.
Die Zahlen aus der Studie „Discrimination à l’emploi“ von 2005 zeigen, dass es nach wie vor
an der nötigen Motivation der Betriebe und Arbeitgeber mangelt, wenn es darum geht, einen
behinderten Arbeitnehmer / eine behinderte Arbeitnehmerin einzustellen.
Das Prinzip des Jobcoaching könnte unserer Meinung nach hier zur Lösung vieler Probleme,
sei es auf Seiten der ArbeitnehmerInnen, oder auf Seiten des Arbeitgebers, beitragen. Die
Begleitung durch den Jobcoach als „Vermittler“ zwischen allen beteiligten Akteuren scheint
bei der Einstellung eines behinderten Arbeitnehmers / einer behinderten Arbeitnehmerin eine
fundamentale Rolle zu spielen. Ebenso erscheint uns ein Ausbau bei der Betriebsberatung
sinnvoll. Es bleibt zu hoffen, dass die positive Entwicklung der letzten Jahre weiter geht,
damit auch Menschen mit Behinderung ihre Chance auf eine Arbeit erhalten, die ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten entspricht.
Nathalie Gaudron, Isabel Sturm
Info-Handicap
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Redaktion
Isabel Sturm
Nathalie Gaudron
Joël Delvaux
Mit freundlicher Unterstützung vom gesamten Team Info-Handicap
Silvio Sagramola
Chargé de Direction
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Romain Gaasch
Président
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Info-Handicap
65, Avenue de la Gare
L-1611 Luxembourg
℡ +352 366 466-1
Öffnungszeiten:
von 8.30 - 12.00 und 13.00 - 17.00 Uhr
(Beratungsgespräch nach Vereinbarung)
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